Kleine Schriftenreihe des Museumsvereins Klostertal 8
Jahresbericht 2013 Christof Thรถny (Hg.)
Museumsverein K L O S T E R TA L
Christof Thöny (Hg.), Jahresbericht 2013 des Museumsvereins Klostertal (Kleine Schriftenreihe des Museumsvereins Klostertal 8). Wald am Arlberg 2014. ISBN 978-3-902319-13-5 Museumsverein Klostertal Haus Nr. 60a A-6752 Wald am Arlberg Tel: +43 664 4911474 christof.thoeny@museumsverein-klostertal.at www.museumsverein-klostertal.at Gestaltung: Christof Thöny Druck: Linder Druck © Museumsverein Klostertal, Wald am Arlberg 2014
Inhalt
Jahresbericht 2013
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Ausstellungen
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Veranstaltungen
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Ă–ffentlichkeitsarbeit und Netzwerke
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Ausstellung Kommunalarchive
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Aus der Geschichte
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Buchbesprechung
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Finanzen
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Museum
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Kooperationspartner
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Erhältliche Publikationen
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Museumsverein Klostertal
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Abbildungen
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Jahresbericht 2013
Seit mehreren Jahren beschäftigt sich der Museumsverein Klostertal in den Interreg IV Projekten „Die Schwabenkinder“ und „Der Weg der Schwabenkinder“ mit Aspekten der Migrationsgeschichte des Klostertals, und dabei besonders mit der Wanderung der Schwabenkinder. Die Ergebnisse dieses Projekts sind im vergangenen Jahr in eine umfangreiche Ausstellung mit dem Titel „Zum Auslande Zuflucht nehmen. Migrationen in der Geschichte des Klostertals“ eingeflossen. Dementsprechend widmete sich das Veranstaltungsprogramm im Klostertal Museum dem Thema der Migrationen mit seinen vielfältigen Facetten. Die Projekte finden im Jahr 2014 ihre Fortsetzung, wobei zukünftig vor allem die Schaffung einer biografischen Datenbank und internationale Kooperationen im Vordergrund stehen werden. Die in den vergangenen Jahren durch den Museumsverein Klostertal konzipierten Ausstellungen „Der Arlberg und seine Straße“ und „Von schroffen Bergen eingeschlossen. Das Lechquellengebirge und seine Erschließung“ finden mittlerweile über die Landesgrenzen hinaus Anklang und sind 2013 in unterschiedlichen Kontexten präsentiert worden. Auch darauf wird in diesem Jahresbericht eingegangen. Im Rückblick auf das Jahr 2013 gilt allen jenen besonderer Dank, die an den Aktivitäten des Vereins mitgewirkt und dieselben unterstützt haben. Das gilt in besonderem Maße für die Fördergeber und Kooperationspartner, die in diesem Bericht genannt werden. Vor allem seien auch alle Vorstandsmitglieder sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausdrücklich erwähnt, die zum Gelingen der Projekte beitragen. Wald am Arlberg, April 2014 Christof Thöny Obmann des Museumsvereins
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Ausstellungen
„Zum Auslande Zuflucht nehmen“ Migrationen in der Geschichte des Klostertals 11. Juli bis 31. Oktober 2013 Das Klostertal zählt seit Jahrhunderten zu den klassischen Auswanderungsregionen Vorarlbergs. Die naturräumlichen Verhältnisse reichten nicht aus, um die ansässige Bevölkerung des Tales ernähren zu können. Ein bedeutender Anteil der Männer, Frauen und auch Kinder wandert deshalb alljährlich als Arbeitsmigranten in die Fremde. Der dort erworbene Verdienst gehörte zum regelmäßigen Einkommen dazu – eine Tatsache, die heutzutage weitgehend aus dem kollektiven Gedächtnis verschwunden ist. Zumeist wanderten die Klostertalerinnen und Klostertaler als Saisonwanderer einen Teil des Jahres in die Fremde, um als Bauhandwerker, Tagelöhner, Schwabenkinder usw. im Ausland zu arbeiten. Daraus konnte sich eine Gastarbeit entwickeln – ein mehrjähriger Aufenthalt im Ausland, auf den jedoch schließlich die Rückkehr in die Heimat folgte. Der hohe Anteil der Saisonwanderer trug maßgeblich dazu bei, dass eine beträchtliche Anzahl von Personen aus dem Klostertal bis ins 20. Jahrhundert ihre Heimat als Auswanderer dauerhaft verließ.
