SOMME R 2014 SPECIA L ED ITION LU Z ER N FE ST IVA L
«Psyche»
composer Unsuk Chin Johannes Maria Staud
artists Christian Gerhaher Barbara Hannigan Heinz Holliger Sergey Khatchatryan
thema Andris Nelsons und das Lucerne Festival Orchestra Tod Machover, der Komponist als Klangsammler Young Performance – frisch, unverbraucht, überraschend
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Doing now what patients need next Innovation hat bei Roche Tradition – nicht nur in der Erforschung neuer Therapien und Diagnoseverfahren, sondern auch bei der Förderung von Kunst und Kultur.
Konzertkarten Lucerne Festival 2014: Studierende und Roche-Mitarbeitende erhalten im Vorverkauf 50 % Rabatt auf ausgewählte Konzerte. Details und Buchung auf: http://commissions.roche.ch
In Partnerschaft mit Lucerne Festival und Lucerne Festival Academy vergeben wir im Rahmen der Roche Commissions und Roche Young Commissions regelmässig Kompositionsaufträge an herausragende Komponisten und Komponistinnen der zeitgenössischen Musik. Die neu geschaffenen Werke werden vom Lucerne Festival Academy Orchestra am Lucerne Festival uraufgeführt. So bringt Roche Innovation nicht nur in die Forschung, sondern auch in die Musik.
editorial
Liebe Leserin, lieber Leser Quietschende Zugbremsen, tuschelnde Teenager, ein zischendes Schweissgerät – was hat das mit Musik und mit einem Festival zu tun? Zunächst mal nichts, dann aber sehr viel. Auch in Luzern wird das traditionelle Konzertpublikum nicht jünger. Der festliche Abend allein ist nicht mehr Attraktion genug. Auch noch so berühmte und traditionsreiche Orchester füllen nicht mehr bloss dank ihres Namens den Saal, mag er auch als architektonische Ikone wahrgenommen werden. Das ist in Luzern nicht anders als überall. Vielleicht läuft inzwischen auch zu viel, das ganze Jahr hindurch, dass sich eine gewisse Übersättigung an den immer gleichen kulturellen Menügängen bemerkbar macht. Exklusivität scheint keine Garantie mehr für ein ausverkauftes Haus zu sein, von Salzburg bis Luzern. Eben da gilt es, die Weichen auf Zukunft zu stellen. Genau dies regt Michael Haefliger mit seinem stets erfrischend agilen Team geistreich an. Unter anderem mit einer breiten und farbigen Palette unterschiedlichster Konzertformen für Menschen allen Alters. Aber nicht nur. Auch neue soziologische Verhaltensmuster können mit Lust ausgespielt und erkundet werden. Zum Beispiel mit einem Projekt wie der dieses Jahr lancierten «Sinfonie für Luzern». Lassen Sie sich davon inspirieren, mit offenen Ohren, jugendlicher Neugier und Freude am sinnlichen Spiel. Dann kann ein derart offenes Projekt gelingen, Ideen anregen, vom Schneeball zur Lawine wachsen. Luzern als klingende Stadt – das ist eine verlockende Vision. Weit über einen touristischen Werbeslogan hinaus. Aber für anbiedernde Banalität auf dieser Ebene hätte Tod Machover ohnehin bloss ein ironisches Lächeln übrig. Aber lesen Sie doch das Gespräch mit dem amerikanischen Komponisten über seine Motivation, seine Ideen und seine ersten Begegnungen mit Luzern in dieser Ausgabe! Ich wünsche Ihnen eine an- und aufregende Festivalzeit in Luzern. Selbstverständlich auch mit grandiosen Konzerterlebnissen im ganz gewohnten Rahmen! Herzlich Ihr,
Andrea Meuli
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inhalt
Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
composer Unsuk Chin: Ein dichtes Spiel von Licht und Farben . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Johannes Maria Staud und die Rolle des Komponisten in unserer Zeit . . 38
artists Ihre Sensibilität für Klanglichkeit und Farben faszinieren immer wieder. Diesen Sommer ist die Koreanerin Unsuk Chin «Composer in Residence» am Lucerne Festival.
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Barnara Hannigan: «Ich bin gesund!» . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 Sergey Khatchatryan: «Wir Armenier lieben das Drama» . . . . . . . . . . . . . . 34 Christian Gerhaher: «Ich bin ein Epigone» . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
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Die Sopranistin Barbara Hannigan gehört zu den schillerndsten Persönlichkeiten der heutigen Musikszene, auch bei Lucerne Festival. Das grosse M&T-Interview.
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Andris Nelsons: «Sein Herz öffnen» . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Tod Machover: Wie klingt Luzern? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Heinz Holliger und sein Hölderlin-Psychogramm. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Inszenierte Heldenmusik, ein Pilotprojekt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
studio Claudio Abbados klingender Nachlass aus Luzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
service Johannes Maria Staud beschäftigt sich intensiv mit der Rolle des Komponisten in unserer Zeit. Und schreibt ein neues Musiktheater für das Lucerne Festival.
Lucerne Festival im Sommer – die Special Events . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Sergey Khachatryan ist der diesjährige Preisträger des Credit Suisse Young Artist Award. Das Gespräch.
Titelfoto: Priska Ketterer
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Andris Nelsons leitet diesen Sommer das Lucerne Festival Orchestra. Das M&T-Gespräch.
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Tod Machover begibt sich auf Klangsuche in Luzern. Das Gespräch zu einem ambitiösen Projekt.
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Christian Gerhaher ist der Christus in Peter Sellars’ Umsetzung von Bachs Matthäuspassion.
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Pulsierend, energiegeladen: Andris Nelsons dirigiert diesen Sommer das Lucerne Festival Orchestra.
Andris Nelsons über Claudio Abbado, das Lucerne Festival Orchestra und bedingunslose Ehrlichkeit beim Musizieren
«Sein Herz öffnen» An Ostern leitete Andris Nelsons das Lucerne Festival Orchestra im Gedenkkonzert für seinen Gründer und Leiter Claudio Abbado. Im Sommer übernimmt er nun auch dessen Programme zur Eröffnung des Festivals. Ein Gespräch mit dem lettischen Dirigenten nach seiner ersten Begegnung mit diesem Orchester. Andrea Meuli
Bild: Priska Ketterer
thema wir uns alle wieder begegnen. Er ist bereits in jener anderen Welt. Neben tiefer Trauer gibt es jedoch auch den Glauben an die Auferstehung. Das mag ein wenig philosophisch klingen, aber wir dürfen auch dankbar sein über dieses reiche künstlerische Leben. In diesem Konzert sollte noch einmal seine spezielle Liebe zum Lucerne Festival Orchestra erlebbar werden. Mir war es wichtig, mich vor ihm zu verneigen und mit dem Orchester durch die Musik in diesen Gefühlen verbunden zu sein. Mit Musik konnten wir uns alle bei ihm bedanken. Wie wir alle wissen, war er – ob in den Proben oder in seinem Leben – ein eher wortscheuer Mensch. Er drückte sich und seine Gefühle durch Musik aus. Und so versuchten auch wir, unsere Dankbarkeit und unsere Bewunderung durch Musik statt durch Reden auszudrücken. So wollten wir an Claudio als grossen Maestro erinnern. M&T: War es für Sie schwierig, in dieser besonderen Situation eine eigene musikalische Konzeption zu verwirklichen? Andris Nelsons: Es gibt nur einen Weg, ein Stück zu dirigieren, und das ist der eigene. Ich kann nur versuchen, aus meiner Perspektive das zu vermitteln, was uns der Komponist zu sagen hat. Dabei möchte ich mich allerdings nie selber in den Vordergrund stellen, sondern die Musik sprechen lassen – sozusagen durch meine Gefühle, durch meine Vorstellungen hindurch. Wir sollen den Komponisten dienen und dürfen uns glücklich schätzen, ihre grossen Meisterwerke aufzuführen. In diesem Gedenkkonzert erklangen ja alles Werke, die Claudio sehr viel bedeutet haben und die uns daher in diesem Augenblick noch mehr berührten. Zumal in Schuberts «Unvollendeter», die zu Beginn ohne Dirigent erklang. Auf jeden Fall war seine Seele an diesem Nachmittag mit dabei.
M&T: Sie haben im April das Lucerne Festival Orchestra im Gedenkkonzert für Claudio Abbado dirigiert. Wie haben Sie diese erste Begegnung mit diesem besonderen und für Sie neuen Orchester erlebt? Andris Nelsons: Es war natürlich ein sehr emotionaler Moment, für alle. Für das Orchester, da die Musiker erstmals seit Claudio Abbados Tod zusammenkamen. Und für mich, da ich in diese Situation mit einbezogen wurde, war es die emotionalste Konzerterfahrung bisher. Auf der andern Seite war es eine Begegnung mit einem fantastischen Orchester. Wie wir ja wissen, kamen alle in dieser Besetzung als Freunde und Kollegen Claudios
zusammen – geeint einzig vom Willen und der Leidenschaft, Musik zu machen. Diese Atmosphäre, Musik miteinander zu leben und auch zu geniessen war in diesem Moment sehr intensiv zu spüren, auch wenn der Anlass natürlich ein anderer war als die üblichen Konzerte im Sommer. M&T: Zweifellos aufwühlend auch für Sie. Andris Nelsons: Auf jeden Fall. Dieses Ereignis erlebte ich sowohl als Gedächtniskonzert für Claudio, aber genauso als Feier seines Lebens, was er alles erreicht und gegeben hat. Als Christ glaube ich an ein Leben nach diesem irdischen, wo
M&T: Wenn Sie nun im Sommer die Konzerte des Lucerne Festival Orchestra dirigieren, finden Sie andere Voraussetzungen vor. Werden dieselben Orchestermusiker wie letzten Sommer nach Luzern zurückkehren, oder gibt es da Veränderungen? Andris Nelsons: Es werden mehr oder weniger dieselben Musikerinnen und Musiker mit dabei sein, allerdings in einer etwas kleineren Besetzung. Brahms ist ja nicht Mahler! Aber die Programme hatte Claudio noch vollständig selber geplant. Abgesehen davon, dass Maurizio Pollini nun nicht das erste Klavierkonzert von Brahms, sondern jenes von Chopin spielen wird. Ich liebe Brahms so sehr! Diese grosse Musik mit diesem grossen Orchester an diesem bedeu-
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Johann Sebastian Ravel
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Klassische Konzerte, von Ihnen zusammengestellt. Reservieren Sie Ihr Wahl-Abo mit bis zu 20% Rabatt. tonhalle-orchester.ch/wahlabo
tonhalle-orchester.ch
thema tenden Festival aufzuführen, das spornt mich an. M&T: Das Lucerne Festival Orchestra wurde immer wieder als «Orchester der Freunde» tituliert. Was bedeutet Ihnen ein partnerschaftliches Musizieren? Andris Nelsons: Unabhängig davon, ob ich für ein Orchester verantwortlich bin oder als Gast eingeladen werde, ist für mich ein gegenseitiges musikalisches Verstehen sehr wichtig. Aber mindestens genauso die menschliche Chemie zu den Musikern, mit denen ich arbeite, Sensibilität untereinander und füreinander. Als Claudio dieses Orchester gründete und zusammenstellte, lud er seine Freunde ein, weil er genau wusste, dass sie dafür brannten, mit ihm zu musizieren, dass sie ihn gleichsam trugen. Und alle spürten es, wie eng er ihnen verbunden war. Das war die Basis für all die wunderbaren Resultate. Natürlich gelangen ihm auch mit allen anderen Orchestern, die er dirigierte, grosse Konzerte. Aber das familiäre Gefühl, der innere Zusammenhalt mit dem Lucerne Festival Orchestra verlieh diesen gemeinsamen Auftritten eine unvergleichliche Tiefe. Auch bedeutet dieses Gefühl einer tiefen gegenseitigen Verbundenheit sehr viel. M&T: Also werden Sie im Sommer versuchen, mit dem Lucerne Festival Orchestra ebenfalls ein Verhältnis familiärer Harmonie zu schaffen? Andris Nelsons: Auf jeden Fall! Mit meinem Orchester in Birmingham pflegen wir ebenfalls eine wirklich familiäre Atmosphäre, auch wenn die kommende Saison meine letzte als Musikdirektor
M&T: Ist das im heutigen Betrieb überhaupt möglich? Andris Nelsons: Ich glaube daran. Zunächst der Musik, dann den Musikern gegenüber. Gelingt uns dies, überträgt sich diese Intensität auch auf das Publikum. Dann ist es leicht, die Hornhaut unserer Gefühle zu durchbrechen und wirklich die Herzen und Seelen zu erreichen, ein Publikum zu berühren. Das erlebt natürlich jeder sehr individuell. Und es gibt durchaus Dirigenten, die anders denken mögen. Um grosse Musik zu machen, scheint es mir jedoch unentbehrlich, dass Dirigent und Musiker in einen gemeinsamen Fluss der Gefühle und Empfindungen kommen. M&T: Ein Plädoyer für bedingungslose künstlerische Ehrlichkeit also. Andris Nelsons: Es mag idealistisch klingen, aber für mich ist genau dies unabdingbare Voraussetzung, wenn ich musiziere. Wie wollen Sie einen «Tristan», eine Pastorale oder was immer dirigieren, wenn Sie nicht die Musik zutiefst lieben? Und auch den Menschen, mit denen Sie zusammenarbeiten, positive Gefühle entgegenbringen? Wenn Sie vor einem Orchester wissen, dass fünfzig Prozent Sie hassen: Wie wollen Sie da dirigieren? Ich kann mir heute kaum mehr vorstellen, dass Leute wie Toscanini oder auch Karajan und andere vor einem Orchester funktionieren konnten. M&T: Die Musiker würden heute wohl bald einmal gegen allzu autokratische Pultheroen rebellieren…
«Dirigieren hat so viel mit Psychologie zu tun» dort sein wird. Menschlich wie musikalisch gibt es eine wunderbare, gegenseitig ermutigende Chemie zwischen uns. Mir liegt viel daran, eine solche Atmosphäre auch bei meinem künftigen Orchester, dem Boston Symphony, zu erreichen: gemeinsam zu wachsen, einander gegenseitig zu unterstützen. Ich bin zutiefst überzeugt davon, dass man sein Herz öffnen und all seine Sensoren aktivieren muss, um wirklich das Beste zu erreichen. Auch wenn man dabei verletzlich und angreifbar wird und man sich manchmal entblösst vorkommt.
Andris Nelsons: Sicher, schon dirigiert zu werden mögen viele nicht, gesagt zu bekommen, was man zu tun hat. Daher ist es in unserer Zeit umso wichtiger, seine Forderungen auf eine diplomatische Art und Weise anzubringen, um seine musikalischen Vorstellungen zu verwirklichen. Man sollte auch nicht vergessen, es sind letztlich immer die Musiker, welche ein Werk zum Erklingen bringen. Als Dirigent sollte man Charisma und Fantasie ins Spiel bringen und die Musiker damit infizieren und ermutigen, dass sie einem folgen. Nicht weil ich oder je-
Bild: Georg Anderhub
Andris Nelsons: «Auf jeden Fall war Claudio Abbados Seele an diesem Nachmittag mit dabei.»
mand anderer etwas Bestimmtes so haben möchte, sondern weil die Musik es verlangt. Dirigieren hat so viel mit Psychologie zu tun: die Musiker anspornen ihr Bestes zu geben, nicht zu zerstören, vielmehr zu helfen, wo sie einen brauchen! M&T: Charakter und Persönlichkeit eines Dirigenten als Voraussetzung für wirklich erfolgreiches gemeinsames Musizieren? Andris Nelsons: Wenn ein Dirigent auf eine naiv-ursprüngliche Weise besessen von der Musik ist, kann es gelingen die Musiker so mitzureissen, dass sie ihr Bestes geben. Das muss das Ziel sein, das eigene Ich und alle eigenen Qualitäten während des Spielens einzusetzen, um es zu überwinden. Man braucht Ambitionen, aber während einer Aufführung muss man das Leben des Komponisten leben. Das ist sehr individuell, auch mystisch. Claudio Abbado sprach wenig, aber durch sein Dirigieren, durch die Sprache seiner Hände erreichte er, was er vermitteln wollte. Ein Genie wie Carlos Kleiber vermittelte ebenso etwas Geistiges, was weit über das hinausging, was er in seinen Problem formulierte. Auch Mariss Jansons und einige andere haben diese unbegreifliche Intensität.
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MOZART WOCHE 2015
Konzerte Wissenschaft Museen
Mozart DAVIDE PENITENTE Bartabas, Regie und Choreographie · Pferde und Reiter der Académie équestre de Versailles · Marc Minkowski, Dirigent · Les Musiciens du Louvre Grenoble, Salzburger Bachchor, Christiane Karg, Marianne Crebassa, Stanislas de Barbeyrac Dirigenten Pierre-Laurent Aimard, Giovanni Antonini, Laurence Equilbey, Thomas Hengelbrock, Pablo Heras-Casado, Christoph Koncz, Antonello Manacorda, Lorin Maazel, Marc Minkowski, Andrés Orozco-Estrada, Ainars Rubikis, András Schiff, Juraj Valcuha Orchester Camerata Salzburg, Cappella Andrea Barca, Chamber Orchestra of Europe, Il Giardino Armonico, Insula Orchestra, Les Musiciens du Louvre Grenoble, Mozart Kinderorchester, Mozarteumorchester Salzburg, Sinfonieorchester der Universität Mozarteum, Wiener Philharmoniker Sänger Kerstin Avemo, Stanislas de Barbeyrac, Marianne Crebassa, Diana Damrau, Julie Fuchs, Benjamin Hulett, Christiane Karg, Genia Kühmeier, Alastair Miles, Michael Nagy, Christine Schäfer, Toby Spence, Johannes Weisser, Markus Werba Solisten Pierre-Laurent Aimard, Piotr Anderszewski, Kristian Bezuidenhout, Florian Birsak, Gautier Capuçon, Francesco Corti, Veronika Eberle, Isabelle Faust, MarieElisabeth Hecker, Jos van Immerseel, Sunnyi Melles, Sabine Meyer, Thibault Noally, Emmanuel Pahud, Fazil Say, András Schiff, Eric Schneider, Midori Seiler, Daniel Sepec, Mitsuko Uchida Ensembles & Chöre Chœur de Chambre Accentus, Dimitri Naiditch Trio, Hagen Quartett, Salzburger Bachchor, Superar-Chor
Mozartwoche
22. JÄNNER – 1. FEBRUAR
Tickets: Tel. +43-662-87 31 54, www.mozarteum.at
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thema Bild: Marco Borggreve
zu kommen, um Musik als die höchste der Künste adäquat umzusetzen, ist der Intellekt unentbehrlich. M&T: Was letztlich wohl auch für die Musik selber gilt. Andris Nelsons: Natürlich, bei Brahms etwa finden wir die perfekte Form, die viel Intellekt voraussetzt. Oder auch die Architektur bei Bruckner. Aber es geht darüber hinaus. Man fühlt die Berührung von Gott. M&T: Sie musizieren stets mit sichtbar höchstem physischem wie emotionalem Einsatz. Befürchten Sie nie, sich zu überfordern? Andris Nelsons: Jedem menschlichen Wesen sind seine physischen wie emotionalen Grenzen gesetzt. Mir fällt es sehr schwer nein zu sagen…
Andris Nelsons: «…die Musiker anzuspornen ihr Bestes zu geben.»
