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Nigeria

Projekt aktuell: «Nothilfe und Wiederaufbau in Nigeria»

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Die Schreckensnachrichten aus Nigerias Nordosten häufen sich. Entführungen von Schülerinnen und Schülern, Angriffe auf Dörfer und Vergewaltigungen zwingen Menschen zur Flucht. Die lokalen Partner von Mission 21 unterstützen die Vertriebenen mit Nothilfe und Ausbildung. Für manche ein Weg zurück in ein eigenständiges Leben.

Die Menschen in Nordost-Nigeria leben in ständiger Angst

Im Nordosten Nigerias verübt die Terrorgruppe Boko Haram brutale Angriffe, über zwei Millionen Menschen mussten fliehen. Mission 21 unterstützt die Vertriebenen und stärkt insbesondere Witwen und junge Frauen.

Text: Eva Sidler, Mission 21

Vertriebene verlieren ihre Lebensgrundlagen. Die Partnerkirche von Mission 21 bietet ihnen Ausbildungen an, damit sie ihr Leben selbständig führen können.

Informationen zum Programm

Mission 21 leistet im Nordosten Nigerias Nothilfe und fördert den Wiederaufbau von zerstörter Infrastruktur, etwa von Brunnen oder Wohnhäusern. Wir unterstützen die Bevölkerung langfristig beim Aufbau von Existenzgrundlagen. Mit den Partnern vor Ort stärken wir den interreligiösen und interethnischen Dialog. Die Projekte stehen allen Bedürftigen offen, unabhängig von ihrer ethnischen und religiösen Zugehörigkeit.

«Jede Minute, jede Sekunde müssen wir mit einem Angriff rechnen», erzählt Esther*. Sie ist Mitglied der Kirche der Geschwister in Nigeria (EYN), einer Partnerkirche von Mission 21. Fast täglich hört oder liest sie von schrecklichen Ereignissen in ihrem Land. Das lässt sie verzweifeln, das Gefühl der Angst wird sie nicht los.

Viele Menschen in Nigeria haben Gewalt durch die Terrormiliz Boko Haram erlitten. Mindestens 30000 starben bei Angriffen, über 2,4 Millionen mussten fliehen, vor Bombenanschlägen und Entführungen, vor sexueller Gewalt und vor Massakern in Dörfern.

Das Dorf Garkida wurde 2020 gleich zweimal von Boko Haram überrannt. Die Angreifer zerstörten Schulen, Kirchen und Gesundheitseinrichtungen und schossen auf die fliehenden Menschen. Im Dezember 2020 griffen Männer mit Maschinenpistolen ein Internat in Kankara an und entführten über 330 Kinder. Im Dorf Pemi brannten Bewaffnete am Heiligabend eine Kirche der EYN und viele weitere Gebäude ab und töteten mindestens zwölf Menschen. Die Serie der Angriffe reisst nicht ab.

Von der Regierung fühlt sich Esther alleingelassen. Durch den Aufstieg der islamistischen Gruppierung Boko Haram ab 2009 kann der Staat die Sicherheit, vor allem im Norden Nigerias, nicht gewährleisten. «Wir brauchen Unterstützung und Gebete», sagt sie. Dies schenke Hoffnung im von Gewalt durchzogenen Alltag.

Konkrete Zeichen dieser Hoffnung setzt Mission 21 mit der EYN und weiteren Partnerorganisationen in Nordost-Nigeria. Im Rahmen der Nothilfe und des Wiederaufbaus werden Güter wie Nahrungsmittel, Decken, Hygieneartikel und Saatgut verteilt, zudem bieten die Partner psychosoziale Unterstützung für traumatisierte Menschen an und engagieren sich in der Friedensförderung.

Sexuelle Gewalt als Kriegswaffe

Die Stärkung von Frauen ist ein wichtiger Teil der Arbeit von Mission 21. Mit guten Gründen: EYN-Mitglied Esther weist auf die massive Gewalt an Frauen in der Region hin. Boko Haram setzt sexuelle Gewalt systematisch als Kriegswaffe ein. Teil des Problems ist, dass Frauen, die Opfer von Verschleppung und Vergewaltigung geworden sind, von der Gesellschaft stigmatisiert werden. Dies betrifft umso mehr die Frauen, die vergewaltigt und dadurch schwanger wurden. Esther erzählt: «Viele Mütter fühlen sich machtlos und trauen sich nicht, über Missbrauch zu sprechen. Schon gar nicht über sexuelle Übergriffe. Es herrscht eine Kultur des Schweigens.» Zusammen mit anderen Frauen der EYN setzt sie sich dafür ein, dass in der eigenen Kirche das Thema sexuelle Gewalt zur Sprache kommt, denn religiöse Führungspersonen haben grossen Einfluss auf die Gesellschaft.

