S P E C I A L E D IT I ON L UC E RN E FE ST I VAL
SO MMER 2017
«Identität»
thema
artists
«Follow your body!»
Daniel Barenboim
composer Michel an der Aa: «Ist das echt oder nicht?»
Jay Campbell Riccardo Chailly Manfred Honeck Philippe Jordan Valentine Michaud
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FREUEN SIE SICH AUF IHR PERSÖNLICHES SOMMER-FESTIVAL BLEIBENDER WERTE. Mehr als 100 Konzerte in vier Wochen – das ist das Sommer-Festival 2017 in Luzern. Wir laden Sie ein, neben all den bleibenden Werken der Musikliteratur auch die bleibenden Werte von Degussa zu entdecken. Besuchen Sie uns einfach in unseren Ladengeschäften in Zürich oder in Genf. Mit unserer Leidenschaft für Edelmetalle stellen wir für Sie Ihr Portfolio zusammen und zeigen Ihnen, wie Sie mit kleinen Kunstwerken wie unseren Goldrosen oder den Degussa Manschettenknöpfen pure Emotionen ausdrücken. Und in Ihrem persönlichen Schrankfach können Sie Ihre schönsten Stücke aus Gold und Silber sicher bei uns aufbewahren.
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Z ü r i c h
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G e n f
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Liebe Leserin, lieber Leser Noch immer ist unser staatlicher Personalausweis mit «Identitätskarte» überschrieben. Doch was mir da mit fast schon versteinert ernster Miene entgegenblickt – bin das wirklich ich? Spiegelt das meine Identität, mein Wesen? Natürlich nicht, werde ich da rasch entgegnen. Und sofort merken, dass der Umgang mit diesem Begriff alles andere als eindeutig ist. Zweifellos sind es ganz unterschiedliche Dinge, die jede und jeden von uns prägen, die unsere Fantasie formen, unseren Willen und unser Handeln bestimmen, letztlich also unsere Persönlichkeit ausmachen. Erst recht gilt das für Künstler aller Sparten, die mit besonderer Sensibilität auf ihre Umgebung reagieren. Und das ist es letztlich doch, was wir an ihnen bewundern: Wie sie von uns allen Erahntes oder vage Gefühltes in eine Form zwingen, die uns plausibel erscheint oder in ihrer Drastik verblüfft, vielleicht sogar schockiert. In der Kunst erfahren wir unsere wahre Identität wohl am authentischsten – wenn wir diese Erfahrungen denn zulassen. Denn was inhaltliche Bereicherung bedeutet, kann auch als Gefährdung oder Verunsicherung wahrgenommen werden. Ja, und gerade da beginnt Kunst und die Auseinandersetzung mit ihr, für uns alle fruchtbar zu werden – wenn Wirkung gärt und uns die Augen für ungewohnte, unerwartete Erfahrungen öffnet, wenn bislang Unbekanntem der Weg bereitet wird. Lucerne Festival hat seine programmatischen Fenster in den letzten Jahren konsequent und erfahrungsneugierig aufgerissen. Und lädt diesen Sommer damit zu einer lustvollen Entdeckungsreise in die eigene Identität geradezu ein. Herzlich, Ihr
Andrea Meuli
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Einige Empfehlungen in eigener Sache: Klavierrezital Hélène Grimaud | Woodlands and Beyond … Berio, Ravel, Takemitsu, Berg, Debussy u.a. Samstag, 21. Oktober 2017 | 19.30 Uhr | KKL Luzern, Konzertsaal Preise: CHF 135 | 105 | 75 | 50 | 25
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Mit Gershwin ins Neue Jahr Mit an Bord: Measha Brueggergosman & Nicholas Angelich Luzerner Sinfonieorchester | James Gaffigan, Leitung Montag, 1. Januar 2018 | 17.00 Uhr & Dienstag, 2. Januar 2018 | 11.00 Uhr | KKL Luzern, Konzertsaal Preise: CHF 120 | 95 | 70 | 50 | 25
Beethovens Neunte und der «Chor der Gefangenen» | Auftakt: Brahms Luzerner Sinfonieorchester | Zürcher Sing-Akademie | James Gaffigan, Leitung | Rachel Harnisch, Sopran Ekaterina Sementchuk, Mezzosopran | Mauro Peter, Tenor | Hanno Müller-Brachmann, Bassbariton Mittwoch, 7. & Donnerstag, 8. Juni 2018 | 19.30 Uhr | KKL Luzern, Konzertsaal Preise: CHF 135 | 105 | 75 | 50 | 25 Alle weiteren Highlights, alle Konzerte und Angebote, alle Informationen zur Saison 2017/18 finden Sie auf: sinfonieorchester.ch
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Editorial.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Service. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Impressum.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
thema Daniel Barenboim: «Auf die Balance kommt’s an».. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Manfred Honeck: Ein Europäer in Pittsburgh.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Philippe Jordan: Pariser Transparenz, Wiener Süsse. . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Valery Gergiev und die russische Identität.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Michael Haefliger «Klar Position beziehen».. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Riccardo Chailly über seine Erfahrungen mit dem Lucerne Festival Orchestra. Und welche Repertoirewege er mit dem Orchester erkunden will.
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«Follow your body!».. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 Eine Art musikalisches Welttheater.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
Von der Lucerne Festival Academy zum «Artiste Etoile»: der amerikanische Cellist Jay Campbell.
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composer Michel van der Aa: «Ist das echt oder nicht?».. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
artists Riccardo Chailly: «Die Flamme muss jeden Tag neu auflodern . . . . . . . . . 6 Patricia Kopatchinskaja: «Je gefährlicher, desto besser».. . . . . . . . . . . . . . 10 Valentine Michaud: Saxofon in Motion.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Jay Campbell: Verletzlichkeit als Qualität.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 Titelbild: Priska Ketterer
Patricia Kopatchinskaja will bewegen, aufrütteln, berühren, Stillstand ist ihr genauso fremd wie das Zelebrieren purer Schönheit. Als «Artiste Etoile» setzt sie eigene Akzente.
Die französische Saxofonistin Valentine Michaud ist die Gewinnerin des «Prix Credit Suisse Jeunes Solistes» 2017. Und verkörpert einen jungen Musikertyp.
Amerikanische Orchesterkultur: Manfred Honeck und das Pittsburgh Symphony Orchestra.
Michel van der Aa ist «Composer in Residence». Von der Reibung zwischen Schein und Sein.
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Daniel Barenboim über Identität und warum Musiker die wahren Pan-Europäer sind.
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Riccardo Chailly: «…dass es uns gelingt, die Freude am gemeinsamen Musizieren zu wecken.»
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Bild: Marco Borggreve
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Riccardo Chailly in seinem zweiten Jahr als Leiter des Lucerne Festival Orchestra
«Die Flamme muss jeden Tag neu auflode n» Mit Gustav Mahlers monumentaler Achter gab Riccardo Chailly im vergangenen Sommer seinen Einstand als musikalischer Leiter des Lucerne Festival Orchestra. Und vollendete damit den von Claudio Abbado begonnenen Mahlerzyklus. Dieses Jahr kehrt er gleich mit drei verschiedenen Programmen zurück, die – mit Werken von Richard Strauss bis Strawinsky und von Mendelssohn bis Tschaikowsky – ganz seine Handschrift zeigen und dem Orchester neue Repertoirewege öffnen. Andrea Meuli M&T: Wenn Sie dieses Jahr nach Luzern kommen, sind Sie weniger nervös als letztes Jahr, als alles neu war? Riccardo Chailly: Ich war im vergangenen Sommer überhaupt nie nervös. Ich war nur glücklich, die Möglichkeit dieser Begegnung zu bekommen. Ich kannte das Orchester ja seit Jahren, da ich intensiv all das verfolgte, was Claudio Abbado mit dem Orchester machte und erreichte. Wie Sie wissen, waren wir befreundet und haben uns bei gegenseitigen Besuchen oft darüber unterhalten. Ich wusste daher genau, was für ein Orchester mich in Luzern erwartete. All das bewahrheitete sich schon bei der ersten Begegnung, in den ersten fünfzehn Minuten der ersten gemeinsamen Probe. Keine Nervosität also, sondern nur Freude darüber, zusammen zu musizieren! Und auch gegenseitiges Vertrauen, was immer eine wichtige Voraussetzung ist. So konnte sich sofort eine sehr positive Beziehung etablieren, was sich in einer sehr schönen Aufführung von Mahlers Achter Sinfonie manifestierte. Wenn ich nun mit den Erfahrungen aus dem letzten Sommer wiederkehre, erwartet uns ein enorm anspruchsvolles sinfonisches Projekt mit drei verschiedenen Programmen. Wir spielen auch mehr Konzerte als in den Jahren unter Claudio Abbado. M&T: Wie lässt sich eine Beziehung zu einem Orchester aufbauen, wenn man sich beinahe nur im Jahresrhythmus trifft? Riccardo Chailly: Es ist wahr, dass das Lucerne Festival Orchestra ein Projekt-
