dance for you magazine issue march april 2012

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magazine

D € 4,50

MäRZ / APRIL 2012 • ISSN 1613 - 8988

for you!

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Available at www.eurostore.sansha.com and at all leading dance stores in Europe. E-mail: franckduval@sansha.com

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DEUTSCHER TANZPREIS 2012

Tutto Rosa

Der Kampf der Welttanzsportverbände

FREEDOM TO DANCE Gözde Özgür & Ivan Liška

Ivan CAVALLARI Heinz SPOERLI

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Tanzschuhe und Tanzbekleidung für Kinder und Erwachsene zu Top-Preisen

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Inhalt Contents

Cover: Ivan Cavallari © West Australian Ballet

PEOPLE

10. IVAN CAVALLARI

Der Direktor des West Australian Ballet kehrt zurück nach Europa

14. 16.

„DER TANZMACHER“ - HEINZ SPOERLI nimmt Abschied von Zürich Der Deutsche Tanzpreis 2012: Gözde Özgür und Ivan Liška

Standardtanz 19.

FREEDOM TO DANCE. Der Kampf der Welttanzsportverbände nimmt immer absurdere Formen an.

ausbildung

22. Ausbildung nach der Bologna-Reform: Die 3. Biennale Tanzausbildung

33. Ballett, Music & more: Integrative Konzepte an der Ballettschule der Wiener Staatsoper

Stefan sixt spezial

28. Anna hat keine Füße

Kolumne

30. Photographic images:

Bodies in Urban Spaces www.danceforyou-magazine.com

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Inhalt Contents

Fotos von: Ursula Kaufmann, Enrico Nawrath, Thomas Kirchgraber

35. BRISANT: Pillen und Pirouetten 48. Listening ballet

Junge Tänzer

38. Der französische Elegant: Kévin Pouzou tanzt sich beim Staatsballett Berlin vor

41.

PERFORMANCES Pumpenhaus Mark Sieczkareks ausdrucksstarkes Tanzstück „Symfonia“

Inserenten-Index Ausgabe 2/2012

42. BayerischeS Staatsballett

MacMillan, Maliphant und eine Uraufführung von Simone Sandroni

Ballettschule Hamburg Ballett www.hamburgballett.de Ballettseminare Stuttgart www.ballettseminare-stuttgart.de BBPromotion www.bb-promotion.com DanceEmotion - freiburger akademie für tanz www.danceemotion.de Folkwang Universität der Künste | Institut für Zeitgenössischen Tanz www.folkwang-uni.de Istanbul International Ballet Competiton www.istanbulballetcompetition.gov.tr MOVIMENTOS www.movimentos.de Roch-Valley Dancewear www.roch-valley.co.uk SANSHA Dancewear and shoes www.sansha.com Tanzbedarf www.tanz-bedarf.de Tanzfestival Bielefeld www.tanzfestival-bielefeld.de

44. Theater Bielefeld

Herbstzeitlose / From here to there. Uraufführung von Rainer Behr und Fabien Prioville

45. Städtische Bühnen Münster Susanne Linkes Uraufführung „Meinstream“

46. Ivan Putrov´s Men in Motion 47. Philippe Saire

Eine Studie in Licht und Schatten

3.

Editorial

3.-8. Start-Up & News 24. Performance Kalender 32.

Bastien Vivès Ballett-Comic: Polina

34. Tanzschulen - School Directory 36. Dance News

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editorial

märz / april 2012

Als Pina Bauschs Tanztheater Erfolge feierte, das Ballett immer moderner wurde und Stadttheater zeitgenössische Tanzproduktionen auf die Bühne brachten, sahen Skeptiker den Klassischen Tanz sterben und wurden glücklicherweise eines Besseren belehrt. Jetzt steckt das Tanztheater in der Krise: Daniel Goldin und Urs Dietrich – beides renommierte Choreografen aus der Essener Folkwang-Schmiede – haben nach Jahrzehnten an Stadttheatern keine Zukunft mehr. Und die Wuppertaler Tänzer kümmern sich nach Pina Bauschs Tod nur noch um das tänzerische Erbe. Hat das deutsche Tanztheater seine besten Zeiten hinter sich? Braucht das Publikum etwas Neues, Jüngeres? In Münster setzt man mit Hans Henning Paar auf einen modern choreografierenden BallettChef, dem seine Kompanie auch für Oper und Operette nicht zu schade ist. Das Bremer Theater unterliegt dem Sparzwang, muss Zuschauerzahlen erhöhen und verfolgt das Ziel, junges Publikum für die Bühne zu begeistern. Intendant Michael Börgerding engagiert gleich zwei Kompanien aus der Freien Szene – Samir Akikas „Unusual Symtoms“ und das Team um Regieduo Gintersdorfer / Klaßen.

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Der französisch-algerische Akika bringt mit Nachwuchskünstlern und semi-professionellen Jugendlichen junge Themen auf die Bühne. Seine Inszenierungen sind schräg, originell und nah an der Realität. Mindestens ebenso nah wie Produktionen von Monika Gintersdorfer und Knut Klaßen, die in Bremen nun regelmäßig auf dem Spielplan stehen. Die deutsch-afrikanischen Künstler finden ihre politischen Themen auf der Straße, an der Elfenbeinküste; ihre Darsteller haben sie in Clubs entdeckt. Mit ihrem aggressiven, ironischen Stil bringen die jungen Tänzer Realitäten ins Theater und tragen so auf eigenwillige Weise zur Völkerverständigung bei. Das alles ist spannend, hat Zukunft und dennoch möchte man Tanztheater oder deutschen Ausdruckstanz - das Erbe von Kurt Joos - nicht missen. Schließlich braucht Theater beides: Choreografen mit Geschichte und experimentierfreudige Künstler, die Neues schaffen. Kein einfacher, aber letztlich lohnenswerter Spagat. Isabell Steinböck

William Forsythe Wiliam Forsythe © Dominik Mentzos

will receive Lifetime Achievement Award The American Dance Festival (ADFa) will award renowned American born-choreographer, designer, and filmmaker, William Forsythe with the 2012 Samuel H. Scripps/American Dance Festival Award for Lifetime Achievement, the most prestigious award for lifetime achievement in modern dance. The Award will be presented to Mr. Forsythe by former Forsythe Company dancer and collaborator, Jill Johnson, in a special ceremony on Saturday, June 30th at 8:00pm, prior to the Hubbard Street Dance Chicago performance at the Durham Performing Arts Center. The performance by Hubbard Street Dance Chicago will include Mr. Forsythe’s 1993 work, Quintett. Established in 1981 by Samuel H. Scripps and the ADF, the annual award includes a $50,000 prize, the largest monetary award given for lifetime achievement, and honors choreographers who have dedicated their lives and talent to the creation of modern dance.

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start-up

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ILL-Abilities TOMMYGUNS Ben Li www.rawedgephotos_co

Vagabond Crew at BC07 © Belinda Lawley

Breakin’ Convention Still the only event of its kind in the UK, and curated and directed by Sadler’s Wells Associate Artist Jonzi D, Breakin’ Convention returns for its ninth year over the May bank holiday weekend, from Saturday 5 - Monday 7 May 2012. Featuring some of the very best UK and international acts in hip hop dance, Breakin’ Convention offers audiences a range of different styles from breaking and popping to locking, b-boying and newer styles such as house dance, devised from the dance floors and born out of club culture. There are also dozens of extra events in the mix including workshops, film screenings, DJ demos, impromptu foyer freestyle sessions and even live aerosol art. Since its inception in 2004 Breakin’ Convention has showcased over 400 UK and international companies, and a total of over 3.900 performers to audiences in excess of 75,000.

S

eit über zwei Dekaden kombiniert das Tanzfestival Bielefeld qualifizierten Tanz- und Choreographie-Unterricht internationaler Dozentinnen und Dozenten mit Aufführungen moderner Tanzensembles aus aller Welt. Es spricht Menschen mit unterschiedlicher kultureller und tanzfachlicher Vorbildung vom Anfänger bis zum Profi an. Das Festival ist in jedem Jahr ein großes Ereignis für die gesamte Region Ostwestfalen-Lippe und darüber hinaus ein Anziehungspunkt für Tanzbegeisterte aus aller Welt. Fünf Tanzstudios werden in der altehrwürdigen Rudolf-Oetker-Halle eingerichtet, die während des restlichen Jahres als Konzerthaus insbesondere für Klassische Musik dient. Doch immer in den ersten zwei Wochen der NRW-Sommerferien verwandelt sich die Halle mit ihrer einmaligen Atmosphäre in ein lebendiges Tanzzentrum. Eine Dependance befindet sich seit zwei Jahren im Tanzstudio DansArt, da bei dem großen Angebot an Workshops die Raumkapazitäten der Rudolf-OetkerHalle nicht mehr ganz ausreichen. Das internationale Tanz-Publikum kommt beim Performance-Programm voll auf seine Kosten: Mit insgesamt 11 Performances – dem bislang differenziertesten und aufwändigsten Programm der letzten zwei Jahrzehnte – weiß das Tanzfestival Bielefeld auch den kritischen Fach-Besucher zu begeistern. www.danceforyou-magazine.com

Tanzfestival Bielefeld 8. bis 21. Juli 2012


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ISSN 1613-8988 Herausgeber / Publisher: MIVI Verlag Rotkreuzstr. 58a 85435 Erding, Germany Tel. +49 (0)8122-8471 669 Fax +49 (0)8122-8471 670 www.danceforyou-magazine.com Redaktion / Editor: Mihaela Vieru, Isabell Steinböck redaktion@danceforyou-magazine.com Ständige Korrespondenten, Permanent correspondents: Jason Beechey, Judith Percival, Volkmar Draeger, Julia Davies, Julia Gaß, Claudia Gass, Oliver Peter Graber, Dagmar Klein, Thomas Kirchgraber, Ute Fischbach-Kirchgraber, Michael Crabb, Marieluise Jeitschko, Lucia Lacarra, Christine Lehmann, Silvia Plankl, Vesna Mlakar, Stefan Sixt, Hartmut Regitz, Gunild Pak-Symes, Jane Simpson, Karin SchmidtFeister, Nicolae Vieru, Hans-Theodor Wohlfahrt, Julia Davies Anzeigen/Advertising: ads@danceforyou-magazine.com Leser-Service, Info/ subscription, info Tel. +49 (0)8122-8471 669 Fax +49 (0)8122-8471 670 E-Mail: info@danceforyou-magazine.com Abo online ganz einfach unter: www.danceforyou-magazine.com Abo & Service Erscheinungsweise / frequency: Jahresabonnement: dance for you magazine erscheint alle zwei Monate mit 6 Ausgaben pro Jahr. Das Jahresabo kostet 35,00 Euro (D), 45,00 Euro Europa und 55,00 Euro Welt. Die Kündigung beträgt 6 Wochen zum Ende des Bezugszeitraums, ansonsten verlängert sich das Abonnement um ein Jahr. Subscription: dance for you magazine is issued 6 times a year. One year subscription costs 35,00 Euro (Germany), 45,00 Euro Europe, 55,00 Euro World. The subscription may be cancelled 6 weeks before end of the year. Distribution: UMS Press Limited Verkauf und Abo: MIVI Verlag, Buch- und Zeitschriftenhandel, Hoser & Mende KG in Stuttgart, Leserauskunft GmbH, HARRASSOWITZ GmbH & Co. KG in Wiesbaden. Verbreitung im In-und Ausland. Distributed: national and international

Li Cunxin ist neuer Ballettdirektor des Queensland Ballet Li Cunxin ist ein bekannter Künstler, dank seiner Bestseller-Autobiografie „Maos letzter Tänzer“, die zudem verfilmt worden ist. Geboren in Qingdao, China, wurde Li vorerst an die Madame Mao‘s Beijing Dance Academy und danach in Peking ausgebildet. Sein herausragendes Talent machte ihn zu einem der besten Tänzer Chinas. Ben Stevenson, künstlerischer Direktor des Houston Balletts, entdeckt ihn Anfang der 1980er Jahre, als er das kommunistische China mit einer kulturellen Delegation besucht. Li erhält von der Regierung eine Genehmigung, als Austauschstudent in Amerika zu studieren. Als er schließlich die Nachwuchstänzerin Elizabeth Mackey heiratet, darf er nach internationalem Recht in Amerika bleiben. Doch der chinesische Konsul will ihn mit allen Mitteln in die Heimat zurückführen. Und der Preis für seine Freiheit ist hoch: Li bekommt über Jahre nicht die Erlaubnis, seine Familie in der Heimat zu besuchen. Die mitreißende Geschichte des herausragenden Balletttänzers Li Cunxin hat international Millionen von Menschen berührt; man darf gespannt sein, wie er seine Kunst als Ballettdirektor des Queensland Balletts vervollkommnet.

One of Britain’s leading contemporary sculptors, Simon Gudgeon

Druckunterlagen und Anzeigenschluss: der 10. des Vormonats vor Erscheinung Printing data and deadline for adverts: the 10th of the previous month Nachdruck nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages und unter voller Quellenangabe. Für eingesandte Manuskripte und Bildmaterialien, die nicht ausdrücklich angefordert wurden, übernimmt der Verlag keine Haftung. Die mit Namen gekennzeichneten Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Please do not send original photographic material by post. Photos sent by email need to be 300 dpi and should be clearly captioned in File Info. We cannot be held responsible for items which go astray in transit.

© MIVI Verlag • Alle rechte vorbehalten.

has a signature smooth style that wonderfully concentrates spirit and nature. His minimalist, semi-abstract forms depict both movement and emotion of a moment captured with a visual harmony that is unmistakably his own. Working primarily in bronze but with media such as glass and stainless steel, Simon’s work continues to be recognised and collected all over the world. Dancer Emma Sutton „Jump for Enlightenment“ by Elie Dervonte www.dervonte.com www.danceforyou-magazine.com

Li Cunxin © Robert Bontscheck

impressum

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Ben Van Cauwenbergh bleibt für weitere sechs Jahre Chef des Aalto Ballett Theaters Essen

Ben Van Cauwenbergh ©Aalto Ballett Theater Essen

nach Luzern. Von 1992 bis 2007 arbeitete er als Ballettdirektor und Chefchoreograf am Hessischen Staatstheater Wiesbaden. Seine von der klassischen Ästhetik geprägten und dabei zeitgenössische Tanzelemente integrierenden Arbeiten bilden weltweit Repertoire-Bestandteile der Ballett-Compagnien. Ferner gab er jungen Tänzerinnen und Tänzern im Rahmen der Ballettabende „Home/PTAH/Life“ und „PTAH II“ (im GrilloTheater) Gelegenheit, ihr choreographisches Talent zu erproben und realisierte 2010/2011 zudem das „Dance at School“Projekt mit Essener Schülerinnen und Schülern.

„Dank Van Cauwenberghs ausgezeichneter künstlerischer Arbeit ist es der Essener Compagnie gelungen, neue Besucherschichten zu erschließen und hervorragende Zuschauerzahlen - in der Spielzeit 2010/2011 betrug die Platzauslastung 84% - zu erzielen“, so der TUP-Aufsichtsratsvorsitzende Hans Schippmann. Van Cauwenberghs Vertrag läuft nun in beiderseitigem Einvernehmen bis zur Spielzeit 2018/2019 und sieht zudem vor, dass der gebürtige Belgier ab der Spielzeit 2013/2014 als Ballettintendant noch eigenverantwortlicher innerhalb der TUP wird agieren können. In Zukunft will Van Cauwenbergh vermehrt auch Kreationen anderer international renommierter Choreografen auf die Aalto-Bühne bringen. Seit der Saison 2008/2009 ist Ben Van Cauwenbergh Ballettdirektor des Aalto Ballett Theater Essen. Der Belgier wurde in Antwerpen geboren. Als Sohn der Tänzerin Anna Brabants („Geschwister Brabants“) erhielt er bereits frühzeitig Ballettunterricht und trat nach seiner Ausbildung am Staatlichen Institut für Ballett sein erstes Engagement beim Königlichen Ballett von Flandern an. 1976 errang er beim internationalen Ballettwettbewerb von Varna die Silbermedaille sowie die Goldmedaille beim renommierten „Prix de Lausanne“. Von 1978 bis 1984 war er Erster Solist des London Festival Ballet (heute English National Ballet). 1984 kehrte Ben Van Cauwenbergh an das Königliche Ballett von Flandern zurück und wurde vom Magazin „Dance and Dancers“ zum Tänzer des Jahres gewählt. 1987 wechselte er als Erster Solist zum Ballett nach Bern, 1989 als Ballettdirektor und Chefchoreograf

Full casting is announced for Matthew Bourne´s NUTCRACKER! (Photo) which returns to The Lowry from Tuesday 20 until Saturday 24 March 2012. One of the most popular dance productions ever staged in the UK, Matthew Bourne’s Nutcracker! returns to The Lowry to celebrate its 20th anniversary for one week only. This delicious theatrical feast has familysized helpings of Matthew Bourne’s trademark wit, pathos and magical fantasy. Nutcracker! follows Clara’s bittersweet journey from a hilariously bleak Christmas Eve at Dr. Dross’ Orphanage, through a shimmering, iceskating winter wonderland to the scrumptious candy kingdom of Sweetieland. Tchaikovsky’s glorious score and Anthony Ward’s unforgettable sets and costumes combine with sizzling choreography to create a fresh and charmingly irreverent interpretation of the traditional favourite.

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start-up

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Bessere Arbeitsbedingungen für 13 Schweizer Tanzkompanien

Chefchoreograph Gregor Zöllig bleibt bis 2017 in Bielefeld Michael Heicks, Intendant am Theater Bielefeld, hat den Vertrag mit Gregor Zöllig, Leiter des Bielefelder Tanztheaters, bis 2017 verlängert. Gregor Zöllig Gregor Zoellig © Lioba Schöneck ist seit der Spielzeit 2005/2006 Leiter des Tanztheater Bielefeld. Als Chefchoreograph setzt er seinen Schwerpunkt auf Uraufführungen. Für seine Erste Symphonie von Johannes Brahms wurde er 2009 für den deutschen Theaterpreis DER FAUST nominiert. Wichtig ist Zöllig auch der kontinuierliche Austausch mit der internationalen Tanzszene. Mit Gastchoreographen wie Jo Strømgren, Guy Weizman und Roni Haver oder Simone Sandroni sowie internationalen Gastspielen stellt er die choreographische Vielfalt des europäischen Tanztheaters in Bielefeld vor. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Vermittlung von zeitgenössischem Tanz. Seit 2007 finden in jeder Spielzeit unter dem Namen Zeitsprung Tanz-Projekte mit Amateuren statt. Zusammen mit Royston Maldoon erarbeiteten Zöllig und sein Ensemble eine Konzeption, die bundesweit einmalig ist: ein nachhaltiges Vermittlungsangebot der künstlerischen Arbeit des Tanztheater Bielefeld für ein breites Spektrum von Menschen, die sich selbst vorher noch nie im Tanz kreativ erlebt haben. Bis heute haben rund 1000 Teilnehmer in 12 Projekten mitgewirkt. Die Zeitsprung-Projekte werden vom Land NRW als „zukunftsweisendes Modell“ unterstützt. 2011 hat eines der Projekte – unter 850 Bewerbungen – beim Kinder zum Olymp!-Wettbewerb gewonnen. Aufgrund dieser Erfolge konnte das Theater Bielefeld in der Spielzeit 10/11 als erste deutsche Bühne eine volle Stelle eigens für Tanzvermittlung einrichten. Gregor Zöllig wurde 1965 in St. Gallen geboren. Nach seiner Tänzerausbildung an der Folkwang Musikhochschule bildete er sich an der Stuttgarter John Cranko Ballettakademie weiter. Seine ersten Engagements als Tänzer und Solotänzer führten ihn an die Theater Aachen und Münster, wo er auch eigene Choreographien zeigte. 1996 wurde Gregor Zöllig Assistent und Gasttrainingsleiter beim Bremer Tanztheater unter der künstlerischen Leitung von Urs Dietrich. Als Gastchoreograph arbeitete er u.a. in Nürnberg, Schwerin, Münster und Oldenburg.

Marie Chouinard

Für seine künstlerische Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Bayerischen Theaterpreis im Jahr 2000. 1995 gründete er seine eigene Kompanie. Von 1997 bis 2005 war er Leiter und Choreograph des Tanztheaters der Städtischen Bühnen Osnabrück. Dort etablierte er sein Forum für modernen und zeitgenössischen Tanz, mit dem er schließlich an das Theater Bielefeld wechselte.