M&T: Kann es sein, dass es gerade die von Ihnen angeführte hundertprozentige Ehrlichkeit der Kunst gegenüber ist, welche solche Energien erlebbar macht? Andris Nelsons: Man kann subjektiv falsch liegen, aber wenn man ehrlich ist, spürt das ein Orchester. Das kann man nicht lernen. Orchester können sehr wohl unterscheiden, ob einer aufrichtig musiziert oder bloss eine Show abzieht. Aber noch einmal: Was ist der richtige Weg? Es gibt ganz verschiedene Wege des Dirigierens, heute wie in der Geschichte. Nicht gering zu achten ist auch die Selbstdisziplin, sich perfekt auf jede Probe vorzubereiten. Das habe ich von Mariss Jansons mitbekommen – zu wissen, wie man proben will, und an jede Probe voller Ideen zu erscheinen. Orchestermusiker wollen jemanden vor sich haben, der sie zu inspirieren vermag, der Ideen in den Raum stellt. M&T: Also nicht den harmlos netten Herrn am Pult, der möglichst keine Probe überzieht… Andris Nelsons: Anbiederung funktioniert nie, weder musikalisch noch auf einer menschlich gesellschaftlichen Ebene. Letztlich ist nur menschliche wie musikalische Qualität gefragt. Geliebt zu werden kann man nicht aktiv beeinflussen. M&T: Ganz verschiedene Persönlichkeiten werden sich auch verschieden verhalten. So wie es ganz unterschiedliche Meinungen darüber gibt, wie aktiv ein Dirigent auf dem Podium agieren soll. Andris Nelsons: Einer meiner Lehrer, Jorma Panula, hat immer gesagt: Das Orchester muss schwitzen, nicht du! Natürlich garantiert wildes Herumhüpfen nicht eine grössere Autorität. Aber man
kann das nicht immer steuern. Noch einmal: Man muss sich selber sein. Wenn jemand eine impulsivere Natur ist, kann er nicht ruhig dastehen. Gelassenheit hat vielleicht auch etwas mit Erfahrung zu tun. M&T: Hat sich Ihr Verständnis von Dirigieren im Lauf der Zeit, mit zunehmender Erfahrung, gewandelt? Andris Nelsons: Ja, etwa mit dreissig hat sich etwas geändert in meinem Verständnis, was Dirigieren sein kann. Ich vertraue heute viel mehr, statt zu kontrollieren. Das schliesst eine klare und konzise Arbeit an den Details keineswegs aus. Ich weiss genau, was ich erwarte und was ich erreichen möchte. Aber auch, was ich bieten möchte. Das vermengt sich in den Proben mit allen Impulsen, die von den Orchestermusikern kommen. Es gibt kein richtig oder falsch, es gibt kein definitiv festgeschriebenes Tempo. Jewgeni Mrawinski hat das immer gesagt. Letztlich zählt nur, ob eine Interpretation berührt und fesselt. Schafft es ein Dirigent mit seiner Interpretation, etwas auszulösen beim Publikum, seien es Tränen oder Glücksgefühle – dann hat es funktioniert. Nur dies zählt. M&T: Was ist wichtiger beim Dirigieren, Intellekt oder Emotion? Andris Nelsons: Wagner formulierte einmal, dass die Musik die höchste Kunstform sei, um Gott näher zu kommen, weil sie alles überhöhe und in Bereiche erhebe, die man weder erklären noch rational verstehen könne. Das heisst, Musik hat mehr mit emotionaler und kosmischer Energie zu tun. Da, wo ich heute in meinem Leben stehe, bedeutet mir dies sehr viel. Um allerdings dahin
M&T: …noch eine Gemeinsamkeit mit Ihrem Lehrer und Vorbild Mariss Jansons… Andris Nelsons: …aber ich komme mit meinen festen Aufgaben nicht darum herum, auch Orchestern abzusagen, die mir viel bedeuten. Musik ist mehr als ein Beruf. Ohne sie zu exisitieren wäre schwierig. Sie ist wie Nahrung: Man braucht sie, man kann nicht darauf verzichten, aber man sollte sich auch nicht überessen. (Lacht) Sonst wird man fett. Vielleicht ist es dasselbe mit der Musik. Pausen können die Lust auf ein Werk erO höhen…!
Andris Nelsons und das Lucerne Festival Orchstra 15. und 16. August, 18.30 Uhr Brahms: Serenade Nr. 2 A-Dur op. 16 Alt-Rhapsodie op. 53 Sinfonie Nr. 2 D-Dur op. 73 Sara Mingardo, Alt 22. und 24. August, 19.30 Uhr Chopin: Klavierkonzert Nr. 1 e-Moll op. 11 Brahms: Sinfonie Nr. 3 F-Dur op. 90 Maurizio Pollini, Klavier
Andris Nelsons und das City of Birmingham Symphony Orchestra 30. August, 18.30 Uhr Beethoven: Klavierkonzert Nr. 5 Es-Dur op. 73 Elgar: Sinfonie Nr. 2 Es-Dur op. 63 Rudolf Buchbinder, Klavier 31. August, 11. 00 Uhr Wagner: Auszüge aus «Parsifal» und «Lohengrin» Beethoven: Sinfonie Nr. 7 A-Dur op. 92 Klaus Florian Vogt, Tenor
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composer Die Koreanerin Unsuk Chin ist Composer-in-Residence beim diesjährigen Lucerne Festival
Spiel von Licht und Farben Als «Abbild meiner Träume» hat die Koreanerin Unsuk Chin ihre Musik einmal bezeichnet. Ihren schöpferischen Sinn für Klangfarben kann man diesen Sommer beim Lucerne Festival von ganz unterschiedlichen Seiten her erleben. Unter anderem in der Uraufführung eines neuen Stückes, «Le Silence des Sirènes», im Rahmen der Roche Commissions. Simon Rattle dirigiert dabei erstmals das Lucerne Festival Academy Orchestra, Barbara Hannigan ist die Solistin. Thomas Meyer (Text) & Priska Ketterer (Bilder)
Eines der grossen, unvollendeten Projekte des 2006 verstorbenen ungarischen Komponisten György Ligeti war eine Oper nach dem zweiten Alice-Buch von Lewis Carroll: «Through the Looking Glass». Er schaffte es nur, 1988 einige Nonsense-Verse Carrolls zu vertonen. Eine seiner Schülerinnen aber holte die Oper später für ihn nach: Unsuk Chin, 1961 in Seoul geboren, studierte 198588 bei Ligeti in Hamburg. Mit «Alice in Wonderland» legte sie ihre erste Oper vor, in der sie die fantastischen Szenen auf ungemein farbige Weise vertonte. Diese Idee hatte sie schon jahrelang mit sich herumgetragen. 1991 schon vollendete sie mit «Akrostichon-Wortspiel» ein erstes Werk auf Texte von Carroll sowie von Michael Ende; aber, so schrieb sie, «erst als ich erfahren hatte, dass Ligeti das Projekt wahrscheinlich nicht realisieren wird, wagte ich, die Idee zu konkretisieren.» 2003/04 entstand mit dem Zyklus «snagS&Snarls» eine Art Vorstudie zur Oper, die dann 2007 in München uraufgeführt wurde. Eine weitere Oper über das zweite Alice-Buch entsteht zur Zeit für das Royal Opera House in London. Unsuk Chin empfindet das, so schreibt sie in einer Mail, «als eine noch grössere Herausforderung, da ‚Through the Looking Glass‘ ja kaum noch narrativ ist, sondern auf quasi mathematisch durchgeführten Sprachspielen basiert». Die Uraufführung ist für die Saison 2018/19 geplant, und man darf annehmen, dass die Engländer Freude an dem Stück haben werden, denn einerseits liebt Unsuk Chin das Wortspiel und andererseits arbeitete sie schon in
ihrer ersten Oper auf oft parodistische Weise mit den musikalischen Genres: Das Stück ist voller Anspielungen und Ironie. Man möchte also von einem Schlüsselwerk sprechen: Da widerspricht die Komponistin allerdings. «Alice in Wonderland» sei «von Stil und Faktur her doch sehr anders als die meisten anderen Kompositionen von mir, was nicht nur am Operngenre liegt, sondern an der Charakteristik des ausgewählten Stoffes. Ich hatte versucht, in Entsprechung zu den intertextuellen Techniken Lewis Carrolls und der Fantastik der
Handlung eine Musik zu schreiben, die einem Zerrspiegel gleicht und ironisch ist.» Überhaupt wolle sie sich nicht wiederholen. Mit jedem neuen Werk «versuche ich der jeweils gestellten Aufgabe gerecht zu werden, einer Aufgabe, die von Stück zu Stück sehr variieren kann. Eines der Qualitätskriterien für mich ist überhaupt, zu versuchen, dass jedes Stück vom Charakter her einzigartig ist. So gesehen bin ich mir persönlich nicht sicher, ob es ein Stück von mir gibt, das man als Schlüsselwerk bezeichnen kann.»
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composer Immerhin aber ist die Oper in ihrer bildhaften, fantastischen Art schon typisch für Unsuk Chin. Ihre Musik ist nie von der Blässe des Gedankens angekränkelt. Schon Ligeti habe ihr die abstrakten Kompositionstechniken wie den Serialismus ausgetrieben. Bald fand sie zu ihrer eigenen musikalischen Logik und Imagination: «Meine Musik ist das Abbild meiner Träume. Die Visionen von immensem Licht und von unwahrscheinlicher Farbenpracht, die ich in al-
Alice und ihren verrückten Abenteuern. Sie sei erstaunt gewesen, als sie als Erwachsene erstmals Lewis Carroll las und dabei Parallelen zu ihren Träumen entdeckte, sagt Chin. Es wäre naheliegend, diese Bilderwelt und diesen Farbenreichtum auch mit ihrer Herkunft in Verbindung zu bringen. Weniger als bei anderen Komponisten, die aus dem Fernen Osten nach Europa oder Amerika gekommen sind, fallen bei Unsuk Chin allerdings
«…Visionen von immensem Licht und von unwahrscheinlicher Farbenpracht»
len meinen Träumen erblicke, versuche ich in meiner Musik darzustellen als ein Spiel von Licht und Farben, die durch den Raum fliessen und gleichzeitig eine plastische Klangskulptur bilden, deren Schönheit sehr abstrakt und auch distanziert ist, aber gerade dadurch unmittelbar die Gefühle anspricht und Freude und Wärme vermittelt», äusserte Unsuk Chin einmal – und diese Neigung geht offenbar auf ihre frühe Kindheit zurück: «Dank meiner Träume beschäftigte ich mich schon als ganz kleines Kind mit vielen Fragen. Wo und wie existieren diese Phänomene und was ist das Geheimnis der Einheit von Licht, Farbe, Klang und Zahlen, die in einem zeitlichen Verlauf fliesst, aber gleichzeitig in einem winzigen Moment der Zeitlosigkeit plastisch eingefroren ist? Von meiner Kindheit an bis jetzt habe ich nie aufgehört, mir diese Frage, die für mich auch die Frage nach dem Wesen der Musik ist, zu stellen. Vielleicht werde ich in diesem Leben nie an die Wahrheit herankommen». Diese Träume seien eine existenzielle Erfahrung und «die grösste Freude meines Lebens». Auch darin folgt sie ihrem Lehrer. «Musikalische Bedeutung und musikalische Logik verhalten sich, in den Worten György Ligetis, zu tatsächlicher Bedeutung und Logik wie Träume zur Realität», schreibt sie. Logik nämlich erweist sich in der Musik als etwas zuweilen Skurriles: Sie zeitigt mechanistische, zuweilen quasi-mathematische und aufs erste unsinnige, «unmusikalische» Gebilde, die dann aber doch höchst eindringliche Abläufe erzeugen. In den Klängen steckt ja zuweilen ein faszinierender Nonsens, eine andere Logik. Und da sind wir wieder in der Nähe von
Anlehnungen an asiatische Musik auf. Sie sei in einem Korea aufgewachsen, «das von neuen Ideen und rasanten Entwicklungen im Gegensatz zu der uralten Tradition geprägt war». Die multikulturelle Vermittlung bleibt so weitgehend ausgeblendet. Chin versucht nur selten, koreanische Volksmusik mit europäischer Avantgarde zu verbinden, aber sie habe, wie sie selber sagt, «eine gewisse Abneigung gegen das typische Klangbild des europäischen Orchesters», das aus dem 19. Jahrhundert stammt, und versuche deshalb die Farbnuancen auch aussereuropäischer Musik einzubringen: «Wir sind ein Volk, das Farben sehr mag. Schon als Kind hatte ich, wenn ich Musik hörte, von jedem Ton eine Farbvorstellung, zum Beispiel Gelb mit schwarzen Streifen oder ähnliches. Das ist ein in meiner Arbeit sehr wichtiger Punkt.» Schön zu erleben ist das im Doppelkonzert für präpariertes Klavier, Schlagzeug und Orchester von 2002. «Ich wollte eine Musik schreiben, die sehr farbig im Charakter und im Ausdruck ist, frei fliessend und beweglich und die sich mitunter in gänzlich unerwartete Richtungen bewegt.» Verspielt kann sie deshalb sein, die Musik von Unsuk Chin, frech und witzig. Für ihr Ensemblestück «Graffiti» zum Beispiel, liess sie sich von knalliger Strassenkunst inspirieren. Längst ist ihre Musik international bekannt: 2004 erhielt ihr Violinkonzert den renommierten Grawemeyer Award. Ihre Werke werden nicht nur uraufgeführt, sondern auch nachgespielt; auf den AvantgardeZirkel bleiben sie nicht beschränkt. Unsuk Chin, die seit einiger Zeit in Berlin lebt, steuert dieses Jahr im Auftrag der Roche ein neues Stück zum
Lucerne Festival bei: «Le Silence des Sirènes». Die Sopranistin Barbara Hannigan, Artiste-étoile des Festivals, wird das Monodrama zusammen mit dem Academy Orchestra unter Simon Rattle uraufführen. Der Titel erstaunt. Tatsächlich erwartet man von den Sirenen, die einst Odysseus zu verführen suchten, doch eher einen Gesang. Hier aber wird ihr Schweigen beschworen, das noch viel furchtbarer sei. Der Gedanke dazu stammt von Franz Kafka: «Es ist zwar nicht geschehn, aber vielleicht denkbar, dass sich jemand vor ihrem Gesang gerettet hätte, vor ihrem Verstummen gewiss nicht. Dem Gefühl aus eigener Kraft sie besiegt zu haben, der daraus folgenden alles fortreissenden Überhebung kann nichts Irdisches widerstehn.» Das Libretto des neuen Werks entstammt zwei Quellen: dem zwölften Kapitel der «Odyssee» Homers sowie dem Anfang des elften Kapitels des «Ulysses», in dem sich James Joyce auf die Sirenen bezieht. «Diese Quellen werden äusserst frei verwendet und keineswegs auf traditionelle Weise ‚vertont‘. Das Stück besteht aus unzählig vielen kleinen Fragmenten, die aneinandergereiht werden. Mit dem Resultat, dass die so daraus entstehende Gesamtstruktur einem Labyrinth gleicht. Zusammenhalt bietet da eine Art Leitmotiv, welches in verschiedenster Verkleidung und oft versteckt das Monodram wie ein roter Faden durchzieht.» Es ist anzunehmen, dass Unsuk O Chin von Sirenen geträumt hat.
Unsuk Chin am Lucerne Festival 17. August, 11.00 Uhr Doppelkonzert für Klavier, Schlagzeug und Ensemble Ensemble intercontemporain; Matthias Pintscher, Leitung 23. August, 18.30 Uhr «Li Silence des Sirènes» für Sopran und Orchester Uraufführung, Auftragswerk Roche Commissions Lucerne Festival Academy Orchestra; Simon Rattle, Leitung Barbara Hannigan, Sopran 4. September, 12.15 Uhr Etüden für Klavier Mei Yi Foo 11. September, 20.00 Uhr Porträtkonzert Studierende der Hochschule Luzern und der Lucerne Festival Academy
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thema Tod Machover über Klänge und Kunst, über Technologie und Freiheit sowie über seine ersten Erfahrungen als klangsensibler Stadtbegeher
«Mit einem offenen Ende» Tod Machover ist ein offener Geist. Und ein Komponist, der die Schranken zwischen Kunst und ihrer gesellschaftlichen Wahrnehmung aufzubrechen sucht. Zum Beispiel, indem er ganze Städte auf ihre klangliche Individualität untersucht. Dies unter Mitwirkung möglichst breiter Kreise und mit dem Einsatz aktuellster Technologien. Sein neuestes amibitiöses Projekt ist eine «Sinfonie für Luzern», die im Sommer 2015 beim Lucerne Festival uraufgeführt wird. Doch der Prozess dazu hat bereits begonnen. Andrea Meuli (Text) & Priska Ketterer (Bild)
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Tod Machover: «Ich versuche, einen ideellen Kontext zu schaffen, in welchem Leute über einen Ort und seine Klänge nachdenken.»
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HAYDN 2032 Haydn Lounge No. 1 «La Passione»
H o c h u l i Ko n z e r t AG w w w. h o c h u l i - ko n z e r t . c h
Tonhalle Zürich, Grosser Saal
Freitag, 7. November 2014
NEUE KONZERTREIHE ZÜRICH 2014/15
Il Giardino Armonico Giovanni Antonini
8 Abonnementskonzerte
Haydn Sinfonien Nrn. 1 d-Moll, 39 g-Moll und 49 f-Moll «La Passione» Gluck Don Juan ou le festin de Pierre Rahmenprogramm Das Projekt Haydn2032 lässt eine Vision lebendig werden: Unter der musikalischen Leitung von Giovanni Antonini werden bis zum 300. Geburtstag Joseph Haydns im Jahr 2032 alle 107 Sinfonien in einem einzigartigen Konzertzyklus europaweit und eben auch bei uns in Zürich aufgeführt: www.haydn2032.com
Tonhalle Zürich, Grosser Saal
Montag, 17. November 2014 – 19.30 Uhr Orchestra Sinfonica Nazionale Rai Turin Juraj Valčuha Leitung Arcadi Volodos Klavier Tschaikowsky Klavierkonzert Nr. 1 b-Moll op. 23 Dvořák Sinfonie op. 95 «Aus der Neuen Welt»
Montag, 1. Dezember 2014 – 19.30 Uhr Vilde Frang Violine Michail Lifits Klavier
BUILDING BRIDGES
Werke von Beethoven, Brahms, Albéniz, Strauss und Ravel
Sir András Schiff präsentiert junge Pianisten Tonhalle Zürich, Kleiner Saal
Samstag, 17. Januar 2015 – 17.00 Uhr Roman Rabinovich Klavier Bach, Smetana, Brahms und Bartók
Samstag, 7. Februar 2015 – 17.00 Uhr Adam Golka Klavier Beethoven und Brahms
Samstag, 17. Januar 2015 – 19.30 Uhr Kammerorchester Basel Giovanni Antonini Leitung Khatia Buniatishvili Klavier Beethoven Klavierkonzert Nr. 3 c-Moll op. 37 und weitere Werke von Haydn und Mozart
Samstag, 7. Februar 2015 – 19.30 Uhr Sol Gabetta Violoncello Bertrand Chamayou Klavier Werke von Beethoven, Mendelssohn und Chopin
Montag, 9. März 2015 – 17.00 Uhr Kuok-Wai Lio Klavier Schubert, Schumann und Janácek
Montag, 9. März 2015 – 19.30 Uhr Camerata Bern Radovan Vlatković Horn Luis Vieira Horn Mozart Hornkonzert Nr. 3 Es-Dur KV 447 und weitere Werke von Haydn, Rosetti und Mozart
Unsere Kulturreisen 2014/15 Do, 6. – So, 9. November Fr, 23. – So, 25. Januar Do, 30. April – Mo, 4. Mai
Freitag, 10. April 2015 – 19.30 Uhr
Wir senden Ihnen gerne die Detailprogramme.