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orchester ist, das jeden Sommer neu entsteht, das sich für jedes Projekt neu zusammenfinden muss. Aber es ist genauso wahr, dass der weitaus grösste Teil der Musikerinnen und Musiker jeweils die gleichen bleiben. So bin ich in diesem Orchester vielen Freunden wieder begegnet, die seit vielen Jahren mit mir musiziert hatten. Beispielsweise Jacques Zoon, der während meiner Zeit als Chef des Concertgebouw Orchestra mit dabei war. Aber auch viele andere Kollegen aus Orchestern, die ich in den vergangenen Jahren dirigiert habe, traf ich in Luzern wieder. Dazu kamen einige, die ich aus meinem jetzigen Orchester, der Filarmonica della Scala, mitgebracht habe. Entscheidend ist letztlich jedoch einzig der kollektive Geist eines Ensembles, dass es uns jeden Tag – ob in Luzern während des Festivals oder unterwegs auf Tournee – von Neuem gelingt, die Freude am gemeinsamen Musizieren zu wecken und dass wir die Möglichkeit haben, gemeinsam ein Repertoire zu entdecken, das man sonst kaum spielen würde. M&T: Wie fachen Sie dieses Feuer in einem Orchester mit lauter erfahrenen Musikern immer wieder von Neuem an? Riccardo Chailly: Das Feuer ist ein Element, das sich nicht auslöschen lässt, wenn es existiert! Und falls es kein Feuer gibt, ist es auch unmöglich, eine Flamme zu entdecken. Diese Flamme muss jeden Tag neu auflodern, aus der Wahl des Repertoires, welches man spielt. Dieses Jahr haben Michael Haefliger und ich
drei Programme zusammengestellt, die gleichzeitig viele Entdeckungen bringen und musikalisch eine grosse Herausforderung bedeuten. M&T: Wovon lassen Sie sich leiten, wenn Sie Ihre Programme zusammenstellen? Riccardo Chailly: Mir gefällt es sehr, Programme in einer künstlerischen Partnerschaft zu entwickeln. Wo auch immer, sei es in Mailand mit Alexander Pereira oder in Luzern mit Michael Haeflige . Meine Vorstellung ist, dass jedes Programm einer inneren Dramaturgie folgen sollte. Im Sinne eines Weges, auf den sich das Orchester gemeinsam mit dem Publikum begibt. Daher haben wir unser erstes Programm des Festivals 2017 mit Richard Strauss, welchen das Lucerne Festival Orchestra bisher sehr wenig gespielt hat. Wir bringen mit «Also sprach Zarathustra» nach Nietzsche, «Tod und Verklärung» mit dem Text von Alexander Ritter sowie «Till Eulenspiegel» nach der populären deutschen Volksfigur drei Stücke, die sich musikalisch mit der Identität dreier ganz unterschiedlicher Figuren beschäftigen. Das ergibt einen intensiven Bezug zum programmatischen Charakter des diesjährigen Festivals. In einem monografischen Programm wie diesem ist mir als Dirigent aber auch der Gedanke wichtig, den Musikern des Orchesters die Möglichkeit zu bieten, mit diesen drei Tondichtungen drei absolute spätromantische Meisterwerke aus dem letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts zu spie-
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artists len. Das ist der künstlerisch musikalische Sinn. Aber sicher, den dramaturgischen Sinn – Identität – wollen wir nicht aus dem Blickwinkel verlieren. M&T: Im zweiten Programm treffen jedoch mit Mendelssohns Musik zum «Sommernachtstraum» und Tschaikowskys «Manfred»-Sinfonie zwei scheinbar völlig unterschiedliche musikalische Welten aufeinander… Riccardo Chailly: … komponiert in ganz unterschiedlichen Stilen, zudem in einem zeitlichen Abstand von vierzig Jahren. Mendelssohns Musik zum «Sommernachtstraum» ist eng an die literarische Welt Shakespeares gebunden. Da geht es darum, die ganze Fülle lebendiger Fantasiefiguren aus Fabel, Märchen und Erzählung ans Licht zu bringen. Demge-
Tschaikowskys war. Noch heute gilt seine Aufnahme als Referenz. Da passt es gut, dass unser erstes Konzert des diesjährigen Festivals in Luzern – aus Anlass seines 150. Geburtstages – Arturo Toscanini gewidmet ist, der 1938 das Festival in Luzern mit begründete. Schon damals stand die Idee im Mittelpunkt, in der Schweiz ein unabhängiges Orchester, basierend auf herausragenden Musikern, zusammenzustellen. Diese Idee haben dann Claudio Abbado und Michael Haefliger wieder aufgenommen und, wie wir wissen, verwirklicht. M&T: War Toscanini wichtig für Ihre künstlerische Entwicklung als Musiker, als Dirigent? Riccardo Chailly: Toscanini ist ein Dirigent, der nunmehr ein Jahrhundert Interpretationsgeschichte geprägt hat.
«Entscheidend ist letztlich einzig der kollektive Geist eines Ensembles» genüber basiert die «Manfred»-Komposition von Tschaikowsky auf einem dramatischen Gedicht von Byron, der mit seinem ganzen Leben, mit seinen Leiden und Visionen als Leitfigur der Romantik verehrt wurde. So tragen beide – die Fantasiefiguren bei Mendelssohn wie der tragische Held bei Byron – ihren Aspekt zum Festivalthema der Identität bei. M&T: Weshalb begegnet man Tschaikowskys «Manfred»-Sinfonie so selten im Konzertsaal? Riccardo Chailly: «Manfred» habe ich als junger Dirigent oft gespielt und mit dem Concertgebouw Orchestra auch aufgenommen. Es ist eine sehr komplexe Partitur mit ausgesprochen virtuosen Anforderungen, die sehr oft missverstanden oder gar nicht verstanden wurde. Vielleicht, weil die Aufführungen dem Werk nicht gerecht wurden. Das kann gut ein Grund dafür sein, dass dieser «Manfred» so selten aufgeführt wird, obwohl das Werk für ein Orchester sehr attraktiv zu spielen ist. Daran vermochte selbst die Tatsache, dass ein Maestro wie Arturo Toscanini es während seiner Zeit mit dem NBC Orchestra in New York in mindestens fünf verschiedenen Jahren auf seine Programme nahm und auch aufgenommen hat, nichts zu ändern. Aber wir erkennen darin ein Zeichen dafür, wie wichtig ihm dieses Werk
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Sowohl im grossen sinfonischen Repertoire wie in der Oper gibt es eine Zeit vor und eine nach Toscanini. Ganz verschiedene seiner künstlerischen Taten wurden folgenreich, ob er Gustav Mahler an der Metropolitan Opera dirigierte, die Art, wie er Wagner konzipierte, und so weiter. Sein Einfluss reicht bis in unsere Zeit, zu Dirigenten, die sich um einen ganz neuen Interpretationsansatz barocker Musik verdient gemacht haben wie Nikolaus Harnoncourt oder John Eliot Gardiner. Im Gespräch mit ihnen fiel oft der Name Toscanini als interpretatorische Instanz. Das bedeutet, dass Toscanini ein ganzes Jahrhundert mit seinen interpretatorischen Konzepten beeinflusste und anregte Das repräsentiert Toscanini wie vielleicht kein anderer. Natürlich hat er drastische und extreme Lösungen präsentiert, absolut revolutionär, wie er etwa Beethoven oder Brahms aufführte – völlig entgegengesetzt jenen Konzeptionen wie sie beispielsweise Furtwängler verkörperte. Das macht seine Grösse aus. Er hat unglaubliche Aufführungen verwirklicht, – und natürlich auch grosse Meinungsverschiedenheiten ausgelöst. Doch noch heute erleben wir seine Interpretationen auf Schallplatte als zeitlos gültig und aktuell. Sie zeichnen sich aus durch eine unglaub-
liche Frische und Direktheit, genauso durch interpretatorischen Mut und eine unbestechliche musikalische Qualität. M&T: Sprechen wir noch über das dritte Ihrer diesjährigen Programme mit dem Lucerne Festival Orchestra, das gleich mehrere unbekannte frühe Werke Strawinskys bringt. Darunter eines – «Le Chant funèbre» – sogar als Schweizerische Erstaufführung. Wie ist es dazu gekommen? Riccardo Chailly: Das ist so etwas wie ein Wink des Schicksals, denn es handelt sich um verloren geglaubte Musik, die man vor zwei Jahren im Konservatorium von St. Petersburg wieder entdeckte. Strawinsky selber hielt «Le Chant funèbre» für die vielleicht beste Komposition seiner Jugend. Die Musikwissenschaftlerin, welche das Stück wiedergefunden hat, brachte damit tatsächlich eine sehr wichtige Partitur wieder ans Licht. Denn das Stück ist 1909 nach dem Tod seines Lehrers Rimsky-Korsakow im Umfeld des «Feuervogels» entstanden, mit sehr ähnlichen Orchesterfarben. Ziel unseres Programms ist es, in Luzern etwas zu bieten, was man in dieser Konzentration sonst nirgendwo hören kann. Es bietet einen guten Schlüssel, das Universum des jungen Strawinsky zu entdecken. M&T: Und die anderen dieser ganz frühen Werke? Riccardo Chailly: «Le Faune et la Bergère» von 1906 umfasst drei Lieder auf Texte von Puschkin. Ein sehr interessantes Werk, das die Wurzeln Strawinskys in der romantischen Welt Rimsky-Korsakows zeigt, der als sein Lehrer enormen Einfluss auf ihn hatte, vor allem was die Orchestration betrifft. «Feu d’artifice» und «Scherzo fantastique» gehören ebenfalls noch in diese spätromantische Welt, der koloristischen Haltung Rimskys verpflichtet und von einer beinahe impressionistischen Luftigkeit und Leichtigkeit. M&T: Nach der Pause dann der radikale Bruch mit dem völlig neuen, revolutionären Strawinsky… Riccardo Chailly: … ja, «Sacre du printemps» bedeutet den brutalen Paukenschlag eines Giganten, der in ganz neue Bereiche vorstiess und sich 1911 schon vollständig der Moderne verschrieben hatte. Ich betrachte diesen ganzen Abend als so etwas wie eine StrawinskyEntdeckung. Das Programm wird auch für das Label DECCA live mitgeschnitten. Das wird meine erste offizielle Audio-CD gemeinsam mit dem Lucerne Festival Orchestra. M&T: Sie kommen diesen Sommer auch mit Ihrem zweiten Orchester, der Filarmonica della Scala, nach Luzern. Auf dem Programm stehen mit Brahms und Respighi deutsche Romantik und italienisches sinfonisches Repertoire. Mit einer programmdidaktischen Absicht?