„Der Hauptnahrungs-Zweig hiesiger Einwohner in Wald ist zwar Feldbau und Viehzucht, allein vermög der sehr engen Lage dieses Thales sind die Felder u. Wiesen bey den meisten Leuten so klein, daß für Viele die Lebensmittel nicht für ein ganzes Jahr hindurch zureichend wachsen, weßhalb auch dann Kinder und Erwachsene genöthiget sind zum Auslande ihre Zuflucht zu nehmen, um dort durch Arbeit um ihr Brod sich umzusehen, um auf diese Art durch in der Fremde erworbenen Arbeis-Fleiß sich selber, ihr Hauswesen und Familie ernähren, u. aufrecht erhalten zu können.“ Kurat Franz Josef Bitschnau beschrieb mit diesen Worten in seiner Ortsbeschreibung von Wald 1834 die Gründe für die verhältnismäßig starke Migrationsbewegung aus dem Klostertal.
Ausstellungsgestaltung Christof Thöny
Eduard Fritz aus Dalaas ist gewissermaßen der Prototyp des aus dem Klostertal stammenden Migranten. In jungen Jahren wanderte er als Schwabenkind zur Arbeit, um sich später in Tansania (Deutsch-Ostafrika) niederzulassen. 1923 wanderte er schließlich mit seiner Frau und sieben Kindern nach Argentinien aus.
Druck Grasgrün, Eugen Wenin Leihgeber und Kooperationspartner Bauernhaus-Museum Wolfegg, HopfenMuseum Tettnang, Montafoner Heimatmuseum, Vorarlberger Landesbibliothek Dank an alle ProjektmitarbeiterInnen, alle InterviewpartnerInnen, Leihgeber und Kooperationspartner sowie alle Projektpartner in den Interreg-Projekten „Die Schwabenkinder“ und „Der Weg der Schwabenkinder 5
Der Arlberg und seine Straße Präsentation der Ausstellung im Rahmen der Übergabe des Ländervorsitzes von Tirol nach Vorarlberg in Stuben am Arlberg 9. Jänner 2013 Am 9. Jänner 2013 übernahm Landeshauptmann Mag. Markus Wallner symbolisch von seinem Amtskollegen Günther Platter aus Tirol den Vorsitz in der Konferenz der Landeshauptleute, im Beisein von Bundesratspräsident Edgar Mayer. Der Ort der Übergabe war bewusst gewählt, wurde doch die verbindende Wirkung des Arlbergs in den Mittelpunkt gerückt.
Die Bedeutung des Arlbergs für die Besiedelung des Klostertals und Stanzertals wurde durch die Ausstellung „Der Arlberg und seine Straße“ des Museumsvereins illustriert, die zu diesem Anlass im Hotel Post in Stuben, dem Ort des Festaktes, präsentiert wurde. In einem Vortrag unterstrich Obmann Christof Thöny die Bedeutung des Arlbergverkehrs für die Besiedelung der Region und die verbindende Wirkung des Arlbergs, die in der jüngeren Vergangenheit häufig von modernen Straßenverbindungen (vor allem dem Arlbergtunnel) überlagert wird, über Jahrhunderte jedoch von großer Bedeutung war (vgl. den Beitrag ab S. 14). 6
„Von schroffen Bergen eingeschlossen“ Das Lechquellengebirge und seine Erschließung Rathaus Ravensburg, 7. Juni bis 28. Juni 2013 Anlässlich des 125-jährigen Bestandsjubiläums der Sektion Ravensburg des Deutschen Alpenvereins wurde im Juni 2013 die anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Ravensburger Hütte und der Freiburger Hütte konzipierte Ausstellung im historischen Ambiente des Rathauses von Ravensburg präsentiert. Sektionsobmann Markus Braig betonte in seiner Ansprache die Bedeutung der Ravensburger Hütte für die Sektion. Sie bietet seit mehr als 100 Jahren einen idealen Ausgangspunkt für Wanderungen und Klettertouren rund um den Spullersee. Oberbürgermeister Dr. Daniel Rapp freute sich, den größten Verein der Stadt zum Jubiläum im Rathaus begrüßen zu dürfen. Gleichzeitig wird die Geschichte der Ravensburger Hütte nun in der Ausstellung drei Wochen lang den Bürgerinnen und Bürgern von Ravensburg zugänglich gemacht. Die ORF-Dokumentation „Wilder Horizont. Die Erschließung des Lechquellengebirges“ von Redakteurin Ingrid Bertel gab den Besuchern der Ausstellungseröffnung Einblicke in die Schönheiten des Lechquellengebirges.
