almanah
2013 / 2014
Jahrbuch für Integration in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft
almanah *
* bosnisch/kroatisch/serbisch für »Almanach/Jahrbuch«
AKTUELLE ENTWICKLUNGEN
Die neuen Gastarbeiter Karriere International Von Alaba bis Bregovic SERVICE
Zahlen, Daten, Fakten Unternehmen & Institutionen Best practice Beispiele JAHRBUCH FÜR INTEGRATION
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almanah
Liebe Leserin, lieber Leser, ob es Ihnen gefällt oder nicht: Auch Sie werden nach der Wahl am 29. September im Parlament von Abgeordneten mit Migrationshintergrund vertreten. Mit Nurten Yilmaz (SPÖ), Asdin El Habbassi (ÖVP) und Alev Korun (Grüne) weisen künftig drei Parlamentarier einen internationalen Background auf. Aber Vorsicht: Fragen Sie diese Politiker nicht nach ihrer Herkunft oder Religion. Das ist diskriminierend. Wir haben es trotzdem getan. Antworten auf Seite 32. Sie sind jung, top ausgebildet und brauchen das Geld. Marina Delcheva, Simon Kravagna: Erlesen Sie Vielfalt
Junge Akademiker aus Spanien, Italien und Griechenland flüchten vor der hohen Arbeitslosigkeit in ihrer Heimat. Bei uns erzählen sie von ihren Träumen (Seite 10). Aber welche Zuwanderer und vor allem wie viele braucht Österreich? Manager wie Siemens-Chef Wolfgang Hesoun oder Arbeitnehmervertreter wie AK-Chef Rudolf Kaske sagen ihre Meinung (Seite 22). Jährlich dokumentieren wir im vorliegenden Jahrbuch für Integration in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft aktuelle Entwicklungen im Bereich Integration. Der sogenannte almanah wird von der Redaktion des
Mit einer Ausnahme haben alle Autoren des almanahs Deutsch nicht als Muttersprache.
biber-Magazins gemeinsam mit Gastautoren gestaltet. Übrigens: Mit einer Ausnahme haben alle Autorinnen und Autoren Deutsch nicht als Muttersprache. Der Begriff „almanah“ ist trotzdem kein Schreibfehler, sondern heißt auf Bosnisch/Kroatisch/Serbisch und in anderen slawischen Sprachen Almanach, also Jahrbuch. Erlesen Sie Vielfalt!
Simon Kravagna Herausgeber und Chefredakteur das biber Marina Delcheva Redaktionsleitung almanah
Wir freuen uns über Kritik, Lob und Anregungen: kravagna@dasbiber.at
JAHRBUCH FÜR INTEGRATION
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I NHA L T Die neuen Gastarbeiter
MARKT & KARRIERE
Sie sind jung, hochqualifiziert und ohne Job. Aufgrund der anhaltenden Wirtschaftskrise zieht
Gastarbeiter gehen in Pension: Sie sind gekommen und geblieben. Jetzt genießen die ersten Gastarbeiter ihren Ruhestand in Österreich.
es Fachkräfte aus
Karriere kennt keine Grenzen:
Südeuropa verstärkt
Auf dem Weg der steilen
nach Österreich.
Karriereleiter überwinden
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Schlüsselkräfte und hochqualifizierte Arbeitskräfte Landesgrenzen, Hürden und Kulturschocks.
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Western-Union-Chef Hikmet Ersek im Interview: „In den USA zählt die
„Um Gottes Willen, unser Land geht unter“ Nurten Yilmaz (SPÖ), Asdin El Habbassi (ÖVP) und Alev Korun (Grüne) streiten über linke Träumereien, Parallelgesellschaften und den Makel, anders zu sein.
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Leistung, nicht woher man kommt.“
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GESELLSCHAFT & POLITIK Warum auch Sanja und Negin wählen sollten: Der Obmann des Vereins „Wirtschaft für Integration“, Georg Kraft-Kinz, im Gastkommentar.
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David Alaba und die zweite Generation: Der Journalist Simon Inou über die „Sowohl-als-auch-Generation“ und warum Nationalstolz überholt ist.
40
SPORT, MEDIEN & KULTUR Der mit den Roma tanzt
Der Austria-Trainer im Interview:
Der Musiker Goran
„Wenn man mich braucht, bin ich da.“
46
Bregovic´ über seine Liebe zu den Roma, warum er für Strache
UNTERNEHMEN &
auftritt und warum
INSTITUTIONEN
Rock’n’Roll WindelWas österreichische Firmen und
musik ist.
50
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JAHRBUCH FÜR INTEGRATION
Institutionen für die Integration tun: Ein Überblick
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Impressum
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Studierende und sozial benachteiligte Kinder lernen mit- und voneinander – eine Initiative mit Zukunft. Dass Kinder unabhängig von ihrer Herkunft eine Chance auf Ausbildung haben, ist eines der wichtigsten gesellschaftlichen Anliegen überhaupt. Darum haben Caritas, WU Wien und REWE International AG im Jahr 2010 die Initiative «Lernen macht Schule» ins Leben gerufen. Jährlich unterstützen seither rund 120 Studierende der WU als «Lernbuddys» unentgeltlich etwa 200 Kinder und Jugendliche aus benachteiligten Verhältnissen. Die Aktivitäten reichen von Lernhilfe über gemeinsame Freizeitgestaltung bis hin zur Stärkung der Deutschkenntnisse. Aktuelle Infos zur Initiative «Lernen macht Schule» finden Sie unter www.lernen-macht-schule.at.
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Vielfalt in Zahlen
Bevölkerung Ca. 11% der in Österreich lebenden Menschen haben eine ausländische Staatsbürgerschaft, insgesamt sind ca. 17% ausländischer Herkunft.
Manche Communities werden in Österreich von nur einer Person vertreten. Turks und Caicosinseln
Puerto Rico
JAHRBUCH 6 Quelle: Medien-Servicestelle Neue Österreicher/innen (www.medienservicestelle.at)
FÜR INTEGRATION
St. Kitts und Nevis
Aruba
Britische Jungferniseln
Britisches Territorium im Indischen Ozean
Martinique
Komoren
Guam
Kokosinsel
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Binationale Ehen
Bildung
Mit 7.631 geschlossenen (heterosexuellen) Ehen war im Jahr 2011 knapp ein Fünftel (21%) der rund 36.400 Trauungen in Österreich binational. 759 davon waren zwischen Personen unterschiedlicher ausländischer Staatsangehörigkeiten.
Von insgesamt 1.128.559 Schülern im vergangenen Schuljahr 2011/12 hatten 13,9% (218.596) eine nichtdeutsche Umgangssprache.
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Bei den gleichgeschlechtlichen Paaren verpartnerten sich im selben Zeitraum knapp 30% binational.
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Muttersprachlicher Unterricht wird in 23 Sprachen angeboten.
JAHRBUCH FÜR INTEGRATION
Weit über 30.000 Kinder besuchen diesen Unterricht.
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rad bosnisch, kroatisch, serbisch für »Arbeit«
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JAHRBUCH FÜR INTEGRATION
MA R KT & KA RRI ERE In den 60er-Jahren waren Gastarbeiter üblicherweise Schlosser, Bauarbeiter oder Näherinnen. Heute sind sie immer öfter Programmierer innen, Sales-Manager und Bauingenieure. Die heimische Wirtschaft braucht dringend hochqualifizierte Arbeitskräfte und holt sich diese aus allen Teilen der Welt.
S. 10–13
DR. MAG. GASTARBEITER Um der Krise in ihrer Heimat zu entkommen, zieht es immer mehr junge Akademiker aus Südeuropa ins wirtschaftlich stabile Österreich.
S. 20-21
VON GLADOVO NACH WIEN Sie kommen aus Serbien oder Rumänien. Sie sind Technikerinnen, Marketing-Chefinnen oder Geschäftsführerinnen. Und sie machen in großen österreichischen Unternehmen Karriere.
S. 22-23
ROT-WEISS-WAS? Mit Hilfe der Rot-Weiß-Rot-Card sollten jedes Jahr tausende Fachkräfte aus dem EU-Ausland nach Österreich kommen. Der erhoffte Ansturm bleibt aus. Was Politik und Wirtschaft dazu sagen.
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Angeliki und Fabrizio sind top-ausgebildet und finden in ihrer Heimat keinen Job, deshalb arbeiten die Programmiererin und der Betriebswirt jetzt in Ă–sterreich.
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JAHRBUCH FĂœR INTEGRATION
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Die neuen Gastarbeiter
Sie sind jung, hochqualifiziert und ohne Job. Aufgrund der anhaltenden Wirtschaftskrise zieht es Fachkräfte aus Spanien, Italien und Griechenland verstärkt nach Österreich.
einen Job haben, sind im Ausland, die ohne Arbeit, in
TEXT:
Maria Matthies
Spanien.“ Der 27-jährige Architekt ist nach seinem
FOTOS:
Marko Mestrovic´
Uni-Abschluss über das Programm „Leonardo“ nach Wien gekommen, gemeinsam mit seiner Studienkollegin Rocio Cabezuelo. „Als unser Praktikum in Wien vorbei war, sagten unsere Freunde, wir sollten
A
doch lieber hier bleiben. In Spanien gäbe es keine Arbeit. Also bin ich geblieben“, erzählt die 28-jäh-
ngeliki versteht die Welt nicht mehr: „Vor
Jahren, als ich im Rahmen des Austauschprogramms ‚Erasmus‘ in Österreich studiert habe, wurde ich oft auf meine Heimat Griechenland angesprochen. Dabei zerflossen meine Gegenüber und merkten an: ‚Oh, wie schön, das Meer und erst das gute Essen!‘“ Der Gesichtsausdruck der zugewanderten Griechin wird plötzlich ernst. Sie fährt genervt fort: „Und was passiert jetzt? Ich höre meist ein mitleidiges ‚Oh‘, gefolgt von schlechten Witzen.“ „Bleib dort!“ Die 29-jährige Computer-Ingenieurin gehört zu
„Die, die einen Job haben, sind im
rige Rocio. Sie wurde prompt vom Architekturbüro übernommen. Fernando wollte zurück nach Spanien. Seit der geplatzten Immobilienblase 2007 ist die Arbeitsmarktsituation in der Baubranche aber besonders prekär. „Es wird nichts gebaut, es gibt kein Geld für öffentliche Gebäude“, seufzt er. Nach
Ausland.
einem halben Jahr Suche fand er eine Stelle in einem
Der Rest
700 Euro netto, ohne versichert zu sein oder gar in
bleibt in Spanien.“
Architekturbüro als freier Mitarbeiter. Er verdiente die Pensions- oder Arbeitslosenkasse einzuzahlen. Ein paar Monate später hatte Fernando genug und kündigte. Innerhalb einiger Wochen bekam er einen Job in Wien.
einer jungen Expertengeneration, die nach Österreich gekommen ist, weil sie in ihrer Heimat keine
Starken Konkurrenz- und Leistungsdruck kennt
Arbeit findet. Wirtschaftliche Rezession, Rekordar-
auch Sara Blanco. Die 27-jährige Telekommunika-
beitslosigkeit und schlechte Zukunftsaussichten
tions-Absolventin aus Madrid kam 2008 nach Wien
treiben immer mehr junge Fachkräfte aus Südeuropa
und arbeitet seitdem in einer kleinen IT-Firma. „In
in Richtung Norden. Die Schlussfolgerung ist denk-
Spanien herrscht ein enormer Druck am Arbeits-
bar einfach, wie Fernando Vidal erläutert: „Die, die
platz, man hat keine Zeit zu lernen und die For-
JAHRBUCH FÜR INTEGRATION
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Immer mehr Menschen aus dem krisengebeutelten Süden Europas wandern nach Österreich ein.
schung ist total eingeschlafen“, bedauert sie. Viele
Südeuropa in der Krise
Spanier versuchen die berufliche Warteschleife mit
Griechenland und Spanien sind derzeit füh-
Weiterbildung oder schlecht bezahlten Praktika zu
rend in der EU-weiten Arbeitslosenstatistik.
überbrücken. „Die bringen zumindest etwas für den
Laut „Eurostat“ ist fast jeder dritte Grieche
Lebenslauf “, resümiert Rocio mit einem lakoni-
arbeitslos. In Spanien beträgt die Arbeitslo-
schen Unterton.
senquote 26 Prozent. Zum Vergleich: In Österreich sind nur 4,6 der arbeitsfähigen Bürger
Begehrt im Ausland
ohne Arbeit. Vor allem Jugendliche sind in
Exzellente Ausbildung und miserable Arbeitsbe-
den südlichen Krisenländern von der Arbeits-
dingungen? Angeliki wusste nach ihrem Studium
losigkeit betroffen. 65 Prozent der Griechen
in der griechischen Hafenstadt Patras sofort, dass
zwischen 15 und 24 Jahren sind ohne Job. Auch
sie keine unbezahlten Praktika annehmen würde.
in Spanien sind mehr als die Hälfte der Ju-
„Meine Eltern haben mich während meiner gesam-
gendlichen ohne Arbeit. Die Wirtschaftskrise
ten Ausbildungszeit unterstützt, viel Geld bezahlt
in Südeuropa macht sich auch in der öster-
und nun möchte ich etwas zurückbekommen, mein
reichischen Einwanderungsstatistik bemerk-
Wissen anwenden. Es war viel Arbeit und Mühe, den
bar. Während im Jahr 2010 gerade einmal 519
Abschluss zu bekommen“, so Angeliki. Nachdem sie
Griechen nach Österreich eingewandert sind,
80 Bewerbungen ausgeschickt hatte und nur eine
wanderten im Vorjahr knapp drei Mal mehr
Antwort bekam, fasste sie den Entschluss, in Öster-
ein. Auch die Anzahl der italienischen und
reich nach einem Job zu suchen. Ein Bewerbungs-
spanischen Einwanderer hat sich im Vorjahr
gespräch via Skype später hatte Angeliki das erste
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im Vergleich zu 2010 fast verdoppelt.
JAHRBUCH FÜR INTEGRATION
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Angebot. Mittlerweile hat sie in Wien sogar erfolgreich den Job gewechselt und arbeitet jetzt als Programmiererin in einer internationalen Firma. Tatsächlich
haben
hochqualifizierte
Arbeits-
kräfte aus den Mittelmeerländern gute Chancen auf einen Job in Österreich. Das bestätigt auch Friedrich Steinecker von der Abteilung für Außenwirtschaft der Wirtschaftskammer: „In Österreich gibt es aufgrund der niedrigen Geburtenrate einen Fachkräftemangel.“ Deshalb veranstaltet die Wirtschaftskammer Recruiting-Reisen mit dem ambitionierten Namen „Need for Brains“ nach Madrid und hilft bei der Vermittlung von spanischen Fachkräften an österreichische Betriebe. Zehn bis 15 österreichische Firmen haben seit November 2012 bei der WKO-Veranstaltung mitgemacht. Steinecker tritt aber auf die Euphoriebremse. „Es ist keine Massenveranstaltung, sondern eher die Suche nach spezifischen Profilen.Während in Griechenland rund 400 Leute um eine Stelle konkurrieren, sind es unter Software- Entwicklern in Österreich gerade mal 15“, weiß Angeliki. Technik und Deutsch In technischen Berufen geht es weniger um Sprache, als um Programme, Pläne und Maschinen. Das Fachvokabular ist auf Englisch. Ideal, um Ausländer ohne Deutschkenntnisse einzustellen. Deutsch zu lernen ist aber trotzdem nicht verkehrt. Der italienische Betriebswirt Fabrizio Viele wurde aufgrund seiner guten Sprachkenntnisse relativ schnell in einer französischen Firma in Wien angeheuert. Ohne Eltern geht nichts Flexibilität und Mobilität sind die größten Stärken der jungen Einwanderer. Sie folgen dem Ruf der Arbeit und haben keine großen Fünfjahrespläne.
Viele junge Fachkräfte folgen dem Ruf der Arbeit und ziehen ins Ausland.
Der Job bestimmt, wo sie leben - nicht umgekehrt. Hauptsache, sie können endlich ihr eigenes Geld
mit der Politik ihres Heimatlandes hart ins Gericht:
verdienen, wie Rocio bestätigt: „Wir sind fast drei-
„Die Politiker haben jahrelang gelogen, jeder hat
ßig Jahre alt, wir wollen unabhängig sein. In Spanien
versucht, in kurzer Zeit viel Geld zu machen. Dabei
kannst du das nicht. Dort leben 30- bis 35-Jährige
hat niemand an die Konsequenzen gedacht.“ Auch
noch immer bei ihren Eltern, weil sie sich keine
in Spanien und Italien fühlt sich die junge Arbeiter-
eigene Wohnung leisten können.“ Die Eltern sind es
generation in Stich gelassen. Doch Angeliki und die
dann auch, die die Abwanderungswilligen mit finan-
anderen warten nicht auf bessere Zeiten, sondern
zieller Hilfe unterstützen. Ohne Job und ohne Geld
schmieden ihre Karrieren im Ausland. Als Teil einer
ist der Neuanfang in einem fremden Land unmög-
neuen, gebildeten, globalen und vernetzten Akade-
lich. „Auswandern ist kein Spaziergang“, weiß auch
mikerschicht nützen sie alle Möglichkeiten der EU
Angeliki. Die Griechin empfindet manchmal Schuld-
und arbeiten, wo sie können.
gefühle, weil sie ausgewandert ist und weil sie mehr verdient als ihre ehemaligen Studienkollegen. „Aber was hätte ich tun sollen?“, wehrt sie sich. Sie geht
Erschienen im biber-Magazin 5/2013
JAHRBUCH FÜR INTEGRATION
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„SO VIELFÄLTIG WIE IHRE ZUKUNFT – WILLKOMMEN BEI DER VIG.“ ENTDECKEN SIE DIE VIG: www.vig.com
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Die Vienna Insurance Group (VIG) ist mit rund 50 Gesellschaften in 24 Ländern in Zentral- und Osteuropa der führende Versicherer der Region und ihre Wurzeln reichen fast 190 Jahre zurück. Hinter dem Erfolg der Vienna Insurance Group stehen Menschen, die mit Einsatz, Leistung und Engagement den Konzern nach vorne bringen. Die VIG ist ein attraktiver Arbeitgeber für derzeit rund 23.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Besonders zeichnet sich das Unternehmen durch die Diversität der zahlreichen im Konzern vertretenen Nationen aus. So vielfältig und individuell wie die Menschen, die in der VIG tätig sind, ist auch das Unternehmen selbst. Darum wird die Weiterentwicklung und Potentialentfaltung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch nationale und internationale Weiterbildungsmöglichkeiten gefördert.