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Bild: Lucerne Festival/Priska Ketterer
M&T: Wenn wir schon das Festivalthema «Identität» haben, eine ganz direkte Frage: Gibt es so etwas wie eine italienische Orchesteridentität? Riccardo Chailly: Ich glaube, dass es eine Identität des Klangs gibt. Damit meine ich eine bestimmte Patina der Klangfarbe. Dafür wird das Orchester der Mailänder Scala in der Welt sehr geschätzt. Weil das Orchester eine ausgeprägte Tiefe des Klangs hat, sich gleichzeitig jedoch im Vergleich mit den grossen europäischen Orchestern durch Leichtigkeit und klarere Klangfarben auszeichnet. Diese Eigenheiten beruhen nicht zuletzt auf dem Charakter und der Besonderheit der gespielten Instrumente. Die Streichinstrumente beispielsweise wurden alle in Italien gebaut, und auch die Holzblasinstrumente machen den besonderen Klangcharakter des Orchesters aus. Natürlich spielt auch seine Vertrautheit mit der ganzen Opernliteratur eine wesentliche Rolle. Das beschränkt sich nicht auf die Pflege der italienischen Operntradition. Die Musiker spielen beispielsweise gleichzeitig neben «Anna Bolena» Wagners «Meistersinger» oder «La gazza ladra» von Rossini – sie müssen sich also in völlig unterschiedlichen Stilen zurechtfinden Diese stilistische Offenheit ist es wohl, die dem Orchester grosse Flexibilität verleiht. Interessant ist in diesem Zusammenhang, was Claudio Abbado immer von seinen Musikern verlangte: aufeinander zu hören. Ein Opernorchester hängt unweigerlich vom Gesang ab. Diese intuitive Verbundenheit mit der menschlichen Stimme im Sinne des Aufeinanderhörens schafft eine hohe Flexibilität und ermöglicht es mir als Dirigent, auf sehr natürliche Weise zu musizieren. ■
Bilder: Lucerne Festival/Peter Fischli
Riccardo Chailly: Nein. Das Brahmskonzert habe ich oft schon zusammen mit Leonidas Kavakos aufgeführt, so etwa auch mit dem Gewandhausorchester Leipzig, und ich freue mich immer wieder, mit ihm zusammen zu musizieren. Da diese gemeinsamen Auftritte eine Weile zurückliegen, haben wir uns mit dem Brahmskonzert auf eines der Repertoire-Schlachtrösser geeinigt, dieses Mal mit der Filarmonica della Scala. Es liegt mir viel daran, mit diesem Orchester ein Bewusstsein für das grosse mitteleuropäische Repertoire zu vertiefen. Auf der andern Seite möchte ich das sinfonische Repertoire Italiens würdigen, das – wie wir alle wissen – weit weniger gepfleg wird als die italienische Operntradition. Dennoch finde ich, dass einige Komponisten so interessant sind, dass sie eine Aufführung ihrer Werke verdienen. Natürlich markieren «Fontane di Roma» und «Pini di Roma» einen wichtigen Moment italienischer Sinfonik. Das ist die Idee dieser Programmkombination.
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Riccardo Chailly mit dem Lucerne Festival Orchestra in Mahlers achter Sinfonie im Sommer 2016.
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artists Artiste Etoile – die Geigerin Patricia Kopatchinskaja im Interview
«Je gefährlicher, desto besser»
«Es muss in unseren Seelen etwas geschehen», sagt Patricia Kopatchinskaja zu ihrem Projekt «Dies irae». Und stellt sich für das Foto unter das jüngste Gericht im Hauptportal des Berner Münsters.
M&T: Patricia Kopatchinskaja, Sie sind «Artiste Etoile» diesen Sommer in Luzern. Bei Ihnen denkt man dabei eher nicht an einen sanften Abendstern, sondern an eine Supernova. Patricia Kopatchinskaja: Das Bild von mir entsteht in der Öffentlichkeit. Was ich mache, weiss ich schon, und es wird mir auch immer bewusster mit zunehmender Erfahrung. Es geht mir nicht um Provokation, sondern darum, möglichst tief in die Musik einzutauchen. Man findet oft verrücktes Zeug, wenn
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man immer weiter in die Werke hinein horcht. Die grossen Komponisten haben nicht schönen Kitsch gemacht, sondern wirklich existenzielle Fragen in Tönen verarbeitet. Und ich mag solche Komponisten, je gefährlicher, desto besser. M&T: Finden Sie solche Abgründe überall, sagen wir etwa auch im Violinkonzert von Mendelssohn? Patricia Kopatchinskaja: Habe ich gefunden. Ich konnte es nicht spielen, so
lange es mir zu harmlos erschien. Dann braucht es mich nicht. Ich dachte, Schumanns Konzert braucht mich. Ich mache dort mit, wo ich dem Sinn helfen kann, wo aus dem Garten nach meiner Arbeit Pflanzen wachsen, die sich wohl fühlen und dort hinein passen. Ich pflanze keine Kakteen in schöne Rabatten. M&T: Kakteen können auch schön sein. Patricia Kopatchinskaja: Können sie, aber sie haben Stacheln, und wofür
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betrunkenen Drehleierspieler als Gegensatz zu zeigen. Denn erst im Gegensatz zeigt sich die Spaltung der Gesellschaft, oder natürlich auch der Humor. Um einfach nur Schönheit zu kopieren, dafür bin ich nicht das richtige Kopiergerät. M&T: Welche Rolle spielt denn Werktreue für Sie, wenn in Mozart Ideen und Geschichten von heute aufscheinen? Patricia Kopatchinskaja: Umso mehr ist Mozart drin. Werktreue hat nichts mit Höflichkeit zu tun, allenfalls mit Respekt, aber vor allem mit der Intensität des Geschehens, mit der Verdichtung der Aussage. Wenn es Kontraste gibt, dann muss man sie in aller Schärfe auf die Bühne bringen und dazu stehen. Und wenn etwas Lustiges passiert, dann darf man nicht Angst haben, sich lächerlich zu machen. Es geht ja nicht um mein Bild, sondern um die Inhalte, und ihnen diene ich. Je mehr ich ihnen diene, umso mehr muss ich mich verletzlich zeigen und mich ohne Schutz den Menschen stellen. M&T: Ist das einfacher in Stücken die jünger sind? Patricia Kopatchinskaja: Viel einfacher, weil es weniger Traditionen gibt. Und keine Last der Werktreue, kein Richtig oder Falsch. Das ist sowieso Blödsinn: Jemand der weiss, wie etwas gespielt werden muss, der weiss gar nichts. Man muss jedes Stück jedes Mal mit Neugier anschauen und auszuschöpfen versuchen.
Sie will bewegen, aufrütteln, berühren, Stillstand ist ihr genauso fremd wie das Zelebrieren purer Schönheit. An der Vergangenheit interessiert sie, was sie uns Heutigen zu sagen hat, darum wählte sie Musik des 20. Jahrhunderts. Patricia Kopatchinskaja setzt ganz eigene starke Akzente als «Artiste Etoile» des diesjährigen Luzerner Sommers. Reinmar Wagner (Text) & Priska Ketterer (Bilder)
sind Stacheln, wenn nicht zum Stechen? Ich liebe auch das Ironische und Absurde, aber der Kern der Sache muss schon herausgestellt werden. Wenn es um Mord geht, muss jemand tot sein, ich will das nicht abmildern oder verharmlosen. M&T: War die Versuchung gross, als «Artiste Etoile» die grossen Konzerte des Repertoires zu spielen? Stattdessen haben Sie Ligeti, Bartok und Holliger ausgewählt.
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Patricia Kopatchinskaja: Es ist ein grosses Privileg, das machen zu können, wofür ich mich wirklich interessiere. Und ich glaube, ich habe mir das auch lange genug erkämpft und bewiesen, dass es sich lohnt, mich in diesen Stücken einzusetzen. Was Mozart betrifft, oder auch Mendelssohn, dann brauche ich eine Szenerie und Geschichten, für die es sich lohnt, sie in unsere Zeit zu übersetzen. Ich kann nicht von einem heiteren höfischen Leben erzählen, ohne einen
M&T: Und woher kommt die Überzeugung, dass Sie einem Werk im Moment des Konzerts gerecht werden? Patricia Kopatchinskaja: Intuition. Das ist das wichtigste. Hintergrundwissen, Spieltechniken, Phrasierungen, auch Virtuosität, das ist normal, das ist Handwerk. Aber ich mag nicht zu lange in der Garage sitzen und an meinem Auto herumschrauben. Ich mag dieses Auto fahren und sehen, wohin es mich führt, und ich will auch jedes Mal in eine andere Himmelsrichtung fahren. Die Welt ist rund, und es hat nicht immer eine Autobahn. Sowieso: Unsere Beschäftigung mit alter Musik ist absurd: Wir können uns nicht in der Vergangenheit und in den Archiven bewegen, wir müssen von Heute reden. Heute geschehen Dinge, die gefährlich sind, die unsere Zukunft bestimmen. Da müssen wir mitdenken und mitreden. Wir können doch nicht die Kunst einfach hinstellen und schön finden. Sondern wir sollen fragen: Was hat das mit uns zu tun? M&T: Deswegen haben Sie auch Musik des 20. Jahrhunderts gewählt?