Montag, 18. Mai 2015 – 19.30 Uhr
Grigory Sokolov Klavier Das Programm wird noch bekannt gegeben.
VORVERK AUF
Kammerorchester Basel Julia Lezhneva Sopran
Neue Konzertreihe Zürich ab 1.9.2014: Tonhalle-Billettkasse 044 206 34 34
«Arianna in Arcadia» – Arien und Werke von Torelli, Albinoni, Sarro, Händel und Porpora
Haydn 2032 und Building Bridges ab sofort: schriftlich bei Hochuli Konzert AG
Dienstag, 7. Juli 2015 – 19.30 Uhr
spezielle Konditionen für Abonnenten der Neuen Konzertreihe Zürich
Aktuelle Informationen: www.hochuli-konzert.ch Hochuli Konzert AG, Postfach 41, 9056 Gais Tel. 071 791 07 70, Fax 071 791 07 72 info@hochuli-konzert.ch
Anne-Sophie Mutter Violine Lambert Orkis Klavier Werke von Beethoven, Ravel, Respighi und Bartók
thema M&T: Tod Machover, Sie nutzen die Klangprofile bestimmter Städte als musikalisches Material. Haben Sie Luzern schon erkundet? Tod Machover: Heute habe ich damit begonnen! Ich war letztes Jahr am Ende des Sommerfestivals erstmals hier in Luzern. Damals führten wir erste Gespräche über dieses Projekt. Allein machte ich mich für einige Stunden auf, um Luzern zu begehen. Ich wusste, dass es den See und den Fluss gibt, aber nicht viel mehr. M&T: Wie müssen wir uns das vorstellen, wenn Sie sich in einer Stadt auf Klangexpedition begeben? Tod Machover: Das hängt ganz vom Ort ab. Erstens einmal ist es mir wichtig, vorweg viel über eine Stadt zu lesen. Dann liebe ich es, mich auf lange Stadtwanderungen zu machen, mich auf die Besonderheiten eines Ortes einzulassen. Luzern kannte ich nicht sehr gut. Als auffallendes visuelles Wahrzeichen prägte sich mir die Natur mit den markanten Bergen ein. M&T: Wie lassen sich solche Erfahrungen in Klänge und letztlich in strukturierte Musik umwandeln? Tod Machover: Das ist eine wichtige Frage! Ich denke, das Interessante eines solchen Prozesses ist es, gemachte Erfahrungen in Klang zu übersetzen. Das beginnt bei einer ganz direkten, authentischen Bestandesaufnahme: Welche Klänge nehmen wir in der Stadt wahr? Was hören wir? In welchem Kontext sind sie interessant oder definieren eine Besonderheit des betreffenden Ortes. Der imaginäre Weg, eine Stadt über ihre klangliche Wirklichkeit zu erforschen, hat ein starkes Potenzial. Es fällt auf, dass in dieser Stadt, neben den erwähnten kraftvollen visuellen Eckpunkten der Berge, sehr viele Details zu entdecken sind – die Stadt ist nicht auf ein Wahrzeichen wie eine Kathedrale oder einen zentralen Platz als urbaner Mittelpunkt konzentriert. Es gibt mehrere Brücken, alles hat hier seinen Reiz, seine besondere Atmosphäre, jedes kleine Gässchen. Ja, die Details faszinieren mich in Luzern vor dieser starken Naturkulisse. Und langsam beginne ich einige der wichtigen Fragen zu verstehen, die mich hier interessieren. M&T: Welche Fragen brechen auf? Tod Machover: Etwa jene nach der Mischung zwischen progressiven Ideen und einem konservativen Geist, woran ich zuvor nicht gedacht hatte. Ungewöhnlich ist, dass dieser Ort – mitten in Europa, umgeben von Bergen, alles ist beschützt – seit Jahrhunderten auch ein Ort des Durchgangs war und ist. Leute kommen und machen hier Urlaub, andere fahren
durch mit dem Ziel Italien. Es ist sehr unüblich, einen Ort zu finden, an welchem diese beiden Voraussetzungen in einer solchen Balance vorhanden sind. Wenn wir über eine Art psychologischen Zugang zu einem Ort reden, wie wir eine Stadt oder eine Gegend erkunden, damit sie auf eine bestimmte Art und Weise in Musik ausgedrückt werden kann – dann treffen wir den Punkt, der mich interessiert. M&T: Eine Stadt wie Luzern oder überhaupt die europäischen Städte sind ganz verschieden zu den amerikanischen Metropolen entstanden und gewachsen. Konsequenterweise haben sich über die Jahrhunderte hinweg auch andere Strukturen entwickelt.
dauerte, während jenes aus Toronto 35 Minuten lang war. Mit meiner jüngsten Arbeit in Perth denke ich, nun so etwas wie einen Ausgleich erreicht zu haben. M&T: Welche Leitplanken stellen Sie für die «Lucerne Symphony» auf? Tod Machover: Ich weiss es noch nicht. Sicherlich wird es kein Stück für das Tourismusbüro, um damit Werbung für die Stadt zu machen. Es ist aber auch nicht als Kritik gedacht, vielmehr als eine emotionale wie psychologische Erfahrung. Vielleicht bringt das Werk Leute dazu, Dinge zu erkennen und darüber nachzudenken, die ihnen bis dahin gar nicht bewusst waren.
«Luzern so zu hören, wie es niemand erwartet hätte!» Tod Machover: Auf jeden Fall. In einer Stadt wie Toronto beispielsweise gibt es viele Brachflächen, die einen animieren, diesen Raum mit neuen Ideen zu besetzen. Man muss dort nicht alles in bereits bestehende Strukturen integrieren. Sogar in Manhattan ist das ganz anders. Sicher sind es genau diese Zusammenhänge, die einen Ort wie diesen hier einzigartig machen. M&T: Wie wichtig ist Ihnen der Gedanke, wie eine Stadt oder ein Ort sich selber gerne erfahren möchte? Tod Machover: Das ist eine wichtige Frage! Und ich bin ständig daran, dieser Frage nachzugehen, Antworten darauf zu finden. Mit jedem neuen Projekt. In Toronto, bei meinem ersten derartigen Projekt, versuchte ich, so viele Materialien wie möglich einzubauen und letztlich in dem Stück zu verwenden. Sehr viele Leute waren daran beteiligt und steuerten Klangmaterial bei, und ich verwendete möglichst alles, was irgendwie zu verwenden war. Mit dem Resultat, dass das Stück zwar interessant wurde. Aber heute denke ich, dass ich zu zaghaft und zu respektvoll in der Auswahl war. Könnte ich das Stück heute nochmals herausbringen, würde ich selektiver auswählen. Das zweite Werk entstand in Edinburgh – mit einem entgegengesetzten Resultat. Ich kannte wohl die Stadt seit Langem, reiste für das Projekt allerdings bloss zweimal hin und entwickelte das Stück vorwiegend in meinem Studio in Boston. Dabei verarbeitete ich ausschliesslich Material, welches mir für das Stück unentbehrlich schien – also das genaue Gegenteil des ersten Projekts! Mit der Konsequenz, dass das Stück noch ganze zwölf Minuten
M&T: Wie bewahren Sie Ihre Projekte davor, bloss oberflächliche, additive Klangsammlung zu sein? Tod Machover: Wesentlich sind zwei Aspekte: wie viel von einem Konzept, von einer strukturierten Idee früh in das Projekt einfliesst und zu welchem Zeitpunkt die Materialsammlung gestoppt wird, bevor sie ins Beliebige ausufert. Für Luzern habe ich mir vorgenommen, so lange als möglich zu warten, bevor das Material in eine konkrete Form gebracht wird. M&T: Was entzündet Ihre künstlerische Fantasie, was ist Ihre Strategie? Tod Machover: Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir eine neue Beziehung zwischen Künstler und Publikum finden müssen. Dabei darf allerdings der qualitative Anspruch nie einer flachen Banalität geopfert werden. Man muss nur mal schauen, was heute in den Social Media abläuft, wie darin jeder – überall und zu jedem Thema – sich ein Urteil anmasst und dies als öffentliche Meinung kundtut. Demgegenüber versuche ich ein anderes Modell der Zusammenarbeit zu aktivieren, bei dem Leute Material beisteuern und den Weg der Ideen mitbestimmen können. M&T: Wie geschieht das? Tod Machover: Es gibt viele Stufen des Projekts: wenn jemand Ideen und Klänge einsendet, wenn Klänge vermischt werden können, wenn ich Resultate miteinander verbinde und wieder nach aussen senden kann. Wir entwickeln eine Software, welche es den Leuten ermöglicht, mit den verschiedenen Teilen eines Stückes zu experimentieren und sie auch zu bearbeiten. Schliesslich suche ich an je-
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thema
Die Konzertreihe ausserhalb der Festivals im Kultur- und Kongresszentrum Luzern Saison 2014 / 2015
lucerne chamber circle
Sonntag, 7. Dezember 2014, 11.00 Uhr (Matinee)
Sonntag, 18. Januar 2015, 18.30 Uhr
Adventsmatinee: Hespèrion XXI «Folías Antiguas y Criollas»
Cuzzoni vs. Bordoni: 2 Diven – 2 Rivalinnen
Andrew Lawrence-King, Harfe Jordi Savall, Viola da gamba und Leitung
Cappella Gabetta Andrés Gabetta , Violine und Leitung Simone Kermes, Sopran (Cuzzoni) Vivica Genaux, Mezzosopran (Bordoni)
Sonntag, 21. Dezember 2014, 18.30 Uhr
J. S. Bach: Weihnachtsoratorium Cappella Amsterdam Le Concert Lorrain Daniel Reuss, Leitung Hana Blažíková, Sopran Marie-Claude Chappuis, Alt Thomas Hobbs, Tenor Peter Harvey, Bass
Dienstag, 30. Dezember 2014, 19.30 Uhr
Karfreitag, 3. April 2015, 18.30 Uhr
J. S. Bach: Matthäus-Passion Balthasar-Neumann-Chor Le Concert Lorrain Christoph Prégardien, Evangelist und Leitung Hana Blažíková, Sopran Sophie Harmsen, Alt James Gilchrist, Tenor Konstantin Wolff, Bass Dietrich Henschel, Bass
Nussknacker zu 8 Händen Gershwin Piano Quartet Mischa Cheung, André Desponds, Benjamin Engeli, Stefan Wirth
Montag, 13. April 2015, 19.30 Uhr
Macht süchtig: Opium II
Sonntag, 4. Januar 2015, 11.00 Uhr (Matinee)
Philippe Jaroussky, Countertenor Jérôme Ducros, Klavier Quatuor Ébène
Salzburger Neujahrskonzert: Grüsse aus Küche und Keller
Sonntag, 10. Mai 2015, 18.30 Uhr
Camerata Salzburg Gregory Ahss, Chefkoch und musikalische Leitung Josef Radauer, Oberkellner und Kontrabass
Frühromantik zum Muttertag Kammerorchester Basel Christian Zacharias, Klavier und Leitung
Vorverkauf: Wählen Sie online Ihren Sitzplatz aus: www.kulturticket.ch Bezahlung mit Kreditkarte (MasterCard/Visa), Postcard oder gegen Rechnung Tel. 0900 585 887 oder 0900kultur (Mo-Fr, 10.30-12.30 h, CHF 1.20/Min.) Veranstalter: swiss classics gmbh, sängergasse 5, 4054 basel. www.swissclassics.ch, info@swissclassics.ch Programmänderungen vorbehalten
thema dem dieser Orte nach unverwechselbaren Dingen, die wirklich interessant sind und auch überraschen. Ansonsten würden die Projekte ja überall gleich daherkommen. Es gehört auch dazu, bestimmte Kreise – Schulen etwa mit dem richtigen Lehrer – einzubinden. Dann können geradezu berührende Resultate entstehen. Vielleicht kommt jemand darauf, Luzern so zu hören, wie es niemand erwartet hätte! Vielleicht ein fünfminütiger Gang durch das Stadtzentrum, vielleicht eine besondere psychologische Situation. Solche Dinge geschehen. Und wenn sie geschehen, dann entsteht ein Stück, wie ich es selber nie verwirklichen könnte. Ich versuche, eine offene Struktur zu schaffen, welche es ermöglicht, dass solche Überraschungen tatsächlich geschehen. M&T: Ihre Stadtprojekte sind ausgesprochen prozessual angelegt. Betrachten Sie den Weg dorthin als das eigentliche Werk – oder doch eher das am Ende aufgeführte Stück als musikalisches Kondensat? Tod Machover: Ich denke, es gibt noch eine dritte Option: eine Umgebung zu schaffen, einen ideellen Kontext, in welchem Leute fortlaufend über einen Ort und seine Klänge nachdenken. Mit einem offenen Ende. Das Luzerner Projekt hingegen sehe ich als eine Kombination der beiden von Ihnen genannten Optionen. Würde es auf eine der beiden Haltungen eingeschränkt, wäre ich unglücklich. In Toronto war eine Tendenz zu beobachten die vielleicht generell gilt: Die Musikkritiker betrachteten das Projekt und meinten: «Fantastischer Prozess, aber wir mögen das Stück nicht!» In Edinburgh wie in Perth war das Werk an sich stärker
in den Prozess integriert. Ich will wirklich, dass die Stücke ein Eigenleben bekommen! Möglich, dass mir dies nicht gelingt, aber ich strebe es an. Es ist mir wichtig. M&T: Sie möchten am Ende ein musikalisches Werk präsentieren, welches ein Orchester auch an einem anderen Ort spielen könnte? Tod Machover: Ja, genau! Vielleicht werden wir uns in unserem nächsten Projekt nach Luzern auf diesen dritten Aspekt konzentrieren: Können wir einen Prozess und ein Stück initiieren, bei dem im Vordergrund steht, dass das daraus entstehende Werk weiterlebt und auch für spätere Eingriffe offen bleibt? M&T: Ist es möglich, dass ein so konzipiertes und realisiertes Werk eigenständig, ohne seinen Initiator überleben kann? Tod Machover: Ja. Ich denke, das kann funktionieren. Einige meiner Werke sind schwierig aufzuführen. Meine letzte Oper, «Death and the Powers», verlangt beispielsweise Roboter auf der Bühne, man braucht dafür ein sehr kompliziertes Set mit komplexen Geräten und Anlagen. Hier in Luzern spielt das Orchester unverstärkt, die elektronischen Klänge werden hinzugemischt. Aber alle meine Vorstellungen – etwa von Klangeinblendungen – sind notiert. Das schafft überhaupt keine Probleme, ein solches Werk später oder anderswo wieder aufzuführen. M&T: Andernfalls gäbe es kein künstlerisches Weiterleben für Sie als Komponist… Tod Machover: … ich versuche natürlich die Voraussetzungen zu schaffen, damit es gelingt, dem Werk ein Weiterleben
Tod Machover – The Lucerne Symphony Der amerikanische Komponist Tod Machover demonstriert mit seiner Musik eine aussergewöhnliche stilistische Bandbreite, die dazu beigetragen hat, die Definition der Musik selbst und ihre Wirkung auf die Gesellschaft weiterzuentwickeln. Machover ist für seine innovativen Werke bekannt wie zum Beispiel die «Roboter-Oper» Death and the Powers. Seit 2012 arbeitet Machover an einer Serie von «Stadt-Sinfonien», so entstanden in Toronto, Edinburgh und Perth (Australien) ähnliche Sinfonien wie die geplante in Luzern. Er wurde 1953 in New York geboren, studierte an der Juilliard School bei Elliott Carter und wirkte an Pierre Boulez‘ IRCAM in Paris als «composer-in-residence» und als erster Director of Musical Research. Machover ist als «Muriel R. Cooper Professor of Music and Media» und Director der sogenannten Opera of the Future Group am MIT Media Lab in Boston
tätig. Er ist bekannt dafür, neue Technologien für musikalische Aufführung und Komposition zu entwickeln. Tod Machover ist der Erfinder der Hyperinstruments, die die musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten für Künstler wie YoYo Ma oder Prince erweitert haben. Darüber hinaus wurden vom MIT Media Lab für die breite Öffentlichkeit die revolutionären Videospiele «Guitar Hero» oder «Rock Band» entwickelt. Machover arbeitet ausserdem an musikalischen Systemen und Technologien, die die Förderung der physischen und mentalen Gesundheit und des Wohlbefindens zum Ziel haben. Das gesamte Projekt «Eine Sinfonie für Luzern» wird von Lucerne Festival filmisch begleitet. Am Ende steht eine Dokumentation, die im Zusammenhang mit der Uraufführung des Werks am 5. September 2015 gezeigt wird. www.todmachover.com
ohne mich für eine hoffentlich lange Zeit zu sichern. Aber solchen Strategien sind immer Grenzen gesetzt. Über einen gewissen zeitlichen Rahmen hinaus ist das kaum zu beeinflussen oder gar zu kontrollieren. Kommt hinzu, dass Dinge, die uns heute beschäftigen oder gar berühren, in zehn oder zwanzig Jahren möglicherweise oberflächlich und banal erscheinen. (Lachend) Vielleicht gelingt das jemand anderem besser als mir… M&T: Ihre Ideen nutzen das kreative Potenzial komplexer Technologien. Öffnet Ihnen die Technologie auch künstlerische Freiräume? Tod Machover: Ich denke, wenn Sie die die Technologie beherrschen, kann Sie Ihnen tatsächlich eine bestimmte Art von Freiheit geben. Aber natürlich gibt es nicht nur diese eine Freiheit. Ich versuche die aktuellen technologischen Möglichkeiten zu nutzen, um die verschiedensten Fragen zu erkunden: wie sich eine Ausdrucksgeste umsetzen lässt, was eine Phrase bedeuten kann, wie komplex ein Klang sein kann oder wie die Beziehung zwischen Ausführenden und Publikum einbezogen werden kann. Ich glaube heute – auch wenn es mittels technologischer Mittel geschieht –, es braucht den direkten menschlichen Kontakt, um einen wirklichen Prozess in Gang zu bringen. Das möchte ich auch mit diesem Luzerner Projekt erreichen. Wenn ich im August zurückkehre, versuche ich daher so viele kommunikative Situationen als möglich zu schaffen: Leute können mir Klänge bringen, mir eine Geschichte erzählen, wir können uns über die Stadt unterhalten. Sicher wird das der Start zu einem Prozess voller Überraschungen! O
Tod Machover am Lucerne Festival 2014 23. August: 11.00 – 13.00 Street Studio mit Tod Machover, Europaplatz 24. August: 16.00 – 18.00 Street Studio mit Tod Machover, Europaplatz 25. August: 19.30 Workshop, KKL Luzern, Clubräume Teilnahme am Workshop nach Voranmeldung unter info@sinfoniefuerluzern.ch 26. August: 16.00 – 18.00 Street Studio mit Tod Machover, Europaplatz 27. August: 19.30 Workshop, KKL Luzern, Clubräume Teilnahme am Workshop nach Voranmeldung unter info@sinfoniefuerluzern
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Saison-Höhepunkte 2014/15 mit Chefdirigent James Gaffigan und dem LSO. In aller Leute Mund. Rezital Jonas Kaufmann Montag, 13. Oktober 2014 | 19.30 Uhr | KKL Luzern, Konzertsaal Jonas Kaufmann, Tenor | Helmut Deutsch, Klavier Robert Schumann: Auswahl aus den «Kerner-Liedern» op. 35 «Dichterliebe» op. 48 Richard Wagner: «Wesendonck-Lieder» WWV 91 Franz Liszt: Tre sonetti di Petrarca S. 270 Preise: CHF 250 | 190 | 140 | 90 |40
Eine der bedeutendsten Pianistinnen der Gegenwart. Maria João Pires spielt Beethoven Mittwoch, 15. Oktober 2014 & Donnerstag, 16. Oktober 2014 19.30 Uhr | KKL Luzern, Konzertsaal Luzerner Sinfonieorchester LSO | James Gaffigan, Leitung | Maria João Pires, Klavier Carl Maria von Weber: Ouvertüre zur romantischen Oper «Oberon» Ludwig van Beethoven: Konzert für Klavier und Orchester Nr. 3 c-Moll op. 37 und Sinfonie Nr. 5 c-Moll op. 67 Preise: CHF 110 | 90 | 65 | 45 | 25
inserate
Händels erfolgreichste italienische Oper. Cäsar und Cleopatra mit Natalie Dessay Dienstag, 18. November 2014 | 19.30 Uhr | KKL Luzern, Konzertsaal Le Concert d’Astrée | Emmanuelle Haïm, Leitung Natalie Dessay, Sopran | Christophe Dumaux, Countertenor Georg Friedrich Händel: Ausschnitte aus der Oper «Giulio Cesare in Egitto» Preise: CHF 110 | 90 | 65 | 45 | 25
Eine Legende mit Mozarts letztem Klavierkonzert. Menahem Pressler & Thomas Dausgaard Mittwoch, 3. Dezember 2014 & Donnerstag, 4. Dezember 2014 19.30 Uhr | KKL Luzern, Konzertsaal Luzerner Sinfonieorchester LSO | Thomas Dausgaard, Leitung Menahem Pressler, Klavier Wolfgang Amadeus Mozart: Konzert für Klavier und Orchester Nr. 27 B-Dur KV 595 Anton Bruckner: Sinfonie Nr. 7 E-Dur Preise: CHF 110 | 90 | 65 | 45 | 25
Stargitarrist Miloš zu Neujahr. Il Regno di Napoli
S NICHT – SSEN VERPA ES GROSS ! EN ERLEB
Donnerstag, 1. Januar 2015 | 17.00 Uhr ] Freitag, 2. Januar 2015 | 11.00 Uhr jeweils KKL Luzern, Konzertsaal Luzerner Sinfonieorchester LSO | James Gaffigan, Leitung | Miloš, Gitarre Joaquín Turina: «Danzas gitanas» für Orchester Joaquín Rodrigo: «Concierto de Aranjuez» für Gitarre und Orchester Alessandro Scarlatti: Concerto grosso Nr. 5 d-Moll Domenico Scarlatti: Eine Sonate für Klavier Domenico Cimarosa: Ouvertüre zur Oper «Il matrimonio segreto» Giuseppe Verdi: Ouvertüre zur Oper «Alzira» Nino Rota: Tänze aus der Filmmusik zu «Il Gattopardo» und andere Preise: CHF 110 | 90 | 65 | 45 | 25
Bestellen Sie jetzt das Saisonprogramm 2014/15 und sichern Sie sich Ihre Plätze! Beratung & Verkauf: Telefon 041 226 05 15 oder www.sinfonieorchester.ch
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Barbara Hannigan über Mahlers Parodiefalle, den Umgang mit Tradition und die Kraft der Stille
«Ich bin gesund!» Sie zählt zu den vielseitigsten Musikerpersönlichkeiten der Gegenwart. Als Sopranistin und Dirigentin pflegt Barbara Hannigan ein breites Repertoire, das von der alten bis zur neuesten Musik reicht. Darüber hinaus lebt sie als Dirigentin ein kollegiales Miteinander, fernab von jeglichem Dünkel. Beim Lucerne Festival ist die Kanadierin nun «artiste étoile», mit umfassenden Einblicken in ihr Wirken. Wir trafen sie in München, wo sie jüngst in Bernd Alois Zimmermanns «Die Soldaten» zu erleben war.