In den Vertriebenenlagern der EYN finden Frauen Angebote zur Aus- und Weiterbildung. Sie richten sich insbesondere an Witwen und junge Mädchen. Alleinstehende Frauen müssen den Lebensunterhalt für ihre Familien verdienen. Oft hatten sie kaum Zugang zu Bildung und sind gefährdet, in extreme Armut abzugleiten und Opfer von Missbrauch zu werden. Mädchen

und junge Frauen hingegen haben ein hohes Risiko, Gewalt zu erfahren. Oft heiraten sie sehr früh, da ihre Familien sie als finanzielle Bürde sehen. 43 Prozent der nigerianischen Mädchen sind vor dem 18. Lebensjahr verheiratet. Sie sind abhängig von ihren Männern und deren Familien. Die Ausbildungen ermöglichen ihnen nun, ein eigenes Einkommen zu erwirtschaften und unabhängiger zu werden.

Mercy gewinnt Mut

Von diesem Angebot profitiert zum Beispiel die 22-jährige Mercy.* Sie macht eine Ausbildung zur Schneiderin. 2014 musste sie die Schule abbrechen und mit ihrer Schwester fliehen, denn aus ihrem Dorf wurden Mädchen zur Zwangsverheiratung mit Terroristen verschleppt. Nach Monaten in der Wildnis konnten sie sich in ein Vertriebenenlager der EYN retten. Ihre Eltern gelten als vermisst.

Mercy gewinnt durch die Ausbildung Mut. Sie sagt: «Mit Gottes Hilfe werde ich die Ausbildung abschliessen und damit meinen Lebensunterhalt bestreiten.» Manchmal schafft es die Schneidereischule sogar, dass Mercy ihre tiefsitzenden Ängste vergisst: «Durch die Schule gelangte ich aus meiner Isolation. Ich geniesse es, in der Gesellschaft anderer Frauen zu sein, weil wir gemeinsam scherzen, lachen und uns gegenseitig ermutigen.»

Verteilung von Nahrungsmitteln an Vertriebene.

Wir brauchen Ihre Unterstützung

«Kooperationsprogramm Nigeria»: Nr.476.1001 Spenden: Konto PC 40-726233-2, 476.1001 oder online: www.mission-21.org/spenden

Die gute Nachricht

Pfr. Yuguda Z. Mdurvwa ist Direktor des EYN Disaster Relief Ministry und zuständig für Nothilfe und Wiederaufbau.

Eure Grosszügigkeit stärkt uns und gibt uns Hoffnung

«Der Engel aber sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Ich bringe euch eine gute Nachricht, die dem ganzen Volk grosse Freude bereiten wird.» (Lk, 2,10)

Der Ausdruck «frohe Botschaft» kommt im Neuen Testament häufig vor. Er bedeutet: eine freudige Ankündigung, ein Siegesbericht, eine gute Nachricht. Doch was ist die gute Nachricht, wenn wir täglich Schreckensmeldungen hören? Wenn Boko Haram unsere Städte, Dörfer, Kirchen und Schulen überrennt, sind alte Männer und Frauen, Kinder und schwangere Frauen oft unter den letzten, die fliehen können. Sie sind der Bosheit und Brutalität von Boko Haram ausgesetzt. Es handelt sich bei deren Taten um Kriegsverbrechen und wahrscheinlich um Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Dazu gehören Folter, Enthauptungen, Erschiessungen, Tötungen und Entführungen von Mädchen, Frauen und Kindern sowie die Zerstörung von Lebensgrundlagen und das Niederbrennen von Häusern. All dies führt zu extremer Ernährungsunsicherheit und Traumata.

Es sind Momente der Finsternis. Das bringt mich zurück zum biblischen Ausdruck der frohen Botschaft. Als die Menschen ohne Hoffnung und Rettung in der Finsternis weilten, gab ihnen die Verkündigung von Jesus Christus Hoffnung. Er kam, um die Menschheit von ihren Sünden zu erlösen und uns wieder mit Gott zu versöhnen. Aufgrund dieser frohen Botschaft finden wir Vergebung für Vergangenes, Kraft für die Gegenwart und Zuversicht für die Zukunft, durch den einfachen Glauben an Jesus Christus. So heisst es in der Apostelgeschichte, 14,22: «Wir müssen durch viele Schwierigkeiten hindurchgehen, um in das Reich Gottes zu gelangen.» Doch es heisst auch: «Ein freundlicher Blick erfreut das Herz, eine gute Botschaft stärkt die Glieder.» (Apg 15,30)

Mission 21 hat uns durch ihre humanitäre Hilfe ein frohes Lächeln geschenkt. Eure Liebe hat uns lebendig gemacht, euer Mitgefühl hat uns mit Nahrung versorgt, eure Fürsorge hat uns durch Schwierigkeiten getragen, und eure Grosszügigkeit stärkt uns und gibt uns die Hoffnung, in unsere Gemeinschaften zurückzukehren. Das ist die gute Nachricht.

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