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artists Patricia Kopatchinskaja: Ja. Das geht uns etwas an. Das ist unsere Sprache und sagt etwas aus über unsere Zukunft. Wir sollten aufmerksam zuhören, und leider müssen wir diese Sprache lernen, weil sie uns schockiert, weil wir sie immer noch nicht gelernt haben. Wir haben lauter alte Sprachen gesprochen, das ist verrückt: Wir sprechen Altgriechisch in unseren Konzertsälen. Wir müssen die Zeitung von heute lesen, auch wenn das nicht unbedingt ein Kunstwerk ist, wir müssen das Publikum mit der heutigen Welt bekannt machen und in der Sprache von heute sprechen. Wir sind wie Neandertaler, man kann doch hundert Jahre nach Schönberg nicht mehr von Dissonanzen sprechen! M&T: Was denken Sie, woran liegt es, dass sich das Publikum noch immer nicht hat anfreunden können damit? Ist vielleicht Schönbergs Idee der Zwölftonmusik, die nicht hörend, sondern nur analytisch erfassbar ist, der Musik einfach fremd? Patricia Kopatchinskaja: Und wenn es so ist, es ist hundert Jahre her. M&T: Und dennoch haben wir heute noch Mühe damit. Patricia Kopatchinskaja: Macht nichts. Wir können diese Schuldigen jetzt mal aus dem Gefängnis entlassen und ruhig nochmals zuhören. Zudem gibt es heute ja viele Komponisten die eine ganz andere, auch sinnlich wahrnehmbare Sprache sprechen. Man muss solche Leute hören, so oft wie möglich die Bühne frei geben für ihre Ideen und Experimente. Auch wenn etwas nicht gelingt, dieses Podium muss sein. Wir haben so fantastische Konzertsäle gebaut, das müssen
Patricia Kopatchinskaja: Die Welt von Heinz Holliger hat mich schon immer sehr angezogen. Schon als junge Studentin stand ich in der Schlange, hoffend, dass er mich bemerken würde, und wir etwas zusammen machen könnten. Dass ich jetzt, zusammen mit Thomas Zehetmair, sein Violinkonzert spielen darf, das ist eine sehr grosse Ehre für mich. Holligers Klangwelt zieht mich an wie ein Magnet, ich mag dieses Grenzgängerische, ich halte mich gerne in
«Ich pflanze keine Kakteen in schöne Rabatten» seiner abgründigen Welt auf. Er ist ein sympathischer Wahnsinniger, ein Einzelgänger. Er gehört überhaupt nicht zum Mainstream, und ich hoffentlich auch nicht. Dort, an den Rändern, treffen wir uns, und ich bin sehr glücklich ihm zu dienen in seiner Schattenwelt, als einer seiner Schatten. M&T: Dazu ist das Konzert von Ligeti ein denkbar starker Gegensatz. Patricia Kopatchinskaja: Das ist total konstruiert, aber das mag ich genauso. Sein Konzert ist wie ein Kinderzimmer voller Spielzeug. Seine Bausteine stammen aus allen historischen Epochen, man glaubt kaum, dass das zusammen passen kann,
«Wenn es um Mord geht, muss jemand tot sein» wir doch ausnützen, um neue Welten zu erforschen. Wir sind in der privilegierten Lage, Musik unter den besten Umständen zu hören, seit Europa existiert. Diese Chance sollten wir wahrnehmen, wer weiss, wie lange das noch geht! M&T: Jedenfalls ist Ihre Auswahl ein starkes Plädoyer für die Vielfalt des Geigenkonzerts im 20. Jahrhundert: Drei Konzerte von ganz unterschiedlichem Charakter. Verschattete Farben und Stimmungen bei Holliger...
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chestermusikern zu spielen, das ist wie Kammermusik. Ich liebe die fast schon athletischen Herausforderungen, die dieses Werk verlangt, man muss es lange vorbereiten und ist doch nie sicher, ob es gelingt. Aber es ist auch sehr berührend: Es gibt in einigen von Ligetis Werken eine bestimmte Melodie. Sein Vater wurde im Konzentrationslager getötet, sein Bruder auch, und solche Menschen fragen sich ein ganzes Leben lang: Warum habe ich überlebt? Das ist in dieser
aber er schafft es, daraus eine ganz logische Konstruktion zu bauen. Er braucht keinen Riesenapparat, seine Besetzung ist klein, das ist mir auch sympathisch. Das Konzert ist unglaublich schwierig, für alle: Ich habe es kürzlich mit den Berliner Philharmonikern gespielt, und selbst diese Musiker haben gesagt, dass sie wirklich an ihre Grenzen gehen müssen, und auch nicht sicher sind, ob ihnen alles gelingt. Ich mag es, auf diese Weise quasi auf Augenhöhe mit den Or-
Melodie drin. Und dann spielst du sie ganz alleine auf der Geige – sein Bruder spielte Geige. Das ist wie eine Frage ans Jenseits: Wo bist du? Solche Dinge stelle ich mir vor, wenn ich das spiele. M&T: Sehen Sie auch sonst Bilder und Geschichten vor sich, wenn Sie auf dem Podium stehen? Patricia Kopatchinskaja: Oft, und sie wechseln auch ständig. Das ist mir wichtig. Die Musik allein genügt mir nicht. Ich glaube, es ist wichtig, dass man etwas Eigenes mit der Musik verbindet, die man aufführt. Ich brauche Zustände, Emotionen, einen Weg, einen Plan, ähnlich wie die Jazzmusiker. Manchmal führt mich dieser Weg vielleicht in eine Sackgasse, aber ich bin froh darum, weil ich dann auch wieder neue Erfahrungen machen kann. M&T: Scheitern ist also erlaubt, ist sogar etwas Schönes? Patricia Kopatchinskaja: Unbedingt. Es ist ein Teil des Plans. Und das Publikum muss uns erlauben, zu scheitern, weil wir lebendige Wesen sind. Wenn sie wollen, dass ein Stück perfekt ist, müssen sie sich eine CD kaufen. Das ist nicht lebendige Musik, das ist ein artifizielles Wesen wie eine Barbie-Puppe. M&T: Die Standards im Konzert sind sehr hoch. Wie viel Scheitern können Sie sich erlauben? Patricia Kopatchinskaja: Also wenn ich eine Forscherin wäre, würde ich vielleicht schauen, dass bei meinem Experiment mein Labor nicht ganz abbrennt. Ich würde versuchen, meine Mitarbeiter am Leben zu erhalten und schauen, dass ein paar Geräte heil bleiben, damit wir das Experiment vielleicht noch einmal
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anders machen können. Aber im Allgemeinen bin ich ziemlich angstlos. M&T: Es wäre eigentlich sehr spannend, diesen Prozess des Forschens und Findens auch im Konzert erfahrbar zu machen. Patricia Kopatchinskaja: Ja, das wäre spannend: Das Konzert mehr wie eine öffentliche Probe. Wenn man immer wieder dasselbe macht, setzt man auf Schablonen, von denen man weiss, dass sie gut ankommen. Man kann damit eine Karriere machen und man lebt ein ruhiges Leben. Aber wenn man immer lernen will, muss man Fehler zulassen, immer neugierig bleiben, immer die Frage stellen: könnte es auch anders sein? M&T: Das Gemeine an der Musik ist: Wenn sie erklingt, ist sie auch schon vorbei. Ein Maler kann übermalen, ein Schriftsteller korrigieren. Patricia Kopatchinskaja: Man kann nichts zurückdrehen, man kann es nur von Neuem machen. Deswegen ist das Livekonzert ja auch so spannend und einmalig. Das darf man nicht vergessen, eine Aufnahme hat nicht den gleichen Reiz. Das kann man nicht mit Leben vergleichen. M&T: CD-Aufnahmen sind Ihnen auch nicht fremd, vor Kurzem haben Sie zusammen mit Heinz Holliger das Konzert von Schumann eingespielt. Patricia Kopatchinskaja: Auch das war ein Experiment. Jetzt spiele ich dieses Stück schon wieder ganz anders. Eine Aufnahme ist einfach ein Dokument eines bestimmten Moments. M&T: Noch ein spannendes Projekt haben Sie sich für das Lucerne Festival ausgesucht: «Dies irae», das Jüngste Gericht. Patricia Kopatchinskaja: Ich möchte darüber nicht zu viel verraten. Es geht darum, was mit unserem Planeten passiert, wohin wir steuern. Es ist kein Konzert, auch kein Theater, ich weiss nicht, wie ich es nennen soll. Es wird Licht geben, eine Bühne, es wird Bewegung geben, wie eine lebendige Ausstellung bestehender Stücke, die in diesem Kontext anders klingen werden. M&T: Der Tag des Gerichts: Leben wir in der Endzeit? Patricia Kopatchinskaja: Endzeit ja, absolut. Auch die Musik wird davon sprechen. Im Mittelpunkt steht «Dies irae» von Galina Ustwolskaja. Soviel kann man verraten. M&T: Und gibt es Hoffnung neben der Gerechtigkeit? Patricia Kopatchinskaja: Das weiss ich nicht. Wir werden sehen. Es muss in unseren Seelen etwas geschehen. Es ist wie ein Traum, wo du nichts selber bewegen
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«Im Allgemeinen bin ich ziemlich angstlos.» kannst, aber es bewegt dich extrem, und wo du auf neue Erkenntnisse kommst – hoffentlich. Wie schlimm es um uns steht, zum Beispiel. Das wäre eine gute Erkenntnis. Dass wir etwas tun müssen, und nicht passiv zuschauen. Es geht um Klimawandel, Dürre, Hunger, Aggressi-
vität, Flüchtlinge. Kriege entstehen aus dieser Problematik und wir müssen zu den Wurzeln dieser Probleme gehen. Dieses Programm soll die Menschen individuell ansprechen, ich hoffe, dass alle danach verändert nach Hause gehen, auch wir Spielenden. ■
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thema Daniel Barenboim über Identität, sein Alter und warum Musiker die wahren Pan-Europäer sind
«Auf die Balance kommt’s an» Daniel Barenboim tritt diesen Sommer an zwei Abenden bei Lucerne Festival mit dem West-Eastern Divan Orchestra auf, jenem von ihm gegründeten und geleiteten Ensemble, das in exemplarischer Offenheit israelische und palästinensische Musikerinnen und Musiker in eine künstlerische Einheit einbindet und damit Grenzen durchbricht. Kein Wunder, dass Barenboim «Identität» als eminent politischen Begriff versteht. Kai Luehrs-Kaiser (Text) & Priska Ketterer (Bilder)
Daniel Barenboim: «Ein erstklassiges Orchester muss, früher genau wie heute, wie ein Mensch sein, der mehrere Sprachen korrekt und akzentfrei spricht.»