Dialogschmiede
Ian Ehm
Dialogschmiede
Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind das VIG-Erfolgsgeheimnis
Peter Hagen, Vorstandsdirektor der VIG.
Katarzyna Poremba, Teamleiterin des VIG Country Managements Firmengeschäft.
Pavel Andreev, Teamleiter in der Rückversicherung der VIG.
„Unser Erfolg beruht auf Menschen. Dieser Gedanke ist der Geist und die Grundlage der VIG. Kapital kann man beschaffen, IT-Dienstleistungen können zugekauft werden. Den wesentlichen Erfolgsfaktor stellen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dar. Ihr Engagement und ihre Professionalität repräsentieren unser Unternehmen. Darum ist es uns wichtig, vielfältige Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten zu bieten, attraktive Karrierechancen zu eröffnen und unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so gut wie möglich zu fördern und zu fordern“, unterstreicht Peter Hagen, Vorstandsvorsitzender der Vienna Insurance Group. Natalia Cadek, die ursprünglich aus der Ukraine stammt, ist Leiterin des Internationalen Rechtsbüros. Sie kam vor fast zehn Jahren als Country Managerin für die Ukraine, Weißrussland und Russland ins Unternehmen. „In der VIG ist man kein Zuschauer, sondern wird gefordert, aktiv mitzugestalten“, erklärt Natalia Cadek. Durch Einsätze innerhalb der VIG im In- und Ausland sammelte sie wertvolle Erfahrungen, auf die sie in ihrer aktuellen Funktion als Bereichsleiterin im Internationalen Recht in Wien gerne zurückgreift.
Die VIG-Karriere der gebürtigen Polin atarzyna Poremba begann 1998 im InternaK tionalen Bereich, wo sie als Country Managerin für den polnischen Markt zuständig war. Sie verbrachte als Vorstandsmitglied der Lebensversicherung einer VIG Konzerngesellschaft einige Jahre in Warschau Seit 2007 ist sie die Teamleiterin für das Country Management Firmengeschäft in der VIG in Wien. „Es ist toll, dass ich mich in meinem Arbeitsalltag immer zwischen mehreren Kulturen bewege. Ich lerne die Geschäftsgepflogenheiten so wie auch den Alltag meiner internationalen Partner kennen und schätzen“, erzählt Katarzyna Poremba. „Ich bin Osteuropäer und es macht mir Spaß, in dieser Region zu arbeiten“, so beschreibt Pavel Andreev, Teamleiter in der Rückversicherung, seinen Arbeitsalltag in der VIG. Der gebürtige Bulgare begann im Jahr 2005 bei der VIG und begleitete die dynamische Expansion des Konzerns nach CEE mit. „Es wurden Mitarbeiter mit Kenntnissen einer osteuropäischen Sprache gesucht. Diese Chance habe ich genutzt. In der VIG kommen die persönlichen Fähigkeiten eines
jeden Einzelnen zum Einsatz und zudem werden Soft Skills gefördert“, erzählt Pavel Andreev. Der Österreicher Christoph Rath, Vorstandsdirektor der bulgarischen VIG-Gesellschaft Bulstrad, begann seine Laufbahn im Konzern als Vorstandsassistent im Generalsekretariat der Wiener Städtischen Versicherung. Nach einigen Jahren wechselte er als Generalsekretär nach Serbien und wurde 2007 in den Vorstand der Wiener Städtischen Osiguranje in Belgrad berufen. Im Jahr 2011 wechselte er in den Vorstand der Bulstrad. „Jeden Tag gibt es – neben der täglichen Agenda – interessante Herausforderungen, die eine spannende Dynamik in meinen Tagesablauf bringen. Ich bereue es keinen Tag, den Schritt ins Ausland gewagt zu haben, als mir die VIG diese Chance geboten hat“, schildert Christoph Rath.
Sind Sie bereit für die VIG? Schreiben auch Sie ein Stück der VIG-Erfolgsgeschichte mit. Nähere Informationen finden sie unter www.vig.com/jobs-karriere
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Jela und Bosko Radulovic´ kamen Anfang der der 70er-Jahre als Gastarbeiter nach Österreich. Aus dem Gastland ist mittlerweile eine neue Heimat geworden.
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TEXT:
Žarko Radulovic´ FOTOS:
Marko Mestrovic´
„Meine Seele ist unten geblieben“ Gekommen und geblieben: Das Ehepaar Radulovic´ kam vor knapp 43 Jahren nach Wien. Ihr Rückfahrtticket haben sie nie eingelöst, die Weiterreise nach New York traten sie nie an. Der Autor erzählt die persönliche Geschichte seiner Eltern – der ersten Gastarbeiter.
W
ien Südbahnhof, 19. Dezember 1970,
und in die Heimat zurückkehren. „Aber“,
ein kalter und verschneiter Tag: Jela (18)
lenkt Jela ein, „ich habe mich am ersten
und Bosko (21) sind soeben aus der serbi-
Tag in Wien verliebt. Ich habe sofort
schen Stadt Zrenjanin angekommen. Sie
gefühlt: Hier will ich bleiben.“
haben nur eine Tasche und ein Rückfahrt-
Der Plan war einfach: Arbeiten, Haus bauen und in die Heimat zurückkehren.
ticket bei sich, denn sie wollen ja nicht
Im 10-Quadratmeter-Paradies
lange bleiben. Fast 43 Jahre später sind Jela
Nach dem ersten Wochenlohn folgt der
und Bosko noch immer in Wien – sie wun-
Umzug auf den Dachboden. In einer Ecke,
dern sich selbst ein bisschen, bereuen aber
abgegrenzt mit Schränken und Schach-
nichts.
teln, genießen sie ihre Zweisamkeit. Dicke
Die ersten Wochen in Wien verbringt
Decken schützen gegen den hereinfallen-
das frisch getraute Paar in einem Zimmer
den Schnee. Im Frühling zieht das Paar
mit 17 anderen Personen. Sie schlafen auf
endlich in die erste „richtige“ Wohnung
einer schlichten Matratze auf dem Boden.
um – ein 10 Quadratmeter großes Zimmer
Zum Essen gibt es eher wenig, hauptsäch-
mit
lich Sandwiches, der Hit sind gekochte
hatten einen Kühlschrank und einen klei-
Hühnerbeine.
nen Herd. Endlich gab es frischen Kaffee
einem
kleinen
Gangfenster.
„Wir
Eigentlich soll es rasch nach New York
und regelmäßig warmes Essen. Das war
weitergehen, denn dort hat ihnen ein
für uns wie ein Hotel mit fünf Sternen“,
Bekannter einen Job für ein paar Monate
schmunzelt Bosko.
verschafft. Doch die Arbeitskraftnachfrage
Ihr Sohn Žarko kommt zu Silvester 1971
in Österreich ist sehr stark. Bosko beginnt
zur Welt, ihre Tochter Violeta zweieinhalb
schon am 4. Jänner 1971 in einer Eisengie-
Jahre später. Mittlerweile lebt die vierköp-
ßerei zu arbeiten, Jela eine Woche später in
fige Familie auf 20 Quadratmeter – eine
einer Fabrik für Büroartikel. „Außerdem
klassische Substandardwohnung, mit WC
wären dann unsere Familien in Jugoslawien
am Gang und ohne fließendes Wasser. Erst
zu weit weg gewesen“, unterstreicht Jela.
Ende der 1980er Jahre, als ihre Nachba-
Der Plan war klar: Arbeiten, Haus bauen
JAHRBUCH FÜR INTEGRATION
rin in hohem Alter stirbt, durchbricht
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Bosko die Betonwand und die Familie lebt fortan auf den für sie sehr geräumigen 55 Quadratmetern. Bosko arbeitet hart und viel in der Eisengießerei, an den Wochenenden schuftet er als Maurer. Jela arbeitet Vollzeit als Näherin, kümmert sich um die Kinder und macht den Haushalt. Mit dem Schuleintritt der Kinder erfolgt die nächste Weichenstellung: Bleiben bis auf Weiteres. Geliebter Gastarbeiter, verhasster Ausländer Die meiste Zeit fühlt sich die Familie ganz wohl in Österreich. Die Einstellung gegenüber Gastarbeitern war damals tatsächlich durchaus positiv. Anfang der 1970er Jahre ist eine überwältigende Mehrheit der Österreicher froh über die ausländischen Arbeitskräfte. 1973 erreicht die Zuwanderung mit rund 230.000 beschäftigten Gastarbeitern – das sind fast neun Prozent
Jetzt ist Wien die neue Heimat von Familie Radulovic´. Die alte Heimat lebt aber in ihren Herzen weier.
aller in Österreich zu diesem Zeitpunkt Beschäftigten – ihren vorläufigen Höhe-
Alles für die Kinder
nung platzen, vergessen Bosko und Jela
punkt. Kurze Zeit später ändert sich aber
Beide sind überarbeitet, die gesundheit-
alles um sich. Es ist ehrliche Liebe aus
das politische Klima.
lichen Spätfolgen ihres arbeitsintensiven
tiefstem Herzen. „Schau sie dir an, wie
„Vor allem in den ersten Jahren fühlten
Lebens zeichnen sie. Zufrieden und glück-
könnte ich irgendwo anders sein?“, sagt
wir uns akzeptiert und angenommen, später
lich sind sie trotz allem, wenn sie an den 19.
Jela und Bosko lächelt.
war es oft nicht mehr so leicht. Wir haben
Dezember 1970 zurückdenken. Heute leben
gespürt, dass uns viele hier nicht haben
sie in einer kleinen Genossenschaftswoh-
Die Seele bleibt zu Hause
wollen, dass wir Ausländer sind. Ach, wir
nung und beziehen eine Pension, von der
Für Jela ist alles klar: Sie denkt nicht einmal
haben viele Sorgen und Probleme überlebt“,
sie ganz gut leben können. Das schöne
daran, nach Serbien zurückzukehren. Sie
seufzt Bosko. Dabei weiß er gar nicht, dass
fühlt sich pudelwohl in Wien. Hier sind ihre
er – gemeinsam mit zehntausend anderen
Kinder und Enkelkinder zu Hause. Bosko
Jugoslawen und Türken – für die Wirtschaft eine entscheidende Rolle gespielt hat. Das Land konnte dank ihnen den Wirtschaftsaufschwung verlängern und die Rezession der 1970er Jahre ausgleichen.
Für immer zurück kehren will nur etwa jeder vierte Migrant
ist nachdenklicher: „Ich liebe Österreich, hier habe ich den Großteil meines Lebens verbracht. Aber mein kleiner Geburtsort in Bosnien kommt, je älter ich werde, immer häufiger in meinen Träumen vor. Ich kann
Die Geschichte von Jela und Bosko
das Ganze nicht wirklich beschreiben, aber
ist eine „klassische“ Gastarbeiter-Saga.
irgendwie ist meine Seele unten geblieben.“
Heute leben in Österreich rund 80.000 in Ex-Jugoslawien geborene Menschen, die
Haus in Zrenjanin ist längst fertig, ein
Seine letzte Ruhe will er „unten“ finden
bereits in Pension sind oder knapp vor
bis zwei Mal im Jahr fahren sie auf Urlaub
- wie die meisten Gastarbeiter. Die klare
dem Ruhestand stehen. Die überwiegende
dorthin.
Mehrheit jener ausländischen Staatsbür-
„Das Wichtigste war, dass es den Kinder
ger, die in Österreich versterben, wird in
geblieben.
gut geht, es ihnen an nichts fehlt, dass sie
ihr Herkunftsland überführt und dort beer-
Für immer zurückkehren will laut einer
eine gute Schule absolvieren und dass sie
digt. Im Jahr 2011 verstarben etwa 582 ser-
WHO-Studie aber nur etwa jeder Vierte
eines Tages ein besseres und leichteres
bische Staatsbürger in Österreich, über 400
Migrant - ein relativ kleiner Teil, wenn
Leben führen als wir“, sagen Bosko und
von ihnen wurden nach Serbien überführt.
man bedenkt, dass Mitte der 1980er Jahre
Jela unisono. Das ist ihnen gelungen.
Jela kann sich sogar vorstellen, in Wien
Mehrheit ist der alten Heimat in verschiedensten
Formen
verbunden
noch 97 Prozent angaben, in die Heimat zurückkehren zu wollen.
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Ihre „Mission“ ist aber noch nicht erfüllt. Als drei Enkelkinder in die Woh-
JAHRBUCH FÜR INTEGRATION
begraben zu werden. Bosko (noch) nicht.
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Die ÖBB fahren auf sozialer Schiene Fünf junge Flüchtlinge absolvieren bei den ÖBB eine Lehre. Die ÖBB arbeiten seit dem Jahr 2012 intensiv dem Verein „lobby.16“ zusammen. Dieser unterstützt junge Flüchtlinge, die ohne Eltern und Familie nach Österreich gekommen sind. Die Österreichischen Bundesbahnen sind eine der wenigen integrativen Lehrbetriebe, wo auch Jugendliche aufgenommen werden, die es auf dem Arbeitsmarkt besonders schwer haben. Zurzeit absolvieren fünf junge Männer aus Afghanistan ihre Lehre bei den ÖBB, die Berufe konnten sie sich selbst aussuchen. LEISTUNG WIRD ENDLICH ANERKANNT Die Technik hat Ehsan Amrollah (22), Ahmad Musawi (21) und Jalal Shamardan (22) schon immer interessiert. Nun machen sie in der Lehrwerkstätte Floridsdorf ihre Ausbildung zum Maschinenbautechniker bzw. Anlagenbetriebstechniker. „Am Wichtigsten ist es, die Sprache zu lernen“, findet Ahmad, der vor vier Jahren nach Österreich gekommen ist und schon sehr gut Deutsch spricht. „Aber wenn wir etwas nicht verstehen, helfen uns
die anderen Lehrlinge oder die Ausbilder.“ Für Andreas Kessler, Lehrwerkstätten-Leiter der ÖBB in Floridsdorf, sind alle Lehrlinge gleich. Oft müsse auch den österreichischen Lehrlingen etwas zweimal erklärt werden, da es fachsprachliche Begriffe gibt, die man nicht in der Schule lernt. Die jungen Männer sehen die Lehrstelle als eine einzigartige Möglichkeit für eine Zukunft in Österreich und möchten auch nach ihrem Lehrabschluss weiter in diesem Bereich tätig sein. „Ich werde die Chance nutzen und erlerne so auch einen Beruf, der am Arbeitsmarkt gefragt ist“, sagt Ahmad. Die Ausbilder sind mit den jungen Männern sehr zufrieden: „Die Lehrlinge mit Migrationshintergrund sind bei uns gut integriert und schätzen es oft mehr, hier sein zu dürfen und bei uns eine Lehre machen zu können. Sie werden vielleicht zum ersten Mal für das, was sie leisten, wertgeschätzt“, so Kessler. Das erfolgreiche Integrationsprojekt soll auch in Zukunft weitergeführt werden, bereits im September starten fünf weitere Flüchtlinge ihre Lehre bei den ÖBB.
TOP-LEHRLINGSAUSBILDER Mit derzeit 1.814 Lehrlingen und 11 Lehrwerkstätten zählen die ÖBB zu Österreichs größten Ausbildungsbetrieben und bieten eine erstklassige Ausbildung in 22 Berufen. Die ÖBB sind größter Ausbildner von technischen Lehrberufen in Österreich und auch immer mehr Mädchen nützen die profunde Ausbildung zur gefragten technischen Fachkraft. Die Lehrlingsausbildung besitzt bei den ÖBB eine lange Tradition. Sie ist staatlich ausgezeichnet und die Lehrabsolventen erreichen jährlich zahlreiche Preise und Auszeichnungen bei Berufswettbewerben.
HOHE ERFINDERDICHTE IM BEREICH BAHN & SCHIENE Rund 60 Prozent aller Urheber von Patenten im Eisenbahnwesen sind europäische Erfinder, weltweit stammen sechs Prozent der Patente aus Österreich. Die österreichische Bahnindustrie ist ein hochinnovativer Sektor. In den Jahren 2002 bis 2012 haben 771 österreichische Erfinder Patente in den Bereichen Eisenbahn und Schiene entwickelt - damit hat Österreich global betrachtet die höchste Erfinderdichte.
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Karriere kennt keine Grenzen
Auf dem Weg der steilen Karriereleiter überwinden Schlüsselkräfte und hochqualifizierte Arbeitskräfte Landesgrenzen, Hürden und Kulturschocks. Der Almanah stellt drei internationale Durchstarterinnen und ihre Erfolgsgeschichten in Österreich vor.
NAME: Vesna Mikulovic´
Stadt 1999 von der NATO bombardiert wird.
HERKUNFT: Kladovo, Republik Serbien
Vor den Angriffen war eine Übersiedlung
TITEL: Senior Strategy Manager bei
ins Ausland undenkbar, danach erscheinen
Siemens Österreich
ihr die Perspektiven in der Ferne verlo-
TÄTIGKEIT: Leiterin der Entwicklung der
ckender. Sie entschließt sich, ihr Technik
Gebäudetechnik
Studium in Wien zu beenden.
INTERESSANT: Sie hat im Schutzkeller
ihre Matura-Prüfung absolviert.
gig“, sagt sie. „Ohne Sprachkenntnisse war es schwierig. Um ein Haar hätte ich das Unter Starkstrom
Land verlassen müssen, weil die Behörden
Vesna Mikulovic´ ist Senior Strategy Mana-
mit meinem Akt Ping-Pong gespielt haben.
gerin in der Gebäudetechnik-Sparte von
Das zu überstehen, kostete sehr viel Kraft“,
Siemens Österreich. Sie ist verantwortlich
sagt sie. Ihr hervorragender Notenschnitt
für die Strategieentwicklung von smarter
öffnet ihr die Tür zum „Top-Student-Pro-
Gebäudetechnik und steuert die Ausrich-
gramm“
tung des Unternehmens in großen Pilot-
rin beeindruckt ihre Mentoren und wird
projekten, wie zum Beispiel der Smart-Grid
prompt unter Vertrag genommen.
Modellregion in Salzburg.
TEXT:
Delna Antia, Adam Bezeczky FOTO:
Susanne Einzenberger
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Die Startschwierigkeiten sind größer als erwartet. „Ich war anfangs sehr blauäu-
von
Siemens.
