Sneakers Magazine Issue 12

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© 2011 Bernd Hummel GmbH. „KangaROOS®, ROOS® and the kangaroo device are registered trade marks owned by and used under licence from Asco Group Limited“

THE ORIGINAL SHOES WITH POCKETS

www.ROOS79.com


Inhalt

sneakers nr 12 IMPRESSuM Creative Editor Henrik Kürschner henne@sneakers-magazine.com Editor in Chief Holger von Krosigk krosigk@sneakers-magazine.com m: 0163/2496077 Art Direction Till Paukstat paukstat@sneakers-magazine.com Graphic George Popov popov@sneakers-magazine.com Contributors Christian Sachse Tony Toupet Quote von Kokscht Matylda Krzykowski Bernhard Glimm Dirk Vogel Teimaz Shahverdi Philipp Reul Renko Heuer

Outside the BOx

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Jeff Staple

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Afew Store

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Knowledge Transfer

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Teimaz’ Kolumne

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Das Archiv

Analoge Blogeinträge

Von Schuh-You zu Afew – Düsseldorf rüstet auf

Loving You is Killing Me: Wie Distributions-Politik sich auf Sneaker-Stores auswirkt

EveNt

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Freie Versform

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Solemart Berlin 2011

Puma by Hussein Chalayan

Kangaroos x Schuhfachschule Pirmasens

adidas öffnet seine heiligen Hallen – ein Interview mit Karl-Heinz Lang

Was macht eigentlich ...

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Niklas von Mad Flavor, Teil II

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CLOSE-UP

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LAST WORDS

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Etnies Senix Spire

Photographers Nady El-Tounsy Mert Photo Matylda Krzykowski Denis Ignatov Teimaz Shahverdi Alexander Romey

The Other Side of the Pillow

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Colorado Footwear

90

Björn Borg Knows

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Ein Vans Vintage Store in London

Advertising Holger von Krosigk Online Editor Philipp Reul pille@sneakers-magazine.com Publisher Monday Publishing GmbH Kamekestr. 20 –22 50672 Köln t: 0221 / 945 267 22 f: 0221 / 945 267 27 www.sneakers-magazine.com Geschäftsführer Stefan Dongus Holger von Krosigk Alle Rechte vorbehalten Vertrieb DPV Network GmbH Postfach 570 412 22773 Hamburg www.dpv-network.de Nr 12 – 4/2011

Richtige Antworten auf richtige Fragen

Marcus Troy

Der Blogger aus Vancouver im Interview

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sneak boutique 36

Der Klassiker von Caterpillar wird 20

History Check: Diadora

Style Crimes

German Footprints

100

Zwei Premium-Marken aus Deutschland – Flaek und VOR

D&AT: EUR 6 | CH: CHF 9

adidas Archiv Jeff Staple

HEILIGE HALLEN Zu Besuch im adidas Archiv THE PIGEON SPEAKS Jeff Staple im Interview

Marcus Troy

FREIE VERSFORM Puma by Hussein Chalayan

The Other Side of the Pillow

GERMAN FOOTPRINTS Flaek Footwear & Vor Produkte

Kangaroos x Schuhfachschule Nr 12 – 4/2011 02/09/2011 11:16

Cover-Sneak Converse Auckland Racer Foto: Mert Dürümoglu / www.mertphoto.com

... mit Carsten Franke von Asics


Editorial

Featured colorway

INDIGO PLATTAN TANTO & BAGIS MEDIS Available in 10 colors:

Henrik Kürschner

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SNEAKERS 4/2011

Photo: Vincent Skoglund

Es ist ein Schuh, wie ihn nur Nike bauen konnte und bauen kann. 1500 Paar sind dabei rausgekommen, um allen Menschen in meinem Alter einen unruhigen Schlaf zu bescheren. Aber was bei diesem „Nike Mag“ viel wichtiger ist als alles andere, ist die Tatsache, dass es mehr ist als ein Schuh. Er trägt unsere Emotionen in sich, die wir hatten, als wir den Film gesehen haben. Und immer und immer wieder haben wir ihn gesehen. Das ist etwas, das gerade Nike versteht wie kaum eine andere Firma. Einen Schuh zu machen und schon im Vorfeld zu wissen, dass er­ einschlägt wie eine Granate.

Jeder, der den Schuh von damals kennt, wollte ihn haben – und will ihn heute haben. Vor allem die, die damals Skateboard gefahren sind. Ein Schuh mit Powerlasche und Hoverboard, das ist schon was Cooles, vor allem damals, als man noch klein war. Auch wenn besagte Powerlasche erst für 2015 anvisiert ist, es war schon cool. Und es geht auch nicht darum, wie der Schuh aussieht und was er wirklich kann, denn er ist Zeitreise und Zeitdokument in einem. Es ist etwas, das dich daran erinnert, wie es war, als du jung warst. Ich denke, Nike hat alles richtig gemacht. Klar, auch andere verbinden Emotionen mit ihren Produkten, aber sie können Dinge oft nur aufs Produkt bringen, sie aber nicht wirklich damit aufladen. Es ist einzigartig und ich bin wirklich daran interessiert, einen zu haben. Nur leider reicht es bei mir lange nicht für eine halbe Eigentumswohnung am Fuß! Leider!

www.urbanears.com hello@urbanears.com

37.500 Dollar, das ist selbst beim derzeitigen Wechselkurs ein echter Haufen, vor allem für ein Paar Schuhe. Das war der Preis, für den das erste Paar bei Ebay wegging, und zwar an den britischen Rapper Tinie Tempah. Wovon ich hier spreche, ist nicht irgendein Schuh, es ist ein wichtiger, sogar ein sehr wichtiger Schuh – nämlich der von Marty McFly aus Zurück in die Zukunft.

Feature 3.5mm standard microphone and remote.

Die coolsten Kicks in Hill Valley


Outside The Box

Outside The Box

FILA Revival

Celebrate the Trefoil

Ob Ellesse oder Diadora, die geliebten „Casuals“ Klassiker kommen scheinbar alle früher oder später zurück. So auch Fila, eine weitere Traditionsfirma, der Björn Borg zur Unsterblichkeit verholfen hat. Gerade erst hat man bei Fila das hundertjährige Jubiläum gefeiert, da macht man Anstalten, die Präsenz auf dem Footwear-Markt weiter auszubauen. Dafür hat sich Fila die Jungs vom Foot Patrol Store in London sowie das Designbüro „The Footsoldiers“ für eine Kollabo ins Boot geholt. Das Team hat sich für diesen Herbst/Winter den Fila Trailblazer vorgenommen. Bei dem auf 100 Paar limitierten Modell haben die Jungs tief in die Materialkiste gegriffen und zum Beispiel gewachstes Nubuk verwendet, einen Kragen aus Nappaleder eingebaut sowie ein Lining aus Kuhleder. Die Ösen aus Metall wurden zeitgemäß mit einem mattschwarzen Finish versehen, alle Logos sind dezent geprägt und jedes Paar kommt mit zwei verschiedenen Schnürsenkeln. Es werden zwei Versionen dieser Limited Edition releast: Dark Peacot und Tan. Bei Foot Patrol in London wird aber nicht nur die Footsoldiers Collab releast, sondern auch das Original. Wir sind gespannt, ob der Trailblazer in Deutschland zu ähnlichen Ehren kommt.

adidas Originals – zehn Jahre Flagship Store Berlin Das adidas Trefoil Logo wurde 1972 ins Leben gerufen und sollte eigentlich nur an der Ferse platziert werden – denn dort sah es ja der gegnerische Läufer. Warum? Weil er grundsätzlich langsamer war als der adi-Mann und hinter ihm herlief. Zur Streetwear-Ikone wurde das Trefoil aber erst ab 2001, denn da wurde adidas Originals in der Münzstraße ins Leben gerufen. Berlin war die erste Stadt weltweit, in der der Originals Launch auch direkt mit einem fetten Originals Concept Store untermauert wurde. Mittlerweile ist adidas Originals längst zu einem nicht mehr wegzudenkenden Streetwear-Label avanciert, das das Trefoil auch jenseits der Ferse bekannt machte. Weil kaum einer glauben kann, dass adidas Originals nicht schon immer da war und weil die 10 Jahre trotzdem wie im Flug vergangen sind, wurde das Jubiläum gebührend gefeiert. Am 10. September kam deshalb das Who’s Who der Szene nach Mitte, um zu feiern, um den Release des dazugehörigen „Made for Berlin“ Packs mitzuerleben und um den Jubiläums-Flohmarkt im Innenhof zu erleben, der bei spätsommerlich schwülen Temperaturen irgendwie besonders war. Interessant aus Sneaker-Brillen-Perspektive war natürlich das Pack, das mit einem speziellen ZX9000 und einem Berlin Colorado Windbreaker daherkam. Beides traf den Berlin-Mitte-Vibe genau auf den Kopf – der Berlin-typische ZX, die retro-futuristischen Farben; alles war irgendwie grau, metallisch, silber und weiß. Das Pack war auf 150 Stück limitiert und durchnummeriert – der Schuh wurde eigens dafür in Scheinfeld (die einzige adidas Produktionsstätte in Deutschland) hergestellt und gelasert, der Windbreaker wurde vor Ort gestempelt. Alles in allem war es ein schönes Jubiläum, das auch deswegen besonders war, weil es weltweit das erste war. Es folgen noch Tokio (Dezember 2011) und New York (September 2012) – wir sind gespannt und sagen dazu nur eins: „Herzlichen Glückwunsch, adidas Originals!“.

www.fila.com / www.thefootsoldiers.com   www.footpatrol.co.uk

NEW BALANCE X Hotelgruppe H‘Otello Eine gelungene Collab muss vor allem Partner zusammenbringen, die sich gegenseitig ergänzen. Damit ist noch lange nicht gesagt, dass sie auch nur annähernd in derselben Industrie unterwegs sein müssen! Daher wirkt das neueste New Balance Projekt nur auf den ersten Blick gewöhnungsbedürftig – voila, New Balance x H’Otello. Die Hotelgruppe,­ die bereits drei Häuser in München ihr eigen nennen kann, steht für ein klares und modernes Designkonzept, das trotzdem klassisch bleibt. Der Erfolg spricht für sich – denn bereits im September folgte das erste Haus in Berlin am Savignyplatz. Mit dem innovativen und detailverliebten Ansatz konnte H’Otello aber nicht nur seine Gäste überzeugen, sondern auch New Balance. Die logische Konsequenz: Die Turnschuhschmiede aus Massachussetts stattete kurzerhand das gesamte H’Otello Team im Hause Berlin mit dem Klassiker-Modell 420 in den Farben des Hoteldesigns aus. Der Schuh, der 1982 für amerikanische Universitätsmannschaften entwickelt wurde, scheint also erwachsen zu werden. Good things never go out of style!  www.newbalance.de / www.hotello.de

Puma x Undefeated Undefeated ist scheinbar wirklich unbesiegbar – zumindest wenn es um Puma-Releases geht. In unserer letzten Ausgabe hatten wir über den Glattleder-Clyde ohne Formstripe berichtet, nun drehen die Jungs kräftig am Material-Rad und verpassen der Puma Legende dieses Mal ein kleines Ripstop Makeover, das unter dem Kürzel NRC („Nylon Ripstop Clyde“ Pack) auf den Markt kommt. Inspiriert vom Military Look, wurden bei diesem Schuh hochwertige Nylon Ripstop Materialien verwendet. Das Material wurde ursprünglich für Fallschirme im Zweiten Weltkrieg entwickelt. Wie der Name schon sagt, ist es reißfest – und somit sollten es eure Clydes damit lange machen. Die PUMA x Undefeated Collection verpasst Pumas geschichtsträchtigsten Schuh eine sehr klassische Note und bringt die simple Aussage mit klaren Linien und vier tragbaren Colorways mal wieder auf den Punkt. Wenn ihr diese Ausgabe in den Händen haltet, wird das NRC Package bereits releast sein.  www.undefeated.com / www.puma.com  10

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Q & A: Swiss Beatz Swizz Beatz ist gerade in aller Munde. Nicht nur wegen seines enormen musikalischen Outputs, auch seine Zusammenarbeit mit Reebok trägt seinen Teil dazu bei. Nach dem fulminanten Kamikaze-Release fanden wir, dass es an der Zeit war, sich mit Herrn Beatz mal ein paar Minuten zu unterhalten. Es war ’ne ganze Menge los bei dir in der letzten Zeit – du hast geheiratet, bist Vater geworden, hast einen Grammy gewonnen … dein Album kommt raus, die Kollabo mit Reebok und das ist noch nicht einmal alles. Wie steckst du das weg? Ich bin es gewöhnt, busy zu sein, also denke ich nicht darüber nach und freue mich einfach, Teil von allem zu sein. Ich habe hart dafür gearbeitet, da zu sein, wo ich jetzt bin, also mache ich einfach weiter und lasse mich irgendwann belohnen. Die Welt dreht sich schnell, also versuche ich, schneller zu sein. Erzähl’ uns von deinem Album, was jetzt rauskommt – was ­dürfen wir erwarten? Ich habe mich entschieden, kein richtiges Album rauszubringen, sondern nur eine Reihe von Singles. Das Musikbusiness ist im Wandel, die Leute konsumieren Musik anders, also habe ich entschlossen, die Veränderung mitzumachen und auch neue Wege zu gehen. Außerdem gibt es mir die Freiheit, musikalisch machen zu können, worauf ich Bock habe, ohne irgendwelche Deadlines im Rücken zu haben. Die erste Single „Everyday (Coolin')“ featuring Eve – das ist die Richtung, in die es geht. Deine Leidenschaft umfasst Musik, Kunst, Design und vieles mehr. Woher kommt das und wer oder was inspiriert dich?

Bei Musik, Kunst und Design geht es darum, etwas zu erschaffen und andere Menschen damit zu berühren. Künstler wie Andy Warhol, Ernie Barnes und Takashi Murakami sind einige Menschen, die mich inspirieren. Am meisten allerdings bewundere ich Basquiat, ein Künstler, dessen Leben, Werk und Vision mich sehr inspiriert. Ich habe sein Gesicht auf meinen Arm tätowiert und Reebok dazu gebracht, die Basquiat Collection wiederzubeleben. Sprechen wir über Reebok – du hast eine Menge über eure Kollabo getwittert. Wieso Reebok? Ich fühle mich mit Reebok verbunden, bin mit ihnen aufgewachsen. Sie haben mir etwas Besonderes angeboten: Es ist nicht nur eine weitere Kollabo, es ist eine Partnerschaft. Wir haben beide dieselbe innovative Vision. Außerdem hat Reebok ein enormes Wachstumspotential. Showtime! Wieso hast du dich entschieden, den Kamikaze als erstes zu releasen? Als ich mit Reebok durch die Archive gestöbert habe, war es hart, sich zu entscheiden, weil sie so viele Klassiker haben – den Pump zum Beispiel. Der Kamikaze hat mich immer schon angesprochen und er hat nie die Aufmerksamkeit bekommen, die er verdient hätte. Für mich ist er ein Klassiker. Danke für dieses Interview und viel Glück bei deinen weiteren Projekten! SNEAKERS 4/2011

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Editor’s Choice

adidas Consortium Tabula Rasa

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Die besten Projekte zeichnen sich dadurch aus, dass sie Dinge hinterfragen und einen neuen­ Blick­ winkel mit sich bringen. Beim „Tabula Rasa“ Package ist genau das der Fall, denn das Motto­ist Reduktion. „Tabula Rasa“ bedeutet „leere Tafel“ und ist zugleich das Prinzip, mit dem der Philo­soph John Locke im 17. Jahrhundert zum Ausdruck bringen wollte, dass der Mensch in einem „blank state“ auf die Welt kommt und sich alles durch Erfahrung und Wahrnehmung aneignet. Genau so starten auch die Modelle ZX 500, Pro-Shell, Decade, Matchplay und BC ­(Baltic Cup) hiermit noch einmal neu. Ganz farb­reduziert richten sie in diesem Consortium Package alle Auf­merksamkeit auf das Design. Aber nicht nur das verdient Respekt, auch die Tatsache, dass adidas sich hierfür besondere Modelle ausgesucht hat, die man nicht jeden Tag sieht –­ unsere Editor’s Choice für diese Ausgabe.


M a d e

CLASSIC THEN. CLASSIC NOW.

to M a t c h

Sneakers United x Urbanears Headphones Color Matching kann man zwar auch übertreiben, aber manche Dinge gehören so natürlich zusammen, dass man gar nicht anders kann. Beim Blick auf die neuen Urbanears Headphones haben wir daher mal schnell in unser großes Sneaker-Regal gegriffen und wurden schneller fündig, als wir erwartet hatten – enjoy.

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newbalance.de newbalancelive.com facebook.com/newbalancefans


Store Profile

Store Profile

es teilweise auch ist, aber der Großteil der Düsseldorfer ist echt entspannt und locker drauf. Typisch Rheinländer halt. Was ist der Unterschied zwischen dem bisherigen Laden »Schuh You« und »afew«? MARCO: Mit dem Wechsel von Schuh-You zu Afew haben wir nicht nur einfach den Namen geändert, sondern auch das gesamte Konzept ein wenig breiter aufgestellt. So wird in Zukunft unser Sortiment durch mehr Textil und Accessoires erweitert und im Gesamten noch selektiver. Zudem werden wir viel mehr Projekte und Events mit Afew veranstalten. Gestartet haben wir mit Matt Stevens „MAX100“ Book Project, wessen Buch übrigens dann auch im Herbst bei uns erscheinen wird. ANDY: Für dieses Jahr sind weitere Ausstellungen und ein paar andere interessante Projekte geplant, über die wir jetzt allerdings noch nicht zu viel verraten können. Lasst euch also überraschen. Wofür steht »afew«? MARCO: Afew heißt wörtlich übersetzt „ein paar / wenige“, was im Großen und Ganzen den Charakter und das Konzept des Ladens widerspiegelt. So ist ein Großteil unseres Sortiments speziell und meist nur in einer begrenzten Stückzahl vorhanden.

Hi Leute, stellt euch mal vor, wer sind die Köpfe hinter »afew«? Also, wir heißen Marco und Andreas, sind Brüder, gebürtige Düsseldorfer und schon seit klein auf Basketballjunkies durch und durch. Dazu kommen noch Jörg und Benny, die mittlerweile auch ein fester Bestandteil des Afew-Teams sind.

A FEW GOOD MEN

D i e D ü ss e ld o rf e r B i e r g e n B r o t h e rs ü b e r d e n „ A F e w “ S t o r e { Fotos: Alexander Romey | Interview: Till Paukstat }

Manche Leute polarisieren und spalten, manchmal sogar ohne es zu wollen. Andere wiederum schaffen es, Leute zu motivieren, hinter sich zu versammeln und ganz ohne Anstrengung ein Netzwerk aus unterschiedlichsten Szenen zu stricken. Diese Menschen sind meistens ziemlich unkompliziert, unaufdringlich und networken auf sympathische Weise, anstatt sich gegenseitig beim Coolsein zu beobachten. So wie Andy und Marco Biergen aus Düsseldorf, die ihren „Schuh You“ Store gerade einem gründ­lichen Makeover unterzogen haben. „afew“ heißt das frisch gelaunchte Retail-Baby des Brüderpaars, das nicht nur im Dunklen leuchtet, sondern auch eine konsequente Fortsetzung der Persönlichkeit ihrer Besitzer ist. Denn ganz in DIY Manier bauen die Biergens den Laden zu einer Plattform für verschiedene Künstler und neue Projekte aus. Wir haben den Jungs dazu ein paar Fragen gestellt.

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Bescheiden habt ihr noch vergessen ... Beide: Ach ja, stimmt ...

Wie ist es, mit dem eigenen Bruder zu arbeiten? ANDY: Muss ehrlich sagen, dass Marco mir mittlerweile schon ziemlich auf die Eier geht! ... Nein Spaß beiseite, dass wir Brüder sind, macht das Ganze in vielen Sachen um Einiges leichter, da wir es schon gewohnt sind, viel Zeit miteinander zu verbringen. Außerdem ist es sehr cool, jemanden zu haben, dem man zu 100 Prozent vertrauen kann. Wie ging es bei euch los mit dem Schuh-Ding? MARCO: Los ging das Ganze, bevor wir den Laden im Oktober 2008 aufgemacht hatten. Damals hat Andy für Freunde und natürlich für uns selbst Sneaker und vor allem Basketballschuhe besorgt. Dies entwickelte sich in den Jahren zu einer Art kleinem Shop in der Garage unseres Vaters und natürlich auch online. Schon damals haben wir viel dafür getan, an die besonderen Modelle heran zu kommen, bestes Beispiel dafür ist unser Trip nach New York 2005, damals sind wir -mit mehr Glück als Verstand- mit knapp 35 Paar (inklusive Boxen) durch den Zoll gekommen. War da nicht auch mal was mit einem MG? ANDY: Ach ja, auf dem selben Trip wurden wir wegen nen paar Push-Up Stands in Marcos Handgepäcke gleich mal von zwei „netten“ Soldaten mit MG auf Sprengstoff gecheckt. Nur gut, dass die nur das Handgepäck unter die Lupe genommen haben. Wie kamt ihr auf die Idee, einen Laden aufzumachen? MARCO: Den Laden aufzumachen, war eigentlich die logische Konsequenz aus den Jahren zuvor und schon seit langer Zeit ein Traum. Zwar ist es eine Menge Arbeit, einen eigenen Laden zu führen, doch ist es wohl das Beste, was einem passieren kann, wenn man sein Hobby zum Beruf machen kann. Fühlt ihr euch wohl in Düsseldorf ? ANDY: Definitiv, wie gesagt, wir sind gebürtige Düsseldorfer und mit der Stadt verwurzelt. Viele halten Düsseldorf für versnobt, was

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Was macht euch aus? ANDY: Ich denke jeder, der uns kennt, weiß, dass wir den Laden mit Leib und Seele betreiben und uns selber dabei nicht zu ernst nehmen. Zudem sind wir sehr aufgeschlossen und „extrem gutaussehend“ … überzeugt euch selbst.