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Veranstaltungen
Termine 2013 4. Jänner Vorstandssitzung 8. Jänner Ausstellungseröffnung „Von schroffen Bergen eingeschlossen. Das Lechquellengebirge und seine Erschließung“ im Vorarlberger Landhaus in Bregenz 9. Jänner Übergabe des Vorsitzes der Landeshauptleutekonferenz von Tirol an Vorarlberg mit Referat „Der Arlberg und seine verbindende Bedeutung in der Geschichte“ von Obmann Christof Thöny im Hotel Post in Stuben am Arlberg 27. Jänner Gedenkmesse für Herbert Schneider in Stuben am Arlberg 3. März Vortrag „Herbert Schneider: A view on his life with a special focus on his youth in St. Anton am Arlberg“ im Rahmen des HannesSchneider-Meister-Cup-Rennes in North Conway (USA) 21. März Vortrag „Das Lechquellengebirge und seine Erschließung“ von Dr. Joschi Kaiser und Christof Thöny in der Remise in Bludenz 8. Mai Jahreshauptversammlung mit anschließender Weinverkostung 7. Juni Ausstellungseröffnung „Von schroffen Bergen eingeschlossen. Das Lechquellengebirge und seine Erschließung“ im Rathaus in Ravensburg 8
7. Juli Programm im Rahmen der Aktion Reiseziel Museum 11. Juli Eröffnung der Ausstellung „Zum Auslande Zuflucht nehmen. Migrationen in der Geschichte des Klostertals“ im Klostertal Museum 4. August Programm im Rahmen der Aktion Reiseziel Museum 1. September Programm im Rahmen der Aktion Reiseziel Museum 7. September „Himmel sehen“: Ein Stück des theaters die baustelle (Köln) 25. September Vortrag „Migrationen in der Geschichte des Klostertals“ von Obmann Christof Thöny im Bauernhaus-Museum Wolfegg 27. September Heimatbend im Klostertal Museum im Rahmen des Projekts „HEIMATABEND oder wie fremd heimisch wird“ von Ulrich Gabriel 29. September Tag des Denkmals 5. Oktober Lange Nacht der Museen im Klostertal Museum
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Im Zeichen der Migrationen und vielfältiger Kulturen standen – dem Thema der Ausstellung angemessen – das Veranstaltungsprogramm 2013 und die museumspädagogischen Aktivitäten des Vereins. Zu Letzteren zählen vor allem die Workshops zum Thema „Migration“, die von der Pädagogin Sibel Calik entwickelt und mit Schülerinnen und Schülern aus dem Klostertal und dem Montafon durchgeführt wurden. Auch im Programm zur Aktion „Reiseziel Museum“ wurden die Geschichten der Zuwanderer beim Bau der Arlbergbahn mit jenen von Migrantinnen und Migranten der heutigen Zeit verknüpft.
Drei Veranstaltungen im Herbst rundeten das Thema der Ausstellung anhand vielfältiger Zugänge ab: Das Theater „die baustelle“ aus Köln präsentierte anlässlich eines Gastspiels im Klostertal Museum das Stück „Himmel sehen“, das sich mit dem Schicksal der Schwabenkinder auseinandersetzt. Ulrich Gabriel konzipierte im Rahmen des Projekts „HEIMATABEND oder wie fremd heimisch wird“ einen Heimatabend der anderen Art im Klostertal Museum, bei dem ein buntes, interkulturelles Programm geboten wurde. Bei der Langen Nacht der Museen schließlich gab Elmar Bereuter Einblicke in die von ihm erforschten Schicksale von Schwabenkindern und ihre Wege, während ehemalige Hopenbrockerinnen aus dem Klostertal von dieser Form der Arbeitsmigration erzählten. 10
Öffentlichkeitsarbeit und Netzwerke
Netzwerkarbeit spielt in den vielfältigen Projekten, welche die Arbeit des Museumsvereins Klostertal prägen, eine wesentliche Rolle. Dabei kann in vielerlei Hinsicht auf bewährte jahrelange Kooperationen zuurückgegriffen werden. Dies gilt auch für die Öffentlichkeitsarbeit, wobei der Verein bemüht ist, seine Themen und das Klostertal Museum präsent zu halten. Ein umfangreicher Pressespiegel beweist die Intensität dieser Aktivitäten.