Die
Technike-
„Chancengleicher Zugang zum Arbeits-
Sie stammt aus Kladovo, einer kleinen
markt und zum öffentlichen Leben sind der
serbischen Ortschaft an der Donau nahe
Schlüssel für eine erfolgreiche Integration.
der rumänischen Grenze. Die mathema-
Leistung gehört gefördert, ganz egal woher
tisch begabte Vesna besucht die Technische
jemand stammt. Unternehmen profitieren
Universität in Niš. Ihre Maturaprüfung
von der Vielfalt ihrer Beschäftigten. Die
schreibt sie im Schulkeller, während die
Gesellschaft kann es auch.“
JAHRBUCH FÜR INTEGRATION
almanah
NAME: Bianca Bourbon
zweiwöchigen
HERKUNFT: Bukarest, Rumänien
begonnen. Heute leitet sie das Geschäft der
TITEL: Operations Director Central
Coca-Cola Company in Zentraleuropa von
Europe, Coca Cola Österreich
Wien aus. „Ich
TÄTIGKEIT : Leiterin des operativen
hatte
Praktikum
mehrere
in
Rumänien
Möglichkeiten,
Geschäfts des Softdrinkherstellers in
wohin ich gehen konnte. Es durfte aber
Zentraleuropa
kein anderer Kontinent werden – das war
INTERESSANT: Sie hat mit 18 Jahren das
die Vorgabe meiner Eltern, und nicht jene
erste Mal Coca-Cola getrunken.
des Unternehmens“, sagt sie lachend. Auf Unterschiede
zwischen
Österreich
und
Von der Praktikantin zum Big Boss
ihrer Heimat angesprochen sagt sie: „Zwi-
Verloren war Bianca Bourbon, Geschäfts-
schen Rumänien und Österreich liegen
führerin von Coca-Cola Österreich, nie.
Welten. Der Grad an Organisation ist hier
Die Verantwortliche für mehr als 1.000
faszinierend, alles funktioniert. In meinem
Beschäftigte
Willkommensbrief war sogar eine Anlei-
wusste
schon
als
kleines
Kind, dass sie Chefin werden und viel
tung zum Mülltrennen!“
reisen will. Im engen Korsett des sozialis-
Dennoch ist es aus ihrer Sicht in Rumä-
tischen Rumäniens schien das damals noch
nien einfacher, die Familie und den Beruf
unmöglich. Doch bis zu ihrem Studienab-
zusammenzubringen.
schluss öffnete sich sowohl das Land, als
hier häufig Schwierigkeiten, Kinderbe-
auch das politische System. Bourbon hat
treuungsplätze zu finden, höre ich immer
ihre Karriere bei Coca-Cola 1997 mit einem
wieder“, sagt sie.
„Mütter
haben Bianca Bourbon hat beschlossen in Österreich Karriere zu machen.
NAME: Gabriela Rusu
der Grund, warum ich später, 2006, für die
HERKUNFT: Bukarest, Rumänien
Position bei UNIQA vorgeschlagen wurde.“
TITEL: International Strategic Marketing
Das hat sie von ihrem Vater gelernt: „Ich
Director
habe stets seine Worte im Kopf: Du musst
TÄTIGKEIT: Leiterin der
immer hart arbeiten“, lacht sie. „Mach dir
Marketingaktivitäten von UNIQA in CEE
keine Sorgen Papa, denke ich mir heute.“ Bei UNIQA ist sie nun selbst Chefin.
INTERESSANT: Fast alle ihre Mentoren
Nach der Umsetzung erfolgreicher Rebran-
waren Frauen.
ding-Projekte in Rumänien, Bulgarien und
Gabriela Rusu leitet die Marketingaktivitäten von UNIQA in der CEE-Region.
Für die Karriere geboren
der Ukraine, zog sie 2011 mit ihrem Mann
Gabriela Rusu war gerade erst 14 Jahre alt,
und ihrer Tochter nach Wien. Im Headquar-
da plante sie mit ihrem Vater am Küchen-
ter ist sie für die Marketingaktivitäten in
tisch
sie
Zentral- und Osteuropa (CEE) zuständig.
einmal im UNIQA-Tower mit Blick über
„Unser Team ist klein und wir kommen
Wien als International Strategic Marke-
selbst aus verschiedenen CEE-Ländern.“
ting Director sitzen würde, konnte sie sich
Dass Internationalität von hohem Wert ist,
damals noch nicht vorstellen.
will sie auch ihrer Tochter mitgeben. „In
ihre
Bildungslaufbahn.
Dass
Sie ging in Bukarest auf eine Wirt-
Wien hat sie sich glücklicherweise schnell
schaftsschule und machte später ihren
eingelebt“, erzählt Rusu, „aber, dass ich
Bachelor in Finanzwesen und Versiche-
sie in den Sommerferien zum Rumänisch
rung. Für ihren ersten Job beim damali-
Lernen nach Bukarest schicke, davon ist sie
gen Versicherungsmarktführer Rumäniens
nicht begeistert. Dabei sollte sie dankbar
stach sie ihre Konkurrenten aus, weil sie
sein, denn in Zukunft wird man sie wegen
einfach mehr Rechtsfragen gelernt hatte,
ihrer Internationalität wertschätzen.“
erinnert sie sich heute. „Ich habe immer hart gearbeitet. Das war vielleicht auch
JAHRBUCH FÜR INTEGRATION
21
almanah
Rot-Weiß-Was?
TEXT:
Adam Beszetcky, Marina Delcheva
8
und Wirtschaft
.000 jährlich – so viele Fachkräfte
und Hochqualifizierte aus EU-Drittstaaten sollten mittels Rot-Weiß-Rot-Card (RWR-Card)
nach
Österreich
kommen.
Tatsächlich sind es nur 3.800 seit dem
© Siemens
Die „Rot-Weiß-RotCard“ sollte jedes Jahr tausende qualifizierte Arbeitskräfte aus dem EU-Ausland nach Österreich locken. Der gewünschte Ansturm blieb bisher aber aus.
Stimmen aus Pokitik
Inkrafttreten 2011. Selbst, wenn man die bisher abgelehnten Anträge dazuzählt – das sind insgesamt 1542 –, kommt man nicht einmal in der Nähe der gewünschten 8.000 Fachkräfte. Laut dem „Integrationsbericht 2013“
WOLFGANG HESOUN Vorstandsvorsitzender der Siemens AG Österreich
wanderten im Vorjahr knapp 140.400 Personen nach Österreich ein. Etwa 96.000
Österreich – wie auch die Euro-
haben im selben Zeitraum das Land verlas-
päische Union generell – steht
sen. Die größte Zuwanderungsgruppe sind
im immer härter werdenden
Personen aus anderen EU-Staaten und der
internationalen Wettbewerb.
Schweiz mit etwas mehr als 77.000 Zuwan-
Wir müssen daher danach
derern. Mittels RWR-Card kam nur ein ver-
trachten, wettbewerbsfähig zu
schwindend geringer Teil ins Land – etwas
bleiben. Basis all dessen sind
mehr als tausend Immigranten.
hochqualifizierte und bestens ausgebildete Fachkräfte. Jedes
Bisher sind insgesamt 3.800 Menschen mit tels RWR-Card nach Österreich gekommen.
Des einen Leid, des anderen Freud‘
Land und jedes Unternehmen
Jetzt
sucht stets nach den besten
fordert
Integrationsstaatssekretär
Sebastian Kurz eine Reform der Einwan-
Köpfen. Wir sollten daher
derungskarte. Er kann sich beispielsweise
Migration mit einer sozialver-
eine Herabsetzung des geforderten Min-
träglichen Integrationsstrategie
desteinkommens von 1.900 Euro brutto
als Standortvorteil nutzen,
für
um so die besten Talente
Jungakademiker
vorstellen,
die
in
Österreich studiert haben, aber keine EU-
anzuziehen. Ein wichtiger
oder EWR-Bürger sind. Derzeit haben
Schritt in diese Richtung
Bachelor-Absolventen
Nicht-
ist die Rot-Weiß-Rot-Card.
EU-Ausland keinen Anspruch auf die Rot-
Diese ermöglicht uns zügige
Weiß-Rot-Card. Das soll sich laut Kurz und
Zugangsprozesse. Viele Antrag-
Wirtschaftskammerpräsident
steller für die Card kommen aus
aus
dem
Christoph
den von uns verantworteten
Leitl auch ändern.
22
Doch nicht alle sind mit dem Ergebnis
Ländern im CEE Raum wie Ser-
der RWR-Card unzufrieden. AK-Präsident
bien, der Ukraine, Ungarn oder
Rudolf Kaske empfiehlt den bestehen-
der Türkei. Siemens Österreich
den Fachkräftemangel durch eine bessere
beschäftigt momentan rund
Lehrlingsausbildung
80 Rot-Weiß-Rot-Card-Hal-
zu
kompensieren.
Sozialminister Rudolf Hundstorfer sieht
ter. Etwa die Hälfte davon sind
ebenfalls keinen Handlungsbedarf: Nach
hochqualifizierte Experten, die
Österreich würden genug gut ausgebildete
andere Hälfte setzt sich aus
Fachkräfte aus anderen EU-Ländern ein-
Facharbeitern in Produktion
wandern.
und Logistik zusammen.
JAHRBUCH FÜR INTEGRATION
© Lisi Specht
Michele Pauty
Philipp Tomsich
Lenzing AG/Markus Renner
almanah
PETER UNTERSPERGER Vorstandsvorsitzender der Lenzing AG, Vizepräsident der Industriellenvereinigung
BRIGITTE JANK Präsidentin der Wirtschaftskammer Wien
RUDOLF HUNDSTORFER Arbeits- und Sozialminister
RUDOLF KASKE Präsident der Arbeiterkammer Österreich
Die RWR-Card ist das rich-
Wie erfolgreich sich eine
Die RWR-Card ist im
Wenn die Unternehmen
tige Konzept, kommt aber aus
Volkswirtschaft entwickelt,
Wesentlichen eine erfolg-
über Fachkräftemangel
meiner Sicht zu spät und ist
hängt zu einem guten Teil
reiche Maßnahme. Damit
klagen, empfehle ich einen
denkbar negativ von der poli-
von der Verfügbarkeit bestens
kann die Zuwanderung von
Blick auf den Lehrstellen-
tischen Diskussion um Zuwan-
qualifizierter Fachkräfte ab.
qualifizierten Arbeitskräften
markt: Über 2.500 Jugend-
derung, wie sie in Österreich
Die Rot-Weiß-Rot-Card ist
bedarfsgerecht gesteuert
liche haben allein in Wien
in den vergangenen 15 Jahren
hier ein wichtiges Instrument,
werden. Deshalb haben wir
eine Lehrstelle gesucht,
geführt wurde, geprägt. In
damit Österreich im Wett-
in Österreich auch keinen
angeboten wurden nur etwa
Kanada wird ein neuer Staats-
bewerb um die besten Köpfe
eklatanten Fachkräfteman-
390. Es werden gerade in
bürger gefeiert, in Österreich
attraktiv bleibt. Unerlässlich
gel, wie von der Wirtschaft
den technischen Bereichen
wird er lediglich geduldet. Da
ist daher, die Vorgaben für
immer wieder dargestellt.
nur wenige Lehrstellen
würde ich mir als ausländischer
die Erlangung der Rot-Weiß-
Im Jahr 2012 sind netto
angeboten. Der Ball liegt
Experte, der es sich aussuchen
Rot-Card laufend an die
43.000 Menschen zugewan-
also zu allererst bei den
kann - um die geht es vorwie-
Bedürfnisse der Wirtschaft
dert davon knapp 12.000
Unternehmen. Sie müssen
gend bei der RWR-Card - genau
anzupassen. Dazu zählt die
Akademiker; zwei Drittel
mehr Lehrlinge ausbilden.
überlegen, ob ich überhaupt
Reform der Zulassungskrite-
dieser Akademiker kommen
Über eine Rot-Weiß-Rot-
nach Österreich komme. Unsere
rien ebenso wie die Reduktion
aus der EU und benötigen
Card Fachkräfte hereinzu-
Erfahrungen mit Fachkräften
des bürokratischen Aufwands.
daher keine RWR-Card.
holen sollte erst die zweite
aus dem Osten sind insbeson-
Immer weniger Jugendliche
Außerdem werden 50 Pro-
Wahl sein. Die AK Wien
dere im F&E Bereich hervor-
entscheiden sich für einen
zent der Zuwanderer (rund
hat sich für eine Erleichte-
ragend, wir denken aber auch
Lehrberuf und ziehen eine
200.000) mit mittlerer oder
rung der Anerkennung von
bereits intensiv darüber nach,
schulische Ausbildung vor –
höherer Ausbildung deutlich
Bildungsabschlüssen, aber
wie wir die „Lost Generation“
der Wirtschaft kommen damit
unter ihrer Qualifikation
auch von informell erwor-
der südeuropäischen Länder
jedes Jahr tausende Fach-
als Anlern- oder Hilfskraft
benen Kenntnissen und
gewinnen können. Die Lenzing
kräfte abhanden, die dringend
beschäftigt. Es stellt sich
Fähigkeiten eingesetzt. Jetzt
AG und vor allem die chemische
gebraucht werden. Dabei ist
daher die Frage, ob es bei
gibt es für viele Zuwander-
Branche ist durch den hohen
die Lehre heute mehr als je
den ständigen Rufen nach
Innen gezielte Hilfe bei der
Internationalisierungsgrad seit
zuvor eine hochqualifizierte
Aufweichen der Kriterien
Berufsanerkennung und der
jeher offen für interkulturelle
und anspruchsvolle Ausbil-
für die RWR-Card nicht
immer noch schwierigen
Arbeitsformen und hat somit
dung.
vielmehr um Lohndumping
Nostrifikation von Bil-
ein fundamentales Interesse
letztlich auch zu Lasten
dungsabschlüssen. Das ist
an einer gesteuerten Zuwande-
einheimischer Arbeitnehmer
ein wichtiger Schritt in die
rung.
geht.
richtige Richtung.
JAHRBUCH FÜR INTEGRATION
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Wien Holding: Rund 75 Unternehmen bündelt die Wien Holding derzeit unter ihrem Dach. So vielfältig wie die Projekte, sind auch die Mitarbeiter, die in dem Städtischen Konzern arbeiten. Internationalität und Integration wird hier groß geschrieben.
So vielfältig Ob Pink-Konzert in der Stadthalle, entspannen in der Therme Wien oder per „Twin City Liner“ auf der Donau von Wien nach Bratislava cruisen – die Wien Holding hat diese Projekte realisiert. Der städtische Konzern erfüllt kommunale Aufgaben und ist gleichzeitig stets bestrebt, die Lebensqualität in der Stadt zu erhöhen. Die rund 75 Unternehmen sind im Kulturbereich, in der Entwicklung von Immobilien, im Logistik-, Umweltund Mediensektor tätig. Vielfalt spielt hier eine wichtige Rolle. Nicht nur auf Projekt- und Kundenebene – ein guter Teil der über 2.200 MitarbeiterInnen sind international oder haben zumindest Migrationshintergrund. Integration ist in den Unternehmen der Wien Holding gelebte Praxis.
ARBEITEN, GANZ NAH AM WASSER NATASA PAVLOVIC, in Serbien geboren, übersiedelte 1973 im Alter von vier Jahren mit ihren Eltern nach Österreich. Nach der Handelsschule in Salzburg schloss sie ihre Ausbildung 1986 ab. Seit 1995 ist ihr Lebensmittelpunkt in Wien. Hier fühlt sie sich zu Hause. Die Mutter dreier Kinder ist seit neun Jahren eine überaus beliebte und
24
geschätzte Mitarbeiterin im Personalbereich des Hafen Wien. „Was mir besonders gut gefällt, ist, dass mich mein Arbeitgeber nominiert hat, am Management Programm der Wien Holding teilzunehmen. Im Laufe der Zeit sind die Kolleginnen und Kollegen aus den verschiedensten Unternehmen der Wien Holding zu einer tollen Arbeitsgruppe zusammengewachsen. Ich freue mich, wenn wir uns im Rahmen diverser Tagungen und Veranstaltungen immer wieder begegnen und unsere Erfahrungen austauschen können.“ GUIDE IM KUNST HAUS WIEN LALAINE CERRADA ist seit 2004 im Aufsichts bereich und als „Guide“ im Kunst Haus Wien im Einsatz. Sehr passend, wollte sie doch immer Künstlerin werden. Ihre Mutter hingegen wollte, dass sie zuerst ein „greifbares“ Studium absolviert. Also hat sie Marketingmanagement belegt, „den einzigen Bereich der Wirtschaft, in dem Kunst vorkommt“, lacht sie. In ihrer Heimat, den Philippinen, war Cerrada als Modedesignerin tätig, in Österreich hat sie dann als erste Aus stellung gleich eine Modeausstellung betreut.
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wie die Stadt Neben dem Einsatz für das Kunst Haus Wien ist Lalaine Cerrada nach wie vor als Künstlerin tätig und experimentiert liebend gern mit neuen Materialien. Ihren Arbeiten kann man auf www. lalaine-art.com einen Besuch abstatten. ARBEITEN WO DIE STARS ZU HAUSE SIND ZUHDIJA BEGIC ist Betriebsleiter in der Wiener Stadthalle. Von den KollegInnen wird er meist „Sudo“ genannt, da die Aussprache seines seltenen bosnischen Vornamens „Zuhdija“ den ÖsterreicherInnen schwerfällt. Zuhidija Begic, geboren am 23. März 1957 in Boskrupa im Norden Bosnien-Herzegowinas, ist im Alter von 13 Jahren seinen Eltern nach Wien gefolgt. Seit mittlerweile 28 Jahren gehört der gelernte Maschinenschlosser fest zum Betrieb der Stadthalle und hat hier viele Stationen durchlaufen: Er war Bühnenmeister, Hallenmeister und Maschinist. Heute führt er 80 KollegInnen aus den Bereichen Hallen-, Tonund Lichttechnik sowie Mechanik, Portiere und Reinigung. „Ein volles Haus ist das Schönste. Ich krieg‘ noch immer eine Gänsehaut, wenn 16.000 Menschen jubeln“ , sagt Zuhdija Begic über seine Arbeit.