Am 23. Januar erhielt Marie Chouinard von Frédéric Mitterrand, Minister für Kultur und Kommunikation, anlässlich der Präsentation des Insignia die Auszeichnung d‘Officier de l’ordre des Arts et des Lettres und Chevalier de l’ordre des Arts et des Lettres zusammen mit Josephine Ann Endicott und Mourad Merzouki. www.danceforyou-magazine.com

Seit 2006 verfügen Städte, Kantone und die Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia über ein gemeinsames Förderinstrument. Das zeigt Wirkung: Die Kooperativen Fördervereinbarungen verbessern die Arbeitsbedingungen freier Tanzkompanien nachhaltig. Für die Jahre 2012 bis 2014 wurden wiederum 13 Verträge unterzeichnet. Die Kooperativen Fördervereinbarungen sind der Tatbeweis für eine erfolgreiche Zusammenarbeit von Städten, Kantonen und Bund. Sechs Jahre nach ihrer Lancierung hat sich gezeigt, dass sie die Arbeitsbedingungen freier Gruppen eindeutig verbessern und ihre internationale Konkurrenzfähigkeit steigern: Die Tanzkompanien erhalten mehr Zeit zum Recherchieren und mehr Planungssicherheit, weil sie weniger unter Produktionsdruck stehen. Dies eröffnet ihnen Spielraum für kurzfristige Tourneen und Gastspiele, gleichzeitig können sie nachhaltige Netzwerke aufbauen. Auf lokaler Ebene erhalten sie die Möglichkeit, sich im Bereich der Vermittlung einzusetzen oder neue künstlerische Formate zu erproben. Die bisherigen Erfahrungen belegen, zu welch enormer Entwicklung gerade jüngere Gruppen in kurzer Zeit fähig sind. Mit dem Abschluss einer Kooperativen Fördervereinbarung bekunden die Subventionsgeber ihr Vertrauen in die künstlerische und organisatorische Qualität der jeweiligen Tanzkompanie. Es wird ihr ermöglicht, ihre Arbeit zu professionellen Bedingungen langfristig zu planen. Im Gegenzug sind die Förderinstitutionen von der administrativ aufwändigen Bearbeitung von Einzelgesuchen entlastet.

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Photo: Edinburgh‘s ‚Dance For All‘ school. Mr Thomson Photography

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Royal Academy of Dance (RAD) examinations in Scotland achieve accreditation from UCAS Following the recent announcement by the RAD Examinations Board that RAD examinations in Scotland have been accredited by the Scottish Qualifications Authority (SQA), the Universities and Colleges Admissions Service (UCAS) have now confirmed that these new qualifications will be subsumed within the UCAS points tariff system on the same basis as their Qualifications and Credit Framework (QCF) counterparts. This development will enable students who achieve a Pass or higher in these examinations at Level 3 to use their RAD examination results towards their points tariff score when applying to University or a Higher Education institute in the UK. SQA Accreditation was given to RAD examinations in November 2011, with the awarding of these new qualifications first taking place in January 2012. SQA Accreditation is a distinct, autonomous arm of the Scottish Qualifications Authority and has a statutory role to approve and accredit all types of qualifications (other than degrees) that are offered across Scotland. It also regulates and approves awarding bodies to deliver these qualifications.

This season, Introdans has plenty to celebrate! In addition to its 40th jubilee, the company is also celebrating the 65th birthday of its General Director and cofounder Ton Wiggers with a unique gala performance in Schouwburg Arnhem on Friday, 6 April 2012. This evening will feature several top ballets from the Introdans repertoire, with a focus on Ton Wiggers’ own work – which means that pieces such as Passage, Barok and Mater are naturally in the programme. Het Debat, originally created as a duet, is being performed by several dancers for this festive gala and is now entitled Het Debat XL.

Kleinkünstler jetzt mit 19% MWSt!

BMF hält Kleinkünstler nicht mehr den ausübenden Künstlern für vergleichbar, jetzt also 19 % MWSt! Mit dem Umsatzsteueranwendungserlass vom 12.12.2011 hat das BM der Finanzen die USt-Richtlinien 166, Abschn. 2 leider um einen eingeschobenen Satz 6 ergänzt: „Die regelmäßig nicht mit den Leistungen von Orchestern, Theatern oder Chören vergleichbaren Leistungen von Zauberkünstlern, Artisten, Bauchrednern, Diskjockeys u.ä. typischerweise als Solisten auftretenden Künstlern sind daher nicht nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchstabe a UStG begünstigt.“, also 19 % MWSt! Bisher haben FA diese Kleinkünstler nach ihrer Gestaltungshöhe in die verschiedenen MWSt-Töpfchen sortiert. Der Umsatzsteueranwendungserlass entspricht nach meiner Ansicht nicht dem EU-Recht. (Art. 98 Abs. 2 MwStSystRL). Kommissionsdrucksache 15/285 Raue-Gutachten Im Urteil des EuGH vom 23.10.2003 Az. C-109/02 http://lexetius.com/2003,2246 gibt es Hinweise, dass auch Kleinkunst und Varieté steuerbefreit sind. http://www.steuertipps.de/selbststaendig-freiberufler/umsatzsteuer/kuenstler-zaubern-fuer7-prozent Ein Antrag auf völlige Befreiung analog zu den Theatern sollte von den Kleinkünstlern auf jeden Fall versucht werden, dazu muss aber wie in dem o.g. Fall die Theater-Ähnlichkeit nachgewiesen werden. Im Übrigen werden Zirkusvorführungen und Leistungen von Schaustellern weiterhin reduziert besteuert (§ 12 UStG, Abs. 2, 7 d) – diese Änderung macht also keinen Sinn. Quelle Künstlerberatung Stefan Kuntz www.kuenstlerrat.de

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Foto: Thomas Ammerpohl, Cloud Gate Dance Theatre of Taiwan „Cursive“; Stand: 05. März 2012; Änderungen vorbehalten

vom 10. April bis 20. Mai 2012 Weisheit, Wissen, Information

TANZ – Béjart Ballet Lausanne, TeZukA von Sidi Larbi Cherkaoui, Danza Contemporánea de Cuba, (play) von Kenneth Kvarnström, Cloud Gate Dance Theatre of Taiwan, Zimmermann & de Perrot KONZERTE – Anna Maria Jopek, Mocambo Swing, Tim Garland´s Lighthouse Trio, Salvatore Russo, Vijay Iyer, Kurt Elling, The Good Fellas, Danilo Pérez Trio, Cristina Zavalloni, Anthony Strong, Moritz Rinke, Stefano Bollani & Enrico Rava, Ludovico Einaudi, Peter Gabriel, Daniel Beilschmidt, Ania Vegry, Maxime Heintz, Rozália Szabó, Mareike Morr, Ramón Ortega Quero, Bernward Lohr, Christoph Harer, Christian Kunert, Kammerakademie Potsdam, Kit Armstrong, Adrian Brendel, Andrej Bielow, Olga Scheps, Scharoun Ensemble, Benedict Klöckner, José Gallardo, Cuarteto Arriaga, Birke Bertelsmeier, Alexej Gerassimez, Danjulo Ishizaka, Yorck Kronenberg, Clemens Trautmann, Teresa Zimmermann Weitere Informationen unter 0800 288 678 238 oder www.movimentos.de

SZENISCHE LESUNGEN – Hans-Michael Rehberg, Manfred Zapatka, Sophie Rois, Sylvester Groth, Dieter Mann, Ulrich Matthes, Iris Berben, Thomas Thieme, Wolf Wondratschek, Edith Clever, Joachim Król, Anna und Katharina Thalbach, Jörg Gudzuhn, Gerhard Ahrens

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Ivan Cavallari Š West Australian Ballet

Ivan

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Cavallari Zwei Jahrzehnte lang gehörte Ivan Cavallari zu den profilbestimmenden Tänzerpersönlichkeiten des Stuttgarter Balletts, und auch danach machte er, Crankos ”Onegin” und ”Der Widerspenstigen Zähmung” einstudierend, seinem einstigen Ensemble in der ganzen Welt Ehre. Zuletzt steuerte der Ballerino aus Bozen als Direktor des West Australian Ballet auf Erfolgskurs. Ab Januar 2013 leitet er als Nachfolger von Bertrand d’At das Ballett der Opéra national du Rhin. Ein Gespräch mit Hartmut Regitz:

Ihre Ballettbilanz in Perth kann sich sehen lassen. Welche Gründe kann es geben, die Arbeit mit dem West Australian Ballet aufzugeben? Private. Ich war in Europa immer glücklich und dachte, es ist an der Zeit zurück zu kehren. Als Mulhouse frei wurde, habe ich mich einfach beworben und gedacht: wenn jetzt die Türen aufgehen, wäre das schön. Wenn nicht, werden sich andere Mittel und Wege finden; ich bin hier ungekündigt und hätte meine Arbeit fortsetzen können. Dass es geklappt hat, freut mich natürlich.

Wie lang sind Sie schon in Perth? Seit 2007, aber meine ersten Planungen konnte ich erst 2008 umsetzen. Mein Vertrag hat sich immer automatisch um eine Spielzeit verlängert und hätte ewig weiter laufen können. Mit dem Board of Directors habe ich mich gut verstanden, und meine Tänzer wollten mich am liebsten bis zu meinem Tode hier behalten.

War denn die Arbeit schwierig? Nein, aber sie brauchte Zeit sich zu entwickeln. Wir haben mit einer Kompanie

mit nur 19 Tänzern angefangen. Jetzt haben wir 32 Verträge. Mitte Februar beziehen wir unser neues Ballettzentrum, dessen offizielle Eröffnung am 12. April erfolgt. Nach sechzig Jahren hat damit die Kompanie endlich drei Ballettsäle, Büros, genug Garderoben. Es gibt sogar einen Saal, in dem Vorstellungen möglich werden. Mit der Australian Ballet School und der New Zealand School of Dance unterhalten wir gute Beziehungen, und aus der Kooperation mit dem Dance Departement der Universität hier in Perth hat sich nicht zuletzt ein Young Artist Program entwickelt, das dank der Sponsoren ein einjähriges Engagement ermöglicht. Darüber hinaus gibt es verschiedene Educational Programs, die die lokale Ballet Community an uns binden. Als Márcia Haydée ihr ”Dornröschen” einstudierte und dafür Kinder brauchte, haben sich 250 Kandidaten gemeldet. Die wollte ich nicht wieder verlieren.

Zu Ihren wichtigsten Neuerungen gehört das Repertoire... Ja, gleich am Anfang haben wir ”Der Widerspenstigen Zähmung” gezeigt. Im Mai folgen mit ”Jeu de cartes” und ”Poème de l’extase” zwei weitere Cranko-Kreationen, die ich drei Wochen zuvor in einer Lecture-Demonstration im Detail vorstelle. www.danceforyou-magazine.com


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Fiona Evans and Daryl Brandwood in Ivan Cavallari’s Dolly. Photo by Jon Green

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Sie verleugnen Ihre Wurzeln jedenfalls nicht; der Stuttgart-Transfer ist offensichtlich. Ich habe viel Europäisches vorgestellt, darunter Uwe Scholz, den ich sehr, sehr schätze und dessen Choreografien großen Anklang gefunden haben. Ich finde es traurig, dass seine Werke verloren gehen. Selbst habe ich einen ”Nussknacker” beigesteuert, daneben aber bewusst eine Art Heimatpolitik betrieben, indem ich beispielsweise Lucette Aldous um einen ”Don Quixote” bat. Eine meiner Ersten Solistinnen, Jayne Smeulders, erarbeitete eine neue ”Cinderella”. Es gab einige junge Talente, die ich fördern wollte, und alle, alle waren Australier. Auch Terence Kohler, ein paar Jahre bei Birgit Keil in Karlsruhe unter Vertrag. Unter dem Titel ”Rhetoric” hatte am 10. Februar in Perth sein neueste Kreation Premiere.

Zurück nach Mulhouse... wo ich einen Dreijahresvertrag unterschrieben habe. Die Bedingungen sind ähnlich wie in Perth, aber das System der

Centres Chorégraphiques Nationaux, zu dem auch das Ballet de l’Opéra national du rhin zählt, muss ich erst noch studieren. Meine erste Aufgabe wird sein, die Situation möglichst schnell zu klären. Die Kompanie ist mit 34 Tänzern der in Perth vergleichbar und bedient den ganzen Elsaß. Dass in zwei Zugstunden sowohl Stuttgart wie Paris erreichbar ist, finde ich nicht zuletzt auch aus strategischen Überlegungen heraus überaus interessant: Mal sehen, was sich daraus entwickeln lässt. Das Ballett-Budget ist nicht eben groß, und deshalb werde ich versuchen ein Sponsoren-System aufzubauen. Auch einen Freundeskreis, nach dem Vorbild der Stuttgarter Noverre- oder Cranko-Gesellschaft, würde ich gerne gründen. Viel Zeit bleibt mir nicht, in Europa geht alles viel schneller. Unbedingt beibehalten möchte ich das Jugendprogramm, das mein Vorgänger Bertrand d’At dankenswerterweise aufgelegt hat.

Wie konkret sind Ihre Pläne? Ich kontaktiere derzeit viele Choreografen, vor allem französische. Auf jeden www.danceforyou-magazine.com

Fall möchte ich Thierry Malandain zur Mitarbeit motivieren. Maguy Marin und Yuval Pick interessieren mich. Den ”Boléro” von Stephan Thoss hätte ich gerne und ”Sweet Sweet Sweet” von Marco Goecke. Von anderen schaue ich mir Videos an. Nur Supermodernes, nur eine Richtung wäre allerdings nicht nach meinem Geschmack. Mir gefällt die Mischung, die bisher in Mulhouse praktiziert worden ist.

Sie erinnert an eine Praxis, die, von John Cranko beim Stuttgarter Ballett initiiert, auch von seinen Nachfolgern beibehalten wurde. Was macht sie nicht zuletzt für Tänzer, wie Sie einer gewesen sind, so attraktiv? Wozu zählen Sie Ihre größten tänzerischen Herausforderungen? Die Vielseitigkeit des Repertoires und die Zusammenarbeit mit Choreografen erlaubt einem, über vermeintliche Grenzen hinauszuwachsen. So lange man die Möglichkeit hat, sich als Tänzer und Künstler weiter zu entwickeln, sollte


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Fiona Evans and Daryl Brandwood in Ivan Cavallari’s Dolly. Photo by Jon Green

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man jede Chance wahrnehmen und sich ihr hingeben. Dabei kann eine schlechte Erfahrung manchmal viel mehr helfen als eine positive. Bei Márcia (Haydée, d. Red.) und Reid (Anderson, d. Red.) war alles eine Herausforderung, da mich beide als Tänzer sehr unterstützt haben und ich fast alles tanzen durfte, darunter viele Rollen, von denen ich gedacht habe: „Das schaffe ich nie, das bin ich nicht.“ Diese Erfahrung hat mir später erlaubt, den Tänzern weiterzuhelfen, vor allem jenen, die nicht an sich und ihr eigenes Talent geglaubt haben.

entwickeln. In den letzten fünf Jahren in Australien habe ich zwei Handlungsbalette choreografiert – beide mit bekannten Titeln, um die Kostendeckung sicherzustellen. Momentan arbeite ich mit meinem Bühnenbildner Edoardo Sanchi an zwei weiteren Projekten, die ich mit dem Ballet du Rhin in den nächsten Jahren präsentieren möchte.

Stuttgart ist längst Vergangenheit. Sie haben eine Zeitlang als Freelance-Choreograf gearbeitet, waren viele Jahre in Perth. Wann fangen Sie in Mulhouse an?

Wo positionieren Sie sich als Choreograf? Unsere Saison in Australien läuft von Das Erzählende einer Choreographie, egal ob neoklassisch oder modern, hat mich schon immer fasziniert. Kammerstücke sind natürlich sehr schön und eine wichtige Übung, um eine eigene choreografische Sprache zu finden, da sie eine andere Freiheit bieten. Ich möchte hingegen meinen Tänzern im Handlungsballett mehr Spielraum geben, etwa durch die Interpretation einer Rolle, um so ihre Persönlichkeit zu

Januar bis Dezember. Deshalb kann ich hier erst kurz vor Weihnachten anfangen. Beide Kompanien gleichzeitig zu leiten, kann nur eine Interimslösung sein. Planen kann ich zwar immer am Computer, und für 2013 muss ich in Perth noch ein Programm auf die Beine stellen und eine Fünf-Jahres-Strategie entwickeln. Aber die Tänzer brauchen die physische Präsenz eines Leiters, und die will ich ihnen so schnell wie möglich geben. www.danceforyou-magazine.com

Sie sprechen von einer Fünf-Jahres-Strategie: Wie läuft es denn beim West Australian Ballet weiter? Welche Lösungsmöglichkeiten können Sie sich vorstellen, und bleibt der Kontakt erhalten? Der Board of Director, eine Art Verwaltung, möchte mich in irgendeiner Form behalten – was jedoch sehr von einigen Aspekten abhängt. Ich freue mich, wenn ich behilflich sein kann, und werde den Kontakt aufrecht erhalten. Die australische Regierung fordert von allen Kunstinstitutionen eine Fünf-JahresStrategie, um verstehen zu können, wie diese Institutionen sich entwickeln. Der Grundstein für diese Entwicklung wurde schon von mir und meinem General Manager Steven Roth gelegt. Falls nicht eine finanzielle Rezession alles durcheinander wirbelt, sollten sich die nächsten fünf Jahre leichter aufbauen lassen. Ich bin sehr dankbar für die Jahre, die ich in Australien verbringen konnte, und die Erfahrungen, die ich in der Zeit gesammelt habe.


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Heinz Spoerli nimmt Abschied …von Zürich Zum Abschied ein Buch von Horst Koegler: „Heinz Spoerli - Weltbürger des Balletts“ Heinz Spoerli © Suzanne Schwiertz

Eine Besprechung und Bilanz von Marieluise Jeitschko

Horst Koegler nennt ihn einen „Weltbürger des Balletts“ – zu Recht, betrachtet man die „Weltkarte der Gastspielorte“, in denen Heinz Spoerli getanzt oder choreografiert hat und mit der Kompanie aufgetreten ist. 133 Städte in 34 Ländern sind da verzeichnet. Aber in seinem Herzen ist der Schweizer immer seinem kleinen Heimatland treu geblieben und hat den Tanz dort ganz groß gemacht. 1940 in Basel geboren, begann er mit 17 Jahren zu tanzen. Drei Jahre später hatte er bereits sein erstes Engagement im Ballett des Basler Theaters, wurde danach Solist in Köln, Winnipeg und Montreal. Nach Genf wird er bereits als „Solist mit Choreografie-Verpflichtung“ engagiert. Einlagen für Oper und Operette konzipiert er damals vor allem, gewinnt aber auch seinen ersten Wettbewerb mit einer Choreografie auf eine elektronische Komposition. Da horcht man in Basel auf, wo gerade ein neues, hochmodernes Theater eröffnet wurde mit progressiv anspruchsvollem Programm. 1973 ist Spoerli dort Ballettdirektor – und macht Furore gleich mit seiner ersten großen Choreografie, Strawinskys „Feuervogel“. Der russische Komponist bleibt neben Bach wichtiges Standbein im Schaffen Spoerlis. Koegler, der Musikkenner unter den Tanzkritikern, widmet dem musikalischen Verhältnis Spoerlis zur Musik mehrere Beiträge in dem Buch und überschreibt eins der Kapitel „Der Mann atmet Musik“. In der Tat ist Spoerli die Musik im Ballett eminent wichtig, denn www.danceforyou-magazine.com

„Tanz“, sagt er selbst „ist ein Instrument, um Musik zu visualisieren - eine Symbiose von Klang und Bewegung“. Während der folgenden 18 Jahre wird die Kunst- und Musikstadt Basel international zum Begriff als Tanzstadt, auch dank der regen Reisetätigkeit der Kompanie mit jährlich bis zu 50 Gastauftritten in aller Welt. Spoerli begeistert mit seinen oft verblüffend originellen Versionen der großen Klassiker („Schwanensee“, „La fille mal gardée“) ebenso wie mit Kreationen auf abstrakte Musik und ist sich nicht zu schade – schon damals bemerkenswert –, Opern- und Operetteneinlagen zu choreografieren. Wie hochkarätig seine Kompanie tanzt, beweist die Zusammenarbeit mit den Granden der Neoklassik George Balanchine und Hans van Manen sowie mit Nachwuchschoreografen, etwa William Forsythe und Daniela Kurz aus der Stuttgarter Schule, Nacho Duato oder Bernd R. Bienert. Einen „Tanzmacher“ nennt sich Spoerli selbst, „weil diese Bezeichnung meine Leidenschaft, meine Motivation und mein Schaffen schnörkellos beschreibt. Ohne Ensemble geht das nicht“, sagt er schlicht. Hunderte Tänzer und Tänzerinnen sind durch seine „Hände“ gegangen. Sämtliche Namen der Tänzerinnen und Tänzer aus –zig Nationen, die in Spoerlis Kompanien engagiert waren, sind in dem Buch, auf blaugrundierten Seiten hervorgehoben, gelistet. Das Geheimnis sei, so die Basler


people

Journalistin Margrit Meier, „die so außergewöhnlich Tänzer gerechte, tänzerische Art von Spoerlis Ballettschöpfungen… Seine Liebeserklärungen an den Tanz sind Liebeserklärungen an die Tänzer“. Einer der wichtigsten Solisten seines Baslers Balletts war Martin Schläpfer, heute erfolgreicher Ballettdirektor des „Ballett am Rhein“ Düsseldorf/Duisburg und damit NachNachfolger von Spoerli, der an der RheinOper von 1991-96 wirkte – ein Intermezzo in seinem 50-jährigen Künstlerleben, wenngleich wichtig in der Geschichte der traditionsreichsten klassischen Kompanie Nordrhein-Westfalens. Die „Krönung seiner Karriere“ (Koegler) bildet zweifellos die 16-jährige Ära als Direktor des Zürcher Balletts, die im Juli dieses Jahres mit dem Abschied des 72-jährigen endet. In den 16 Zürcher Jahren hat Spoerli der Stadt und der ganzen Alpenrepublik auf der Weltkarte einen prominenten Platz erobert. Kein Schweizer vor ihm war international so anerkannt und gefragt, keiner hat bisher soviel für den Tanz in der Schweiz erreicht und getan wie er – nicht allein durch sein künstlerisches Wirken und die weitsichtige, weltoffene Führung der Sparte Ballett am Opernhaus Zürich. Zu seinem 60. Geburtstag, 2000, gründete Spoerli die „Foundation Heinz Spoerli“, die „einen Beitrag zur Kunstform des Tanzes und zur Förderung des öffentlichen Interesses hieran“ leisten möchte. Dreimal vergab die Stiftung bisher Förderpreise: 2003 an Martin Schläpfer, 2004 an „The Jikeleza dance project“ aus Kapstadt und 2008 an Polina Semionova und Arman Grigoryan als „Schwanensee“-Solisten in Spoerlis Zürcher Fassung. 2001 gründete Spoerli das „Juniorballett“ – ähnlich der Nachwuchsformation NDT II des Nederlands Dans Theaters. „Heinz im Glück“ nannte ihn der Musikpublizist Manfred Gräter 1982 in seiner Laudatio anlässlich der ersten Auszeichnung Spoerlis, der viele