» Ich denke jeder der uns kennt, weiß dass wir den Laden mit Leib und Seele betreiben und uns selber dabei nicht zu ernst nehmen.« SNEAKERS 4/2011

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Store Profile Obwohl ihr euch »afew« nennt, habt ihr ein großes Netzwerk, auf das ihr zurückgreifen könnt, oder? MARCO: Ja auf jeden Fall, ohne das Netzwerk was aus vielen Kreativen, Handwerkern, Sneakerinteressierten und einer Menge anderer Leute besteht, würde es den Laden, so wie er heute ist, nicht geben. ANDY: Nur so haben wir von der Konzeptentwicklung, über den Umbau des Ladens und Onlineshops bis hin zur Re-Opening Party sehr viel mit Unterstützung von Leuten aus dem Netzwerk ­bewältigt bekommen. Irgendwelche Special-Events, die gerade anstehen? MARCO: Wie bereits erwähnt, planen wir schon fleißig die nächste Ausstellung mit einem Künstler aus der Umgebung. Des Weiteren sind wir auf dem besten Weg in den nächsten Monaten ein Projekt an den Start zu bringen, was speziell für Sneaker Fans interessant sein wird. Na kommt schon, einen kleinen Spoiler könnt ihr schon geben!? ANDY: Sorry, aber ist alles noch nicht in trockenen Tüchern. Wir werden euch aber Bescheid geben, wenn es soweit ist. Wer hatte die Idee für die Ladeneinrichtung, und was wollt ihr damit ausdrücken? MARCO: Die Ladeneinrichtung ist sehr clean in schwarz und weiß gehalten und soll den Fokus zum einen auf die Produkte und zum anderen auf den sehr auffälligen grünen „Glow in the Dark“ Boden richten. Die Idee dazu haben wir zusammen mit einer befreundeten Architektin, unserem Vater und unserem Onkel entwickelt. Haben euch die Yeezys inspiriert? ANDY: Liegt nahe, aber eigentlich kam ein guter Freund unseres Vaters mit der Idee auf uns zu. Er entwickelt und vertreibt mit ­seiner Firma ENKE Bodenbeläge und suchte nach einem passenden Laden für seinen neuen „Glow in the Dark“ Boden. Würde im Prinzip der Online-Store nicht ausreichen? ANDY: Nein, auf keinen Fall. Wir sind keine Büromenschen und brauchen den direkten Kontakt zu den Menschen, die bei uns

Einkaufen. Durch den Laden haben wir halt die Möglichkeit direkt mit unseren Kunden zu quatschen, uns über die Schuhe auszutauschen und manchmal auch gute Tipps zu erhalten. So sind in den letzten zweieinhalb Jahren aus normalen Kundengesprächen viele interessante Kontakte und auch echte Freundschaften entstanden. MARCO: Zum anderen ist der Laden natürlich auch ein wichtiges Standbein. Das darf man nicht unterschätzen. Gibt es ein Muster, nachdem ihr ordert? MARCO: Zu allererst schauen wir beim Ordern, wie soll es anders sein, was uns persönlich gefällt, aber natürlich achten wir auch darauf, was von unseren Kunden nachgefragt wird. Der Fokus liegt dabei vor allem auf Basketball und Running Klassikern. ANDY: Dazu kommt noch eine Auswahl an Casual Modellen und Performance Basketballschuhen, welche übrigens nicht nur bei aktiven Basketballern aufgrund von verschiedenen Spezial-Themen immer gefragter werden. Was sind eure persönlichen Favs? ANDY: Da wir aus dem Basketball kommen, hat natürlich alles mit Air Jordans angefangen, und so können vom 1er bis zum 13er alle Jordans als Favs bezeichnet werden. MARCO: Dazu kommt auf jeden Fall der Air Max 1 und der Gel Lyte III. Sammelt ihr selbst? MARCO: Grundsätzlich vertreten wir eigentlich die Meinung, dass die Schuhe da sind, um getragen zu werden, von unseren Lieblingsschuhen haben wir aber sicherheitshalber welche auf Deadstock gelegt. Was ist der schlimmste Schuh, nach dem man bei euch im Laden fragen kann? MARCO: Ganz spontan würde ich sagen Puma x Ed Hardy Speedcat Limited Edition mit golden Pistolen einem silbernen Totenkopf und einem Pinken Herzen darauf pow pow … Ey, die hat ja der Andy sonst immer an ... MARCO: Ja genau deshalb soll ja keiner nachfragen. Er will halt der einzige mit den Dingern bleiben Danke für das Interview und viel Erfolg für alle anstehenden Projekte. Beide: Danke, danke und euch natürlich auch noch alles Gute. www.afew-store.com

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SÕlËmÅ®t B€rlIÑ 2Ø11 – Event

Text: Henrik Kürschner | Fotos: Nady El-Tounsy

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er Solemart wartet immer wieder mit Highlights auf, so war es auch dieses Mal wieder. Die Berliner Version fand im alten, aber noch einsatzbereiten Zeiss-Groß-Planetarium statt, einem ziemlich eindrucksvollen Kuppelbau, dessen kreisrundes Parterre ganz den Sammlern, Händlern und Marken gewidmet war. Nike war im Zentrum angesiedelt, und zwar mit einer wunder­ baren Timeline, die letztlich beim Thema Hyper­ fuse endete. Adidas hatte einen „Design Your Own“ Stand, wo direkt am Screen entworfen werden konnte. Andere wie Supra, Lacoste, LookyLooky oder Reebok zeigten ihre aktuellen Kollektionen. Das Herz der Veranstaltung waren aber die Tische der Händler, wo circa 1000 Leute zwischen unzähligen Schuhen und allerhand Memorabilia wählen und sich austauschen konnten. Wer seine heißgeliebten Schuhe nicht auftreiben konnte, hatte noch mal eine Chance bei der Schnitzeljagd, die ­von den Turnschuhzuhältern veranstaltet wurde. Nach allerhand Stationen, an denen man Aufgaben lösen musste – zum Beispiel in kürzester Zeit einen Schnürsenkel von einer Stange lösen – gab es das Lösungswort „Eat Our Dust“. Auf die drei Gewinner wartete je ein Paar Air Max 1 Hyperfuse Promo Hyperstrike. Insgesamt haben die Solebox Brüder an einem wunderschönen Sonnentag eine wirklich gelungene Veranstaltung gezaubert, die die verschiedensten Leute zusammen­gebracht hat. Die Stimmung war groß­artig und das Ganze machte Lust auf mehr. SNEAKERS 4/2011

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Event

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T e i m a z’ k o l u m n e

Ü b e r E x k lu s i v i t ä t

Loving you is K†lling me

»Es ist wie in der StädteEntwicklung – die Künstler ziehen in ein bestimmtes Gebiet, die Galerien ziehen nach, mit ihnen die Käufer, und am Ende steigt der Mietspiegel.«

Von Teimaz Shahverdi, Betreiber des Azita Store in Frankfurt (azitastore.com)

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istribution bedeutet eigentlich nichts anderes als Vertrieb. Aber hinter dem Vertrieb steckt eine ausgeklügelte Politik, über die Marken versuchen, ihr Image zu steuern und die am Ende des Tages auch ihren Charakter wiederspiegelt. Distribution ist die Aufteilung von Gerichten an die passenden Feinschmecker. Aber die Feinschmecker geraten dadurch oftmals unter Druck, was sehr negative Folgen haben kann. Es ist wie in der Städte-Entwicklung – die Künstler ziehen in ein bestimmtes Gebiet, die Galerien ziehen nach, mit ihnen die Käufer, und am Ende steigt der Mietspiegel. Sehr oft führt schlechte Distributionspolitik dazu, dass der Druck auf die kleinen Läden größer wird. Es wird selten Rücksicht genommen und noch weniger geschätzt, was der einzelne Shop für die Gesellschaft oder Industrie leistet. Im Gegenteil. Ist das Ordervolumen zu gering, bekommt er die exklusiven Schuhe nicht mehr angeboten. Die Marge bei Turnschuhen ist sehr gering, und sobald man sie mit minus 30 % anbietet, verkauft man fast zum Einkaufspreis. Die großen Internet-Shops schleudern die Schuhe oft deutlich unter dem Einkaufspreis raus. Wie kann ein kleiner Shop da mithalten? Dazu kommt noch, dass es täglich einfacher wird, Ware aus anderen europäischen Ländern einzukaufen. In Großbritannien kommen die Turnschuhe meist etwas früher raus und sind etwas günstiger. Inhabergeführte Shops sterben aus, beziehungsweise verlieren ihre Liquidität. Das Jonglieren fängt an, und am Ende hat man die Schnauze voll. Es kommt zur Schließung und nach der Trauerzeit kommt lange nichts mehr nach. Aber plötzlich kommt eine riesige Euphorie, sobald wieder jemand einen kleinen, feinen und Inhabergeführten Shop eröffnet. Handselektierter Wareneinkauf mit einer netten Präsentation – die Kopie von der Kopie. Ein vergessenes Original. Durch die Unachtsamkeit der Firmen gehen Shops verloren, und die wiederum freuen sich auf neue Labels, die noch eine fein selektierte Distribution haben. Die neuen Brands werden in den Hypeblogs hoch- und runtergepostet. Wenn man den Tipping Point verpasst, hat man den nächsten Trend verschlafen. Zwei Kreisläufe, die sich immer wieder gegenseitig unterhalten. Das hohe Marketing Budget der großen Firmen färbt unsere Medien, die dadurch abhängig werden, was wiederum Einfluss auf die Beiträge hat.

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Eigentlich ist die Szene bereit und groß genug, sich gemeinschaftlich gegen die schlechte Distribution zu wehren, nur kommunizieren sie nicht zusammen. Im Gegenteil, sie versuchen, sich gegenseitig auszuspielen. Durch die wunderbare vereinfachte Logistik sollten die MajorTurnschuh-Hersteller anfangen, eine Europapolitik einzuführen. Sie sollten ihr Sortiment in Themen definieren und die Themen mit dem richtigen Personal besetzen. Sie sollten korrekte Verträge anbieten, damit nicht der Vertreter anfängt, aus finanziellen Gründen die Loyalität zu verlieren. Alles kommt irgendwann ans Tageslicht. Das egoistische Vergnügen führt zu Unglaubwürdigkeit und die Gier nach Zahlen ist so groß, dass die Konzentration auf die Shops, die das Produkt wirklich verstehen, untergeht. Es geht ja hier auch um Verantwortung, was den großen Herstellern oft nicht bewusst ist. Man muss den Druck auf die Inhabergeführten Shops, mehr zu bestellen, rausnehmen. Die Szene könnte bei jedem schönen Release ein Get-Together feiern und die Specials blieben dort, wo sie verstanden werden. Die Credibility in der Szene bliebe stabil und würde uns vor den großen Internet-Plattformen bewahren, die den Privatkäufern vorbehalten sein sollten. Das Einstellen von Produkten auf diesen Plattformen bietet die Möglichkeit einer fast kostenlosen Präsenz im Internet. Der Kunde, der weder die Magazine liest, noch Blogs besucht, hat die Chance, ein Produkt zu kaufen, das er garantiert nie auf der Shopseite gekauft hätte. Dadurch wird eine Grenze überschritten und der Hype geht zwangsläufig zurück, denn die breiten Plattformen sind für jeden Laien zugänglich. Die Produkte wirken „normal“ und überteuert. Im Gegenzug müssen die kleinen Shops sich etwas Neues ausdenken, um die Firmen zufrieden zu stellen. Der Mehrwert, den ein Shop für eine Marke mit sich bringt, sollte die Stufe auf der Pyramide ergeben, in die er eingeordnet wird. Klare Trennung und Regeln würden Ärger eliminieren. Im Moment ist das Spiel zu unsicher – wechselt der Vertreter, zieht er seine Stammkunden mit und die Karten werden neu gemischt. Plötzlich hat der Shop seinen Status und Account nicht mehr sicher.

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{ Illustration: Ollanski | Text: Renko Heuer }

ir schreiben das Jahr 1995. Björk veröffentlicht ihr zweites Album „Post“, geht damit noch ein bisschen mehr durch die Decke und verwandelt sich Schon bevor er mit Björk gemeinsame Sache machte, hatte der endgültig in ein wuschiges Wesen von einem an1970 geborene Chalayan für Furore gesorgt: 1993 ließ der junge deren Stern. Ein damals 25-jähriger Modedesigner namens Hussein Hussein seine erste Kollektion vom Stapel, machte damit seinen AbChalayan ist ebenfalls an diesem großen Wurf beteiligt, wenn auch schluss am Londoner Central Saint Martins College. Und legte damit nicht mit den Ohrmuscheln vernehmbar: Er ist es, der die in Luftden Grundstein für eine Karriere als Star-Designer und Dauergast in postfarben gehaltene Jacke entwerfen darf, die Björk auf dem Cover so schillernden Medien wie Vogue und Co. Besagte Debütkollektion des besagten Meilensteins trägt. Ein recht schlichtes Jäckchen eihieß „The Tangent Flows“, und sie bestand aus oxidierten Stoffen, gentlich, das sich bis heute unzählige Menschen angeschaut haben, Seiden- und Baumwolltüchern, die er mal eben hinter dem Haus in während sie den verschrobenen Klangwelten der Isländerin lauschseinem Garten vergraben hatte, um sie erst nach geschlagenen drei ten. Bereits mit diesem Cover und dieser Jacke hatte Chalayan etwas Monaten wieder zu exhumieren und die daraus gestalteten Kleider geschafft, was er mit jedem seiner Werke versucht: die Menschen zu sofort an einen großen Kunden zu verkaufen. Titel und Ansatz – der erreichen. Traditionelle Kanäle, Schubladen, Ansätze zu sprengen, buchstäbliche „Flow“, dazu der hier von Würmern angenagte Hang die Dinge aus klassischen Kontexten zu zerren. Schon damit war zu ungewöhnlichen Materialien, neuen Techniken – zieht sich denn Chalayan quasi unbemerkt ins Leben der Leute eingedrungen und auch wie ein roter Faden durch sein komplexes Werk, das seither fand nicht nur in irgendwelchen elitären Kreisen oder auf exklusiven immer wieder neue Formen annimmt: Mal illustrierte er 111 Jahre Runways statt. Auf einmal hielten die Leute eine Kreation von ihm in Modegeschichte in einer Kollektion, dann war es ein Riesenseifenden Händen – wenn auch bloß ein schmieriges CD-Cover, einen Teil blasenkleid für Lady Gaga oder Strickkleider mit integrierten Gehstövon diesem eigentlich so unschönen Medium, wie man heute weiß. cken. Mal war es Fashion aus Papier, die sich zusammenfalten und Doch damals war ja auch die CD noch recht neu und – unglaublich per Luftpost verschicken ließ, dann Kleider, die mit satten 15.000 eigentlich – irgendwie spannend. Es war die Technik von morgen. LED-Leuchten bestückt waren. Nicht ohne Grund schrieb Wolfgang Und die interessiert Chalayan nun mal. Joop schon 1997 folgende Worte: „Aufmerksamkeit erregt höchstens Noch im selben Jahr revanchierte sich Björk und ging für den noch das Absurde, zum Beispiel die Entwürfe von Chalayan. Aber jungen Designer im Rahmen der Londoner Fashion Week auf den wer braucht Ärmel bis zum Knie?“ Die brauchten in der Tat nicht Laufsteg, nachdem er noch ein paar Kostüme für die Tour zu „Post“ viele, aber sein Design-Know-How stand und steht gleichwohl hoch entworfen hatte. Ihr Kommentar: „Hussein gelingt es wirklich, den im Kurs. Alltag in etwas Magisches zu verwandeln. Diese besondere Gabe, Nachdem er Ende der Neunziger als Design-Consultant für die diese Kraft ist ihm angeboren, und nun bleibt nur die Frage, ob sich New Yorker Strickfirma TSE gearbeitet hatte, gewann er zur Jahrtaufünfzigtausend Geschäftsleute gemeinsam mit ihm an diesen masendwende gleich zwei Mal in Folge den Preis als „British Designer gischen Ort begeben wollen.“ Fünfzigtausend waren es wohl nicht. Of The Year“. Kein Wunder: Seine Kollektionen hatten und haben Aber die Geschäfte laufen gut für den heute 41-jährigen Wahllonstets was von Kunstinstallationen, oder zumindest dann, wenn er doner, der seit Mitte der Neunziger auch unter seinem eigenen Nasie nicht gerade in wieder anderen Medien präsentiert, als Kurzfilm men ein Modelabel betreibt. Auch im Jahr 2011, fünf Studioalben zum Beispiel, und damit andere Filmemacher alt aussehen lässt. Seider Isländerin später, in seinem dritten Jahr als Creative Director für ne Themen: Technologien von morgen, kulturelle Identität, MigraPuma. tion und Heimat – Dinge, die ihm als Zyprioten quasi in die Wiege gelegt wurden, wuchs er doch mit einem Bein im türkischen Teil der Insel, mit dem anderen in London auf, einer Stadt, die er noch immer als „das Pendant zu New York in Europa“ und heute wohl am ehesten als seine Heimat bezeichnet.

Freie Versform bei Puma Schon während des Design-Studiums am Londoner Central Saint Martins College wurde er angeblich stets mit Taschen und Tüten voller Bücher aus vollkommen anderen Gebieten gesichtet: Philosophie, Physik, Architektur, Biologie, Kulturtheorie. Die Früchte dieser Lektüre sollten schon wenig später konkrete Form annehmen: Seit Mitte der Neunziger ist Hussein Chalayan als Querdenker bekannt, als Vordenker an der Grenze zwischen Mode, Kunst, Technologie, die er permanent auszuradieren versucht, sie mit unkonventionellen Inszenierungen jenseits von Catwalk-Modealltag und gängigen Ästhetiken sprengt. Als Modeschöpfer, Künstler und Kreativchef von Puma, bewegt sich der im türkischen Teil von Zypern geborene Allrounder unvergleichlich smooth zwischen den Disziplinen, schlägt immer neue Brücken in seinen Kreationen. Wie das aussehen kann, beweist er diesen Herbst eindrucksvoll mit dem neuen „Urban Swift“, womit Chalayan den guten alten „Clyde“ auf die Überholspur schickt.

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enseits von bloßen „Ost vs. West“-Klischees, die seine Überhaupt bewegt sich Chalayan mit Puma in Zwischenräume Vita ja nahe legt, vereint der mit 12 von Zypern nach Lon- und Nischen – er denkt Sport, Funktionalität und Fashion-Statement don seinem Vater gefolgte Chalayan laut eigener Aussage zusammen und verschweißt diese Bereiche zu einem neuen Hybrid. Dinge aus unterschiedlichsten Disziplinen in seinem „Ja, insgesamt ist die Kollektion auf jeden Fall so ein Hybrid, eine Werk: Architektur, Philosophie, Anthropologie, Wissen- Kollektion, in der Style und Hi-Tech-Funktionalität in so einer Weise schaft und nicht zuletzt Technologie verschmelzen hier kombiniert sind, dass man damit perfekt für die urbane Landschaft zu einem eklektischen Mix, das trotzdem nicht überladen oder zu ausgerüstet ist. Die Kollektion zeichnet sich also durch die Balance intellektuell wirkt: jener gefeierte „After Words“-Couchtisch, der sich zwischen technischem Know-How aus dem Hause Puma und meiwie ein Teleskop zu einem Rock ausziehen lässt, ist auch dann be- nem Ansatz als Designer aus, in den ich immer auch Geschichten eindruckend, wenn man nicht wie er die großen Kulturtheoretiker einfließen lasse.“ Welche Geschichten das konkret sind, sagt er in diesem Fall nicht. Heckspoiler und Batmobil sind nur zwei Konzepte, gelesen hat. „Mein zentrales Anliegen in der Modewelt war immer, dass die die der „Urban Swift“ anschneidet. So rastlos und umtriebig Chalayan auch sein mag, ist er doch alles Kleider die Welt und das Leben widerspiegeln sollen“, so der 41-Jähandere als ein Typ, der nur auf Ruhm oder Geld rige, der für die Venedig-Biennale 2005 mit Tilda aus ist. Es geht ihm um Ideen und deren UmsetSwinton gearbeitet hat, über seinen interdiszipzung, ganz gleich, ob man dafür mit Puma arbeilinären Ansatz. „In den anderen Bereichen der tet oder mit Comme des Garcons. Ihm würde es Kultur passiert das doch auch. Ich wollte einen nie reichen, wenn man seine Kreationen nur im Ansatz verfolgen, bei dem ich immer wieder vor Blitzlichtgewitter auf dem Laufsteg bewundern neuen Herausforderungen stehe und der mich gewürde. Und wenn schon Blitzlichtgewitter, warwissermaßen zum Lernen zwingt. Ich hab schon um dann nicht eines, wo wirklich die ganze Welt immer gerne Theorie gelesen. Und überhaupt hinsieht: Anfang des Jahres lief Lady Gaga bei finde ich zunehmend Gefallen an Widersprüchen, der Grammy-Verleihung in einer Art Kokon auf, den Dingen, die wir zwar irgendwie wissen, aber einer eierförmigen Fruchtblase, wenn man so dennoch nicht klar artikulieren können.“ Nach diversen Kunst-Highlights – Ausstellungen will. Auch die war natürlich ein Chalayan-Design. in der Tate Modern, im MOMA und im Louvre – ist Doch selbst wenn man meinen könnte, Gaga sei er seit 2006 als „Member of the British Empire“ nicht nur im Team das Nonplusultra, die perfekte Figur für einen Designer, weil man der Königin, sondern seit 2008 auch Creative Director bei Puma, wo sich bei ihr so richtig austoben kann, träumt Chalayan doch noch er sich unter anderem um die ursprünglich als „Urban Mobility“ ins von einer ganz anderen Kollaboration: „Ich würde gerne einmal Kate Rennen geschickte Kollektion und damit um Themen wie Urbanität Bush einkleiden. Ihre Welt war immer eine sehr wichtige Inspriatiund Fortbewegung kümmert. Auch das passt wie die Faust aufs Auge, onsquelle für mich.“ wollte er doch als Kind erst Pilot und dann Architekt werden. „Puma Man kann den Ansatz des Utopisten Chalayan durchaus als „Fuby Hussein Chalayan“ ist der offizielle Titel, unter dem seine Arbeit ture Minimalism“ bezeichnen, auch wenn seine Schaffenspalette im nun läuft. Grunde genommen viel zu groß ist für klare Kategorien und derDiesen Herbst stellt er nun den „Urban Swift“ vor, wofür er den artige Schlagworte. Fest steht nur – und das illustrieren die neuen Puma-Klassiker „Clyde“ mit dem Style seiner eigenen „Inertia“-Kol- „Urban Swift“-Sneaker ziemlich grandios: Stillstand ist bei Chalayan lektion, die nun schon zwei Jahre zurückliegt, zusammengedacht nicht drin. Gerade erst hat er einen gefeierten Duft namens „Airhat. Das Ergebnis ist ein schlichter und zugleich extravaganter Snea- borne“ für Comme des Garcons kreiert; seine Monographie wird im ker, handgefertigt an der italienischen Adriaküste, der eher wie eine September bei Rizzoli veröffentlicht. So war es wohl nur eine Frage Skulptur funktioniert und einem durch die Spikes im Fersenbereich der Zeit, dass er seine eigenen Siebenmeilenstiefel launchen würde. die Begriffe „Urban“ und „Swift“ perfekt vor Augen führt. Eingefrorene Bewegung im urbanen Raum – ein neuer großer Schritt für den Design-Veteran aus Zypern.

» Ich würde gerne einmal Kate Bush einkleiden. Ihre Welt war immer eine sehr wichtige Inspriationsquelle für mich.«

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arto saari yachtmaster mid gravisfootwear.com


Interview

Interview

M Å r Ç V $­ T r Ø Ý Über Visionen, Schuhe und das gebloggte Wort

Interview: Holger von Krosigk & Henrik Kürschner

Wir haben von deinem neuen Projekt mit DC Life gehört, wo du eine Gruppe von Bloggern zusammenführst, die alle an einem gemeinsamen Schuh arbeiten. Es scheint ja so, als würde Bloggern dieser Tage immer mehr Beachtung geschenkt werden. Wie würdest du die Rolle eines Blogger in der heutigen Industrie definieren? Die Rolle eines Bloggers sollte sein, dass er Informationen mit anderen teilt, aber seine eigene Meinung mit einbringt. Das ist der Grund, wieso Leute auf Blogs gehen –­ ­sie wollen wissen, was ihr Lieblingsblogger von einer bestimmten Sache hält. Was einige Leute jedoch nicht verstehen ist, dass niemand als Blogger geboren wird. Leute mit Erfahrung und einer bestimmten Meinung haben entschieden, diese online zu teilen – manche Meinungen sind fundierter, andere weniger. That’s it. Du kommst aus Montreal, was eigentlich nicht so ungewöhnlich erscheint, aber vielleicht nicht das, was jeder bei einem bekannten Blogger erwarten würde. Wie hat diese Stadt dich und dein Tun geformt? Diese Stadt hat mich gelehrt, für das zu kämpfen, was ich erreichen will. Ich wollte der Welt immer zeigen, dass Montreal sehr viel zu bieten hat und nicht so hinterher hinkt, wie einige Leute immer denken. Ich bin seit jeher von der Kultur Montreals beeinflusst. Was meinen Beruf angeht - ich liebe die Tatsache, dass ich aus Kanada komme. Es ist ein großer Vorteil, denke ich. Ich habe meine eigene Meinung und einen anderen Blickwinkel, was sich wiederum in meinem Blog wiederspiegelt. Ich denke anders als viele Leute und meine Ziele sind völlig anders gelagert als vielleicht von Leuten, die aus New York oder Los Angeles kommen. Du hast schon an verschiedenen Footwear-Projekten gearbeitet. Was ist an Schuhen so besonders? Ich habe Schuhe schon immer geliebt – wahrscheinlich sind Hip Hop Videos und einige Cover von Rap-Alben daran schuld! Die Maverick Story hat bei mir sofort geklickt. Wenn man den Quellen glauben mag, wurde der Begriff „Maverick“ früher für Vieh benutzt, das die Neigung hatte, Zäune zu durchbrechen und auszubüchsen. Wie würdest du den Begriff auf deine Person anwenden? Welche Zäune hast du in deinem Leben niederreißen müssen? Wow, was für ein Vergleich. Ich denke, dass ich jeden Tag Zäune durchbreche. Wenn ich keine Tür eintrete, macht das Ganze keinen Spaß. Ich will mich in dem, was ich tue weiterentwickeln und schauen, wie weit ich dabei gehen kann. Wenn mich das zum „Maverick“ machen würde, wäre ich wirklich stolz darauf!