VOM FERIALJOB ZUR MARKETING-LADY ANGELA DJURIC, geboren 1989 in Brčko in Bosnien-Herzegowina, zog im Alter von zwei Jahren mit ihren Eltern nach Wien. In der Wien Holding arbeitete Angela Djuric zum ersten Mal im Jahr 2008 als Ferialpraktikantin. Seit Oktober 2011, kurz nach ihrem Bachelorabschluss in „Kommunikationswirtschaft“, ist sie Vollzeit im Bereich Marketing und Öffentlichkeitsarbeit tätig. Als bisher jüngste Teilnehmerin macht sie im Managementprogramm der Wien Holding mit. Ihre Wurzeln liegen am Balkan, aufgewachsen ist sie in Wien. Hier wird sie immer Migrantin bleiben, in Bosnien immer Auswanderin. Sie selbst sagt, dass sie sich weder als Österreicherin noch als Bosnierin fühlt, sondern als Wienerin. „Deswegen arbeite ich auch gerne bei der Wien Holding. Wien ist eine großartige Stadt und hat so viel zu bieten, immer ist irgendetwas los. Mit ihren Tochterunternehmen trägt die Wien Holding viel dazu bei und ich finde es toll, hier auch dazuzugehören.“
WIEN HOLDING GMBH Universitätsstraße 11, 1010 Wien T +43 (1) 408 25 69-0 F +43 (1) 408 25 69-37 office@wienholding.at www.wienholding.at www.facebook.com/WienHolding
Fotos v.l.n.r. : © Felicitas Mattern, © Katrin Bruder, Foto 3 u. 4 © Eva Kelety
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almanah
INTERVIEW:
Hikmet Ersek
„In den USA zählt die Leistung und nicht, woher man kommt”
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JAHRBUCH FÜR INTEGRATION
MAYR Elke / WB / picturedesk.com
Der Austro-Türke Hikmet Ersek seht an der Spitze des weltgrößten Geldtransferinstituts Western Union.
almanah
Einer der erfolgreichsten österreichischen Manager ist ein Türke. Hikmet Ersek ist CEO von Western Union, lebt momentan in den USA und weiß, warum es Einwanderer dort leichter haben als in Österreich. TEXT:
Teoman Tiftik
kam, war ich 19 Jahre alt und Student. Ich
außerhalb ihres Heimatlandes, das sind
kannte in Wien niemanden und musste
3 Prozent der Weltbevölkerung. Bis 2015
mir erst einen Freundeskreis aufbauen.
werden es voraussichtlich 405 Millionen
Das Basketballspielen hat mir dabei sehr
sein. Die größten Empfängerländer sind
geholfen. Noch heute sind meine Kolle-
seit Jahren immer die gleichen – China,
gen aus der Basketball Bundesliga von
Indien und Mexiko. Innerhalb Europas
damals meine besten Freunde. Wenn man
sehen wir durch die Wirtschaftskrise jedoch
als CEO in ein fremdes Land geht, wird
Verschiebungen. Portugal etwa entwickelt
einem natürlich vieles einfacher gemacht.
sich durch die steigende Arbeitsmigration
Aber eines bleibt immer gleich: Man muss
vom Sender- zum Empfängerland. Aber
sich in einer neuen Umgebung zurecht-
auch einer unserer stärksten Korridore,
finden, es ganz bewusst zu seiner neuen
Deutschland - Türkei, macht eine inter-
Heimat machen. Ich kann rückblickend
essante Entwicklung durch. Wir beobach-
sagen, dass es in den USA einfacher ist als
ten seit einiger Zeit, dass aus der Türkei
in Österreich. Die USA sind von Immigran-
verstärkt Geld nach Mitteleuropa versen-
ten aufgebaut worden. Was dort zählt, ist
det wird. Das ist einerseits auf die gute
die Leistung und nicht, woher man kommt
wirtschaftliche Entwicklung der Türkei
oder wie gut man vernetzt ist. Da, glaube
zurückzuführen, andererseits werden viele
ich, hat Österreich noch Nachholbedarf.
Studentinnen und Studenten aus der Türkei von ihren Familien unterstützt.
Kommen wir zum Geldtransfer. Aus welchen
S
Ländern wird am meisten Geld versendet?
Muhtar Kent, der CEO von Coca Cola, ist eben
Laut Zahlen der Weltbank gehören die
falls Türke. Ist man unter den erfolgreichen
USA, Saudi-Arabien, Russland und auch
türkischen Managern befreundet?
Deutschland zu den wichtigsten Sender-
Muhtar ist nicht nur ein Freund, son-
ländern weltweit. Von den Western Union
dern auch ein Mentor für mich, sozusagen
Kunden wissen wir, dass derzeit rund 89
ein „Abi“ (türkisch für „Bruder“). Das hat
Prozent der Menschen, die Geldtransfers
mit dem Zusammenhalt zwischen Türken
nutzen,
besit-
zu tun, aber auch mit der Tatsache, dass
zen. Sie verschicken meist keine großen
wir die einzigen beiden türkischen CEOs in
Summen, sondern kleinere Beträge. Bei
den USA sind. Und auch Muhtar hat einige Jahre in Wien gelebt.
Migrationshintergrund
ie sind ein „Multimigrant“. Ein Türke
Western Union sind es global gesehen
aus Österreich, dann aber doch ein Österreicher
rund 340 USD. Mit den Rücküberweisun-
in Amerika. Was sind sie nun – Türke, Österrei
gen werden zum Großteil die Familien in
Letzte Frage: Was vermissen Sie an Wien?
cher oder vielleicht sogar Amerikaner?
der Heimat unterstützt. Wir wissen aus
Natürlich vermisse ich die Wiener Gemüt-
Nicht nur das, ich bin auch ein Viertel
unseren
lichkeit,
Inder, nachdem meine Frau eine Indo-Ös-
den vergangenen zwölf Monaten 30 Pro-
oder einfach nur einen guten Kaffee am
terreicherin ist. Spaß bei Seite, ich bin
zent unserer Kunden Geld für die Finan-
Naschmarkt zu trinken.
vor allem ein Mensch, der stolz auf seine
zierung von Ausbildungen und rund 26
Herkunft ist, und zwar auf
Prozent für die Bezahlung von Arztkosten
beide Teile:
den türkischen und den österreichischen.
Kundenbefragungen,
dass
in
meine
Familie
und
Freunde
Erschienen im biber-Magazin 6/2013
versendet haben.
Ich glaube an die Kraft, die in der Vielfalt liegt. Allein im Büro in Wien sprechen die
Und wer versendet das Geld?
Hikmet Ersek
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter rund 40
Der Markt für Rücküberweisungen, also
wurde vom Basketball-Profi zum
Sprachen. Diese Vielfalt macht ein Unter-
die Geldsendung von Migrantinnen und
Top-Manager. Er ist der Sohn einer
nehmen erfolgreich. Sie ist aber auch für
Migranten in ihre alte Heimat, steigt
Österreicherin und eines Türken.
den Einzelnen eine Bereicherung, der sie in
weiter an. Aktuelle Zahlen sprechen global
Ersek wuchs in der Türkei auf
sich vereint.
von über 466 Milliarden USD, die 2012 ver-
und kam mit 19 Jahren als Profi-
sendet wurden. Die Prognosen sprechen
Basketballer nach Österreich. Er
Aus der Sicht eines Migranten, wie unterschei
von einem Anstieg auf 492 Milliarden USD
hat an der Wirtschaftsuniversität in
det sich Österreich von den USA?
bis 2015. Das lässt sich auch leicht erklä-
Wien studiert und ist seit 2010 CEO
Als ich mit meinem Bruder nach Österreich
ren: Derzeit leben 215 Millionen Menschen
von Western Union.
JAHRBUCH FÜR INTEGRATION
27
almanah
szabadság ungarisch für »Freiheit«
28
JAHRBUCH FÜR INTEGRATION
G E SE LLSC H A F T & P O L I T I K Mehr als 500.000 Österreicherinnen und Österreicher mit Migrationshintergrund sind bei der Nationalratswahl 2013 stimmberechtigt. Höchste Zeit, dass die Parteien auch immer mehr Kandidaten internationaler Herkunft ins Rennen schicken. Doch wer vertritt jene 835.000 Menschen in Österreich, die zwar seit Jahren hier leben, aber mangels Staatsbürgerschaft nicht wählen dürfen?
S. 32-36
„UM GOTTES WILLEN, UNSER LAND GEHT UNTER“ Nurten Yilmaz, Asdin El Habbassi und Alev Korun werden als Abgeordnete mit internationalen Wurzeln nach den Wahlen im Parlament sitzen. Ein Streitgespräch über linke Träumereien und Parallelgesellschaften.
S. 38
WARUM AUCH SANJA UND NEGIN WÄHLEN SOLLTEN Gastkommentar: Georg Kraft-Kinz, Obmann des Vereins „Wirtschaft für Integration“, erklärt, warum auch jene Mitbürger wählen sollen, die nicht in Besitz der österreichischen Staatsbürgerschaft sind.
S. 40-41
DAVID ALABA UND DIE ZWEITE GENERATION Gastkommentar: Der Journalist Simon Inou über Integrationsikone David Alaba, Nationalstolz von gestern und über die junge „Sowohl-als-auch-Generation“.
almanah
Vielfalt in Zahlen Politik Insgesamt waren im Jahr 2011 lediglich 17 Migranten auf Bundesebene und in den Landtagen politisch aktiv.
BUNDESRAT
NATIONALRAT
LANDTAGE
Davon:
DIE GRÜNEN
SPÖ
ÖVP
FPÖ
Wahl 2013 835.038 Personen in Österreich sind derzeit nicht wahlberechtigt, weil sie keinen österreichischen Pass besitzen. Das sind ca. 13 % aller Wahlberechigten oder beinahe dreimal die burgenländische Gesamtbevölkerung.
835.038 Nicht Wahlberechtigt
JAHRBUCH 30Quelle: Medien-Servicestelle Neue Österreicher/innen (www.medienservicestelle.at)
FÜR INTEGRATION
286.691 Burgen länder
Information des Staatssekretariats für Integration:
Nach 6 Jahren - Sechs Jahre regelmäßig einer Arbeit nachgeht - Deutschkenntnisse auf Maturaniveau erste lebende Fremdsprache (B2-Level) oder - drei Jahre lang ehrenamtliches Engagement in einer Freiwilligenorganisation wie z.B. Feuerwehr oder Rettung - Unbescholtenheit - Bekenntnis zu Österreich - Erfolgreicher Werte- und Staatsbürgerschaftstest
Nach 10 Jahren - Deutschkenntnisse auf Mittelschulniveau erste lebende Fremdsprache (A2-Level) - Unbescholtenheit - Selbsterhaltungsfähigkeit - Bekenntnis zu Österreich - Erfolgreicher Werte- und Staatsbürgerschaftstest
Keine Staatsbürgerschaft - Keine Deutschkenntnisse - Kein Arbeitsnachweis - Keine Selbsterhaltungsfähigkeit - Straffälligkeit
Ausnahmen - Menschen mit Behinderung - Putative Österreicher - Uneheliche Kinder - Adoptivkinder
Mehr Informationen unter: www.integration.at
Bezahlte Anzeige
Staatsbürgerschaft durch Leistung
almanah
Drei echte Österreicher: Nurten Ylmaz, Asdin El Habbassi und Alev Korun. (v.l.n.r.)
32
JAHRBUCH FÜR INTEGRATION
almanah
TEXT:
Amar Rajkovic´ FOTOS:
Marko Mestrovic´
„Um Gottes Willen, unser Land geht unter“ Nurten Yilmaz (SPÖ), Asdin El Habbassi (ÖVP) und Alev Korun (Grüne) werden als einzige Abgeordnete mit internationalen Wurzeln nach den Wahlen im Parlament sitzen. Ein Streitgespräch über linke Träumereien, Türkisch als Maturafach, Parallelgesellschaften und den Makel, anders zu sein.
Woher kommt ihr und wie definiert ihr eure Identität? NURTEN YILMAZ: Ich bin von den Eltern aus der
Türkei mitgebracht worden. Ich bin allerdings sehr froh, dass ich in Österreich aufwachsen konnte. Meine Identität ist vielschichtig: Bin sowohl Türkin, Österreicherin, Wienerin als auch Europäerin. ALEV KORUN: Ich komme aus dem 17. Bezirk, davor
habe ich lange im 3. gewohnt und davor in Innsbruck. Ich finde es schade, dass auch beim biber mit der Identitäts-Frage begonnen werden muss, ich bin ein Mensch, der seit über 25 Jahren in diesem Land lebt und der die ersten 19 Jahre seines Lebens woanders gelebt hat – in der Türkei.
D „Ich bin gerade ein Salzburger in Wien.“ Asdin El Habbassi
ASDIN EL HABBASSI: Ich bin gerade ein Salzburger
er Anfang August vorgelegte Integrationsbericht
in Wien und sehe mich als Österreicher, als Europäer
bestätigt es: Österreich ist ein Einwanderungsland
und bin auch stolz auf meine marokkanischen Wur-
mit knapp 20 Prozent Migrantenanteil. Trotzdem
zeln. Ich glaube, dass Identität weit mehr ist als die
sitzt mit Alev Korun bis jetzt nur eine Politikerin
Antwort auf die Frage: „Woher komme ich?“ oder
mit entsprechendem Background im Parlament. Auf
„Was haben meine Eltern für ein Herkunftsland?“
die 183 Sitze gerechnet ergibt das eine Quote von 0,5 Prozent. Nun schicken auch die Koalitionsparteien
Ihr seid in euren jeweiligen Parteien die einzigen
ÖVP und SPÖ ihre Migranten in die Wahlschlacht
Migranten, die nach den Wahlen im Parlament vertreten
für den 29. September – den marokkanisch-stäm-
sein werden. Seht ihr euch als Quotenfüller?
migen Obmann der Jungen ÖVP in Salzburg, Asdin El-Habbassi, und die Ottakringerin und bekennende
KORUN: Interessant finde ich, dass bei anderen
Feministin Nurten Yilmaz, deren Eltern 1966 aus der
Leuten, die Deutsch als Muttersprache haben, nie
Türkei nach Österreich einwanderten. Da alle drei
gesagt wird: „Du bist doch sicher zum Zug gekom-
Kandidaten auf einem aussichtsreichen Platz gereiht
men, weil du kein Migrant bist.“
sind, wird der kommende Nationalrat immerhin 1,6
Das ist ein Makel, der den Minderheiten immer auf
Prozent an Abgeordneten mit Migrationsbackground
die Stirn gepickt wird.
aufweisen.
EL HABBASSI: Wenn ich als Salzburger in Wien
JAHRBUCH FÜR INTEGRATION
33
almanah
trägt. Sich hinzustellen und zu sagen, wir sind eine ganz offene Partei, weil bei uns ein praktizierender Muslim kandidiert, ist zu wenig. EL HABBASSI: Wir sagen in der ÖVP, dass Staats-
bürgerschaft ein hohes Gut ist, das man nicht jedem nachschmeißen darf. Nur jemand, der was leistet, soll auch die Möglichkeit haben, früher eine Staatsbürgerschaft zu bekommen. Leistung und Integration – das ist ja nichts Schlechtes, oder? KORUN: Dass Migranten und Migrantinnen zum
Land was beitragen sollen ist nichts Neues. Dieses als Quotenmigrant gelte, dann bin ich das gern. Ich
Leistungsmantra ist total „retro“, weil man seit
glaube, wir brauchen mehr Buntheit in Österreich.
den 60ern den Migranten nichts anderes predigte
Viel wichtiger ist es, dass ich aus der Jugend- und
als: „Hackl gefälligst und zahle deine Steuern!“ Das
Bildungspolitik bin und nicht, woher ich komme.
taten die Leute dann auch. Der ÖVP geht es nicht um Leistung, sondern um höheres Einkommen. Die Bil-
Die Tatsache, dass du als praktizierender Moslem in der
la-Kassiererin verdient nicht genug, deswegen darf
Christlichen Volkspartei bist, sorgte für einigen Tumult,
sie nicht Österreicherin werden.
selbst innerhalb der Partei.
YILMAZ: Für eine Partei, die sich über 100 Jahre
gegen Integration gewehrt hat, tut sich was in der EL HABBASSI: Ich glaube, dass manche Medien das
gerne machen, weil sie Schlagzeilen brauchen. Die ÖVP habe ich als weltoffene und zukunftsorientierte Partei wahrgenommen und kennengelernt. KORUN: (unterbricht) Und die Wortmeldung von
Bezirksvorsteherin
Ursula
Stenzel,
Migranten
würden Stimmen kosten? EL HABBASSI: Frau Stenzel hat mich nicht nament-
lich erwähnt. YILMAZ: Die Frage, die sich stellt: „Wie präsentiert
dich deine Partei?“ Und bei dir war das die erste Information: praktizierender Moslem. EL HABBASSI: Das ist das, was die Zeitungen
geschrieben haben. YILMAZ: Das darf man nicht zulassen und keine
Auskunft über seinen Glauben geben. Kein Journalist würde einen Österreicher in der Fastenzeit fragen:
„Ich freue mich, dass die Grünen Sebastian Kurz ins Staatsse kretariat geträumt haben.“ Asdin El Habbassi
ÖVP. Wir brauchen trotzdem grundlegende Gesetzesänderungen, kein Gesetz wurde so oft wie das Staatsbürgerschaftsrecht
geändert.
Das
ist
der
Beweis dafür, dass keiner damit zufrieden ist. KORUN: Tatsache ist, dass die Gesetze von der ÖVP
und SPÖ beschlossen wurden. YILMAZ: (aufgebracht) Ich weiß, aber was soll ich
jetzt machen? Frau Yilmaz, warum hat es ihre Partei zugelassen, dass die ÖVP das Integrationsstaatssekretariat besetzt? Schließlich wählen traditionell besonders viele Migran ten die SPÖ. YILMAZ: Ich weiß es nicht.
Herr El Habbassi, sehen sie das Amt bei der ÖVP gut auf
„Sind sie praktizierender Christ?“
gehoben?