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folgen sollten – bis hin zum Deutschen Kritikerpreis und dem Deutschen Tanzpreis, beide 2009. Nicht immer hatte Spoerli tatsächlich Glück. Am meisten ärgerte ihn wohl die hinterlistige Art, wie das dänische Ballett mit ihm verfuhr, so dass er seinen Vertrag dort erst gar nicht antrat. Aber ein blauäugiger „Hans im Glück“ ist Spoerli ganz sicherlich nie gewesen. Seine Ziele waren klar, und er arbeitet zeitlebens hart mit ebenso großem Idealismus wie Realismus. Koegler zitiert ein Zürcher Zeitungsinterview, in dem der Ballettchef „eine konzentrierte Grundsatzerklärung zu seiner Ballettästhetik“ gab: „Ich versuche, meine Kompanie auf ein sehr hohes internationales Niveau zu bringen. Und das in der klassischen Tanzform von heute, weil der klassische Tanz die Basis des heutigen Tanzgeschehens ist. Ich finde es sehr wichtig, dass er erhalten wird, nicht nur, damit er auf der Bühne gezeigt wird. Die Grundlage des Tanzes muss erhalten bleiben. Ballett ist die einzige Kunstform des Tanzes, die man von jung auf erlernen muss. Das Gefühl, ein Tänzer zu werden, muss im Körper drin sein, bevor der Tänzer reif genug ist, sich zu entscheiden, welche Richtung er einschlägt. Die Stellung der Füße, die Bewegung der Arme, die Haltung im Körper zu spüren – das ist sehr wichtig, dafür ist das System des klassischen Tanzes eine sehr gute Ausbildung“. www.danceforyou-magazine.com

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Hatte Spoerli zu Beginn seiner Basler Ballettdirektion mit dem „Feuervogel“ für ein Aha-Erlebnis in der Tanzwelt gesorgt, so war an der Deutschen Oper am Rhein wohl „Goldberg-Variationen“ sein anrührendstes, wichtigstes Werk. In Zürich schuf er mit „Peer Gynt“ ein Literaturballett von bestechender Intensität und Erzählkunst. Blättert man Spoerlis Werkverzeichnis von 1967 bis 2012 durch, hebt sich seine letzte Zürcher Saison nicht von den früheren ab, deutet nichts auf ein Ende einer großen Ära hin: zwei bis vier Choreografien schuf er jahrzehntelang jährlich – so auch in dieser Saison. Seine Beschäftigung mit Kammermusik setzt er – nach dem Quartett „Intime Briefe“ von Janáček –mit Dvořáks „Amerikanischem Quartett“ fort (Finale des Vierteilers „The Vertiginous Thrill of Exactitude“). Die letzte Premiere, am 24. März, besteht aus zwei bekannten, kontrastierenden programmatischen Stücken: Richard Strauß‘ „Till Eulenspiegel“ und Chr. W. Glucks „Don Juan“. An zwei Galaabenden Mitte Juni wird die Tanzwelt Spoerli ihren hohen Respekt und Dank erweisen. Danach stehen bis zum Spielzeitende der vierteilige Abend und zwei Vorstellungen des Juniorballetts auf dem Spielplan… als wäre nicht danach Christian Spuck Ballettdirektor.

Horst Koegler: „Heinz Spoerli - Weltbürger des Balletts“ Mit Beiträgen von Claude Conyers, Manfred Gräter, Chris Jensen, Peter Marschel, Margrit Meier, Hartmut Regitz, Martin Schläpfer, Rainer Wiertz Verlag Neue Zürcher Zeitung 2011 - 206 Seiten, reich illustriert und mit Werkverzeichnis von 1967-2012 - 42 € - ISBN 978-303823-720-4


Deutscher Tanzpreis 2012

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Die Kameliendame, Lucia Lacarra und Marlon Dino © Ursula Kaufmann

Gözde Özgür und Ivan Liška brillieren auf der Bühne des Aalto-Theaters in Essen Von Isabell Steinböck Eine Tänzerin sitzt in langem, weinrotem Kleid auf einer Bank und schielt zu ihrem Angebeteten herüber, der auf der Bühne steht wie ein Fels in der Brandung. Es dauert einige Zeit, bis die Dame den Mann ihres Herzens bezwingt, mit schaukelnden Hüften, den Kopf in seine Brust gestemmt oder zum www.danceforyou-magazine.com

Aufpusten bereit wie eine Gummipuppe. Für einander geschaffen sind sie nur für eine Weile. Ob der Tod sie trennt, oder ob sie sich am Ende auseinandergelebt haben, bleibt offen, wenn im Schlussbild die Bank nur noch allein im Rampenlicht steht. Witzig, melancholisch, schließlich ergreifend ist die Choreografie Hans van Manens, “The Old Man and Me”. Ivan Liška hat den Pas de


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Der Widerspenstigen Zähmung, Roberta Fernandes © Ursula Kaufmann

deux gemeinsam mit Judith Turos auf die Bühne des Aalto-Theaters in Essen gebracht – virtuos und ausdrucksstark, in jeder Geste ein großer Tänzer. Kurz nach seinem Auftritt erhielt der Ballettdirektor des Bayerischen Staatsballetts für seine Weltkarriere als Tänzer und die Verdienste um die Münchner Kompagnie den Deutschen Tanzpreis 2012. In seiner Begrüßung lobte Ulrich Roehm, Erster Vorsitzender im Deutschen Berufsverband für Tanzpädagogik sowie im Verein zur Förderung der Tanzkunst in Deutschland - beide Institutionen gemeinsam vergeben den undotierten Preis - die Interpretationskunst des gebürtigen Tschechen. Außerdem seine “kaum vorstellbare Kondition”, die Liška am Hamburg Ballett in Choreografien von John Neumeier, etwa als Peer Gynt, immer wieder unter Beweis stellte. Die Gala zur Verleihung des 29. Deutschen Tanzpreises stand ganz im Zeichen des Bayerischen Staatsballetts, denn auch der mit 3000 Euro dotierte Tanzpreis Zukunft ging an eine Münchener Ballerina, Gözde Özgür. Mit knapp 18 wurde sie von Mats Ek damit betraut, die Titelpartie seiner „Giselle“ zu tanzen, und das, obwohl sie damals noch nicht einmal Demi-Solistin war.

Gözde Özgür in Giselle - Mats Ek, © Ursula Kaufmann

Wie bezaubernd sie diese Rolle interpretiert, zeigte die 22-Jährige an diesem Abend an der Seite von Matêj Urban. Virtuos in der Technik, mädchenhaftcharmant im Ausdruck, präsentiert sich die junge Tänzerin im Pas de deux. Die Unschuld des Bauernmädchens verkörpert sie so glaubhaft, wie kaum eine andere. In seiner Laudatio sprach Wolf Wondratschek von einer emotionalen, „gefährlichen“ Wucht, mit der ihn die Tänzerin in ihrer tragischen Rolle getroffen habe. Jener „jeder Routine entrissene Rest“ habe den Schriftsteller nachhaltig beeindruckt. Auf ihrer Ehrenurkunde ist zu lesen, dass sie auf dem Wege sei, „souverän die Bühnen der internationalen Ballettwelt zu erobern“. Wer Gözde Özgür auf der Bühne gesehen hat, kann www.danceforyou-magazine.com


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dem nur zustimmen. Herausragend an diesem Gala-Abend war auch die Star-Solistin des Staatsballett, Lucia Lacarra. Sowohl in John Neumeiers „Nussknacker“, wie auch in der „Kameliendame“ bewies sie sich als geradezu zerbrechlich wirkende, filigrane, technisch-perfekte Tänzerin mit großartigem Ausdruck. Ein Genuss war auch Roberta Fernandes in ihrem humoresken “Liebes-Kampf” mit Lukáš Slavický. John Crankos Pas de deux aus “Der Widerspenstigen Zähmung” passte im Programm vorzüglich nach Mats Eks „Giselle“. Wenn die Dame ihre „Krallen“ ausfährt und sich mit angewinkelten Füßen gegen die Liebesbekundungen des Mannes wehrt, wirkt sie mindestens ebenso bodenständig wie zuvor das Bauernmädchen. Mit „Evening Songs“ von Jiří Kylián bewies das Bayerische Staatsballett II seine Qualität als versierte, gut aufeinander abgestimmte Kompagnie, bevor am Schluss das gesamte Ensemble brillierte. Nacho Duatos „Vielfältigkeit. Formen von Stille und Leere“ ist eine technisch höchst anspruchsvolle Choreografie, die Kompositionen von Johann Sebastian Bach auf geniale Weise in Tanz übersetzt. Wie Instrumente im Orchester verhalten sich die Mitglieder des Ensembles, übersetzen mitunter Ton um Ton in Bewegung und beeindrucken immer wieder durch Präzision in einer rasanten Choreografie, die das Bayerische Staatballett scheinbar mühelos bewältigt – großartig!

Tanzpreis 2012 an Ivan Liska, Aalto Theater Essen, hier mit Judith Turos © Ursula Kaufmann

Der Nussknacker,Ilana Werner und Maxim Chashchegorov © Ursula Kaufmann

Deutscher Tanzpreis 2012

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Freedom to dance Wie lange wollen sich Tänzer diese Verbände noch gefallen lassen?

Der Kampf der Welttanzsportverbände nimmt immer absurdere Formen an. Die Bandagen werden härter. Neuester Tief-Punkt von Funktonärs-Machtdemonstration: die australischen nationalen Meisterschaften.

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Das Siegerpaar Matthew Rocke und Anna Longmore, tanzen seit Jahren international erfolgreich im Spitzenbereich und gehören zu den zwölf besten Paaren der Welt, wurden bereits zum vierten Mal australische Meister. Doch sie haben es gewagt, beim Siegertanz mit gelber Schärpe aufzutreten - als stummen Protest gegen die Ausschließung von sechs Paaren, denen die World Dancesport Federation (WDSF) es verboten hatte, bei den heimischen Meisterschaften mitzumachen. Sie hatten sich nichts weiter zu schulden haben kommen lassen, als beim London Ball - dem schönsten Ball-Turnier der Welt - teilzunehmen, der jedoch unter der Ägide des anderen Weltverbands, des World Dance Council (WDC), stattfand. Der Ehrentanz wurde schnell abgebrochen und das Paar von Security-Leuten auf die Straße gesetzt. Dass sie ihr Siegergeld behalten durften, versteht die WDSF eher als großzügige Geste. Dieser Eklat hat es bis in die australischen Nachrichten gebracht. Und als Reporter eine Erklärung für dieses Vorgehen forderten, wurde ein Interview

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Fotos: Thomas Kirchgraber

Carmen Vincelj bei einem Workshop im TSC Savoy

natürlich verweigert. Es gab nur die lakonische Antwort: „Die Tänzer mischen sich in Angelegenheiten ein, die sie nicht angehen.” (Nachzusehen unter dem vom Deutschen Professional-Verband veröffentlichten Link www. abc.net.au/news/2011-1212/dancers-thrown-out-forsilent-protest). Ach ja. Geht es Tänzer wirklich nichts an, wenn sie aus undurchsichtigen politischen Gründen daran gehindert werden, zu tanzen? So viel Despotismus

wäre ein Fall für die Vereinten Nationen, ginge es um einen Staat und nicht um einen Sportverband. Was soll nun in Zeiten machtgeiler und wild gewordener Funktionäre aus dem Tanzsport werden? Anlass genug, sich einmal umzuhören. Jeder Tänzer, den man befragt, hält das, was stattfindet, nicht für richtig. Je nach Temperamentslage gibt es ein schicksalsergebenes Achselzucken („was kann man da schon machen”) oder verbale Wut. Doch über allem liegt ein Schleier von Angst. „Ich sag nichts“ ist die Devise etwa von Tanzsporttrainern, die weiterhin mit dem Verband leben müssen oder gar dort noch etwas werden wollen. So ist es gar nicht einfach, kompetente und aussagefreudige Gesprächspartner zu finden. Man muss dazu schon ganz an die Spitze gehen, zu den internationalen Top-Professionals, die einfach ob ihrer Leistung von keinem Verband ignoriert werden können. Nur sie können und wollen es sich leisten, eine eigene Stimme zu erheben – sehen sie doch das, was ihnen am meisten am Herzen liegt, in Gefahr: das Tanzen.

Hans Galke etwa, der mit seiner Partnerin Bianca Schreiber von 1987 bis 1997 international das Lateintanzen dominierte, und als Professional Lateinweltmeister abtrat. Er lebt in London, arbeitet weltweit, und hat den besagten London Ball mit organisiert, der den sechs australischen Paaren zum Verhängnis wurde. Oder seine WeltmeisterschaftsNachfolger Carmen Vincelj und Partner Bryan Watson, die von 1999 bis 2007 jeweils alles gewonnen haben, was es denn zu gewinnen gibt: Blackpool, Europäische- und Welt-Meisterschaft der Lateinprofessionals. Gelegentlich kommen auch sie aus England, um in ihrer deutschen Heimat Workshops abzuhalten. „Lateintanzen wird extrem auf Sport ausgerichtet”, ist Carmen Vinceljs Befund zur Lage. Was natürlich seinen Grund hat. Hans Galke: „Alles wird ausgerichtet auf Olympia – das geht bis in die Kleiderordnung. Tanzen soll als olympischer Sport anerkannt werden. Und nun wird ein neues Wertungssystem entwickelt, das an den Eistanz angelehnt ist. Jedes Paar tanzt einzeln. So zieht sich ein Finale über 1 1/2 Stunden. Ich finde das langweilig. Dass der Wiener Walzer neue Figuren bekommt, gehört auch dazu. Tanzen wird mit Gewalt getrimmt auf Olympia. Wobei es meiner Meinung nach eigentlich klar ist, dass es das nicht wird.” Carmen wirft ein: „Das ist natürlich auch eine Frage des Geldes. Für olympische Sportarten gibt es mehr Zuschüsse.” Hans Galke: „Es geht um Macht. Viele Personen verteidigen Machtpositionen. So fallen sehr eigenwillige Entscheidungen – nicht im Sinne der Tänzer. Das ist enttäuschend. Ich habe den London Ball, da er in England ausgetragen wird, nach den englischen Richtlinien organisiert. Prompt wurde er für die IDSF-Tänzer gesperrt. Und nun bin ich als Wertungsrichter für die IDSF gesperrt. Sehr kurios. Viele ehemalige Top-Tänzer sind übrigens nicht zugelassen.” Carmen Vincelj hat ihre Wertungslizenz gar nicht erst eingesetzt. „Professionals sind denen unangenehm. Sie werden gerne weggeschoben. Aber uns kann man nichts antun, nichts verbieten. Wir haben es alle als Tänzer auch im Ausland geschafft. Wer nur im Land bleibt, also auf ,Artenschutz´ aus ist, tritt auf der Stelle.” In Deutschland ist der Kampf der Weltverbände mit der jeweiligen Ankündigung als WSDF-Amateuer- nun auch einen Professionalverband zu gründen und als WDC-Professionalverband, nun auch eine Amateurliga zu gründen, erst seit einem Jahr virulent. Anderswo auf der Welt geht es schon länger heftig zu. Welcher der beiden Weltverbände nun der Schuldige ist, da drehen die beiden die Hand nicht um. Hans Galke: „Es gibt Defizite auf beiden Seiten. Der Verband sollte eigentlich Tänzer vertreten, zum guten Willen aller Paare. Aber auch die


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andere Seite ist stur. Es gibt keinerlei freedom to dance. Es wird nicht besser, es muss was passieren.” Carmen: „Das Schwedische System ist besser; da kann sich bei den Amateuren jeder aussuchen, zu welchem Verband er möchte. Und alle können alle Turniere tanzen.” Das wäre doch immerhin schon mal auch für Deutschland ein gangbarer Weg. Ganz ohne offizielle Presse-Mitteilung, sondern klammheimlich als dürre Notiz auf der Deutschen WDC-Professional Homepage werden jetzt auch Amateure willkommen geheißen, die den Verband wechseln möchten. Turniere in England werden somit möglich, Turniere in Deutschland sind aber derzeit meist vom WDSF-Amateurverband ausgerichtet. Doch der WDC bietet bereits einige Amateur-Turniere an. Inzwischen ist auch eine eigene dpv-AL-Site eingerichtet, die darauf hinweist (www.dpv-al.de). Erfreulicherweise wird gleich ein kompletter Wettbewerbsbetrieb mit allen Leistungsklassen angeboten – und um „Nachschub” braucht man sich keine Sorgen zu machen, denn die Tanzschulen gehören zum WDC und sitzen also, was Tänzernachwuchs angeht, direkt an der Quelle. Bleibt die Frage, was soll man den Tänzern nun beibringen? Carmen Vincelj: „Als Tanztrainer sollte man Tänzern Tanzen beibringen. Aber dafür ist kein Platz, das wird nicht bewertet, wie wir bei der German Open beobachten konnten. Das ist wie in der Pop-Kultur. Berühmt sein für 15 Minuten: Qualität und Können sind nicht mehr gefragt. Das Kurzlebige unserer Zeit spiegelt sich in der Tanzwelt.” Wie bei all den gesuchten und gefundenen Superstars geht es derzeit im Tanzsport auch erst einmal mehr um den Schein als das Sein. Hans Galke setzt dagegen: „Dennoch haben, wenn man die Tanzgeschichte betrachtet, immer die Richtigen gewonnen. Wenn man gut ist, setzt man sich durch. Wir sind so erzogen worden, nicht nach Politik zu schielen, keine politische Stunden zu nehmen.” Politische Stunden sind Unterrichtsstunden, die man bei bestimmten Trainern, die natürlich auch Wertungsrichter sind, nehmen muss, um überhaupt gewertet zu werden. Hans Galke: „Diese Politik geht so weit, dass es auf Youtube ein Video gibt, das einen Wertungsrichter zeigt, wie er unter seinem Wertungsrichterpad verstohlen auf einen Spickzettel schaut, ob er auch die richtigen Paare gewertet hat... Wir hatten drei bis vier Trainer und haben es auch geschafft. Viele Paare hören heute auf, denn Tanzen ist so teuer geworden. Die brutale Wahrheit: Wer kein Geld hat, braucht gar nicht anzufangen. Das geht alles den Bach runter. Das System ist erkrankt. Da ist nichts normal. Und dann kommen die Landestrainer mit immer neuen Konzepten für den Tanzsport. Konzepte für wen? Das ist alles unnötig. Zeitverschwendung.” Carmen Vincelj: „Das darf nicht andauern, das ist brutal. Da

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muss ein neuer Kurs rein. Wir haben aber immer noch Hoffnung und glauben an gutes Tanzen. Die UK Championship – für deutsche WDSF-Tänzer natürlich gesperrt, da vom WDC ausgetragen – gab mir Aufschwung. Da sah man auch bei den Amateuren Effekte durch Persönlichkeit. Wir als Trainer haben Fachwissen. Wir wissen, was uns weiterbrachte. Und wir unterrichten nichts, was wir nicht für richtig halten. Wir kommen durch die Talsohle auch wieder raus.”

Darüber, dass es im Tanzsport nicht sehr harmonisch zugeht, hat dancefor-you mehrfach berichtet. Tanzen soll nach dem Willen der WDSF-Funktionäre gnadenlos auf Sport getrimmt werden, um besser vergleichbar zu sein. Dabei bleiben der Kunstanspruch und die Individualität der Tänzer auf der Strecke. Und um das durchzusetzen, wird mit harten Sanktionen nicht nur gedroht. Wer es wagt, das falsche Turnier zu tanzen – falsch nur, weil es vom anderen Weltverband, dem WDC, ausgetragen wird – wird erst einmal gesperrt und darf nicht mehr bei den nationalen Meisterschaften antreten. Was aber die Grundvoraussetzung wäre, wenn man denn zu Europa- oder Weltmeisterschaften möchte, zu denen nur die zwei Besten der nationalen Meisterschaft antreten dürfen. Das heißt, die Karriere wird auf Eis gelegt. Sogenannte Wildcards für große Turniere lindern zwar den Schmerz etwas, aber helfen nicht wirklich. Wer den Mund aufmacht und sich beschwert, wird bestraft von der World Dancesport Federation. Neuerdings auch, wenn er nur still protestiert, wie etwa die australischen Meister. Als Zeichen des stummen Protestes tragen Tänzer nun weltweit eine gelbe Schärpe, um „freedom to dance“ zu fordern.