» Leute mit Erfahrung und einer bestimmten Meinung haben entschieden, diese online zu teilen – that’s it.«

Marcus Troy in ein paar Zeilen zu umschreiben, ist nicht einfach. Er ist kein Blogger wie jeder anderer, und er ist sicherlich auch nicht der durchschnittliche Sneaker­ head. Sein besonderer Blickwinkel hat mit seiner Persön­ lichkeit, mit seinen Visionen, aber bestimmt auch mit sei­ nem Wohnort Montreal zu tun. Marcus ist eine Person mit vielen Facetten, die sein Blog zu einem digitalen Kon­ sum- und Markenerlebnis werden lassen. Falls das zu abs­ trakt klingt, checkt marcustroy.com, die Seite, die es mitt­ lerweile seit drei Jahren gibt. Schaut euch dort um und entdeckt einige interessante Projekte, die er zusammen mit Nike Sportswear (Maverick Bespokes), Levi’s, Sebago oder auch DC Life gemacht hat. Mehr über sich und seine Person soll er selbst erzählen. 30

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Marcus, was ist Mode und was bedeutet sie dir? Fashion ist ein Geschäftsbereich, der täglichen Konsum anstößt. Ich würde nicht einmal behaupten, dass mir Mode so viel bedeutet. Ich bin eher ein Fan von Style und guten Produkten. Heutzutage sind gute Produkte irgendwie modisch, was nicht immer der Fall war. Welche Rolle spielen Schuhe darin für dich? Ich habe schon immer Schuhe geliebt, Schuhe und Kleidung – einfach für die Art, wie diese Dinge aussehen, sich anfühlen und riechen. Ich besitze hunderte von Paaren und sehe nicht, dass sich das irgendwann mal ausreizt. Wenn ich wollte, könnte ich jeden Tag ein neues Paar tragen und ziemlich lange so weitermachen. Aber ich bleibe für gewöhnlich bei meinen paar Favoriten. Ich will nicht übertreiben, aber Schuhe sind der wichtigste Teil eines Outfits. Du kannst von Kopf bis Fuß top gestyled sein, aber wenn die Schuhe nicht passen, ist alles ruiniert. Oder auch umgekehrt. Wenn du für jemanden einen Schuh machst, woher nimmst du die Inspiration? Ich nehme ständig Inspirationen auf. In jedem Moment, in jeder Sekunde. Ich versuche bei allem, was ich mache, zeitlos zu sein. Wir alle werden ständig älter und ich mag keine vergänglichen Dinge. Ich will irgendwann zurückschauen auf die Dinge, die ich getan habe und immer noch Begeisterung spüren. Letztendlich dreht sich alles um die richtige Vision. Ohne Visionen wären wir als Gesellschaft noch ärmer dran, als wir es schon sind. Ich versuche alles mit einer gewissen Weitsicht zu tun. Liebe, Passion und Vision – diese drei Dinge scheinen bei dir immer eine Rolle zu spielen. Wo schaltest du ab, relaxt und bekommst neuen Input? Ich entspanne vor allem, wenn ich zuhause in Kanada bin. Besonders, wenn ich im Bett liege, relaxe und über die Zukunft nachdenke, fühle ich mich am besten und kann richtig durchatmen.

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Du hast mal gesagt, dass Blogs mehr sein müssen als die bloße Anhäufung von Posts. Da bin ich zu 100 % deiner Meinung – aber was müssen sie dann sein? Was denkst du über Blogs wie Hypebeast, die jeden Tag zwischen 20 und 30 Posts raushauen? Ich betrachte Hypebeast nicht als Blog, sondern vielmehr als ein News Outlet unserer Industrie. Ich wünschte, sie würden noch mehr posten. Sie haben die Rolle von CNN in unserem Business eingenommen, was wunderbar ist. Ich habe schlicht und einfach gar nicht die Zeit, das Netz permanent nach allem zu durchsuchen, was rauskommt. Ich würde gerne auf eine Seite gehen und alle Informationen auf einmal bekommen. Was Blogs im eigentlichen Sinn angeht, mag ich es am liebsten, wenn ich etwas über eine Marke oder ein Produkt lernen kann. Die Story von Filson und ihren Black Label Produkten scheint mir ziemlich interessant zu sein. Du hast schon mal an anderer Stelle über Kollaborationen gesprochen und wie sie „the best of two worlds“ präsentieren sollten. Kannst du uns Beispiele nennen, bei denen das funktioniert hat? Da gibt es so viele, dass ich mich nicht festlegen kann. Ich bin aber extrem stolz auf meine Zusammenarbeit mit DC Life und meinen Bloggerfreunden. Gutes Bloggen hat ja immer sehr viel mit Persönlichkeit zu tun. Bringt man Opfer, wenn man mit großen Companies wie Nike oder DC zusammenarbeitet? Ich glaube nicht, dass man von Opfern sprechen kann, zumindest nicht bei meinem Part in der Sache. Wir gehen Partnerschaften ein, bei denen wir denken, dass wir zusammen das beste Projekt aller Zeiten auf die Beine stellen können. Wir lassen unsere Egos außen vor und versuchen einfach dieses Ziel zu erreichen. Ich habe gesehen, dass abgesehen von dem durchaus positiven Feedback auf deine Arbeit auch ein paar richtig böse Kommentare auf Hypebeast zu lesen waren. Es scheint, als würden viele User die Kommentarfunktion zum „abhaten“ nutzen. Was denkst du über diesen Aspekt der Internetkultur!?

Es ist Teil des Spiels. Jedermann hat das Recht auf seine Meinung und auch darauf, diese zu vertreten. Die Wahrheit ist natürlich wiederum, dass diese Leute mich nicht kennen. Alles, was sie über mich wissen, habe ich ihnen erzählt, also stört es mich nicht. Diese Menschen wissen nur einen Bruchteil über die Brands oder Leute, über die sie ablästern. Was ist die schwerste Aufgabe in deinem Leben als Blogger? Die Emails killen mich. Was für allgemeine Fehler machen die Companies wenn es um Social Media geht? Massen PR-Mails, dich beim falschen Namen ansprechen, dich nerven, dass du über ihr Produkt schreiben sollst, statt eine echte Beziehung aufzubauen. Lass uns mal über deinen Schuhgeschmack sprechen – kannst du uns ein paar deiner Favorites nennen? Ich liebe alle Schuhe, egal ob Sneakers, Boots oder Businessschuhe. Im Moment geht es bei mir um Komfort. Was macht Marcus Troy als Nächstes? Die nächsten Schritte, die ich gehe, sind äußerst wichtig für meine persönliche Entwicklung. Du wirst mein Blog lesen müssen, um zu verstehen, was ich meine. Ich bin keiner, der viel über die Zukunft spricht, ich will sie dir lieber zeigen ...

© 2011 reebok international. reebok is a registered trademark of reebok international Ltd.

» Diese Stadt hat mich ge­lehrt, für das zu kämpfen, was ich erreichen will.«

www.marcustroy.com

Part of the reebok Lite CoLLeCtion, the kamikaze iii keePs signature styLe eLements from the originaL, but its fresh Look is a whoLe new game. snaP Qr Code for more of swizz beatz and the reebok kamikaze iii. facebook.com/reebokclassics

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Store Profile

Interview Viele Songs handeln von Sneakern, was sind da deine Favorites? 1. N ancy Sinatra – These Boots Are Made For Walking 2. The Pack – Vans 3. Geto Boys – Read These Nikes Sammelst du auch oder trägst du nur? Hast du auch richtige „Schätze“? Eher persönliche Schätze, ich bin kein richtiger Sammler und bin ein Fan von Basics. Das einzige Special in dem Sinne ist ein paar signierte Cash Money’s. Grün und Potthässlich. Aber signiert und geschenkt von Cash Motherfuckin Money, das muss reichen.

Weißt du noch, welche Sneaker du bei deinem ersten ITF-­Champion-Titel getragen hast? Nein, aber die Chance ist recht hoch, dass es ein paar riesige Airforce1 waren. Vielleicht aber auch ein paar klobige DVS oder DC’s. Es ist genau zehn Jahre her. Wann bist du zum ersten Mal mit Sneakern in Berührung gekommen – und was hat deine Leidenschaft geweckt? Ich war als Kind immer scharf auf neue Nike’s aus den USA. Das waren damals allerdings eher Basketballtreter. Mein erstes paar Sneaker in dem Sinne hatte ich mit elf Jahren und es war eher langweilig. Ein paar Airwalks, mit denen ich allerdings der Boss in meinem Dorf war. Hat dir schon mal ein Paar Trainer Glück gebracht? Das kann man nicht ausschließen. Ich habe es vielleicht versäumt, so etwas auf meine Schuhe zurückzuführen. Wie viele Paar Schuhe besitzt du? Nur circa 25. Sehr überschaubar, aber ich feiere sie alle. Fünf Favorites in deinem Sneaker-Regal? - Vans Canvas o. Authentic - Air Max Light AM 95 - Nike Toki (white/perf.) - Converse CTS Mid (grey/perf.) - Hausschuhe. I said it.

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Inwiefern haben bei dir Reisen in Sneaker-Metropolen (wie bspw. Tokyo) Auswirkungen auf deine Sneaker-Sammlung gehabt? Dieses „Exclusive“-Ding ist wohl vorbei. Man bekommt überall alles was man möchte (wenn man dafür genug zahlt). Und in den Stores eines Landes steht meist immer dasselbe Zeugs rum. Aber: Ich bin eher immer auf der Suche nach Basics, die zum Beispiel in Deutschland einfach etwas mehr kosten, daher hab ich oft trotzdem den Koffer voll, wenn ich nach Hause komme. Und auch gerne mal eine Ausführung, die man zuhause seltener sieht. Was fehlt noch in deiner Sammlung? Was ist die nächste Anschaffung? - Vans 106 LPE Wool - Gucci Shaman’s www.dj-rafik.com

» Grün und Potthässlich. Aber signiert und geschenkt von Cash Motherfuckin Money, das muss reichen.«

Fotos: Alexander Romey

„Turntablism“ und „Turnschuhe“ – nicht nur die Worte sind sich ­irgendwie ein bisschen ähnlich. Bestes Beispiel für diese Verwandtschaft ist DJ Rafik aka Lukas Langeheine aus Düsseldorf. Er ist der erfolgreichste Battle-DJ überhaupt, mit acht nationalen, zwei euro­ päischen und sechs Weltmeister Titeln. Nebenbei ist er nicht nur Sneaker­ head, sondern vor allem einer der entspanntesten und nicesten­Typen, die man sich vorstellen kann. Vielleicht liegt es daran, dass er auch auf Klassik flasht, genau wie sein Vater, der übrigens bei den Düsseldorfer Symphonikern Orchestermeister war. Oder an ­seinen vielen Reisen, unter anderem nach Tokio, wo sich der Turnschuh-Kreis allerspä­te­stens schließen dürfte – wir haben ihn dazu befragt.

Als DJ hast du einen „stehenden“ Beruf – was trägst du dabei am liebsten? Spielt Bequemlichkeit eine große Rolle? Nee. Wenn ich gut aussehe, reicht das völlig aus. Vans oder Airmax gehen immer.

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Sneak Boutique

Fo to gr af ie: Me rt D端 r端 mo gl u( ww w.m er tp ho to .co m)

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1 Reebok Kamikaze III SNEAKERS 4/2011

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1 Nike Air Force 1 VT Premium 2 Supra Society 38

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1 KangaROOS, Blaze 2 Diadora Queen 70 40

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1 Pointer A.F.D. Sky 42

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1 Onitsuka Tiger, Sunotore GT-X 2 Onitsuka Tiger, Sunotore 3 Onitsuka Tiger, Sunotore GT-X SNEAKERS 4/2011

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1 adidas Ransom Strata 2 adidas Originals, Kopenhagen (Archive Pack) 46

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1 Reebok Night Sky mid 48

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1 Nike, Air Max 90 VT Premium 2 Nike, Air Force 1 Low VT Premium 3 Nike, Dunk High VT Premium 50

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1 Lacoste, Hollandale (Urban Outdoor Collection) 52

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1 New Balance, 420 54

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1 Puma, Faas 300 56

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1 Nike Zoom Hyperfuse (Foot Locker exclusive) 2 adidas Mega Vario (Foot Locker exclusive) 58

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Interview

Interview

— »Ich will gar keine Credits einheimsen für das Design, ich will nur sagen, dass nach dem „Pigeon“ nichts mehr so wie vorher war.«

Interview:

Jeff Staple Text: Henrik Kürschner

Wenn ich irgendwas weiß, dann ist es die Tatsache, dass man nicht die falschen Fragen stellen soll. Das hat mir vor einiger Zeit ein Freund gesagt und ich habe lange darüber gegrübelt, was das eigentlich heißt. Ich habe eine ganze Weile darüber nachgedacht und dann befunden, dass es eigentlich das einzige Problem ist. Die Leute stellen nie die richtigen Fragen und bekommen dann auch immer Antworten, die sie nicht erwartet haben. Jeff Staple war dieser Freund, der mir das mal gesagt hat. Und ich versuche, ganz ehrlich, das seit diesem Tag auch wirklich zu beherzigen. Ehrliche Fragen und ehrliche Antworten machen das Leben auch einfacher. Jeff ist jemand, der das den ganzen Tag lang macht und meistens auch noch nachts. Was dabei rauskommt, ist meist unglaublich, großartig und seiner Zeit ein bisschen voraus. Ladies & Gentlemen, Jeff Staple … 60

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Gib uns doch ein kleines Intro: Wer bist du und was machst du so? Ich habe Staple Design, eine Menswear Kollektion und eine Kreativ-Agentur 1997 gegründet und dann bin ich 2002 auch noch weiter gegangen und habe eine Galerie, einen eigenen Laden und ein Magazin gestartet. Ich bin sowas wie der Hausmeister und der Creative Director von allen. Erzähl’ uns ein bisschen von deiner Zeit, bevor das angefangen hat. Ich hatte nie einen großen „Karriere Job“, nie einen Job außerhalb von Staple. Das war schon immer so, Staple war immer das, was mich angetrieben hat und ich wollte es im Gegenzug weiter antreiben. Und wie bist du in die Sache reingeraten? Ich habe angefangen, T-Shirts zu drucken. Das war noch, als ich in der Schule war. Erst habe ich 12 verkauft, dann 24 und plötzlich waren es 48 Stück. Das war aufregend, doch der Stein rollt weiter und alles wird größer. Nach 14 Jahren sind wir irgendwie immer noch dabei. Du machst eine riesige Menge Klamotten für Staple, eine riesige Menge für andere Leute … wie ist es da mit dem Timing für Designs oder Schuhe klarzukommen? Das ist gar nicht so, wie sich das nach außen hin darstellt. Wir haben gar keine langen Verpflichtungen mit irgendwelchen Schuhherstellern. Wir designen eine Menge Dinge und Sachen und wenn die Zeit reif ist und die Planeten in einer richtigen Konstellation stehen, dann machen wir das Projekt. Das heißt, wenn etwas kommt, was wir irgendwie interessant finden und wir denken, es lohnt sich, dann machen wir Zeit dafür.

Hat der Pigeon Dunk das Sneaker-Spiel komplett neu gestaltet? Ja das hat er. Ich würde sogar soweit gehen und sagen dass dieser eine Schuh die Sneaker-Kultur und die Turnschuh-Kultur als solches verändert hat. Ich will gar keine Credits einheimsen für das Design, ich will nur sagen, dass nach dem „Pigeon“ nichts mehr so wie vorher war. Dieser Schuh hat erstmals etwas erreicht, was es nie vorher gab, er hat Menschen auf etwas gestoßen, das sie vorher nicht kannten. Die Kultur machte einen großen Sprung und jeder konnte es sehen. Die Taube ist wundervoll, aber von meinem Designerstandpunkt aus betrachtet nicht revolutionär – es war ein perfektes Zusammenspiel von vielen Faktoren. Ich freue mich immer, wenn so etwas so klappt! Die Dinge, die wir bei Staple Design gestalten sind für Firmen und Kunden, aber was wir bei Staple Clothing gestalten ist für mich und meinen persönlichen Sinn und Geschmack. Die Taube ist aber etwas Besonderes. Die Taube ist für die Welt, das haben wir gelernt, seit der Dunk draußen ist. Die Taube hat so eine starke emotionale Bindung zu den Menschen, man muss sie befreien und fliegen lassen. Kleiner Spaß.

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Interview

Interview

»Jedesmal, wenn ich ein Paar mache, dann ist das wie ein Traum, der in Erfüllung geht.«

Es gibt tausend andere Dinge, die man nennen könnte, warum ist gerade die Taube ein Meilenstein bei Staple? Das habe ich nicht gemacht, das waren die Menschen … Wir haben immer unser Ohr auf der Straße, und das Wichtigste ist, wir hören zu. Hast Du ein grundsätzliches Faible für Schuhe, oder für das Designen von Schuhen? Jedesmal, wenn ich ein Paar mache, dann ist das wie ein Traum, der in Erfüllung geht. Ich bin schon immer ein Sneakerhead, schon seit der 6. Klasse. Denkst Du manchmal auch an andere Schuhe? Klar mache ich das, wir haben gerade einen Schuh für Timberland gemacht. Ich reife ja auch, ich werde älter, und da sind dann nicht nur Sneakers wichtig. Vielleicht auch mal einen Damenschuh designen? Vielleicht werde ich ja auch ein Cross Dresser, wer weiß das schon? Hahaha! Du arbeitest gerade an deiner eigenen Kollektion, was beeinflusst dich, wo kommen deine Ideen her? Ich bin viel unterwegs und oftmals kommen viele Faktoren zusammen. Mal bin ich mit Freunden unterwegs, mal nur mit Bekannten oder Leuten, die ich noch nie getroffen habe. Ich glaube, das Beste im Leben ist, immer Leute zu treffen und einfach rauszugehen und die Welt anzusehen. Die Ideen kommen dann von ganz alleine. Wie fängt das alles an, wenn du Design startest? Das ist anders – es gibt keinen „An- und Aus-Knopf beim Design. Ich bin immer an, es gibt auch keine Arbeit im eigentlichen Sinne, weil es eine Liebes­ affäre ist. Gibt es ein paar Meetings, beim Essen oder in einer Bar und dann kommst du einfach dazu? Das ist schon mal ein guter Start, Konversation. Das ist die Basis aller Dinge, also dass man sich versteht und zusieht, dass die Chemie stimmt. Das ist, als würde man ein Mädchen daten, man muss auf derselben Wellenlänge sein und man muss auf sein Herz hören und seine Seele in das ganze Projekt einfließen lassen. Das ist ganz wichtig – man muss Geld, Fame, den Hype, alles einfach ausblenden, um ein Produkt zu kreieren, was der Konsument dann auch wirklich haben will. Wenn man nur auf das hört, was der Hype sagt, ist man ganz schnell alleine. Das will niemand. Wie ist der Prozess vom Zeichenbrett, digital oder Stift, zum fertigen Produkt? Das variiert von Produkt zu Produkt. Es ist typisch, dass es viele, viele Takes gibt und Review-Runden, Es ist niemals perfekt beim ersten Mal, niemals. Das darf es auch gar nicht sein. Ich vergleiche die ganze Sache immer mit jemandem, der eine Skulptur macht, der solange Dinge wegnimmt, bis es sich gut anfühlt – so, wie der Skulpteur es haben will. Hast du jemals ein Produkt oder einen Schuh bekommen, wo alles eigentlich „off“ war und so gar nicht deiner Idee entsprach?

Na klar. Ganz oft ist es ja nicht mal das Produkt, was schlecht ist, aber in der Zwischenzeit hat sich irgendwie der Zeitgeist geändert, das ganze Projekt ist plötzlich nicht mehr so, wie es am Anfang war. Die Parameter sind plötzlich ganz andere, und plötzlich fühlst auch du selber dich ganz anders gegenüber diesem Projekt als am Anfang. Aber das ist auch der natürliche Gang einer Sache, genauso gut kann man auch schon betriebsblind sein und zu oft draufgeschaut haben, während der Konsument mit einem frischen Blick dann schnell sagt, dass es das Coolste ist, was er je gesehen hat. Und du selber kannst nur die Schulter zucken … Designst du selbst, um die Sache besser aussehen zu lassen? Das ist von Fall zu Fall unterschiedlich, würde ich sagen. Aber grundsätzlich würde ich „nein“ sagen. Ich bin besessen davon, die Timeline zu halten und alles im Budgetrahmen zu behalten. Andere Designer sind mehr oder weniger Diven und versuchen alles, und ich meine wirklich alles, nach ihrer Fasson laufen zu lassen, ganz egal, was Zeit oder Geld für eine Rolle spielen. Da bin ich viel lieber Realist. Und perfekt wird es eh nie. Man kann nah dran kommen, aber es wird nie perfekt, also will ich den Zeitrahmen nicht sprengen und alles „on point“ liefern. Das ist eine Sache, die dann auch die anderen Parteien glücklich macht. Was ist das beste, oder sagen wir mal coolste Projekt, an dem du je gearbeitet hast? Nike Considered. Das war ein Wahnsinns Projekt von A-Z. Da war alles: Design, gut für die Umwelt, ein super Release … Ein tolles Projekt und ich war jede Sekunde stolz darauf, dabei zu sein.

Wer ist der oder sind die besten Designer, die es gerade gibt? Heute? Die Jungs von Bodega machen super Sachen und Ronnie Fieg ist die nächste Generation. Bist Du jemand, der gerne Schuhe hat, die niemand anderes hat? Jemand, der alte Schuhe sucht und sammelt? HELL YES! Hier noch ein paar persönliche Fragen. Was macht dich glücklich? Das ganz einfache Leben. Stress mildern, am besten keinen haben und die Leute, die mir wichtig sind auch glücklich machen. Bist du ein Tag oder Nachtmensch? Ich bin etwas von einem Nachtmenschen, da mein Business überall auf der Welt ist. Ich gehe meistens so gegen vier Uhr morgens schlafen. Du bist schon über die ganze Welt gereist. Gibt es irgendwas, was jeder gesehen haben sollte? Einmal im Leben nach Hokkaido, das ist im Norden Japans, und es ist unglaublich dort! Als ich dich vor Jahren das erste Mal traf, sagtest du: es gibt keine falschen Antworten, es gibt nur falsche Fragen. Hundertprozentig, gerade letzte Woche habe ich genau diese Worte wieder gesagt. Irgendwelche letzten Worte? Tut mir wirklich leid, dass es so lange gedauert hat! Thanks for your time, it's been a pleasure!

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Kangaroos Head of Design: Marco Lachner

K a n g a ROOS x D e ut s ch e S ch uh f ach s ch ul e

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Es ist bestimmt die erste Zusammenarbeit der Deutschen Schuhfachschule (DSF) mit einem Unternehmen, das die Konsumenten als „Collab“ bezeichnen. Es ist aber genau das – ein klassisches Sneaker-Projekt, bei dem zwei Partner Modelle entwickeln, die in limitierter Stückzahl in den Verkauf gehen. Doch es ist mehr als das, nicht nur weil es weit über Colorways und die Auswahl fertiger Design-Komponenten hinausgeht. Bei „Sneaker Couture“, wie die Aktion offiziell heißt, hatten 12 Studenten den Auftrag, eine Kangaroos Kollektion, bestehend aus 3 Mid-Cuts und 3 Low-Cuts, zu entwerfen, von denen je einer am Ende im Rahmen der Kangaroos „Red Line“ im Sneaker-Store landet. Es ist eine super spannende Kollaboration, und wir hatten nicht nur die Ehre, uns von einigen der Designs zu überzeugen, sondern auch mehr über die DSF zu erfahren, die in ihrer Tradition und mit ihrem Renommee wirklich einzigartig ist. Fachlehrer Martin Thorenz und Kangaroos Head of Design Marco Lachner haben uns das Projekt vor Ort vorgestellt. Selbst wenn man schon ein paar Dinge über die Schuhfachschule gehört hat, realisiert man erst beim Betreten der Eingangshalle, was für eine Institution das wirklich ist. Teils wegen der unzähligen gerahmten Zeitungsausschnitte und Schwarzweiß-Fotos, die die Eingangshalle zu einer Hall of Fame machen und die wir bewundernd mustern. Teils aber auch wegen der Aura der Räumlichkeiten und der sichtbaren Hingabe der Menschen, die man dort trifft. Um das alles zu verstehen, muss man aber noch weiter ausholen und den Ort Pirmasens etwas erklären – denn dort steht das „ISC“ (International Shoe Competence Center), in welchem die Deutsche Schuhfachschule ihren Sitz hat, nicht zufällig. Pirmasens ist die deutsche Schuhhauptstadt überhaupt. Kaum eine andere Stadt in Deutschland ist so sehr mit einer Branche verbunden. Über 300 (!) Schuhfabriken gab es einmal in dieser Stadt. Fast jeder, der in der deutschen Schuhgeschichte Rang und Namen hat, hat sein Fachwissen in Pirmasens, und zwar an der DSF, angeeignet. Sie wurde 1927 gegründet und bereitet seither Studenten auf das Berufsleben in der Schuhbranche vor. Dass das schon immer bestens gelang, beweisen die vielen großen Namen, mit denen die Schule zu Recht angeben darf. Ein paar Beispiele: Adi Dassler besuchte die Schuhfachschule, die Herren Meindl und Gabor und selbst unser adidas Urgestein Karl Heinz Lang, den wir für diese Ausgabe im adidas Archiv besucht haben, war dort. Er schloss damals als „Bester der Dekade“ ab und berichtet uns im Interview, wie Adi Dassler ihn liebevoll „den Pirmasenser“ nannte – als höchste Form des Respekts. Das alleine zeigt, welchen Stellenwert die Stadt und die Schuhfachschule historisch hat. Die Stadt selbst hat ein wenig an Glanz verloren und es sind nur eine Handvoll Schuhfabriken übrig. Die DSF ist aber weiterhin DIE Institution überhaupt. Mit viel Stolz erzählt uns Martin Thorenz, wo seine Absolventen überall unterkommen, ob bei deutschen Unternehmen wie adidas oder Deichmann oder international in allen möglichen Ländern und Companies – DSF is everywhere.