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thema M&T: Herr Barenboim, in Luzern treten Sie gemeinsam mit Martha Argerich auf – einer Musikerin, mit der Sie in den letzten Jahren wieder häufiger zusammen arbeiten. Können Sie kurz mal erklären, worin das Besondere dieser Künstlerin besteht? Daniel Barenboim: Aber gerne doch! Sie spielt Klavier. Und zwar besser als vielleicht jeder andere auf der Welt. Damit meine ich nicht nur das Technische, sondern die Mischung aus Fingerfertigkeit, klanglicher Fantasie, Temperament und Intuition. Dieses Package ist, denke ich, sogar einmalig bei ihr. Sie ist Ehrenmitglied des West-Eastern Divan Orchestra. Ich denke an sie auch als eine ausserordentlich schöne und wunderbare Frau. Von ihr geht ein Zauber aus, den man nicht erklären kann. Übrigens kenne ich Martha, wenn ich das sagen darf, seit 1949. M&T: Martha Argerich spielt mit Ihnen das 1. Klavierkonzert von Dmitri Schostakowitsch – ein Komponist, von dem Sie selber bislang kaum Schallplattenaufnahmen gemacht haben... Daniel Barenboim: ...überhaupt keine, oder? M&T: Doch, als Kind. Im Jahr 1955 haben Sie einige Preludes op. 34 von Schostakowitsch aufgenommen. Warum nicht mehr davon? Daniel Barenboim: Als ich anfing, 1950, gab es im Klavierunterricht noch zwei streng voneinander geschiedene Richtungen: die klassische und die virtuose. Daneben gab es zeitgenössische Musik, vor allem Strawinsky, den ich noch selber kannte, und die sowjetischen Komponisten Prokofjew und Rachmaninoff. Und natürlich Bartók. Mein Vater, der mein Lehrer war, hat mir die klassische Erziehung vermittelt, vor allem deutschsprachige Komponisten. Aber daneben auch Moderne. Also spielte ich drei bis vier Prokofjewsonaten – und ein wenig von Schostakowitsch. M&T: Dann nie mehr? Daniel Barenboim: Er hat mich weniger interessiert. Das Klavierkonzert aber, das Martha Argerich spielt, ist sehr lustig. Und Sie werden dabei im Übrigen den, – so glaube ich – ersten sudanesischen Solo-Trompeter erleben, den es je gab. M&T: Ausserdem dirigieren Sie die fünfte Symphonie von Peter Tschaikowsky. Warum ist es heute so schwer, eine gute Tschaikowsky-Interpretation zu finden Daniel Barenboim: Ich glaube, dass gute Tschaikowsky-Dirigenten immer eine Minderheit gebildet haben. Mein grosser Lehrer in dieser Sache war der russische Dirigent Evgeny Mravinsky, den ich
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noch live mit diesen Sinfonien hörte. Auch die Fünfte. Dass Tschaikowsky viel Leidenschaft in sich trägt, weiss jeder. Und auch, dass Leidenschaft oft auf der Grenze zum schlechten Geschmack angesiedelt ist. Das Besondere bei Mravinsky war, dass er die Kälte des Klangs nicht als etwas Negatives betrachtete. Sondern als vollgültigen, positiven Ausdruck. Da gab es Passagen, in denen man das Gefühl bekam, einen Mantel anziehen zu müssen, so kalt wurde er. Das schlug in den Crescendi dann unvermittelt in etwas ganz Hitziges, in einen Brand um. Erstaunlich!
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Hugo oder Claude Debussy. Ich werde oft gefragt, ob ich mir die Zeit zurückwünsche, in denen jedes Orchester noch eine unverwechselbare Handschrift hatte. Und ich antworte: Ein erstklassiges Orchester muss, früher genau wie heute, wie ein Mensch sein, der mehrere Sprachen korrekt und akzentfrei spricht. Man muss sich umstellen können, ohne die eigene Persönlichkeit zu verlieren. Darin besteht für mich Identität. M&T: Identität bestünde demnach darin, dass man nicht bei sich selbst verharrt?
«Ich mag das Wort Globalisierung nicht» M&T: Liegt das in der russischen Mentalität dieser Musik begründet? Daniel Barenboim: Gewiss, und zwar, weil Russland im 19. und 20. Jahrhundert anders als alle anderen europäischen Länder eingestellt war. Die Russen waren immer halb Europa, und halb Asien. Man war nicht so national einig und auf sich selbst fixiert wie die anderen. Die Aristokratie im 19. Jahrhundert sprach Französisch. Man blickte nach Frankreich – und auch nach Deutschland. Daraus erklärt sich, dass es in Tschaikowskys Werken typisch russische Stellen gibt – aber ebenso andere, die von anderen Kulturen geprägt sind. Der Trick ist: Man darf beide Stilelemente nicht miteinander vermischen! – Sonst wird’s pathetisch. M&T: Das Thema des diesjährigen Lucerne Festivals lautet «Identität». Was gehört für Sie zur Identität? Daniel Barenboim: Entscheidend für die Identität ist die Möglichkeit, mehrere davon zu haben. Um es Ihnen zu erläutern: Ich mag das Wort Globalisierung nicht. Dieses Wort versucht auszudrücken, dass man überall alles haben kann. In New York gutes Sushi zu finden und in Tokyo fantastische Spaghetti, mag sicherlich eine schöne Sache sein. Ich bevorzuge Universalismus, also die Möglichkeit, kulturell mehr als eine Identität gleichzeitig zu haben. M&T: Muss man, um eine Kultur zu verstehen, andere Kulturen kennen? Daniel Barenboim: Ich glaube, dass man die Franzosen nie besser verstehen kann als durch die Werke von Victor
Daniel Barenboim: Ganz genau. Und das ist heute besonders wichtig. Denn es gab bekanntlich lange nicht so viele antieuropäische Stimmen in Europa. In Frankreich hat der Nationalismus in Gestalt von Frau Le Pen beinahe die Wahl gewonnen. Wir sollten uns stärker vergegenwärtigen, dass die Europäische Union von François Mitterand und Helmut Kohl als etwas Grösseres, Umfassenderes gegründet wurde als wir es heute denken. Sie wurde als kulturelle Einheit gedacht. Da wir diesen Schritt noch nicht wirklich vollzogen haben, versteht immer noch kaum jemand, was uns zum Beispiel mit Griechenland verbindet. Wenn wir eine starke EU wollen – so wie es, glaube ich, jeder intelligente Mensch will –, müssen wir etwas in die Bildung investieren. Um die kulturelle Einheit zu stärken. M&T: Identität ist für Sie offenbar ein politischer Begriff? Daniel Barenboim: Anders kann ich ihn mir nicht denken. Und schon komme ich dazu festzustellen, dass wir Musiker, die wir unterschiedslos alle Musik spielen wollen, sozusagen die wahren Pan-Europäer sind. Kein Musiker wird darauf bestehen, nur Brahms oder nur Beethoven zu spielen. Das europäische Gefühl ist bei uns selbstverständlich. Fast hätte ich gesagt: Nur bei uns. M&T: Wo bleibt denn da – für Sie als Musiker! – das Gefühl? Daniel Barenboim: Das Gefühl – klar! – bleibt trotzdem ein Schlüsselbegriff. Ich habe, wie Sie vielleicht wissen, noch bei der grossen Nadia Boulanger studiert,
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SAISON1718 OPÉRA DES NATIONS
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Martha Argerich und Daniel Barenboim bei ihrem letzten Auftritt mit dem West-Eastern Divan Orchestra bei Lucerne Festival.