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Kulturerbe Tanz Ausbildung nach der Bologna-Reform: Die 3. Biennale Tanzausbildung Paula Rosolen © www.moondogstudio.com

Genau das interessiert mich.“ Susanne Martin bildet Theorie durch Praxis, auch indem sie noch regelmäßig als Performerin auf der Bühne steht. Thema ihrer Doktorarbeit sind „Alternde Körper“. Dabei geht es auch um die Frage, „ob improvisationsbasierte Methoden und Ästhetiken die Voraussetzungen schaffen, dass Tänzer ihre Kunst als lebenslange Praxis verstehen, die sich immer weiter mit ihnen verändert.“ Wenn man an die großartigen Produktionen des NDT III denkt, kann man sich nur wünschen, dass dies einigen Tänzern gelingt.

Von Isabell Steinböck „Das Berufsfeld eines Tänzers ist heute viel weiter als früher: Es gibt eine lebendige Freie Szene, Tänzer unterrichten und machen Projektarbeit, spezialisieren sich dann noch mal im Bereich Choreografie oder Tanzwissenschaft, fangen dann an zu schreiben.“ Ingo Diehl, ehemals Tänzer und Initiator der Ausbildungskonferenz Tanz, spricht über die Tanzausbildung in Deutschland. Seit dem BolognaProzess ist das Studium an den Hochschulen umfassender geworden. Zusätzlich zur künstlerischen Ausbildung im Bachelor hat die Tanztheorie oder Tanzwissenschaft als Masterstudiengang an Bedeutung gewonnen, neben Choreografie, Tanzpädagogik und Tanzvermittlung. Susanne Martin (43) und Paula Rosolen (28) waren unter den ersten, die von den neuen MasterStudiengängen profitiert haben. Susanne Martins Tänzer-Ausbildung fand noch zu einer Zeit statt, als es in Deutschland kaum moderne Tanzakademien gab, deshalb ging sie nach Rotterdam, studierte später an der Folkwang Hochschule in Essen. Als mit dem Masterstudium Tanzwissenschaft angeboten wurde, war das „eine neue, aufregende Sache: Der Versuch, Kunstpraxis mit Theorie in Verbindung zu bringen, die eigene Arbeit noch einmal intensiv zu reflektieren.“ Derzeit schreibt sie in Northamton (GB) an ihrer Doktorarbeit. „In den UK gibt es den Zweig ,Practice as Research`. Die Kunstpraxis versteht sich als Research und die Akademische Praxis öffnet sich neuen kreativen Forschungsmethoden.

Auch die Argentinierin Paula Rosolen betrachtet Master-Studiengänge als Gewinn. Nach ihrer Ausbildung an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt am Main hat sie unter Prof. Dr. Gerald Siegmund als eine von nur vier Studierenden „Choreographie und Performance“ (MACuP) am Institut für Angewandte Theaterwissenschaft der Justus-Liebig-Universität Gießen studiert. “Die Ausbildung war toll, vor allem weil sie sehr individuell orientiert war, was auch mit der geringen Teilnehmerzahl zusammenhing.” Im Vergleich zur praktischen Ausbildung, die sie als “sehr strukturiert” erlebte, “lernt man im Masterstudium Selbstmanagement und eigene Methoden zu entwickeln.“ Derzeit arbeitet sie viel freiberuflich, ist als Residentin am Kampnagel (K3) in Hamburg, probt dort für ein neues Stück. Dass die freiberufliche Arbeit auch viel mit Organisation zu tun hat, war eine Erfahrung, auf die sie das Studium nicht vorbereitet hat: „Anträge, Formulare schreiben, stundenlang am Laptop sitzen, bis man endlich die Zeit hat, zu proben und ein Stück zu entwickeln.“ Demnächst ist sie als Gasttänzerin an der Frankfurter Oper engagiert, und freut sich jetzt schon auf den „Komfort“, die Sicherheit des Einkommens. Um vom Tanz leben zu können, arbeitet sie oft an verschiedenen Projekten gleichzeitig, ist nicht nur Tänzerin und Choreografin, sondern auch Lehrerin. Auf der 3. Biennale Tanzausbildung, die unter der künstlerischen Leitung von Professor Dieter Heitkamp vom 6. bis 12. März an der Frankfurter Musik- und Kunsthochschule stattfindet, zeigt sie eines ihrer Stücke, „Die Farce der Suche“. Ein Solo von und über Renate Schottelius, eine der Lehrerinnen, die einst auch ih-

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Gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung, treffen sich seit 2008 alle zwei Jahre Lehrende und Studierende aus acht Ausbildungsstätten an wechselnden Orten Deutschlands zur Biennale Tanzausbildung. Künstlerische Präsentationen, Vorträge, Workshops, Trainingsangebote und Diskussionen bringen die Hochschulen sowie eingeladene Künstler, Wissenschaftler und das Publikum miteinander ins Gespräch. Die BolognaReform war Auslöser dafür, dass sich die Akademien verstärkt miteinander austauschen, „dass keine Grabenkämpfe geführt werden, sondern dass es wirklich um die Kunstform Tanz im weiteren Sinne geht und auch um ein Verständnis füreinander“, sagt Ingo Diehl, der bei der 3. Biennale inhaltlich beratend tätig ist. Dass es im Anschluss an die 2. Biennale („Modelle der Rekonstruktion“) erneut

um das Erbe im Tanz geht, erklärt er mit der Brisanz des Themas: „Es gibt im Tanz keine Sichtbarkeit der Geschichte. Viele Stücke aus den 1980er, 1990er Jahren sind heute verloren, die junge Generation kennt sie gar nicht mehr. Welche Stile, welche Werke sind uns wichtig? Was bedeutet es für das Profil einer Hochschule, wenn sie mit diesem Werk umgeht? Und wie werden wir dieses Wissen in Zukunft zugänglich machen?“ Für Studierende sei die praktische und theoretische Auseinandersetzung mit dem tänzerischen Erbe auch wichtig für individuelle künstlerische Entwicklungen: „Ich bin nur frei in der Entscheidung, wenn ich ein breites Spektrum auch an physischem Wissen habe, auf das ich mich beziehe oder von dem ich mich bewusst abgrenze. Und je breiter dieses Spektrum ist, desto größere Freiheit habe ich.“ www.biennale-tanzausbildung.de

Mamen Aguera © Susanne Martin

ren Landsmann Daniel Goldin (Tanztheaterchef an den Städtischen Bühnen Münster) prägte.

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PREMIEREN KALENDER PERFORMANCE DIARY März-April 2012 On Tour

Deadline für die Ausgabe Mai-Juni: 5. April 2012

Alle Informationen bitte an E-Mail performance@danceforyou-magazine.com senden

Deutschland

Bayerisches Staatsballett www.bayerisches.staatsballett.de 10,12,16,22.03;27.04 : Illusionen – wie Schwanensee 29,30.03;1,28.04: Steps&Times 22,26.04: Goldberg-Variationen / Gods and Dogs 29.04: Mein Ravel: wohin er auch blickt…. Staatsballett Berlin www.staatsballett-berlin.de 21, 29.03; 11.04: Schneewittchen 23.03; 7, 12.04: Caravaggio 5, 20.04: Oz - The wonderful Wizard 6, 9.04: Romeo und Julia 27, 29.04: Duato / Forsythe / Goecke Theater Bielefeld www.theater-bielefeld.de 24,31.03;11,22,04 : Identity 2.0 6.04 : Schwanengesang 13-16.04 : Zeitsprung 2 – Irre ich real? Theater Bremen www.theaterbremen.de 14.03: Tanz Extra 16-24.03 . Tanz Bremen 2012 31.03 : Perpetuum Mobile Staatstheater Braunschweig www.staatstheater-braunschweig.de 16, 21.03; 8, 21, 29.04: Ahead Stadttheater Bremerhaven www.stadttheaterbremerhaven.de 13.03: Pinocchio 31.03;14,15,22,25.04: Carmina Burana Theater Chemnitz www.theater-chemnitz.de 14.01; 4.02 : Brell 17.03;6,14,22.04 : Bilder einer Ausstellung 17,31.03 : Scheketak –Rytm Motion

Deutsche Oper am Rhein – Ballett am Rhein www.deutsche-oper-am-rhein.de 17,24,25.03;13,19,22,26.04 : b.11 20.03;14,28.04: b.07 Staatstheater Darmstadt www.staatstheater-darmstadt.de 10, 23, 30.03; 9.04: Romeo und Julia 11.03: Blind Date Variationen 20,28.04 : Sylvia Path Anhaltisches Theater Dessau www.anhaltisches-theater.de 18.03: Die Widerspenstige Zähmung 24.03;21.04 : Hotel Montparnasse Sächsische Staatsoper Dresden www.semperoper.de 10,16.03 : Ein William Forsythe Ballettabend 20,26.03 : Dornröschen 5,9,12,15,20,22,26.04 : Coppelia 17,24.04 : Gestatten, Monsieur Petipa Theater Dortmund www.theaterdo.de 17.03;1,8,04 : Träumer.Tanzen.Lieder 23.03; 4, 13.04. Aalto Ballett Theater Essen www.theater-essen.de 11.03;20.04 : Irish Soul 14.03 : Zeitblicke 31.03;3,9,14,26,28.04 : Max und Moritz 27.04: Carmen / Bolero Landestheater Eisenach www.theater-eisenach.de 16,22.03 : Die Kunst der Fuge 31.03;6,20,22,29.04 : Le Sacre du Printemps / Verklärte Nacht The Forsythe Company www.theforsythecompany.de

22-25.03 : Heteropia ab 13.04 : On Tour Theater Freiburg www.theater.freiburg.de 10,11.03 : PVC – Letzte Welten Gauthier Dance www.theaterhaus.com 10, 11.03: After Eight 20,27,30.03 : Lucky Seven 14.04 : Popea / Popea Theater & Philharmonie Thüringen Bühnen der Stadt Gera www.tpthueringen.de 11,23.03; 21.04: Freaks; 5.04: Ballettküche; 11.04: Tanzimpresionen Staatstheater am Gärtnerplatz www.gaertnerplatztheater.de 29, 31.03; 15, 18.04: Augenblick, verweile Stadttheater Gießen www.stadttheatergiessen.de 16.03: Anna Blue; 7, 27.04: Macbeth Hamburg Ballett www.hamburgballett.de 10,14,15,17.03 : Die Kameliendame 22,23,25,31.03 : Chopins Dances 8-10.04 : Matthäus Passion 21,25,28.04 Die kleine Meerjungfrau Theater Hagen www.theater-hagen.de 11, 16, 25,31.03; 7, 18, 20, 26,29.04: Bach tanz / Ballettabend Opernhaus Halle www.opernhaus-halle.de 30.03 : Die Geschichte vom Soldaten / Carmina Burana 7.04 : Der Tod und das Mädchen / All you need is love Ballett der Staatsoper Hannover www.oper-hannover.de 10,15,25,27.03;7.04 : Alice in Wunderland 23,28.03: iTango ! 9.04 : Gefährliche Liebschaften 27,28.04 : Madame Bovary

ballettKIEL www.theater-kiel.de 15.03;8.04 : Der Nussknacker 31.03;5,22.04 : Drei Schwestern 29.04 : Der Fall M.M.

Theater Magdeburg www.theater-magdeburg.de 23.03; 19, 20, 27.04: Dancing in the City 25.03: Der Nussknacker 30.03;28.04 : Debütantenball 6,14.04: Heilig; 29.04 : Ballettgala ballettmainz www.staatstheater-mainz.de 11, 21.03: Voices 17.03: Tears on Scriptease 14.04: Touzeau / Kylian

Nationaltheater Mannheim www.nationaltheater-mannheim.de 15.03: Resonances Chopin 17.03: Romeo und Julia 24, 30.03: Rilke 26.03: Impromptu 26 - Disharmonic Balances 21.04: Tree to One Mecklenburgisches Staatstheater Schwerin www.theater-schwerin.de 11.03 : Frauen-Männer-Paaren 17.03 : Genesis; 21.03 : Carmen 23,31.03 : Brell 25.03 : Die Bremen Musikanten 13,15,19.04 : blutrot. schneeweiß. rabenschwarz.; 21.04 : Ballettgala Theater Nordhausen www.theater-nordhausen.de 1.04 : Elements 21,25.04 : Ravel Nordharzer Städtbundtheater www.harztheater.de

Staatstheater Nürnberg www.staatstheater.nuernberg.de 11,15,30.03 : Vasos comunicantes 17.03 : Carmen 25.03 : Der Nussknacker

Theater und Orchester Heidelberg www.theaterheidelberg.de 10,11.03 : Kairos. Tanz in günstigen Augenblick

Theater Osnabrück www.theater-osnabrueck.de 14.03: Requiem Generalprobe 17.03; 1, 4, 20.04: Voice Over

Badisches Staatstheater Karlsruhe www.staatstheater.karlsruhe.de 14.03 : Romantic 31.03;7.04 : Schwanensee 4,5.04 : Homages an das Zanderern 21,24.04: Momo

Oldenburgische Staatstheater www.sataatstheater.de 14, 17, 20.03: Full Body 15,17.03;18.04 : Die Geschichte vom Soldaten

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Per Leipzig www.oper-leipzig.de 11,23.03 ;5,20,29.04 : Mörderballaden 8,22.04 : Cinderella


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ANZEIGENSCHLUSS FÜR DIE AUSGABE mAI/JUNI 2012 ERSCHEINT ANFANG mAI 2012

Advertising Deadline for our may/June Issue PUBLISHED Begin of mai 2012

APRIL

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Pfalztheater Kaiserslautern www.pfalztheater.de 16, 24.03; 22, 29.04: Die Schöne und das Biest 25.03 : Carmina Burana / Astutuli 30.03 ;12,14,18.04 : Liebesstürme fabrik Potsdam Internationales Zentrum für Tanz und Bewegungskunst www.fabrikpotsdam.de 1, 2, 3, 19-21.04: Flight Cancelled 27, 28.04: Daniel Leveille – Danse / Solitudes Solo Theater im Pfalzbau www.theater-im--pfalzbau.de 12, 13.03: N.Y.C.B. 4, 5.04: The Drift Theater Pforzheim www.theater-pforzheim.de 10,16.03;4,11,26.04 : Bolero- Extase 7,13,14,20,21,27,28.04 : Tanz-Podium IX – 4Miles Theater Regensburg www.theaterregensburg.de 10,13,24,31.03;7,15,21,29.04 : Schatten: Mahler-Verklärte Nacht Saarländisches Staatstheater www.theater-saarbrücken.de 10,23.03 : Casa Azul 14,18,22.03;8,14.04 : Cindarela 13.04: 10 Jahre Donlon Dance Company : eine Retrospektive Stuttgarter Ballett www.stuttgart-ballet.de 12,29,31.03;8.04 : Das Frülein von S. 19,30.03 ;4,10,14,15.04 : La Sylphide 23, 27.03; 2, 23, 29.04: Ballettabend: Körpersprache 21, 25, 26, 28.04: The Lady and the Fool / Gaite Parisien Schleswig Holsteinische Landestheater www.sh-landestheater.de 13.03: Romeo und Julia 31.03; 4.04: Al son del Tango – solange der Tango spielt Tanzhaus nrw www.tanzhaus-nrw.de 14.03: ch.ch.changes 30.03-9.04: Flamenco Festival Theater Ulm www.theater.ulm.de 10, 17, 23, 30.03: Romeo und Julia

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Theater Vorpomen www.theater-vorpommern.de, 10, 24, 28.03; 13.04: Woyzeck 18.03: Der Tod und das Mädchen Tanzspeicher Würzburg www.tanzspeicherwuerzburg.de Tanztheater Wuppertal www.pina-bausch.de On Tour

Österreich Ballett der Wiener Staatsoper und Volksoper www.dasballett.at 10,16.03: Balanchine & Robbins 26.03: Anna Karenina 11,13,16.04 : Juwelen der neuen Welt II Innsbruck: Tiroler Landestheater und Orchester GmbH Innsbruck www.landestheater.at 12,17.03;4,29.04 : Sweet Dreams 14,19,27.04 : Das brennende Dorf Landestheater Linz www.landestheater-linz.at 10.03: Rumi-in Flammen 16,28.03;8,14.04 : Die vier Jahreszeiten 20,26.04 : Das Narrenschiff

Belgien

Brussels Kaaitheater www.kaaitheater.be 14, 15.03: Nixe + Obtus 17.03: Diffraction 23, 24.03: nothing’s for something 30, 31.03: To intimate 12, 13.04: Exit 17, 18.04: Untitled 4 20, 21.04: Untried Untested 25-29.04: Drumming Royal Ballet of Flanders www.koninklijkballetvanvlaanderen. be 31.03-13.04: Between Heaven and Earth

Canada

Compagnie Marie Chouinard www.mariechouinard.com On Tour


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dance for you! magazine

National Ballet of Canada www.national.ballet.ca 10-18.03: The Sleeping Beauty 21-25.03: The Seagull Les Grands Ballet Canadien de Montreal www.grandsballets.com 22-24, 29-31.03: Soiree Stravinsky

Dänemark

The Royal Danish Theater www.kglteater.dk 16.03: Hübberiet 30, 31.03; 2-4, 12, 13, 17, 19, 21.04: The Lady of the Camellias

England

The Royal Ballet www.roh.org.uk English National Ballet www.ballet.org.uk 22.03-1.04: Beyond Ballets Russes 3.04-3.06: My First Sleeping Beauty Rambert Dance Company www.rambert.org.uk On Tour Birmingham Royal Ballet www.brb.org.uk On Tour Sadler‘s Wells www.sadlerswells.com 19, 20.03: Random Dance 25.03-7.04: Pet Shop Boys& Javier de Frutos 3-13.04: English National Ballet 2 9-10.04: Family Weekend 19-21.04: Royal Ballet of Flanders 25.04-19.05: Ballet Revolution Scottish Ballet www.scottishballet.co.uk On Tour

Estonia

Estonian National Opera www.opera.ee 11,15 25 29.03 : Snow White and the 7 Dwarfs 17, 30.03: Manon 23.03: La Sylphide 13,21,25.05: Coppelia 14,19.04: Othelo. Time.