Wichtige Kooperationspartner waren 2013 unter anderem: Regio Klostertal, Gemeinden des Klostertals, Klösterle-Stuben Tourismus GmbH, Alpenregion Bludenz Tourismus GmbH, Geschichtsverein Region Bludenz, Amt der Vorarlberger Landesregierung (Kultur- und Wissenschaftsabteilung), Vorarlberger Landesarchiv, Vorarlberger Landesbibliothek, vorarlberg museum, Vorarlberger Landesmuseumsvereins, Bauernhaus-Museum Wolfegg, Museum Huber-Hus Lech am Arlberg, Arbeitskreis für interregionale Geschichte, Bundesdenkmalamt Landeskonservatorat für Vorarlberg, IG Kultur Vorarlberg, Sektion Freiburg des Deutschen Alpenvereins, Sektion Ravensburg des Deutschen Alpenvereins, Stadtarchiv Ravensburg, Unartproduktion Ulrich Gabriel 11
Aus der Geschichte
Der Arlberg und seine verbindende Wirkung in der Geschichte1 „Fuhrwerk an Fuhrwerk, vom leichten Landauer bis zum schweren Lastwagen, der ächzend Salz, Wein, Getreide und Kolonialwaren, vorzüglich rohe Baumwolle, aus Tirol herüber schleppte, kam angefahren, daneben Postchaisen und kofferbepackte Reisewagen, sogar der Dörcherkarren, vom Besitzer selbst gezogen und von einem Dutzend halbnackter Fratzen gefolgt, fehlte nicht bei dieser Staffage. Die Pausen zwischen dem Fuhrwerk füllten Fussgänger aller Art, reisende Handwerksburschen, lustige Studenten, die singend in die Ferien zogen, Militär, Wallfahrer nach Maria Einsiedeln, aus der Fremde heimkehrende Montafoner und Walgauer u. A. ...“2 Mit diesen Worten beschreibt Ludwig von Hörmann 1884 – im Jahr der Eröffnung der Arlbergbahn – das illustre Treiben der Reisenden über den Arlberg. Dieser Pass, der natürlich kein Berg ist und der heute vor allem mit dem Winterfremdenverkehr in Verbindung gebracht wird, hat die Geschichte der umliegenden Regionen in Tirol wie in Vorarlberg in den vergangenen Jahrhunderten entscheidend geprägt. Seiner Bedeutung wird nicht zuletzt im Namen unseres Landes Ausdruck verliehen: Im 18. Jahrhundert war es üblich, von „Arlenberg“ oder „Adelberg“ zu sprechen, wenn vom ganzen Land die Rede war. In diesem Sinne trägt auch die 1783 von Blasius Hueber gestochene Landeskarte den Namen „Provincia Arlbergica“. Aus habsburgischer Sicht befanden sich die Herr1
Der folgende Beitrag basiert auf dem Redemanuskript des Autors zur Übergabe des Ländervorsitzes von Tirol an Vorarlberg am 9. Jänner 2013 im Hotel Post in Stuben am Arlberg. 2 Ludwig von HÖRMANN, Durch den Arlberg. Reihe Europäische Wanderbilder. Zürich 1884, S. 22.
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schaften vor dem Arlberg, weshalb schon im 17. Jahrhundert das Adjektiv „vorarlbergisch“ zur Beschreibung derselben verwendet wurde. Das Zusammenwachsen der Herrschaften und Gerichte wurde durch die Einrichtung einer Zentralbehörde gefördert, wodurch sich auch der Landesname – Vorarlberg – schrittweise durchsetzen konnte.3 Stuben am Arlberg verdankt seine Gründung der verbindenden Wirkung des Arlbergverkehrs. Spätestens im 14. Jahrhundert entstand am Fuße des Passes, noch vor der Gründung des Hospizes St. Christof durch Heinrich Findelkind, eine Wärmestube als Zufluchtsort für Reisende. 1380 wird „ze der Stuben“ als Wohnort erwähnt. Bereits 1218 hatte Graf Hugo I. von Montfort, dessen Bedeutung für das Land Vorarlberg bis heute im Landeswappen nachklingt, versucht, seine Machtansprüche im Sinne einer Art frühen Raumplanung im Klostertal und im Arlberggebiet zu sichern. Er stattete den Johanniterorden mit einem Haus in seiner Heimatstadt Feldkirch aus und übertrug den Johannitern gleichzeitig eine Kapelle im damals so bezeichneten Mariental mit dem Wald, „der an den Arle“ anschließt. Der Einfluss des Montforters reichte im beginnenden 13. Jahrhunderts über die heutigen Landesgrenzen hinaus. In ihrem später als „Clösterlin“ bezeichneten Hospiz mussten die Johanniter den Reisenden über den Arlberg Feuer, Wasser und Obdach gewähren. Diese erste urkundlich belegte Station am Arlbergweg gab dem heutigen Ort Klösterle (der im Mittelalter meist als „zum Kloster“ bezeichnet wurde) seinen Namen, und schließlich wurde ob dessen Bedeutung auch das einstmalige Mariental zum Klostertal.4 Die Besiedelung der Täler beiderseits des Arlberg – des Stanzertals in Tirol und des Klostertals in Vorarlberg – hat der Verkehr über den Arlberg, der durch die Entdeckung der Salzlagerstätten in Hall in Tirol im 13. Jahrhundert wichtige Impulse erhielt, entscheidend beeinflusst. Die in der Literatur häufig beschriebenen Römer- oder sogar Räterwege 3
Vgl. Alois NIEDERSTÄTTER, Von den „Herrschaften entlang des Arlbergs“ zum Land Vorarlberg – Bemerkungen zum Landesnamen und zur Funktion Vorarlbergs als Land. In: Montfort. Vierteljahresschrift zur Geschichte und Gegenwart Vorarlbergs 56 (2004) Heft 1/2, S. 17-23, hier S. 18-19. 4 Helmut TIEFENTHALER, Der Einfluß des Arlbergverkehrs auf den Siedlungsausbau im Klostertal. in: Montfort. Vierteljahresschrift zur Geschichte und Gegenwart Vorarlbergs 25 (1973) Heft 1, S. 36-49, hier S. 37-38.