Frau Korun, ist die ÖVP aufgrund der Kandidatur von
EL
El-Habbassi plötzlich eine gute Wahl für Migranten?
mit seinem lösungsorientierten, sachlichen Stil
HABBASSI:
Ja, absolut. Sebastian Kurz hat
die Debatte belebt und ihr die negative Dynamik KORUN: Nein. Ich habe ein konkretes Beispiel: Ein
genommen. Wir müssen von der rechten Hetzkultur
Vater, den ich aus dem Kindergarten meiner Toch-
á la FPÖ genauso weg wie von der linken Multikul-
ter kenne, ist Opernsänger mit bosnischen Wurzeln,
ti-Träumerei.
lebt jetzt seit 13 Jahren im Land und hat eine Lücke von ganzen drei Tagen im Visum. Deswegen wird
Linke Multikulti-Träumerei, das haben Sie wahrschein
ihm die Staatsbürgerschaft verwehrt. Das ist ein
lich öfters gehört, Frau Korun?
konkretes Gesetz, das die Unterschrift von der ÖVP
34
JAHRBUCH FÜR INTEGRATION
almanah
über hunderttausend Leute haben, die Türkisch als
KORUN: Ja, ja. Das ist der Spruch, den Herr Kurz
„Dieses
gerne bringt. Das Kernthema der Grünen in Händen der ÖVP? Ist das
Leistungs
Muttersprache haben, ja! EL HABBASSI: Außer Diskussion steht für mich, dass
Deutsch Unterrichtssprache und verpflichtendes
ärgerlich?
mantra
Maturafach ist. Ich finde es völlig in Ordnung und
KORUN: Ich finde es lustig, dass das Integrations-
ist total
zösisch oder Türkisch als zusätzliches Maturafach
staatssekretariat, welches von den Grünen, der Caritas
und
Menschenrechtsorganisationen
fast
Jahrzehnte lang gefordert wurde, nun von der ÖVP
retro.“ Alev Korun
eine Bereicherung, wenn jemand Italienisch, Franwählen kann. YILMAZ: Es wird nicht lange dauern, bis das zu einer
Selbstverständlichkeit wird. Es ist pragmatisch und
besetzt ist. Wir Träumer haben offensichtlich gut
identifikationsstiftend. Ich kenne viele junge Polen,
geträumt, so gut, dass Herr Kurz sich auf diesen
die auf die Uni ihre Sprache studieren gehen, um
Stuhl gesetzt hat.
ihre eigenen Sprachdefizite auszugleichen. Die Supermarkt-Kette Merkur hat mit seinem „Halal-Sie gel“ für Aufregung gesorgt und sowohl Heimatschützer als auch Tierliebhaber erzürnt. Ähnliches widerfuhr der niederösterreichischen Molkerei NÖM, die ihre Milchpa ckungen mit der türkischen Aufschrift „Süt“ etikettierte. Ist die Aufregung nachvollziehbar? YILMAZ: Das witzige an SÜT war, dass das eine
österreichische Milch war, des woars. (lacht)
EL HABBASSI: (unterbricht) Ich freue mich, dass die
Grünen Sebastian Kurz ins Integrationsstaatssekretariat geträumt haben. KORUN: Na, na, jetzt verdrehen Sie mir das Wort im
Mund. Das habe ich nicht gesagt. Was halten Sie vom türkischen Premierminister Erdoğan, Frau Yilmaz? YILMAZ: Die AKP ist nicht meine Partei und Premier
Erdogan nicht mein Premier. Punkt! Ich wünsche
KORUN: Man vergisst schnell, dass es so etwas
mir, dass sich die Menschen, die hier mit ihren Kin-
schon gegeben hat. Wenn man sich anschaut, was
dern und Enkelkindern leben, genauso leidenschaft-
für Kämpfe um die Jahrhundertwende gegen Tsche-
lich für das Hier und Da interessieren, wie für die Politik in der Türkei. KORUN: Mich interessiert, was diese Leute in Öster-
reich politisch denken und wo sie die Zukunft des Landes sehen. Das heißt auch, dass diese Leute beispielsweise in Tür kisch maturieren können? KORUN: Ja. Nachdem Jugendliche heute Tschechisch,
Bosnisch/Kroatisch/Serbisch, Ungarisch und andere
„Premier Erdogan ist nicht mein Premier. Punkt!“ Nurten Yilmaz
Sprachen als Maturafach aussuchen dürfen und wir
chisch in Wien getobt haben. Ich bin mir sicher, in einer Generation, oder in zwei, wird es eine andere Sprache geben, gegen die alle aufschreien und sagen: „Um Gottes Willen, unser Land geht unter!“ EL HABBASSI: Man muss verstehen, dass Menschen
irritiert sind, wenn
sie sich in ihrer gewohnten
Umgebung, plötzlich nicht mehr auf der Landessprache verständigen können. Ich gebe euch ein Beispiel: Bei uns in Salzburg gibt es Geschäfte, da kann ich nur einkaufen gehen, wenn ich Türkisch spreche. YILMAZ: Wo gibt es diese Geschäfte? Ich kenne
nämlich kein einziges in Wien, ich schwöre dir.
JAHRBUCH FÜR INTEGRATION
35
almanah
KORUN: Das würde mich auch interessieren.
EL HABBASSI: Ich glaube nicht, dass das hier rele-
EL HABBASSI: Na ja, in Wien kenne ich jetzt keine.
vant ist.
KORUN: Aber, wenn wir sagen, es wird immer Ein-
wanderung geben, dann sollten wir diesen Menschen
„Tür
auch die Möglichkeit geben, sich in Form von Verei-
kisch als
nen zu organisieren. Und nicht gleich alles als böse
Matura
Parallelgesellschaft markieren und schlecht reden. EL HABBASSI: Es gibt aber Menschen, die seit 60
fach“
Jahren da leben und bewusst kein Wort Deutsch
Alle
sprechen. Sie haben ja eh ihren Friseur, ihren
KORUN: Und wie relevant! Ich habe sechseinhalb
Jahre Migrantenberatung auf Türkisch gemacht, darunter waren auch Leute, die gebrochen Deutsch sprachen. Aber keiner hat mir jemals gesagt, er weigere sich, die Deutsche Sprache zu lernen. YILMAZ: Es gibt österreichische Communities in
Australien oder in Chicago, die gehen ihre Würste essen und veranstalten Lederhosen-Abende. Das
Bäcker, können arbeiten gehen und Geld verdienen,
brauchen Migranten, selbst in fünfter, sechster
ohne Deutsch zu sprechen.
Generation.
KORUN: Wie viele von diesen Menschen kennst du?
Die KandidatInnen
NAME: Asdin El Habbassi
NAME: Alev Korun
NAME: Nurten Yilmaz
ALTER: 26
ALTER: 43
ALTER: 55
GEBURTSORT: Salzburg
GEBURTSORT: Ankara, Türkei
GEBURTSORT: Söke, Türkei
FUNKTION: Obmann der JPV Salzburg
FUNKTION: Nationalratsabgeordnete für
FUNKTION: Abgeordnete zum
BESONDERES: Er ist auf den fünften
die Grünen
Wiener Landtag und Gemeinderat,
Platz der ÖVP-Bundesliste für die
BESONDERES: Korun ist seit dem 28.
Integrationssprecherin der Wiener SPÖ
Nationalratswahl gelistet.
Oktober 2008 die erste Abgeordnete mit
BESONDERES: Yilmaz ist
KOMPETENZEN: Jugend- und
Migrationshintergrund im Parlament.
Spitzenkandidatin im Wiener Wahlkreis
Bildungsagenden
KOMPETENZEN: Integration,
Nord-West (Ottakring, Hernals, Währing,
Diversität, Gleichbehandlungspolitik,
Döbling) und hat damit nach den Wahlen
Antidiskriminierung
ein fixes Mandat im Parlament. KOMPETENZEN: Integration, Frauen,
Kultur, Jugend
36
JAHRBUCH FÜR INTEGRATION
WIENER WIRTSCHAFT SPRICHT VIELFALT Mehrsprachige Informationsveranstaltungen für UnternehmerInnen in der Wirtschaftskammer Wien In Kooperation mit dem WIFI Wien bietet das Diversity-Referat der Wirtschaftskammer Wien kostenlose und mehrsprachig moderierte Informationsveranstaltungen für UnternehmerInnen an. Darüber hinaus bietet das WIFI Wien allen TeilnehmerInnen dieser Veranstaltungen eine geförderte Einzelberatung zu unterschiedlichen Themen an (nähere Informationen bei Teilnahme).
ORT
TERMINE
WIFI Wien am wko campus wien Währingergürtel 97 1180 Wien
SEPTEMBER: UNTERNEHMENSPLANUNG – STRUKTUR & NOTWENDIGKEIT
Bitte beachten Sie, dass nur eine beschränkte TeilnehmerInnenzahl möglich ist. Um Anmeldung wird gebeten unter: diversity@wkw.at.
Datum
Uhrzeit
Do, 19.09.2013 10:00-12:00
Raum
Sprache
B501
spanisch
OKTOBER: UNTERNEHMENSPLANUNG – STRUKTUR & NOTWENDIGKEIT Datum
Uhrzeit
Do, 03.10.2013 10:00-12:00 Do, 17.10.2013 10:00-12:00
Raum
Sprache
B501 B501
türkisch b/k/s
NOVEMBER: ONLINE MARKETING Datum
Uhrzeit
Raum
Sprache
Do, 07.11.2013 Do, 14.11.2013 Do, 21.11.2013 Do, 28.11.2013
10:00-12:00 10:00-12:00 10:00-12:00 10:00-12:00
B501 B501 B501 B501
deutsch polnisch türkisch b/k/s
DEZEMBER: JAHRESABSCHLUSS Datum
Uhrzeit
Do, 05.12.2013 10:00-12:00 Do, 12.12.2013 10:00-12:00
Raum
Sprache
B501 B501
deutsch bulgarisch
Nähere Informationen unter
wko.at/wien/diversity
almanah
ein Ali Yilmaz, Frédéric Lagabrielle oder ein Eric
GASTKOMMENTAR:
Petersen. Fakt ist: Sanja Pantelic´ ist eines von rund
Georg Kraft-Kinz
10.000 Kindern, die jährlich in Österreich geboren
Obmann des Vereins „Wirtschaft für Integration“ und
und zu AusländerInnen gemacht werden, weil ihre
stv. Generaldirektor der Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien
Eltern nicht im Besitz der österreichischen StaatsbürgerInnenschaft sind. Vesna und Aleksandar Pantelic´ betreiben eine erfolgreiche IT-Firma. Sie haben klein angefangen und sich inzwischen ein Unternehmen mit 23 Beschäftigten aufgebaut. Als Arbeitgeber schaffen und sichern sie Arbeitsplätze, sie zahlen Abgaben, Steuern und tragen somit zum Erhalt unseres Sozialsystems sowie zum wirtschaftlichen Erfolg unseres Landes bei. Wo sie bei den Wahlen ihr Kreuz hinsetzen würden, wissen sie genau. Ihre Wahl Prohaska Rene / Verlagsgruppe News / picturedesk.com
bleibt jedoch eine hypothetische, denn so wie ihre Tochter dürfen auch die beiden auf Bundesebene nicht wählen. Laut Statistik Austria gab es 2012 in unserem Land erstmals mehr als eine Million Menschen ohne österreichische Staatsbürgerschaft. Rund elf Prozent der Gesamtbevölkerung sind somit von der vollen politischen Mitbestimmung ausgeschlossen, da diese an die Staatsbürgerschaft gekoppelt ist. In der Überzeugung, dass die Frage nach politischer Mitbestimmung in den kommenden Jahren das zentrale Thema der sog. Integrationsdebatte wird, orte ich hier – aus gesellschaftlicher, aber auch wirt-
Warum auch Sanja und Negin wählen sollten
schaftlicher Sicht – dringenden Handlungsbedarf. Wir brauchen ein modernes, zeitgemäßes Staatsbürgerschaftsgesetz! In meiner Vision eines solchen sind die politischen Rechte von der Staatsbürgerschaft entkoppelt. BürgerInnen verfügen unabhängig von ihrer nationalen Zugehörigkeit über (aktives und passives) Wahlrecht auf allen Ebenen. Dies wird durch die sog. WohnsitzbürgerInnenschaft ermöglicht: Politische Rechte sind dabei an einen dauerhaften Wohn-
S In meiner Vision sind politische
anja Pantelic´ wurde vor sechszehn Jahren in
Ein modernes Staatsbürgergesetz ermöglicht auch
Wien geboren. So wie ihre Mutter sechsundzwanzig
Doppelstaatbürgerschaften
Jahre zuvor, erblickte Sanja das Licht der Welt im
sich BürgerInnen zu mehreren Nationen zugehörig
und
akzeptiert,
dass
„Ungargassenland“ (Ingeborg Bachmann), genauer:
fühlen können. Ein modernes Staatsbürgerschafts-
in der Wiener Rudolfstiftung. Während die meisten
gesetz macht es möglich, dass Sanja, Negin, Frédéric
ihrer KlassenkollegInnen bei den Nationalratswah-
und Eric wählen dürfen…
Rechte von
len am 29. September 2013 ihre Stimme abgeben und
Österreich ist ein Land im Herzen Europas – mit
der Staats
damit politisch mitbestimmen dürfen, bleibt der
einem klaren, deutlichen Bekenntnis zu mutigen
sechszehnjährigen Gymnasiastin diese Möglichkeit
Reformen können wir eine Vorreiterrolle in Europa
vorenthalten. Wieso? Weil Sanja Pantelic´ keine
einnehmen, indem wir ein modernes und faires
österreichische Staatsbürgerin ist. Sanja Pantelic´
Staatsbürgerschaftsgesetz schaffen. Das tut nicht
könnte auch Fang Hui Lee, Negin Khakpour oder
nur der Wirtschaft gut, sondern ist auch ein wichtiges
Ann-Kathrin Müller heißen – oder ein Junge sein,
Zeichen der Wertschätzung und Anerkennung.
bürgerschaft entkoppelt.
38
sitz und nicht an die Staatsbürgerschaft gebunden.
JAHRBUCH FÜR INTEGRATION
Bild:shutterstock
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Das ganze Wissen
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almanah
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JAHRBUCH FĂœR INTEGRATION
GEPA pictures
David Alaba nach dem Sieg in der Champions League.
almanah
David Alaba und die zweite Generation, die wir verdienen.
antwortet in der „Saturday Tribune“, dass er für Nigeria spielen wollte, aber der nigerianische Fußballbund kein Interesse hatte. Anfang Mai dieses Jahres äußerte sich Stephen Keshi, Fußball-Nationaltrainer von Nigeria und Afrikameister, in einem Interview mit „The Nation“, einer der größten Tageszeitungen des Landes mit: „I wish I had Alaba“ (Ich wünschte, ich hätte Alaba). Sowohl-als-auch-Generation Nach dem Sieg jubelte Alaba mit einem T-Shirt, auf dem JESUS stand. Aus diesem Grund wird er auf vielen christlichen Internetseiten gefeiert. Viele sehen ihn als Jungen mit soliden Werten, die nicht verschwiegen werden. Und das in einer Zeit, in der
David Alaba ist noch kein globaler Star wie Michael Jackson oder Barack Obama. Aber auf drei Kontinenten ist er ein Phänomen geworden. In Österreich gehört er zu einer Generation, die sich nicht nur mit Österreich identifiziert, sondern mit allen Nationen, aus denen ihre Familien stammen.
Religion bei vielen jungen Menschen nicht willkommen ist. In der repräsentativen Jugendstudie „Jugend Trend Monitor 2012“ haben Kirche und Religion nur für 4,6 % der Befragten noch einen hohen Stellenwert. Ein Engagement im religiösen Bereich schließt die Mehrheit (71,7%) aus. Ein wichtiges Alaba-Zeichen, worüber hierzulande wenige berichtet haben, ist die kreative Fahne, die Alaba beim Feiern um sich hatte. Eine Fahne mit je einem Drittel der Fahnen von den jeweiligen Ländern seiner Herkunft. An beiden Enden die Fahnen von den Philippinen und Nigeria. In der Mitte die Fahne Österreichs. Die aktuelle Integrationspolitik
TEXT:
Simon Inou
im Lande zwingt uns, in einer „Entweder-oder“-Definition unsere Zugehörigkeit auszuwählen. Aber die Realität ist, dass die zweite und dritte Generation
I
Die zweite
der hier Geborenen sich nicht als „entweder-oder“ n Europa wird er nach seinem Sieg in der Cham-
betrachtet, sondern als „Sowohl-als auch“-Genera-
pions League viel gefeiert. Mit Lob aus österreichi-
tion, wie es Barack Obama in einer seiner Reden im
schen Print- und Online-Medien wird er überhäuft.
Jahre 2008 formulierte.
„David Alaba greift nach den Sternen“, schreiben
Heutzutage von den Eingebürgerten zu verlan-
die Salzburger Nachrichten, „David Alaba erklimmt
gen, sie sollen nur gegenüber Österreich „loyal“ zu
den europäischen Fußballthron“,ist im Kurier zu
sein und sich nur mit Österreich zu identifizieren,
als „sowohl
lesen, „David Alaba ist auf Europas Fußballthron
ist ein totalitäres Verständnis von Integration. Was
– als auch“
angekommen“, titelte Die Presse, „Alaba schreibt
wir heute für die in Österreich geborene, zukünftige
ÖFB Fußballgeschichte“ ist auf orf.at zu lesen.
Generation naturgemäß verlangen, ist eine auto-
Generation sieht sich
Generation
In Asien ist er auf philippinischen Newsportalen
matische Verleihung der österreichischen Staats-
zu sehen und genießt schon Star-Status. So titelt
bürgerschaft, genauso wie die Ermöglichung einer
GMA News Online, eine bekannte philippinische
Doppelstaatsbürgerschaft für diejenigen, die sie
News-Seite: „At 20, David Alaba may already be best
benötigen. Das wäre ein Zeichen von realer Akzep-
footballer ever with Filipino blood“. Eine große phi-
tanz, Inklusion und Eingliederung in unsere Gesell-
lippinische Mediengruppe, inquirier.net, titelt auf
schaft, ohne wenn und aber.
der Homepage ihrer Sportkolumne: „Filipino-Nigerian a Bayern vital cog“. Im afrikanischen Nigeria wird auch über den Sieg des jungen Mannes gejubelt und Journalisten fragen sich, warum er nicht für Nigeria spielt. David Alaba
JAHRBUCH FÜR INTEGRATION
Simon Inou hat Soziologie und Kommunikationswissenschaft in Douala (Kamerun) und Wien studiert und ist Geschäftsführer von M-MEDIA, der Diversity Mediawatch Austria. www.m-media.or.at
41
almanah
天赋 mandarin für »Talent, Geschenk des Himmels«
42
JAHRBUCH FÜR INTEGRATION
SP O R T , M ED I EN & K U L T U R Am grünen Rasen funktioniert Integration schon seit langem und egal ob im Burgtheater oder der Staatsoper: Ohne „Ausländer“ ist Kunst und Kultur in Wien gar nicht mehr denkbar. Nur Medien und Journalismus haben die Internationalisierung ordentlich verschlafen.
S. 46-48
„WENN MAN MICH BRAUCHT, BIN ICH DA“ Interview: Der Austria-Trainer Nenad Bjelica erzählt im almanah vom Yugoslawien-Krieg, wieso am Platz alle gleich sind und warum ein Basketballer sein großes Idol ist.
S. 50-52
DER MIT DEN ROMA TANZT Interview: Die Musikikone des Balkans, Goran Bregovic´, hat dieses Jahr sein neues Album „Champagne for Gypsies“ herausgebracht. Im Almanah berichtet er, warum er Roma liebt und für H.C. Strache spielt.
S. 54
HER MIT DEN MIGRANTEN! Gastkommentar: Der Autor Žarko Radulovic´ meint, dass Journalisten mit Migrationshintergrund in Österreich immer noch Mangelware sind. Grund zur Hoffnung für mehr Vielfalt gäbe es dennoch.
almanah
Vielfalt in Zahlen Fußball
Kultur
Im Kader der österreichischen Bundesliga spielen 60 Legionäre. Das sind 22 % aller Spieler.
19 % der Künstler an den großen Theatern sind Deutsche.