Finnland

Finnisch National Opera www.operafin.fi 15, 17, 20, 22, 24.03: Coppelia 31.03; 12, 14, 18, 19, 25, 27.04: La Bayadere Alexanders Theatre Helsinki www.aleksantenteatter.if

Frankreich

Aix-en-Provence Centre Choréographique National www.preljocaj.org On Tour Maison de la danse www.maisondeladanse.com 13-17.03 : Demo-N/Crazy/Mambo 3XXI / Folia 21-25.03: Che…Malambo 27-31.03: Davai.Davai…

28-30.03 : Still standig you 3-5.04: Salves 4-6.04 Les Fyantes Marseille Ballet National de Marseille www.ballet-de-marseille.com On Tour Paris Ballet de L´Opéra www.opera-de-paris.fr 13, 17, 18, 20, 21, 23, 25, 27, 30,31.03 : Robbins / Ek 17,19,20,22,24,27,28.03 ;2,4,9,11.04 : La Bayadère 21,23-30.04 : L’Historie de Manon Strasbourg/Mulhouse/Colmar Opéra National du Rhin www.opera-national-du-rhin.com 11,13.03 ; 11-15.04 : Coppelia Théâtre du Capitole www.theatre-du-capitole.org 29-31.03 ; 1.04: Le Temps du désire

Italien

Mailand Teatro alla Scala www.teatroallascala.org 13.03 : Giselle 31.03; 3-7.04: L’altra meta del cielo Aterballetto www.aterballetto.it On Tour

Niederlande Amsterdam Het Nationale Ballett www.het-ballet.nl On Tour

Arnhem Introdans Ensemble for Youth www.introdans.nl On Tour Maastricht Theatre aan het Vrijthof www.theateraanhetvrijthof.nl 14.03 : Project Exit 17.03 : Swan Lake 18.03: De kleine Grote kist 4 20.03 : Requiem 3.04 : Pearl 7.04: Passione in Due 15.04: Tape 21.04: Far 22.04: End 27.04: Made in Berlin Rotterdam Scapino Ballet www.scapinoballet.nl On Tour

Polen

Teatr Wielki-National Opera www.teatrwielki.pl 18.03; 27.04: The Site of Spring 30.03; 1, 19, 20.04: Tristan 14, 15, 17, 18: The Biblical Parables

Rumänien

Opera Nationala Bucuresti www.operanb.ro 11.03: Albă ca zăpada și cei șapte pitici

15.03;18.04 : Giselle 18.03 : Baiadera 21.03 : Searä de balet 24.03 : Corsaire 29.04 : Tango.Radio and Juliet 2.04 : Anna Karenna 29.04 : Don Quijote

Russland

Mariinsky Ballet www.mariinskiy.com 11.03: Shurale 12.03: Anna Karenina 15.03: Romeo and Juliet 17.03: The Little Humpbacked Horse 18.03: Pterouchka/Chopiniana/ Polovtsian Dances 22.03-1.04: XII Intern. Festival Mariinskiy 2012 15.04: Don Quixote 20.04: Cinderella 24.04: Petrochka/The Firebird 26.04: Swan Lake 28.04: Jewels

Zürich Opernhaus www.opernhaus.ch 14,17,22,25.03 : Carmen 24,25.03 ; 1,13,22.04 : Grid / Don Juan / Till Eulenspiegel 29,31.03;29.04 : Ein Sommernachtstraum

Schweden

The Cullberg Ballet www.cullbergballet.se On Tour Göteborg Ballet www.opera.se 24, 25.03: NUdans 2012-02-21 12.042.06: Dance on Tour

Türkei

Ankara State Opera and Ballet www.dobgm.gov.tr 10,22,24.03;5.04: Zorba

Bolshoi Ballet www.bolshoi.ru 10, 11.03: Le Corsaire 16, 17, 18.03: Swan Lake 23-25.03: The Flames of Paris 27-30.03: Cippolino 30.03: Giselle 4, 5.04: Le Park 6.04: Labyrinth / Simple Things / Without 8, 9.04: Lost Illusion 12.04: Galla in the Memory of Maris Liepa 14.04: Nutcracker 21.04: Romeo and Juliet 26, 27, 29.04: The Bright Stream

Istanbul State Opera and Ballet www.dobgm.gov.tr 4, 7, 11, 18, 24, 26.04: 2 Senfoni / Minyatür 6.04: Four Walls

Spanien

Pacific Northwest Ballet www.pnb.org 16-18, 22-24.03: New Works 17, 18, 25.03: Snow White 13, 14, 19-22.04: Carmina Burana / Apollo

Compania National de Danza www.cndanza.mcu.es On Tour

Schweiz

Theater Basel www.theater-basel.ch 12, 17, 19.30.03: The Fairy Queen 15, 16.03: Romeo und Julia / REMIX Kurtheater Baden www.kurtheater.ch 10.03: Heinz Spoerli Gala und Zürcher Ballet 22.02: Flamenco Gala „Canto amore“ 24.04 : Popea // Popea 28.04 : Rumors-Rumore-Rumeurs Stadttheater Bern www.stadttheaterbern.ch 14, 16, 23.03: V. dance everywhere 23.04: Introdans for Youth 18, 25.04: Lions, Tigers, and women… Theater St. Gallen www.theatersg.ch 16-18.03: Move! 24.03: Nachtzug / Da.Heim 21.04: The Oracle / Mery Tankard Bejart Ballet Lausanne www.bejart.ch On Tour Compagnie Linga www.linga.ch

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USA

New York City Ballet www.nycballet.com März: On Tour – Germany April: On Tour - USA Cedar Lake www.cedarlakedance.com On Tour

The Georgia Ballet www.georgiaballet.org 20.04: The Evolution of a Dancer Miami City Ballet www.miamicityballet.org On Tour

Ungarn

Nationales Tanztheater Budapest http://www.dancetheatre.hu 15.01: Liliomfi 11.03: The Adventures of Vackar 13.03: Chakra Mala 14, 15.03: Master and Zuriel 16.03: Visual Notes 17.03 Sonh Couple 20.03: Esther 21, 24.03: Arabian Nights for Adults 25.03: Sea Dance 29.03: Sec 30.03: Sleeping Beauty

Australien

The Australian Ballet www.australianballet.com. On Tour

Neuseeland

Royal New Zealand Ballet www.nzballet.org.nz On Tour


märz / april 2012

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Jury President Yury Grigorovich

ISTANBUL GRAND PRIX : € 10.000

AND SPECIAL AWARDS

ISTANBUL 3INTERNATIONAL rd

BALLET

DVD APPLICATION DEADLINE APRIL 13, 2012

COMPETITION

BALLET MASTER CLASS BY

25-30 JUNE 2012

Mr. Mikhail Lavrovsky

People’s Artists of the USSR, Choreographer Ballet Master-repetiteur of the Bolshoi Theatre

www.istanbulballetcompetition.gov.tr info@ istanbulballetcompetition.gov.tr

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Stefan Sixt Spezial Anna hat keine Füße Kürzlich hat mir eine Bekannte von ihrer Tochter erzählt, die seit Jahren ins Ballett geht. Ein begabtes Kind. Sie scheint alles zu haben, um eines Tages Tänzerin zu werden: Musikalität, Bewegungstalent, Dynamik, Fleiß – und dieses ganz besondere Glitzern in den Augen, wenn sie tanzt. Deshalb schlug die Lehrerin vor, dass Anna an der Aufnahmeprüfung der großen Opernballettschule teilnehmen sollte. Ein wichtiger Tag für Anna und die ganze Familie – doch Anna kam mit Tränen in den Augen nach Hause. Aus der Traum. Telefonisch teilte man tags darauf Annas Mutter mit, dass Anna keine Füße habe. Annas Mutter war erleichtert; da müsse es sich um ein Missverständnis handeln. Anna habe ganz bestimmt Füße. Die gestrenge Ballettmeisterin klärte Annas Mutter auf. Natürlich habe Anna Füße, nur eben keine schönen Füße. Anders ausgedrückt: keine Tänzerfüße. Das war bitter für Anna und die Mutter, die einwandte, Anna sei ja noch sehr jung und das könnte sich wohl noch auswachsen. Das glaubte die Ballettmeisterin nicht, aber um jeden Widerstand im Keime zu ersticken, fügte sie hinzu, Anna sei leider auch nicht auswärts. Das wusste Annas Mutter. Anna war deutsch. Die ganze Familie war deutsch. Musste man denn von auswärts kommen um in Deutschland tanzen zu dürfen? Fanden sich vielleicht deshalb so viele russische Namen auf dem

Programmzettel des Opernballetts? Das ging zu weit! Ein deutsches Kind wurde an einer deutschen Schule abgelehnt, weil sie nicht von auswärts war. Annas Mutter protestierte. Die Ballettmeisterin war verärgert. Das Telefonat dauerte ohnehin schon zu lange für eine Absage. Etwas kurz angebunden, erläuterte sie, was mit „auswärts“ gemeint sei. Dass man quasi im Spagat geboren werden müsse. Dass die Fußspitzen rechtwinkelig zur Nasenspitze stünden. Und dass das nichts mit Russen zu tun habe. Zumindest nicht zwangsläufig. Sondern dass es so sei, dass man in Russland eben systematisch tausende von Kindern vermessen könne. Wenn man dann plötzlich auf ein anatomisches Wunder stoße, könne man dies direkt in den Ballettunterricht stecken. Natürlich sei auch Anna beim Vorstellungstermin vermessen worden, doch der hinzugezogene Orthopäde habe für Anna keine Zukunft gesehen.

De Nederlandse Opera (DNO), Dutch National Ballet (DNB) and The Amsterdam Music Theatre will merge into a single foundation, effective 1 January 2013. The three organizations, already closely affiliated for many years, will take the final step towards complete integration of the present companies into a single entity: a national top-notch institution for opera and ballet. The three organizations will apply jointly for national and municipal subsidies for the period 2013-2016, separately specifying the desired government contributions for opera, ballet and the theatre.

Annas Mutter hatte es die Sprache verschlagen. Ein Orthopäde hatte Anna aussortiert. Nicht ein Tänzer, ein Choreograph, ein Ballettmeister, sondern ein Orthopäde. Das konnte nicht mit richtigen Dingen zugehen. Ob man nichts von Annas Talent, von ihrer Anmut – ja, und von diesem Glitzern in den Augen gesehen habe?

Rudi van Dantzig © Bob van Dantzig

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Nein, meinte die Ballettmeisterin und setzte zum finalen Todesstoss an. Manchmal musste man uneinsichtige Mütter einfach mit der Wahrheit konfrontieren. Anna war auch übergewichtig. Übergewichtig? Also gut, Anna war kein Fädchen. Ein ganz normales Kind eben, aber nicht übergewichtig. Doch die Ballettmeisterin war unnachgiebig. Das sei vermutlich genetisch bedingt, wie denn eigentlich Annas Großvater ausgesehen habe? Annas Mutter hatte genug gehört. Vielleicht war es ja ganz gut, dass ihr kleiner Liebling nicht an der Opernballettschule aufgenommen worden war. Vielleicht sollte sie in Zukunft lieber Fußball spielen. Ich habe abgeraten, denn wer weiß, vielleicht braucht man da ja auch Füße und muss Ausländer sein. Ich denke, Anna sollte bei ihrer Lehrerin im Tanzstudio bleiben, ein- bis zweimal pro Woche trainieren und im Sommer bei der Abschlussvorstellung mitmachen. Dann erscheint bestimmt wieder dieses magische Glitzern in den Augen. www.danceforyou-magazine.com

Der niederländische Choreograph Rudi van Dantzig ist im Alter von 78 Jahren an einem Krebsleiden verstorben. Er verhalf dem niederländischen Ballett zu nationaler und internationaler Größe und galt als einer der wichtigsten niederländischen Ballettchoreografen Des letzen Jahrhunderts. Van Dantzig begann seine Karriere 1950 als Tänzer und leitete von 1969 bis 1991 das Het Nationale Ballet in Amsterdam. Für seine Arbeiten erhielt er zahlreiche Auszeichnungen und der Ritterstand im Orden von Oranje Nassau.


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märz / april 2012

THE BALLET REVOLUCIÓN COMPANY AND BB PROMOTION GMBH PRESENT

MIT DEN NR.1 HITS VON J LO SHAKIRA RICKY MARTIN ENRIQUE IGLESIAS BEYONCÉ

DIE TANZSENSATION

21.02. - 04.03.12 · Admiralspalast Berlin 06.03. - 18.03.12 · Halle E im Museumsquartier Wien 25.04. - 19.05.12 · Sadler’s Wells’ Peacock Theatre 26.06. - 01.07.12 · Alte Oper Frankfurt

03.07. - 08.07.12 · Circus Krone München 10.07. - 15.07.12 · Kölner Philharmonie 17.07. - 22.07.12 · Oper Leipzig 24.07. - 05.08.12 · Thalia Theater Hamburg

Tickets: 01805 - 2001* · 01805 - 280 181* · www.kartenkaufen.de · www.ballet-revolucion.de Tickets Wien: OFFICIAL HOTEL

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APRIL

*0,14 €/Min. aus dem Festnetz, Mobilfunk max. 0,42€/Min.

FEAT. THE BALLET REVOLUCIÓN LIVE-BAND

Raymond Lukens Artistic Associate of the ABT/NYU Masters program and a faculty member of the Jacqueline Kennedy Onassis School at American Ballet Theatre, has been named director of ABT’s National Training Curriculum. American Ballet Theatre launched the National Training Curriculum in 2007 with the aim of providing the best practices in dance education and dancer health. Lukens co-created the program with Franco De Vita under the direction of ABT Artistic Director Kevin McKenzie, in collaboration with an artistic advisory panel and a medical advisory board. Its aim is to provide dance students with a rich knowledge of classical ballet technique and the ability to adapt to multiple styles and techniques of dance, while focusing on kinetics, coordination and proper body alignment.

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Prior to becoming a faculty member of ABT’s Jacqueline Kennedy Onassis School in 2005, Lukens was the director of Boston Ballet II and Ballet Master at Boston Ballet. He has also served as Ballet Master at Hartford Ballet, Cincinnati Ballet and Alberta Ballet. In New York City, he has taught for American Ballet Theatre, ABT II, The Ailey School, The Juilliard School, Peridance International, Marymount Manhattan College and Dance Theatre of Harlem. He has served as a guest teacher in Latin America, Australia, Europe, Japan and South Africa. He obtained the highest qualifications as a pedagogue in London with the Cecchetti Society and is a certified ballet teacher for the Dance Educators of America (DEA) Teacher Training School. Lukens created the syllabi for the New York University Masters Degree program in ABT Ballet pedagogy.


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dance for you! magazine

Bodies in Urban Spaces Photography by Lisa Rastl

Lisa Rastl‘s photography of Willi Dorner‘s dance project “bodies in urban spaces”, Konzept: Willi Dorner Fotografie: Lisa Rastl

A critical analysis by Miranda Glikson A street corner - the generic, non-descript street corner of any European city – where a mangle of tracksuits and jogging shoes is piled against a metal gate. A tunnel of high, windowless brick walls pitches precariously towards each other and a slit of sky between the buildings rises above the listless people pile. A moment ago there might have been a writhing mass of human beings pressing up against the rusting grate and now with its energy spent, the group slumps in a tiny forgotten periphery of the cityscape. The scene is controlled, choreographed, and the street curb, the lacerated walls, the yellow road markings, the human jumble, are all captured by Austrian photographer Lisa Rastl in razor-sharp focus and hyper-real colour. The photograph is one of a series documenting the street performances of Bodies in Urban Spaces, an idea and creation of Austrian choreographer Willi Dorner of Cie. Willi Dorner, Vienna, Austria. All photographs in the series show Dorner’s dancers/acrobats/ athletes arranged in a myriad of positions, clusters, lines, points and shapes; stacked, slotted, planked, heaped, knotted and packaged; crammed into, squeezed between and stuck inside. Always filling - until stuffed impossibly full - the spaces between, beneath, above and around the objects and structures of the city landscape. In most of the photographic images there is a dubious sense of time. An intensely spontaneous spirit imbues the groupings and positions of the dancers. The situations seem completely accidental and natural – incidental – as if initiating a brief but intimate interaction with the side of a building resulted from a ‘spur of the moment’ impulse. In this sense the groupings could believably be a flash mob – a mass of people, a common aim, an intense focus – lasting just sixty seconds. Ironically though the formations assert a sense of endurance – they might be permanent fixtures of the city’s texture, incorporated into the urban design; living sculptures. The dancers assert an acceptance of the ‘situation’ and a commitment to the moment; they simply ‘are’. Physical effort is rarely apparent in the images of the people, tension 1./2 stripped away to what is only needed for holding the form and staying in position. Stillness seems to be celebrated, in contradiction to classic dance photography where normally the prize is in capturing movement through the still image. In Bodies in… the figures might be inhabitants of

a different time zone; already there since ‘the beginning’ the streets and buildings have developed around them such that the human beings are a part of the structures now themselves. Traditionally dance photography sees the dancer take precedence over the ‘background’. The images however from Bodies in… are about the people in them only in so far as they are the element that ‘disturbs’ the architecture. The photographs document the physical environment of the city but the context in which it might normally be perceived has changed through of the presence of human beings. The formality of the structures is disrupted, the etiquette altered by the imposition into its design of another kind of formation – a human formation. Herein lies the text of the image: this is architecture built for human beings but how do humans fit in? Do humans define the landscape of the city or does the city define human beings? Can the urban environment be created flexible and malleable so as to correspond

„Das Jetzt ist das innerste Bild des Gewesnen.” Walter Benjamin; Das Passagen-Werk

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not only with the human body but also with the changing society? In this sense Bodies in Urban Spaces could be seen as a continuation of Trisha Brown’s early site-specific pieces, in particular Man Walking Down the Side of a Building (1970), Walking on the Wall (1971) and Roof Piece (1971). Both choreographers by bringing two ordinary components together facilitate something extraordinary. Through the contrary nature of the situation where a human being surveys its own creation we are called upon to also ponder and reflect on it. In the performance of Bodies in… which premiered in Paris, 2007 and has since been taken to the streets of Vienna, London, Helsinki, Stockholm, Bern, Austin, Philadelphia and many other cities, the dancers run from point to point, with the public close behind catching the ‘event’ when a formation is taken and the Parkours becomes a living installation. It is a suspended moment when a human being grapples motionless with the surface of the metropolis. These are also the moments when Rastl captures the body literally within the cityscape. Complying with the performers’ anonymity – their faces always turned away or hidden inside hoods – she photographs ‘Everyman’. The objective distance Rastl keeps from her subject matter is emblematic of the changing perception of private space. As privacy is plundered, marketed and sold, and where doors and walls do little now to protect our personal sphere, Rastl coolly exposes private moments of displaced reverie.


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Bastien Vivès (Text und Zeichnungen):

Polina Aus dem Französischen von Mireille Onon. Reprodukt Verlag, Berlin 2011, 206 Seiten, 24 Euro

Der Anfang ist alles andere als ermutigend. “Sie sind nicht besonders beweglich, oder?”, meint Professor Bojinski, als er beim Schultest den Körper der Kleinen nach allen Regeln seiner Kunst untersucht. Aber er akzeptiert sie immerhin als Mitglied seiner Akademie, auch wenn er Polina Ulanow erst mal zu einem Kollegen in die Lehre schickt. Allein, er lässt sie nicht mehr aus den Augen: Während andere noch das Talent der heranwachsenden Tänzerin bezweifeln, hat er längst ihre außergewöhnliche Begabung erkannt. Ein Solo soll es sein, das seine, aber auch ihre Arbeit krönt. Allein, bevor er sein Meisterwerk vollenden kann, kehrt sie ihm den Rücken, flieht zusammen mit ihrem Freund in die Kompanie von Michail Laptar und landet schließlich in Berlin, eine Stadt, die ihr am Schluss zum Schicksal wird ­– ganz so wie der echten Polina. Was kein Zufall ist. Der “Letzte Tag”, ein “Demo”-Video von Herbert Grönemeyer mit der blutjungen Polina Semionova, hat Bastien Vivès zu dem Ballett-Comic inspiriert, der in Frankreich einen Preis nach dem anderen einheimst. Kein Wunder, findet Vivès für “Polina” eine Form, die einen immer wieder fasziniert: Nur ein paar Striche und kaum einmal Farbe ­– und doch ist nichts ausgespart in seiner Graphic Novel, die um einiges aussagekräftiger gerät als vergleichbare Zeichengeschichten.

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Bewundernswert, wie Vivès die ganze Bandbreite des Balletts erfasst, und geradezu genial, wie der Illustrator alle Aspekte des Ballerinenberufs berücksichtigt, ohne dabei irgendeiner Klischee-Vorstellung zu erliegen. Das muss man können, und das sollte man sich einmal angeschaut haben. Hartmut Regitz

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Ballet, Music & More: Integrative Konzepte an der Ballettschule der Wiener Staatsoper

Die Elevinnen bemühen sich um neue Blickwinkel für die Zukunft

Von Oliver Peter Graber Das Anforderungsprofil an Berufsvorbereitende Ausbildungsstätten für klassisches Ballett ändert sich ebenso rasant wie beständig. Sehr häufig und zu Recht wird von Seiten der Eltern die Frage nach der Zukunftssicherheit ihrer Kinder gestellt: Was, wenn es mit dem Berufsziel Ballett – aus welchen Gründen auch immer – nicht klappt? Eine „reine“ Ballettausbildung anzubieten, bei deren Abschluss keine andere Qualifikation und Orientierungsmöglichkeit vorliegt, reicht daher nicht mehr aus. Zumindest der Weg zur Matura (= dem Abitur) – an der Ballettschule der Wiener Staatsoper ist dies beispielsweise durch Kooperation mit zwei allgemeinbildenden höheren Schulen in die Ausbildung implementiert – muss ermöglicht werden, um weitere Berufswege der Absolventen sicherzustellen. Doch auch das Anforderungsprofil an das tänzerische Ausbildungsprogramm will umsichtig gestaltet sein. „Wir bilden interpretatorisch aus“, sagt Simona Noja, die geschäftsführende Direktorin der Ballettschule der Wiener Staatsoper, „aber am Ende können die jungen Tänzerinnen und Tänzer als zwangsläufige Folge dessen in der Regel nur reagieren – nicht agieren. Zeitgenössische Choreographien und Choreographen fordern aber immer stärker die eigene kreative Initiative. Fähigkeiten wie Improvisation, Choreographie, Choreologie und eine allgemeine musische und theoretische Grundausbildung, die ein breites Verständnis für und von Kultur und Ballett sowie deren Entwicklung ermöglichen, sollten somit dringend stärker gefördert werden.“