Marco Frei (Text) & Priska Ketterer (Bilder)
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artists M&T: Barbara Hannigan, wie singt man im Zweiten Streichquartett von Arnold Schönberg die «Luft von anderem Planeten» – oder den «kindlich heiteren Ausdruck» im Finalsatz der Vierten Sinfonie von Gustav Mahler? Barbara Hannigan: Indem man bei Mahler nicht in die Parodiefalle tappt. Mahler hat diese Anweisung ernst gemeint. Zudem muss der «kindliche Ausdruck» nicht zwangsläufig den Ton meinen, sondern eine Haltung – die Art des Vortrags. Ich liebe es, die Vierte von Mahler zu singen. Insbesondere heute. Es war eines meiner ersten Orchesterstücke, als ich jung war. Ich hörte all die Aufnahmen, aber vor allem in den zurückhaltenden Momenten war es oft so gross und dick. Das konnte ich nicht verstehen, weil es mir wie Protzerei vorkam – mit viel Vib-
rato. Für mich war es sehr schwer, damit umzugehen. Aber jetzt bin ich älter und muss niemandem mehr beweisen, dass ich singen kann. Ich bin nicht in einem Wettbewerb und fühle mich einfach wohl in dieser Musik – in der Unschuld des Klanges eines Kindes, das im Himmel die Tiere rennen sieht und sich nicht vorstellen kann, dass das Essen dort so gut sei. Es ist eine Art Bewusstseinswerdung, die sehr spontan ist und sehr rasch. Deswegen verlangt Mahler ständig: «Nicht schleppen». Denn die Assoziationen von Kindern kommen und gehen schnell, auch das meint das «Kindlich». Es bewegt sich stets vorwärts, ohne zu zögern. M&T: Und das Zweite Streichquartett von Schönberg?
Barbara Hannigan: «Ich promote Partituren, das ist mein Job. Denn Musik ist das Medium, durch das ich den Menschen helfen kann, sich selber zu betrachten.
Barbara Hannigan: Dort trage ich eine Art Wettbewerb mit mir selber aus. Und wie viel Geld ich verliere, wenn ich dieses Stück singe! Ich singe es nämlich oft umsonst, weil ich keine Gelegenheit verpassen möchte – dafür liebe ich es zu sehr. Wie man die «Luft von anderem Planeten» singt? Ich denke, indem man vor allem sehr genau und sehr tief zuhört. Ich höre dem Klang des Streichquartetts zu, um wirklich die Luft in diesem Klang zu spüren. Und wenn das Quartett die letzten fröstelnden Noten spielt, bevor der Gesang anbricht, und es schwingt bereits die Ahnung einer Farbe in der Luft mit: Das ist es. Es ist für mich eine türkis-blaue Kühle, die diesen Klang hervorruft und Gänsehaut verleiht – ein Klang jenseits der Sterne. M&T: Ist auch für den «Klang jenseits der Sterne» die Frage nach dem Vibrato entscheidend – auch im Sinne eines «non vibrato»? Barbara Hannigan: Der Gebrauch des Vibratos ist tatsächlich sehr entscheidend. Ein Dauervibrato wirkt künstlicher und hat nichts zu tun mit der Freiheit oder Unschuld eines Kindes. Ich benutze das Vibrato sehr bewusst, mache den Ton straffer und klarer oder füge Vibrato hinzu. In komischen Rollen parodiere ich auch das Vibrato, bei Mahler aber sollte das Vibrato wirklich minimal sein – allerdings ohne Zwang, weil das auch wieder künstlich wäre und gewollt. Bei Schönberg hingegen muss man im Klang des Quartetts sein, es ist ein miteinander Atmen. Man kann das Zweite Streichquartett nicht ganz ohne Vibrato singen, wegen des klanglichen Volumens, gerade in den tieferen Registern. Für mich steht grundsätzlich fest, dass ein Dauervibrato, wie es noch heute gerne gelehrt wird, ziemlich langweilig ist. Man muss es beherrschen, ja, aber frei einsetzen. Generell arbeite ich sehr hart und mit viel Disziplin an meiner Technik, um frei zu sein. M&T: Weil flexibel? Barbara Hannigan: Ja. Natürlich muss man spontan sein, aber wie schon Pierre Boulez stets zu mir sagte: «Du kannst erst spontan sein, wenn du diszipliniert gearbeitet hast, um alle Möglichkeiten zu besitzen. Erst sie erlauben dir, das zu erreichen.» Wenn ich das Zweite Streichquartett von Schönberg singe, spüre ich den musikhistorischen Wandel – die Tradition und das Loslassen von ihr. Wir müssen unser Musizieren mit unserem Wissen konfrontieren, aber ohne den Zwang von Tradition. Die Tradition sollte nichts damit zu tun haben, wie man ein Stück singt. Kein Komponist hat mir je gesagt: «Bitte singe mein Stück so, wie es andere tun.» Sie sagen: «Schau in die
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artists M&T: Woher rührt Ihre Neugierde für neue Musik? Barbara Hannigan: Ich komme aus einer kleinen Stadt in Kanada, wo ich zwar einen guten Gesangsunterricht hatte, aber keinen allzu kenntnisreichen Musikunterricht. Mit 17 zog ich nach Toronto. Dort begann ich, Mahler zu hören und Bruckner, auch Ligeti und Boulez. Alles war neu für mich. Ich bin mindestens drei- oder viermal die Woche ins Konzert gegangen, alte und moderne Musik, alles. Für mich war nie ein Stil besser als der andere. M&T: Viele junge Sänger meinen, neue Musik ruiniere die Stimme. Barbara Hannigan: Ach, das wurde schon immer gesagt. Seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts haben sich diese Ressentiments wohl noch verstärkt. Aber echte Sängerinnen, wie Cathy Berberian, haben bewiesen, dass neue Musik die Stimme nicht ruinieren muss. Sie waren erfolgreich und hatten gesunde Stimmen. Ich habe über 80 Stücke uraufgeführt – und es geht mir sehr gut. Ich bin gesund! M&T: Sie geben in Luzern diesen Sommer einen Meisterkurs. Was ist Ihr «Geheimrezept», das Sie in Luzern dabei verraten werden? Barbara Hannigan: Zunächst einmal sind die meisten Stimmen durch übermässiges Singen ruiniert. Schauen Sie sich die Wagner-Sänger an: Es gibt so viele, die medizinische Hilfe benötigen für ihre Stimmbänder. Wir kennen sie, und das hat nichts mit moderner Musik zu tun. Eine gesunde Technik ist eine gesunde Technik. Man muss diszipliniert sein und einen Plan haben, um Musik einzustudieren. Ich bin auf Proben sehr vorsichtig und muss niemandem etwas beweisen. Ich gebe in der Aufführung mehr als in den Proben. Noten.» Nur das ist ihr Erbe, nicht irgendeine Interpretationstradition. M&T: Was hat Ihnen Boulez gegeben? Barbara Hannigan: Zuerst haben wir Anton Webern und Igor Strawinsky gemacht, und dann kam sein eigenes Werk «Pli selon pli». Das war für mich unvergesslich. Wir kannten uns bereits gut und vertrauten uns sehr. Er sagte mir nie, wie ich zu singen hätte. Ich fühlte mich frei, spürte den Fluss, fast schon eine improvisierende Qualität – obwohl die rhythmische Kontrolle und die Koordination mit den Instrumentalisten in dem Werk wirklich hart ist. Was wir gemeinsam entdeckten, war die dramatische Präsenz des Stücks. Zuvor hatte mich György Ligeti als erster für vieles befreit. Die Herausforderungen in seiner Musik waren
so gross, aber ich sage oft, dass moderne Komponisten meine Gesangslehrer seien. Natürlich – wenn du Mozart nicht singen kannst, ist etwas falsch. Er ist der Test. Aber ich habe Klänge und Farbe
M&T: Sie mögen Yoga, oder? Barbara Hannigan: (lacht) Ich habe mir für meinen Meisterkurs in Luzern tatsächlich einen Yogalehrer gewünscht, aber es hätte auch etwas anderes sein
«Heute umarme ich diese Einsamkeit!» entdeckt durch so viele moderne, zeitgenössische Komponisten. Sie alle haben mir etwas beigebracht und mich unterrichtet. Und sie tun es noch immer.
können. Ich bin keine Yoga-Fanatikerin – überhaupt nicht. Aber ich wollte einen Bewegungskurs integrieren, weil es wirklich wichtig ist, den ganzen Körper zu
artists trainieren. Sehr viel häufiger gehe ich ins Fitnesscenter, einfach um gesund zu bleiben. M&T: Zumal heute der kulturpolitische Druck auf die Klassik wächst, und auch die PR-Maschinerie gnadenlos ist? Barbara Hannigan: Natürlich, das ist wahr. Aber noch wichtiger ist, dass man sich selber gegenüber ehrlich und aufrichtig ist. Wenn du nicht dem folgst, was andere meinen, was du tun solltest, gibt es dir wirklich Energie. Ich habe immer sehr viel gearbeitet, auch heute noch. Schon als Kind wollte ich viel beschäftigt sein. Andere Menschen benötigen mehr Raum. Es geht also darum, was man selber braucht. Und was die «PR-Maschine» betrifft: Ich möchte die Komponisten
promoten, seien sie nun tot oder lebendig. Ich promote Partituren, das ist mein Job. Denn Musik ist das Medium, durch das ich den Menschen helfen kann, sich selber zu betrachten. Die Botschaften in Zimmermanns «Soldaten» oder in Bergs «Lulu» künden davon, Dinge zu ändern. M&T: In Luzern sind Sie auch als Dirigentin zu erleben. Warum sind bis heute Vorbehalte gegenüber dirigierenden Frauen weit verbreitet? Barbara Hannigan: Jedenfalls ist der Druck auf Frauen, besser zu sein, sehr viel höher – das stimmt. Eigentlich muss man als Frau immer besser sein. Für mich muss man einfach ein guter Musiker sein, ob Mann oder Frau. Punkt. Für mich ist das Dirigieren normal. Es macht 15 Prozent meines Jahres aus, und es
wird mehr werden – zumal man nicht ewig singen kann. Ich mache es seit einigen Jahren und sage nicht: «Hey, ich bin eine Frau.» M&T: Haben Sie Angst vor der Stille? Barbara Hannigan: Nein, die Stille ist so wichtig wie der Klang. Ich geniesse sie. Und für meine Stimme ist das Schweigen notwendig. Wann immer ich kann, fahre ich nach Nova Scotia in Kanada, wo es sehr still ist. Da komme ich her. Für mich war es anfangs sehr hart, meine Heimat zu verlassen – die innere Einsamkeit. Aber jetzt bin ich daran gewöhnt und sehe das Alleinsein als etwas Positives. Um es mit Rilke zu sagen: Heute umarme ich diese Einsamkeit. M&T: War die Einsamkeit der Preis der Karriere? Barbara Hannigan: Ja, und heute ist es ein schöner Preis. Man muss dem Nachwuchs erklären, dass man bereit sein sollte, etwas aufzugeben. Es ist ein grosses Opfer. Du bist selten zu Hause, immer woanders, deine Freunde und persönlichen Sachen sind weit weg. Man muss wenig reden, um die Stimme zu schonen. Manchmal kann ich deswegen nicht mit meiner Familie sprechen. Aber ich habe einen wundervollen Partner, der mich genau versteht und weiss, wie ich arbeite. Er schenkt mir den Raum, den ich brauche – für meine Kunst. O
Barbara Hannigan am Lucerne Festival 16. August, 22.00 Uhr («Late Night») Werke von Rossini, Mozart, Ligeti und Fauré Mahler Chamber Orchestra, Barbara Hannigan, Dirigentin und Sopran 23. August, 18.30 Uhr Chin: «Le Silence des Sirènes» (Uraufführung) Lucerne Festival Academy Orchestra & Chorus Simon Rattle, Dirigent 25. – 30. August, 11.00 Uhr Meisterkurs Gesang mit Barbara Hannigan Studierende der Lucerne Festival Academy 30. August, 22.00 Uhr («Late Night») Abschlusskonzert Meisterkurs 29. August, 22.00 Uhr Barbara Hannigan in der Festival Lounge 6. September Mahler 4. Sinfonie G-Dur Lucerne Festival Academy Orchestra, Matthias Pintscher, Dirigent
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Christian Gerhaher über Gesangs-Emphase, seine Entwicklung als Liedersänger und die Ikone Dietrich Fischer-Dieskau
«Ich bin ein Epigone» Seine Liedinterpretationen schürfen tief, und in der Oper dringt er Schritt für Schritt in neue Gefilde vor. Der Bariton Christian Gerhaher hat viel erreicht in seiner Karriere. Und Selbstzweifel wie Eigenkritik dabei nie verloren. Diesen Sommer verkörpert er am Lucerne Festival in der halbszenischen Umsetzung von Johann Sebastian Bachs «Matthäuspassion» den Christus. Eine ganz besondere Herausforderung. Kai Luehrs-Kaiser
Bilder: Sony Classical / Jim Rakete
artists zer. Aber ein richtiger Musiker bin ich nicht. M&T: Wie bitte?! Christian Gerhaher: Das Material meiner Stimme, glaube ich, gibt mir bestimmte Möglichkeiten. Aber zugleich muss ich zugeben, dass ich die Musik, die mein Beruf ist, oft nicht verstehe. Gestern in der Berliner Philharmonie habe ich Simon Rattle mit der 3. Snfonie von Brahms gehört. Er hat es phantastisch dirigiert, und doch weiss ich überhaupt nicht, wie das aufgebaut ist. Ich empfinde mich als Laien. M&T: In die Schweiz, nach Luzern, kommen Sie diesen Sommer mit Bachs «Matthäus-Passion», inszeniert von Peter Sellars. Den Jesus haben sie auch früher schon gesungen. Hat Sellars etwas an Ihrer Interpretation bewirkt? Christian Gerhaher: Oh ja, sehr viel. Ich hatte die «Matthäus-Passion» sogar früher schon einmal mit Simon Rattle in Birmingham aufgeführt. Ich fand’s ideal und war nie wieder so überzeugt von einer Matthäus-Passion. Trotzdem muss ich sagen, dass ich die Figur des Jesus erst in Salzburg durch Peter Sellars verstanden habe. Sellars hat einfach zu mir gesagt: «Bitte freundlicher!» M&T: Was wollte er damit sagen? Christian Gerhaher: Ich war davon ausgegangen, dass Jesus sehr stark durch sein Menschsein geprägt ist. Sellars dagegen wollte, dass ich die Milde, die Freundlichkeit und eine unverbrüchliche Liebe stärker zeige. Darauf konnte ich mich gut einlassen. Für mich hat Sellars selber etwas stark Auratisches. Er sagt immer, das Ergebnis sei nicht das Entscheidende. Und darin hat er Recht. Genau das ist die Unschärferelation in allem Künstlerischen. Was wissen wir schon in Bezug auf das, was wir wirklich wollen?! Was herauskommt, hat seine eigene Wahrheit.