als ich Kind war. Eine der wichtigsten Lehren, die sie mir beigebracht hat, war: Um ein richtiger Musiker zu sein, musst du die Struktur eines Werkes mit Gefühl ausdrücken. Und das Gefühl mit einem Blick fürs Rationale verbinden. Auf die Balance kommt’s an. Und darauf, das eine nie ganz allein dastehen zu lassen. M&T: Sie sind gewiss ein durchaus intellektueller Mensch. Trotzdem sind Sie kein intellektueller Musiker. Warum nicht? Daniel Barenboim: Danke vielmals!! Ich bin kein intellektueller Musiker, weil man das Intellektuelle beim Musikmachen nie merken darf. Es darf nicht durchdringen. Man kommt freilich trotzdem nicht ohne dieses Element aus. Es gab ein Paar genuine ‚BauchMusiker’. Sie funktionierten weniger vom Kopf her. Zum Beispiel Vladimir Horowitz. Auch er war vielleicht ein intellektueller Mensch, aber als Musiker war davon wenig zu bemerken, sofern man ihn mit einem Mann wie etwa Artur Schnabel vergleicht. Beides sehr kultivierte Menschen! Horowitz aber, glaube
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ich, war auch in dieser emotionalen Hinsicht eine grosse Ausnahme. M&T: Sie sind zwar ein durch und durch universalistischer Musiker, haben aber trotzdem kaum Schostakowitsch, wenig Mendelssohn, keinen Bernstein und nur die Mahlersinfonien mit den ungeraden Ordnungsziffern dirigiert. Sind Ihnen diese Komponisten von der Religion her zu nahe? Daniel Barenboim: Nein, das hat damit nichts zu tun. Nur: Ich kann nicht alles machen. Die Religion spielt für mich keine so zentrale, vordringliche Rolle. Zumindest nicht in der Musik. Ich gehe nicht jede Woche zur Synagoge, sondern nur selten. Ich glaube aber, dass es etwas in der Welt gibt, das mehr ist als wir, und auch mehr, als wir mit Händen greifen können. Was das ist, weiss ich freilich genauso wenig wie jeder andere Mensch. M&T: Sie werden im November 75 Jahre alt. Ist die Bedeutung solch runder – oder halbrunder – Geburtstage für Sie gewachsen? Daniel Barenboim: Ich gestehe, dass mein 70. Geburtstag heute von grösse-
rer Bedeutung für mich ist als noch vor fünf Jahren. Ich will lange leben. Jeder sagt das. Aber nur mit Lebensqualität! Ich habe zu oft Menschen gesehen, bei denen ich mich fragte: Wozu lebt man noch? ! Mein Vater war zeitlebens sehr gesund, ist mit 87 Jahren gestorben. Aber seine letzten sechs, sieben Jahre waren die Hölle für ihn. Man weiss nicht, wie man das Leben selber empfinden wird, wenn es so weit ist. Am Alter stelle ich fest, dass man sich ständig umstellen muss. Seit ich 60 geworden bin, habe ich Schwierigkeiten, mir die Strümpfe alleine anzuziehen. M&T: Eine Kleinigkeit! Daniel Barenboim: Aber doch ein Zeichen, dass die Beschränkungen fortschreiten. Ich kann nicht mehr spät abends viel rauchen oder viel trinken. Bei allem, was ich tue, muss ich bedenken, welche Wirkung es haben wird. Nur eines ist gleich geblieben: Die erste Zigarre nach dem Frühstück ist die Beste für mich. Einige Sachen gibt es, die bleiben sich immer noch gleich. ■
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thema Bild: Pittsburgh Symphony Orchestra / Michael Sahaida
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Manfred Honeck und das Pittsburgh Symphony Orchestra – eine erfolgreiche künstlerische Partnerschaft seit 2008.
Manfred Honeck über amerikanische Orchesterkultur und die besonderen Qualitäten des Pittsburgh Symphony Orchestra.
«Die Energie!» Seit 2008 leitet Manfred Honeck als Music Director die Geschicke des Pittsburgh Symphony Orchestra. Diese künstlerische Partnerschaft hat die schönsten Erfolge hervorgebracht, im Konzert wie auf mehreren preisgekrönten Einspielungen für Tonträger. Diesen Sommer macht das Orchester auch wieder in Luzern Station. Und vertritt beim Lucerne Festival die amerikanischen Spitzenorchester. Wir trafen den österreichischen Dirigenten zum Gespräch. Andrea Meuli M&T: Manfred Honeck, gibt es so etwas wie eine amerikanische Orchesteridentität? Manfred Honeck: Die mag es vielleicht früher in deutlicher Schärfe gegeben haben. Heute, denke ich, ist das nicht mehr so ganz der Fall. Wir müssen immer unterscheiden, was wir unter amerikanischer Orchesterkultur verstehen. Denn Pittsburgh spielt anders als New York, und New York spielt anders als Chicago, Los Angeles anders als Cleveland oder Philadelphia. M&T: Ist das tatsächlich so?
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Manfred Honeck: Diese Unterschiede gibt es nach wie vor. Und wenn man von der amerikanischen Orchesterkultur spricht, muss man diese Unterschiede in Betracht ziehen. Das ist in Europa ja nicht anders. Die Wiener Philharmoniker spielen doch völlig anders als das Mariinsky-Orchester, das Concertgebouw Orchestra unterscheidet sich von den Berliner Philharmonikern. Und so weiter. M&T: Gibt es denn so etwas wie eine amerikanische Identität im Bewusstsein der Musiker?
Manfred Honeck: Vieles hat damit zu tun, wie wir leben, wie wir aufgewachsen sind, wie wir sprechen. Das alles hat seinen Einfluss auf die Musik und spiegelt sich dann in der Art und Weise, wie die Komponisten ihre Musik schreiben. Wiener Musik wie sie beispielweise Johann Strauss oder Schubert geschrieben haben, ist ohne diesen ureigenen Ton aus der Sprache heraus undenkbar. Die Art wie die Amerikaner denken – auch die grossen Säle spielen eine Rolle – prägt und beinflusst zweifelsohne das, was wir einen amerikanischen Klang
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thema nennen. Es ist einfach so, dass man in grossen Sälen laut spielen muss, damit auch die Zuhörer in der letzten Reihe eines Konzertsaals mit viertausend Plätzen wie in Atlanta noch den vollen Klang erleben und alles hören. Unser Saal in Pittsburgh ist mit 2700 Plätzen auch nicht ganz klein… Das zwingt einen Geiger unweigerlich viel Ton zu geben. Die berühmte Geigenschule in New York, die Ivan Galamian aufgebaut hat, ist ein Beispiel dafür, wie alles auf einen ganz grossen Ton getrimmt wird. In Europa hat sich das mittlerweile wieder verändert. Da ist durch die historische Aufführungspraxis eine schlichte, einfache Tongebung vorrangig geworden. In Amerika hingegen ist bei den Streichern diese massive, fette Spielweise doch noch sehr verbreitet. M&T: Gilt Ähnliches nicht auch für das Blech? Manfred Honeck: Natürlich. Das Blech ist ebenfalls so getrimmt, dass sie auf den grossen Ton spielen. Aber man darf sich nicht täuschen, die Amerikaner können sehr wohl auch sehr leise spielen. Es ist nicht so, dass wir von der ersten Note an von einem laut schmetternden Blech zugedröhnt würden. Aber an den entsprechenden Stellen scheut man sich nicht, kernig zuzugreifen, mit einer direkten Anspielweise. Ein Grund liegt darin, dass die amerikanischen Musiker rhythmisch unglaublich geschult sind und schon absolut bestens vorbereitet in die erste Probe kommen müssen. M&T: Beginnt eine erste Probe anders als mit einem europäischen Orchester? Manfred Honeck: Das hat damit zu tun, dass man sich in Europa etwas mehr Zeit nimmt. Das Resultat jedoch ist letztlich dasselbe. Wenn wir zwei Tage mehr Probezeit haben, ist der Aufbau dieser Arbeit ein bisschen ausgedehnter. In Amerika ist der Druck höher, da bleiben einem oft nur ein, zwei Tage um ein Programm einzustudieren. Aber eben: Ich weiss als Dirigent gleichzeitig, dass die Musiker bestens vorbereitet sind. Immer wieder habe ich festgestellt, dass man gleich bei der ersten Probe mit Musik beginnen kann. Natürlich würde das nicht funktionieren, wenn die Musiker nicht zuvor ihre Stimmen nach Hause nehmen und die schwierigen Stellen mit dem Metronom durcharbeiten würden. Das rhythmische Gefühl der amerikanischen Musiker ist enorm. Und diese Präsenz bieten gerade die Blechbläser sofort an. Dabei macht es natürlich Eindruck, wenn rhythmisch prägnante Stellen – bei Richard Strauss oder in Werken der Romantik – so auf den Punkt gebracht werden.
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M&T: Was machen Sie, damit der Klang keine kalte Schärfe bekommt und trotz aller Direktheit rund bleibt? Manfred Honeck: Das ist eine grosse Herausforderung. Wenn ich mir überlege, wie ich einen Klang aufbauen möchte, kann es durchaus geschehen, dass ich mir wünsche, der Akkord möge – rhythmisch gesehen – nicht ganz zusammen sein. Denn manchmal ist es sehr gut, wenn man die Bässe ein klein wenig früher hört, wenn man einen Klang ein bisschen vorbereitet. Dadurch erreicht man eine gewisse Wärme. Achtet man einzig darauf, dass alles
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M&T: Kann es – gerade bei Bruckner – auch zu viel «Misterioso» geben? Manfred Honeck: Wenn «Misterioso» verlangt wird, sollte es unbedingt sein! Und wenn ein Orchester das kann, dann ist es mir lieber, es ist etwas übertrieben, als es fehlt (lacht). Natürlich hängen solche Fragen immer vom Repertoire ab. Jeder Komponist hat eine bestimmte Klangvorstellung und entwickelt daraus eine ganz persönliche Art zu instrumentieren. Die müssen wir auch heutzutage pflegen und empfinden. Es kann nicht sein, einen einheitlichen Klang zu suchen und Mozart wie Strawinsky oder Brahms zu spielen.
«Das rhythmische Gefühl der amerikanischen Musiker ist enorm» gestochen präzis ist, kann es tatsächlich geschehen, dass ein Akkord kalt klingt. Das ist eine Gefahr, und bedeutet für mich immer wieder eine grosse Herausforderung, einen runden Klang dadurch zu finden, dass der Ansatz im ganzen Orchester etwas vorbereitet wird. So wie ein Atemzug, der ja auch nicht auf einen Punkt ansetzt. Dadurch versuche ich, eine gewisse Wärme im Klang zu erreichen. M&T: Es bedeutet ja auch einen Unterschied, ob die instrumentale Akkuratesse einer RossiniOuvertüre oder die klangliche Schichtung in einem Bruckner-Satz gefordert ist, um zwei orchestrale Extreme zu erwähnen. Manfred Honeck: Ja, ich habe soeben in Pittsburgh mit Bruckners Achter mein letztes Konzert der vergangenen Saison dirigiert. Es ist schon toll, wenn man einen Brucknerklang so einstellen kann mit einem amerikanischen Orchester. Denn diese Musiker können wirklich alles. Wie sie einen weichen Klang entstehen lassen, wie dann die Tuba oder die Dritte Posaune diesen Klang zusammen mit den Wagner-Tuben von Grund auf eindunkeln, das ist schlicht grandios. Auf diesem Espressivo-Fundament klingen dann auch die Trompete sowie die Hörner ganz anders. Natürlich muss man immer wieder auch darauf hinweisen, dass Bruckner viel mit Gesang, mit dem Choral im Besonderen und vielleicht auch mit Kirchenakustik, mit dem Klang in einer Kathedrale, zu tun hat. Wenn das verstanden wird, kann Bruckner mit einem amerikanischen Orchester phänomenal klingen.
