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Die Entwicklung des Bikesports

das seinesgleichen sucht

18 Prozent aller Mountainbike-Urlaube in Österreich werden in der Region Saalbach Hinterglemm Leogang verbracht. Das Gebiet gilt somit europaweit als eine der absoluten TopDestinationen.

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Hunderte Kilometer an befahrbaren Routen und Trails, Bikeparks bzw. -schulen und eine perfekte Infrastruktur lassen die Herzen der Zweiradfans höherschlagen. Egal ob Freestyler, Downhiller oder Genussradfahrer, jung oder alt, Anfänger oder Profi – für jeden gibt es das passende Angebot. Doch bis sich Biken am Berg durchsetzen konnte und salonfähig wurde, war es ein weiter Weg. Zwei touristische Bike-Pioniere erzählen über die Anfänge, die Entwicklung und ihre Zukunftswünsche.

Wie ging es euch mit der Umsetzung des Projekts?

Es hat schon einige Verhandlungen gegeben – vom Forstrecht über das Wasserrecht bis hin zum Naturschutz musste vieles geklärt werden. Nicht nur wir, auch die Behörden betraten mit dem Projekt Neuland. Letzlich konnte der Bikepark Leogang als Sportstätte in Betrieb genommen werden, als erste Anlage dieser Art in Österreich. Besonderer Dank gilt vor allem den Grundbesitzern.

Was bewegten und bewegen die vielen Bike-Events?

In den ersten Jahren waren die Veranstaltungen eher kleinere Geschichten und die Umsetzung war meist schwierig. Seit rund acht Jahren ist mit dem Out of Bounds Festival eine fi xe und heute etablierte Bike-Veranstaltung kreiert worden, mit dem 26TRIX – einem Dirt-Jump-Contest – zogen wir weltweit Aufmerksamkeit auf Leogang. Als ganz spezieller Event wurde dann der White Style entwickelt! Ein Dirt-JumpContest auf Schnee. In dieser Saison geht das Spektakel bei Flutlicht am 31. Jänner über die Bühne.

Die WM war wohl der endgültige Ritterschlag als Top-Region.

Bei Weltcuprennen und WM sind wir ehrlich gesagt eher wie die Jungfrau zum Kind gekommen. Im Frühjahr 2010 hat uns der Welt-Radsportverband UCI aus der Schweiz angerufen, ob wir Interesse hätten und in der Lage wären, innerhalb von drei Monaten ein Weltcuprennen zu organisieren. Wir haben den Stier bei den Hörnern gepackt und erst dann bemerkt, was das wirklich hieß: nämlich Arbeit, Arbeit und noch mal Arbeit. Aber es ist alles perfekt gelaufen. Die Durchführung der UCI Mountain Bike & Trials Weltmeisterschaft in Saalfelden Leogang war natürlich der Superlativ: 14 Tage sportliche Höchstleistungen und 43.000 begeisterte Zuseher an den Strecken. Alle waren mit dem Mountainbike-Virus infi ziert.

Wie soll es mit dem Thema Bike in Leogang weitergehen?

2001 gab es ja hauptsächlich Experten-Strecken. Heute sind es neben den Weltcupstrecken die einfacheren Trails und das Übungsgelände, die von Jahr zu Jahr wachsen und viele begeisterte Nachwuchssportler hervorbringen. Unser Ziel ist es einerseits, dass wir uns im Spitzensport – also im Weltcup – weiter etablieren, andererseits wollen wir eine Bike-Region mit einem vielfältigen Angebot für die ganze Familie sein.

Wie wichtig ist der Bike-Gast für Leogang geworden?

Die ersten fünf Jahre kann man durchaus als schwierige Zeit bezeichnen. In den allerersten Sommermonaten verzeichneten wir noch 16.700 Bergfahrten von Bikern. Heute sind es über 140.000. Ich glaube, das sagt alles.

Kornel Grundner, Geschäftsführer Leoganger Bergbahnen

Waren die Leoganger schon immer etwas bikeverrückt?

Das wäre übertrieben, aber tatsächlich gab es bereits in den 90er-Jahren einen sehr aktiven Radclub. Schon zu dieser Zeit fanden die ersten Mountainbike-Rennen statt. Der heute so bekannte Bikepark wurde 2001 aus der Taufe gehoben. Interessant ist, dass die Bergbahnen dieses Projekt nicht allein stemmen mussten. 20 stille Gesellschafter haben 49 Prozent der Errichtungskosten aufgebracht. Somit sind auch Hoteliers, Hüttenwirte, der Sporthandel und Privatpersonen Gesellschafter des Bikeparks – sogar das Baggerunternehmen, das 2001 die Strecken gebaut hat. Wie das bei neuen Ideen so ist, gab es neben einer engagierten Gruppe natürlich auch Kritiker. Anfangs konnten sich viele Leute einfach nicht vorstellen, was hier entstehen soll und wer hier diese schwierigen Strecken überhaupt hinunterfahren will und kann. Gott sei Dank hat sich erstere Gruppe rund um Tourismusverband, Bergbahnen, Gemeinde und stille Gesellschafter durchgesetzt. Gesellschafter durchgesetzt.

Wolfgang Breitfuß, Geschäftsführer des Tourismusverbandes Saalbach Hinterglemm

Wann ist es mit dem Bikesport in Saalbach Hinterglemm losgegangen?