An der Ballettschule der Wiener Staatsoper existiert daher seit dem Studienjahr 09/10 ein erweitertes Ausbildungskonzept, das insbesondere die Ballettmusik, traditionellerweise Stiefkind der Ausbildung und des tänzerischen Alltags, und choreographische Aspekte stärker integriert. Über Exkursionen in Museen soll auch die bildende Kunst als Erfahrungswert eingebunden werden. Sehen und Hören zu lernen, sind entscheidende Momente der Ausbildung und leiten zum kritischen Umgang mit sich selbst und in der Begegnung mit Neuem an. Nur allzu häufig werden beispielsweise zeitgenössische Produktionen nach ihrer „lichttechnischen Verpackung“, ihrem effektvollen visuellen Erscheinungsbild nach außen, aber nicht dem tatsächlichen choreographischen, tänzerischen, dramaturgischen und kompositorischen Inhalt nach beurteilt. Dies liegt zu einem Gutteil auch daran, dass bereits in der Ballettausbildung kritisches und analytisches Denken nicht oder zu wenig vermittelt wird. Auch der Weg zu technologischen Neuerungen wird den Elevinnen in der Regel nicht eröffnet. In Zeiten des Internets ist überraschenderweise das Staunen noch groß, wenn choreographische Software wie „Dance Forms“ präsentiert wird. Warum also nur Zeitvertreib mit Twitter, Facebook und Co., anstatt professioneller Nutzung der neuen Medien für die eigene berufliche Zukunft? Doch auch an diesem Ende steht die Sorge der Eltern: Die tänzerischen Erwartungen liegen höher und höher. Fouettés will man heute am Besten triple sehen statt einfach. Es wird also immer mehr körperliche Leistung in derselben Zeit der Ausbildung im Verhältnis zu früheren Jahren erwartet. Daneben nun aber www.danceforyou-magazine.com

eben auch die Schule mit Abitur/Matura und neue, erweiterte Konzepte. Führt dies nicht zwangsläufig zu einer Überlastung, an deren Ende eben just das Tänzerische auf der Strecke bleibt? Nähere Überlegungen dazu ergeben auf diese zentrale Frage ein klares Nein. Der Menge an vertretbarem, rein körperlichem täglichem Training sind wohlbekannte Grenzen gesetzt. Nutzt man die verbleibende Zeit, um Probleme des Tänzerischen aus anderen Blickpunkten anzugehen (wie z.B. rhythmische Probleme der Bewegung aus Sicht der Musik), so können für die nächste Trainingseinheit wertvolle Zeitgewinne entstehen. Auch die Psyche der Schüler wird gestärkt, indem nun plötzlich Wissen um Zusammenhänge besteht und damit z.T. unbewusste Unsicherheiten und Ängste abgebaut werden. In Wahrheit führt ein integratives Konzept somit also zu einer Entlastung des primären Ausbildungsprogramms, da auf Basis von unterschiedlichem Wissen auch der Fortschritt im zentralen künstlerischen Fach ein effektiverer werden kann. Entscheidend ist also lediglich die Abstimmung der Unterrichtsangebote, eine Aufgabe, die eine rege Mitarbeit aller Vertreter des Lehrkörpers der Ballettschule der Wiener Staatsoper (z.Zt. sind dies 20 Pädagoginnen/Pädagogen, 8 Pianistinnen/Pianisten und 8 Gastdozenten im Rahmen von Workshops) fordert. Die Geschichte der Schule selbst reicht bis in das Jahr 1771 zurück, und damit zu „goldenen Momenten des Tanzes“ in Wien, während derer Jean Georges Noverre dort unterrichtend wirkte. In seinen „Briefen über die Tanzkunst und die Ballette“ forderte Noverre integrative Konzepte, die z.T. bis heute ihrer entscheidenden Umsetzung im tänzerischen Alltag harren und in Wien der Ballettausbildung erneut Quelle der Inspiration und Energie sein sollen. „Wir haben die Pflicht die Ballettausbildung nicht nur am Stand der Zeit zu halten sondern uns darüber hinaus um neue Visionen zu bemühen“, ist Simona Noja überzeugt. „Dies sind wir der Zukunft unserer Kunstform und allen uns anvertrauten jungen Persönlichkeiten schuldig. Denn der Weg für das klassische Ballett wird nicht leichter werden und wenn wir immer nur auf bereits eingetretene Situationen und gesellschaftliche Verhältnisse reagieren, statt uns zu bemühen auf kommende Eventualitäten bereits im Vorhinein möglichst gut und umfassend vorbereitet zu sein, machen wir uns diesen selbst noch schwerer.“


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HOCHSCHULE FUR TANZ

PALUCCA HOCHSCHULE FÜR TANZ DRESDEN Hochschule für Tanz, Basteiplatz 4, 01277 Dresden Tel. +49 (0)351-25906-0, Fax + 49 (0)351-25906-11 einzige eigenständige Hochschule für Tanz in Deutschland mit Studiengängen Bühnentanz, Choreografie und Tanzpädagogik www.palucca.eu

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Tanzschulen DanceEmotion - freiburger akademie für tanz Bühnentanz und Tanzpädagogik / BaföG; Humboldtstr. 3; 79098 Freiburg Tel.: 0761/72524 Fax: 0761/7071238 akademie@danceemotion.de; www.danceemotion.de Tanz- und Theaterwerkstatt e.V. Kurse, Projekte, Produktionen, Hindenburg Str. 29; 71638 Ludwigsburg, Tel. 07141-92 05 14, info@tanzundtheaterwerkstatt.de, www.tanzundtheaterwerkstatt.de

Staatliche Ballettschule Berlin Erich-Weinert-Straße 103, 10409 Berlin Tel. +49 030-405779-70; Fax +49 030-405779-19 Berufsbildung mit integrierter Schulausbildung Klasse 5 bis Abitur und Studiengang Bühnentanz

8 Postleitzahlbereich IWANSON INTERNATIONAL Ausbildung für Bühnenreife und Tanzpädagogik, Fortbildung, Adi Maislinger Str. 12 – Tel:089-7606085, 81373 München www.iwanson.de/schule@iwanson.de

2 Postleitzahlbereich LOLA ROGGE SCHULE Leitung: Christiane Meyer-Rogge-Turner - Staatlich anerkannte Berufsfachschule f. Tanz und Tänzerische Gymnastik im Lehrberuf. Dauer 3 Jahre; 1jährige berufsbegleitende Weiterbildung T-an-S Tanz an Schulen. D-22087 Hamburg, Landwehr 11-13, Tel.+49-40-444568, Fax 4103341 und Elbchaussee 499, Tel. +49-40-863344, info@lolaroggeschule.de www.lolaroggeschule.de

BALLETTAKADEMIE ROLEFF-KING · Bühnentanz u. Tanzpädagogik Enhuberstr. 8 · 80333 München · Tel. 089/521207 · Fax 089/3105231 www.ballettschule-roleff-king.de · roleff-king@arcor.de BALLETT IN MURNAU - Ausbildungsschule für Bühnentanz Dr.- August-Einsele-Ring 12, 82418 Murnau · Tel. 08846/717, info@ballettschule-murnau.de · www.ballettschule-murnau.de Ballett und Tanzzentrum Augsburg Morellstr. 33, 86159 Augsburg; Tel.: +49 (0)821 38115, Fax.: +49 (0)821 314186, E-Mail: info@ otevrelschule.de, Webseite: www.otevrelschule.de

TANZPARTERRE Himmelstr. 10-16, 22299 Hamburg, Tel. +49-40-475865 Leitung: Mona Brandenburg, Prof. Training täglich 11-13 Uhr in Modern und klass. akad. Tanz CDSH-CONTEMPORARY DANCE SCHOOL HAMBURG Staatlich anerkannte Berufsfachschule für zeitgenössischen Tanz, Bafög anerkannt, Stresemannstraße 374; 22761 Hamburg, Tel. +49 40 41924560 info@cdsh.de www.cdsh.de

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Ballettschule des HAMBURG BALLETT Caspar-Voght-Str. 54; 20535 Hamburg, Tel: +49 40 21118830/31; Fax: +49 40 21118888, E-Mail:Schule@hamburgballett.de; www.hamburgballett.de

BALLETT VIERU Ang. Ausbildungsschule für Bühnentanz Professionelle Ballettausbildung, Modern, Contemporary, Früherziehung Berufsbegleitende Tanzpädagogik-Fortbildungen, Späteinsteiger-Kurse Landwehrstr. 44, 97421 Schweinfurt Tel. 0151 – 230 788 88 EE-Mail: vieru@ballettvieru.de ;www.ballettvieru.de

Schule f. Theatertanz und Tanzpädagogik Erika Klütz Hamburg, staatl. anerk. 3-jähr.Ausb.z.Lehrer(in) f. Tanz u. Tänzerische Gymnastik, www.kluetzschule.de

BALLETTFÖRDERZENTRUM Nürnberg e.V. Gleißbühlstr. 12; 90402 Nürnberg Tel: 0911/992399 Fax:0911/24655 BallettNuernberg@t-online.de; www.ballettförderzentrum.de

3 Postleitzahlbereich

AMERICAN ART BY-BUHL SCHOOL OF MODERN CREATIVE DANCE Tanzausbildung und Fortbildung, Kumpfmühler Str. 14, D-93047 Regensburg Seestr. 10, D-92355 Velburg, Tel. +49(0)9182-931981, www.buhldance.de

BALLETTSCHULE ILONKA THEIS Staatlich anerkannte Berufsfachschule für Bühnentanz und Tanzpädagogik; Georgstraße 20, 30159 Hannover, Tel/Fax+49-511-323032

4 Postleitzahlbereich

Schweiz Züricher Hochschule der Künste, Tanz Akademie Zürich Baslerstrasse 30; CH-8048 Zürich; Tel: 0041 (0)43 446 50 30; Fax: 0041 (0)43 446 50 39; E-Mail: info.tanz@zhdk.ch; www.tanzakademie.ch

OFF THEATER NRW Akademie für Tanz, Theater und Kultur Salzstr. 55 41460 Neuss/Düsseldorf Tel.: 02131/83319; www.off-theater.de; info@off-theater.de

Österreich

5 Postleitzahlbereich Ballett + Tanz Akademie NRW staatlich anerkannte Ergänzungsschule für Bühnentanz + Tanzpädagogik / www.ballettakademie.com / Tel.: 02371 / 5844 Grüner Weg 2, 58644 Iserlohn

6 Postleitzahlbereich Staatliche Hochschule für Musik und Darstellenden Kunst Mannheim Akademie des Tanzes - N7, 18 - 68161 Mannheim, Tel. 0621/292-3515 , Fax 0621/292-2238, adt@muho-mannheim.de; www.akademiedestanzes.de

7 Postleitzahlbereich New York City Dance School Leitzstr. 4, 70469 Stuttgart (Tanzhaus Stuttgart); Tel.: 0711-856316 Fax: 0711-857816; dance@nycds.de www.nycds.de

Ballettschule der Wiener Staatsoper Mit Internat/Kinder ab 10 Jahren, Gymnasium/ Abitur; Künstlerische Leitung: Manuel Legris. Geschäftsführende Direktorin: Simona Noja; A-1010 Wien, Goethegasse 1; Tel.+43-1-51444-2641, Fax -2631; ballettschule@wienerstaatsoper.at; www.opera-balletschool.com; www.wiener-staatsoper.at EUROPA BALLETTKONSERVATORIUM ST.PÖLTEN und Youth company BALLETT ST.PÖLTEN; Leitung: Michael Fichtenbaum, Tel.+ 43 2742/230000 Fax+20; 3100 A, St. Pölten, Oriongasse 4; st.poelten@ballett.cc, www.ballett.cc Konservatorium Wien Privatuniversität, Johannesgasse 4a, 1010 Wien Abteilung Tanz, Leitung Nikolaus Selimov; www.konservatorium-wien.ac.at Telefon: +43-1-512 77 47 -0; E-Mail: n.selimov@konswien.at

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m Juli diesen Jahres, kurz vor der Sommerpause, erschütterte ein Skandal das Königliche Dänische Ballett: In einem internen Bericht, der anonym an die Presse geleitet wurde, hieß es, Ballettdirektor Nikolaj Hübbe und gut die Hälfte der 92-köpfigen Kompanie sollen regelmäßig Kokain nehmen. Der Aufschrei über derlei Beschuldigungen war kurz und verhallte schnell in unbeeindruckter Langeweile. Tänzer und Drogen? Wen kann man damit erschüttern? Überhaupt Kokain: Die einstige Modedroge hat längst ihren Glamour verloren, ist nicht mehr teuer, nicht mehr neu, aufregend oder exklusiv und somit bequem in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Der enorme Druck im heutigen Berufsleben, Termine, Reisen, Überstunden, Höchstleistungen, ständige Angst vor dem Karriereabstieg, all dies betrifft Tänzer genauso wie Sportler, Schauspieler, Models oder Manager. Die Karriere ist kurz, die Konkurrenz steht schon bereit, für Müdigkeit oder Verletzungen ist keine Zeit. Und ein Mittel, das extrem aufputscht und gleichzeitig für extremen Gewichtsverlust sorgen kann - kein Wunder eigentlich, dass gerade Tänzer in Versuchung geraten können. Doch wenn Kokain auch nicht mehr „chic“ ist, es bleibt eine gefährliche, zerstörerische - und das vergisst man schnell in unserer von Skandalen übersättigten Gesellschaft - nach wie vor illegale Droge mit verheerendem Suchtpotential. Eine kleine Gruppentänzerin mag wegen Drogenbesitzes am Arbeitsplatz sofort gefeuert werden, sogar ein Star wie Gelsey Kirkland musste einst wegen ihrer Sucht das ABT verlassen, wie sie in ihrer Autobiografie „Dancing on my Grave“ beschreibt. Aber in den Führungsetagen dieser Welt, sei es also beim Ballettdirektor, Chefchoreografen oder Intendanten, scheint Drogenkonsum schnell als künstlerische Exzentrik ausgelegt und stillschweigend hingenommen zu werden. Und das, obwohl die Tänzer des Königlich Dänischen Balletts in ebenjenem Bericht das mit Suchtverhalten einhergehende unvorhersehbare, aggressive und unprofessionelle Verhalten ihres Direktors beklagen. So weit, so gewöhnlich. Im Schatten solcher medienwirksamen Skandale versteckt sich noch ein anderes, weniger Aufsehen erregendes Problem: Medikamente.

lerdings auch bei der Obduktion von Anna Nicole Smith. In der Welt der Stars - ob man will oder nicht die Trendsetter unserer Zeit - sind die schlagzeilenträchtigen Todesfälle und Entzugsaufenthalte der letzten Zeit fast alle auf den Missbrauch verschreibungspflichtiger Medikamente zurückzuführen. Die Schauspieler Heath Ledger und Brittany Murphy oder auch Superstar Michael Jackson starben viel zu jung an gefährlichen, doch nicht illegalen Medikamenten. Kelly Osbourne und Rapper Eminem gingen in die Entzugsklinik, nicht etwa wegen harter Drogen, sondern Abhängigkeit von gängigen Schmerzmitteln. Studien zeigen, dass amerikanische Teenager heute eher mit Medikamenten als den üblichen Drogen experimentieren. Dabei wähnen sie sich auf der vermeintlich sicheren Seite, denn was Ärzte verschreiben, kann so gefährlich ja nicht sein. Es herrscht ein geradezu verblüffender Leichtsinn.

BRISANT Pillen und Pirouetten

Verschreibungspflichtige oder frei verkäufliche Mittel werden in Tänzergarderoben oft herumgereicht wie eine Tüte Bonbons. Man fühlt sich auf der sicheren Seite, weil sie harmlos erscheinen, weil sie von Ärzten verschrieben wurden, weil sie sich dadurch „erlaubt“ anfühlen. Und was bei der einen Zerrung oder Entzündung half, wird der Kollegin doch sicher auch gut tun. So spart man sich den Gang zum Arzt, muss sich keine niederschmetternde Diagnose anhören und niemand muss erfahren, dass sich bei der Sylphide hinten rechts eventuell langsam das Alter bemerkbar macht. Tänzer sind „Weltmeister der Selbstdiagnose“. Einerseits kennen sie natürlich ihre Körper in- und auswendig. Andererseits wollen sie jedoch oft genau die wichtigsten Warnsignale nicht wahrhaben. Tänzer wurden ihr Leben lang darauf trainiert, Schmerzen zu ignorieren, Erschöpfung zu überwinden, alle Schwierigkeiten weg zu lächeln. Wundert es da, dass man solchen „legalen“ und „sicheren“ Dopingmitteln nicht widerstehen kann? Warum sollte man der B- Besetzung die Rolle überlassen, wenn man doch mit ein oder zwei Voltaren fasst nichts mehr spürt? Wenn Vicodin alle Schmerzen vergessen macht? Und wenn Lorazepam nach der Vorstellung die Muskeln wieder entkrampft? Alle die genannten Medikament werden bei Sportverletzungen durchaus verschrieben. Zwei davon fand man al-

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Doch auch Medikamente haben Suchtpotential. Wer mit Hilfe von Schmerzmitteln immer weiter tanzt, wird irgendwann nicht mehr ohne tanzen können. Wer seine Höchstleistung mit Aufputschmitteln erreicht, wird ohne diese sein Publikum enttäuschen. Wer nach jeder Vorstellung mit Schlaftabletten wieder zur Ruhe kommt, ist früher oder später ein Süchtiger. Selbst allseits bekannte „harmlose“ Medikamente wie Aspirin, Ibuprofen oder Paracetamol können gefährliche Folgen haben, wenn man sie über lange Zeit oder in höherer Dosierung einnimmt.

Die Krankenhäuser können ein Lied davon singen, immer öfter werden Patienten mit Vergiftungen, Magenblutungen und sogar Herzattacken eingeliefert und sind meist völlig verblüfft, weil sie doch „nur“ ein paar Tabletten genommen haben. Auch chronische Schmerzen, zum Beispiel Kopfschmerzen, können von Medikamenten - ironischerweise gerade von Schmerztabletten - herrühren, wenn sie in zu hohem Maße genutzt werden. Das Bundesinstitut für Arzneimittel spricht sich mittlerweile dafür aus, gängige Mittel wie Diclofenac und Ibuprofen in kleineren Packungen oder Vier-Tage-Dosis zu verkaufen, um Selbstmedikamentierung und Missbrauch einzudämmen. Warum Tänzer zu Medikamenten, Drogen oder auch Alkohol greifen und warum gerade Künstler so oft suchtgefährdet sind, kann verschiedenen Gründe haben. Solisten stehen oft unter enormem Druck und Verantwortung, so dass sie unter Umständen zu „kleinen Helfern“ greifen, um ihrer Aufgabe gerecht zu werden. Gruppentänzer wollen wohlmöglich eher die Frustration betäuben, denn auch ein Leben im Scheinwerferlicht kann manchmal unendlich eintönig sein, wenn das Talent ausgeschöpft ist und es nie zu mehr als der zweiten Reihe von hinten gereicht hat. Wenn Tänzer in das Berufsleben einsteigen, sind sie noch sehr jung und durchleben mit Anfang 20 in vielen Fällen plötzlich noch eine verspätete pubertäre Phase, für die während der Ausbildung einfach keine Zeit war. Oft haben sie das Bedürfnis, jetzt mit dem ersten Job, der ersten Wohnung, dem ersten Gehalt endlich einmal auszubrechen aus der übermächtigen Disziplin. Verantwortungsvoll mit seinem Körper umzugehen - wer das früh in der Ausbildung gelernt hat, ist wohl ein Glücksfall. Nikolaj Hübbe, der Ballettdirektor, hat jedenfalls seinen Vertrag auf weitere fünf Jahre verlängert. Ohne Konsequenzen. Man kann nur hoffen, dass Tänzer in ähnlich schwierigen Situationen auch die Unterstützung bekommen, die sie so dringend brauchen. Susanne Frost

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Foto Verena Fischer

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Theophilus Vesely Schüler der Abschlussklasse an der John Cranko Schule, kehrt vom Berliner Tanzolymp mit einer der begehrten Goldmedaillen zurück.

Foto: Akos Sebestyen (Dozierender), Anna Grabka (Dozierende), Steffi Scherzer (Dozierende, Künstl. Leitung taZ), Oliver Matz (Dozierender, Gesamtleitung taZ), Yuiko Adachi, Sabrina Dalla Rossa, Maiko Tsutsui. Unten von Links: Lou Spichtig, Yuya Takahashi, Nikolaus Tudorin, Ricardo Vila Manzanares, Benoit Favre, Paplo Girolami

Der 18-jährige Österreicher konnte bei dem großen internationalen Jugendtanzfestival unter rund 1.000 Teilnehmern die Jury von sich überzeugen und wurde für seine herausragende Solodarbietung mit der Goldmedaille in der Kategorie Modern Dance (Solo, Altersgruppe 16 – 18 Jahre, Professionelle Schulen) belohnt. Die Preise wurden am Dienstagabend im Rahmen einer festlichen Gala in Berlin vergeben. Den 1. Platz teilt sich Theophilus Vesely mit dem Schweizer Benoit Favre.