30 % der Jugendkicker der Bundesliga-Vereine haben Migrationshintergrund.
42,78 % Anteil an Migranten unter den Jugendkickern bei Austria Wien.
Am Burgtheater sind fast 50 % deutsche Staatsbürger.
91
38
In der Grazer Philharmonie wurden 38 von 91 EnsembleMitglieder im Ausland geboren.
JAHRBUCH 44Quelle: Medien-Servicestelle Neue Österreicher/innen (www.medienservicestelle.at)
FÜR INTEGRATION
148
38
Bei den Wiener Philharmonikern wurden 38 von 148 Ensemble-Mitglieder im Ausland geboren.
almanah
Asia-Cuisine à la Wien Apfelstrudel-Maki, Wiener Schnitzel mit vietnamesischem Krautsalat und Bier mit Aperol - in seinem neuen Kochbuch „DOTS Cooking. Experimental Asia“ vereint Starkoch Martin Ho Wiener Tradition mit asiatischem Geschmack und einem Schuss Kunst.
TEXT:
Marina Delcheva FOTO:
Thomas Schauer
A
uf 208 Seiten präsentiert der Gastronom und
Kunstsammler Martin Ho seine kreativen Rezeptkombinationen. Mal verleiht er traditionellen heimischen Gerichten einen asiatischen Touch, mal lässt er kandierte Rosenblüten in Grünem Veltliner tanzen. „Der Leser bekommt einfache und klare Rezepte. Er bekommt auch ein schönes, attraktives Coffee Table Book und trashige Einblicke in mein Leben und mein Umfeld“, sagt Martin Ho. Liebe zum Detail „Es war mir wichtig, das Buch auch als Designobjekt zu gestalten“, meint der Autor weiter. So hat das Werk keinen Buchrücken und ist nach einer japanischen Buchbindermethode gefaltet, sodass man es am gesamten Küchentisch auflegen kann. Außerdem leuchten die Fäden, mit welchen es genäht wurde, im Dunkeln. Auch die Illustration ist nicht dem Zufall überlassen. Die Bilder zum Buch wurden vom berühmten Foodfotografen Thomas Schauer geschossen. Martin Ho wurde 1987 in Vietnam geboren und kam im Alter von zwei Jahren mit seinen Eltern nach Österreich. Schon als 18-Jähriger eröffnete er sein erstes eigenes Restaurant – das „DOTS Experimental Sushi“ in Wien. Seine Leidenschaft für Kunst wird nicht nur in seinen Lokalen sichtbar. Neben seinen drei Gastronomiebetrieben betreibt er auch noch eine Galerie für zeitgenössische Kunst und Concept Store, YOSHI’s Corner, sowie das CONTEMPORARY ART LOFT für Kunstausstellungen, Privatsammlungen und Art Performances.
DOTS Cooking. Experimental Asia. Von Martin Ho mit Fotografien von Thomas Schauer. Christian Brandstätter Verlag. Preis: 34,90 Euro.
JAHRBUCH FÜR INTEGRATION
45
almanah
INTERVIEW:
Nenad Bjelica
„Wenn man mich braucht, bin ich da“ TEXT:
Amar Rajkovic´ FOTOS:
Susanne Einzenberger
Austria-Trainer Nenad Bjelica duldet keine Starallüren.
46
JAHRBUCH FÜR INTEGRATION
almanah
Überhaupt nicht. Bei Betis habe ich mit drei Serben
Nenad Bjelica ist besessen von Fußball. Der Trainer des österreichischen Fußballmeisters Austria Wien über Egozocker am Platz, das Privileg, in Frieden zu leben und seinen großen Traum - eines Tages in Deutschland zu coachen.
zusammen gespielt. Wir trafen uns mit unseren Familien und wollten nie über den Krieg sprechen. Du bist von deinen Führungsqualitäten als Trainer über zeugt. Woher kommt dieses Selbstvertrauen, obwohl du ja wenig Erfahrung als Trainer hast? Ich habe sechs Jahre Erfahrung, über 200 Spiele an der Seitenlinie absolviert - das ist viel mehr als der Ex-Barcelona-Coach Tita Villanova. Ich habe als Trainer bis jetzt alle meine Ziele erreicht. Ich bin ein ambitionierter Mensch, der 24 Stunden am Tag für Fußball lebt. Wenn du für den Fußball alles gibst, bekommst du auch alles vom Fußball. Und was willst du von der Austria bekommen? Wir wollen uns für die CL-Gruppenphase qualifi-
Z
zieren und wenn das nicht klappt, zumindest die uerst Wolfsberg und jetzt Wien. Was vermisst du jetzt
schon an der kärntnerischen Idylle? Ich habe ja in Wolfsberg nur gearbeitet, aber in Klagenfurt gelebt, was ja doch eine größere Stadt ist. Wie bist du als Ausländer in Kärnten aufgenommen worden? Ich habe nichts Negatives gemerkt. Man muss aber auch ehrlich sagen, dass du als Person, die in der Öffentlichkeit steht, anders wahrgenommen wirst. Es ist sehr erfreulich, dass es jetzt einen Wechsel an der politischen Führungsspitze gibt. Wie hast du den Bürgerkrieg in Ex-Yugoslawien mitbe kommen, der auch deine Heimatstadt Osijek sehr hart
Euro-League. Die Mannschaft war letztes Jahr knapp
„Ich habe den Krieg hautnah miterlebt: Bombar dierungen, Flucht in den Schutz keller usw.“
daran, das Double zu holen (Anm.: Austria verlor das Cupfinale gegen den Regionalligisten Pasching 0:1), was zum Glück nicht gelungen ist, sonst wäre der Druck auf mich noch größer (lacht). Ich will jedes Spiel gewinnen. Trainer wie Otto Barić, Luis Aragonés, Eric Gerets oder Kurt Jara haben deinen Weg geebnet. Wer hat dich am meisten geprägt? Menschlich habe ich von Luis Aragonés am meisten gelernt. Er ist ein Trainer, der die Spieler in Schutz nimmt, im Gegenzug aber viel Engagement und Hingabe fordert. Auf die Trainingsmethoden bezogen, konnte ich von Eric Gerets am meisten lernen. Die
getroffen hat?
holländische Schule mit starkem Fokus auf Ballbe-
Ich habe den Krieg hautnah miterlebt, d.h. Bom-
handlung und Technik versuche ich auch meinen
bardierungen, Flucht in den Schutzkeller usw.
Spielern näherzubringen.
Allerdings hatte ich Glück, dass ich als Fußballer geschützt war und öfter mal auf Trainingswoche in
Wie formt man aus einzelnen Individuen und Egos eine
Österreich, Deutschland oder Istrien eingeladen
funktionierende Mannschaft?
wurde. Ein Privileg, das meine Familie nicht genie-
Jeder Einzelne muss für das Team alles tun. Wer von
ßen konnte.
sich glaubt, er sei wertvoller als seine Kollegen, hat keine Chance bei mir. Philipp Hosiner darf trotz
Welche Lehren hast du aus dem Krieg gezogen?
seiner 32 Tore letzte Saison nicht davon ausgehen,
Man sieht im Krieg, wie schnell es im Leben gehen
dass er eine Sonderbehandlung bekommt. Wenn
kann. Ich bin ein absoluter Pazifist und gegen jede
er die geforderte Leistung nicht liefert, spielt ein
Form von Gewalt. Und dieser Mafiakrieg hat die Rei-
anderer. Ich glaube und respektiere jeden unserer 27
chen reicher gemacht und die Armen ärmer.
Spieler. Sie müssen nur ihre Arbeit gut machen, viel mehr verlange ich nicht.
Du hast schon öfter mit serbischen Fußballern zusam mengespielt. Wie wirkte sich der Konflikt in Ex-Yugosla
Marko Arnautović gilt als schwer trainierbar. Wie wür
wien auf das Miteinander aus?
dest du ihn anpacken?
JAHRBUCH FÜR INTEGRATION
47
almanah
Nenad Bjelica
Ja, natürlich kann ich nicht alles lenken. Wenn das
Der kroatische Ex-Na-
Baby die ganze Nacht durchschreit und der Spieler
tionalspieler Nenad
kaum Schlaf bekommt, wird er nicht 100% geben
Bjelica begann seine
können. Wenn aber die zehn anderen top eingestellt
Fußballerlaufbahn bei
sind, dann werden sie den kleinen Ausfall kompen-
seinem Heimatverein
sieren können. Falls die anderen zehn Spieler nicht
NK Osijek. Nach dem
ihre Leistung bringen, dann habe ich ein großes Problem.
Ausflug nach Spanien, wo er für Betis Sevil-
Welcher aktuelle Trainer hat es dir besonders angetan?
la und DU Las Palmas die Stiefel schnürte,
Diego Simeone von Atletico Madrid imponiert mir.
kam er zurück nach
Ich habe in Spanien noch gegen ihn gekickt und
Osijek und wurde 2000
ihn gehasst. Diego war ein schmutziger Spieler,
Kroatiens Fußbal-
mit allen Wassern gewaschen. Welche Energie er
ler des Jahres. Nach
seiner Mannschaft weiterleitet, das finde ich absolut
einer Zwischenstation
beeindruckend. Außerdem bewundere ich Mourinho,
beim deutschen 1. FC
Klopp und Ancelotti - alle Trainer, die Erfolg haben und von denen man etwas lernen kann.
Kaiserslautern, landete der Mittelfeldakteur erstmals in Österreich,
Meister werden und dann zu einem Klub nach Deutsch
wo er seit 2004, zuerst
land wechseln. Peter Stöger schlug diesen Weg ein und
als Spieler und an-
wechselte vom österreichischen Meister zu einem deut
schließend als Trainer
schen Zweitligisten. Ist die Österreichische Liga wirklich
des Wolfsberger AC
Ich würde Marko die Hand reichen, so wie ich jedem
so schlecht?
den Aufstieg aus der
Spieler die Chance gebe. Wenn der Spieler nicht die
Wenn ein Trainer die Chance bekommt, wöchentlich
Regionalliga in die
Möglichkeit nutzt, dann hat er ein Problem mit mir.
vor 40.000 Zuschauern in Deutschland zu arbeiten,
Bundesliga schaffte.
Langfristig eliminiert sich jeder Egozocker und Indi-
dann nutzt er sie natürlich. Es ist auch für mich ein
Bjelicas Familie lebt
vidualist von selbst.
Traum, irgendwann in Deutschland zu trainieren. Zufällig ist Österreich die Zwischenstation, es hätte
nach wie vor in Kärnten. Der 41-Jährige bekennende Pazifist
Der Neuzugang Rubin Okotie gilt auch nicht als pflege
auch die Schweiz oder Kroatien sein können. Jetzt
leicht.
denke ich aber nur an Austria Wien und identifiziere mich zu 100% mit dem Verein und den Spielern.
stand im kroatischen
Bevor wir Okotie gekauft haben, sagte jeder zu
Kader für die EM 2004
mir: „Okotie geht gerne feiern und hat unzählige
in Portugal.
Freunde“, bla, bla. Ich gebe ihm eine Chance, er
Hast du einen Lieblingsverein in Deutschland?
weiß, was er darf und was nicht. Wenn er dieses Ver-
Nein, ich bin ein Profi. Ich wäre 2001 fast zur Aust-
trauen missbraucht, hat er sich selbst alles verbockt.
ria gewechselt und bin dann doch in Kaiserslautern gelandet. Ich gehe dorthin, wo man mich will und es
Der größte Transfer des Fußballsommers war der Wech
die Möglichkeit gibt, zu arbeiten. Schau, ich bin ja
sel von Pep Guardiola zum FC Bayern München. Erhöht
auch zum FC Lustenau gegangen. Verstehst du, das
das den Druck auf dich als Trainer, wenn du siehst,
ist ein ganz kleiner Verein, nicht vergleichbar mit
welche Bedeutung und Medienaufmerksamkeit Trainern
Austria Wien. Man hat mich damals gebraucht und
Egozocker
geschenkt wird?
ich habe dort gerne in der zweiten Spielklasse trai-
und Indi
Die Rolle des Trainers ist die wichtigste. Ich mache
niert.
mir selbst immensen Druck. Wenn meine Mann-
„Jeder
vidualist
schaft nicht funktioniert, dann ist das meine Schuld.
Dein größtes Sportidol?
eliminiert
Warum ist die Mannschaft nicht fit, nicht konzen-
Die leider viel zu früh verstorbene Basketball-Le-
triert, nicht motiviert? Der Trainer überträgt die
gende Dražen Petrovic´. Er war ein hervorragender
Energie auf die Mannschaft – sowohl schlechte als
Mensch, der mit sehr viel Fleiß und Arbeit Dinge
auch gute.
geschafft hat, auf die jeder Kroate stolz ist. Ich
sich von selbst.“
kriege Gänsehaut, wenn ich an ihn denke. Das ist eine große Verantwortung, aber du kannst doch nicht alles beeinflussen.
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Erschienen im biber-Magazin 9/2013
JAHRBUCH FÜR INTEGRATION
Foto: Bundesheer/Harald Minich
Benjamin Karl Snowboarder:
dreimal Gesamtweltcupsieger, vierfacher Weltmeister, Silbermedaille bei den Olympischen Spielen 2010
Unser
Heer bringt mir
jetzt mehr! Demn채chst in Ihrer Kaserne: Training mit Spitzensportlern, vier Ausbildungsmodule zur Wahl, Computerf체hrerschein, Ersthelferausbildung, Gratis WLAN, flexiblere Dienstplanung. Die Reform des Wehrdienstes hat begonnen.
almanah
INTERVIEW:
Goran Bregovic´
Der mit den Roma tanzt
50
JAHRBUCH FÜR INTEGRATION
Stefan Crömer / ChromOrange / picturedesk.com
Goran Bregovic hat heuer sein neues Album „Champagne for Gypsies“ herausgebracht.
almanah
TEXT:
Momc´ilo Nikolic´
Der Musiker und Filmkomponist Goran Bregovic´ über die Roma-Kultur als Inspiration, seinen Auftritt für FPÖ-Chef Strache im Wiener Musikklub „Nachtwerk“ und das Verhältnis zum Star- Regisseur Emir Kusturica.
Was fasziniert dich an der Kultur der Roma, die stark dein musikalisches Schaffen beeinflusst hat? Die Roma-Kultur ist reichhaltig, groß. Du wirst kaum einen ernsthaften Komponisten finden, der von der Roma-Musik nicht beeinflusst, oder zumindest beeindruckt war. Deshalb habe ich ein paar Musiker eingeladen, um mit mir das Album „Champagne for Gypsies“ aufzunehmen. Darunter sind „Gipsy Kings“, Stephan Eicher (ehemaliger Sänger der Band „Grauzone“ mit dem Hit „Eisbär“) oder Eugene Hütz, Sänger und Gitarrist der Gypsy-PunkBand „Gogol Bordello“. Es ist erbärmlich, wie wir uns den Roma gegenüber verhalten. Wie zum Beispiel? Es hängt vom jeweiligen Ort ab. Im Osten sind die Menschen primitiv und haben kein Bestreben, sich mit anderen zu vermischen. Es ist wirklich ein
2
lächerlicher Rassismus, der da wirkt. Er umfasst 011 hattest du einen Auftritt im Wiener Club „Nacht
werk“. Der Sponsor der Veranstaltung war FPÖ-Obmann H.C. Strache, ein rechter Politiker, der gegen Minderhei ten hetzt. Würdest du das nochmal machen? Sofort! Wissenschaftlich gesehen ist Musik die erste menschliche Sprache. Sie war da, bevor wir gelernt haben, zu sprechen. Sie war vor der Religion da, vor der Politik und vor allem anderen. Sie war sogar da, bevor der Mensch gelernt hat, dumm zu sein, oder zu hassen. Darum ist sie ein so guter Kommunika-
aber nicht nur eine Abneigung gegen Roma, sondern
„Es ist er bärmlich, wie wir uns Roma gegenüber verhalten.“
gegen alles, was anders ist. Was mich überrascht, ist das Vorgehen von Ländern wie Frankreich. Frankreich hat eine lange Tradition, Menschen mit Problemen Zuflucht zu gewähren. Da wären russische oder skandinavische Autoren, spanische Maler. Stell dir vor, Frankreich hätte der „Gipsy Kings“-Family die Einreise verweigert, als sie vor der Franco-Diktatur geflohen sind. Frankreichs Popkultur wäre um einiges ärmer.
tionskanal. Ich glaube an die Sprache der Musik und daran, dass sie alle erreicht, selbst Menschen mit so
Die Message deines Albums klingt nach einem Appell
einer Gesinnung.
an Roma, aus der Anonymität herauszutreten, in die sie geflüchtet sind. Roma werden aus Frankreich vertrieben
Also gibt es für dich da keine Grenzen?
und in Ungarn ermordet. Wieso sollten sie sich zeigen?
Ich glaube nicht, dass es hilft, wenn ich meine Musik
Wenn du ein Roma bist, beginnen deine Probleme
verstecke. Es bewirkt mehr, wenn ich sie spiele.
bereits mit der Geburt. Du wirst in einem Kar-
JAHRBUCH FÜR INTEGRATION
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almanah
tonhaus geboren. Im Alter von sieben Jahren sind deine Eltern verpflichtet, dich in die Schule zu schicken. Dort riechst du nicht wie die anderen Kinder, weil du keine Dusche hast. Deswegen kommst du dann in die Sonderschule. Es ist ein Teufelskreis. Aber Öffentlichkeit ist wichtig. Bei der letzten Wahl in Serbien habe ich Roma aufgefordert, ihre Stimme abzugeben. Mit Erfolg? Sie haben damit begonnen, ja. Es ist notwendig, Repräsentanten im System zu haben. Die Welt wird jeden Tag ein Stück besser, aber es braucht seine Zeit – etwas, das die Roma eigentlich nicht haben. Glücklicherweise sind sie die einzige Minderheit in der Geschichte, die keine Gewalt kennt. Vielleicht ist es das, was wir an ihnen mögen. Jede andere Minderheit in der Geschichte hat für ihre Rechte gekämpft – außer die Roma. Kannst du dir das erklären? Die Prioritäten der Roma sind schwer zu verstehen. Ich bin mein Leben lang unter ihnen und habe nie wirklich das Wertesystem verstanden. Ich respekMarkus Hollo
tiere das – im Gegensatz zu vielen anderen. Vermisst du deine alte Rockband „Bijelo Dugme“? Nicht wirklich. Rock’n‘Roll war für eine gewisse Zeit das Kleid meiner Musik. Es ist wie ein Wechsel von Pampers zu Hosen. Irgendwann ist es an der Zeit,
Goran Bregovic´ ist Musiker
erwachsen zu werden.
und Komponist. Er wurde 1950 in Sarajevo geboren. In den 70er Jahren
Hast du Kontakt zum Regisseur Emir Kusturica, für den
war Bregovic´ Gründungsmitglied und
du schon öfter Filmmusik geschrieben hast?