Wie viele österreichische Tourismusorte waren auch wir auf der Suche nach Themen, die den Sommer beleben und eine etwas jüngere Zielgruppe in unseren Ort bringen sollten. Vor 15 Jahren, als ich begonnen habe, das Thema Mountainbiking in Saalbach Hinterglemm zu etablieren, waren es vor allem Destinationen wie der Gardasee oder auch Gebiete in den französischen Alpen, die eine große Vorbildwirkung hatten. Wir haben dann unser Angebot unter die Lupe genommen und schnell festgestellt, dass wir eigentlich gleich gute oder auch bessere Voraussetzungen hatten als diese Orte. Durch die Erschließung der Berge durch Forststraßen bzw. Wege, die der Bergbahnen-Errichtung dienten, durch Hütten, Gondelbahnen sowie Unterkünfte in allen Kategorien hatten wir auch eine ideale Infrastruktur. Was uns noch gefehlt hatte, waren Verträge mit den Grundstücksbesitzern, um das Fahren mit dem Bike zu legalisieren.

War es schwierig, die Bike-Infrastruktur aufzubauen?

Der Großteil unserer Landwirte ist in der Zimmervermietung engagiert. Also stellte das Thema Mountainbiking auch eine willkommene Innovation für deren eigene Gäste dar. Darum konnten wir in sehr kurzer Zeit ein beachtliches Wege- und Trailnetz unter Vertrag nehmen und es unseren bikenden Gästen anbieten. Generell kann man sagen, dass unsere Grundbesitzer sehr, sehr viel Verständnis für touristische Themen aufbringen und viele Flächen genutzt werden dürfen.

Und die Behörden?

Geboxt haben wir sicherlich nicht! Wir waren auch nicht in der Verhandlungsposition, hier Forderungen zu stellen. Es hat uns der Dialog sehr viel weiter gebracht, und Gott sei Dank wurde später auch von der Salzburger Land Tourismus GmbH und der Landesregierung ein einheitliches Vertragswerk über die Benützung von Wegen und gleich der dazugehörige Versicherungsschutz für den Wegehalter auf Schiene gebracht.

Wann wurde das Biken aus touristischer Sicht gewichtiger?

Vor rund zehn Jahren, als zum „normalen“ Mountainbiking die Themen Downhill und Freeride dazugekommen sind. Mit den Möglichkeiten, im Glemmtal die Bergbahnen als Aufstiegshilfe zu nutzen, konnten wir mit einem Schlag eine viel größere Zielgruppe ansprechen. Mal ehrlich, wie viele Biker gibt es, die 1.000 Höhenmeter fahren können? Viel zu wenig, dass es eine touristisch relevante Größe wäre. Nach und nach haben sich dann auch unsere Beherbergungsbetriebe auf dieses Segment eingestellt und auch die ersten Erfolge damit verzeichnet.

Welche Rolle spielen Bike-Events?

Die Worldgames sind eine im Eventkalender nicht mehr wegzudenkende Veranstaltung in der Bikeszene. 1.400 Starter aus 20 Nationen schaffen eine unglaublich tolle Atmosphäre und weltweite mediale Präsenz. Großevents wie das Freeride Festival oder Bikes and Beats, die eine gelungene Mischung aus Race, Party, Expo Area und Fun darstellen, runden das großartige Angebot an Veranstaltungen ab.

Wie hat sich das Angebot im Laufe der Jahre entwickelt?

Das Streckennetz wurde ständig erweitert. Verbindungen zu unseren Nachbargemeinden wurden geschaffen. Mittlerweile können wir Downhill- und Freeride-Strecken von jedem unserer vier Hauptberge, auf die ein Lift hinaufführt, anbieten. Mit der BIG-5BIKE Challenge wurde eine interaktive Schnitzeljagd kreiert, die den Biker den ganzen Tag über durch unser Gebiet leitet. Er kann sich dann die gefahrenen Höhenmeter und die Bilder der Foto-Checkpoints am PC zu Hause ansehen.

Welche Bedeutung nimmt die Sparte Bike im Sommertourismus ein?

Mittlerweile hat sich das Pfl änzchen zu mehr als einer Pfl anze, eher schon zu einem touristischen Baum entwickelt, der jedes Jahr, Stichwort Jahresringe, noch stärker wird. Eine genaue Zahl ist schwer zu sagen, aber wir schätzen den Nächtigungsanteil mittlerweile auf rund 15 Prozent der gesamten Sommernächtigungen.

Wie schätzen Sie die Zukunft ein?

Am wichtigsten ist die Qualität des Bike-Angebots. Die Wege müssen passen. Ein wichtiger Punkt ist die Beschilderung, die im Sommer 2014 neu gemacht wird. Wir sind dabei, unsere Apps zu verbessern. Es ist unglaublich, wie viele Gäste sich mit Handys im Gebiet orientieren. Wir müssen sehen, dass wir noch mehr Panoramawege erschließen, damit wir den schlechter trainierten Bikern schnell das Bergerlebnis vermitteln. Und bei allem Bike-Enthusiasmus müssen wir auch immer darauf achten, dass wir nicht in einen Interessenkonfl ikt mit den beiden anderen großen Gästegruppen Familien und Wandern/Outdoor kommen. Wir benutzen am Berg nämlich manchmal dieselben Wege. Aber das sehe ich eher als Luxusproblem: Hätte mir jemand vor zehn Jahren gesagt, dass am Berg zu viel los wäre, dann hätte ich ihn ausgelacht.

Die Bergwege in Saalbach Hinterglemm und Leogang sind teils den Wanderern vorbehalten, teils den Bikern und teilweise können sie von Wanderern und Bikern gleichermaßen benutzt werden. Gegenseitige Rücksichtnahme und ein verständnisvolles Nebeneinander sind oberstes Gebot – daher wurde die Initiative Fair Play ins Leben gerufen.

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