Im Design-Raum, den ich als erstes betrete, sehe ich 12 Studenten, denen dieser Karriereschritt noch bevorsteht. Sie richten ihre ganze Aufmerksamkeit auf ihr Kangaroos-Projekt und arbeiten an ihren Modellen. Die Chance, die das Projekt eröffnet, ist ihnen bewusst. Es ist zum einen die Möglichkeit, eine ganze Kollektion zu entwerfen, die auch noch in den Verkauf geht. Zum anderen eröffnet es die Chance, über ein Praktikum bei Kangaroos in den Beruf des Schuhdesigners einzusteigen. Und so bin ich beeindruckt von dem, was ich hier sehe. Eine lockere und kreative Atmosphäre, ganz ohne Dresscodes – und auch mal barfuß –, aber hochkonzentriert. Orientierungslos ist hier keiner, denn wer an der DSF aufgenommen wird, hat etwas vorzuweisen und ganz sicher eine abgeschlossene Berufsausbildung in der Branche hinter sich. Sie alle starteten mit denselben Ausgangsbedingungen in das Kangaroos Projekt. Es gab eine bestimmte Sohle, eine Innensohle, einen vorgeschriebenen Leisten sowie ein Set mit Applikationen, die am Schuh angebracht werden konnte. Die einzige Design-Vorgabe war eine funktions­ tüchtige Tasche, die jeder Schuh haben musste. Aber das ist eigentlich klar, denn wir sprechen hier von Kangaroos – SHOES WITH POCKETS! Der Rest, und sogar die komplette Material-Wahl (!), stand zur freien Wahl. Und so sehe ich bei meinem Besuch an jedem Tisch ein Sammelsurium aus verschiedenen Stoffen oder Lederteilen, detailliert beschriftete Skizzen von Sneakern oder auch fertig ausgemalte mit bestimmten Colorways. Für manche war es die erste praktische Arbeit an einem Sneaker, weshalb im Vorfeld viel recherchiert wurde – natürlich auch über unser Magazin! Sneaker gehören aber neben den klassischen Herren- oder Damen-Schuhen zum üblichen Repertoire der Schule.

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»Es war wirklich beein­ druckend, wie viel Herzblut sie in ihre Designs und das Projekt steckten.«

And the Winner is ... diese Kombo von Tina Dauenhauer, die auf der GDS präsentiert wurde und schon bald in Sneaker Stores stehen wird.

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Viele der Studenten sind aufgeregt, als ich sie bei der Arbeit fotografiere. Sie merken, dass das Medien-Interesse groß ist und berichten, ­ dass gerade erst eine Frauenzeitschrift da war. Ein bisschen erhöht das den Druck, der ohnehin schon da ist. Denn am Ende geht nur ein Entwurf in Produktion, das wissen alle. Und so wollte fast jeder der Studenten, ob in der Schuhfachschule oder später in der Kneipe, von mir wissen, welches Design ich am besten fand – auch wenn ich auf den meisten Tischen allerhöchstens eine leise Ahn­ ung haben konnte, in welche Richtung es überhaupt ging. Es war wirklich beeindruckend, wie viel Herzblut sie in ihre Designs und das Projekt steckten. Bei den vielen mitunter langweiligen Routineprojekten in der Footwear-Industrie ist es beeindruckend, zu sehen, wie diese Studenten mit einem ganzheitlichen Ansatz an ihre Sneaker herangehen. Die Schuhfachschüler gehen zwar auch mit einer Design-Perspektive an die Sache heran, aber zusätzlich mit einem fundierten handwerklichen Wissen. Sie verstehen den Schuh und dessen Produktion. Letzteres wird mir noch mal bewusst, als ich Maximilian, einen der Studenten, in der Produktionshalle an der Nähmaschine sehe. Hier wird ein Schuh erdacht, entworfen und in Handarbeit hergestellt – das sieht man nicht häufig. Am Ende profitieren alle von dem Projekt, auch wenn es nur einen Gewinner gab. Die 23-Jährige Tina Dauenhauer wurde im Rahmen der GDS in Düsseldorf auf dem Kangaroos stand gebührend gefeiert. Ihr Sneaker, der mit einer Toe-Box aus perforiertem Leder, dem typischen Kangaroos „Swing“ im Design und einer „Tasche in der Lasche“ daherkommt, geht jetzt in Produktion, und zwar vor Ort in den Hallen des ISC. Am Ende etabliert sich ihr Schuh vielleicht sogar als dauerhaftes Element bei Kangaroos. Wir sind beeindruckt von so viel Substanz und ziehen unseren Hut vor diesem Projekt – Kangaroos und DSF, alles richtig gemacht!


Interview: Quote, Christian Sachse, Tony Toupet, Holger von Krosigk | Fotos: Holger von Krosigk

Es war eine Ehre und ein Tag, den wir so schnell nicht vergessen werden. Die Drei Streifen hatten uns die Pforten zum alten Archiv in Scheinfeld geöffnet, wo wir ein Interview mit Adi-Urgestein Karl-Heinz Lang führen konnten. Einmalig war es nicht nur wegen der unglaublichen Schätze, die die altehrwürdige Einrichtung beherbergt, sondern auch weil das Archiv bereits im Begriff ist, nach Herzogenaurach umzuziehen. Dass wir auch noch zu den Letzten zählen, die den „Archivar“ Herrn Lang kurz vor seiner wohlverdienten Rente interviewen konnten, ist fast zu schön, um wahr zu sein. Er ist nicht nur ein Zeitzeuge von Adi Dassler, er hat auch eng mit ihm zusammengearbeitet – eine faszinierende Persönlichkeit, auch wenn er uns gleich zu Anfang versicherte, „der Langweiligste in diesen Räumen“ zu sein. Vor Ort waren Mr. Originals himself, Quote von Kokscht, die Herren Turnschuhzuhälter Tony Toupet und Christian Sachse und Sneakers Mag Editor Holger von Krosigk. Nach einem Intro von Quote geht’s los mit dem Interview.

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Interview

Intro by Quote Es gibt Träume, die irgendwann wahr werden, auch wenn Außenstehende, deren Herz nicht für Turnschuhe schlägt, das schwer nachvollziehen können. Aber wenn die Möglichkeit besteht, Geschichte anfassbar zu machen, dann sollte man diese Gelegenheit nutzen. adidas öffnete für uns seine

heiligen Hallen, quasi das Herz, ohne welches keine Retros denkbar wären und ohne die die Verkaufs­zahlen beileibe nicht heutige Ausmaße erreichen würden. Das

Archiv beinhaltet tausende Schuhe, Kleidungsstücke und Accessoires, vor allem aber Geschichte und Geschichten aus den vergangenen sieben Dekaden, inklusive Fakes oder auch Schuhe anderer Firmen, die Markenrechtsverletzungen darstellten. ShelltoeVersion einer anderen großen Sneakermarke gefällig? Hier findest du allerhand Kuriositäten. 3000 interne Anfragen im Jahr und wir waren die Zweiten, die dieses Jahr überhaupt hinein durften und die ersten, die nicht intern, also von adidas selbst waren. Mit diesem Wissen waren die Vorfreude und vor allem die Anspannung riesengroß. Zu oft hatte man Mythen gehört oder Fotofetzen im Internet gefunden. Diese Metallregale, die voll stehen mit Klassikern, mit Einzelstücken, mit Prototypen, mit Schuhen von Sportlern. Da ist klar, dass dort

kein Auge trocken bleibt.

Nach einer herzlichen Begrüßung fanden wir uns mittendrin wieder, wo wir eine kleine Einleitung von Barbara Hölschen bekamen, die das Archiv seit dem offiziellen Ausscheiden von Herrn Lang seit über drei Jahren mit einem Team leitet. Nach

kurzer Wartezeit stand er auch schon auf der Matte, der Mann, dem adidas mehr oder weniger das Sammeln alter Schätze und somit die Geschichte der Firma zu verdanken hat. Der 69-jährige selbst bezeichnet

sich zwar nicht als Sammler, aber als Bewahrer, denn nicht allen Geschäftsführern von adidas war es wichtig, Altes zu erhalten. Umso besser, dass es Leute wie Lang gibt, die mit Leib und Seele dabei sind und alte Schätze aus nassen Kellern retteten und nun die vorhandenen Sachen nach und nach archivieren. Man kann sich denken, dass sich in 70 Jahren so einiges ansammelt! Also wird fotografiert, recherchiert und katalogisiert. Anders als erwartet, werden die Devotionalien nicht sonderlich speziell behandelt, lediglich vor der Sonne geschützt stehen sie dort einzeln oder paarweise in den Metallregalen, die Herr Lang über die Jahre „organisiert“ hat, wie er selbst sagt. Sowieso war es eine Messe, an

den Lippen des Mannes zu hängen, der noch zusammen mit Adi Dassler arbeitete und seit nunmehr 36 Jahren in der Firma ist. Etliche Anekdoten wurden ausge­packt und es war ein reines Vergnügen, ihn mit dem bisschen Wissen, was wir hatten, zu löchern und einige Sachen in Erfahrung zu bringen. Schon bei diesen Gesprächen

wanderten die Blicke immer wieder in die Regale, wo so einige Sachen standen die man live nur schwer zu Gesicht bekommt. Nach dem informativen Teil war es nun an der Zeit, die Schuhe mal näher zu inspizieren. Und Gott sei Dank standen die Regal­ reihen relativ nah beieinander, so dass man sich ohne Probleme an deren Böden festkrallen konnte, wenn man wieder einmal einen Gral zu Gesicht bekam, Schnappatmung inklusive. Ich denke nachdem wir da durch waren, mussten die erstmal feucht durchfeudeln. Sabber oder Ejakulat, sucht es euch aus. Ist schon witzig, Erwachsene und vor allem Sneaker-gestandene Leute zu sehen, die wie kleine Kinder durch die Reihen flitzen, eine Granate nach der anderen rausholen und sich gegenseitig mit „Aaaahhhs“ und „Ooooohs“ überbieten. Nichts desto trotz hat das Archiv leider einige Lücken, was sich dadurch bemerkbar machte, dass Tony und meine Wenigkeit jeweils Galoschen an den Füßen hatten, die das Archiv leider nicht beherbergt. Ich glaube wir wären da sehr gerne mit vollen Taschen wieder rausspaziert. Das war aber nicht Sinn der Sache. Es war wirklich ein Fest, das mal gesehen und vor allem den Mann dahinter mal persönlich kennengelernt zu haben. Es war uns eine große Ehre und ein unvergesslicher Tag, ich träum’ heute noch davon ... 70

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Interview: Karl-Heinz Lang Herr Lang, wie weit geht das Archiv insgesamt zurück – sprich: wie alt ist der älteste Schuh hier? KARL-HEINZ LANG: Hier in den Räumen ist eine halbwegs voll­ ständige Sammlung, bis auf die Dinge, die schon in Kartons verpackt sind für den Umzug. Der älteste Schuh, den wir hier haben, ist von 1890. Die älteren Schuhe sind natürlich zwangsläufig Leichtathletik oder Fußballschuhe, weil diese Sportarten geschichtlich so weit zurückgehen. Alles andere kam später, durch die Jogging oder Running-Bewegung und so weiter. Also wie ihr seht, Geschichten über Schuhe gibt es hier massig. Man muss nur was raussuchen und man findet garantiert was. Selbst der Superstar (direkt hinter uns sehen wir übrigens ein Superstar Fake!), ein Basketballschuh mit einer beeindruckenden Geschichte. Die hat gar nichts mit der Mode zu tun, das war schlicht und einfach der erste wirklich durchsetzungsfähige Lederschuh im Basketball. Der hat alles umgekrempelt, von oben bis unten. Damals hatten innerhalb von zwei Jahren plötzlich 90 % der Spieler diesen Schuh an. Davor gab es ja nur Canvas-Schlappen. Die Basketballspieler wollten damals keine Stiefel haben, das galt damals als unmännlich, das war was für Weicheier. Es hat einige Zeit gedauert, bis sich das durchgesetzt hat. Gibt es hier im Archiv auch alte Textilien oder nur aktuelle? KARL-HEINZ LANG: Die Textilien der 50er Jahre bis in die 70er Jahre waren sehr einfach gestrickt, das war etwas Baumwolle, eine Bügel­falte war dabei, das waren schon andere Zeiten. Der Markt war damals einfach nicht bereit dafür. Heute ist das ja wirklich Hightech. Ich weiß noch, dass in den Anfangsjahren alle Leute aus dem Schuhbereich ganz pikiert nach ganz unten geschaut haben, wenn jemand mit Textilien kam. Das war nichts Besonderes. Aber klar, alte Trainingsanzüge haben wir natürlich schon da.

Wie entscheiden sie denn überhaupt, was archiviert werden muss und was nicht? KARL-HEINZ LANG: Das ist eine hervorragende Frage und eine, die ich sofort weitergebe! (Herr Lang schaut zu Frau Hölschen und beide lachen, dann spricht er weiter) In der Tat, das ist die Frage, die ich mir auch immer stelle. Und ich bin zutiefst überzeugt, dass es das schwierigste Problem überhaupt ist. Was sammle ich? Was bewahre ich auf? Es ist unmöglich, hier irgendwann 600.000 Teile aufzubewahren. Aber wer entscheidet das alles eigentlich? Früher, als diese Sammlung entstanden ist, waren die Kriterien klar, heute nicht mehr ... Sind diese Kriterien irgendwo schriftlich festgehalten? (Hier meldet sich Barbara Hölschen zu Wort, die die Abteilung History Management im Unternehmen leitet. Sie ist Expertin für Unternehmens­ archive und -museen mit dem Ziel, die einzigartige Geschichte von adidas für die Marke einzusetzen.) BARBARA HÖLSCHEN: Ja, wir haben feste Kriterien. Wir müssen damit auch sehr streng sein, vor dem Hintergrund, dass pro Saison 16.000 neue Produkte auf den Markt kommen, und da ist Merchan­ dise nicht einmal eingerechnet. Bei den Schuhen haben wir drei Kategorien: Zu „A“ gehören solche, die von Athleten zu einem bestimmten Event getragen wurden, die sind Originale und gibt es nur einmal und verlassen das Archiv nicht. Wir versuchen die Sportler zu überzeugen, dass sie uns die Schuhe zurückgeben, weil wir dafür sorgen, dass sie sich damit bei uns verewigen. Unter „B“ führen wir technische Innovationen oder auch neue Farbkonzepte. „C“ wiederum ist ein großer Bereich mit Produkten, die es häufiger gibt, mehr als drei Mal, die man auch auf Anfrage verleihen kann. Wir nehmen uns aus Kollektionen nur jeweils drei Teile heraus und sprechen mit den Designern oder Produktentwicklern, um herauszufinden, was stellvertretend für die Gesamtkollektion ist. Wir haben da auf jeden Fall recht strenge Kriterien … SNEAKERS 4/2011

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Interview

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adidas Abdul Jabbar

Gab es mal die Überlegung, ein Museum aus dieser Sammlung zu machen? KARL-HEINZ LANG: Ja, klar, adidas hatte ja sogar ein Museum. Vorher war das alles eigentlich nur eine Sammlung, die zu technischen Zwecken benutzt wurde. Die befand sich in der ursprünglichen Fabrik am Adi Dassler Platz. Da gab es ein paar einfache Holzregale, da stand alles. Eine Menge Leute hatten daran mitgearbeitet, am Ende auch ich. Viele Leute wurden hochgeschickt, um Ideen zu sammeln oder Fehler zu vermeiden, oder auch um zu sehen, was es überhaupt alles gibt. Als dann immer mehr Prominenz kam, gab es eine Menge Leute, die sagten, dass man das doch zeigen soll. Dann gab es ein kleines Museum, oder zumindest sah es halbwegs so aus. Sie hätten wahrscheinlich die Hände über den Kopf zusammengeschlagen (schaut zu Frau Hölschen). Am Ende wurde das alles aufgelöst. Öffentlich war es nie, das richtete sich nur an Mitarbeiter. Wir hatten damals wahnsinnig viele Anfragen. Gab es hier nicht mal eine kleine Ausstellung? (Quote stellt diese Frage, denn er war vor Jahren deshalb einmal nach Scheinfeld gefahren, nur weil er von der Ausstellung hörte. Leider öffneten sich damals die heiligen Hallen für ihn nicht) KARL-HEINZ LANG: Doch das stimmt. Als ich das hier rübergeholt habe von Herzogenaurach, hatte ich diesen Raum hier als eine erste kleine Ausstellung genutzt, aber nur intern. Vor zwei Jahren war die Ausstellung noch oben im Global Trainings Center, das war ja mein letzter Bereich. Dort hatte ich eine relativ große Aus­stellung mit allen möglichen Vitrinen, alles zusammengeschustert von diversen Events. Das war so ein richtiges Sammelsurium, aber doch irgendwie nett. Das passt nicht zusammen, dass man hier archiviert und da drüben Teile rumstehen hat. Das muss kompakt sein, alles alarmgesichert …

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ARL-HEINZ LANG: Früher, da wurden Schuhe zurückgeholt, um sie zu analysieren, da wurden wichtige Innovationen dokumentiert, da wurden auch eine Menge Fehler festgehalten, also alles, was gnadenlos schiefgegangen war. Und selbstverständlich, je mehr Prominente zu Besuch waren, desto größer war das Interesse, die Schuhe auch zu zeigen. Einen anderen Teil der Sammlung sieht man hier – das sind Konkurrenzfabrikate oder sehr alte Schuhe. Diese Sachen dienten dazu, sich gegenseitig zu kontrollieren, denn da war ja noch der kleine Bruder von der anderen Seite der Aurach. Da sind auch etliche Schuhe dabei, an denen noch die Zettel dranhingen mit Rechtsgeschichten, also wo irgendwelche Patente oder Gebrauchsmusteranwendungen verletzt worden sind. Und auch ein Adi Dassler musste mal irgendwo anfangen. Er musste ja erst mal sehen, wie machen das die anderen. Er kaufte sich also ein Paar Fußballschuhe und stellte fest, dass sie am Thema Fußball völlig vorbeigingen. Das ist der Vorteil, wenn man selbst Fußball spielt (Wir wenden uns dem Regal mit den alten Fußball­ schuhen zu – massive, schwere Stiefel stehen vor uns). Das, was hier steht, die schwarzen, man muss sich vorstellen, Ungarn 1954, wenn man die Dassler Schuhe von 54 sieht, kann man sich vorstellen, dass er den Sport komplett neu geschrieben hat. Ihn neu definiert mit dem entsprechenden Produkt. Deswegen sind diese Vorgängerschuhe da.

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adidas Prototyp

adidas Promodel

Wurde denn hier schon mal was geklaut? Immerhin stehen hier ja unglaubliche Werte … KARL-HEINZ LANG: Woher soll ich das wissen? (lacht) Denn diese Dinge sind ja alle noch nicht anständig archiviert. Doch … im Laufe der Jahre ist schon viel verschwunden. Lange vor dieser Zeit schon. Man kann das auch durch Fotos belegen. Zum Beispiel von 1954 sind eine Reihe Schuh verschwunden, denn ursprünglich waren damals alle original Schuhe der Weltmeisterschaft bei adidas. Die Spieler mussten sie wieder rausrücken nach dem Spiel. Aber heute haben wir noch die von Fritz Walther, Max Morlock und Hans Schäfer. Der hatte unglaublich gerne Nockenschuhe an, den musste man im Endspiel fast zwingen, die Stollenschuhe anzuziehen. Es wurden über die Jahre viele Geschenke gemacht. Da kommt ein Promi vorbei und niemand fällt was Besseres ein, als ihm einen Schuh zu schenken. Auf die Art hat der DFB auch viele Teile bekommen, die ich lieber hier sehen würde. Mittlerweile machen sie auch was damit, aber eine Zeit lang war das nur in den Katakomben verschwunden. Der Vorstand ist heute sehr viel sorgfältiger damit. Ich erinnere mich noch gut daran, dass Herbert Hainer vor zwei Jahren mit einem Gentleman sprach, dem man einen Nachbau eines englischen Fußballstiefels von 1910 schenken wollte. Er hat bestimmt fünf Mal nachgefragt, ob er das wirklich tun kann, ob man den Schuh wirklich rausgeben kann. Wir konnten ihn beruhigen, weil es ein Nachbau war. Sie benutzen das Wort „Archiv“ sehr vorsichtig – warum? KARL-HEINZ LANG: Das sind alles Begriffe, die man leicht falsch anwenden kann und Fachleute erzählen einem dann, wie das ist. Leute von adidas bezeichnen es oft als Museum, was es

überhaupt nicht ist. Den Begriff „Archiv“ kann man vielleicht anwenden, wenn man alles zusammensieht. Wir haben ja auch Dokumente und Akten, und Akten archiviert man. Aber für mich ist es nur eine Sammlung, die jetzt zu einem Archiv umgesetzt wird. Wir erfassen Dinge professionell und führen sie irgendwann der Öffentlichkeit zurück, in welcher Form auch immer. Das hier ist Basisarbeit und dauert sehr lange. Wer hat denn das Archiv ursprünglich initiiert? Ging das auf Adi Dassler zurück? KARL-HEINZ LANG: Die Ursprünge gehen extrem weit zurück. Das Archiv ist demnach so alt wie der älteste Dassler Schuh, also wir sprechen von 1925. Das heißt, der Adi Dassler hat von Anfang an Schuhe gesammelt. Er hat Schuhe zurückgeholt, hat sie sich genau angeschaut und daraus was gelernt. Er stand ständig mit Athleten in Kontakt, hat mit ihnen gearbeitet, sie beobachtet, sie nach ihrer Meinung gefragt und immer gesagt, „du gibst mir deinen alten Schuh und kriegst einen neuen dafür, der besser ist“. Und das hat funktioniert. Das war keine Promo­ tion Geschichte, sondern eine Kooperation von Leuten, die gleich gedacht und gefühlt haben. Das waren ja noch andere Zeiten, die Welt war noch kleiner und übersichtlicher, da war alles lokaler. Viele Leute haben sich von sich aus mit eingebracht, so wie der damalige Reichstrainer vor dem Krieg, Jo Waitzer. Also Adi Dassler hat sich nicht irgendwo auf die Bank gesetzt, sich am Kopf gekratzt und plötzlich war eine Idee da. Das war schon harte Arbeit, Kooperation mit den Sportlern. Daher sind bei den alten Schuhen viele gebrauchte dabei, die Sportler auch wirklich anhatten. SNEAKERS 4/2011

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Von links nach rechts: Tony Toupet X Stan Smith / adidas Instinct Baby / Superstars / Conductor's / Metro Attitude/ zwei Mal Basketball-Schuhe späte 80er Jahre / Superstars / Quorum / RX 9500 / ZX 8000 / ZX 5000 / ZX 6000 Sample / ZX Hybrid (X-Series Sohle) / dazugehörige Tubular X-Series Sohle / TRX

Von links nach rechts: APS / 80s Running Sample / Jupiter / early 90s Runner / Oregon / ZXZ / Gazelle / Mexicana / Nite Jogger / Unknown / Achill / Trimm Trab's / Micropacer NL / TRX Trainer / Rochester (Sample) / de Castella

Es gibt ja diese Legende, dass Adi Dassler nur anfing, zu schustern, weil er kein Bäcker werden wollte. Was ist da dran? KARL-HEINZ LANG: Das ist eine alte Mär. Es stimmt zwar, dass er kein Bäcker sein wollte, auch dass er irgendwann angefangen hat, zu schustern. Aber dass er sich hingehockt hat und Weltklasse Sportschuhe gemacht hat, ohne das gelernt zu haben, ist albern. Das geht auch gar nicht. Schuhe machen ist sehr kompliziert und er hatte erfahrene Schuhmacher um sich herum. Die waren damals alle arbeitslos, und einen Teil seiner Familie spannte er im Betrieb auch ein. Es ist genauso eine Mär, dass Adolf nur der Tüftler war und mit Schuhen rummachte, während Rudolph der Verkäufer oder „Marketing-Mann“ war. Also in einer Werkstatt von 20 Quadratmetern, da macht man eine Handvoll Schuhe – da braucht man kein Marketing, da muss jeder anpacken. Erst 1927 fand der Umzug statt. Das war immer noch sehr klein, so wie dieser Raum hier vielleicht. Und an der Decke waren Elektromotoren mit Wellen und Treibriemen hingen herunter. Die Maschinen waren so schwere Teile, auf die die Treibriemen draufgeklatscht wurden. Wenn man fertig war mit der Arbeit hat man den Riemen wieder runtergeholt. Die waren ziemlich gefährlich, diese Dinger. Wenn sie alte Bilder von Adi Dassler anschauen, werden sie feststellen, dass er einen Zeigefinger verloren hatte. Das war nach dem 2. Weltkrieg, aber er arbeitete noch immer an denselben Maschinen. Das waren diese Stanzmaschinen, mit denen man Ledersohlen machte, die schlugen oft nach und die Stanzmesser hatten keine Sicherheitsbügel, wie man das von heute kennt. Und so verlor er seinen Finger.