M&T: Welche Bedeutung hatten die europäischen Chefdirigenten am Pult amerikanischer Orchester im letzten Jahrhundert? Manfred Honeck: Ohne die enormen Einflüsse europäischer Musiker, die nach Amerika gekommen sind, kann ich mir die Entwicklung der amerikanischen Orchester kaum vorstellen. Denken wir nur daran, wie Eugene Ormandy das Orchester in Philadelphia geprägt hat, genauso wie George Szell in Cleveland oder William Steinberg in Pittsburgh… M&T: … dem einige Jahre auch der Ungare Fritz Reiner vorangegangen war. Manfred Honeck: Der hat so etwas wie Toscanini eingebracht, eine Besessenheit an Perfektion. Er galt ja ebenso als Tyrann wie Toscanini. Die Musiker – Schüler von Lehrern, die noch unter ihm gespielt haben – erzählen immer wieder, wie unerbittlich und grausam er sein konnte. Wenn ihm etwas nicht passte, konnte er Leute aus dem Stand heraus feuern. Wenn beispielsweise jemand aus irgendeinem Grund zu lachen begonnen hatte, nahm er das persönlich und schmiss ihn raus. Glücklicherweise gibt es das heute alles nicht mehr. Es ist auch gut, dass es einen gewissen Schutz für Orchestermusiker gibt. Man hatte Erfahrungen gemacht, die es geradezu aufdrängten, die Orchestermusiker zu schützen. Wir Dirigenten müssen auch verstehen, dass es Krisen geben kann im Leben eines Orchestermusikers. So wie es bei uns auch Krisen gibt. Wir dirigieren ja auch nicht immer perfekt. Andererseits kommt man natürlich schon in Situationen, in denen man einen Musiker bitten muss, sich vielleicht
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Wir sind umgezogen: Einladung zum Eröffnungsfest in die Tonhalle Maag. Sa 30.09.17 ab 10.45 Uhr.
Es erwarten Sie Konzerte, Podiumsgespräche, Begegnungen mit dem Orchester, Kinderprogramme, Blick hinter die Kulissen und vieles mehr. Wir freuen uns auf Sie! Tonhalle Maag, Zahnradstrasse 22, 8005 Zürich. Weitere Infos: tonhalle-orchester.ch
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Bild: Pittsburgh Symphony Orchestra / Felix Broede
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Manfred Honeck: «Alles, was Sie als Dirigent einfordern, wird sofort umgesetzt.» doch an ein hinteres Pult zurückzuziehen. Oder man muss ihm gar den Rückzug nahelegen, wenn es physisch nicht mehr geht. Wenn jemand nicht mehr jene körperliche Stütze hat, die es einfach braucht für diesen Job, oder wenn jemand hörbar Intonationsprobleme hat, dann muss man im Guten nach einer Lösung suchen. Natürlich gibt es Musiker, die das überhaupt nicht einsehen und sich hartnäckig zu widersetzen suchen, vielleicht auch aus der Angst heraus, den Lebensunterhalt zu verlieren. Aber man findet immer eine Lösung, wenn man wirklich danach sucht. M&T: Orchestrale Präzision und Virtuosität hat sich immerhin als Merkmal amerikanischer Orchesterkultur eingeprägt. Das gilt auch für das Pittsburgh Symphony Orchestra. Manfred Honeck: Musikalisch gesehen forderte Fritz Reiner eine unglaubliche Präzision ein, wie man das ja auf seinen Einspielungen noch heute eindrucksvoll hören kann. Das war nicht nur in Pittsburgh so, sondern ganz ähnlich in Chicago. Aber er hat schon erstaunliche Ergebnisse erreicht, seine Einspielungen sind sehr lebendig und direkt, greifen zu. Das war später bei William Steinberg nicht mehr ganz so, er konzentrierte sich mehr auf die Fülle des Klanges. M&T: Weshalb wurde Steinberg in Europa nie im gleichen Mass wahrgenommen wie Ormandy, Szell oder Reiner?
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Manfred Honeck: So wie ich das verstehe, hat er seine Karriere nicht in Europa, sondern in den Vereinigten Staaten aufgebaut, das mag möglicherweise ein Grund dafür sein, dass er einfach weniger präsent war. Aber er hat im Klang für dieses Orchester viel eingebracht. M&T: Wie würden Sie den individuellen Charakter Ihres Orchesters umreissen? Was macht das Pittsburgh Symphony unverwechselbar? Manfred Honeck: Die Energie! Die Stärke des Klanges, die Wucht kann einen manchmal umhauen. Es ist unglaublich, was einem da manchmal von vornherein angeboten wird. Alles, was Sie als Dirigent einfordern, wird sofort umgesetzt. Wenn Sie verlangen, dass eine bestimmte Stelle dramatisch wird und zugegriffen wird, dann packen die zu. Dann sind sie mit einer unwiderstehlichen Kraft dabei wie kein anderes Orchester. Andererseits ist auch die Klangbildung der Holzbläser sehr spezifisch Sie können mit einer Weichheit und mit dem Gefühl für unglaublich lange Phrasenbildungen spielen, gleichsam mit einem endlosen Atem vom Anfang bis zum Schluss. Auch das ist herrlich. Bereits bei den Vorspielen wird dabei darauf geachtet, dass zum Beispiel die Oboe eine gewisse Klangfülle bringt. Die braucht es unbedingt, nicht zuletzt um eine Balance zum Blech zu bekommen. Ähnlich ist es bei den Streichern, auch da braucht es nicht nur technisch fantastische Musiker, sondern auch wel-
che, die es gewohnt sind, in grossen Sälen zu spielen und eine kompakte Klangwolke zu erzeugen. Mein Ansinnen als Dirigent, der in der österreichischen Klangkultur aufgewachsen ist, ist es jedoch schon, gewisse Nuancen einzubauen. Dass wir, wenn es die Musik verlangt, auch eine gewisse Eleganz einbringen, mit einer Tongebung gerade in den Streichern, die nicht nur auf Intensität angelegt ist, sondern ebenso viel mit der Bogenführung und mit der Geschwindigkeit des Bogens zu tun hat. Deswegen versuche ich immer wieder, Wochen einzubauen, in denen ich ausschliesslich Wiener Klassik auf die Programme setze. Da geht es mir darum, diese Klangkultur zu entwickeln. Vor allem die Streicher sind dabei gefordert, einen etwas pureren, feineren und eleganteren Klang zu pflegen. Damit wir nicht vergessen, dass es diese Welt auch gibt. M&T: Wirkt sich das auf den Umgang mit den gross besetzten Schlüsselwerken späterer Epochen aus? Manfred Honeck: Unbedingt. Diese Erfahrungen beispielsweise in eine Brucknersinfonie einzubringen, ist unglaublich aufschlussreich. Sofort klingt alles beweglicher, man hört auf einmal ganz spezifische Klangschattierungen heraus. Die Musik wird viel sprechender. Das will ich hier einbringen. Vielleicht haben sie mich auch deswegen als Music Director gewählt. ■
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thema Philippe Jordan über musikalische Identität zwischen Paris und Wien
Pariser Transparenz, Wiener Süsse Den biografis hen Spuren von Hector Berlioz folgt Philippe Jordan, wenn er in Luzern die «Symphonie Fantastique» leitet. Solche Identitätsfragen stellen sich dem Schweizer Dirigenten aber auch, wenn er Beethoven dirigiert. Oder Wagners «Meistersinger», wie diesen Sommer in Bayreuth. Philippe Jordan ist Musikchef zweier Orchester, in Paris und Wien – auch diese haben je ihre eigene Identität. Bei allen Gemeinsamkeiten. Benjamin Herzog
Philippe Jordan: «Berlioz ‹Symphonie Fantastique› ist komplett autobiografis h.»
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thema M&T: Bereits Ihr Vater Armin Jordan war Dirigent. Sie üben den Beruf also in der zweiten Generation aus. Inwiefern ist Ihre beruflich Identität geformt durch Ihre Familie? Philippe Jordan: Natürlich hat das mit Identität zu tun. Die Beschäftigung mit Musik überträgt sich in so vielen Familien. Auch im Orchester der Pariser Oper gibt es viele solcher Familien. Bei uns war es nun nicht so, dass ich unbedingt von Anfang an Dirigent werden wollte, aber es ist passiert, und mein Vater hat mich darin gefördert. Das war mutig von ihm.