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entbehren einer wissenschaftlichen Grundlage. Fest steht jedoch, dass spätestens im 14. Jahrhundert eine befahrbare Straße über den Arlberg entstand, die mit vierrädrigen Wagen bereist werden konnte. Diese Tatsache wird nicht zuletzt durch den berühmt gewordenen Reiseunfall des Gegenpapstes Johannes XXIII. belegt, dessen Kutsche 1414 auf dem Weg zum Konzil nach Konstanz am Arlberg umkippte und den Papst in den Schnee beförderte, was dieser mit einer unwirschen Bemerkung kommentiert habe. Im Rahmen eines Projekts konnte in den vergangenen Jahren der historische Arlbergweg im Bereich der Landesgrenze zwischen St. Christof am Arlberg und Rauz archäologisch dokumentiert und teilweise freigelegt werden. Zwei Silbermünzen, die in diesem Bereich gefunden worden sind, lassen eine Datierung des Weges ins 14. Jahrhundert zu. Mittlerweile ist dieser gepflasterte Weg, in welchem die Wagenspuren der Reisenden des Mittelalters noch deutlich ausgemacht werden können, zum modernen Wanderweg adaptiert worden. Wo einst Pilger aus Tirol Richtung Einsiedeln unterwegs waren oder Menschen in entgegengesetzter Richtung gar bis nach Rom oder Jerusalem marschierten, verbinden heute der Arlbergweg und der international bekannte Jakobsweg, der sich in den vergangenen Jahren zunehmender Popularität erfreut, die beiden Länder. Die Dokumentation der historischen Wege im Bereich des Arlbergs ist nach wie vor Bestandteil eines Projekts des Museumsvereins Klostertal. Die vorläufigen Ergebnisse sind in der Ausstellung „Der Arlberg und seine Straße“ der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden.5 Die Geschichte des Arlbergverkehrs im ausgehenden Mittelalter und der frühen Neuzeit macht den Einfluss politischer Entscheidungen auf die Entwicklung von Verkehrswegen – und damit verbunden auch der Siedlungen entlang dieser Wege – deutlich: Nach dem Verlust ihrer schweizerischen Gebiete verloren die Habsburger ihr Interesse an der Förderung des Passverkehrs. Für den Salztransport aus Hall wurde zunehmend die Route über den Fernpass bevorzugt. Die Arlbergstraße verkam daher um 1500 zu einem Saumpfad, wobei der Saumverkehr 5
Die verkehrshistorischen Angaben dieses Beitrags sind der Ausstellung entnommen. Diese wurde im Sommer 2011 im Klostertal Museum und in weiterer Folge an verschiedenen Stationen präsentiert, unter anderem auch bei der Übergabe des Ländervorsitzes im Hotel Post in Stuben am Arlberg. 2014 wird die Ausstellung mehrfach im Rahmen des Jubiläums „100 Jahre Kauf der Alpe Rauz“ durch die Gemeinde Gamprin präsentiert.