Christian Gerhaher: «Man darf nicht in den eigenen Empfindungen rühren, aber man muss doch eigene Empfindungen haben.»
M&T: Herr Gerhaher, es gibt derzeit wenige Sänger, die so stark bewundert werden wie Sie – auch von Musikerkollegen. Wie gehen Sie damit um? Christian Gerhaher: Ich fühle mich eher geniert und kann nur versuchen, das Lob zurückzugeben. In letzter Zeit, das stimmt, häufen sich die Dinge bei mir, zum Beispiel dadurch, dass ich «Artist in Residence» bei den Berliner Philharmonikern war. Es liegt eine Gefahr darin, Lob zu glauben. Ich selber sehe mich als einen typischen Stimmbesit-
M&T: Bei Sellars’ «Ritualisierung» handelt es sich um eine halb- oder dreiviertelszenische Aufführung, die mit wenig Mitteln den Eindruck erweckt, in sich vollständig zu sein. Richtig? Christian Gerhaher: Ja, es fehlt nichts. Inzwischen haben wir auch die «Johannes-Passion» gemeinsam aufgeführt. Es ist das viel reflektiertere Stück. Ich habe den Ausdruck «Ritualisierung» immer ein bisschen merkwürdig oder sogar prätentiös gefunden. Aber es steht ein unerhörtes musikalisches Vorstellungsvermögen dahinter. Der Mann ist grossartig. M&T: Ursprünglich erfolgte Ihr Auftritt als Jesus aus dem Publikum heraus. Sie mussten schon lange vorher, für alle sichtbar, im Publikum sitzen?
Christian Gerhaher: Ich muss gestehen, dass das eine schreckliche Situation war! Man darf sich nicht rühren. Die Angst steigt. Wir haben das szenisch jetzt Gott sei Dank verändert. M&T: Ist es nicht so, dass Lampenfieber und Angst aufhören, sobald man auf der Bühne steht? Christian Gerhaher: So sollte es sein. Es kann aber auch passieren, dass man die Angst während des ganzen Auftritts beibehält. Das merkt man im Publikum vielleicht nicht. Aber es bleibt ziemlich schwierig. M&T: Bei der Schubertiade Hohenems singen Sie im September einen Liederabend. Wenn man Ihre heutigen Liedaufnahmen mit früheren vergleicht, so stellt man eine erstaunliche Entwicklung fest. Ihr Timbre ist weicher und voller geworden, das Legato hat sich entwickelt und es ist eine Emphase eingekehrt, die Ihnen heute keiner nachmacht. Christian Gerhaher: Dass sich das Legato verbessert hat, freut mich. Dennoch waren dies alles nicht die Baustellen, an denen ich gearbeitet habe. Meine grösste Baustelle ist, dass ich überhaupt durchgehalten habe. Damit meine ich: gesundheitlich und konditionell. Dazu gehört, dass man das Repertoire, das man bedient, weiterführen kann und immer neu entwickelt. M&T: Woran haben Sie konkret gearbeitet? Christian Gerhaher: An der Aussprache! Ich habe früher überartikuliert. Und nicht ganz die Rolle der Konsonanten beim Singen begriffen. Dieses Missverständnis führt dann zum sogenannten ‚Konsonantenspucken’. Ein anderes Problem besteht darin, dass ich mein Bayerisch nie ganz wegbekomme. M&T: Dietrich Fischer-Dieskau, dem verschiedentlich «Konsonantenspucken» angelastet wurde, hielt die Mitlaute für das beste Mittel, um sein Legato zu pflegen. Sie nicht? Christian Gerhaher: Nein, ich nicht. Konsonanten sind nicht automatisch Legatofreunde. Schauen Sie sich die Gesangskultur in Italien an. Dort werden die Konsonaten traditionell kurzgehalten. Was ich viel wichtiger finde und woran ich arbeite, ist eine stärkere Differenzierung der Vokale. Es gibt im Deutschen so viele verschiedene O’s, I’s, E’s, A’s und U’s wie in keiner anderen europäischen Sprache. Es ist ein deutsches Phänomen, vor allem innerhalb der gesungenen Sprache. Ich bin grundsätzlich gegen ein Patex-Legato. Entscheidend bleibt die Verständlichkeit. Dabei machen sogar Unterbrechungen das Legato lebendiger. Ein Zerhacken ist nicht nötig.
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Christian Gerhaher: «Meine grösste Baustelle ist, dass ich überhaupt durchgehalten habe».
artists M&T: Sehen Sie sich als Kritiker Fischer-Dieskaus? Christian Gerhaher: Nein, ganz im Gegenteil, ich sehe mich als Epigonen von Fischer-Dieskau. Nur habe ich nie verleugnet, dass man als Sänger eine eigene Identität haben muss. Was Fischer-Dieskau erreicht hat, kann ich niemals errei-
der Herr Huber und ich ja nun schon mehr als 25 Jahre mit Liedern arbeiten. Das geschah am Anfang sehr selbstbezüglich. Mit den Jahren sieht man die eigene Aufgabe immer stärker in einer Art Selbstdistanzierung. Man muss von sich selber wegkommen, um zum Inhalt übergehen zu können.
«Was herauskommt, hat seine eigene Wahrheit» chen. Er ist und bleibt die Ikone des 20. Jahrhunderts, und zwar wegen des Niveaus, auf welches er das Lied überhaupt gehoben hat. Durch Fischer-Dieskau ist Liedgesang nicht mehr abhängig von Sentimentalität, das ist seine Errungenschaft. Ausserdem hat er sich dafür eingesetzt, dass die Stimme hell geführt wird. Das halte ich für keinen Nachteil.
M&T: Es kommt alles vom Inhalt her? Christian Gerhaher: Ja. Und muss doch zwangsläufig den Weg über das Selbst nehmen. Das ist das Paradox des Sängers. Man darf nicht in den eigenen Empfindungen rühren, aber man muss doch eigene Empfindungen haben. Worauf es einzig und allein ankommt, ist die Darstellung des Geschriebenen.
M&T: Glauben Sie, dass im Allgemeinen eine Gefahr besteht, die Stimme zu dunkel zu führen? Christian Gerhaher: Jedenfalls gibt es in der Gesangsschule von Manuel Garcia eine gewisse ‚Verdunkelungstendenz’. Garcia sprach von einer Eindunkelung der Stimme als Ziel. Das erreicht man durch einen präphonatorischen Druck. Es wäre im 18. Jahrhundert gar nicht möglich gewesen. Fischer-Dieskau hat diese Tendenz ein Stück weit rückgängig gemacht, was bei ihm auch mit einer Intellektualisierung einherging. Es war eine Art Aufklärung des Gesangs.
M&T: Halten Sie Liedgesang nicht trotzdem für eine subjektive Sache? Christian Gerhaher: Sagen wir so: Ich halte Selbstbezogenheit für einen nötigen Umweg. Aber für einen Umweg. Wie Gerald Huber immer sagt: Es muss einmal durch einen durch.
M&T: Was betrachten Sie als weniger positiv an Fischer-Dieskau? Christian Gerhaher: Was ich kritisch an ihm sehe, ist vor allem, dass er ein zu grosses Repertoire bedient hat. Der Grundsatz, nach Möglichkeit alles aufzunehmen, ging auf Kosten der stilistischen Individualität von Werken und Komponisten. Ich würde dies sogar als die Tragik Fischer-Dieskaus ansehen. M&T: Es gibt bei Ihnen ein unverwechselbares Mass deklamatorischer Intensität, und, wenn man so sagen kann: an Inständigkeit. Woher kommt das? Christian Gerhaher: Es ist, glaube ich, nach und nach gekommen. Einen bestimmten Ausdruckswillen hatte ich schon früher, aber der war zu persönlich geprägt. Sie müssen bedenken, dass
M&T: Wie bei einer Kaffeemaschine? Christian Gerhaher: Ja. Und der Kaffeesatz kann weg. M&T: Man könnte vermuten, dass Sie auch durch die Oper zu neuen Ausdrucksmöglichkeiten gefunden haben? Christian Gerhaher: Das ist auf jeden Fall richtig. Ohne Wolfram im «Tannhäuser» hätte ich die Karriere so wie sie sich jetzt entwickelt nie machen können. Die Partie ist ja nicht so liedhaft wie man vielleicht denken könnte. Sie ist ziemlich massiv. Daran wächst die Stimme, und das muss auch so sein. Nach der Rom-Erzählung im 3. Akt nimmt die Partie des Wolfram heldische Qualitäten an, die man in sich entwickeln und durchhalten muss. M&T: Sie könnten gewiss Ihre Opernkarriere forcieren, wenn Sie das wollten. Nach welchem Prinzip sortieren Sie die Angebote? Christian Gerhaher: Das war früher schwieriger als es heute ist. Weil immer gesagt wurde: ‚Der hat so eine kleine Stimme.’ Also habe ich mich erst langsam vorgearbeitet. Wichtig
war Monteverdis «Orfeo» 2005 an der Oper Frankfurt. Und daran anschliessend weitere Rollen an diesem Haus. Alle Rollen sind für mich immer stark verbunden mit der Frage, an welchem Haus sie herauskommen. In Zürich ist jetzt ein «Wozzeck» mit Andreas Homoki geplant. In München noch einmal ein Marquis Posa in «Don Carlo». Irgendwann wird Amfortas folgen. Hoffentlich auch Simon Boccanegra. Und eventuell Guillaume Tell. Der entscheidende Aspekt bleibt, dass ich durch Opernrollen meine Liedkarriere nicht gefährden will. M&T: Bedeutet die Tatsache, dass Ihre Stimme nie die Grösste war, eine Beschränkung? Christian Gerhaher: Anfangs war das so. Das Problem hat sich erst verloren, als die Stimme grösser geworden ist. Und weil man mich inzwischen vielleicht stärker respektiert. Ich hatte immer Komplexe, dass die Stimme nicht viril und nicht gross genug ist. Aber wenn man mit dem agiert, was man hat, und sich den eigenen Komplexen nicht einfach ergibt, dann wird man auch damit akzeptiert. Für viele männliche Sänger ist der Verdacht schrecklich, dass an ihrer Männlichkeit gezweifelt wird. Eine gute Sache am Erfolg ist, dass einem zugetraut wird, was einen eigentlich überfordern würde: zum Beispiel Beckmesser oder Amfortas, der mir schon vor vielen Jahren angeboten wurde. An diesen Dingen wächst man mit. Man muss nur aufpassen, die Rollen nicht anzunehmen. Sonst wird’s gefährlich. O
Christian Gerhaher 3. September, 18.30 Uhr Johann Sebastian Bach: «MatthäusPassion» Regie: Peter Sellars, Berliner Philharmoniker, Rundfunkchor Berlin, Luzerner Kantorei, Simon Rattle (Dirigent) Mit Magdalena Kozena, Topi Lehtipuu, Mark Padmore, Eric Owens und Christian Gerhaher (Christus). 21. September, Schubertiade Hohenems, 20.00 Uhr Lieberabend mit Gerold Huber, Klavier Werke von Schubert und Rihm Neue CD: «Nachtviolen». Ausgewählte Lieder von Franz Schubert Mit Gerold Huber, Klavier Sony Classical 88883712172
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artists Sergey Khachatryan ist Preisträger des Credit Suisse Young Artist Award
«Wir Armenier lieben das Drama» Der armenische Geiger ist seit seinem Sieg beim Sibelius-Wettbewerb 2000 ein fester Wert im Universum der Konzertgeiger. Ein Gespräch über Karriere, Armenien und das Violinkonzert von Beethoven, das Khachatryan im Preisträgerkonzert mit den Wiener Philharmonikern spielen wird. Reinmar Wagner
«Wenn man in einem Werk nicht wirklich etwas Persönliches zu sagen hat, dann sollte man es nicht spielen.»
Bild: Terry Linke
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artists M&T: Das Preisträgerkonzert des Credit Suisse Young Artist Award am 13. September leitet Gustavo Dudamel. Kennen Sie ihn schon? Sergey Khachatryan: Wir haben vor einigen Jahren zusammen musiziert, mit dem Orchester aus Göteborg. Ich fand damals toll, wie er das Orchester mitreissen konnte, und ich denke, das ist schon eine der wichtigsten Eigenschaften für einen Dirigenten. Wie Dudamel seine Energie transformieren und auf die Musiker übertragen kann, das hat mich sehr beeindruckt. M&T: Sie spielten das Violinkonzert von Sibelius, für das Sie seit ihrem Sieg beim SibeliusWettbewerb wohl sehr oft angefragt wurden? Sergey Khachatryan: Es war damals mein Lieblingskonzert, deswegen wollte ich auch den Sibelius-Wettbewerb machen. Inzwischen liebe ich es immer noch, und ich habe es auch noch besser verstanden, nachdem ich in Finnland war, finnische Literatur gelesen, die Landschaften mit den vielen Seen gesehen habe. Die Melancholie in diesem Werk hat mich schon immer fasziniert, und nachdem ich die Atmosphäre erlebt habe, sind gewisse Bilder sehr stark geworden. Dennoch ist es ein sehr dramatisches Konzert, und wir Armenier lieben das Drama. M&T: Auch die Melancholie? Sergey Khachatryan: Armenische Folklore ist sehr rhythmisch, aber was mich daran mehr fasziniert, was auch die Komponisten eingefangen haben wie etwa Khatchaturian in seinem Violinkonzert, ist die Tiefgründigkeit, die Melancholie, die Tragödie, die auch in der Folklore sehr tief ist. Natürlich auch aus der armenischen Geschichte heraus. M&T: Der Völkermord wird von der Türkei immer noch geleugnet. Sergey Khachatryan: Wissen Sie, dieses Leugnen hat nichts mit wirklichen Zweifeln zu tun, historisch ist ja alles belegt. Heute ist das Politik. Und viele europäische Länder sind im Moment nicht interessiert, die Türkei zu brüskieren, leider Gottes. Als Armenier darf man so etwas natürlich nicht vergessen. Aber ich finde auch, wir sollten vielleicht etwas mehr in die Zukunft schauen. Schmerzvoll ist diese nationale Erfahrung natürlich, weil der Völkermord nicht anerkannt wird. Eineinhalb Millionen Tote, auch die ehemals armenischen Gebiete, die wir dadurch verloren haben. Aber heute denken die meisten Armenier nach vorne. M&T: Spielen Sie auch armenische Musik? Sergey Khachatryan: Ja, meine nächste CD wird armenischer Folklore aber
auch klassisch armenischer Musik gewidmet sein. Man kennt in Europa vielleicht Khatchaturian oder Komitas, der wie Bartok durch die Dörfer zog und noch vor dem Genozid die Volksmusik sammelte. Aber es gibt noch viele weitere interessante Komponisten.
Sergey Khachatryan: Es war eigentlich sehr einfach. Wir haben spielerisch Deutsch gelernt, hatten einen tollen Lehrer, der zu unserem Glück auch musikbegeistert war. Die Sprache war natürlich neu, aber der andere Schulstoff war für uns eher einfach, weil man in Ar-
«Heute ist alles schneller und routinierter»
M&T: Welche Rolle spielt die Geige in diesem Repertoire? Sergey Khachatryan: Die originalen Melodien sind in erster Linie für Stimme, also Lieder. Komitas hat Volkstänze für Klavier arrangiert und dabei auch ein wenig seine eigene Sprache mit eingebracht. Es ist eine ganz eigenständige Welt, ich kann es mit keinem anderen Idiom oder Stil vergleichen. So eigen wie die Sprache oder unser Alphabet. Es existiert seit dem fünften Jahrhundert, hat 39 Buchstaben und ist weder mit kyrillisch noch Latein verwandt. M&T: Überdurchschnittlich viele klassische Musiker haben armenische Wurzeln. Woher kommt diese Affinität? Sergey Khachatryan: Schwer zu sagen. Auf jeden Fall muss man festhalten, dass es zur Sowjet-Zeit tolle Schulen gab, die Sowjetunion hatte auch gute Seiten. Bildung wurde auch in dezentralen Gegenden wie Armenien sehr hoch geschätzt. Die besten Musiker konnten in Moskau studieren und kamen als Lehrer wieder zurück. Man kann über die russische Geigenschule streiten, ihre Ästhetik hinterfragen, aber es war eine blühende, lebendige und technisch sehr hoch stehende Schule. Und die Armenier hatten schon immer eine sehr innige Beziehung zur Geige. Ich weiss nicht warum. M&T: Ihre Eltern waren Pianisten... Sergey Khachatryan: ...auch meine ältere Schwester. Ich bin die Ausnahme. Meine Schwester hat mit Klavier angefangen, und da haben meine Eltern gefunden, ich soll ein anderes Instrument lernen. Wobei sie mich nicht gezwungen haben, Musiker zu werden. Es war sehr üblich damals, dass alle Kinder ein Musikinstrument spielen, so wie in Deutschland früher. M&T: Sie kamen mit sieben Jahren nach Deutschland. Wie haben Sie diesen Wechsel erlebt?
menien früher ein höheres Schulniveau hat. Ich finde wirklich schade, wie in Deutschland die Kinder die ersten vier Jahre eigentlich nur Zeit verschwenden. Sie wären in diesem Alter so aufnahmefähig. Das sind meiner Ansicht nach verschenkte Möglichkeiten. M&T: Auch das Geige spielen ist Ihnen offenbar leichtgefallen. Sie galten als Wunderkind. Sergey Khachatryan: Ich habe mit sechs angefangen, mit neun das erste Solokonzert gespielt. Ich bin schnell voran gekommen, das stimmt. Ich hatte eigentlich kaum Schwierigkeiten, habe aber auch nicht so viel geübt. Wenn die Eltern nicht zu Hause waren sogar überhaupt nicht. Wie ein ganz normales Kind. M&T: Gab es später Momente, in denen Sie Schwierigkeiten überwinden mussten? Sergey Khachatryan: Mir ist alles wirklich sehr leichtgefallen. Meine Karriere hat sich wie von selbst entwickelt. Sie startete in Südfrankreich über einen befreundeten Musiker, und mit der internationalen Öffentlichkeit nach dem Sieg beim Sibelius-Wettbewerb. M&T: Sie spielen oft im Duo mit Ihrer Schwester. Sergey Khachatryan: Wir sind uns auch menschlich nach wie vor sehr nahe. Lusine ist einer der wenigen Menschen, denen ich komplett vertraue, das macht auch unser Duo für mich einzigartig. Abgesehen davon dass sie eine tolle Musikerin ist, mit viel Fantasie, die viel zu sagen hat. Wir sind als Menschen verschieden, aber es herrscht eine unglaubliche Harmonie zwischen uns. Ich denke, das wäre nicht möglich mit einem anderen Pianisten. Sicher wäre es interessant, sofern überhaupt einer bereit wäre, die nötige Zeit zu investieren. M&T: Warum, weil die Pianisten lieber solo spielen? Sergey Khachatryan: Nein, weil man allgemein heute immer weniger probt und
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WER MOZART MAG, WIRD DAS
ZKO LIEBEN.