Tanz Akademie Zürich

Auch am diesjährigen Internationalen Tanzfestival in Berlin „Tanzolymp“ feierte die ebenfalls die einen grossen Erfolg: fünf Gold, zwei Silber und zwei Bronzemedaille bringen die glücklichen und stolzen Studierenden nach Zürich. Die Gewinner: Lou Spichtig (CH), Kat. 12-14 Jahre: Goldmedaille, Yuiko Adachi (JAP), Kat. 16-18 Jahre: Silbermedaille, Sabrina Dalla Rosa (CH), Kat.16 – 18 Jahre: Bronzemedaille, Maiko Tsutsui (JAP), Kat.bis 16-18 Jahre: Bronzemedaille, Yuya Takahashi (JAP), Kat.bis 16-18 Jahre: Goldmedaille, Nikolaus Tudorin (AUS), Kat.bis 16-18 Jahre: Goldmedaille, Ricardo Vila Manzanares (CH), Kat. 19 – 21 Jahre: Goldmedaill, im zeitgenössischer Tanz Benoît Favre (CH), Kat. 16-18 Jahre: Goldmedaille, Pablo Girolami (CH), Kat. 16-18 Jahre: Silbermedaille. www.danceforyou-magazine.com


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Neumann bei Neumeier 2,8 Millionen Euro sind viel Geld. Diesen Betrag machte der Kulturstaatsminister Bernd Neumann im vergangenen Jahr aus seinem Haushalt für das Bundesjugendballett locker. Und da er nicht nur vom Berliner Schreibtisch aus entscheiden, sondern vor Ort auch sehen will, in wen und was das Geld investiert wird, kam er zu einem Probenbesuch in das „Ballettzentrum – John Neumeier“ nach Hamburg. Am 24. Februar 2012 zeigten die acht Tänzer des Bundesjugendballetts dem Gast und seinen Begleitern drei ausgewählte Kostproben aus ihrem aktuell erarbeiteten Repertoire: Die von Ballettmeister Yohan Stegli, von Sasha Riva (Ensemblemitglied im Hamburg Ballett) und von den Tänzern selbst choreografierten Ausschnitte bewiesen, dass sich die Investition gelohnt hat. Jen-

Fotos: Götz Wrage, Andrea Röber

seits des tänzerischen Niveaus interessierte sich Bernd Neumann natürlich auch für Herkunft und Vorbildung der jungen Tänzer und ihre Chancen auf dem Weltmarkt nach der Zeit beim BJB, aber auch für ihren Tagesablauf, die Dauer von Proben und die Kosten für ein Paar Spitzenschuhe. Ausschlaggebend für die Förderung von Seiten des Bundes war nicht zuletzt die Zielsetzung, Ballett in sozialen Einrichtungen zu zeigen. „Das Konzept sieht ja vor, den Tanz zu den Menschen zu bringen. Das Bundesjugendballett ist ein Pilotprojekt, das weit über Hamburg hinaus Bedeutung hat und ein gutes Beispiel dafür, wie man es anders und besser machen kann“, so Bernd Neumann. „Vor einigen Jahren hätte ich gesagt, Tanz hat nicht die Förderung, die ihm zukommt. Das hat sich verbessert. Wir sind auf einem guten Weg.“ Dagmar Ellen Fischer

Leitung: Leitung: Leitung: Leitung: Leitung: Eva Steinbrecher Eva Eva Steinbrecher Steinbrecher Eva Eva Steinbrecher Steinbrecher Eva Eva Steinbrecher, Steinbrecher, ehemals Solistin Solistin des des Ehemals Solistin ehemals des Eva Eva Steinbrecher, Steinbrecher, ehemals ehemals Solistin Solistin des des Stuttgarter Stuttgarter Balletts, Balletts, Diplom-Ballettpädagogin, Diplom-Ballettpädagogin, Stuttgarter Stuttgarter Balletts, Balletts, Diplom-Ballettpädagogin, Diplom-Ballettpädagogin, Stuttgarter Balletts, Diplom-Ballettpädagogin, Waganowa-Akademie, Waganowa-Akademie, St. St. Petersburg Petersburg Waganowa-Akademie, Waganowa-Akademie, St. St. Petersburg Petersburg Waganowa-Akademie, St. Petersburg

Neues Programm im Herbst Neues Programm im Herbst 2011: 2011: 3 Ballettferien Ballettferien Pfingsten Pfingsten 2010 2010 33 3 Ballettferien Ballettferien Pfingsten Pfingsten 2010 2010 Zweiteilige Seminarreihe in München: Seminarreihe Kinderballett 44 bis Seminarreihe Kinderballett für bis 88 Jahre Jahre für für Mädchen Mädchen 9 9 bis bis 15 15 Jahre, Jahre, für für Mädchen Mädchen 9 9 bis bis 15 15für Jahre, Jahre, Spitzenarbeit für Anfänger Ausbildungskurs zum Ballettpädagogen Ausbildungskurs zum Ballettpädagogen Hospitation Hospitation für für Ballettpädagogen Hospitation Hospitation für fürBallettpädagogen Ballettpädagogen Ballettpädagogen Technik und Etüden

Tanzfestival Bielefeld 2012 8. – 21. Juli

Workshops und Performances

Einzelseminar: Einzelseminar: Posen Posen und und Défilées Défilées

BALLETTSEMINARE BALLETTSEMINARE BALLETTSEMINARE BALLETTSEMINARE STUTTGART STUTTGART STUTTGART STUTTGART Fortbildung Fortbildung für für Ballettpädagogen Ballettpädagogen Fortbildung Fortbildung für für Ballettpädagogen Ballettpädagogen nach nach der der Waganowa-Methode Waganowa-Methode nach nach der der Waganowa-Methode Waganowa-Methode

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Der französische Elegant Kévin Pouzou tanzt sich beim Staatsballett Berlin vor

Von Volkmar Draeger Schüchtern umkreist Benno „seinen“ Prinzen Siegfried, den er in Patrice Barts Version von „Schwanensee“ für das Staatsballett Berlin in jugendlicher Unschuld liebt. Kaum berührt er ihn, zieht er den Arm zurück, sehnt sich dennoch nach der Nähe des Freundes. So versucht Kévin Pouzou seinem Part Kontur und Inhalt zu geben. Im Pas de trois zeigt er feines Formempfinden, elegante Linie, edle Arabesques, perfektes Entrelacé. Auch wenn die Lufttouren höher, die Partnerführungen sicherer sein könnten – sein Tanz atmet, selbst beim Stehen spürt man Spannung. Nur einmal lässt sich Pouzous Benno zu Gefühl hinreißen: wenn er sich der Hand des entsetzten Prinzen anschmiegen will. Im dritten Akt, als sich Siegfrieds Schicksal vollendet, lastet Bennos Mitschuld an der von Königin und Minister Rotbart angezettelten Intrige schwer auf ihm. Helfen kann er nicht mehr. Es bewege ihn, gute Darsteller zu sehen, mehr als nur gute Techniker, sagt Kévin. Menschen mit seinem Tanz glücklich zu ma-

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chen, gebe ihm Energie. Die hat der Junge aus Bordeaux auch gebraucht. Ballett lernte er durchs Fernsehen kennen: Eine Aufzeichnung von „Manon“ bestärkte ihn, Tänzer zu werden. Etwa sieben war er damals, Vater Weltraumingenieur, Mutter ebenfalls in der Wissenschaft, der Bruder später Physiker. „Ballett gehört in Bordeaux nicht so zu unserer Kultur wie zum Beispiel in Russland, eher Fußball, die Eltern fragen einen nicht, ob man Tänzer werden will“, erzählt er. Kévin erkämpfte sich den Zugang, mit Tap und Jazz, dann mit klassischem Tanz bei einer sehr guten Lehrerin, die Geschmack und Gefühl vermittelte, nicht bloß Spaß. Der Workshop mit einer Pariser Pädagogin brachte die Wende: Sie erkannte seine Begabung und lud ihn an die Schule der Pariser Oper ein. Dort blieb er zwei Jahre. Die damalige Leiterin, Claude Bessy, schickte ihn fort, sah eine zu starke Tendenz zu Säbelbeinen, fürchtete um seine Gesundheit. Daheim in Bordeaux trainierte der 12-Jährige intensiv seine Muskulatur, besiegte den Hang zu X-Beinen, ist Bessy heute, wie er sagt, dankbar für den


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orthopädischen Hinweis. Er ging ans Conservatoire national supérieure de musique et de danse in Paris, schloss 2007 nach fünf Ausbildungsjahren ab. Eine gute Basis erhielt er dort, offen auch für zeitgenössische Stilistiken, konnte mit Angelin Preljocaj, José Martinez, Pierre Lacotte arbeiten. Der Erfolg bestätigte Kévin, der parallel zur Tanzausbildung am Gymnasium das Abitur gemacht hat. An der Pariser Oper bewarb er sich nicht, obwohl die Lehrerin es empfahl. Ihn zog es in ein anderes Land, und schon mit einem Gruppenvertrag für das Königliche Ballett Schweden in der Tasche, tanzte er in Berlin vor, bei Vladimir Malakhov, damals noch Ballettdirektor an der Lindenoper, und entschied sich für den Kontrakt als Eleve, mit wenig Geld, ohne jede Sicherheit. Nach einem halben Jahr wurde er offiziell in die Compagnie übernommen: „Ein schöner Tag“, strahlt er, ist seit 2011 Demi-Solist. Es dauerte nicht lange, da fiel der junge Tänzer auch dem Zuschauer auf. Groß, ge-

schmeidig, schon von prinzlichem Geblüt, so tanzte er einen der beiden Dudelsackspieler in „La Sylphide“, war im „Nussknacker“ mit dem Chinesischen Tanz besetzt, was ihm den Gruppenvertrag einbrachte. Die Proben zu Patrice Barts Produktion „Das flammende Herz“ bedeuteten den Aufstieg: Bart kürte ihn zum neuen Benno. Dass der so charmante wie nachdenkliche Franzose auch im zeitgenössischen Tanz beste Figur macht, bewies er in Martin Buczkós Duett „Will“, „sehr kompliziert, eine ganz neue Art zu tanzen“, meint er; umso berührender dann das Ergebnis für den Zuschauer. Eine wichtige Erfahrung nennt er die Teilnahme an den Wettbewerben in Lausanne 2006 und Varna 2010, dort mit Probenzeiten nachts um zwei und in der Mittagshitze: „Danach ist man fit für alles.“ Damals wusste er bereits, dass die Rolle des Benno vor ihm steht. „Ein tolles Gefühl, so gefördert zu werden“, lächelt er, „andere müssen länger warten.“ Was er sich vom Ballett allgemein

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wünscht? Zuerst müsse man dem Ballett vollen Einsatz geben, sagt er, dann bekomme man auch etwas zurück. Eine Rolle interpretieren, Romeo, Prinz, Lenski als Figuren glaubhaft machen, das möchte er gern. Seine Traumrollen hat er damit umrissen. „Man soll aber nicht zu viel erwarten, sonst wird man schnell enttäuscht“, schränkt er ein. Was ihn sonst interessiert? Alte britische Romane liebe er, Jane Austen etwa, als Franzose esse er gern, hat den Orient bereist. Fitness und Schwimmen halten ihn gesund, sollen die Armmuskulatur stärken. Die braucht er auch als Benno. „Schwanensee“ stand am Anfang seines Weges: Die Großeltern hatten ihm damals eine Inszenierung aus dem Fernsehen aufgezeichnet, von der er so beeindruckt war und erst viel später merkte, dass es jene Berliner Version war, in der er nun selbst tanzt. „Kleiner Brunnen“ bedeutet der Name Pouzou. Aus diesem Brunnen dürfte noch manch Großes fließen. Kévin Pouzou, Fotos von Enrico Nawrath


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AUFNAHMEPRÜFUNG für die Ballettschule des HAMBURG BALLETT Schuljahr 2012/2013

Sonntag, 13. Mai 2012 Ausbildungsklassen 11-16 Jahre (für die Aufnahme in das Internat) Theaterklassen 16-18 Jahre

Direktor John Neumeier Pädagogische Leitung Marianne Kruuse Die Ballettschule des HAMBURG BALLETT bildet Jugendliche aus aller Welt für den Bühnentanz aus. Schwerpunkt für die Ausbildung ist der Klassisch-Akademische Tanz. Daneben wird großer Wert auf eine gute Ausbildung in moderner Tanztechnik und Folklore-Tanz gelegt. Die Ballettschüler wirken regelmäßig in Aufführungen des HAMBURG BALLETT mit. Anmeldung und Information Ursula Ziegler Ballettzentrum Hamburg – John Neumeier Caspar-Voght-Straße 54 | D-20535 Hamburg schule@hamburgballett.de www.hamburgballett.de

Zeitgenössische Tanzausbildung Folkwang Universität der Künste | Institut für Zeitgenössischen Tanz > Studiengänge: B.A. (8 Sem.) Tanz | M.A. (4 Sem.) Tanzpädagogik und Tanzkomposition (Choreographie, Bewegungsnotation/Bewegungsanalyse, Interpretation) In Zusammenarbeit mit dem Folkwang Tanzstudio | keine Studiengebühren > Weiterbildung: NEU „Folkwang Tanz“ (2 Sem.) | 375,- € pro Semester > praxisnah | kreativ | fordernd | aufregend | sinnlich > Projekte 11/12: Pina Bausch, Urs Dietrich, Johannes Wieland, Henrietta Horn, Mark Sieczkarek, José Limón, Rodolpho Leoni, Leandro Kees, Fang-Yu Shen > Aufnahmeprüfungen: 26. Mai (M.A.) und 2. bis 6. Juli 2012 (B.A.) Anmeldeschluss: 1. April 2012 Information, Aufnahmevoraussetzungen & Anmeldeformulare: Folkwang Universität der Künste | Klemensborn 39 | 45239 Essen tanz@folkwang-uni.de | www.folkwang-uni.de

Foto: Georg Schreiber

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szene

Wunderbar, wie das Leben selbst

© Pumpenhaus

Mark Sieczkareks ausdrucksstarkes Tanzstück „Symfonia“ im Pumpenhaus Münster

Von Isabell Steinböck Die Bühne wirkt wie ein Tempel der Vergänglichkeit: Vorn stehen getrocknete Blumen; Papierbahnen aus Blüten und Blättern bilden die Kulisse. Eine Tänzerin tritt auf, bleibt lange ruhig im offenen Eingang stehen. Ihr Blick scheint nach innen zu gehen, wenn langsam Bewegung in den Körper kommt, sie die Hände wie zum Schutz über Kopf und Augen legt oder den Oberkörper meditativ nach vorn beugt, so, als wolle sie sich vor diesem heiligen Ort verneigen. „Symfonia“ ist der Titel von Mark Sieczkareks neuer Choreografie, die er mit vier Tänzern im Pumpenhaus (Münster) ausdrucksstark auf die Bühne brachte. Musikalische Grundlage ist die 3. Sinfonie des polnischen Komponisten Henryk Górecki, katholisch gefärbte Todesvariationen für Sopran und Orchester, die auf grandiose Weise Melancholie und Trauer transportieren. Im Zusammenspiel mit den Tänzern entfaltet die Musik tatsächlich die im Programm beschriebene, „universelle Kraft“, denn Sieczkarek entwickelt hier eine ganz eigene Spiritualität, jenseits konkreter Glaubensrichtungen.

Zwei junge und zwei ältere Tänzer setzen die Musik in poetischen, emotionalen Tanz um. Neben Tsutomu Ozeki begeistert vor allem Ruth Amarante durch herausragenden, tänzerischen Ausdruck. Am Ende der Sinfonie scheint sie sämtliche Höhen und Tiefen erlebt und durchlitten zu haben, mit einer konzentrierten Spannung, die keine Ruhe kennt. Eine phantastische Tänzerin, die nicht ohne Grund auch in Pina Bauschs legendärem Wuppertaler Tanztheater engagiert ist. Mark Sieczkarek gelingt es in seinem einstündigen Tanzabend, neben Wehmut und Abschied, auch die Liebe zum Leben darzustellen. Wie von unsichtbarer Hand geleitet, scheinen die Individuen ihre Wege zu gehen, wenn sie, dicht nebeneinander, in einer Reihe Kreise ziehen, einander behutsam die Richtung weisen oder mit schwingenden Armen und fliegenden Röcken Schönheit zelebrieren. Harmonisch, geradezu organisch, verbindet sich Sieczkareks ästhetischer Tanz mit Góreckis Musik, fließt ohne Unterlass dahin - wunderbar, wie das Leben selbst.

BSB, Las Hermanas,Ilana Werner und Cyril Pierre © Charles Tandy

Performances

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Messerwerfer, Ilia Sarkisov, Nikita Korotkov, Wlademir Faccioni, Matej Urban © Wilfried Hösl

Perfekter Dreier:

„Very British!?“ steht über der aktuellen Tanzspielzeit in München. Zum Auftakt im Dezember 2011 kombinierte man mehr oder weniger bekannte choreografische Häppchen von Frederic Ashton mit der Wiederaufnahme von Kenneth MacMillans genialer Mahler-Interpretation Lied von der Erde. Im Januar gelang dem Direktorenteam des Bayerischen Staatsballetts der Glücksfall einer Verlinkung von vier Stücken dreier Choreografen. Absehbar war das nur bedingt, denn Simone Sandroni hatte vor Ort lediglich 30 Tage Zeit, um Wolf Wondratscheks eigentümlichen Gedichtzyklus Das Mädchen und der Messerwerfer zur Uraufführung zu bringen.

Messerwerfer, Emma Barrowman © Wilfried Hösl

MacMillan, Maliphant und eine Uraufführung von Simone Sandroni beim Bayerischen Staatsballett

2009 kreierte Russell Maliphant – Exballerino des Sadlers Wells Royal Ballet und gebürtiger Kanadier – zum 100-jährigen Jubiläum der Ballets Russes das Solo AfterLight für den Tänzer Daniel Proietto: eine ästhetisch berührende Bewegungsstudie im Endlosschleifen-Format zu Eric Saties Gnossiennes. Das Publikum im Münchner Prinzregententheater tobte, nachdem der zierliche Gastsolist sein anfangs eng auf ein Lichtkarree begrenztes, später in flirrenden Prismenprojektionen weiter raumgreifendes Drehen, Schleifen, Schwingen der Arme und Verbiegen des Oberkörpers beendet hatte, mit nahezu überirdischer Geschmeidigkeit, die – kleine optische Täuschungen inbegriffen – Vergangenes (u.a. Nijinskys Spectre de la Rose) mit der Gegenwart verschmelzen ließ. Keine Erzählung, vielmehr Meditation und ein Sog aus Tanz, gleichsam wunderbar dazu geeignet, den flash back zu MacMillans expressionistischem Tanzdrama ��Las Hermanas nach García Lorcas Bernarda Albas Haus aus dem Jahr 1963 mit Sandronis Existenzimpressionen Das Mädchen und der Messerwerfer zu verbinden. Darüber hinaus steuerte Maliphant noch eine weitere Klammer zu MacMillan und Sandroni bei: Das Spiel mit der Gefahr. Broken Fall entstand 2003 auf Wunsch der fulminanten Ausnahmeballerina Sylvie Guillem in Kooperation mit zwei ihrer Exkollegen des Royal Ballet, Michael Nunn und William Trevitt. Sie leiteten die Neueinstudierung

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Broken Fall, Ekaterina Petina, Marlon Dino, Erik Murzagaliyev © Wilfried Hösl

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des futuristisch-abstrakten Trios zu sich verändernden Soundclastern Barry Adamsons:. Schritte, Hebungen, Posen, mit Schärfe exakt zum Takt oder dagegen in Slow Motion und rasant unerwartete Stürze. Einziger Kritikpunkt: die (noch) zu sehr auf Sicherheit gebaute Interpretation von Marlon Dino, Erik Murzagaliyev und Ekaterina Petina.