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beträchtlich war, was nicht zuletzt bis heute erhaltene große Stallungen am Fuße des Berges zum Ausdruck bringen. Erst Kaiser Josef II. förderte Ende des 18. Jahrhunderts aus politischen und militärischen Gründen den Ausbau der Arlbergstraße. Zwischen Stuben am Arlberg und Rauz wurde durch Felssprengungen eine neue Trasse angelegt. Es entstand auch das berühmte „Posteck“, wo sich Reisende vor ihrer Ankunft in „des Kaisers größter Stube“ ankündigten. Für die regelmäßige Briefpostverbindung richtete man 1796 Postationen – unter anderem hier in Stuben – ein. Die wirtschaftliche Entwicklung im 19. Jahrhundert, vor allem die neu entstehende Textilindustrie, förderte den Ausbau der Straßen, die jedoch um 1850 ernsthafte Konkurrenz durch die neuen Eisenbahnlinien erhielten. In diesem Sinne begann am 20. September 1884 mit der Eröffnung der Arlbergbahn durch Kaiser Franz Josef ein neues Zeitalter. Die neue Bahnlinie brachte für die Orte im Stanzertal und Klostertal ungeahnte Möglichkeiten mit sich. Für Stuben wäre sie allerdings beinahe zum Verhängnis geworden. Nachdem der Verkehr über den Arlberg durch die neue Eisenbahnlinie dramatisch zurückgegangen war, wurden nach dem Ersten Welt17
krieg ernsthafte Pläne geschmiedet, den Ort aufzulassen und in eine Alpe umzuwandeln. Die konkrete Umsetzung blieb aus heutiger Sicht glücklicherweise aus, und Stuben präsentiert sich heute als beliebter Wintersportort im Kanon der fünf Arlbergorte. Der Arlberg wird bis heute manchmal als trennendes Element wahrgenommen, was in einigen geflügelten Sprüchen zum Ausdruck gebracht wird. Für die Menschen, die in der Umgebung der Passregion wohnten, gilt dies jedoch keineswegs. Die Geschichte des Hospizes St. Christof bringt diese Tatsache deutlich zum Ausdruck. Als Pächter dieser Herberge am Arlberg finden wir über die Jahrhunderte immer Tiroler und Vorarlberger, die abwechselnd in der Einöde die Passreisenden bewirteten. Noch deutlicher kommt die Verbindung der Menschen über den sogenannten „Berg“ hinweg in den zahlreichen verwandtschaftlichen Beziehungen zum Ausdruck; in Stuben wurden über Jahrhunderte hinweg regelmäßig Hochzeiten junger Männer mit Stanzertalerinnen geschlossen. „Geschichte kann Heimat sein“ hat der deutsche Bundespräsident Richard von Weizsäcker einmal gesagt. In diesem Sinne kann auch die Geschichte der Region für Menschen dies- und jenseits des Arlbergpasses, in Tirol und Vorarlberg, eine gemeinsame Heimat sein, die wir weiter dokumentieren und erforschen müssen, um sie auch unseren Gästen ein Stück weit zur Heimat zu machen.
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Buchbesprechung
Christina Zuchelli Wege in die Vergangenheit in Tirol 55 Kulturwanderungen zwischen Arlberg und Großglockner Tyrolia Verlag 2014 Broschiert, 288 Seiten mit zahlreichen Abbildungen ISBN 978-3702233396 EUR 24,95 2008 ist im Innsbrucker Tyrolia Verlag der Wanderführer „Wege in die Vergangenheit in Vorarlberg“ erschienen, der zu Wanderungen und Spaziergängen auf geschichtsträchtigen Routen, unter anderem auch im Klostertal, einlädt. Die freiberufliche Autorin Christina Zuchelli hat nunmehr das Pendant für das Bundesland Tirol geschafften. In „Wege in die Vergangenheit in Tirol“ präsentiert die Autorin – die laut Klappentext ihre Freude am Wandern und Reisen mit der Leidenschaft für Erzähltraditionen, Literatur und Fotografie verbindet – 55 Kulturwanderungen zwischen Arlberg und Großglockner. Leichte bis mittelschwere Wanderrouten folgen historischen Spuren, die äußerst vielfältig sind und von der Urgeschichte bis in die Neuzeit reichen. Für das Klostertal sind dabei natürlich die Routen in den näheren Regionen Tirols von besonderem Interesse, wobei zwei Wege eng mit Projekten des Museumsvereins Klostertal verbunden sind. Route Nr. 18 führt auf dem Weg der einstigen Schwabenkinder aus dem Lechtal auf das Mädelejoch bei Holzgau (gleichzeitig eine der ältesten Lechtaler Verbindung Richtung Deutschland). Vom Lechtal wird ein Ausspruch überliefert, der so auch für das Klostertal gelten hätte können: „Das Ausland ist eigentlich unser Vaterland, weil es uns ernährt“, stellte der Künstler Johann Anton Falger noch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts fest. Über Jahrhundert war die Bevölkerung des Außerferns auf den Verdienst jenseits der Grenzen angewiesen, 20
einerseits als Bauhandwerker und andererseits auch als Hütekinder im Allgäu und in Oberschwaben. Die Geschichten ähneln jenen der Schwabenkinder aus dem Klostertal. Route Nr. 33 führt nach dem Motto „Wo einst ein Papst im Schnee versank“ von St. Anton auf historischen Routen zum Arlberg. Die Autorin beschreibt den als Jakobsweg ausgeschilderten Weg vom Bahnhof in St. Anton über den Maiensee nach St. Christoph und weiter bis zur Landesgrenze. Dort würde dieser auf dem aus dem 14. Jahrhundert stammenden Arlbergweg seine Fortsetzung ins Klostertal finden, wobei der Museumsverein in den kommenden Jahren weitere Untersuchungen zu diesen Wegen plant. Die Geschichten von Heinrich Findelkind, dem Gegenpapst Johannes XXIII. mit seinem „Verkehrsunfall“ auf dem Arlberg am Weg zum Konzil nach Konstanz 1414 und der St. Christophorusstatue auf dem Arlberg vermitteln Einblicke in die Vergangenheit der Region.