Wie lief das Vorstellungsgespräch ab? KARL-HEINZ LANG: Ich bin damals reinmarschiert und sollte auf den ehemaligen Schwiegersohn warten. Der hat mich dann sehr überzeugt. Er war nicht sehr tricky und hat nicht diese Spielchen gemacht – gucken, wie der Bewerber reinkommt oder „ich sitze höher, der niedriger“ … Der war einfach nett, freundlich und offen. Ich hatte lange genug die Schulbank gedrückt und wollte den Job. Er ging dann kurz raus, kam wieder rein und meinte, „ich hab’s mir überlegt, ich will dich haben. Du kriegst den Vertrag und wenn du einverstanden bist, schickst du ihn wieder zurück, wenn nicht, wirfst du ihn weg. Dann hatte ich das Glück, Adi Dassler zu treffen. In einem Meeting muss ich etwas gesagt haben, das ihm gefallen hat. Dann sagte er „sie kommen mit. Ich wusste ja gar nicht, dass ich so junge Leute habe“ – ich war da schon über 30. Und dann habe ich für ihn gearbeitet. Trotz meiner Kenntnisse, die ich damals hatte, war es aber nicht so, dass ich der große Designer oder sonstwas war. Nur ich habe damals aufgrund der sehr kurz zurückliegenden Ausbildung Dinge mitbekommen, die andere, die nur mit dem Schuh befasst waren, nicht kannten. Ich kannte den ganzen wissenschaftlichen Teil von A bis Z, Biomechanik, Physik, Chemie, ich kam mehr von der praktischen Seite als von der Design-Seite. Ich wäre eh nie in der Lage gewesen, richtig gutes Design zu machen, denn in dem Moment, in dem man den Ingenieur und Designer in sich hat, überlegt man bei jedem Strich, was er kostet.

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Wie sind sie selbst damals zur Firma gekommen? KARL-HEINZ LANG: Als ich kam, hatte ich schon eine solide Ausbildung hinter mir. Ich komme ja aus Pirmasens und ich habe 40 Jahre nach Adi Dassler dieselbe Schule wie er besucht (Anmerkung der Redaktion: Die Schuhfachschule, heute „ISC“, über die wir auch im Kangaroos Artikel berichten). Aber damals herrschte in Pirmasens eine reine Monostruktur, so dass selbst der Dümmste irgendwann bemerkte, dass es bergab ging. Man musste sich entscheiden, geh ich raus oder bleibe ich da … Und die Entscheidung, zu gehen, hatte ich getroffen. Ich wusste aber, dass man sich ohne gut aussehende Zeugnisse und Dokumente sich nicht bewerben musste, schon gar nicht international, also habe ich mir die verschafft. Aber ich hatte schon vorher alles, was das Schuhemachen und Designen betrifft intus. Mein Mentor, der mir alles von der Pieke auf beigebracht hatte, wollte zusammen mit mir ein Studio aufmachen, aber er starb sehr früh, an Kriegsfolgen im Alter von 43 Jahren. Mein Plan war also geplatzt. Ich ging zur Schuhfachschule und wurde letztlich ausgezeichnet als bester Absolvent der Dekade – der 70er Jahre – und konnte mich vor Angeboten nicht mehr retten. Zuerst wollte ich ins Ausland, aber dann kam von adidas eine Einladung, weil Käthe Dassler hervorragende Beziehungen in ihre alte Heimat Pirmasens hatte und mein Ruf mir vorausgeeilt war. Also luden sie mich ein ... Damals war die Firma noch relativ klein und überschaubar.

Und wie kamen sie dann mit dem Sammeln /Archivieren in Berührung? KARL-HEINZ LANG: Ich bin selbst kein Sammler, das war mir alles ziemlich wurscht. Das war für mich einfach eine technische Bibliothek. Das war es lange Zeit, dann kam das Museum und ab und zu Museumsführungen, wenn der Franz Josef Strauß da war zum Beispiel. Aber das war mehr oder weniger eine kleine Geschichte. Ich war eine Zeit im Ausland und wurde danach aus der Operativen rausgelöst und bekam die Aufgabe, ein Ausbildungszentrum aufzubauen. Das habe ich getan, das gibt’s auch heute noch. Und in dieser Zeit, ca. 2002, da waren die Originals schon auf dem Markt, da war ein richtiger Trend spürbar. Und in dieser Zeit tauchten in Scheinfeld diese Vitrinen auf. Das Museum war schon geschlossen und dann sah ich diese Schuhe und dachte, hoppla, die sollten da nicht unbedingt drin sein. Dann wurde ich wach und fragte mich, wo die Schuhe hin verschwunden waren. Das war dann im Keller, es war sehr feucht … und dieser Geruch, wenn man reingeht, alleine der Geruch sprach Bände. Ich habe mir dann ein paar Schuhe rausgesucht, bin rauf zu unserem Vorstand. Da wurde so viel geredet über „Heritage“ und was der Teufel alles. Ich bin dann rauf und habe zwei, drei dieser Schuhe auf den Tisch gestellt und habe gesagt „das ist eure Heritage“. Der Herbert Hainer hatte damals gerade erst angefangen. Dann habe ich ihm erklärt, dass das alles kaputt geht, die ganzen Polyester-Urethan-Sohlen oder Schaftteile, alles geht kaputt. Dann hat er mich zum damaligen Vorstand Personal geschickt, mein zuständiger Vorstand, und der bat mich um einen einfachen Plan, der auf ein Din A4 Blatt passen sollte. SNEAKERS 4/2011

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Tony Toupet kurz vor dem Kollaps

»Dann gibt es einige Schuhe, bei denen ich persönlich meine Finger drin hatte, die bedeuten mir emotional etwas.« [ Karl-Heinz Lang ]

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Wie sah die Location hier in Scheinfeld zu der Zeit aus? Wie Doch die Patente waren alle untauglich, und alle später entwikann man sich das vorstellen? ckelten waren teurer. Als das Patent von adidas ausgelaufen war, KARL-HEINZ LANG: Das war alles ziemlich zugedreckt, dicke haben alle umgestellt. Und auch heute ist jeder Fußballschuh Staubschichten überall, explosionsgefährdetes Zeug. Zum mit Schraubstollen noch genau mit dem System von Adi Dassler Reinigen musste eine Spezialfirma kommen, die haben sich mit gemacht. Draht auf dem Boden geerdet und haben dann alles abgesaugt. Aber er hatte nicht nur mit dem Schraubstollensystem eine Die Maler, die renoviert haben, habe ich überredet, den Boden sehr einfache Lösung, er entwickelte auch viele unterschiedliche sauber zu machen. Ich hatte kein Budget, gar nichts. Dann Stollen. Teilweise richtige Waffen mit Schlitzen drin … Damals habe ich Regale organisiert (Anmerkung der Redaktion: Herr gab es international noch keine Normen. Die Stollen waren Lang spricht öfters von „organisieren“, und jedes Mal geht ein 18mm hoch und schlank, die gingen glatt in den Boden rein Schmunzeln durch die Runde). Das ist kein Zufall, dass hier und wieder raus. Die Ungarn mit ihren Schuhen tun mir immer verschiedene Regalsysteme sind. Aber es hat sich alles bezahlt noch leid. Man muss wirklich fair sein und sagen, dass die gemacht. Später kamen die ganzen Designer mit Kameras und ungarische Mannschaft eine der besten zur damaligen Zeit war, fotografierten ein Teil nach dem anderen, alle waren sie da… vielleicht die beste überhaupt. Und dann hatten sie etwas Pech, Und trotz dieser Vorgeschichte haben sie selbst keine emotiotrafen auf eine engagierte Mannschaft und hatten dazu noch nale Verbindung mit diesen Dingen? widrige Umstände … KARL-HEINZ LANG: Nein, zu 100 % nicht. Ich bin absolut kein Sammler, eher ein Wegwerfer. Ich habe schon eine Beziehung dazu, einfach die Verantwortung und das Wissen und die Überzeugung, dass es um eine Sache mit einem großen Wert geht. Wenn man für so eine Firma arbeitet, darf man das nicht vor die Hunde gehen lassen. Haben sie auch selbst, also privat, wertvolle Schuhe? KARL-HEINZ LANG: Ja, aber die haben alle nur eine persönliche Beziehung zu mir. Ich habe zum Beispiel ein Paar Schuhe zu Hause, die habe ich schon sehr lange, mit denen bin ich den Bright Angel Trail am Grand Canyon gelaufen. Die werde ich nie hergeben, das war so ein tolles Erlebnis. Dann gibt es einige Schuhe, bei denen ich persönlich meine Finger drin hatte, die bedeuten mir emotional etwas. Darunter auch der letzte Schuh, den der Adi persönlich gesteuert hat, also die Grundidee kam von ihm, er hat die Aufgabe gestellt, kontrolliert – das war 1977. Ansonsten sehe ich gerne schöne Schuhe, überhaupt schöne Sachen, egal ob Schuhe oder nicht, und ich bin beeindruckt von Ideenreichtum. Es sind so viele verblüffende Dinge entstanden. Wenn man sieht, in welcher Zeit das entstanden ist. Dinge, die heute selbstverständlich sind – wie sie geboren und durchgesetzt wurden. Das mit den Fußballschuhen ist ein typisches Beispiel. Man sieht das ja hier bei den alten Modellen. Das sind Schutzschuhe, die nur dazu da waren, den Fuß zu schützen. Teilweise sogar mit Stahlkappen. Die sind bewusst breit, hoch und steif, bombenfest. Später hat man Bergstiefel so ähnlich gemacht. Wie war denn ihr persönliches Verhältnis zu Adi Dassler? Man kann sich den Stil vorstellen, den so etwas hervorbringt. Ich hatte ein sehr gutes Verhältnis zu ihm, sehr respektvoll. Das Der englische „kick and rush“ Stil? kann man unter anderem an der Anrede ablesen. Zu Anfang KARL-HEINZ LANG: Ja, das war auch in den 50er und 60er Jahhat er mich mit meinem Nachnamen angeredet, dann mit meinem ren noch so. Was kann man mit diesen Schuhen auch anderes Vornamen, aber trotzdem „Sie“ gesagt. Und zum Schluss war ich machen? Bauernkappe und hinterherrennen. Ich habe mich nur noch „der Pirmasenser“, das war dann die höchste Stufe, die öfters mit englischen Kollegen unterhalten, mit Journalisten. Ich man erreichen konnte. Er hat mir auf jeden Fall sehr vertraut. habe immer betont, dass es heute anders ist – ja, bei ManchesIch war sicher nicht sein Herzensbube, da hatte er Jungs um sich ter, bei Arsenal, bei Liverpool … aber die haben alle gesagt, geh rum, die als Lehrling bei ihm angefangen hatten und bis zum heute mal zu den Amateuren aufs Land, die spielen denselben Schluss da waren. Das war ein unglaublich intimes Verhältnis. Aber „Stiefel“ und haben immer noch eine Vorliebe dafür. Und das ist er vertraute mir und gab mir Aufgaben, bei denen ich selbst dachte – das, was ich meine, es ist so genial, wenn sich jemand hinstellt „hoppla, das ist aber mutig …“ und sagt – „Fußball ist ein Running-Sport, man braucht einen leichten und flexiblen Schuh mit Gefühl für den Ball“. Heute ist das selbstverständlich, aber damals eben nicht. Dass dann noch Schraubstollen drauf waren, ist eine tolle Sache, aber mich stört kolossal diese Reduzierung auf die Stollen. Lederstollen haben, nüchtern betrachtet, dieselbe Funktion. Wie oft muss man sie wechseln? Einmal vor dem Spiel, und dafür braucht man einen neuen Stollen, eine Zange und einen Hammer. Es gibt schon Patente aus den USA von vor 1920, aus dem American Football. SNEAKERS 4/2011

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Zum Schluss noch eine für das Archiv existentielle Frage: Was passiert mit den ganzen Schuhen in einigen Jahren, wenn der Zersetzungsprozess, den man jetzt schon sehen kann, weitergeht? Kann man den Prozess irgendwie aufhalten oder verlangsamen? BARBARA HÖLSCHEN: Ja, wir haben dieses Problem mit der Hydrolyse – es pulvert aus, filtert aus, klebt aus … Deswegen haben wir in den neuen Archivräumen kontrollierte klimatische Bedingungen. Wir stehen auch im Austausch mit Vitra Design, da die zum Thema Kunststoffobjekte dasselbe Problem haben wie wir. Die haben auch ein großes Forschungsprojekt, das sich damit auseinandersetzt, wann Kunststoff sich am wenigsten zersetzt, um herauszufinden, wie man eine längere Haltbarkeit schafft. Die haben festgestellt, dass man den Kunststoff auf -256° Celsius runterkühlen muss, weil in dem Zustand die Moleküle ruhen. Kunststoff ist, wie der Name sagt, ein künstlicher Stoff, dessen Moleküle immer arbeiten. Je länger sie mit Luft reagieren, mit Fußschweiß oder Temperaturschwankungen, desto mehr arbeiten die Moleküle und setzen sich in ihre einzelnen Bestandteile zurück. Wir versuchen es nach dem Umzug bei 16 bis 18 Grad, dunkel, und alles kommt in diese säurefreien Archivkartons. Jeder Schuh muss alleine stehen, um keine anderen Einflüsse zu haben. Den Zersetzungsprozess kann man nicht aufhalten, aber wir versuchen ihn hinauszuzögern. Die Bedingungen hier in Scheinfeld sind dafür leider nicht ideal.

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Hatte er besondere Macken oder Eigenarten? Er hat sehr viel niedergeschrieben. Er hatte kein Faible dafür, nur zu erzählen und zu erzählen, wir haben sehr viele Tagebücher gefunden, aber nicht mit persönlichen Geschichten, sondern mit Skizzen von Schuhen, mit Beobachtungen, Verbesserungsideen, mit Hinweisen, was man noch testen sollte. Dafür hat er immer alte Kalender genommen. Am Anfang dachten wir, dass wir dadurch das Datum des Eintrags ableiten konnten, aber er brauchte einfach nur Papier und nahm alles, was herumlag. Ideen kamen ihm, das haben auch andere Mitarbeiter berichtet, spontan, auch nachts, abends oder mal morgens. Und so hatte er immer einzelne Zettel dabei. Meistens lief er mit den Händen in den Taschen herum, in den letzten Jahren war er sehr lässig gekleidet, und hatte immer Zettel in den Taschen. Es kam auch oft vor, dass er nachts einfach angerufen hat, das war nicht ungewöhnlich, aber bei mir war es zum Glück nicht so häufig. Mich hat er immer angerufen, wenn er ein technisch sehr kompliziertes Thema hatte. Auch sonst war er schon sehr geradeaus. Wenn er etwas auf dem Herzen hatte, dann hat man alles um sich herum stehen und liegen gelassen und ist gerannt. Er hat sogar den Klingelton so einrichten lassen, dass das Telefon doppelt so schnell klingelt, wenn er anrief! Heute kann jedes Handy verschiedene Klingeltöne zuweisen, aber damals war das schon eine Besonderheit. Und noch eins muss ich sagen, er war kein Sammler im klassischen Sinn. Dazu hat er viel zu viel zerschnitten.

Immer war er umgeben von aufgeschnittenen, zerteilten Schuhen. Er hat sich auch die Leute sehr genau angeschaut. Auch wenn Leute kamen, die erzählt haben, wie sehr sie Schuhe lieben und mit ihnen leben. Da hatte er ein einfaches Ver­fahren, das weiß ich noch. Als ein Nachfolger für den Technischen Direktor hermusste, hat er sich den Mann vorstellen lassen, in einem kleinen Raum. Er nahm einen Schuh, warf ihn zu ihm rüber und bat ihn, etwas dazu zu sagen. Dann laberte er irgendwas daher, so ein typischer Selbstdarsteller. Dann sind wir raus und Herr Dassler sagte zu mir: Haben sie gesehen, wie er den Schuh in der Hand hatte? Das ist nie im Leben ein Schuhliebhaber. Er hatte einfach beobachtet, wie der Mann den Schuh in der Hand hatte. Man musste extrem aufpassen, er war ein guter Beobachter. Über die Jahre waren doch bestimmt auch viele Prominente bei ihnen, oder? Ja, natürlich, vor allem Politiker und natürlich Unmengen an Sportlern und Designern. Heutzutage ist es fantastisch, wenn sich Athleten für so etwas begeistern. Früher war das Gang und Gebe, heute ist das nicht mehr ganz so. Franz Beckenbauer war schon öfters da, der verbreitet immer so dermaßen gute Laune, wirklich eine Ausnahme. Yōji Yamamoto war hier, dann natürlich Jeremy Scott. Das ist zum Beispiel ein Schuh, den ich sehr mag, der mit den Flügeln. Er hat ihn mir mitgebracht und eine sehr nette Widmung draufgeschrieben. Was für ein toller Typ, der war so begeistert.

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Auch für die Archivierung haben sie professionelle Strukturen vorbereitet, wie wir erfahren haben. Was ist am Ende das Ziel? Die Idee unserer Datenbank besteht darin, dass man einen Schuh hat, aber einen ganzen Blumenstrauß an Informationen dazu abrufbar hat. Man hat also den archivierten Schuh, das Katalogbild, gleichzeitig auch einen Film darüber, alte Dokumente, die vielleicht belegen, was sich Adi Dassler dabei gedacht hat, oder auch die nachfolgenden Produktentwickler. Wenn ich also „Superstar“ eingebe, bekomme ich eine Fülle an Informationen, die ein dreidimensionales Bild ergeben. Frau Hölschen, Herr Lang, vielen vielen Dank für dieses Interview und die einmaligen Einblicke in das alte adidas Archiv in Scheinfeld!

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Brite Wenn ich mir dieses Projekt mal von außen ansehe, ist es schon ganz schön strange. Es ist super, aber die Idee ist so simpel und seltsam zugleich. Ich habe drei Kids und ich frage mich immer, was sie wohl davon halten, wenn sie groß sind. Mein ältester Sohn war am neugierigsten und wollte mitmachen. Das hier hat er ganz alleine gemacht.

Zu Redaktionsschluss der letzten Ausgabe stand er bei der Hälfte, und nun hat er es wirklich geschafft – seit dem 23. Juli ist das Projekt offiziell finanziert. Mit insgesamt 424 Unterstützern kam er auf über 40.000 Dollar und kann das Buch realisieren. Da auch wir große Fans seiner Illus sind, haben wir an dieser Stelle seine fünf Lieblings-Motive abgedruckt. Ob zum Appetit holen oder zum Überbrücken der Wartezeit, bis das Buch kommt – enjoy!

matt stevens

In unserer letzten Ausgabe hatten wir über das schöne Projekt von Matt Stevens berichtet, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, ein ganzes Buch mit Air Max Illustrationen zu füllen. Genau 100 sollten es sein, die zusammen ein Coffee Table Book ergeben sollten. Da ihm aber die Luft, oder besser gesagt das Geld, ausging, holte er sich professionelle Hilfe. Über die Internetseite Kickstarter.com ging er auf die Suche nach Sponsoren. Insgesamt 30.000 Dollar brauchte er, um den Rücken frei zu haben und um sich ganz dem Projekt zu widmen.

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Escape Ich mag Umsetzungen, bei denen der Style und das Konzept ein­fach ineinander übergeben. Wo ich in der Lage bin, das Objekt mit einer völlig unterschiedlichen Idee und einem bestimmten Style verbinden kann und alles am Ende aufgeht. „Escape“ ist einer meiner Favoriten.

DDC Als ich mit der Serie anfing, drehte ich nebenbei etwas an den Farben der Schuhe. Beim Rumspielen mit der Vektordatei, kam irgendwann ein Style raus, der mich total an meinen Lieblingsdesigner erinnerte, an Aaron Draplin. Es war ein wichtiger Moment, weil er das ganze Projekt in eine völlig unerwartete Richtung bewegte. Ich machte danach zwei Wochen lang nur „Tributes“ – der Startschuss, der das alles zu einer langen Serie machte.


Interview

Interview & Fotos: Matylda Krzykowski | Vintage-Connector: Bernhard Glimm

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The Other Side of the Pillow Zu Besuch bei Henry Davies in London

Ich traf mich mit Henry an einem Dienstag, kurz nachdem die Riots in London ihren Höhepunkt erreicht hatten. Noch am Vorabend hatte er mir per SMS geschrieben, dass er nicht sicher war, ob es mit dem Interview klappen ­ würde, weil die Situation in Hackney, East London völlig eskalierte. Zum Glück blieb der Laden unversehrt, denn sonst wäre nicht nur unser Termin ausgefallen, sondern die Welt wäre um einen einzigartigen Store und einen Wallfahrtsort für Vans- Sammler ärmer. Wir trafen uns also in „The Other Side of the Pillow“, der sich in einer winzigen Straße, weit abseits der Hipster-Meilen befindet. Und obwohl mir Henry sagt, dass er sich nicht wirklich nach einem Interview fühlt, kommt er nach ein paar Fotos so langsam in die Gänge und erzählt mir seine Geschichte.

MK: Ich kann mir gut vorstellen, dass du gerade sehr angespannt bist, oder? HD: Auf alle Fälle. Gestern Morgen war noch alles gut, die Geschäfte schienen sich zu erholen und die Anniversary-Party letzte Woche fühlte sich gut an. In so einer Ausnahmesituation fängt man an, alles in Frage zu stellen. Ich war ehrlich gesagt darauf vorbereitet, hier reinzukommen und einen leeren Laden vorzufinden. Ich bin nur dankbar, dass das nicht der Fall ist. MK: Dir fällt bestimmt ein Stein vom Herzen. Der Laden ist ein Lebenstraum von dir, oder? HD: Die Dinge haben sich so ergeben, eins kam zum anderen, ohne dass es jemals als Traum definiert war. Aber ich kann heute auf jeden Fall sagen, dass es meine Leidenschaft ist und dass ich mir ganz schwer vorstellen kann, etwas anderes zu tun.

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MK: Du kommst eigentlich aus Australien – warum warst du nach London gekommen? HD: Unsere ganze Familie ist nach England gekommen. Ich wollte etwas Neues ausprobieren. Ich lebte immer in Australien in irgendwelchen Vororten, noch nie in einer großen Stadt. MK: Und daraus sind mittlerweile fünf Jahre geworden, und zwei Jahre davon hast du schon „The Other Side of the Pillow“. Es ist aber nicht der erste Laden in diesen Räumlichkeiten, oder? HD: Zuerst war ein traditioneller englischer Schuhladen drin, von den 30er Jahren bis in die späten 90er. Dann hat mein Vermieter das Gebäude gekauft und seinen Freunden, einer Gruppe von Künstlern, die sich Le Gun nennt, erlaubt, eine Art Ausstellung/Studio/Shop-Ding aufzumachen. 2009 kamen wir dann, mein Partner Maurizio di Nino und ich.