Der Brite MacMillan verdichtete García Lorcas Tragödie auf einen 25 Minuten dauernden Moment, der von männerfeindlicher Muttertyrannei über die zwanghaft-verklemmte Liebesbeziehung der Ältesten bis hin zum Freitod der einzig noch lebens- und liebesfreudigen Jüngsten reicht. Zu Frank Martins Konzert für Cembalo und kleines Orchester (Musik vom Band) wirkt das Stück ergreifend zeitlos. Lucia Lacarra ist großartig, wenn sie ihre Arme an den verhärmten Körper presst und Jungfernfrust oder Hass tanzt. Ihre Gegenspielerin ist Ilana Werner. Rücklings wirft sie sich dem Mann (Cyril Pierre) hin, bis sie nach dem Verrat durch die eifersüchtigen Schwestern den Strick als (Er-)Lösung wählt. Selten ist Literatur so prägnant getanzt worden! Ein Anspruch, den Simone Sandroni gar nicht erst ins Auge fasste. Den Auftrag, Wolf Wondratscheks 1997 in Wien erschienenen Zyklus von 35 bild- und assoziationshaften Aperçus zu Personen des Zirkusmilieus in Tanz zu bannen, gab ihm Ballettchef Ivan Liška vor zwei Jahren. Zuerst mit wenig Er-

Las Hermanas, Ensemble ©Foto Wilfried Hösl

Dennoch konterkarierte Maliphants raffiniert choreografiertes, handlungs- und emotionsloses Partnering deutlich die Aussagendichte an Gefühlen in Kenneth MacMillans fast 50 Jahre alter Klassiker-Adaption Las Hermanas: Der Körper als (bloßer) Schaueffekt stand jener von Crankos und MacMillans perfektionierter Kunst tänzerischer Figurenzeichnung gegenüber.

folg, denn in der Regel erfindet der Italiener seine Stücke selbst, maßgeblich gelenkt auch vom Persönlichkeitsinput der Mitwirkenden. Den entscheidenden Ausschlag gab deshalb die Begegnung mit dem Autor. Ohne seinen Kreationsprinzipien untreu zu werden, warf Sandroni sich regelrecht in die neue Erfahrung, für eine Choreografie einen bestehenden Text einzubinden. Wie nah er letztendlich der Vorlage kam, zeigte die Premiere. Obwohl er selbst von sich behauptet, in seinen Werken nicht zu erzählen, erwies sich sein in intensiver „Gefühlsarbeit“ gewonnener Tanzduktus als Geschichte von Einsamkeit und menschlichen Zusammenhängen. In schnittig getanzten Mono- oder Dialogen outeten sich die Figuren als echte Charaktere. Von Sandroni hinzuerfunden: das fabelhafte russische HipHopper-Duo Ilia www.danceforyou-magazine.com

Sarkisov und Nikita Korotkov. Wunderbar adaptiert: die requisitenlose Lust des egozentrisch-rabiaten Messerwerfers (Wladimir Faccioni) auf riskante Beinahe-Berührungen. Ob zerstörungswütige Teenies oder streitfreudige Frauen (Isabelle Sévers, Giuliana Bottino), alle verraten etwas von ihrer Wesenhaftigkeit. Besonders ergreifend – traumhaft und doch traurig real – Emma Barrowmann. Ihre Verinnerlichung der Figur des Mädchens überträgt sich auf den Zuschauer quasi beiläufig, aber mit einer Intensität, die alle Blicke auf sich zieht; den Körper wie elektrifiziert und doch beseelt, wie man es selten erlebt. Und sicher genauso unmöglich zu kopieren wie eine Guillem in ihren Extremen. Vesna Mlakar


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Skurril und lebensnah Herbstzeitlose / From here to there: Uraufführung von Rainer Behr und Fabien Prioville am Theater Bielefeld Von Isabell Steinböck Ein Tänzer liegt bis zum Kopf unter einer Zebrafell-Decke und blickt auf eine blaue Hose, die nur darauf zu warten scheint, dass man sie anzieht. Doch Dirk Kazmierczak weigert sich, skandiert sein „Nein“ in allen Tonlagen und gibt schließlich doch klein bei. Immer noch gekrümmt unter der Decke, wuselt er vor, zieht die Hose zu sich heran. Dann quält er seine Arme in ein weißes Hemd. Der Mensch hat sich seinem Schicksal ergeben, das Leben muss gelebt werden. Fabien Prioville hat sein Stück „From here to there“ als Gast für das Tanztheater Bielefeld choreografiert. Als junger Mann war er bei Édouard Lock und den renommierten La La La Human Steps in Kanada engagiert. Danach tanzte der Franzose sechs Jahre lang in Pina Bauschs Tanztheater; heute gastiert Prioville als freiberuflicher Tänzer und Choreograf auf internationalen Bühnen. Inhaltlich geht es ihm um den Ausdruck menschlicher Gefühle, darüber hinaus um ein Spiel der Gegensätze. Im Bielefelder Theaterlabor lässt er seinen Tänzer in skurriler Wohnzimmer-Atmosphäre zwischen Müdigkeit und Aktionismus schwanken. Auf der Bühne steht eine weiße Schaf-Figur, ein kleiner 1950-er Jahre Tisch und ein Ledersessel. Es ist der 9. September 1989, ein beliebiges Datum in einer fiktiven Biografie für ein kafkaeskes Szenario: Kazmierczak erzählt, wie

ihn seine Katze ängstigte, wie sie ihn Tag und Nacht beobachtete, bis sie ihn schließlich angreift. Ein elektrischer Rasierer auf nackter Haut ersetzt die Krallen. Der Körper biegt und windet sich unter dem surrenden Gerät: Alltagsgebärden wandeln sich in bizarren, originellen Tanz. Fabien Priovilles Solo ist dem Theater oft näher als dem Tanz. Wenn Kazmierczak erzählt, wahrt er eine geradezu lakonische Distanz, um sich anschließend ganz der Bewegung hinzugeben. Sein Tanz ist minimalistisch, aber dennoch ausdrucksstark, in Szenen, die so divers sind, wie das Leben selbst: überraschend, amüsant, traurig. Das zweite Stück des Abends, „Herbstzeitlose“, wirkt auf den ersten Blick wie ein Nachkriegs-Schauplatz. Rainer Behr lässt das Bielefelder Tanztheater auf braunem Schutt tanzen. Eine Tür weist, wie aus einem Luftschutzbunker, hinaus ins Freie. Tänzerinnen in langen Kleidern lassen mit wehenden Haaren die Arme schwingen, Männer kämpfen in Zeitlupe oder tragen Frauen mit gespreizten Gliedern auf ihren Rücken. Oberkörper sinken tief, Frauen und Männer fallen zu Boden. Rainer Behr war und ist noch heute im Wuppertaler Tanztheater engagiert; seiner Bewegungsqualität merkt man den FolkwangHintergrund an. So gegenständlich wie sich die Szene gestaltet, drängt sich ein konkreter Inhalt geradezu auf. Dennoch entwickelt sich wenig, die Stimmung bleibt morbide-abstrakt. Das Programmheft gibt Hinweise auf Improvisations-Aufgaben, die der Choreograf den Tänzern in Bausch-Tradition stellte, finden lassen sie sich jedoch schwer. Ebenso wie das übergreifende Thema von Grenzgängen, dem Behr wohl nur die dunklen Seiten abgewinnen kann. Dafür zeigt sich die Compagnie tänzerisch versiert, in dynamischen Gruppenchoreografien wie auch in athletischen Pas de deux. Ausdrucksstarke Momente gelingen Rainer Behr, wenn das Ensemble ein melancholisches Gedicht von Ingeborg Bachmann zischt. Über angewinkelte Männer-Knie stülpen Tänzerinnen ihre weißen Röcke wie Segel, bevor sie sich totensteif ins imaginäre Meer kippen lassen – „Lieder von einer Insel“, in Bildern, die sich einprägen.

Fotos: Ursula Kaufmann

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Abgrundtief selbstverliebt Susanne Linkes Uraufführung „Meinstream“ an den Städtischen Bühnen Münster Von Isabell Steinböck Ein Tänzer in Militäruniform rollt auf einem Kleiderständer über die Bühne, sein Blick ist eitel und stolz. Bald ruft er eine kleine, asiatische Tänzerin zu sich heran, lässt sich auf dem Gestell von ihr über die lange, schmale Bühne fahren, die wie eine historische, alt-römische Straße gestaltet ist. Das Ensemble tanzt in der Mitte, davor und dahinter sitzt das Publikum. Es hat etwas von einem Laufsteg, wenn die Tänzerinnen und Tänzer Hüften schwingend und Augen zwinkernd vor dem Publikum posieren, um sich bald wieder im neuen Kostüm über die Bühne zu bewegen. Mal tragen sie Unterwäsche, mal phantastische, pompöse Kleider, die an Rokoko, Barock oder Belle Epoque erinnern. „Meinstream“ ist der Titel von Susanne Linkes neuem Stück; das Tanztheater Münster brachte es an den Städtischen Bühnen zur Uraufführung. Leicht lässt sich diese Produktion nicht fassen, auch wenn die berühmte Choreografin in einer Pressekonferenz darüber sprach. Das Ego sei Thema, wie auch Erscheinungsweisen von Gruppen und Einzelwesen. Immer wieder lässt Linke die Tänzer gemeinsam auftreten, perfekt in ihren synchronen Bewegungen, und kontrastiert durch ein Individuum, das im wahrsten Sinne des Wortes ästhetisch „aus der Reihe tanzt“. Ihre Namen haben sie in Tanz übersetzt; mal weich und schwungvoll, mal kantig wie eine Maschine arbeiten sich die Tänzer durch das Alphabet, deutlich sind die Buchstaben nicht. Ebenso unklar bleibt eine inhaltliche Aussage. Arroganz, Dominanz, Eitelkeit sind Assoziationen, die Susanne Linke von Anfang an mit ihrem Stück weckt. Den roten Faden bilden absurde, mitunter dadaistisch wirkende Zitate des russischen Lyrikers Daniil Charms, der zu Stalin Zeiten im Gefängniskrankenhaus sterben musste. Hsuan Cheng tritt im glitzernden Paillettenkleid auf, und spricht von der Unmöglichkeit, den Augenblick einzufangen, oder gar eine Epoche. Bis drei zählen, und merken, dass nichts passiert – lauter Momente, die, aneinandergereiht, eine Epoche bilden, in der letztlich doch eine Menge geschehen sein muss.

Philosophisch und abstrakt wirkt Susanne Linkes Tanztheater, mal komisch, mal tragisch und immer wieder originell. Tische in groß und klein bilden die Requisiten, dienen mal als Barriere, mal zum Verhör, bis am Ende ein Tänzer auf dem Rücken über den Boden rutscht und sich für Taten rechtfertigt, die so grausam sind, dass es an Wahnsinn grenzt. Die Spezies Mensch: selbstverliebt, unberechenbar und voll Abgründe. „Mir ist es am wichtigsten, dass man durch Tanz das Bauchgefühl der Leute trifft”“, sagt Susanne Linke. Es ist ihr gelungen.

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Meinstream, Ch. Susanne Linke © Matthias Zölle


© Ivan Putrov

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Ivan Putrov’s

Men in

Motion

By Julia Davies When planning his latest venture, ‘Men in Motion,’ ex-Royal Ballet dancer and novice producer Ivan Putrov had a singular vision: to showcase the talents of male dancers and celebrate their journey in dance since Nijinsky jumped through the window in Le Spectre de la Rose, changing the world’s perception of male dancing forever. A fitting beginning to the evening, therefore, was to see Igor Kolb interpret Nijinsky’s famous role of the rose. His supple back and soaring jump made for an impressive spectacle, but the music seemed a little fast, and at times it felt like he was chasing along behind it. Fiendishly difficult, even by today’s standards, it represents an incredible achievement that Nijinsky danced this over a hundred years ago. This was followed by Goleizovsky’s Narcisse, danced by Sergei Polunin. Following a turbulent week that saw Polunin resign from the Royal Ballet with neither notice nor explanation, it seemed strangely poignant to watch the 22 year-old perform this solo, where talent and beauty end in self-destructive tragedy. His technique is flawless: a photographer’s dream, his jumps hang effortlessly in the air. He oozes charm and grace, executing tour en lair that melt seamlessly down to the floor, and fast en dedans pirouettes with head flung back in wild abandon as his desperation grows. If this was one of Polunin’s last performances, it will be a travesty. Ivan Putrov performed Ashton’s ‘Dance of Blessed Spirits,’ a solo created on Anthony Dowell and not seen in the UK for over thirty years. An honest and open-hearted portrayal, complimented by Gluck’s

sumptuous music, Putrov’s expansive pors de bras and soulful yearning were a delight to watch. Putrov’s choreographic input was ‘Ithaka,’ with designs by painter Gary Hume. The set is fresh and crisp, and the best of the choreography goes to Elena Glurdijidze, who dances with piquancy and strength. Overall, it is visually pleasing, but a mismatch between Putrov’s delicacy and Aaron Sillis’ raw energy (brought in as a last minute replacement for Russian, Andrei Merkuriev) did not sit well. Problems with visas meant that Nacho Duato’s ‘Remanso’ was cut from proceedings, a disappointing but unavoidable hazard of producing an evening with foreign guests. The stand out performance of the night came from Daniel Proietto in Russell Maliphant’s ‘Afterlight (Part One).’ The piece is mesmerising: Maliphant’s innovative and beautifully structured choreography is intimately lit from above, with a dappled spotlight illuminating the lone figure as he revolves. Proietto is a startling performer: with fluidity of movement like water, perfect musicality and an overwhelming gravity to even the simplest of gestures. He is unassuming yet brilliant; engaging because he himself is so wholly engaged. The reaction of the audience was one of sheer delight when the piece came (all to soon) to an end. When asked how he felt about his new role as choreographer and producer, Ivan Putrov’s modest response was: ‘The only surprise is that it is happening,’ but if the success of the evening and the warmth with which it was received is anything to go by, we will certainly be seeing more from him in the future.

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© Philippe Saire

Eine Studie in Licht und Schatten

Ein schwarzer Kubus füllt die Bühne; auf einer Galerie rundherum versammelt sich das Publikum, lehnt über die Brüstung und schaut von oben auf das Geschehen. Auf dem kahlen, weißen Boden liegen drei Tänzer im Badeanzug auf Handtüchern und scheinen sich zu sonnen. Ein Strand. Das faule Nichtstun. Aus der erhöhten Perspektive sind die Körper im grellen Licht seltsam zweidimensional und bunt wie eine Postkarte. Dann plötzlich fällt sie vom Himmel: die schwarze Materie. Sie spielt heute Abend die Hauptrolle, tausende Stückchen schwarzes Granulat, das mehr und mehr die Bühne bedeckt und alle Farben, alles Licht auslöscht. Black Out ist das neueste Werk des algerischen Choreografen Philippe Saire, dessen Kompanie seit 1995 im Lausanner Theatre Sevelin 36 ihren festen Sitz hat. Er versucht in seinen Stücken, immer wieder eine neuen Blick auf den modernen Tanz zu erreichen, „aus den Mauern des Theaters auszubrechen“, lässt seine Tänzer oft in Kunstgalerien, Gärten und öffentlichen Plätzen auftreten. In Black Out verbindet er Tanz mit seiner ersten großen Leidenschaft, dem Grafik Design. Das Stück ist vielseitig interpretierbar, Tag und Nacht, Leben und Tod, Mensch und Umwelt - hauptsächlich ist es jedoch ein grafisches Kunstwerk, das vor den Augen des Publikums von tanzenden Körpern gemalt wird.

Zunächst scheinen die drei Darsteller von der düsteren Invasion überrascht, suchen ein noch freies, helles Stück Bühne. Doch je mehr vom Himmel fällt, desto mehr müssen sie sich mit der Materie auseinandersetzen. Mit ihren Bewegungen hinterlassen sie dabei Spuren im Granulat und vor den Augen des Publikums entsteht aus dem choreografischen Werk ein plastisches: immer neue Formen und Muster bilden sich auf dem Boden, kurzlebig wie Graffiti. In ständigem Wandel erinnern sie ein wenig an die Pop Art von Keith Harring. Das anfänglich so helle Licht verdüstert sich nach und nach, die seltsamen, immer wiederkehrenden Soundeffekte von Stéphane Vecchione klingen bedrohlicher, doch interessanterweise wirken die Körper in ihrem Kampf gegen das Verschwinden viel lebendiger, als in der reglos bunten Perfektion des Strandbildes. Erst die Schatten geben den Tänzern Kontur. Schließlich gewinnt die Materie; mit Strumpfmasken und schwarzer Kleidung werden die Tänzer beinahe komplett unsichtbar. Am Ende ist der gesamte Bühnenboden mit Granulat bedeckt und nur winzig kleine Lücken leuchten im Schwarzlicht wie Sterne in einer einsamen Nacht. Und man ist plötzlich ganz allein im Dunkeln. Bis das übliche nervöse Hüsteln und Füße Scharren einsetzt - Stille im modernen Tanz kann das Publikum ja nie wirklich ertragen. Susanne Frost

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Den Ballerinen des Stuttgarter Balletts, vor allem Frau Katja Wünsche gewidmet

…five, six, seven-eight!

Listening ballet von Oliver Peter Graber

E

s ist bereits von Weitem hörbar: Das konzentrierte Zählen in verschiedenen Sprachen, das präzise Skandieren von Spitzenschuhen, das Vibrieren des Bodens unter den Serien behände abgefederter Sprünge, die unterschiedlichsten Schritt- und Bewegungsgeräusche hart arbeitender disziplinierter Körper unterbrochen von erwartungsvoller, geradezu dichter Stille. Die Welt des Balletts ist eine eigene. Für mich bedeutet sie ebenso wie das Konzertpodium Glück und Heimat. Es ist jedoch nicht nur eine Heimat des Blicks, wie so manch jemand im Falle des Balletts vorschnell vermuten könnte. Es ist vielmehr eine Heimat der Ganzheitlichkeit, des Sehens, Tastens, Riechens und Hörens, als Abbild des Zusammenspiels der unterschiedlichsten Künste, wie es für unsere Kunstform typisch ist. Ballett total sozusagen, aufregend, umfassend sinnlich, einzigartig, mit sich reißend und wohlig verschlingend – einmal in seinen Ereignishorizont eingetreten will und kann man sich nicht mehr davon lösen und gelte es das eigene Leben. Wie auch Gemälde, Violinen oder Klaviere hat (jedes) Theater seinen eigenen Geruch, der ganz maßgeblich zum Gefühl der Heimat beiträgt. Jedes Theater hat aber auch seinen eigenen mehr oder weniger vertrauten Klang. Bereits das Öffnen des Hauptvorhangs – sei es nun Teil- oder Hubvorhang – beinhaltet große Unterschiede. Einmal vollzieht es sich nahezu lautlos und wie von Geisterhand, ein anderes Mal geschieht es mit imperialem „Rauschen“. Im Ballett nimmt selbstverständlich (in den allermeisten Fällen, nur wenige choreographische Konzepte kommen ganz ohne aus) auch meine Fachdisziplin, die Musik, einen wichtigen Platz ein. Genauer gesagt die Ballettmusik, eine viel geschmähte, unterschätzte, ja verachtete Kunst, in Wahrheit jedoch eine der schwierigsten kompositorischen

Aufgaben. „Stimmt“ sie, „stimmt“ im Wesentlichen das ganze Ballett, „stimmt“ sie jedoch nicht…. Aber dies ist eine andere Geschichte, soll es an dieser Stelle doch einmal um jene unerhörten Klänge des Balletts gehen, die Abseits der Instrumente an unser Ohr dringen. So hat zum Beispiel auch jede Ballerina ihren ureigenen Klang. Dazu muss sie nicht erst leichtfüßig gegen ein Tamburin schlagen (wie in „Esmeralda“) oder mit Kastagnetten hantieren (wie in „Don Quixote“). Vielmehr bringt ihr spezifischer Bewegungsmodus ihren persönlichen Klang hervor. So kann man etwa im Ballettsaal mit geschlossenen Augen erkennen, welche der Ballerinen an der Stange arbeitet. Selbst eine im Stillstand durchgeführte Bewegung wie ein bis zur vollen Streckung über Kopfhöhe geführtes développé hat ihren personenspezifischen „sound“: Die Abfolge der Reibungsgeräusche der Trainingskleidung, das leise Knarren der Ballettstange und der Atemgestus verraten die Ballerina. Selbstverständlich hilft auch der Klang der Spitzenschuhe dabei. Je nachdem wie unterschiedlich der „Block“ (das ist jener verstärkte Teil des Schuhs, der den Zehen Halt und Unterstützung bieten soll) beschaffen ist, wie hart oder weich dieser ist, etc., entsteht ein herstellerund modellspezifischer Klang des Spitzenschuhs, der sich zu den Eigenheiten seiner Trägerin, zu Besonderheiten des getanzten Stils (klassisch, neoklassisch,…) und der jeweiligen „Schule“ (russisch, französisch,…) sowie zu der Beschaffenheit des Bodenbelags, auf den er trifft, addiert. Auf diese Weise entsteht eine unerschöpfliche Sinfonie des Skandierens, Trippelns, Wischens und Springens, aus der man nach einiger Zeit mit Bestimmtheit die einzelnen Schuhe und ihre Besitzerinnen heraushören kann. So muss man auch gar nicht erst lange fragen wie letztere gerade „tänzerisch drauf sind“ – man hört es. Dank moderner Elektronik kann man sogar noch weiter gehen. So ist es zum Beispiel möglich den tanzenden Körper www.danceforyou-magazine.com

mit telemetrischem EMG (Elektromyographie) zu überwachen, wobei die im Zuge der Muskelbewegungen entstehenden Biosignale registriert werden. Diese können in weiterer Folge sonifiziert (= hörbar gemacht) werden. Da die Abfolge der muskulären Aktivität im Körper je nach Bewegung unterschiedlich und hoch spezifisch ist, entstehen so rhythmische Muster, die jeden „pas“ akustisch erfahrbar machen und klassifizieren. Dieses digitale Ausgangsmaterial kann man auch zu Kompositionen weiterverarbeiten und auf diese Weise eine Musik generieren, die direkt aus dem tanzenden Körper stammt (z.B. O.P. Graber: „statoacusticus“, 1999). Im täglichen Leben jedoch sollte man dankbar sein, dass die Bewegungen des Balletts nicht so unmittelbar lautstark imponieren wie es durch technische Verfahren ermöglicht wird – verfügt das Ballett doch über einen unermesslichen Schatz, der fast über alles Andere geht: Die Stille. Das Wunder des klassischen Tanzes vollzieht sich auf der Bühne in möglichster Lautlosigkeit und all die oben kurz angedeuteten Geräusche der Spitzenschuhe machen sich mitunter sogar störend bemerkbar, indem der Tanz durch sie punktuell „zu laut“, das irreale Schweben der Ballerinen durch die Geräusche zu „irdisch“ wird. Das Akustische schafft in diesen Momenten ein spontanes Gefühl der Realität, des Echten und Körperlichen, das unsere Illusion der Fantasiewelt, unseren Traum von der Schwerelosigkeit und des Perfekten durchbricht und uns jäh auf den Boden der Tatsachen ins nüchterne Jetzt zurückholt. So sollten wir sie uns denn auch erhalten – die Wunder der Stille und die Welt des Balletts, von deren akustischen Abenteuern ich hier noch viel zu wenig berichten konnte; eine Welt die in Stuttgart also nicht nur sehens- sondern auch mehr als hörenswert ist und ihrer Entdeckung harrt. Lassen Sie sich also von diesen Zeilen nicht länger aufhalten und machen Sie sich auf den Weg!


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