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Finanzen
Kassabericht 2013 Erlöse Steuerpflichtige Umsätze 10% Erlöse Veranstaltungen Erlöse Bücherverkauf Werbeeinnahmen Diverse Einnahmen (Montafon Silvrettacard usw.) Nicht steuerpflichtige Umsätze Mitgliedsbeiträge Spenden, Sponsoring Öffentliche Subventionen Zinserträge Gutschrift Umsatzsteuer 2011 Gutschrift Umsatzsteuer 2012 Gesamterlöse
404,46 1.948,69 500,00 3.059,22
1.852,00 7.094,36 39.026,64 1,81 3.621,91 3.707,51 61.216,60
Aufwendungen Ausstellungen Veranstaltungen Buchankäufe Mitgliedschaften Projekt Jakobsweg (Durchläufer) Honorare, AKM Spesenabrechnung Instandhaltung, Ausstattung, EDV, Webseite Drucksorten, Publikationen, Büro Bankspesen Versicherungen Betriebskosten Büro Projekt Schwabenkinder Projekt Hannes Schneider Archäologische Ausgrabung Beratungskosten Diverse Aufwendungen
7.908,14 5.138,30 519,86 1.397,67 4.200,00 3.085,40 3.042,24 4.186,83 4.933,04 707,66 102,69 3.553,97 10.418,95 1.000,00 8.443,78 949,20 631,82
Aufwendungen
60.219,55
Überschuss 2013
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997,05
Museum
Besucherstatistik Klostertal Museum 2013 Museumsbesucher Erwachsene Kinder und Jugendliche Erwachsene mit G채stekarte Mitglieder Museumsverein Erwachsene mit V-Card Veranstal tungen Veranstaltungen Museumsverein Klostertal Weitere Veranstaltungen Gesamt
335 38 52 35 17
409 88 974
Kooperationspartner
Ohne die finanzielle Unterstützung der Gemeinden des Klostertals, des Landes Vorarlberg, der Mitglieder des Museumsvereins sowie unserer Kooperationspartner Raiffeisenbank Bludenz, Tischlerei Engstler, Vorarlberger Kraftwerke AG, AXL Arlbergexpress Linienverkehr wäre das ambitionierte Vereinsprogramm nicht umsetzbar. An dieser Stelle gebührt den genannten Institutionen und Firmen daher großer Dank.