MK: Also, warum gerade Vans? HD: Ich bin einfach mit Skateboarding aufgewachsen. Es ist die ganze Story hinter der Marke, die mich inspiriert, das Fundament, auf dem sie aufbaut. Die Wurzeln von Vans sind so mit denen von Skateboarding und Action Sports verflochten. Außerdem sind sie einfach verdammt haltbar, also wirklich gut gemacht. MK: Wann hast du dein erstes Paar gekauft? HD: Ich habe ein Paar in einem Charity Shop irgendwo am Strand in Australien gekauft. Es war ein Chukka Boot in Suede, Style #49, wahrscheinlich immer noch mein Lieblingsmodell. Mein Freund aus Amerika erzählte mir damals die Story von Vans und klärte mich auf, über den besseren Schnitt, die besseren Materialien, den Komfort … so hat alles angefangen.

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» Yeah, es ist wie ein Schrein. Als wir den Laden aufmachten, war er noch viel voller.«

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MK: Wie alt warst du damals? HD: Ich war schon 16. Ich hatte zwar 1988 mit Skateboarding angefangen, aber wusste noch nichts über Vans. Damals war die Firma in finanziellen Schwierigkeiten. Airwalk und Vision waren die großen Marken zu der Zeit, und ich trug sie natürlich auch. Mittlerweile geht alles um Vans, mein ganzes Leben dreht sich darum. Ich esse, schlafe, trinke, denke und träume Made in USA Vans! Sobald du einmal ein paar Originale hattest, gibt es kein Zurück mehr. MK: Was ist das seltenste Paar, das du hier im Laden hast? HD: Wir haben ein paar aus den ersten Produktionsjahren. Und die Disney’s im Kühlschrank sind auch sehr selten. MK: Ja, der Kühlschrank! Bernhard Glimm von Shemonster hat mir gesagt, dass ich unbedingt ein Bild davon machen soll, weil alle darüber sprechen. HD: Yeah, es ist wie ein Schrein. Als wir den Laden aufmachten, war er noch viel voller. Dieser Style ist sehr angesagt. MK: Wie bist du mit Maurizio zusammengekommen?

HD: Wir haben zusammengearbeitet, als ich nach London kam. Wir merkten, dass wir beide eine Leidenschaft für Vintage und für das Sammeln haben. Jeder mit seinem eigenen Blickwinkel. Er hat ein tolles Auge für Details, und weil er in Italien aufgewachsen ist, hat er auch ein Auge für italienisches Design und Qualitätsprodukte. MK: Aber ihr macht beide nicht nur den Laden, oder? Habt ihr noch andere Jobs? HD: Ja, vor zwei Jahren war die Straße hier tot. Wir sind mit der Lage schon ein Risiko eingegangen und es hat zwei Jahre gedauert, das hier zu etablieren. Erst seit diesem Jahr können wir uns einfach nur darauf konzentrieren, den Laden zu führen. Wir arbeiten beide Teilzeit, aber eher um eine gute Balance und etwas mehr finanzielle Sicherheit zu haben. Auch um bei Verstand zu bleiben. Wenn ich die ganze Woche hier wäre, würde ich durchdrehen. Ich mag Balance. MK: Wer sind die Kunden, die hier einkaufen gehen? HD: Eine Menge meiner Freunde tun das, Leute ... bei unserer Party am Donnerstag war eine Menge los. MK: Hast du einen bestimmten Trainer, den du hervorheben möchtest? HD: Dieser eine hier ist in den letzten zwei Jahren durch die Decke gegangen. Seit ich den auf dem Blog hatte, ist das viral rumgegangen. Ich habe wirklich hunderte von Leuten, die auf einen in ihrer Größe warten. MK: Also wenn jemand einen speziellen Vans Schuh braucht, sagen die Leute „call Henry!“, oder wie? HD: Deswegen sind Leute hier: Weil sie etwas anderes wollen, etwas Exklusives ... Wir haben eine Mailing List, über die wir Leute informieren, wenn neue Ware kommt. Der Blog ist in Sachen Vans eine echte Autorität geworden. Ich versuche Leute über die Stärken der Marke und der Geschichte aufzuklären – damit es weiter wachsen kann. MK: Wo kauft ihr eure Ware ein? HD: Nun ja, idealerweise mögen wir es, zu reisen und irgendwo in einem staubigen Keller einen alten Bestand zu finden! MK: Verrat uns nicht alles, sonst kopieren die Leute das. HD: Nicht alles, keine Sorge (lacht). Ein paar davon sind online, weil wir nicht die Zeit haben, so viel zu reisen, denn wir müssen ja arbeiten. Aber davor bestand unser Leben darin, durch Europa oder Amerika zu reisen, um einzukaufen. Wir haben diese Kunst, Stocks zu finden, schon ziemlich perfektioniert.

MK: Das alles kostet aber eine Menge Geld und Zeit. HD: Ja, in der Tat. Aber wann immer wir in den Urlaub fahren, suchen wir nach alten Shops und irgendwelchen Schätzen. Ich fahre im Oktober in die Staaten, um mal wieder jagen zu gehen. MK: Wie viele Paare findest du dann für gewöhnlich in einem Laden? HD: Ja, ich habe noch nie mehr als fünf Paare gefunden. Ich warte immer noch auf den Tag, an dem ich hunderte auf einmal finde. Vielleicht passiert das noch. MK: Du verkaufst ja nicht nur Vans, sondern auch Converse, dann noch alte Sonnenbrillen und so weiter. Ist alles Vintage, was man hier sieht? HD: Ja, ich würde sagen, der größte Teil ist aus der Zeit von vor 1994. Aber nicht jeder mag Vans oder überhaupt Trainers. Wir würden uns sehr isolieren, wenn wir uns darauf beschränken würden. Wir versuchen jeden in den Laden zu bekommen und haben auch eine große Leidenschaft für Sonnenbrillen. MK: Es ist der ganze Spirit. HD: Genau, es ist die Atmosphäre. Wir wollen die Leute zu uns einladen, und das funktioniert auch ganz gut, weil sich der Shop wie ein altes Wohnzimmer anfühlt. MK: Was ist der bekannteste Vans Trainer? HD: Wahrscheinlich dieser hier, der Style #95 Era im Two-Tone blau/rot/blau Colorway. Er wurde 1976 speziell für Skateboarding gemacht. Die Skater aus der Dogtown Ära in Venice machten ihn zur Legende.

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MK: Was ist mit diesen Patchwork Teilen ... irgendwelche Favoriten? HD: Das sind frühe Vans Custom Mades. Die gehen teilweise zurück bis in die 60er Jahre. Die Kunden haben das Design und den Colorway ausgesucht und danach wurde der Schuh handgemacht. Das hier sind Style #19 Plimsolls mit dünner vulkanisierter Sohle – nice! MK: Du stellst auch im Vans Store in der Carnaby Street aus. Wie kam der Kontakt zustande? HD: Die Managerin des Carnaby Stores wohnte hier in der Straße und entdeckte den Shop. Wir haben uns angefreundet und ich habe ihr gesagt, dass das kein Zufall ist. Lass uns was zusammen auf die Beine stellen – und der Rest ist History, zuzusagen. MK: Ich kann mir vorstellen, dass dein Zuhause auch vor allem mit alten Dingen eingerichtet ist, oder? HD: Vintage hat eine große Lobby mittlerweile. Wenn du zur Brick Lane gehst, findest du lauter Shops. Es hat nur teilweise ein schmutziges Image. Wir versuchen nur „dead stock“ zu verkaufen und Sachen, die man wirklich sammeln kann, also mit etwas mehr Substanz und Klasse. MK: Welche Schuhe trägst du heute? HD: Nur ein Two-Tone. Ich liebe diese Schuhe und ich liebe es, mit Farben oder Kontrasten zu arbeiten. Die Two-Tones bringen mich zurück in die Anfangszeit von Vans, zurück zur Einfachheit der 70er Jahre. Wenn ich die Disney’s in meiner Größe hätte, würde ich die auch tragen. MK: Welche Größe hast du? HD: UK 8. MK: Aber das ist Sample Size … HD: Das stimmt, aber Vans hat bei den alten Schuhen nie „sample sizing“ betrieben. Ich habe ein paar wunderschöne und seltene, die ich zu besonderen Anlässen anziehe. Ansonsten setze ich auf Klassiker.

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MK: Was sind deine drei Favoriten und warum? 1 Style #72 „Lacy“ ist ein süßer modifizierter Slip-On aus den 70er Jahren mit 360° Lacing. Es ist eigentlich ein Boat Schuh, aber in Two-Tone hat er etwas mehr Skate Attitude. 2 Der zweite ist ein seltener Chukka aus den frühen 90er Jahren mit braunen Akzenten und Leder-Details. Es geht da vor allem um das Material. Tief grünes Cord Upper, schwarzer Rubber und die braunen Details … so smooth. 3 Zum Schluss ein Ladies Stye #60 Era. Auch wieder mit Trimmings und mit einem wunderschönen Canvas Plaid. Das ist für den wahren Connaisseur. So viel mehr Klasse als dein üblicher Skateschuh. Man könnte ihn zu einem Anzug tragen. 1

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3 MK: Wenn Vans dir einen Job anbieten würde, müsstest du der glücklichste Sammler der Welt sein, oder nicht? HD: Naja, ich habe eng mit dem Head of Marketing für Europa für einen Product Launch zusammengearbeitet. Ich habe die Originale beigesteuert, die die Inspirationen für die neuen Produkte waren. Ich hoffe, dass ich mal Tony Alva, Geoff Rowley und Caballero treffen kann, beim Downtown Showdown vielleicht. Mein großes Ziel ist aber, dass Steve van Doren mal durch diese Tür geht. Sein Vater hat Vans 1966 ange­fangen – er ist der Pate! Das wäre ein persönlicher Traum, und ich denke auch, dass es dem Laden helfen würde, wenn diese Leute hier reinkommen würden. Es könnte Türen öffnen und meine Beziehung zu Vans auf ein anderes Level heben. Vielleicht kann ich beratend bei Designs aus alten Katalogen helfen, oder vielleicht kann Vans mir helfen, die Mutter aller VintageBestände ausfindig zu machen!

footlocker.eu


Text: Dirk Vogel

Cat Footwear Colorado Boot: Eine Legende wird 20 Jahre alt

Unstoppable W a lki n g M a chi n e s Boots gehören gerade zu den angesagtesten Items der Schuh-Industrie. So „rugged“ wie das Leben dort draußen in der Wildnis, so sollen auch die Stiefel sein. Was einige Marken über Image-Kampagnen künstlich hervorrufen müssen, ist nur bei wenigen so stark verwurzelt, dass man es kaum noch kommunizieren muss. Wir haben ein Paradebeispiel rausgepickt: Denn kaum ein Schuh verkörpert das Ideal vom abgehärteten Outdoor-Stiefel für alle Lebenslagen und Klimazonen so gut wie der Colorado Boot von Cat Footwear. Jetzt wird der Klassiker 20 Jahre alt und stapft immer noch mit großen Schritten selbst durch den tiefsten Morast. Wir haben den Boot, der spätestens seit der Grunge- und Hip-Hop-Welle der frühen 90er Jahre zu den Fashion Klassikern zählt, einem kleinen „history check“ unterzogen.

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Die Leier vom absolut unverwüstlichen Work Boot, mit allen 1991: Maschinen zum Laufen Wassern gewaschen und hart genug, den Elementen zu trotzen, ist Ganz am Anfang sollte Cat Footwear den Kunden von Caterein häufig verwendetes Werbeklischee im Schuh-Business. Nicht pillar wendiges, bequemes und vor allem schützendes Schuhbei Cat Footwear, der Schuhmarke des weltweit größten Baumawerk bieten, das unter ebenso harten Geländebedingungen schinenherstellers Caterpillar. Im firmeneigenen Cat Magazine sind bestehen kann, wie der Rest der Maschinerie des Großkonzerns. die globalen Einsatzgebiete der kolossalen Caterpillar Maschinen „Made for the roughest and toughest environments on earth“, zu bewundern: Baggerarbeiten in den Steinbrüchen von Al-Hallalautete dementsprechend der Slogan der ersten Werbungen. bat, Jordanien, bei 50°C; Bau einer riesigen Kabelbrücke im tiefsten Winter bei Wladiwostok, Russland; Ausgrabungen in den GoldmiZuerst nur in limitierter Auflage erhältlich, verkörperte der nen von Gazar, Mongolei. Alles keine Sonntagsspaziergänge ... honig-gelbe Colorado Boot eine Ergänzung der Produktpalette, voll im Einklang mit der Firmenphilosophie. Ebenso robust, zuSeit den frühen Anfängen der Firma ging es genau darum: verlässig und produktivitätsfördernd wie die Schwermaschinen Maschinen und Arbeitsgeräte zu bauen, die überall funktionieren, im Programm sollte der Stiefel sein. Entsprechend ist bis heute selbst im tiefsten Matsch. Im Jahr 1904 blieben herkömmliche die urheberrechtlich geschützte Bezeichnung „Walking Machine“ Traktoren und Pferdewagen auf den schlammigen Feldern rund um in die Sohlen eingestanzt. Stockton, Kalifornien, reihenweise stecken. Nichts ging, bis Erfinder und Ingenieur Benjamin Holt einen Kettentraktor mit Laufflächen aus einzelnen Holzplanken über den Schlamm schickte. Ein Triumph! Sofort wollten die Bauern aus dem umliegenden San Joaquin Valley Delta so ein Gefährt, das der Firmenfotograf fix als „Raupe“ (Engl.: „Caterpillar“) bezeichnete. Zwei Jahre später lieferte die Holt Manufacturing Company bereits die ersten Raupen-Traktoren nach England, im Jahr 1925 entstand durch Zusammenschluss mit dem größten Konkurrenten die Marke Caterpillar und der Rest ist Geschichte. Heute ist Caterpillar ein „Fortune 500“ Unternehmen mit weltweit 132.239 Mitarbeitern. Zu den erfolgreichsten Produkten der Marke mit dem gelben Streifen gehören schwergewichtige Bagger, Raupenschlepper, Radlader, sowie Motoren und Schwerturbinen für die Gas- und Ölbranche. Ja, und seit 1991 auch Schuhwerk, genauer gesagt Boots. Robuste Stiefel, die vom Sudan bis in die Taiga alles mitmachen. Absolutes Flagschiff der Cat Footwear Kollektion ist der Colorado Boot, das Original, mit dem vor 20 Jahren die Grenze zwischen Arbeitskleidung und Streetwear durchbrochen wurde. Der Colorado ist bis heute der erfolgreichste Schuh im Cat-Programm und hat sich alleine im Jahr 2010 in weltweit mehr als 150 Ländern über 2,5 Millionen Mal verkauft. Was zu Anfang natürlich niemand geahnt hätte... SNEAKERS 4/2011

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Cool Cats Von Anfang an traf der Colorado Boot einen Nerv im Modeempfinden seiner Zeit. Im Jahr 1991 schwappte die Grunge-Welle mit ihrem Faible für ungezügelte Live-Performances, Flannelhemden und dicke Arbeiterstiefel von Seattle aus über den Rest der Welt. Mit Bands wie Nirvana, Pearl Jam und Temple of the Dog kamen auch Workwear-Marken wie Dickies, Ben Davis und Carhartt in den Mainstream – und das weltweit. Die Berliner Mauer war gefallen und die Sowjetunion brach gerade zusammen, und die Street­wearJugend feierte ihre Freiheit mit rebellischen, strapazierfähigen Outfits.

Auch optisch reiht sich der Colorado Boot nahtlos in die Markenidentität von Caterpillar ein: Das CaterpillarLogo samt dem markanten Streifen über dem Knöchel darf ebenso wenig fehlen, wie der im Wildleder neben der Ferse eingestanzte Traktor. Die sechskantigen Schnürsenkel­ösen erinnern an die Verschraubung vieler Cat-Maschinen, während das Muster der Laufsohle an die Kettenstruktur der geländetauglichen Cat-Traktoren angelehnt ist; laut Firmenangaben das beste Muster für Haftung auf jeglichem Untergrund. Robuste Verarbeitung steckt quasi in der DNA des Stiefels. Sohle und Oberbereich der Boots sind dank GoodyearVerfahren mit zusätzlicher Naht komplett wasser- und winterfest verbunden. Die Kappe ist vorn rundum verstärkt, die Innensohlen mit EVA-gedämpft, und die Schnürsenkel sind aus Taslan, dem strapazierfähigsten Nylon auf dem Markt. Hochwertiges Leder garantiert lange Haltbarkeit – auch beim U-Bahntunnelbau unter Johannesburg oder im Mief kanadischer Schwefelminen – und gewinnt mit jahrelangem Tragen an Charakter.

„In meinen frühen Teenagerjahren wollten in meiner Schule einfach alle Cat Boots anziehen“, erinnert sich die namhafte Londoner Herrenmodedesignerin Martine Rose. Zu den ersten offiziellen Händlern von Cat Footwear gehörte die britische Ladenkette Office Shoes, die bereits 1991 ein Sample der Colorados in ihrer Filiale in Camden ins Schaufenster stellte. Zeitgleich zur Grunge-Bewegung adaptierten amerikanische Hip-Hop Stars und Gangmitglieder den Workwear-Look, bis hin zu den Stiefeln. Timberlands und Caterpillars waren ebenso StreetStyle-tauglich wie Flannelhemden (rot für die Bloods, blau für die Crips Gang) und übergroße Dickies Hosen, unvergesslich inszeniert im Ghetto-Film „Menace 2 Society“. Der deutsche Vertrieb von Dickies verkaufte übrigens seinerzeit die Khaki-farbenen Dickies kurzerhand als „O-Dog-Pant“, zu Ehren des Hauptdarstellers von „Menace“.

Wie ein stolzer Träger im Cat Magazine berichtet: „Die Qualität der Verarbeitung meiner Stiefel ist echt außer­ gewöhnlich. Ich bin beeindruckt, wie lange sie inzwischen gehalten haben. Sie haben sich sowohl an sengende Hitze, als auch Eiseskälte angepasst. In den letzten acht Jahren haben sie einiges mitgemacht und dabei vor allem meine Füße geschützt.“ So weit der begeisterte CaterpillarMitarbeiter, aber dabei gilt nicht zu vergessen: Hinter dem Erfolg der Boots steht ein größeres Publikum, als Lasterfahrer und Bergleute.

Arbeiterklamotten und Workwear-Stiefel stellten auch einen klaren Boykott der Trend-Marken ihrer Zeit dar. Sie standen in der Streetwear und Jugendkultur für Unabhängigkeit, aber auch Stärke einer Generation, der nicht alles geschenkt wurde und die sich oft einen eigenen Weg bahnen musste. Wenige Jahre später rappte Pharoahe Monch: „I hit you harder than Caterpillar trucks / In the lab where we collaborate or matter will erupt!”

»I hit you harder than Caterpillar trucks / In the lab where we collaborate or matter will erupt!« [ Pharoahe Monch ]

Klassische Werte haben Bestand Im Laufe der zwei Jahrzehnte seit seinem Erscheinen ist der Colorado Boot in über 100 Variationen in Sachen Materialien und Farbwahl erschienen. Seit 1994 werden die Stiefel unter Lizenzvereinbarung von der amerikanischen Firma Wolverine World Wide hergestellt, die auch für Updates wie TechniFlex Innensohlen und Strobel-Nahtverarbeitung sorgte. Als erster Damenschuh kam im Jahr 2001 der „Bruiser“ als feminine Variante des Colorado Boots auf den Markt – ebenfalls sofort ein Hit. Ein Jahr später verkaufte sich der Colorado Boot erstmals über eine Millionen Mal im Lauf des Jahres. Im Jahr 2007 sind es bereits zwei Millionen Paar, Tendenz steigend. Aktuell hat Cat Footwear seit 1991 über 80 Millionen Paar Schuhe verkauft. Jedoch blieb die ursprüngliche Form, also die Silhouette und Konstruktion des Stiefels prinzipiell unverändert. Aus gutem Grund: „Der Colorado ist der original Desert Boot von Cat“, schwärmt Martine Rose aus London, die kürzlich eine CollaboKollektion mit Cat Footwear zum 20. Geburtstag des Colorado Boots vorgestellt hat. Im Rahmen der Martine Rose X Cat Footwear Kollektion für Herbst/Winter 2011 kommt eine Reihe exklusiver Variationen des Colorado Boots in ausgesuchte Läden und Boutiquen. Rose will dabei die klassischen Werte der Stiefel mit ihrer eigenen Note versehen. Blickfänger sind Details wie die zusätzlichen Schnallen um die Knöchel und die roten Wildlederpartien an den Seiten. Ob die Baggerfahrer von Caterpillar damit zur Schicht im Bergwerk in Kasachstan oder zum Schnellbahnbau in den Vereinigten Arabischen Emiraten antreten werden, bleibt zu bezweifeln. Aber ein nettes Geburtstagsgeschenk ist die Kollektion allemal. Wir sagen: Happy Birthday, Colorado.

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Bernhard Glimms History Check

The History of Diadora

Kaum eine Marke ist mit so viel Reduktion zu einem so großen Prestige-Status gekommen wie Diadora. Vergesst für einen Moment den Kult um Jordans oder andere Basketballschuhe, denn wir bewegen uns hier gerade am anderen Ende des Spektrums. Denn was die Heritage-Modelle von Diadora für die Sammlergemeinde so besonders macht, hat sehr viel mit Understatement zu tun, aber auch mit der Magie der sportlichen Geschichte, die dahinter steht. Die spiegelt wiederum die besondere Aura von Leuten wie Björn Borg oder Ed Moses wieder, aber auch die Art, wie die CasualsSzene genau diesen Look für sich adaptiert hat. Kein Wunder also, dass vor allem die britische Sammlerszene durchdreht, wenn es um Modelle wie den Borg Elite, den „Seb Coe Impact“ oder den eher als „Ed Moses Schuh“ bekannten „The Queen“ geht. Grund genug für uns, einen kleinen Diadora History-Check zu machen.

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Archiv & Knowledge: Bernhard Glimm | Text: Holger von Krosigk Vintage Schuhfoto: Manuel Mittelpunkt

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iadora ist eine echte italienische Sportmarke und steht damit in einer ähnlichen Tradition wie Ellesse oder Lotto. Die Anfänge liegen vor allem im Bereich von Bergsteiger-, Ski- und Apres-Ski Boots, die allerdings zur damaligen Zeit noch aus Leder hergestellt wurden. Damit kannte sich der Diadora-Gründer Marcello Danieli aus, denn er entstammte einer klassischen Schuhmachertradition und begann schon 1948, als kleiner Junge, in der Branche zu arbeiten. Mit der Hilfe seiner Frau launchte er zunächst die ersten Bergstiefel und machte sich schnell einen Namen. Der Ruf für herausragende Qualität trug dazu bei, dass die Firma schnell wuchs und somit auch den aufkommenden Sportboom der 60er Jahre voll mitnehmen konnte. Die wirtschaftlich wieder zum Leben erweckte italienische Gesellschaft tobte sich auf den Ski­pisten aus – und Diadora lieferte die Boots dafür. Es ging bei Diadora immer auch um die Qualität des Produkts, woran sich im Grunde nicht viel verändert hat, denn bis heute wird ein Teil der Produkte in Italien hergestellt – einzigartig im Jahr 2011. Dieser Standard sorgte allerdings auch dafür, dass Diadora im Laufe der 60er Jahre die Produktion von Ski- und Apres Ski Boots einstellte. Denn der Trend zum Kunststoff-Boot kam schnell und ließ sich nicht mehr aufhalten. Für Marcello Daniello hatte die Herstellung solcher Stiefel aber nicht mehr viel mit traditioneller Handwerkskunst zu tun, und so verabschiedete sich Diadora schnell vom Wintersport und orientierte sich schnell um. Der Sportboom der 70er Jahre hatte viele Facetten, und Diadora richtete den Blick, in dieser Reihenfolge, auf Running, Tennis und später auch auf Fußball. Für Diadora waren das interessante Betätigungsfelder, weil man durch das klassische Handwerk viel Know-How mit einbrachte und eng mit den Athleten zusammenarbeiten konnte, um das richtige Produkt zu entwerfen.