Gitarrist der kultigen Ex-Yu Rockband
Nein. In dieser Art von Geschäft siehst du nicht so
„Bijelo Dugme“(dt.: Weißer Knopf),
viele Leute, außer du arbeitest mit ihnen zusammen.
die sich 1989 auflöste und 2005 drei viel
Was ist dein nächstes Projekt? Meine selbst geschriebene Oper mit dem Namen „Karmen with a Happy End“. Sie war ursprünglich fürs TV gedacht und wurde zunächst über 150 Mal als Theaterstück aufgeführt, in Wien wie auch in Buenos Aires. Jetzt würde ich gerne eine TV-Serie daraus machen.
„Musik
umjubelte Konzerte in Belgrad, Zagreb
war vor der
zusammengewürfelten Orchester „The
Politik und Religion da.“
und Sarajevo gab. Mit seinem bunt Wedding and Funeral Orchestra” tourt Bregovic´ seit 1998 durch die Welt und schreibt Musik für Kinofilme wie „Arizona Dream“ (Johnny Depp, Faye Dunaway), oder „Underground“ von Emir Kusturica. 2010 schrieb er für Serbien das Lied „Ovo
Wann bist du wieder in Wien?
je Balkan“ (dt.: „Das ist der Balkan“)
Hoffentlich bald. Ich mag es, etwas Neues von mir
und belegte damit den dreizehnten Platz
zu präsentieren. Da bin ich altmodisch und nicht
beim Eurovision Song Contest. Er lebt in
jemand, der zum Fernsehen geht, um etwas vorzu-
Belgrad und Paris.
führen. Ich bin ein reisender Musiker.
Erschienen im biber-Magazin 6/2013
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JAHRBUCH FÜR INTEGRATION
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Her mit den Migranten! Journalisten mit Migrationshintergrund sind im Jahr 2013 noch immer rar gesät. Der Lichtblick: Die heimischen MainstreamMedien haben das Problem erkannt, die Umsetzung gelingt leider nur zaghaft.
lang tradierte Gewohnheit, Migranten entweder in der Opferrolle (z.B. Asyl, Flüchtlinge) oder als Täter
TEXT:
Žarko Radulovic´
(afrikanische Dealer, gewalttätige türkische Gangs,
FOTO:
Marko Mestrovic´
Ostbanden) abzubilden. Das Thema Integration ist definitiv in die Mitte der Gesellschaft gerückt. Medienschaffende
V
Das Thema Integration ist in die Mitte der Gesellschaft gerückt.
müssen sich ihrer Verantwortung bewusst sein. erstehen Sie mich nicht falsch: Es ist nicht
Ein zukunftsorientierter Umgang mit dem Thema,
so, dass in Österreich in Hinblick auf die mediale
strukturelle, inhaltliche, personelle Antworten sind
Integration gar nichts passiert. Nach langjährigen
gefragt. Das ist gar keine leichte, aber umso wichti-
Versäumnissen haben wir heute lobenswerte Bemü-
gere Aufgabe für die Zukunft unserer Gesellschaft.
hungen und Initiativen in einigen Medien. biber
Schließlich sollten Medien die Gesellschaft in all
leistet seit Jahren wertvolle Arbeit, die Wiener Zei-
ihrer Vielfalt abbilden – das tun sie momentan defi-
tung, Wien heute, FM4 und andere setzen bewusst
nitiv nicht.
auf
vielschichtige
Themen
und
vermehrt
auf
Wünschenswert und notwendig sind mehr Jour-
Geschichten aus den zahlreichen Communitys. Den-
nalisten,
Programmmachende,
Nachrichtenspre-
noch können wir nicht behaupten, dass die große
cher, Moderatoren und Entscheidungsträger mit
Mehrheit der Mainstream-Medien einen positiven
Migrationsgeschichte. Ihre spezifischen Lebenser-
Beitrag leistet.
fahrungen, Kenntnisse und ihre Mehrsprachigkeit
Die Problemfelder in der österreichischen Medi-
stellen eine Bereicherung für jedes Medium dar.
enwelt sind noch immer zu groß. Bei der Berichter-
Liebe Chefredakteure, es muss nicht eine festge-
stattung geht es noch zu sehr in die Richtung, dass
schriebene Migranten-Quote sein. Aber gezieltere
Migranten eher als Problem denn als Chance wahr-
Bemühungen und konkretere Taten sind wirkungs-
genommen werden. Beim Medienpersonal sind zwar
voller und erfolgsversprechender als bloße Lippen-
Deutsche in der Branche überrepräsentiert, dafür
bekenntnisse.
ist die ex-jugoslawische oder türkische Community stark unterrepräsentiert. Dies alles wirkt sich wiederum auf den Medienkonsum aus: Migranten wenden sich stärker den Medien aus ihren Herkunftsländern zu – denn in Österreich haben sie nicht das überwältigende Gefühl, als normaler Teil der Gesellschaft gezeigt zu werden und in einem fairen Maße repräsentiert zu sein. Dazu zählt die klassische,
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JAHRBUCH FÜR INTEGRATION
Žarko Radulovic´, 42, ist Chefredakteur der Medienservicestelle Neue ÖsterreichInnen. Der in Wien geborene Journalist wuchs als Kind der ersten Gastarbeitergeneration in Österreich und Serbien auf.
HUMANITÄRER EINSATZ RETTET LEBEN.
SYRIEN SpENDEN. jETZT!
Gewalt, Angst und Verzweiflung treiben zigtausende Menschen in die Flucht. Ihre Lage in Syrien und den Nachbarländern ist katastrophal. Die Teams von Ärzte ohne Grenzen sind vor Ort. Und helfen.
Ich wirke mit: PSK Kontonummer 930.40.950, BLZ 60.000 SMS mit Spendenbetrag an 0664 660 1000 www.aerzte-ohne-grenzen.at/syrien
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arabisch für »Geschäft«
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JAHRBUCH FÜR INTEGRATION
U N TE R N E H M EN & I N ST I T U T I O N EN Spar bringt seinen Lehrlingen fremde Kultur bei, Coca-Cola Österreich widmet seine Dosen Amar und Mehmet und die OMV rekrutiert weltweit ihre Mitarbeiter. Immer mehr heimische Unternehmen, Institutionen und Vereine widmen sich dem Thema „Diversity“. Ein Überblick.
COCA-COLA WIE IVANA. WIRTSCHAFTSAGENTUR WIEN BIETET NETZWERK. FRANKREICHS PRÄSIDENT KENNT DIE SPAR-AKADEMIE. CASINOS AUSTRIA LASSEN DEN BALL TANZEN. MERKUR DULDET KEINEN RASSISMUS. ARBEITERKAMMER BERÄT AUF TÜRKISCH, BKS UND UNGARISCH. MIA-AWARD GEHT AN BULGARIN. DIE MEDIENSERVICESTELLE WEISS ALLES. ÖIF BIETET WELCOME DESK FÜR ZUWANDERER. NEBA UNTERSTÜTZT CHANCENLOSE. OMV SUCHT WELTWEIT 1600 MITARBEITER.
er ss ra St e/ ic rv se to A/
AP
A-
Fo
Gerhard Hirczi, Geschäftsführer der Wirtschafts agentur Wien.
AM
Wirtschaftsagentur Wien
almanah
Bienvenue in Вена! Teile dein Coke mit Amar, Ivana, Johannes, Andrea
Wie schreibe ich mein Kind in die Schule ein? Wo muss ich meine Steuern zahlen? Das Expat Center der Wirtschaftsagentur Wien ist eine Anlaufstelle für internationale Fach- und Führungskräfte in Wien. Seit drei Jahren führt die Servicestelle etwa 3.000 Beratungen jährlich durch und hilft Menschen und
Teile dein Coke mit Amar
ihren Familien, die zum Arbeiten nach Österreich gekommen sind, beim „Heimischwerden in Wien“,
Die größte personalisierte Kampagne in der
sagt Ursula Kainz, Sprecherin der Wirtschaftsagentur.
Coca-Cola-Geschichte „teil dein Coke mit:…“
Expats oder Expatriates werden jene Menschen
schlägt ein wie ein Blitz. Überall sieht man Menschen
genannt, die für eine begrenzte Zeit als Fach- oder
in Supermarkt-Regalen nach ihren Namen auf
Führungskräfte für ihr Unternehmen im Ausland tätig
Cola-Dosen suchen. Wie in vielen anderen Ländern
sind. „Wir unterstützen Expats dabei, sich möglichst
auch, sind die Coca-Cola-Etiketten dieses Jahr mit
schnell in Wien einzuleben und hier heimisch zu
Eigen- oder Kosenamen bedruckt. Die Österreicher
werden. Davon profitieren die Unternehmen, aber
„teilen“ ihr Coke mit Julia, Anna oder Florian. Sie
auch der Wirtschaftsstandort Wien. Denn mit diesem
teilen es aber auch mit Amar, Ivana und Mehmet.
‚Mehr an Leistung‘ punktet Wien im internationalen Standortwettbewerb“, so Gerhard Hirczi,
„Mit dieser einzigartigen, individuellen Kampagne
Geschäftsführer der Wirtschaftsagentur Wien.
möchten wir uns mit den KonsumentInnen noch
Die Mitarbeiter der Servicestelle beraten ihre Kunden
stärker verbinden. Coca-Cola steht für Lebensfreude
kostenlos in über zehn Sprachen zu Fragen rund um
und genau das wollen wir den Menschen vermitteln,
Wohnen, Arbeiten und Ausbildung. Mittlerweile hat das
indem wir sie zusammenbringen und gemeinsam einen
Expat Center Vienna Expats aus 68 Staaten beraten. Die
unvergesslichen Sommer erleben“, sagt Angela Moser,
Servicestelle bietet auch kostenlose Mitgliedschaften
Marketing-Managerin bei Coca-Cola Österreich. Von
im „Expat-Club“ an. Die etwa 500 Mitglieder können
Mai bis August dieses Jahres zieren die 150 beliebtesten
dort gratis oder gegen geringen Selbstbehalt an
Vornamen Österreichs die Etiketten. Dazu gehören eben
Exkursionen, Veranstaltungen und sogar an einem
auch die beliebtesten Namen der größten migrantischen
Tanzkurs mit Thomas Schäfer-Elmayer teilnehmen.
Communities wie Jelena, Ali und Ays�e.
Im „Expat-Guide“ sind die wichtigsten Fragen zum Thema „Ankommen in Wien“ auf Deutsch und Englisch zusammengefasst.
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Klaus Pichler
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Ein Gütesiegel erbost Tier- und Heimatschützer.
Dietmar Hoscher, Vorstandsdirektor der Casinos Austria.
Der Ball spricht alle Sprachen Merkur mit Halal-Fleisch im Regal
1.700 Kicker, 150 Spiele, über 50 Sprachen und ein
Die Supermarktkette Merkur bietet nun auch
Austria zusammen mit dem Verein „Sport spricht
Halal-Fleisch an. „Halal“ bedeutet nach islamischem
alle Sprachen“ die österreichweite „Casinos
Recht „rein“. Dabei wird die Kehle des Tiers von
Austria Integrationsfußball-WM“. Hier treten
einem zertifizierten Vertreter der islamischen
Chilenen gegen Kosovaren, gegen Deutsche, gegen
Glaubensgemeinschaft durchtrennt – und nicht, wie
Holländer, gegen Bosnier… an. Aber auch heimische
gewöhnlich, von einem Metzger. Muslimische Kunden
Fußballmannschaften wie der „FC Nationalrat“ sind
nehmen das neue Fleischangebot durchwegs positiv
im Hobby-Bewerb zugelassen.
Ball – seit vier Jahren veranstalten die Casinos
auf. Doch Tierschützer und Islam-Feinde wetterten in den sozialen Netzwerken gegen die Supermarktkette.
2006 veranstaltete der Präsident des Vereins „Fußball spricht alle Sprachen“, Erwin Josef Himmelbauer,
Dem Supermarktriesen wird vorgeworfen, die
ein Kleinturnier, bei dem in Österreich lebende
Tiere würden nicht artgerecht geschlachtet und
Migranten gegeneinander antraten. Das Besondere:
betäubt. Merkur wehrt sich gegen die Vorwürfe:
Jede Mannschaft spielt für ihr Herkunftsland. Also
„Die Schlachtung wird unter strengster Einhaltung
Afghanen für Afghanistan und Tiroler für Tirol. Seit
sämtlicher tierschutzrechtlicher Bestimmungen
2010 unterstützen die Casinos Austria das Projekt.
durchgeführt.“ Das Unternehmen postet sogar das
„Wir haben diese Idee sofort aufgegriffen, weil wir
Halal-Zertifikat des Islamischen Informations- und
erkannt haben, wie groß das Potenzial ist und wie
Dokumentationszentrums (IIDZ - Austria) auf
wichtig dieser Event für den Integrationsgedanken ist“,
seiner Facebook-Seite. Auch Islam-Feinde haben
sagt Dietmar Hoscher, Vorstandsdirektor der Casinos
kein Verständnis für die Sortimentserweiterung.
Austria. Im Rahmen des Bewerbs treten nicht nur
„Wieder einmal ein Kniefall vor irgendeiner Religion.
unterschiedliche Kulturen mit- und gegeneinander an,
Rückgratlose, geldgierige Konzerne, Volk ohne
sondern auch Menschen aus verschiedenen sozialen
Nationalstolz – weit hamma‘s bracht.“ Das sind
Schichten. So kann es vorkommen, dass der Tankwart
nur einige von vielen Kommentaren auf Facebook.
mit dem UNO-Vertreter in einer Mannschaft spielt.
Merkur antwortet in seinem Antwort-Posting, dass
Der Gewinner der diesjährigen Integrationsfußball
man „rassistische, beleidigende und untergriffige
WM ist übrigens die Türkei. Die türkische Mannschaft
Kommentare nicht dulde“.
entschied das Finale mit einem 5 zu 1 gegen den Kosovo für sich.
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almanah
Marko Mestrovic
Žarko Radulovic´ ist Leiter der „Medien-Servicestelle Neue Österreicher/innen“.
Am Welcome Desk des ÖIF finden Neuankömmlinge alle Infos rund ums Leben in Österreich.
Unabhängige Fakten für unabhängige Medien Seit 2011 versorgt die „Medien-Servicestelle Neue
Ein Fond auf die Integration
Österreicher/innen“ die heimischen Medien mit
Seit mehr als zehn Jahren unterstützt der
Zahlen, Daten und Fakten rund um Migration und
Österreichische Integrationsfond (ÖIF) die
Integration. Der gemeinnützige Verein wurde von
sprachliche, berufliche und gesellschaftliche
der Arbeiterkammer, der Industriellenvereinigung,
Integration von Migranten in Österreich. „Unser
dem Verein „Wirtschaft für Integration“ und der
Service-Angebot, das Neuzuwanderinnen und
PR-Agentur „The Skills Group“ ins Leben gerufen.
Neuzuwanderer von Anfang an begleitet, bietet
Das Ziel: sorgfältig und gut aufbereitete Daten rund
individuelle Unterstützung bei der Integration
um Migration und Integration liefern.
in Arbeitsmarkt und Gesellschaft“, so Franz Wolf-Maier, Geschäftsführer des ÖIF.
Journalisten können hier beispielsweise auf Daten über die indische Community in Österreich, Nordkoreaner
Zu den Kernaufgaben des ÖIF gehören die
in Wien oder der Anzahl von im Ausland geborenen
Abwicklung der Integrationsvereinbarung und die
Grundwehrdienern zugreifen. Die Medien-Servicestelle
darin vorgesehenen, verpflichtenden Deutschkurse
arbeitet unentgeltlich an Rechercheanfragen.
für EU-Ausländer. Seit 2011 ist der Fond für die
„Noch immer grassieren zu viele Vorurteile, wenn
Zertifizierung der Kursträger, die Qualitätssicherung
es um die Lebensrealitäten von Migranten geht.
und für die Bereitstellung der Prüfungsformate
Dagegen kämpfen wir mit sorgfältig recherchierten
zuständig.
Hintergrundinformationen an“, sagt Žarko Radulovic´,
Der ÖIF führt ebenfalls das Haus der Bildung und
Leiter der Medien-Servicestelle Neue Österreicher/
beruflichen Integration „Habibi“ in Wien, wo unter
innen.
anderem Sprachkurse, Arbeitsmarktberatungen und Förderungen für Frauen und Kinder angeboten werden. Außerhalb Wiens betreibt der ÖIF Integrationszentren in Oberösterreich, Salzburg, Tirol und in der Steiermark. Am „Welcome Desk“ wird Auskunft über alle zentralen Fragen zum Leben in Österreich erteilt.
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JAHRBUCH FÜR INTEGRATION
©Bundessozialamt
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NEBA hilft ausgrenzungsgefährdeten Jugendlichen beim Jobeinstieg.
Vanessa, Magdalena, Alexandra und Adam (v.l.n.r.) haben im Vorjahr die biber-Akademie absolviert.
Chancen für Chancenlose Das „Netzwerk Berufliche Assistenz“ (NEBA) unterstützt ausgrenzungsgefährdete Jugendliche und Menschen mit Behinderung bei ihrem
Made by biber
Einstieg in den Arbeitsmarkt. Durch spezielle
Sie sind jung, ihre Wurzeln sind auf der ganzen
Jobcoachings, Berufsausbildungsassistenzen,
Welt verstreut und sie wollen schreiben. Die
spezielle Ausbildungsprogramme für Jugendliche
biber-Akademie wurde 2011 gegründet, um engagierte
mit Migrationshintergrund und Arbeitsassistenzen
Jungjournalisten mit migrantischen Wurzeln zu
werden diese Menschen für den Arbeitsalltag
rekrutieren und auszubilden. Je vier Stipendiaten
fit gemacht. Etwa 140 österreichische Betriebe
werden zwei Monate lang in der biber-Akademie
unterstützen die Initiative und bieten verschiedene
ausgebildet und veröffentlichen eigene Berichte und
Formen der Unterstützung und Ausbildung im Betrieb
Reportagen im Heft. Zwei weitere Monate absolvieren
an.
die biber-Akademiker bei einem Partnermedium oder in den Pressestellen großer österreichischer Firmen.