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Aktuelle Informationen zum Museumsverein Klostertal finden Sie stets unter www.museumsverein-klostertal.at 29
Erhältliche Publikationen
Schriftenreihe des Museumsvereins Klostertal Band 1 (Hinterglasmalerei) (6 Euro, für Mitglieder 4,50 Euro) Band 2 (NS-Herrschaft) (9 Euro, für Mitglieder 7 Euro) Band 3 (Schlossbühel) (7 Euro, für Mitglieder 5 Euro) Band 4 (Klostertal Museum) (12 Euro, für Mitglieder 10 Euro) Band 5 (Glong) (15 Euro, für Mitglieder 13 Euro) Band 6 (Barockmalerei) (18 Euro, für Mitglieder 16 Euro) Weitere Publikationen Bildband „Ansichten aus dem Klostertal 1920 bis 1960. Fotografien von Josef Bauer“ (18,90 Euro) Bildband „Ansichten aus dem Klostertal 1900 bis 1950“ (18,90 Euro) Franz Elsensohn, Sagenhaftes Klostertal (19.50 Euro) Bildband „125 Jahre Arlbergbahn“ (18,90 Euro) Arlbergbahn Lesebuch (19,50 Euro) „Von schroffen Bergen eingeschlossen.“ Das Lechquellengebirge und seine Erschließung. (25,90 Euro) Die Schwabenkinder. Arbeit in der Fremde vom 17. bis 20. Jahrhundert. (Euro 15,90) Filme Glong - Vergessene Realität (VHS, 15 Euro) Andreas Schnetzer - Fotograf aus Dalaas (DVD, 5 Euro) Rund um den Arlberg in historischen Filmdokumenten (VHS 19,90 Euro, DVD 24,90 Euro) Die Arlbergbahn. Hanno Thurner Filmproduktion (29,90 Euro) 4teilige Filmreihe „Vorarlberg“. Hanno Thurnher Filmproduktion (99,00 Euro) Klostertal Museum. Heimat und Verkehr. Hanno Thurnher Filmproduktion (19,90 Euro)
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Museumsverein Klostertal
Museumsverein Klostertal Haus Nr. 60a A-6752 Wald am Arlberg T +43 664 4911474 M christof.thoeny@museumsverein-klostertal.at I www.museumsverein-klostertal.at
Vereinsmitglieder genießen folgende Vorteile - Freier Eintritt ins Klostertal Museum - Zusendung regelmäßiger Informationen zur Tätigkeit des Vereins - Ermäßigter Eintritt bei Veranstaltungen - Ermäßigung beim Bezug von Publikationen - Möglichkeit zur Inanspruchnahme von Bibliothek und Archiv
Vorstandsmitglieder des Vereins Obmann: Christof Thöny (Bludenz) Obmann-Stv.: Thomas Bargehr (Braz) Schriftführerin: Judith Sauerwein (Dalaas) Kassierin: Kathrin Novis (Wald am Arlberg) Beiräte Mag. Barbara Mathies (Klösterle) Ida Strolz (Wald am Arlberg) Dr. Josef Kaiser (Wald am Arlberg) Markus Thöny (Wald am Arlberg) Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 2013 Emanuel Kurzemann (EDV, Zeitzeugeninterviews), Georg Gantner (Betreuung Museum), Arnold Thöny (Ausstellungsaufbauten), Natalie Thöny (Ferialpraktikantin), Stefanie Thöny (Ferialpraktikantin)
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Abbildungen
Umschlagbild Vorderseite Vermietung der Schwabenkinder in Ravensburg (Abbildung aus der Zeitschrift Gartenlaube 1895, Archiv Museumsverein Klostertal) Seite 3 Schwabenkind auf dem Heimweg (Aus Otto Uhlig, Die Schwabenkinder aus Tirol und Vorarlberg. Innsbruck 1978) Seite 5 Eduard Fritz aus Dalaas mit seiner Familie bei der Auswanderung nach Argentinien 1923 (Archiv Museumsverein Klostertal) Seite 6 Landeshauptmann Markus Wallner bei der Übergabe des Ländervorsitzes in Stuben am Arlberg (Landespressestelle) Seite 7 Ausstellungseröffnung in Ravensburg; v. l. n. r.: Maria Gaßner, Martin Berthold, Dr. Andreas Schmauder, Mag. Christof Thöny, Bgm. Dr. Daniel Rapp, Thomas Bargehr, Markus Braig, Mag. Carmen Summer-Thöny (Foto: Museumsverein Klostertal) Seite 10 Workshop mit Schülerinnen und Schülern zur Ausstellung im Klostertal Museum (Foto: Doris Burtscher) Seite 11 Dr. Ingrid Bertel und Mag. Manfred Welte bei der Präsentation eines ORFFilms im Klostertal (Foto: Dietmar Mathies) Seite 14 Historische Ansichtskarte von Stuben am Arlberg mit der Arlbergstraße (Archiv Museumsverein Klostertal) Seite 19 Martin von Molitor, Die Straße zum Arlberg 1802 (Dr. Edwin Oberhauser, Götzis) Seite 20 Unfall des Gegenpapstes Johannes XXIII. auf dem Weg zum Konzil nach Konstanz 1414 am Arlberg (Archiv Museumsverein Klostertal) Seite 21 Historische Ansichtskarte von Rauz am Arlberg mit der Arlbergstraße (Archiv Museumsverein Klostertal) Seite 23 Kulturtafel an der S 16, die seit 2013 auf das Klostertal Museum hinweist (Foto: Christof Thöny) Umschlagbild Rückseite Workshop mit Schülerinnen und Schülern zur Ausstellung im Klostertal Museum (Foto: Doris Burtscher)
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