HIGHLIGHTS AUS UNSEREM PROGRAMM:
Ĝ VIVALDI: DIE VIER JAHRESZEITEN Ĝ SAINTSAËNS: LE CARNAVAL DES ANIMAUX Ĝ MOZART: SINFONIE NR. 40 Ĝ BEETHOVEN: KLAVIERKONZERT NR. 3 Ĝ BACH: VIOLINKONZERT NR. 2 zko.ch | Tel. Billettkasse: 0848 848 844
artists investiert. Das sieht man vor allem bei den Orchestern. Meistens gibt es zwei Proben für ein Solokonzert. Wenn es ein tolles Orchester ist, und auch die Chemie zwischen Dirigent und Solist stimmt, dann kann es unglaublich toll werden. Aber wenn dieses Verhältnis aus irgendeinem Grund nicht stimmt, wenn beide eine andere Sprache sprechen, andere Ansichten haben, dann reichen diese zwei Proben nicht, um wirklich zu arbeiten. Man arbeitet eigentlich gar nicht: Ein bisschen Schleifen, ein bisschen Balance, etwas Koordination – das ist nicht wirkliches Arbeiten. M&T: Mit welchen Dirigenten haben Sie das Konzertieren besonders partnerschaftlich erlebt?
tinierter, es gibt diese Persönlichkeiten als Musiker und Menschen kaum mehr, weil das System es nicht mehr zulässt: alles muss reibungslos und schnell funktionieren. Die Dirigenten werden immer jünger, vielleicht steht in zwanzig Jahren ein 15-Jähriger bei den Berlinern am Pult. Möglicherweise wird das toll, weil die Jungen sehr schnell denken und reagieren können. Aber die Musik braucht auch Zeit. M&T: Bei Ihnen selber, spüren Sie diesen Reifeprozess? Sergey Khachatryan: Ich spiele 40 Konzerte im Jahr, im Vergleich zu meinen Kollegen eine lächerliche Anzahl. Aber ich kann von Glück reden, dass ich mir diesen Luxus leisten kann. Die Karriere-
«Wenn die Eltern nicht zu Hause waren, habe ich überhaupt nicht geübt» Sergey Khachatryan: Mit Valery Gergiev habe ich oft gespielt, und im ersten Konzert von Schostakowitsch habe ich zum ersten Mal gespürt, dass der Dirigent wirklich mit mir atmet, also nicht einfach nur mitzugehen versucht. Es war der erste Auftritt mit ihm, und wir hatten gar keine Probe gehabt, weil er ein Problem mit dem Flugzeug hatte. Das Publikum sass schon im Saal als er ankam, er besprach mit mir einige Tempi zur Orientierung und wir haben uns reingestürzt. Ich kenne ihn unterdessen, er braucht dieses Adrenalin, diesen Stress. So wie mit ihm habe ich mit keinem Schostakowitsch erstes gespielt. Ich will damit nicht sagen, es wird gut, wenn man nicht geprobt hat. Aber es war unglaublich, wie das Orchester mitgekommen ist. Da habe ich auch gemerkt, welchen Einfluss ein Dirigent auf ein Orchester haben kann. Natürlich, das war sein eigenes Orchester, das er seit Jahren aufgebaut hatte und das ihn kennt. Das geht sicher nicht bei jedem Orchester. M&T: Sie sind jung, wie ist Ihr Verhältnis zu den Dirigenten in Ihrem Alter? Sergey Khachatryan: Ich finde eigentlich eher die ältere Generation interessant. Eine Zeit lang bin ich öfter mit Kurt Masur aufgetreten, wir haben auch die Schostakowitsch-Konzerte aufgenommen. Diese ältere Generation hat etwas, was ich bei den Jungen weniger finde, vom Gefühl, vom Bezug zur Musik, der Einstellung, wie sie an ein Werk heran geht. Heute ist alles schneller und rou-
maschine verlangt von dir, dass du überall präsent bist, damit du oben bleibst. Bis jetzt konnte ich mich dem entziehen, ich konnte mit den besten Orchestern und Dirigenten spielen. Und auf lange Sicht, denke ich, wird das nachhaltiger. Mein Lehrer riet mir, jedes Konzert so zu spielen, als ob es mein letzter Tag wäre. Ich verausgabe mich sehr bei einem Auftritt, und ich brauche Zeit um mich emotional wieder zu füllen. M&T: Ist in dieser Beziehung jedes Konzert gleich intensiv? Sergey Khachatryan: Eigentlich schon, weil ich natürlich das Repertoire spiele, das ich auch liebe. Und das würde ich jedem Künstler raten. Es ist toll, ein grosses Repertoire zu haben, aber wenn man in einem Werk nicht wirklich etwas Persönliches zu sagen hat, dann sollte man es nicht spielen. M&T: Beim Lucerne Festival spielen Sie nun zum ersten Mal mit den Wiener Philharmonikern. Mit welchem Gefühl? Sergey Khachatryan: Wir haben lange versucht, einen Auftritt mit den Wienern zu bekommen, deswegen habe ich mich auch so gefreut über den Preis. Und ich kann das Beethoven-Violinkonzert spielen, das ist momentan mein Lieblingskonzert. Zusammen mit Schostakowitsch eins. Da hat mich die Aufnahme von Vengerov mit Rostropowitsch total umgehauen. Seither liebe ich Schostakowitsch, habe auch die Sonate gespielt, die Sinfonien gehört. Ich
glaube, diese Musik passt zu meinem Charakter. M&T: Mehr die tragische oder die sarkastische Komponente? Sergey Khachatryan: Das Tragische. Das Groteske vielleicht nicht wirklich, aber ich fühle mich in dieser Musik sehr zu Hause. Vielleicht schätze ich das Konzert von Beethoven heute noch ein bisschen höher, wobei man eigentlich in der Musik nicht vergleichen sollte. Aber mich fasziniert, dass er ein Level erreicht, wo er übermenschlich ist. Im zweiten Satz fühlt man sich wie nicht mehr von dieser Welt. Schostakowitsch schreibt über die Tragik des Lebens, über das katastrophale Regime und die Tragödie der Menschheit. Beethoven kann sich komplett darüber erheben. M&T: Welche klangliche Vorstellung haben Sie im Konzert von Beethoven? Sergey Khachatryan: Ich bin ein Geiger, der gerne mit sehr viel Klangintensität und Vibrato spielt. Ich weiss, dass Beethoven auch ohne oder mit wenig Vibrato gemacht wird, und dass manche das sehr mögen. Aber ich spiele immer mit Vibrato, weil das eine Möglichkeit ist, mit vielen Farben zu arbeiten. So spiele ich auch Bach. M&T: Welche CD-Pläne haben Sie neben dem erwähnten Armenien-Projekt? Sergey Khachatryan: Ich würde sehr gerne die Solosonaten von Ysaye aufnehmen. Dies auch deshalb, weil ich die Ysaye-Geige jetzt spielen darf. Eine Guarneri mit einer Etikette, auf die Ysaye 1928 notierte: «Le plus fidèle companion de ma carrière». Offenbar hat er die Geige sehr geliebt. Nach seinem Tod hat man die Geige vor sein Grab getragen. M&T: Und zum Glück nicht mit begraben... Sergey Khachatryan: Nein, sie kam zu Isaac Stern, nach dessen Tod an die Nippon-Foundation, die sie mir ausgeliehen hat. Ich wollte dieses Instrument schon immer. Eine Zeit lang spielte es Pinkas Zukerman, und man bot mir bei einem seiner Konzerte an, darauf Probe zu spielen. Aber das wollte ich lieber nicht, wenn ich nicht eine Chance bekam, die Geige wirklich zur Verfügung zu haben. Schliesslich hat das geklappt. M&T: Der eher dunklere Guarneri-Klang im Vergleich zur Brillanz der Stradivari liegt Ihnen? Sergey Khachatryan: Ein grosser Vorteil dieser Guarneri ist, dass sie beides bietet: dunkle Tiefe und Brillanz. Ich habe eine Zeit lang gebraucht, mich an sie zu gewöhnen, aber jetzt bin ich sehr glücklich O damit.
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Johannes Maria Staud ist composer-in-residence beim Lucerne Festival – ein Porträt
Der Komponist und die Gesellschaft Die Rolle des Komponisten in unserer Zeit beschäftigt ihn: Widerständig und gefällig sollte er gleichzeitig sein. Also Erwartungen erfüllen, die kaum zu erfüllen sind. Woraus Johannes Maria Staud die Konsequenz zieht, dass alles kompositorische Tun vor dem eigenen Ich Bestand haben muss und seine eigene Lust auf das Hören befriedigt werden will. Nachzuerleben ist das facettenreich diesen Sommer in Luzern, unter anderem mit mehreren Uraufführungen, so einem Violinkonzert und dem Musiktheater «Die Antilope». Fritz Trümpi (Text) & Priska Ketterer (Bilder)
composer Komponieren – sonst nichts. Johannes Maria Staud hat viel riskiert, und damit ist der 1974 geborene Tiroler, der mittlerweile in Wien lebt, weit gekommen. Er habe kein zweites Standbein, keine Professur, die ihm den Lebensunterhalt sichern würde, sondern bloss ein Kompositions-
solut notwendig, um der eigenen Arbeit gegenüber trotz schönen Erfolgen treu zu bleiben.» Doch Staud ist sich auch bewusst, dass gerade der Musikbetrieb von relativ starren Erwartungshaltungen der Konzertveranstalter wie des Publikums geprägt ist.
«…die pure Freude an der kleingliedrigen Kombinatorik und am Fortspinnen musikalischer Formen» studium, das ihm den Rücken gestärkt habe bei seiner Entscheidung, Komponist zu werden. «Ich habe damals versucht, den Übergang vom Studium in die freie darwinistische Welt fliessend zu gestalten – und habe mich dann ins Komponieren gestürzt als gäbe es kein Morgen.» Seither sind es klingende Namen, die bei ihm Kompositionen in Auftrag geben und Uraufführungen seiner Werke gestalten: die Wiener Philharmoniker (Segue, 2006) und die Berliner Philharmoniker (Apeiron, 2004/5), die Staatskapelle Dresden (Tondo sowie «Der Riss durch den Tag», 2010/11), das Cleveland Orchestra («On Comparative Meteorology», 2009) oder das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks (Maniai, 2012), unter der Leitung von Dirigenten wie Pierre Boulez, Simon Rattle, Daniel Barenboim oder Mariss Jansons. Doch ein solches Namedropping interessiert Staud herzlich wenig. «In einem Kompositionskurs fragte mich eine junge Studentin einmal, wie man denn an einen Kompositionsauftrag eines berühmten Orchesters herankomme, und wie man dann für dieses schreiben müsse», erzählt Staud sichtlich erheitert – er empfand die Frage als äusserst seltsam. Denn solch kalkuliertes Komponieren sei im stets fremd gewesen – und eine Orientierung an einem vermeintlichen Geschmack des Auftraggebers wäre wohl auch nicht zielführend gewesen. «Es geht beim Komponieren nicht darum, so zu schreiben, damit das Stück ein Erfolg wird – handelte ich so, würde ich mich selbst verraten.» Es freue ihn selbstverständlich, wenn seine Werke positiv aufgenommen würden, doch nicht um jeden Preis. Denn Erfolg ist für Staud zwiegesichtig: Er beinhalte beim Komponieren, wie in allen anderen Berufen, die Gefahr der Bequemlichkeit, der Etabliertheit, ja der Korrumpierung. «Eine Erhöhung der Selbstkritik ist ab-
Dies darum, weil der Musikbereich, anders als etwa die Literatur oder die bildende Kunst, stark vergangenheitsfixiert ist. «Als Komponist ist man heute weit stärker mit den grossen Werken der Vergangenheit konfrontiert als dies etwa bei einem Schriftsteller oder einer Malerin der Fall ist.» Staud hält dieser Umstand aber nicht davon ab, seinen Weg abseits von ästhetischen Kompromissen zu gehen: «Wenn meine Kompositionen in einem Abonnementkonzert der Wiener Philharmoniker keinen Widerspruch erzeugten, würde ich wohl etwas falsch machen.» Dazu passt, dass sich Staud auch schon geweigert hat, mit dem Dirigenten Christian Thielemann bekannt gemacht zu werden, nachdem dieser in einem Konzert mit der Staatskapelle Dresden im Anschluss an Strauss’ Zarathustra Wagners Meistersinger-Ouvertüre als Zugabe in den Saal gepeitscht hatte: «Die Kombination dieser beiden in der NS-Zeit so missbrauchten Werke wird von genügend Leuten, gerade in Wien, als politischer Subtext verstanden – die frenetische Publikumsreaktion widerte mich dermassen an, dass ich es damals vorzog, still und heimlich zu verschwinden.» Auch dort ging es darum, sich selbst nicht untreu zu werden. Für einen dezidiert politischen Komponisten hätte Staud wohl zwar allzu hermetische Vorstellungen von Musik, aber sein feines Gehör für allerlei Arten von Zwischentönen macht auch vor politischen Zusammenhängen nicht halt. Schon sein Studium verbrachte er ohne Scheuklappen: Neben Komposition schrieb er sich auch für Musikwissenschaft und Philosophie ein. Allerdings habe er bald feststellen müssen, dass er beide Disziplinen schamlos missbraucht habe, um auf Ideen für das Komponieren zu kommen: «Das interesselose Wohlgefallen an puren philosophischen
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Musiques Suisses – Schweizer Klassik, Neue Volksmusik und Jazz Am Bruch zur Moderne Schweizer Lieder nach 1900
Beat Furrer
Grammont Portrait CTS-M CD 141 1 2 3 4 5
Aer . . . cold and calm and moving Lied auf tönernen füssen Studie
MGB CD 6280 Schweizer Lieder von Emil Frey, Walter Lang, Marcel Sulzberger Max Zehnder Solisten: Valentin Johannes Gloor, Tenor Sybille Diethelm, Sopran; Edward Rushton, Klavier
Zisman / Fulgido
eifachs.ch
Soul Tango Invasion
Bauernkapellen 1825–1925
feat. Billy Cobham, William Evans, Matthieu Michel, Wolfgang Zwiauer
MGB-NV CD 28 Florian Walser, Klarinette; Heinz Saurer, Trompete/Cornet; Herbert Kistler, Flügelhorn; Christoph Hertig, Es-Althorn; Thomas Rüedi, Euphonium; Karl Schimke, Tuba
MGB CD Jazz 12 1 2 3 4 5
Escualo Libertango El día que me quieras Fratello In the Box
Musiques Suisses/Neue Volksmusik wird getragen von Pro Helvetia, Suisa-Stiftung, Gesellschaft für die Volksmusik in der Schweiz, Haus der Volksmusik Altdorf und Migros-Kulturprozent. Pro Helvetia, Suisa, Suisa-Stiftung, Schweizerischer Tonkünstlerverein, Schweizer Radio- und Fernsehgesellschaft und Migros-Kulturprozent bilden die Trägerschaft von Grammont Portrait.
www.musiques-suisses.ch
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Milongology Caruso Rock on, Mike! For both of You
Ein Projekt des
composer auf, dass er früher mitunter «aus einem Bedürfnis der Verunklarung heraus» operiert habe, während er seinen Umgang mit dem musikalischen Material heute als ungleich stringenterer bezeichnet. Der Aspekt der Stringenz kennzeichnet denn auch Stauds aktuelle Arbeit an der Oper «Die Antilope», die in Luzern uraufgeführt wird. Zusammen mit seinem Librettisten Durs Grünbein wollten sie «konzis und schlüssig eine Endlosschleife auf der Bühne» kreieren, erläutert Staud das Projekt in Abgrenzung zur verbreiteten Lesart, das Schreiben von Opern sei heutzutage ein Anachronismus. Dieser würde für Staud höchstens dann zum Problem, wenn er «die Form der grossen Oper reanimieren» müsste. Doch das auf Theatralisches fokussierte Musikschaffen ist für Staud durchaus zeitgemäss, zumal er an seinem aktuellen Stoff eine zeit- und gesellschaftskritische Dimension festmacht. Und überhaupt, die Frage nach adäquaten Kunstformen ist für Staud die Frage nach dem Sinn von Kunst insgesamt: «Wozu überhaupt Kunst in einer Welt, die Kunst nicht benötigt?» Antworten darauf wird Johannes Maria Staud in O Luzern liefern – zuhauf. Johannes Maria Staud: «Ich habe mich ins Komponieren gestürzt als gäbe es kein Morgen».
Johannes Maria Staud am Lucerne Festival
Gedanken hat sich bei mir ebenso wenig eingestellt wie die Begeisterung für Musikanalysen als Selbstzweck.» Letztere halfen ihm jedoch für die Verfertigung seiner eigenen musikalischen Konstruktionen. So untersuchte Staud beispielsweise, wie Morton Feldman mit Oktaven umging und bekennt heute, dass dies jener Komponist sei, von dem er kompositionstechnisch am allermeisten gelernt habe. «Alleine schon was die Akkordfortschreitungen oder der Verarbeitungsprozess von kleingliedrigen Zellenstrukturen hin zu einem grossen, dichten Klanggewebe betrifft, lassen sich bei Feldman unglaublich spannende Dinge beobachten.» Aber auch ein György Ligeti bildet für Stauds eigenes Komponieren eine zentrale Referenz. «Ich komme aus der postseriellen Ecke, und es war für mich schon immer befremdlich, wenn Komponisten mehr über Gefühle als über ihre Musik reden», bekennt Staud mit anerkennendem Blick auf Ligeti. Denn die Musik repräsentiere doch nicht irgendwelche kruden Gefühlsausdrücke, sondern vielmehr «eine Kompositionsethik», in der es um nichts anderes als
um «die pure Freude an der kleingliedrigen Kombinatorik und am Fortspinnen musikalischer Formen» gehe. Dabei gesteht Staud, dass er das Gegenteil eines Improvisators sei. Seine Kompositionen entstehen denn auch nach einem streng geregelten Arbeitsprozess. Am Anfang steht eine kleine Zelle, ein «motivischer Kleinsteinfall», wie Staud diese bezeichnet. Diesen Einfall klopft er dann zunächst auf seine Potenzialität hin ab und spaltet ihn in der Folge «in seiner Linearität auf», um daraus harmonische und rhythmische Strukturen zu entwickeln. Doch trotz der sich dadurch herausbildenden Vielfalt in Form und Klang möchte er eine Durchhörbarkeit des Ganzen gewährleisten, wie Staud seine kompositorische Zielsetzung formuliert: «Ich versuche, in jedem meiner Werke etwas anderes, eigenes zu entdecken.» Ob er dies für die frühen Werke auch geltend machen würde? Auf seine Anfänge als Komponist zurückblickend meint Staud auf diese Frage, die meisten seiner älteren Stücke könne er auch heute gelten lassen, obwohl er inzwischen vieles anders gestalten würde. So fällt ihm etwa
17. August, 11.00 Uhr Monodram «Der Riss durch den Tag» Ensemble intercontemporain, Matthias Pintscher Robert Hunger-Bühler 27. August, 18.20 Uhr Lucerne Festival 40min Ausgewähle Kammermusik Studierende der Lucerne Festival Academy 27. August, 19.30 Uhr Violinkonzert (Uraufführung) Luzerner Sinfonieorchester, James Gaffigan, Dirigent Midori, Violine 3., 5., 7. September, 19.30 Uhr Musiktheater «Die Antilope» (Uraufführung) Text Lurs Grünbein Luzerner Sinfonieorchester, Chor und Solisten des Luzerner Theaters Dominique Mentha, Regie Howard Arman, Dirigent 6. September, 18.30 «Zimt. Ein Diptychon für Bruno Schulz» (Uraufführung der Gesamtfassung) Lucerne Festival Academy Orchestra Matthias Pintscher. Dirigent
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thema Bild: Priska Ketterer
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Extreme kompositorische Mittel für eine psychische Extremsituation – Heinz Holligers Vertiefung in den späten Hölderlin.