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bwohl Diadora auch in den anderen Bereichen erfolgreich war, ist es vor allem die Tennis-Ära, die den Kult um die Marke am meisten prägte. Und die Liste der Tennisspieler, mit denen Diadora dann im Laufe der 70er und 80er Jahre zusammenarbeitete ist lang. Sie umfasst Legenden wie Pat Cash, Goran Ivanisevic, Jim Courier, Boris Becker und –­ natürlich und vor allem! – Björn Borg. Vor allem in den Jahren 76 bis 81 regierte Borg den weißen Sport wie kaum ein anderer nach ihm. In seiner eigenen Fila BJ Klamottenlinie inklusive der legendären Settanta & Terrinda Tracksuits und in seinen Diadoras fegte er aber nicht nur die Konkurrenz weg, er hatte, wie natürlich auch andere Tennisspieler, einen Einfluss auf den Kleidungsgeschmack seiner Generation. Viele klebten an den Fernsehern, wenn Tennis übertragen wurde, aber nicht nur wegen der Ballwechsel, sondern auch um zu sehen, was Borg, Connors oder McEnroe styletechnisch zu bieten hatten.

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» Original alte Vintage Diadoras sind vor allem unter britischen Sammlern so etwas wie der Heilige Gral.«

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n den späten 70er und frühen 80er Jahren schwappte diese Begeisterung vor allem auch auf die britischen Fußballfans über, die den TennisLook und Marken wie Sergio Tacchini, Cerruti, Fila, Ellesse und natürlich auch Diadora, zu Must-Haves innerhalb der „Terrace Culture“ machten. Der Europapokal lieferte den Anlass, und so wurden die italienischen Designermarken auf den dazugehörigen Reisen nach Italien praktisch aus den Regalen gerissen – manchmal auch ohne den dazugehörigen „Zahlungsvorgang“. So kam es, dass die Innenstadt von Liverpool im Jahr 1982 nur so von Teenagern in Designer-Klamotten wimmelte. Das natürlich von Kopf bis Fuß, was natürlich auch Diadora Footwear beinhaltete. Dass davon immer noch etwas erhalten ist, sieht man unter anderem an der kleinen aber feinen Sammler-Szene in England, oder auch daran, dass zum Beispiel der erklärte adidas-Fan Noel Gallagher schon mal in Diadora gesichtet wird.

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neakertechnisch brachte Diadora damals nur wenige Modelle auf den Markt, die aber allesamt heute Kult­ status haben. Original alte Vintage Diadoras sind vor allem unter britischen Sammlern so etwas wie der Heilige Gral. Dabei geht es genauer gesagt um die Modelle Borg 77, Borg 79, Borg Elite (von 1981) und außerhalb des Tennis-Sports um Ed Moses‘ Signature-Modell „The Queen“ und den etwas später erschienenen Seb Coe Impact RunningSchuh, der 1985 in Zusammenarbeit mit dem Bio-Engineering Institut Don Gnocchi in Mailand entworfen wurde und ein Dämpfungssystem mit auswechselbaren Pins in der Sohle sein eigen nennen konnte – ähnlich wie das des adidas LA Trainers, aber nicht seitlich, sondern von unten. Ende der 80er Jahre verblasste der Diadora-Stern zwar etwas, aber dennoch überstand die Marke die 90er Jahre ohne größeren Schaden – anders als zum Beispiel Fila oder Lotto. Neben den Kernprodukten , die heute vor allem Fußball- und Cycling-Schuhe sind, gibt es mittlerweile eine gut gemachte Heritage-Kollektion, die ihren Startschuss 2007 mit dem Retro des Borg Elite 81 hatte – im Original Colorway und ganz originalgetreu aus Känguruhleder inklusive Schuhbeutel.

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wir viele positive Eigenschaften unseres Leders zunichte gemacht – zum Beispiel die Atmungsaktivität.

flaek Oliver und Sven, auf eurer Internetseite schreibt ihr, dass ihr nicht marktorientiert seid – an was orientiert ihr euch dann? Wir orientieren uns an unseren eigenen Ideen und Konzepten und dem Feedback derjenigen, die unser Projekt verfolgen und daran interessiert sind.

Manchmal vergisst man seine eigenen Wurzeln. Wer denkt bei Sneakerkultur sofort an Deutschland? Längst zählt man adidas und Puma zu den Weltkonzernen, die nur auf internationalem Parkett spielen. In Wahrheit sind auch diese Marken „urdeutsch“ und entspringen einer Tradi­ tion, die sehr viel mit Handwerk und der besonderen Liebe zum Detail zu tun hat. Dass diese Tradition noch vorhanden ist, beweisen seit einiger Zeit vor allem die ganz kleinen Marken, die mit ihrem eigenen Ansatz vorangehen, es keiner Masse recht machen müssen und den Preiskampf weder gewinnen können noch wollen. VOR und flaek sind Aushängeschilder dieser neuen Ge­ neration. Es sind Brands, die aus Leidenschaft ins Rennen gegangen sind und Premium-Produkte ohne Kompromisse machen. Weil wir solche Projekte feiern und gerne mehr wissen wollen, haben wir Sven und Oliver von Flaek sowie Jörg und Andreas von VOR ein paar Fragen gestellt.

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Was stört euch an anderen Schuhmarken oder deren Produkten so sehr, dass ihr selbst ein Brand machen müsst? Stören wäre vielleicht etwas übertrieben formuliert, schließlich machen die großen Marken keinen so schlechten Job. Wir beide sind dem Ganzen auch durchaus aufgeschlossen und hegen eine gut sortierte Sammlung an Sneakern, die primär adidas oder Nike Logos tragen. Trotzdem gab bzw. gibt es einige Punkte, die bei einer Massenproduktion generell hin und wieder das gute Gewissen auf die Probe stellen, sei es der Produktionsstandort und die damit verbundenen Auswirkungen auf Menschen und Umwelt oder die fehlende Flexibilität, der ein börsenorientiertes Unternehmen zwangsläufig ausgesetzt ist. Im Großen und Ganzen ging es uns jedoch vor allem darum: wir hatten Bock auf einen eigenen Sneaker, von der Sohle bis zum Schaft nach eigenen Vorstellungen.

Die ersten Interviews mit euch und Berichte über Flaek beziehungsweise Creating the Brand sind schon über zwei Jahre alt – warum hat es so lange gedauert, bis Flaek in den Verkauf ging? Gut Ding will Weile haben … Einen großen Teil der Zeit zwischen dem ersten Muster und der Verkauf verbrachten wir mit der Suche nach einem geeigneten Produzenten. In Zusammenarbeit mit ihm wurde der kaalen hi in den zwei Jahren komplett neu entwickelt, ein eigenes Größensystem geschaffen und immer wieder verbessert. Wir wollten den Schuh erst zum Verkauf anbieten, wenn er wirklich perfekt ist. Deutschland hat eine große Historie in Sachen Turnschuhen. Seht ihr euch diesbezüglich in einer Tradition? Deutschland hat in der Tat eine große Historie in Sachen Turnschuhen. Erstaunlicherweise beeinflusste uns die Fertigung von hochwertigen Herrenschuhen wesentlich mehr, als es adidas, Puma & Co taten. Eigentlich ein totales Unding für einen Sneaker-Sammler! Ihr bewegt euch mit Sneakerized in einer relativ jungen Zielgruppe, die zwar viel Geld für Schuhe ausgibt, aber vielleicht keine 280 Euro gewohnt sind. Wer ist euer durchschnittlicher Käufer? Wir mussten bereits bei den ersten Bestellungen jegliche Vorstellungen von einem „durchschnittlichen Käufer“ verwerfen. Es gibt keinen durchschnittlichen Käufer. Die bisherigen Kunden sind so unterschiedlich und bunt gemischt, wie sie nur sein können – was uns selbst völlig überrascht hat.

Bitte nennt uns ein paar Design- Inspirationen … Sicherlich gibt es einige Sneaker-Modelle, die uns als Sammler zwangsläufig inspiriert haben. Letztendlich – und das hatte zu Beginn des Projekts keiner von uns auf dem Schirm – beeinflusste uns das traditionelle Handwerk des Schuh­ machers am meisten. Mittlerweile sind wir sehr froh darüber, denn ohne diesen Einfluss wäre der kaalen hi ein ganz normaler Sneaker geworden. Ein kleines Beispiel: ursprünglich sollte der kaalen hi mindestens so viel Polstermaterial im Schaft besitzen wie ein Nike Dunk oder Clae Russel. Nachdem wir uns für unsere Materialien entschieden hatten, wäre dieser Schritt aus „Schuhmacher-Sicht“ einem Tritt vor's Knie gleichgekommen. Durch das Polstermaterial hätten SNEAKERS 4/2011

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War die Wahl des Leders ein großes Thema für euch? Es war das größte Thema für uns. Allein der Wert des Materials eines kaalen hi liegt bei ca. dem Zehnfachen des gesamten Produktionspreises manch anderer Sneaker. Als Außenleder verwenden wir ein hochwertiges Rindsleder, welches speziell für uns gegerbt wurde. Für das Innenleder entschieden wir uns für ein vegetabil gegerbtes Kalbsleder, also ganz ohne chemische Zusätze. Selbst Allergiker können den Schuh ohne Bedenken barfuß tragen. Ihr habt damals über euren Blog den gesamten Entstehungsprozess offengelegt. Habt ihr über diesen Weg auch Tipps von Leuten bekommen, die euch beeinflusst haben? Auf jeden Fall! Vom Namen des Schuhs über diverse Ideen bis hin zum sehr wertvollen Feedback der AschenputtelTestpersonen – wir konnten sehr viel an Kritik und Ideen im gesamten Prozess einfließen lassen. Warum habt ihr in Deutschland produziert? Deutschland als Produktionsstandort war von Beginn an sehr wichtig für uns. „Made in Germany“ gilt nicht ohne Grund immer noch als eine Art Qualitätssiegel. Außerdem wäre die Umsetzung eines eigenen Größensystems und die Produktion „made by order“ im Ausland nicht unbedingt einfacher gewesen. Letztendlich haben wir erst fest gelegt, in Deutschland zu produzieren und uns dann überlegt, wie wir die Vorteile des Standorts für das Produkt nutzen können. Frank produzierte damals das erste Muster des kaalen hi. Mittlerweile wird jeder flaek jedoch in einer kleinen Schuhmanufaktur in Süddeutschland produziert.

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Der Kunde wird bei euch behandelt wie ein Kunde im Herrenschuh-Bereich. Könnt ihr uns kurz den Weg des Kunden vom Schuh-Wunsch bis hin zum fertigen Flaek schildern? Die Inspiration, eine Art Teilmaßfertigung für Sneaker anzubieten, kommt in der Tat aus dem hochwertigen Herrenschuh-Bereich. Das flaek Größensystem besteht aus 15 Größen in halben Abstufungen sowie vier unterschiedlichen Weiten (S, M, L und XL). Somit ergibt sich ein Größenspektrum von 60 unterschiedlichen Größen. Um herauszubekommen, welche Größe nun passt, benötigen wir die Fußlänge sowie den Ballenumfang des zukünftigen flaek Trägers. Die Maße können relativ einfach selbst abgemessen werden, eine Anleitung dazu stellen wir auf unserer Website bereit. Auf Basis der Maße empfehlen wir die entsprechende flaek Größe – und diese wird dann nach der Online-Bestellung produziert. Alternativ übernehmen wir gern das abmessen, entweder auf Messen oder im 43einhalb Sneaker Store in Fulda. Dort steht auch die gesamte Musterkollektion in der Weite M zum anprobieren bereit. Nach 6– 8 Wochen Produktionszeit sind die Schuhe fertig. Welche Marken weltweit sind Flaek am ähnlichsten und warum? Feit dürfte eine Marke sein, die uns relativ ähnlich ist. Sie legen wie wir sehr viel Wert auf hochwertige Materialien und produzieren ebenfalls nur auf Bestellung, allerdings in Asien und ohne Teilmaßfertigung. www.flaek.com www.sneakerized.com

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VOR Jörg und Andreas, auch an euch die Frage: Wieso braucht die Welt noch ein Schuhbrand? Was missfällt euch an anderen? Unsere Motivation, VOR zu starten, war nicht das Ergebnis einer Analyse des Premium Sneakersmarkt, sondern vielmehr die ausgeprägte Passion für die Sache an sich. Es war eher ein „Vermissen“ als ein „Missfallen“. Es gibt wiederbelebte Marken aus Deutschland mit alten Wurzeln und Retro­ inspiration, aber gänzliche neue Unternehmungen, die sich auch noch an ein Premiumprodukt mit eigener Philosophie wagen, findet man kaum. Wir sehen VOR in einer eigenständigen Positio­ nierung mit einigen wenigen Gleichgesinnten wie z.B. Flaek. Wir haben seit jeher einen „StyleFetisch“, sei es für guten Sound, Klamotten oder Sneaker – unsere Freundschaft verbindet uns schon seit über 20 Jahren. Wir wollten eigentlich schon immer diesen einen Schuh machen, der alle unsere Ansprüche vereint. Dann kam Jörg nach seinem Produktdesign Studium ins Footwear Business, hat viele Jahre Sneaker für PUMA entworfen, einiges erlebt und bewegt und sich dann vor zwei Jahren komplett selbstständig gemacht. Von da an war es nur noch eine Frage der Zeit und Ende 2009 ging es los. Warum das Premium Segment? Die Frage ist, was „Premium“ genau bedeutet!? Ist Premium abhängig vom Preis? Die Relation zwischen Preis, Qualität und Mehrwert muss ehrlich und ausgewogen sein. Wir wollten kompromisslos das umsetzen, was wir beide vor Augen hatten: ein grundsolides, langlebiges und wirklich hochwertiges Produkt, das dem Träger in allen Belangen schmeichelt. Dies ist bei einer Positionierung im unteren Preissegment durch höhere Material-, Fertigungs- und sonstige Kosten einfach nicht zu realisieren.

Warum habt ihr euch für einen so prägnant deutschen Namen entschieden? Irgendwie war für uns von vornherein klar, dass es eine deutsche Begrifflichkeit sein muss. Dann haben wir einen ausgiebigen Ideen­ findungsprozess angeworfen und so einiges ausprobiert – gestalterisch wie inhaltlich. Wir möchten uns frei von Trends und gar frei von saisonalem Denken machen und stets für erstklassige Qualität und überdauerndes Design stehen. Das sagt VOR für uns aus. Warum benutzt ihr die Materialien, die ihr benutzt? Das klare Ziel war und wird es immer sein, ein kompromisslos gutes Produkt zu kreieren und keine Abstriche bei der Qualität zu machen. Das kann man eben nur mit besten Materialien wie z. B. unserem hochwertigen Rindsleder für das Upper und dem weichen Ziegenleder fürs Lining erreichen. Es geht ja beim Schuh um viel mehr als nur das äußere Erscheinungsbild. Uns ist der „Touch“ des Leders sehr wichtig, der Geruch, der Grain, die sich entwickelnde individuelle Patina, einfach alles, was die Sinne erfreut. Darüber hin­ aus bringen auch nur gute Materialien den Charakter des Schuhs richtig zur Geltung, denn das Material muss die schöne Kontur des Leistens wiedergeben, wie auch die Form und Stabilität in sich behalten. Wir sind durch etliche Samplerunden gegangen und haben einige Glattleder, Suedes, Linings, etc. getestet bis wir final zufrieden waren. Ihr habt eine besondere Outsole, die auch einen ganz speziell „grippigen“ Feel hat – könnt ihr was dazu sagen? Ja, unsere Outsole ist etwas Besonderes, weil sie von uns ist! Unzählige Brands verwenden dieselbe Sohle – ungeachtet davon, aus welchem Preissegment sie kommen. Wir sehen die Sohle als einen sehr wichtigen Part des Schuhs an, optisch wie funktional. Sie muss auch mit dem Upperdesign perfekt harmonieren und dennoch ein eigenständiges, zeitloses Aussehen haben. Und dazu performen! Immerhin, und das wird viel zu oft außer Acht gelassen, laufen wir fortwährend auf ihr, egal ob mit Performance- oder Lifestyleprodukt. So haben wir, ohne dass die Gestaltung es offensichtlich zeigen sollte, Gewicht reduziert, der Sohle einen guten Flex und eine ausgewogene Stabilität an den jeweils wichtigen Stellen verpasst plus genug Grip, um den alltäglichen Anforderungen gerecht zu werden – wir sind absolut verliebt in unsere Sohle! SNEAKERS 4/2011

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Warum produziert ihr in Vietnam? Es geht um das Zusammenspiel der einzelnen Teile. Die Sohle ist da ein wichtiger Part vom Puzzle. Das Fachwissen ist auch hier noch vorhanden. Das Problem ist, jemanden zu finden bei dem die Fäden zusammenlaufen und sich alle notwendigen Teile zum gewünschten Endergebnis zusammenfügen. Da seit vielen Jahren in Asien gefertigt wird und besonders die „Big Players“ mit all ihren technischen Entwicklungen und Neuerungen, ist nun sehr viel Know-How dort vorhanden. Ein guter Produzent hat ein fein ausgeklügeltes Netzwerksystem und kann mit ausgearbeiteten Tech Packs und in enger Zusammenarbeit letztendlich alles in die Realität umsetzen. Es ist schwierig, einen Hersteller zu finden, der eine solche Kleinserie fertigen kann und auch möchte, der einen als Produktions- und Development Partner begleitet, zu dem man Vertrauen hat und bei dem man sich auf Termine, Lieferzeiten und Ergebnisse verlassen kann – das ist wie ein 6er im Lotto. Wir hatten die Möglichkeit, mit einem solchen Fabrikanten zusammenzuarbeiten, einem der besten der Welt, der sehr viel Wissen, Fachverständnis und einen sehr hohen Qualitätsanspruch vorweisen kann. Der Schuh hat keine offensichtliche Belüftung – schwitzt man darin nicht? Gut beobachtet! Was wir nicht wollten war ein sichtbares Belüftungselement am Schuh, das hätte einen Bruch in der sonst so cleanen Silhouette dargestellt. Da unser Schuh aus Vollleder gefertigt ist, hat er schon die besten Voraussetzungen, denn das Naturprodukt Leder ist atmungsaktiver als geschlossene Kunstmaterialien. Die Schuhe werden in der Fertigung auch nicht mit Kleber "zugekleistert", sondern sehr bedacht verarbeitet, wodurch das Material noch „atmen“ kann. Dazu haben wir echtes Lederfutter, somit auch innen keine künstlichen Materialien. Natürlich es ist kein Sportprodukt, doch er verhält sich wie man es von hochwertigen Lederschuhen kennt. Und wer genau hinsieht, wird sehen, dass unser Sockliner eine nicht verklebte Perforation besitzt und mit der Innenseite der Sohle zusammenarbeitet. Und warum diese Display Funktion der Box? Während der Designphase war schnell klar, dass frei erhältliche Schuhboxen, die man sich kaufen und branden lassen kann, einfach nicht unseren Vorstellungen für die Schuhe und VOR als Marke entsprachen. Also entschieden wir uns eine eigene zu entwerfen und alle Möglichkeiten zu nutzen. Die Display Funktion kam aus dem einfachen Gedanken, der Käufer fröne der gleichen Leidenschaft für Schuhe wie wir. Zudem eröffnet es den Retailern ganz neue Präsentationsmöglichkeiten in ihren Geschäften, an die sie vorher vielleicht auch schon mal gedacht hatten.

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Die Display Funktion soll einfach zusätzlich dazu anregen, die Verpackung mit Mehrwert zu verstehen und sie somit lange zu behalten, vielleicht überdauert die eine oder andere Box auch die Schuhe. Ihre Stabilität ist auf jeden Fall dafür ausgelegt. Woher kommen eure Inspirationen? Die Inspiration kommt aus einem Meltingpot der unterschiedlich­ sten Bereiche. Sagen wir, es ist unsere Interpretation eines classy angehauchten Styles, vereint mit dezent modernen Elementen, der Credibility auf der Straße, im Office wie auch an der Bar hat und unsere Einflüsse und unsere Persönlichkeiten in sich vereint. Wer ist euer Käufer? Wir sehen das eigentlich nicht eingeschränkt, höchstens preislich gesehen für jemanden, dessen Qualitätsanspruch und Schmerzgrenze bei 100 Euro für einen Schuh endet. Wir sehen unsere Produkte jedoch prinzipiell an den Füssen stilsicherer Kunden von 15 bis 99. Gerade das essentielle und authentische Design, das keinem kurzlebigen Trend folgen muss, spricht Liebhaber schöner Produkte in allen Altersklassen an. Wir können Typen mit „Streetcredibility“ ebenso zu unseren Kunden zählen wie Menschen, die tagsüber einen Anzug tragen. Kann man davon leben – und wenn nicht, warum macht man es dann? Es wird noch kein fettes VOR Headquarter gebaut – aber es ist selbstverständlich das Ziel, Gewinn verbuchen zu können. Alles andere als davon leben zu können würde ja keinen Sinn machen. Man muss eben irgendwo beginnen, mit Konzentration auf die „Schöngeistigkeit“ ... die Moneten kommen dann hoffentlich später! Warum man es trotz gewisser Unsicherheit macht? Leidenschaft. Motivation. Ehrgeiz. Liebe. Fetisch. Verrücktheit. Vieles. Wir haben tolle Familien, Partner und Freunde an unserer Seite auf die wir uns verlassen können. Und wir können auf ein äußerst wertvolles und breit gefächertes Netzwerk zugreifen. www.vor-produkte.com www.sportskitchen.de www.hrvst.de www.amen-store.com


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20095 Hamburg 20251 Hamburg 20354 Hamburg 20354 Hamburg 20354 Hamburg 20357 Hamburg 20357 Hamburg 20359 Hamburg 20537 Hamburg 22303 Hamburg 22765 Hamburg 22765 Hamburg 22767 Hamburg 22769 Hamburg 24103 Kiel 24534 Neumünster 24939 Flensburg 25524 Itzehoe 25980 Westerland 26548 Norderney 26603 Aurich 28195 Bremen 28203 Bremen 28203 Bremen 28869 Posthausen 29221 Celle

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50667 Köln 50667 Köln 50672 Köln 50672 Köln 50672 Köln 50674 Köln 50674 Köln 50674 Köln 50825 Köln 51373 Leverkusen 52062 Aachen 52062 Aachen 52064 Aachen 52525 Heinsberg 53721 Siegburg 54290 Trier 54290 Trier 55116 Mainz 56068 Koblenz 56068 Koblenz 56068 Koblenz 56727 Mayen 57072 Siegen 58095 Hagen 58507 Lüdenscheid 59555 Lippstadt 59755 Arnsberg 59955 Winterberg

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Vordere Sterngasse 9 Vordere Sterngasse 9 Vordere Sterngasse 10 Dr. Kurt-Schuhmacher Str.9 Karolinenstr. 36 Nägelsbachstr. 29 Martin Luther Platz 6 An der Schuett 22-24 Georgenstrasse 55 Ettmannsdorfer Straße 6 Sedanstr. 12 Bahnhofstr. 12 Keplerstr. 6 Maximilianstr. 27 Bischof-von-Henle-Str. 2 Hafnerstr. 19 Stadtplatz 9 Am Platzl 24 Luitpoldplatz 19 Schleizer Str. 109 1/2 Siechenstr. 15 Luitpoldstr. 20 - 22 Heiligkreuzstr. 5 Judengasse 18 Spitalgasse 22 Juliuspromenade 15 Hohe Brückengasse 1 Schultesstr. 13 Pergamentergasse 21 Juri-Gagarin Ring Bahnhofstrasse 15-16 Landgrabenstr. 5 Hauptmarkt 32 Breitenstr. 21

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Fotografie: Denis Ignatov

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1 Djinns, Wunk & PC Padded Check Cap 2 K1X, Lazy Denim SNEAKERS 4/2011

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Text: Tony Toupet | Fotos: Nady El-Tounsy

In der letzten Sneakers Ausgabe habe ich meine Rubrik „Was Macht Eigentlich  ­ …  ?“ meinem alten­Kumpel und Sneaker-Licht­ gestalt Niklas alias­ „Mr. Mad Flavor“ gewidmet. Da ich beim Zu-Papier-Bringen unseres stunden­langen Gequatsches über die Geschehnisse der letzten 20 Jahre in und um Sneakers aber schnell merken musste, dass ich mehr Platz brauche, um den Old-School-­ Anekdoten gerecht zu werden, hatte ich mich entschlossen, erstmalig einen Zwei­­­teiler zu machen. Die große ­positive Resonanz, die wir für das Interview bekommen ­haben, hat mir gezeigt dass es wohl die richtige Entscheidung war, bei N ­ iklas sozusagen zwei Mal hinzuhören! Genau deshalb geht es hier jetzt auch nahtlos weiter mit der Show. Meine Damen und Herren:­ Was macht eigentlich … Niklas von Mad Flavor?! – Einmal OldSchool und Zurück, Teil 2.