„Die ÖBB unterstützen gerne diese Aktion gegen Jugendarbeitslosigkeit und Fachkräftemangel und für
Knapp 40 Jungjournalisten mit und ohne
die Integration benachteiligter Jugendlicher. Mit den
Migrationshintergrund sind durch die biber-Schule
NEBA-Schnuppertagen haben junge Berufseinsteiger
gegangen. Viele von ihnen sind im Journalismus
die Möglichkeit, sich ein persönliches Bild eines
geblieben und verfassen weiterhin Beiträge für große
technischen Berufes bei den ÖBB zu machen und einen
Medien wie den ORF, die Salzburger Nachrichten,
Tag in einer ÖBB-Lehrwerkstätte zu verbringen, um
den Kurier oder die Wiener Zeitung. Das Projekt
sich selbst von unserem Lehrangebot zu überzeugen“,
wird mit Hilfe der Industriellenvereinigung, des
sagt eine Unternehmenssprecherin.
Staatssekretariats für Integration, der BAWAG P.S.K., der OMV und der Novomatic finanziert.
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AMA/ APA-Fotoservice/Strasser
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AK/Fischer
Die SPAR-Akademie ist Trägerin des Integrationspreises 2010.
Spar-Akademie gilt in Frankreich als Vorbild
Die AK Wien berät Arbeitnehmer auch in Türkisch, BKS und Ungarisch.
Neben einer praxisnahen Lehrlingsausbildung in den unterschiedlichen Geschäftsstellen und
AK-Beratung speziell für Migranten
den gewöhnlichen Fächern wie Rechnungswesen, Englisch und Deutsch steht auch „Kulturpflege“ als
Muss ich diesen Arbeitsvertrag akzeptieren? Darf
Unterrichtsgegenstand auf dem Stundenplan der
man mich kündigen, weil ich im Krankenstand
SPAR-AKADEMIE. Dadurch soll den jungen Menschen
bin? Von den rund 860.000 Mitgliedern der
und ihrer Persönlichkeitsentwicklung, aber auch
Arbeiterkammer (AK) Wien stammen über 330.000
den Anforderungen der vielfältigen Arbeits- und
nicht aus Österreich. Allein aus den Nachfolgestaaten
Wirtschaftswelt, Rechnung getragen werden.
des ehemaligen Jugoslawien sind es über 110.000
150 Lehrlinge aus über 27 Kulturen und Nationen
Mitglieder. Über 50.000 AK Wien-Mitglieder haben
lernen hier offen miteinander umzugehen sowie
türkische Wurzeln. Deshalb bietet die AK Wien
interkulturelle und interreligiöse Kompetenz. Diese
auch Beratungen in Bosnisch/Kroatisch/Serbisch, in
Bemühungen rund um Integration wurden 2010
Türkisch und neuerdings auch in Ungarisch an.
auch mit dem „Österreichischen Integrationspreis“ „Gerade wer das österreichische Rechtssystem nicht so
prämiert.
gut kennt, kommt zur AK, um dort um Rat zu fragen. Das Unternehmen motiviert seine Lehrlinge auch mit
Die AK trägt damit täglich dazu bei, dass sich neue
finanziellen Zuckerln. Für gute Berufsschulzeugnisse
ÖsterreicherInnen in der österreichischen Arbeitswelt
gibt es Prämien von bis zu 218 Euro oder den
zurechtfinden“, sagt Irene Holzbauer, Leiterin der
B-Führerschein bei ausgezeichnetem Abschlusszeugnis.
AK-Arbeitsrechtsberatung.
Die Akademie ist sogar in Frankreich bekannt. Im
Die AK berät über 380.000 Mal im Jahr allein zu Fragen
Rahmen eins TV-Auftritts wurde der französische
des Arbeitsrechts, am Telefon, per E-Mail oder im
Präsident Francois Hollande mit einer Reportage über
direkten Gespräch. Weit über die Hälfte der Anfragen
die Lehrlingsausbildung in Österreich konfrontiert.
kommt von neuen ÖsterreicherInnen. Weil seit kurzem
Dort wurde die SPAR-AKADEMIE als erfolgreiches
immer mehr Beschäftigte aus Ungarn oder der Slowakei
Beispiel für den Kampf mit Jugendarbeitslosigkeit
in Wien arbeiten, bietet die AK auch Infobroschüren
vorgestellt. Lehrlinge können im Rahmen der
zum Thema Arbeitsverträge auf Ungarisch oder Slowa-
SPAR-Akademie insgesamt 17 Lehrberufe erlernen
kisch an. Auf den Infoveranstaltungen der AK gibt es
– von Einzelhandel mit Schwerpunkt Feinkost bis
Führungen in acht Sprachen.
Versicherungskauffrau/mann.
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JAHRBUCH FÜR INTEGRATION
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Impressum Medieninhaber: biber Verlagsgesellschaft m.b.H. Herausgeber: Simon Kravagna Redaktionelle Leitung:
Sara Meister
Marina Delcheva Redaktion: Delna Antia Amar Rajkovic´ Marina Delcheva Die MiA-Preisträgerin Diana Radulovski musste sehr hart für ihren Erfolg arbeiten.
Adam Bezeczky
Frauenpower mit Migrationshintergrund
Momcilo Nicolic´
Seit mittlerweile sechs Jahren wird der „MiA-Award“
Georg Kraft-Kinz
an herausragende und erfolgreiche Frauen mit
Žarko Radulovic´
Maria Matthies Teoman Tiftik
Gastautoren: Simon Inou
Migrationshintergrund in Österreich verliehen. Die AD & Grafik:
diesjährige Gewinnerin in der Kategorie „Wirtschaft“
Dieter Auracher
ist die 27-jährige Unternehmerin Diana Radulovski. Die gebürtige Bulgarin betreibt gemeinsam mit ihrem
Fotoredaktion:
Ehemann Ivo Radulovski das Online-Vergleichsportal
Marko Mestrovic´
„versichern24.at“. Dort können Verbraucher
Anzeigen:
bestehende Versicherungs- und Energieangebote
Irina Obushtarova
miteinander vergleichen und direkt über die Seite das günstigste Angebot auswählen.
Lektorat: Marion Daneshmayeh Victoria Herzl
Dianas Weg an die Spitze ihres eigenen Unternehmens war nicht leicht. Schon als Schülerin verdiente sie mit
Druck:
Englisch-Nachhilfe ihr eigenes Geld. Im Jahr 2007 kam
Leykam Druck GmbH & CoKG,
sie nach Österreich und schloss ihr Wirtschaftsstudium
Bickfordstraße 21, 7201 Neudörfl
an der WU-Wien – das finanzierte sie selbst – in Auflage:
Mindeststudienzeit ab. Manchmal schickte die
60.000 Stück
Studentin auch Geld an ihre Eltern in Bulgarien. „Ich war bereit, fast jede Arbeit zu machen – kellnern,
Kontakt:
putzen…“, erzählt sie. Heute arbeiten 15 Angestellte
biber Verlagsgesellschaft m.b.H.
für das Vergleichsportal der Radulovskis und Diana
Museumsplatz 1, E-1.4, 1070 Wien redaktion@dasbiber.at
sitzt in einem geräumigen, schicken Büro im dritten
+43 1 95 77 528
Gemeindebezirk in Wien. Der MiA-Award ist prominent auf dem Regal platziert. „Wenn ich das schaffen kann,
Es gelten die aktuellen Anzeigenpreise August 2013. Alle
können es alle“, sagt sie bescheiden.
Rechte vorbehalten. Das Magazin und alle enthaltenen Text- und Bildbeiträge sind urheberrechtlich geschützt und geistiges Eigentum der jeweiligen Autoren und Gestalter. Für unverlangt eingeschicktes Text- und Bildmaterial wird keine Haftung übernommen. Druckfehler und Irrtümer vorbehalten. © 2013 biber UID ATU 6369 3346 – FN 297923y
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OMV sucht tausende Fachkräfte Geowissenschafter, Techniker und Produktionsingenieure – in den nächsten zwei Jahren stellt die OMV weltweit 1.600 Fachkräfte im Bereich der Suche und Förderung von Erdgas und Erdöl ein. Mobilität ist gefragt Andrea
Iro,
Personalverantwort-
liche im Bereich Exploration und Produktion, über die gefragtesten Fachkräfte bei der OMV. OMV / © Petra Spiola
Wo und wie werden die 1.600 Fachkräfte rekrutiert? ANDREA IRO: Hierbei wendet sich die
OMV sowohl an Uni-Absolventenund Absolventinnen ca. 500 bis 600
Andrea Iro, Personalverantwortliche für E&P bei der OMV
– sowie an Leute mit entsprechender
OMV
Berufserfahrung. Alle Menschen in Österreich mit passen-
1.600 Fachkräften sucht die OMV in den nächsten zwei Jahren.
der Internationalität in unserem Geschäft – der Bereich Exploration & Produktion ist weltweit in 17 Ländern tätig – wird ein Großteil der neuen Leute international rekrutiert.
TEXT:
Marina Delcheva
„S
dem Know-how sind aufgerufen, sich zu bewerben. Aufgrund
Wie viele von ihnen sollen in Österreich arbeiten?
OMV
Jeder, der die fachlichen Voraussetzungen erfüllt und die nö-
den Bereich Exploration und Produktion.
Die OMV ist mit einem
tige Mobilität mitbringt, ist bei uns willkommen. Wenn es
Das hat jetzt auch positive Effekte für den
Jahresumsatz von 42,65
sich dabei um eine große Zahl an Österreichern handelt, umso
Arbeitsmarkt“, sagt OMV-Generaldirek-
Milliarden Euro das
besser. Wie viele direkt in Österreich arbeiten werden, lässt
tor Gerhard Roiss. „Für unsere Projekte
größte börsennotierte
sich aber nicht festmachen.
suchen wir engagierte Persönlichkeiten
Industrieunternehmen
mit technischem Hintergrund und dem
Österreichs. Weltweit
Worauf sollten Jobanwärter bei der Bewerbung achten? Welche
Interesse, an den spannendsten Orten der
arbeiten 29.000 Men-
Qualifikationen sind besonders willkommen?
Welt zu arbeiten.“
eit 2011 fokussiert sich die OMV auf
schen aus 60 Nationen
Voraussetzungen für die Aufnahme in diesem Bereich sind ein
In den vergangenen Monaten hat die
für das Unternehmen,
Uni versitätsabschluss, in ter nationale Mobilität sowie sehr
OMV erhebliche Investitionen im Schwarz-
3.600 davon in Öster-
gutes Englisch. Wenn wir von technischen Fachkräften spre-
meer-Raum und in Norwegen getätigt. In
reich. Die OMV verfügt
chen, so meinen wir Fachkräfte aus den Bereichen Geowis-
den nächsten Jahren sind zudem Investi-
über 4.400 Tankstellen
senschaften, Erdölwissenschaften (Reservoir Engineering,
tionen von zwei Milliarden Euro jährlich
in 13 Ländern inklusive
Well Engineering), Produktionstechnologie, Maintenance,
für die Förderung von Öl und Gas vorge-
der Türkei.
Operations, Projektmanagement. Aber es sind nicht nur ein-
sehen. So arbeitet die OMV im Schwarzen
schlägige Ausbildungen relevant, sondern auch allgemeine
Meer an der Entwicklung großer Gasfunde.
technische Studien wie Elektrotechnik, Maschinenbau, oder
In der Norwegischen See ist das Unterneh-
auch Chemie oder Physik.
men Partner bei der Entwicklung der Erdgasfelder Asta Hansteen und Zidane, im
Ist im Rahmen des Projekts eine besondere Ausbildung/Schulung
Rahmen dessen eine riesige Ölplattform
für die angeworbenen Fachkräfte vorgesehen?
gebaut wird. Nun sucht die Firma in - und
Wir haben spezielle Ausbildungsprogramme entwickelt, um
außerhalb Österreichs - nach qualifizier-
diese Absolventen und Absolventinnen in die Welt des Erdöls
ten Fachkräften, die den Personalbedarf
einzuführen und sie dafür in einem 3-jährigen Trainingspro-
decken sollen.
gramm gezielt weiterzubilden.
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BEZAHLTE ANZEIGE
Vielfalt zum Nachmachen RZ sim_ins allg 140x210_22 08 13 22.08.13 10:47 Seite 1
Am 17. September findet der zweite „B2B Diversity Day“ der Simacek Facility Management Group statt. Die Veranstaltung richtet sich insbesondere an Geschäftsführer, Personalleiter sowie Kommunikations- bzw. CSR- und Diversity-Experten. Im Rahmen des Forums stellen 50 Sprecher Best-Practice-Beispiele im Bereich des Diversity-Managements aus ihren Unternehmen vor. So soll personelle Vielfalt hinsichtlich Geschlecht, Alter, Religion, Herkunft, Behinderung oder sexueller Orientierung als Möglichkeit erkannt werden und in die Unternehmensentwicklung eingebracht werden. „Immer mehr GeschäftsführerInnen erkennen, dass durch Nachhaltigkeitsstrategien und das Übernehmen von gesellschaftlicher Verantwortung die Marktperformance nachhaltig gestärkt wird – ihre Praxisbeispiele sollen auch andere Unternehmen inspirieren“, sagt Ursula Simacek, die Initiatorin. Neben der Präsentation von erfolgreichen Vielfaltsmodellen von Firmen aus den Bereichen Frauen-, Migrantenförderung und mehr, ist auch die Teilnehmerliste des „B2B Diversity Days“ prominent besetzt. So nehmen Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz, Sozialminister Rudolf Hundstorfer und Wirtschaftskammerpräsidentin Brigitte Jank an einer gemeinsamen Podiumsdiskussion zum Thema „Diversity“ teil. Als Keynotespeaker ist unter anderem die WU-Professorin Edeltraud Hanappi-Egger geladen. Die Teilnahme ist für die Besucher kostenlos. Vor Ort wird eines von fünf nominierten Best-Practice-Beispielen ausgezeichnet.
Ursula Simacek beim ersten „B2B Diversity-Day“.
Den Kopf frei für die täglichen Herausforderungen. Weil wir 24 Stunden, 7 Tage die Woche, an 365 Tagen, in 12 Ländern mit unseren Services für Sie einsatzbereit sind.
Am 10. September fand im Palais Liechtenstein die „B2B Diversity Night“ mit internationalen Acts wie ADORO und den X-Faktor-Gewinnern Nica & Joe statt. Sowohl der „B2B Diversity Day“, als auch die Gala finden unter dem Ehrenschutz des Bundesministers Rudolf Hundstorfer und der Präsidentin der Wirtschaftskammer Wien, Brigitte Jank, statt.
SIMACEK Facility Management Group Ignaz-Köck-Straße 8, 1210 Wien T. +43 1 21166-0 · simacek@simacek.at
www.simacek.com
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LETZTE WORTE:
Dimitre Ovtcharov
Todor Ovtcharov
Der dornige Weg in die Selbständigkeit seinen Pass am Schalter abgeben sollte, sagte er entschuldigend: „Kaffee, nicht Cognac“ und lächelte die Beamtin verlegen an. Sie reagierte gar nicht,
T
Georgi bekam panische Angst. Die Wirtschaftskamolstoi hat gesagt, dass alle Menschen gleich im
merangestellte verlangte eine Bescheinigung von
Glück, aber unterschiedlich im Unglück sind. Mein
der Krankenkasse. Alles was Georgi verstand, war
Freund Georgi hat nie Tolstoi gelesen. Lesen ist nicht
„krank“. Um zu zeigen, dass er nicht krank war,
seine Stärke, Georgi arbeitet mit seinen Händen.
sondern im besten körperlichen Zustand, die nötige
Und obwohl Georgi nie viel mit Lesen zu tun hatte,
Gewerbebescheinigung
lag genau darin sein Unglück.
Georgi am Schalter einen Spagat und zehn Liege-
Georgi arbeitete in einem Bildhauerei-Atelier. In dieser Kunstmanufaktur fertigte mein Freund von morgens bis abends die Werke von einem berühmten österreichischen Künstler an. Seine Kreationen wurden in der ganzen Welt ausgestellt. Georgi mochte seinen Job, war fleißig und stets pünktlich. Seine mangelnden Deutschkenntnisse kompensierte er durch sein Geschick und verständigte sich mit seinem Chef durch Körpersprache. Er arbeitete in der Firma „schwarz“, der Arbeitsmarkt ist für bulgarische Staatsbürger geschlossen. Eines Tages trudelte ein Brief vom AMS im Atelier ein, der eine Untersuchung
der
Arbeitsverträge
ankündigte.
Der einzige Weg, dass Georgi seine Stelle behalten konnte, war die Gründung einer fiktiven Firma, die
Tolstoi hat gesagt, dass alle Menschen
zu
bekommen,
machte
stütze. Jetzt war es die Beamtin, die Angst bekam. Sie dachte, sie hätte es mit einem Verrückten zu tun und rief die Security. So erfolglos endete der erste Kampftag mit der Verwaltung. Runde zwei
gleich im
Georgi entschied nicht aufzugeben und forderte
Glück, aber
der relativ gut Deutsch lesen konnte. Mit vereinten
die Unterstützung von seinem Freund Andrej an,
unter
Kräften konnte Georgis Firma dann doch innerhalb
schiedlich
Erfolg feierten die beiden bis in die Morgenstunden.
im Unglück sind.
von ein paar Stunden gegründet werden. Diesen Georgi erschien am nächsten Tag nicht zur Arbeit, weil er unglaubliche Kopfschmerzen hatte. Er wurde gefeuert. Es schien nur kurz so, als ob Georgi durch
dann für seinen Chef arbeiten sollte. An den Tätig-
seine kreative Lösung der Scheinfirmengründung
keiten und Gehalt änderte sich natürlich nichts.
seinen Job behalten könnte. Als ich Georgi das letzte Mal gesehen habe, sagte er zu mir: „Durch meine
Angst am Amt
Firmengründung hab ich gelernt, dass ich weniger
Georgi war wohl ein begnadeter Handwerker, der
trinken soll.“ Hat er natürlich recht. Jetzt hat Georgi
Umgang mit der riesigen Verwaltungsmaschine im
eine neue Arbeit und dementsprechend eine neue
Staat Österreich aber, überforderte ihn. Seine feh-
Firma gegründet. Wenn ich mich so umsehe, ist fast
lenden Deutschkenntnisse brachten ihn auch nicht
jeder Bulgare, den ich kenne, ein stolzer Gewerbebe-
überall weiter. Und Georgi, aufgrund seiner „Ost-
sitzer. Vielleicht soll ich auch eine Firma gründen.
mensch“-Einstellung, fühlte sich in allem schuldig. Sein Reisepass erschien ihm zu dreckig. Auf dem hinteren Deckel war ein runder Fleck von einem Glas. „Super, die denken jetzt auch noch, dass ich ein Säufer bin“, dachte sich Georgi. Als er endlich
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Todor Ovtcharov ist Kolumnist der Zeitschrift biber und FM4.
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Foto: Michael Plackner
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