Heinz Holligers klingendes Hölderlin-Psychogramm als Leuchten nach innen
«…wie Wolken um die Zeiten legt…» Das Lucerne Festival hat diesen Sommer ein Hauptwerk von Heinz Holliger, den «Scardanelli-Zyklus», sowie eine Uraufführung nach Gedichten der Bündnerin Luisa Famos im Programm. Und bewegt sich damit gleichsam ins Epizentrum des Festivalthemas «Psyche». Thomas Meyer
Die letzten 36 Jahre, und damit seine ganze zweite Lebenshälfte, verbrachte Friedrich Hölderlin zurückgezogen in einem Turmzimmer in Tübingen, oberhalb des Neckars. Dort verfasste er «gegen eine Pfeife Tabak» für die Besucher kurze Gedichte, häufig über die Jahreszeiten, versah sie teilweise mit völlig absurden Datierungen («d. 3ten März 1648»; «d. 9ten Merz 1940»), und unterschrieb mit Pseudonymen wie «Scarda-
nelli».War er wahnsinnig? Oder hatte er sich resigniert in den Wahnsinn geflüchtet? Die Meinungen darüber gehen bis heute auseinander. Lange hat es gedauert, bis das Interesse für Hölderlin wieder erwachte, nachdem er zuvor – völlig zu Unrecht – «verdächtig» geworden war, weil die deutschen Soldaten seine Hymnen während des Feldzugs in den Tornister gepackt hatten. Mitte der 70er-Jahre aber
erhielt das Wirtschaftswunder der Nachkriegsjahre mit der Ölkrise und der Rezession seinen ersten Knacks. Gleichzeitig wurde auch den überzeugtesten 68ern bewusst, dass es mit den Veränderungen so leicht nicht werden würde. Eine bleierne Zeit brach an. Entsprach das nicht der Stimmungslage Hölderlins? Jedenfalls begannen sich die Komponisten wieder für ihn zu interessieren: Luigi Nono etwa mit sei-
thema nem Streichquartett «Fragmente – Stille, An Diotima» (1979/80), Wolfgang Rihm mit seinen «Hölderlin-Fragmenten» (1976/77) und etwas zuvor bereits Heinz Holliger. In seinem «ScardanelliZyklus», den er 1975 begann und zehn Jahre später abschloss, widmete er sich vor allem dem späten Hölderlin. Es handle sich hier mit den «luziden Korrespondenzen zwischen Text und Musik» gleichsam um «ein klingendes Psychogramm des Dichters», meint Mark Satt-
verläuft umgekehrt: Die Musik löst die Gefühle auch bei uns aus. «Durch die bis zum Äussersten gehende Strapazierung barocker Triosonaten-Konventionen und die bis an die Grenzen physischer und instrumentaler Möglichkeiten getriebenen Anforderungen an die Bläser, erhält die Musik eine innere Spannung, ja eine eigentliche Körperlichkeit, die sie sehr deutlich von kleinmeisterlicher barocker Spielmusik abhebt, die sie aber auch grundlegend
Iso Camartin: «Am Heimweh spüren die Lebenden, dass die Toten in die Welt zurückdrängen» ler vom Lucerne Festival, und deshalb passe das Werk exemplarisch zum Thema «Psyche». «Hölderlin steht symbolhaft für ein Künstlerschicksal, dessen Seele an der Wirklichkeit einerseits zerschellt ist, der andererseits mit seinen so reinen, klaren und scheinbar naiven Natur beschreibenden Gedichten aus der Turmzeit eine besondere Seelenharmonie beschwört.» Die Mittel, die Heinz Holliger in diesem zweieinhalbstündigen Zyklus für Soloflöte, kleines Orchester und gemischten Chor verwendet, sind extrem. So beispielsweise jene Töne, die ausgelöscht werden, von «Klanglöchern» schreibt der Komponist in seinem Kommentar. Die Sänger singen im Tempo ihres Pulsschlags, im Strohbass oder «jubilierende Akkorde» im Einatmen. Die Kanonstimmen werden in Viertel- und Achteltönen geführt. Die Interpreten werden bis an die Grenzen des Möglichen gefordert. Aber diese Techniken sind kein Selbstzweck: Auf vielfältige Weise brechen sie die Leuchtkraft der Klänge, machen sie fahl, ja matt. Dur-Klänge werden so versetzt, dass sie sich gegenseitig aufheben; ein Espressivo mit fast leeren Lungen überträgt sich auch auf den Hörer. Und selbst wenn der Klang einmal normal und schön sein könnte, dann wird er auf spannungslose Weise harmonisiert. So wirken diese Gesänge nur noch wie ein Abglanz, ähnlich wie die hier vertonten Gedichte des späten Hölderlin nur noch einen Schimmer seiner früheren Sprachgewalt spiegeln. Aber welche hellen Nuancen zeigen sich in dieser Fahlheit! Darin zeigt sich die ausserordentliche kompositorische Leistung Holligers. Er bringt uns Hölderlin nahe, zwar nicht in der herkömmlichen Weise, dass nun irgendwelche Gefühle musikalisch dargestellt würden. Der Weg
von der in sich ruhenden Geschlossenheit und Monumentalität der Bachschen Kunst unterscheidet.» schrieb Holliger einst über die Musik des Barockkomponisten Jan Dismas Zelenka, an dessen Wiederentdeckung er massgeblich beteiligt war. Was er hier hervorhob, strebte auch er in seiner Musik – und vor allem in jenen Kompositionen, die etwa zwischen 1970 und 1980 entstanden, an: ein bis an die Grenze gehen, ein Sich-Hineinbohren in die Musik bis zur Atemlosigkeit. Das macht letztlich auch die Unmittelbarkeit von Holligers Musik aus. Heinz Holliger war jedoch immer auch ein Vorreiter und stand am Anfang gewisser Strömungen, ja Moden. Mit dem «Scardanelli-Zyklus» eben, dem bald zahllose Hölderlin-Vertonungen folgten, in der Beschäftigung mit Robert Schumann oder mit Robert Walser. Und sein «Alb-Chehr» steht bei den Avantgardisten am Anfang der «Neuen Schweizer Volksmusik». In den letzten zehn Jahren hat er weitere Schriftsteller entdeckt: den Brienzer Mundartdichter Albert Streich etwa oder Anna Maria Bacher, die im Walserdeutsch des Pomattertals schreibt. Auch da sind ihm mittlerweile verschiedene Kollegen gefolgt. Jetzt hat Holliger – nicht als erster – Gedichte der Bündnerin Luisa Famos vertont: eine grossartige Dichterin. Sie war ein Zugvogel, jene Schwalbe, von der sie schreibt, und blieb doch verbunden mit ihrem Daheim. In Ramosch im Unterengadin kam sie 1930 zur Welt, und in diesem kleinen Dorf starb sie 1974 auch. Dazwischen hat sie die Welt durchquert. Sie wurde in Chur zur Primarlehrerin ausgebildet, unterrichtete im Bündnerland, im Zürcherischen und im Appenzellischen, moderierte die erste rätoromanische Fernsehsendung, publizierte zunächst unter dem Pseu-
donym Flur da Riva (Uferblume), bald auch unter ihrem richtigen Namen, sie lebte in Paris und Zürich, schliesslich mit ihrem Mann, dem Ingenieur Jürg Pünter, und den beiden Kindern in Lateinamerika, dann im Urnerland, bevor sie heimkehrte. «Increschantüm» heisst Holligers Zyklus für Sopran und Streichquartett. Der Titel, der die Grundstimmung andeutet, ist kaum adäquat zu übersetzen. «Im Wort increschantüm verbirgt sich etwas, das im deutschen Heimweh gar nicht aufscheint» schreibt dazu der Philosoph und Romanist Iso Camartin: «Die Wurzel ist das Lateinische increscere. Es heisst: hineinwachsen, dann auch: sich steigern. Heimweh ist etwas, das auf unheilsame Art heranwächst, eine übertriebene Form der Anhänglichkeit und Abhängigkeit, die schmerzt und peinigt. Am Heimweh spüren die Lebenden, dass die Toten in die Welt zurückdrängen. Beide leiden an dieser Haftung, und Heimweh ist danach nie mehr etwas, was sich sentimentalisch verklären lässt.» Die neuen Gedichtvertonungen erklingen im Konzert mit der finnischen Sopranistin Anu Komsi und dem ZehetmairQuartett. Zu hören sind an diesem Abend ausserdem Debussys Streichquartett von 1893 und Holligers 2. Quartett von 2007. Auch dieses Stück bezieht sich übrigens auf Hölderlin: Zugrunde gelegt sind ihm – unhörbar – die letzten Worte, die vom Dichter im Nachruf einer Zeitung überliefert sind, sie stammen wohl aus einem letzten Herbstgedicht Scardanellis: «… O wie Wolken um die Zeiten legt…»
Heinz Holliger am Lucerne Festival 2014 30. August, 11.00 Uhr «Scardanelli-Zyklus» für Soloflöte, Orchester, Tonband und gemischten Chor. Lucerne Festival Academy Orchestra, Lettischer Rundfunkchor; Heinz Holliger, Leitung Felix Renggli, Flöte 30. August, 16.00 Uhr Streichquartett Nr. 2 «Increschantüm». Gedichte der Luisa Famos (1930–1974) für Sopran und Streichquartett (Uraufführung) Zehetmair Quartett Anu Komsi, Sopran 13. September, 11.00 Uhr Klaus Huber – Hommage zum 90. Geburtstag Uraufführung eines neuen Werkes
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studio Neue Ton- und Filmdokumente vom Lucerne Festival 1977 bis 2013 mit dem Dirigenten Claudio Abbado
«Was bleibet aber» Werner Pfister
Fast fünf Jahrzehnte lang war Claudio Abbado dem Lucerne Festival (und den früheren Internationalen Musikfestwochen Luzern) verbunden – was für eine enorme Zeitspanne! In den letzten elf Jahren intensivierte sich diese künstlerische Beziehung auf wohl weltweit einmalige Weise: Im Festspielsommer 2003 konnte Claudio Abbado erstmals das von ihm neu gegründete Lucerne Festival Orchestra vorstellen. Fortan dirigierte er mit diesem Elite-Klangkörper alljährlich die ersten Konzertprogramme zur
Festival-Eröffnung. Wer das Glück hatte, hier dabei sein zu können, wird es wohl nie vergessen: Es waren Sternstunden eines einzigartig erfüllten Musizierens, welches aus dem tiefsten künstlerischen und persönlichen Einverständnis zwischen dem Dirigenten und einem von ihm handverlesenen Ensemble an Orchestermusikern schöpfte. Ein letztes Mal, im August 2013, mit Bruckners neunter Sinfonie – es sollte nicht nur Abbados letzter Auftritt mit seinem Lucerne Festival Orchestra wer-
den, sondern sein letztes Konzert überhaupt. Am 20. Januar 2014 verstarb er. Was bleibt, sind unsere Erinnerungen und, zum grossen Glück, Tondokumente – neu veröffentlichte Luzerner Konzertmitschnitte, drei von ihnen mit Bruckner-Sinfonien. Wie gesagt, mit der Neunten nahm er Abschied – ein ungemein berührender Abschied. Weich im Klangbild, raumgreifend in der Klangentfaltung, luzide und ohne jede kathedralenhafte Monumentalität. Schopenhauers Diktum, dass Architektur
Bild: Priska Ketterer
Claudio Abbado bei der Generalprobe zu seinem letzten Konzert mit dem Lucerne Festival Orchestra im Sommer 2013.
studio gefrorene Musik sei, wird hier gleichsam ins Gegenteil gekehrt: Formale Architektur ergibt sich unter Abbados Dirigat dadurch, dass er die Musik auf natürlichste Weise in lebendigem Fluss hält. Eine Interpretation, die nach Sternen greift und dabei den Himmel erreicht – besonders überwältigend im leisen Abgesang des feierlichen Adagios, den Abbado mit unendlicher Zartheit gestaltet.
Verletzlicher Bruckner Überhaupt scheint es charakteristisch zu sein für Abbados spätes Bruckner-Bild (im Unterschied zu seinen früheren Einspielungen mit den Wiener Philharmonikern), dass er selbst die grossen kathartischen Blechbläser-Kaskaden sozusagen mit leichter Hand anfasst – was, zumindest vom Ansatz her, auch für seine memorable Interpretation von Bruckners fünfter Sinfonie vom Luzerner Sommer 2011 gilt, die hier in einer vorzüglich gefilmten Version vorliegt. In den leisen Stellen (und davon gibt es bei Bruckner viele) ergibt sich daraus eine Atmosphäre von zarter Verletzlichkeit – so wie man sie aus vielen (späten) Werken Schuberts, aber kaum bei Bruckner kennt. An Schubert erinnert auch Abbados sehr kantables Musizieren – in den liedhaft ausgestalteten Melodien ebenso wie in den idyllischen Ländlerpassagen. Und das selbst in einem so kecken, ja sperrigen Werk wie Bruckners erster Sinfonie. Einen Sonderstatus hat dieses Luzerner Tondokument, weil Abbado hier die selten gespielte, späte Wiener Fassung dirigierte (im Unterschied zu seiner DG-Einspielung, wo er die Linzer Fassung wählte). Unnachahmlich der stürmische Elan in den pochenden Bassrhythmen – hier scheint das Recht des noch jungen Komponisten auf Rebellion mitzuklingen, und gleichzeitig spürt man in dieser Musik den Aufbruch zu einer neuen sinfonischen Dimension. Eine Referenz-Einspielung.
Beethoven mehrdimensional Ebenfalls von Abbados letztem Luzerner Sommer mit dem Lucerne Festival Orchestra stammt ein DVD-Mitschnitt mit Brahms‘ Tragischer Ouvertüre, dem Zwischenspiel sowie dem Lied der Waldtaube aus Schönbergs «Gurre-Liedern», einem von Abbado besonders geschätzten Werk, sowie Beethovens «Eroica». Hier fällt auf, wie wenig Abbado in seinen allerletzten Jahren dem herkömmlichen, sogenannt «modernen» Beethoven-Bild gehuldigt hat. Im Gegenteil, so getragen, so sehr nach innen gewendet, so zeitversunken hat man den Trauermarsch noch nie gehört. Und selbst der Finalsatz, mit über 16 Minuten Spielzeit viel breiter als
früher (in den Einspielungen mit den Berliner und Wiener Philharmonikern) genommen, wirkt irgendwie abgeklärt – utopische Grösse aus altersweiser Distanz reflektiert? Denn früher klang Abbados Beethoven anders, wie das ein Luzerner Konzertmitschnitt von 1988 mit dem Chamber Orchestra of New York und hier mit Beethovens Zweiter zeigt. Die Tempi orientieren sich (zwar nie sklavisch) an Beethovens sehr schnellen Metronomangaben, wobei aber auch hier der langsame zweite Satz im Tempo merklich gedehnter genommen wird. Eine «klassische», aber detailgenau ausgehorchte Interpretation von Schuberts «Unvollendeter» (1978 mit den Wiener Philharmonikern) sowie – eine Premiere in Abbados Diskografie – Wagners «Siegfried-Idyll» runden auch diese Produktion zu einem wertvollen Dokument. «Was bleibet aber, stiften die Dichter»: Der letzte Vers in Hölderlins später Hymne «Andenken» wird oft – und missverständlich – als Selbstlob des Dichters gedeutet. Dabei meint er allein dies: Nicht schon die grosse Tat allein macht den Helden unsterblich, sondern erst der ihn wortgewaltig rühmende Dichter. Dürfte man daraus folgern: Nicht schon das grosse Werk allein macht Komponisten unsterblich, sondern erst der sie kundig auslegende, eben «rühmende» Interpret? In diesem Sinne wäre Claudio Abbado tatsächlich mit jenem vielbeschworenen Dichter zu vergleichen – einer, der viele der grössten Werke der Musikgeschichte bezwingender «zu Wort
gebracht», also interpretiert hat, als die meisten anderen Dirigenten seiner Generation. Diese Luzerner Mitschnitte zeigen es erneut – ein Andenken ganz O besonderer Art.
Claudio Abbado bei Lucerne Festival
Bruckner, Sinfonie Nr. 9. Abbado. CD DG 479 3441 Bruckner, Sinfonie Nr. 1. Abbado CD Accentus Music 30274 Bruckner, Sinfonie Nr. 5. Abbado. DVD Accentus Music 20243 Schubert, Sinfonie Nr. 7 «Unvollendete»; Beethoven, Sinfonie Nr. 2; Wagner, «Siegfried-Idyll». Abbado. Audite CD 95.627 Brahms, Tragische Ouvertüre; Schönberg, Zwischenspiel und Lied der Waldtaube aus den «Gurre-Liedern»; Beethoven, Sinfonie Nr. 3. Fujimura, Abbado. Accentus Music DVD 20282
Sternstunde der Bartók-Interpretation Rafael Kubeliks Er war in diesem Fall – am 15. August 1962 an den Internationalen Musikfestwochen Luzern – nur Einspringer, aber gleichzeitig einer der bedeutendsten Dirigenten seiner Zeit: Rafael Kubelík übernahm für den erkrankten Ferenc Fricsay die Leitung einer konzertanten Aufführung von Bartóks Operneinakter «Herzog Blaubarts Burg». Mit Irmgard Seefried und Dietrich Fischer-Dieskau standen bedeutende, geradezu ideale Sängerpersönlichkeiten zur Verfügung – ein einzigartiges Gipfeltreffen, das in dieser legendären Konstellation auf Schallplatte nie verewigt wurde und nur hier, im erstmals veröffentlichten Live-Mitschnitt aus dem Luzerner Kunsthaus, zu erleben ist.
Weise, die Kräfte zu bündeln und zu binden und aus der von allem Anfang an spürbaren Glut Feuer zu schlagen. Seefried und Fischer-Dieskau erschliessen auf suggestive Weise die den sieben Seelenbildern innewohnenden psychologischen Schichten und identifizieren sich derart stark mit ihren Rollen, dass die Aufführung zu einem veritablen Krimi gerät, dessen vibrierender Spannung man sich kaum entziehen kann. Dass Irmgard Seefried da und dort (vor allem in tiefen Lagen) an Grenzen geht (und auch an Grenzen stösst) und zudem von der Tontechnik etwas zweitrangig behandelt wurde, vermag dieser Sternstunde der Bartók-Interpretation kaum Abbruch zu tun.