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Tony: Niklas, im ersten Teil haben wir ja schon ’ne Menge über den ganzen Sneakerhustle gesprochen, allerdings ist die obligatorische Frage nach deinem persönlichen Favoriten noch gar nicht geklärt worden! Niklas: Ja, stimmt. Als erstes kommt mir da spontan der ’81er Nike Legend in den Kopf. Die High-Top-Version der Legend in weiß mit blauem Swoosh, das waren die ersten Nikes, die ich damals regulär von Muttern noch zu Schulzeiten bekommen habe und seit damals immer versucht habe, genau so wieder zu bekommen.

und wieder Schuhe für sich und Kumpels rübergeschickt habe. Ich komme also bei Pomo rein und da stehen ein paar Legends, Deadstock mit Karton, genau in meiner Größe! Waren zwar Lows und mit rotem Swoosh, aber ich hab mich trotzdem gefreut wie ein kleener Bengel, die Dinger endlich wieder zu haben. Aber wie es das Sneaker-Karma so will, musste ich auf die weiß-blauen noch ’ne Weile länger warten. Vor ca. fünf Jahren kam ein Typ bei mir in den Laden und stellt mir genau drei Paar der Legends auf den Tresen. Alle nagelneu mit Box und Preisschild „99,95 DM“ noch dran. Was soll ich dir sagen – ein Paar davon genau in meiner Größe! Da hieß es erstmal cool bleiben, Pokerface machen und abchecken, was die Flitzpiepe dafür aufruft! Tony: UND?! Mach’s doch bitte nicht so spannend!

Tony: Cooler Schuh, aber die Tatsache, dass die Dinger nur von Anfang bis Mitte der 80er hergestellt wurden, aber vor allem wohl die, dass du Größe 13 brauchst, macht es nicht gerade einfach, oder? Niklas: Einfach soll es ja auch nicht immer sein, sonst hätte ich „Dunks“ gesagt! Tony: Hahaha, sehr gut! Hast’e die Legends denn mittler­weile wieder am Start? Niklas: Habe ich, und zwar gleich mehrmals! Das erste Paar habe ich vor vielen Jahren bei einem Trip nach Frankfurt ergattert. Ich stand ja damals schon in freundschaftlichem Kontakt zu Pomo, dem ich hin

Niklas: Ruhig, Toupet! Der Deal wäre ja eigentlich schon so perfekt gewesen – der Schuh, mit dem für mich damals alles angefangen hat, ist sozusagen alleine wieder zu mir zurückgekommen und der Kreis hat sich geschlossen! Aber abgerundet wurde die ganze Nummer natürlich noch dadurch, dass ich dafür gerade mal einen Hoody und 30 € springen lassen musste, hahaha! Tony: Zu geil, genau so muss es laufen! Ich sage ja auch immer: Die richtigen Schuhe finden Dich! Nach denen brauchst du nicht zu suchen! Früher oder später kommen die, die du echt „brauchst“ schon irgendwie zu dir! Sieht man doch perfekt an deinem Beispiel. Niklas: Ja, ist was Wahres dran! Beide Legend Paare stehen auch immer noch unangetastet bei mir zuhause. Von Zeit zu Zeit schlüpf ich mal rein und zieh sie mir so am Fuß rein, aber beide sind noch keine fünf Meter gelaufen! SNEAKERS 4/2011

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Was macht Eigentlich … ?

»Das Krasseste war, dass wir dann, nachdem wir den ganzen Stock aufgekauft hatten, gemerkt haben, dass wir alles gar nicht in unseren ohnehin schon vollgestopften Van verstaut bekommen.«

Niklas: Mann, so ging es mir damals aber auch. Das Krasseste war, dass wir dann, nachdem wir den ganzen Stock aufgekauft hatten, gemerkt haben, dass wir alles gar nicht in unseren ohnehin schon vollgestopften Van verstaut bekommen. Wir haben uns dann auf die Schnelle bei U-Haul eine Riesenpritsche a la UPS-Kutsche gemietet und sind damit, vollgeballert bis unter’s Dach mit Sneakern, direkt zum J.F.K. Airport!

Oben: Die Seesäcke werden verschifft Unten: Mad Flavor Katalog-Scan (1995)

Tony: Bei dem ganzen Hin und Her musst du doch mehr Flugmeilen als Paul van Dyk gesammelt haben. Hast noch einen Überblick, wie oft du eigentlich drüben warst? Niklas: Ich habe mal überschlagen, dass ich trotz Flugangst zusammengerechnet knapp drei Monate in der Luft verbracht habe. Ich hab meine ganzen alten Reisepässe von damals aufgehoben und habe bei 100 USA Einreisestempeln aufgehört zu zählen. Bis heute bin ich ca. 120 Mal drüben gewesen. Davon alleine etwa 20 Mal mit Atti. Den hatte ich Jahre vorher über seinen Bruder Stefan kennen gelernt. Ich weiß nicht, ob du es weißt – Atti hatte sich vor Sneakern ja darauf spezialisiert, Gucci-Sachen aus NYC zu beschaffen. Tony: Hahaha – Atti, das alte Phantom! Habe ihn neulich erst getroffen und versucht zu überzeugen, auch was fürs Sneakers Magazine mit mir zu machen. Aber du weißt ja wie es mit ihm ist – er schickt mir zwar dauernd Nachrichten wegen Schuhen, aber telefonisch kriegst du wahrscheinlich schneller den Papst an die Leitung!

Tony: Die Frage nach deinem All-Time-Favorite ist dann ja wohl geklärt, oder!? Niklas: Klar, zum einen Legends, aber ich würde auch sofort den Converse Phaeton nennen! Kennt kaum jemand, ist aber auch eine absolute Vintage Bombe. Klassischer Runner mit schlanker Linien­ führung und simplem Old-School-Colorway. Mit den Dingern in grau-silber oder bordeauxrot zusammen mit dem alten einfachen New Balance Rucksack warst’e damals der Held auf’m Schulhof. Tony: Generell wird Converse ja, mal abgesehen von den All Stars, immer etwas stiefmütterlich behandelt, und das obwohl die echt Granaten im Sortiment hatten! Und was ist mit der Marke mit den drei Streifen bzw. Riemen?! Niklas: Da verstehe ich die Frage gar nicht! Hahaha, logisch – der rot-schwarze adidas Metro Attitude, versteht sich doch schon von selber, oder!? Tony: Richtig, die Schlangenleder Ewings sind ja sozusagen unser größter gemeinsamer Nenner! Für den lila-gelben in US 10,5 würde ich töten! Aber noch mal zurück zu damals, zu den Zeiten, als du die Sneaks Seesack-weise rübergebracht hast! Kannst du dich an den größten Fang bei einem Trip überhaupt erinnern? Und was ich immer schon wissen wollte – wie zur Hölle hast du diese Mengen transportiert? Niklas: Na zu der Zeit, als ich mit Halil (Tony: ehemaliger Inhaber des Ghettostars-Ladens bzw. später dann Downstairs und Aggro Berlin Labelchef) richtig losgelegt habe, kamen schnell 300 Paar pro Person zusammen! Jeder von uns hatte 8-10 Seesäcke voll mit Schuhen, 122

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und ich rede hier von den Monster-Seesäcken, in die 32 Kilo reingingen! Das waren 8 Gepäckwagen und entspannte 600-700 $, die wir alleine an Übergewicht bei der Airline abdrücken mussten. Auf dem Gepäckausgabeband in Tegel hat sich ein minutenlanger Stau aus den olivfarbenen Säcken gebildet! Kannst dir ja sicher die Gesichter der Leute vorstellen, die auf ihre Koffer gewartet haben! Tony: Unfassbar! Das muss doch auch in deinen goldenen Jahren, so 1996/97 gewesen sein?! Niklas: Ja, richtig das war ’96. Mit Halil zusammen habe ich bei einem unserer Trips auch meinen persönlichen Sneaker-Jackpot geknackt. Wir waren mit 60.000 DM Reisebudget, was damals unge­ fähr 20.000 $ pro Person entsprochen hat, in L.A. und San Diego alte Shops checken. Von dort sind wir rüber nach New York geflogen und straight nach Philly, wo wir zu dem Zeitpunkt hauptsächlich gesucht haben. Etwa zehn Stunden vor unserem Rückflug sind wir durch Zufall noch in einem Laden gelandet, den wir bis dahin noch nicht kannten. Im untersten Regal habe ich dann ein Paar fingerdick eingestaubte Nike Escapes entdeckt und gleich den Inhaber nach mehr davon gefragt. Darauf nickt der Typ nur mit dem Kopf, dass wir im folgen sollten. Er führte uns ins hinterletzte Kellerloch seines Lagers, wo sage und schreibe 120 (!!!) Paar Escapes in ihren Boxen schlummernd auf uns warteten! Tony: DEADSTOCK-JACKPOT, Baby! Im wahrsten Sinne des Wortes. Ohne Spinne, ich glaub’ ich wäre in Ohnmacht gefallen! Ich kriege schon Kreislauf nur vom Zuhören!

Niklas: Du sagst es, Tony, mit dem Typen machst’e was mit. Ich kann mich noch an eine andere Episode mit Atti erinnern: Wir beide sitzen im Auto in Philly an der Ampel und rechts humpelt ein Penner an uns vorbei. Ich meine ’n richtiger, echter homeless Bum mit langen Zotteln und Bart und allem was dazugehört. Auf einmal ruft Atti aus’m Fenster: „ey! yo yo yo man, come here!“ Er hatte mit seinen Sneaker-Scanner-Adleraugen doch tatsächlich entdeckt, dass der Penner weiße OG 3er Jordans anhatte. Tony: Alter, jetzt sag’ bitte nicht, dass er … Niklas: Doch! Hat er! Er hat dem Gammler die Dinger für 30 $ abgekauft und hat sie, weil sie echt mies gestunken haben, in einer Plastiktüte an unserem Außenspiegel festgeknotet bis wir in NYC waren! Tony: Aber wozu zur Hölle?! Niklas: Um sie back in Berlin erstmal in die Waschmaschine zu stecken, dann mit ordentlich Schuhcreme und Sprays wieder aufzubauen und sie dann beim mir im Laden auf der Kasse zu präsentieren und Gebote dafür zu sammeln. Nach zwei Wochen hat dann jemand für 300 DM den Zuschlag bekommen! Tony: Ihr verdammten Eierdiebe! Ich habe auch mal gebrauchte Sneaks, ein Paar flache weiße Ewings mit lila Streifen, bei dir gekauft. Möchte nicht wissen, wer die dann vorher gerockt hat! Pfui! Niklas: Ne, ne, keine Panik, das war ’ne einmalige Nummer. Wirklich! Hahahaha!

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Was macht Eigentlich … ? Niklas: Das war 1996. Ich bekam über einen Tipp von Tom Novy einen Anruf von jemand von Häberlein, der PR-Agentur von adidas. Der fragte mich, ob ich nicht Lust hätte, für adidas auf deren Stand bei der Interjeans, der Vorläufer der Bread & Butter, zu arbeiten. Das war meines Wissens damals der erste öffentliche Messeauftritt von adidas Originals. Vorher gab es zwar auch schon einzelne Retro-Modelle, die unter adidas Heritage liefen, aber eher Schmalspur. Die Vermarktung vom Superstar und Campus zum Beispiel lief ja damals echt über Vision Street Wear! Die hatten gemerkt, wie die Retro-Welle in Amerika speziell in der Skate- und Grungeszene anlief und adidas angeboten, diese Modelle in ihrem Skateshopnetzwerk zu vertreiben. Tony: Das wusste ich auch nicht, beantwortet mir aber endlich die Frage, warum ich ’94 einen adidas Wilhelm Bungert als einziges adidas Model beim damaligen Berliner Skateshop California Boarding kaufen konnte! Niklas: adidas hat wohl damals die Zahlen von denen gesehen und das Mega-Potential dahinter entdeckt! So kam es dann zum ersten Stand mit Konzept dahinter. Mein Konzept für die sieben­tägige Messe war: jeden Tag mit ein paar neuen Old-School Granaten schocken. Das ist dann einigen der damaligen Chefs natürlich aufgefallen, die meine Schuhe jeden Tag aufs Neue völlig ungläubig begutachtet haben. Kurz darauf wurde ich von Herbert Hainer, der jetzt adidas Vorstandsvorsitzender ist, nach Herzogenaurach zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Tony: Und du dann schön im Konfirmationsanzug und mit Zeugnismappe unterm Arm im Golf 1 nach Herzo runter!?

Tony: ’Ne andere legendäre Story erzählt ja, dass ihr Beide zusammen mit Hikmet damals auch einen dicken Sneakerfang in Dakar, in Senegal, gemacht habt. Wahr oder Legende? Niklas: Sagen wir mal so: legendär, aber absolut wahr! Ein damaliger Kunde erzählte mir von einem Freund, der im Urlaub in Dakar in einem Laden schwarz-weiße Ewings und Jordans gesichtet haben wollte. Für den Tipp bzw. genauere Infos über den Laden musste ich ihn aber erstmal klassisch in Form von Schuhen schmieren. Hikmet hat dann irgendwie damals die Nummer des Ladens in Afrika rausbekommen, allerdings war unser Französisch eher mäßig. Trotzdem haben wir es irgendwie geschafft, dass die Jungs uns ein Foto rübergefaxt haben, dass wir dann wie eine heilige Schrift zu dritt analysiert haben. Atti wurde daraufhin auf den schwarzen Kontinent zum Aufspüren des Sneaker-Grals von Dakar entsandt! Tony: Und? Du Märchenonkel – hat er bei der Gelegenheit wenigstens auch gleich noch das Bernsteinzimmer mitgebracht? Niklas: Du Penner! Es ist wirklich genau so passiert! Atti kam mit ca. 40 Paar echten Vintage-Juwelen zurück! Die besagten Ewings waren dabei und jede Menge OG 3er und 4er Jordans. Tony: Du hast dann doch auch irgendwann Mitte der 90er für adidas gearbeitet. Wie kam es denn damals dazu und was genau hast du für die gemacht?

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Niklas: Ne, geilerweise und vor allem sehr zum Ärger meines hochdekorierten Mitbewerbers mit Universitätsabschluss musste ich absolut gar nix vorlegen. Die haben einfach gerafft, dass ich mich mit der Materie auskannte, deshalb sollte ich einfach beim Aussuchen der Modelle und CWs helfen und neue Läden für Originals akquirieren.

Das war teilweise ziemlich undankbar, wenn ich zum Beispiel einem alteingesessenen Adi-Kunden erzählen musste, dass sein Laden plötzlich nicht cool genug für bestimmte Ware war. Da hat mich so mancher Inhaber gefragt, ob ich Piefke noch alle Tassen im Schrank hatte! Tony: Dank deiner Family, die ja immer schon im Laden geholfen hat und Hikmet, der vom Kunden über Urlaubsvertretung zum festen Mitarbeiter wurde, lief Mad Flavor aber die ganze Zeit parallel weiter. Niklas: Genau. Bis Ende ’97 bin ich immer zwischen Berlin, Herzo und NYC gependelt und habe ordentlich Kilometer gefressen. Irgendwann wurde es mir aber zu stressig und ich hatte auch keinen Bock, nach Bayern zu ziehen … Tony: Und Mad Flavor lief zu der Zeit ja auch so gut, dass du in der Krumme Straße den Nachbarladen noch zusätzlich gemietet hast, um mit dem Durchbruch auf 150 qm aufzustocken! Niklas: Exakt. Der Laden boomte, ich hatte bei adidas auch gut Cash gemacht und konnte mir so die Doppelmiete leisten! Linke Ladenhälfte Sneaker und Platten und rechts Dosen. Tony: Ungefähr zu diesem Zeitpunkt muss doch auch der erste Mad Flavor „Mailorder Katalog“ rausgekommen sein, oder?

Niklas: Ich arbeite seit knapp zwei Jahren für das Skate Label Creme als Produktmanager. Die waren einfach mit ihren gelieferten Prototypen nie wirklich zufrieden und haben jemand fachkundigen mit Sneaker-Background gesucht, der in Asien direkt die Produktion überwacht und neue Impulse für Modelle und Materialien setzt. Kannst dir sicher vorstellen, dass das genau mein Ding ist! Tony: Allerdings, da haben sie mit dir ja genau den Richtigen am Start! Next Level ist ja dann nur noch ein eigenes Label, oder?! Niklas: Naja, ich würde lieber so in die Richtung wie Stash gehen, der ja jetzt eine Menge mit WeSC macht. Also mein Wissen und meine Liebe für Sneaker an eine der Majorbrands weitergeben und mal, zum Beispiel, einen Nike Lava Dome „Mad Flavor Escape“ Edition oder einen adidas „Mad Flavor“ Eldorado zusammenbasteln! Tony: Ein Mad Flavor SMU Schuh ist auf jeden Fall mehr als überfällig, wenn du mich fragst! Niklas, egal was du letztlich auch treibst, ich kann mir das Sneaker-Biz ohne Mad Flavor jedenfalls nicht vorstellen. Ich wünsche dir viel Erfolg und danke für die ganzen Storys. Und mach’ mir vor allem endlich die verdammten lila-gelben Metros klar! Niklas: Klar, kein Ding! Kannst schon mal den Bausparvertrag kündigen und dein Knax-Konto plündern! Danke dir auch. War cool, das alles noch mal zu erzählen, bevor ich’s vielleicht vergesse!

Niklas: Wenn du den vier Seiten dicken Wälzer meinst, ja! Aber du glaubst gar nicht, wie dieses teils schwarz-weiß kopierte Heftchen eingeschlagen hat! Alarm wie damals bei der Eröffnung des ersten Ladens. Der Telefondraht glühte. Uli von Mighty Weeny, der ja auch dick gesammelt hat, Pomo … alle riefen an! Tony: Und irgendwann wurde dann gen Osten expandiert, und ihr habt „Trainer“ in der Alten Schönhauser Straße eröffnet. Niklas: Der Ostteil der Stadt hatte sich einfach entsprechend entwickelt und ich hatte Bock, in Mitte mitzumischen. Weil ich von Hikmets Verkaufstalent überzeugt war und mir die Miete für beide Läden gleichzeitig nicht leisten konnte, haben wir das dann zusammen durchgezogen. Tony: Und jetzt? Wo steht Mad Flavor heute beziehungsweise wohin läuft der Turnschuh? Niklas: Naja, nach dem Hin und Her mit der letzten Location wollte ich einfach einen totalen Neuanfang machen. Back to the Roots sozusagen. So bin ich auf den Laden in der Solmsstraße gestoßen. Die Lage, direkt im Bergmannstraßenkiez in Kreuzberg, ist nicht schlecht und die Miete dünn. Ich will einfach nicht einer von mittlerweile was weiß ich wie vielen Sneakerläden in Deutschland mit ein und demselben Sortiment sein. Mad Flavor war immer underground und dabei exklusiv, und genau da will ich mit dem Laden und Onlineshop wieder hin. Einfach coole Schuhe an den Start bringen, die es woanders nicht gibt, für Leute, die das zu schätzen wissen! Tony: Gut, Nachfrage beziehungsweise der Markt haben sich ja auch geändert. Es wird immer schwerer, wirklich einzigartige Modelle zu organisieren. Aber genau das ist das, was Mad Flavor immer ausgemacht hat und ich bin mir sicher auch in Zukunft wieder wird! Noch eine andere Sache: Du bist ja neben deinem Laden seit einiger Zeit parallel auch wieder für die Industrie tätig, was gibt es dazu zu sagen?

www.madflavor.de

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Close-Up

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Zum 25. Geburtstag von Etnies hat sich Firmengründer, Design-Afficionado und Ex-Freestyler Pierre Andre Senizergues etwas Besonderes einfallen lassen. „PAS“ heißt die limitierte Kollektion, die als Hommage an die vier Städte zu verstehen ist, die seine Skateboard-Karriere und die Evolution seiner Firma beeinflusst haben – Paris, Hong Kong, Vancouver und Los Angeles. Auch die Retailer,­die das exklusive Schuhwerk verkaufen dürfen, befinden sich auf dieser Achse. Colette (Paris), Double Park (HK), Livestock (Vancouver) und Blends (LA) freuen sich über Modelle wie den hier abgebildeten „Senix Spire“, dessen gelaserte Outlines an die Form des Eifelturms angelehnt sind. Wahrscheinlich werden nur wenige unserer Leser diesen Schuh jemals in den Händen halten, aber das außergewöhnliche Design und die Premium-Materialien machen den Senix Spire sowie die gesamte Kollektion zu einem echten Leckerbissen. Etnies, viel Glück für die nächsten 25 Jahre!

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Text & Fotos: HvK

Featuring: Etnies, Senix Spire (Etnies PAS Collection, The Next 25)

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Interview: Holger von Krosigk | Fotos: Catharina Gerritsen

Last Words

Carsten Franke

(Color Designer Lifestyle, Asics Onitsuka Tiger) Carsten Franke bezeichnet sich selbst als „Schuhverrückten mit Traumjob in Amsterdam“. Der Berliner hatte der Spree den Rücken gekehrt, um im European Office für Asics Lifestyle und Onitsuka Tiger Farbe und Material an den Schuh zu bringen. Außerdem hat Carsten zusammen mit Oliver Krämer „About“ geschrieben, ein Buch über Sneaker-Sammler. Genug Gründe für die letzten Worte dieser Ausgabe. Was braucht Carsten Franke, um einen Colorway zu machen? Ich brauch’ auf jeden Fall einen guten Kaffee und Musik. Der Rest passiert dann in meinem Kopf – das kann entweder geplant oder auch spontan sein. Was für Dinge inspirieren dich? Vieles um mich herum. Das können Gespräche mit Freunden sein oder das Stöbern in Second-Hand-Läden. Ich steh’ auch total auf japanische Fashion- und Sneaker-Magazine. Und natürlich bietet das Internet unheimlich viele Möglichkeiten, sich inspirieren zu lassen... Es sind kleine Dinge, die mir vor das Auge kommen, die sich einprägen und auf die ich irgendwann zurückgreife. Du hast zusammen mit Oliver Krämer das Buch „About“ gemacht, was sich um Sammelkultur dreht. Was sind die Dinge, die du beim Schreiben dieses Buches gelernt hast? Dass es der Schuhmacke egal ist, wo du herkommst, wer du bist oder welchen Status du hast. Und dass gerade diese Tatsache das Ganze so spannend macht. Die Zeit, in der wir das Buch realisiert haben, war sehr intensiv und aufregend. Aber ich denke, wir können mit Stolz behaupten, etwas zur Szene beigetragen zu haben. Ich für meinen Teil würde es jederzeit wieder machen.

Gerade greift ein leichter „Hightech-Trend“ um sich. Wie stehst du dazu? Lieber ganz klassisch, oder hat der „NASA-Look“ was? Persönlich stehe ich eher auf die klassische Linie und meine Sammel­leidenschaft konzentriert sich voll und ganz auf Originale aus den 80er und 90er Jahren. Allerdings sehe ich gerade in letzter Zeit einige Executions auf „NASA-Ebene“, die ich sehr gut finde. Die Verbindung von technischer Innovation und Stil ist, wenn gut umgesetzt, ein nachvollziehbarer Trend. Und in zehn Jahren sind die Schuhe von heute eh die Klassiker von gestern … oder von morgen? Was ist der für dich beste Release des Jahres 2011 und warum? Definitiv der ASICS GEL-SAGA, der jetzt im September nach 20 Jahren wieder auf den Markt kommt. Es war ein langer Weg und ich freue mich riesig auf den ersten – und auf die nächsten Releases. Träger oder Sammler? So lange sie es mitmachen, trage ich ALLE meine Schuhe, ohne Ausnahme. Dafür sind sie doch gemacht. Wäre doch schade, wenn sie nur im Regal stehen würden. Warum ASICS – was ist der Zauber daran? Ihre japanische Wurzel, das Streben, immer sein Bestes zu geben und der Blick für’s Detail. Um es auf den Punkt zu bringen: GEL! Amsterdam und Berlin – wo liegen die Unterschiede? In Amsterdam werden wesentlich mehr Sneaker – egal ob Inline oder streng limitierter Hype – auf der Straße getragen. Das ver­ misse ich manchmal in Berlin. Aber so hat jede Stadt und jedes Land seinen eigenen Stil. Und doch bleibt BERLIN halt BERLIN! Das Schönste auf der Welt? Meine Familie, meine Freunde und natürlich meine Freundin, die das alles mit mir aushält und mich machen lässt.  Was kann die Turnschuhwelt 2012 noch besser machen?  Sich selbst einfach mal nicht zu ernst nehmen. Schuhe anziehen, ausführen und genießen!

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presents

THE ADMIRAL DCSHOES.COM



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