Zwar bekundet das Schweizerische Festspielorchester zu Beginn noch etwas Mühe mit der ihm wohl ungewohnten Partitur, doch Kubelik versteht es auf magistrale
Werner Pfister Bartók, «Herzog Blaubarts Burg». Seefried, Fischer-Dieskau, Kubelik. CD Audite 95.626
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Bild: Lucerne Festival / Peter Fischli
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«Lucerne Festival Young Performance» – ein Pilotprojekt erkundet neue Konzertformate
Inszenierte Heldenmusik Erstmals gibt es mit «Lucerne Festival Young Performance» ein eigenes Ensemble für Kinderkonzerte. Die jungen Musiker haben eine eigene musikalische Geschichte kreiert: «Heroïca» – eine Heldenmusik für Neunjährige. Jenny Berg
Seit einigen Jahren investiert das Lucerne Festival vermehrt Energie und Kreativität in die Entwicklung neuer Konzertformate. Gerade im Sektor der
Kinder- und Jugendkonzerte ist vieles in Bewegung. Einerseits, weil Kinder ein anspruchsvolles Konzertpublikum darstellen und sich nur selten durch alther-
gebrachte Konzertrituale und strenges Stillsitzen für klassische Musik begeistern lassen. Andererseits sind die meisten Kinder vorurteilsfrei und offen für
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Inszenierte Heldenklänge von agilen jungen Musikerinnen und Musikern aus drei Kontinenten.
Neues. «In einem Sinfoniekonzert die Rituale zu ändern, ist deutlich schwieriger», weiss Johannes Fuchs, Leiter von Lucerne Festival Young. Deshalb hat er für diese Saison ein auf drei Jahre angelegtes Pilotprojekt lanciert: «Lucerne Festival Young Performance» heisst es. Dank Unterstützung der Zürich Versicherungs-Gesellschaft AG können junge Musiker mit erfahrenen Regisseuren und Choreografen intensiv und in einem längeren Probenprozess an neuen Konzertformaten arbeiten. Theoretisch bedeutet das: «Die Trennung, ja Zersplitterung von zeitgenössischer Komposition, pädagogischer Forschung, künstlerischinterpretatorischer Produktion und der Ausbildung junger Musiker soll hier aufgehoben werden», so Johannes Fuchs. «Wir möchten diese Aspekte in
der Praxis kreativ vernetzen, um neue Erfahrungen des Musizierens und neuartige Formen der Musikpräsentation zu gestalten.» Praktisch sieht das bei den Proben erst einmal so aus: Eine Klarinettistin, die im Liegen auf ihrem Instrument spielt und dabei von acht Händen in höchster Höhe getragen wird. Eine Hornistin, die mit ihrem Hornkoffer ganz selbstverständlich in einer komplexen Choreografie mit ihren Mitspielern mittanzt. Eine Geigerin, die stehend auf dem wackeligen Rücken ihres Kollegen musiziert. Und bei all dem erklingt live gespielt Musik von Mozart, Holst, Fauré, Bach, Kurtág, Stockhausen. Es ist eine agile, wache Gruppe junger Musikerinnen und Musiker. Sie stammen aus vier Nationen und drei Kontinenten; sind allesamt ehemalige Teilnehmer der Lucerne Festival Academy, die in einem aufwendigen Casting ausgewählt wurden. Hier mussten sie ihre Bereitschaft zur Körperarbeit unter Beweis stellen, auch ihre Bühnenpräsenz und ihre musikalische Kreativität. Denn die Instrumentalisten sollen sich selbst in die Gestaltung des neuen Konzertformates einbringen. Der Regisseur Dan Tanson und die Choreografin Laura van Hal leisten dabei im besten Sinne Geburtshilfe für das neue Projekt. Johannes Fuchs: «Es soll nicht darum gehen, den Kindern wie in einem normalen Konzert Musik vorzuspielen. Denn sie sind Hörzuschauer und nehmen Musiker als Personen eines Bühnengeschehens wahr.» Deshalb konnten die sieben Instrumentalisten auch selbst Stücke vorschlagen, die zu ihnen passen oder die ihnen gerade wichtig sind. «Anfangs war es für sie ungewohnt, über die gespielte Musik mitzuentscheiden. Aber dann purzelten die Vorschläge nur so auf uns herein», berichtet Fuchs lachend. «Aus den Werkvorschlägen der Musiker sind dann die Figuren entstanden, welche die Geschichte erzählen – ganz ohne Worte, nur mit Tönen.» Diese Art Stückentwicklung ist im Theater bereits eine Selbstverständlichkeit – für die klassische Musik aber ist sie komplett neu. Doch die jungen Musiker geniessen den kreativen Freiraum, den sie sonst nicht einmal in ihrer Ausbildung an den Musikhochschulen eingeräumt bekommen, berichtet Fuchs. «Hier treten sie auf wie eine Band, sie spielen alles auswendig. Es gibt ein sehr breites Spektrum an Sounds, von der Solonummer bis hin zum orchestralen Vollklang.» Erik Borgir arbeitet musikalisch mit den Studierenden – denn da sind die jungen Musiker ehrgeizig: Auch beim Kinderkonzert muss die mu-
sikalische Qualität auf höchstem Niveau sein. Inhaltlich geht es bei «Heroïca» um das Heldendasein der Neun- und Zehnjährigen. «In diesem Alter ist man halb Kind, halb erwachsen», sagt Fuchs, «man muss sich ständig ein Herz fassen, um neue Dinge zu wagen. Im Stück werden klanglich auch bedrohliche Situationen dargestellt, für deren Bewältigung es viel Mut braucht – Helden eben.» Die Altersbeschränkung ist für Fuchs ein ganz wichtiger Aspekt bei Kinderund Jugendkonzerten: «Kinder machen eine rasante Entwicklung durch. Der Humor eines Siebenjährigen kann sich von dem eines Neunjährigen grundlegend unterscheiden. Und wenn ein Zwölfjähriger in den vorderen Reihen Kleinkinder sieht, will er die Veranstaltung am liebsten gleich wieder verlassen», berichtet Fuchs von seinen Erfahrungen. Deshalb gibt es bei Lucerne Festival für die Heranwachsenden ganz verschiedene Angebote: Ein Sitzkissenkonzert für Kinder ab vier Jahren über «Oskar und der sehr hungrige Drache», ein Figurentheater mit dem Titel «Rusalka, die kleine Meerjungfrau» für Kinder ab fünf Jahren, ein inszeniertes Familienkonzert für Kinder ab sieben Jahren mit dem Titel «Das goldene Herz», schliesslich ein Jugendkonzert, bei dem Strawinskys «Geschichte vom Soldaten» als multimediale Inszenierung mit Kammermusik, Schauspiel, Erzählung, Tanz und Animationen gezeigt wird – auch im Late-Night-Programm für Erwachsene. Und eben «Heroïca», das szenische Konzert, das die Musiker zu handelnden Figuren, die Musik zur Erzählsprache werden lässt. «Das ist mein Credo», sagt Johannes Fuchs abschliessend: «Es darf nicht darum gehen, Musik zu illustrieren, etwas dazu zu erzählen. Sondern man muss die Dinge wie in einer Komposition zusammenbringen, muss Musik und Theater, Szene und Klang zu einer ganzheitlichen, sinnlichen Erfahrung verschmelzen lassen». Mit diesem Ansatz betritt das Lucerne Festival Neuland – eines, welches das junge Publikum sogar ausserhalb Luzerns entdecken kann: Im Herbst gibt es mit «Heroïca» Gastspiele in St. Gallen, Lausanne und Basel; im Frühjahr in Bern und Winterthur. Und in der nächsten Saison wird eine neues, anderes Konzertformat erarbeitet. Die Ideen dafür scheinen Johannes Fuchs nicht auszugehen.
Informationen: http://www.lucernefestival.ch/de/entdecken/ young/
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Neue Konzertformate f端r die j端ngsten Luzerner Festivalbesucher. Impressionen von Proben des neu gegr端ndeten Ensembles. Bilder: Priska Ketterer
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service LUCERNE FESTIVAL im Sommer 15. August – 14. September 2014 LUCERNE FESTIVAL 40MIN Kein Dresscode, kein Vorwissen. Stattdessen Musik zum Kennenlernen und für Kenner, zum Einsteigen und Eintauchen. In der Reihe «LUCERNE FESTIVAL 40min» können Sie abwechslungsreiche Programme erleben, die länger sind als ein blosser Appetizer und doch nicht so lang wie ein komplettes Konzert – und das auch noch gratis! Ausgewählte Festival-Künstler, grosse und kleine Formationen, präsentieren Werke von der Renaissance bis zur Jetztzeit – und richten das Wort direkt ans Publikum, berichten davon, wie eine neue Komposition entsteht, wie ein Orchester probt und was sich bei der Interpretation im Wortsinn «abspielt». 10x während des Festivals | jeweils 18.20 – 19.00 Uhr | KKL Luzern, Luzerner Saal Montag, 18. August 2014 | LUCERNE FESTIVAL 40min 1 Ganz nah dran: Das Mahler Chamber Orchestra probt Dvorˇák Dienstag, 19. August 2014 | LUCERNE FESTIVAL 40min 2 Auftritt mit Fanfare! Die Blechbläser des LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA Mittwoch, 20. August 2014 | LUCERNE FESTIVAL 40min 3 Festivalorchester en miniature: Kammermusikalische Hors d’Œuvres Freitag, 22. August 2014 | LUCERNE FESTIVAL 40min 4 40 Minuten für 40 Sänger Mittwoch, 27. August 2014 | LUCERNE FESTIVAL 40min 5 Komponieren heute: «composer-in-residence» Johannes Maria Staud stellt sich vor Freitag, 29. August 2014 | LUCERNE FESTIVAL 40min 6 Der Meister und seine Schüler. Abschlusskonzert des «Meisterkurses Dirigieren» Montag, 1. September 2014 | LUCERNE FESTIVAL 40min 7 Aus erster Hand: Matthias Pintscher präsentiert eigene Kammermusik Dienstag, 2. September 2014 | LUCERNE FESTIVAL 40min 8 Saite an Saite: Streicher satt mit der LUCERNE FESTIVAL ACADEMY Freitag, 5. September 2014 | LUCERNE FESTIVAL 40min 9 Zwei neue Orchesterwerke entstehen: Ein Blick in die Komponierwerkstatt
Dienstag, 9. September 2014 | LUCERNE FESTIVAL 40min 10 Was sehen meine Ohren, was hören meine Augen? Musik, szenisch gespielt
Sämtliche Termine: 15. August | 19.15/20.30/22.00 Uhr | Europaplatz (bei schlechtem Wetter im KKL-Foyer) The Place of Whispers. Live-Performance mit David Bithell
LUCERNE FESTIVAL LOUNGE Und was passiert nach dem Schlussapplaus? Immer freitags läutet die LUCERNE FESTIVAL Lounge das Wochenende ein: mit Live-Performances zwischen Klassik und Clubkultur. LUCERNE FESTIVAL Lounge 1 22. August | ab 22.00 Uhr | Bourbaki Midori | Michael Zismann LUCERNE FESTIVAL Lounge 2 29. August | ab 22.00 Uhr | Bourbaki Barbara Hannigan, Huw Watkins & Studierende der LUCERNE FESTIVAL ACADEMY | Alliage Quintett LUCERNE FESTIVAL Lounge 3 5. September | ab 22.00 Uhr | Bourbaki Kaleidoscope String Quartet | David Bithell & Studierende der LUCERNE FESTIVAL ACADEMY LUCERNE FESTIVAL Lounge 4 12. September | ab 22.00 Uhr | Bourbaki Klaus Steffes-Holländer | Ensemble This/ Ensemble That
22. August | 19.15 Uhr | Kunstmuseum Luzern The Place of Whispers. Live-Performance mit David Bithell und Flüsterchor 31. August | 19.00 Uhr | Seebad Luzern The Place of Whispers. Live-Performance mit David Bithell und Studierenden der LUCERNE FESTIVAL ACADEMY 11. September | 19.15 Uhr | Kunstmuseum Luzern The Place of Whispers. Live-Performance mit David Bithell und Flüsterchor
IN DEN STRASSEN Dienstag, 26. August – Sonntag, 31. August | 18.00 – 22.00 Uhr (anschliessend Sentitreff) | Strassen und Plätze der Stadt Luzern Musik kennt viele Spielarten – und so ist es zu einer schönen Tradition geworden, dass LUCERNE FESTIVAL im Sommer die Strassen und Plätze der Luzerner Altstadt mit Musikgruppen aus aller Welt bevölkert: ein faszinierendes musikalisches Panorama unseres Planeten.
ZU GAST BEI DER BUVETTE Abwechslungsreiche Open-Air-Konzerte am Ufer des Vierwaldstättersees, gestaltet von FestivalKünstlern, die sich abseits der grossen Bühne und in ungezwungener Atmosphäre mit eigenen Projekten präsentieren: Auch diesen Sommer ist LUCERNE FESTIVAL wieder zu Gast bei der Buvette, der Freiluft-Bar auf dem Luzerner Inseli. Die Konzerte finden an insgesamt drei Donnerstagen von 18.00 bis 19.00 Uhr statt; der Eintritt ist frei. Bei schlechtem Wetter bleibt die Buvette geschlossen. Aktuelle Angaben zum Programm erhalten Sie während des Festivals auf www.lucernefestival.ch Sämtliche Termine: 21. August | Open-Air-Konzert mit Überraschungsprogramm 28. August | Belcirque: Swing der Zwanziger und Dreissiger Jahre 4. September | Open-Air-Konzert mit Überraschungsprogramm
SOUNDZZ.Z.ZZZ…Z Passend zum Festivalthema «Psyche» hat David Bithell, Gewinner des gemeinsam mit dem Kunstmuseum Luzern lancierten Wettbewerbs Soundzz.z.zzz…z, fünf interaktive Klangskulpturen entwickelt, in denen Passanten ihre innersten Seelenregungen aufzeichnen können – im Flüsterton. Aus diesem Material entstehen fünf Live-Performances. Bei zweien von ihnen (am 22.8. und am 11.9.) kann jeder mitmachen: www.placeofwhispers.com.
Belcirque | Carmatango | Ensemble Mahasarakham | Guappecarto | Hudaki Village Band | Mercadante & Battaglia | Ny Malagasy Orkestra | Palmas & Cernuto Eröffnungsveranstaltung mit allen Gruppen: Dienstag, 26. August | 17.30 Uhr | Europaplatz beim KKL Luzern Abschlussfest mit allen Gruppen: Sonntag, 31. August | ab 14.00 Uhr auf der Seepromenade | ab 16.00 Uhr auf dem Europaplatz beim KKL Luzern Karten und Informationen www.lucernefestival.ch info@lucernefestival.ch +41 41 226 44 80
FESTIVAL-TERMINE | VORSCHAU LUCERNE FESTIVAL am Piano 22. – 30. November 2014 Evgeny Kissin | Leif-Ove Andsnes & Mahler Chamber Orchestra | Marc-André Hamelin | Martin Helmchen | Maurizio Pollini | Paul Lewis | Pierre-Laurent Aimard u. a. Online-Direktbuchung ab Montag, 4. August 2014, 12.00 Uhr | Schriftlicher Kartenverkauf ab Montag, 11. August 2014 | Schalterverkauf im KKL Luzern ab 15. August 2014 | Telefonischer Kartenverkauf ab Montag, 15. September 2014
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inserate
Premierenübersicht Jubiläums-Spielzeit 2014/15 30.8.2014
Schmutzige Schöpfung – Making of Frankenstein | SE Schauspiel von Thomas Melle; Inszenierung: Johanna Wehner
3.9.2014
Die Antilope | UA Oper von Johannes Maria Staud Koproduktion mit LUCERNE FESTIVAL und der Oper Köln Gefördert durch die Ernst von Siemens Musikstiftung Musikalische Leitung: Howard Arman; Inszenierung: Dominique Mentha
14.9.2014
Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch | WA Komische Oper von Elisabeth Naske; Koproduktion mit der Oper Graz Musikalische Leitung: Florian Pestell; Inszenierung: Dominique Mentha
1.10.2014
Tanz 16: Don Juan
17.10.2014
The Black Rider
| UA Choreografie von Fernando Melo; Musik von Christoph Willibald Gluck
Schauspielmusical von William S. Burroughs, Tom Waits und Robert Wilson; Inszenierung: Andreas Herrmann 8.11.2014
Die lustige Witwe Operette von Franz Lehár; Musikalische Leitung: Howard Arman; Inszenierung: Dominique Mentha
25.11.2014
A Christmas Carol | DSE Schauspiel von Enda Walsh; Inszenierung: Katharina Cromme
26.11.2014
Pippi Langstrumpf Kinderstück von Astrid Lindgren; Inszenierung: Benno Muheim
27.11.2014 13.12.2014
Tanz 17: Cosa Nostra | UA Tanzstück von Sandra Marín Garcia und Zoran Markovic´ Antigone Tragödie von Sophokles; Inszenierung: Wojtek Klemm
10.1.2015
Cantos de Sirena | UA Musiktheater von «La Fura dels Baus»; Koproduktion mit der Oper Köln und dem Festival Castell de Peralada Musikalische Leitung: Howard Arman; Inszenierung: Carlus Padrissa
17.1.2015
Strange Case(s) of Dr. Jekyll and Mr. Hyde | UA Monologe von Martina Clavadetscher, Verena Rossbacher und Ivna Žic; Inszenierung: Marc Wortel
28.1.2015
Die Affäre Rue de Lourcine Komödie von Eugène Labiche; Inszenierung: Andreas Herrmann
30.1.2015
Dracula oder Frust der Unsterblichkeit Eine theatralische Soirée; Inszenierung: Lia Schmieder
27.2.2015
La Bohème Oper von Giacomo Puccini; Inszenierung: Achim Thorwald
5.3.2015
Die lächerliche Finsternis | SE Hörspiel von Wolfram Lotz; Inszenierung: Andreas Herrmann
14.3.2015
Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats dargestellt durch die Schauspielgruppe des Hospizes zu Charenton unter Anleitung des Herrn de Sade Drama von Peter Weiss; Inszenierung: Bettina Bruinier
1.4.2015
Tanz 18: Celebration! | UA/SE Choreografien von Andonis Foniadakis, Cayetano Soto und Fernando Hernando Magadan
19.4.2015
Ariadne auf Naxos Oper von Richard Strauss; Musikalische Leitung: Howard Arman; Inszenierung: Holger Müller-Brandes
8.5.2015
Geister sind auch nur Menschen (Arbeitstitel) | UA Schauspiel von Katja Brunner; Inszenierung: Tina Lanik
13.5.2015
Prima la musica, poi le parole Divertimento teatrale von Antonio Salieri; Koproduktion mit der Hochschule Luzern - Musik Musikalische Leitung: Andrew Dunscombe; Inszenierung: Christian Kipper
29.5.2015
Dancemakers Series #6 | UA Choreografien aus dem Tanzensemble; Künstlerische Leitung: Kathleen McNurney
UA SE DSE WA
Uraufführung Schweizer Erstaufführung Deutschsprachige Erstaufführung Wiederaufnahme
www.luzernertheater.ch
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