Bilder: Priska Ketterer
M&T: Weil ihm aus Ihnen auch Konkurrenz hätte erwachsen können? Philippe Jordan: Ja. M&T: In Luzern dirigieren Sie die «Symphonie Fantastique» von Hector Berlioz. Ein Stück, das Episoden eines wilden Künstlerlebens nachzeichnet. Intensive Liebe, Drogen, Verfolgungswahn. Inwiefern hat sich Berlioz da selbst porträtiert? Philippe Jordan: Selbstverständlich hat er das gemacht. Das Stück ist komplett autobiografisch. Danach haben sich alle nach dem Modell von Berlioz ausgerichtet. Franz Liszt mit seinen Tondichtungen. Oder Richard Wagner. Die Figur des Hans Sachs aus den «Meistersingern» ist niemand anderes als Wagner selbst, als seine Identifikation mit dem Ideal eines Künstlers. Berlioz hat mit seiner «Symphonie Fantastique» zwar schon Neues geschaffen, aber er ist ohne Beethoven nicht denkbar. Auch was die Programmatik betrifft. Schon bei Beethoven fi den Sie eine gewisse Programmatik in seinen Sinfonien. In der «Eroica» ist das die Figur des Prometheus, in der sich Beethoven als Künstler, als Schaffender durchaus auch selbst gesehen hat. M&T: Als musikalische Leitidee geistert eine so genannte «idée fixe» durch Berlioz’ Sinfonie. Hat Berlioz da mehr als nur einen kompositorischen Kniff angewandt? Anders gesagt: Glauben Sie, dass auch unser Leben von fixen Ideen geprägt ist? Philippe Jordan: In einer gewissen Art bestimmt. Jeder hat seine Ziele und Vorstellungen, die sich auf sein Berufsleben beziehen, auf das Privat- und Sozialleben. Ich glaube, da haben wir alle unseren Leitfaden. Besonders gilt das für Künstler, die Visionen haben und somit ihre ganz eigenen Ziele verfolgen müssen. M&T: Reden wir über Ihre beiden Orchester. Das Orchester der Pariser Oper, wo Sie seit acht Jahren Musikchef sind, und die Wiener Symphoniker, die Sie 2014 zu ihrem Chefdirigenten gemacht haben. Zwei ganz verschiedene Orchester.
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Philippe Jordan: Oh ja. Das fängt schon damit an, dass das Pariser Orchester ein Opernorchester und dasjenige in Wien ein Konzertorchester ist. Man sagt heute ja oft, alle Orchester würden ähnlich tönen. Standardisiert oder, wie man manchmal hört, «amerikanisch». Und dass das durch die Verbreitung der CD so sei. Das hatte sicher mal seine Richtigkeit, kommt aber aus der Zeit Herbert von Karajans. Der wollte mit der Tiefe Furtwänglers und der Präzision Toscaninis einen ganz bestimmten Klang haben. Und zwar mit allen Orchestern, die er dirigierte. Das hat eine gewisse Standardisierung bewirkt, sicher. Genauso war es aber auch mit Nikolaus von Harnoncourt. Das klang nach Harnoncourt, ob er nun in Zürich dirigierte oder seinen Wiener Concentus Musicus.
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auch nicht muskulös, sondern eher unprätentiös, aber mit viel Lust am Musizieren. M&T: Wie sehr müssen Sie sich selbst nach einer Woche Wien wieder auf Paris einstellen oder umgekehrt? Philippe Jordan: Überhaupt nicht, das ist ja das Schöne. Wenn ich in Wien eine tolle Erfahrung gemacht habe, bringe ich das nach Paris mit. Und umgekehrt. Mein Traum wäre es, einmal beide Orchester zusammen zu dirigieren. Oder, dass es wenigstens einen kulturellen Austausch gibt. Dass zum Beispiel ein Musiker aus Paris ein halbes Jahr in Wien spielt. Das wäre für beide Orchester eine tolle Erfahrung. Ich fürchte allerdings, dass diese Idee aus organisatorischen Gründen Utopie bleiben muss.
«Als Dirigent nehme ich Unterschiede als unglaublich spannend wahr» M&T: Also doch das französisch feine Orchester und die musikantischen Wiener? Philippe Jordan: Als Dirigent nehme ich die Unterschiede als unglaublich spannend wahr. In Paris bekommen Sie Transparenz, Leichtigkeit, Geschmeidigkeit, einen durchsichtig leuchtenden Klang. Es sind, wenn Sie so wollen, die Farben des Impressionismus. Genau das drückt die französische Musik ja auch aus. In Wien dagegen haben Sie einen süsslichen Klang, die Musiker spielen viel Portamenti, benutzen Vibrato und stets ein gewisses Rubato im Spiel. Da ist Paris viel klarer im Zusammenspiel. Auch haben Sie in Paris die viel exaktere Intonation. Das ist in Wien viel schwieriger zu erreichen. Ebenso die klangliche Gleichheit, oder etwa, dass die Musiker wirklich zusammen anfangen. Dafür haben Sie in Wien eine unglaubliche Musikalität. Das muss man auch zulassen können. M&T: Neben diesen interessanten Unterschieden – stellen Sie auch Gemeinsamkeiten der beiden Orchester fest? Philippe Jordan: Sicher. Es ist ja nicht Zufall, dass ich ausgerechnet mit diesen beiden Orchestern arbeite. Beide haben ein Interesse an einem transparenten, feinen Klang. Sie spielen beide
M&T: Diesen Sommer dirigieren Sie mit den «Meistersingern» erstmals die Eröffnungsproduktion in Bayreuth. Etwas salopp formuliert spielt in Bayreuth ja ein Projektorchester und kein festes Ensemble. Wie nehmen Sie das wahr? Philippe Jordan: Der Musikerstamm in Bayreuth ist fast jeden Sommer derselbe. Da habe ich in den Proben viele bekannte Gesichter gesehen. Leute, mit denen ich vor fünf Jahren bereits «Parsifal» gemacht habe. Kommt dazu: Wer seine ganzen Sommerferien in Bayreuth verbringt und jeden zweiten Abend im Festspielhaus Wagner spielt, der wird die Musik Wagners auch lieben. Das ist nicht überall so. Sie können in einem Opernorchester Musiker finden, die Wagner hassen und ihn trotzdem spielen müssen. Mit dieser Tradition und der Lust auf Wagner haben Sie in Bayreuth die Situation, dass Sie gewissermassen kaum mehr üben müssen mit den Leuten im Orchester. Dafür kann man dort direkt mit den Sängern zu arbeiten beginnen. Die «Meistersinger» wurden dort sechs Jahre lang nicht gespielt, aber es läuft von Anfang an. Die Orchestermusiker sprechen teils sogar den Text mit, sie lächeln sich bei bestimmten Stellen an, haben ihre Freude. Und trotzdem wollen sie auch arbeiten.
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Philippe Jordan: «In Paris bekommen Sie Transparenz, Leichtigkeit, Geschmeidigkeit, einen durchsichtig leuchtenden Klang.» Es ist nicht so, dass sie «ihren» Wagner kennen würden und nichts Neues annehmen können. M&T: Haben Sie das Orchester nach ihrem «Parsifal»-Dirigat 2012 also wiedererkannt? Philippe Jordan: Sicher. Aber Unterschiede sind dennoch da. «Parsifal» ist für Bayreuth, für das Festspielhaus dort, komponiert, genau wie der «Ring» oder «Tristan». Aber die Meistersinger, das ist eine Spieloper à la Lortzing. Das ist etwas ganz anderes. Den Kontrapunkt und die vielen Details da transparent hörbar zu machen, das ist sehr schwer. Die anderen Opern – da haben sie den tiefen, mystischen Klang, und dafür passt die Akustik des Festspielhauses perfekt. «Parsifal» in Bayreuth ist viel leichter zu dirigieren als «Die Meistersinger». M&T: Wird es ein «französischer» Wagner werden? Philippe Jordan: Wenn Sie so wollen: ja. Das Germanische in Wagner ist ja ein absolutes Klischee. Wagner ist nicht so. Wagner ist universal. Er war der erste grosse Europäer, zusammen mit Liszt und Berlioz. Wagner hat ja zwischen Riga und
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Neapel alles aufgesogen, wo auch immer er war. Besonders im Fall der «Meistersinger» sollte man Wagners Werk nicht als Ausdruck eines Nationalismus’ missverstehen. Wenn Hans Sachs über die Kunst sagt, sie müsse «deutsch und echt» sein, da geht es ihm nicht um Nationalismus, sondern um Identität und Authentizität. Das sind Werte, die man aufrechterhalten soll, die nicht verloren gehen dürfen. Das ist natürlich auch missbraucht worden, und eine solche Aussage im Fortissimo zu machen, das geht nicht. Dieser Satz ist für Sachs eine Herzensangelegenheit. Jeder darf sich heute natürlich den Sinn aussuchen, den er will. Aber man sollte die Oper nicht missverstehen. Die Ouvertüre etwa ist keine Behauptung, sondern vielmehr eine Einladung zu einer der besten deutschen Komödien, die je geschrieben worden sind. Sie sollten das deshalb auch nicht fortissimo spielen. In der Partitur steht auch bloss forte. Insofern ist das, was ich mit Wagner tue, kein «Entgermanisieren», sondern ich lese Wagner als Wagner. M&T: In einer Programmschrift lässt das Lucerne Festival zum diesjährigen Sommerfestival
verlauten, die Identität des Menschen definier sich durch Unterscheidung. Würden Sie diese These unterschreiben? Philippe Jordan: Ich sehe das nicht so Schwarzweiss. Das ist wieder wie bei Wagner. Wagner ist auch nicht so oder so. Er definiert sich nicht durch «Unterscheidung». Sondern er ist alles, ist eine Grauzone. Jede Persönlichkeit setzt sich doch aus vielen Elementen zusammen. Gutes Beispiel dafür ist die Schweiz. Wir sind eine Summe vieler Teile, das ist ja gerade unsere Qualität. Diese Mischung, die Übergänge. Gehen Sie in Grenzregionen innerhalb Europas, dort wo Belgien und Frankreich aneinanderstossen, zum Beispiel. Da mischt sich alles. Das wäre eine Chance für Europa, diese Mischungen, nicht das Beharren auf Unterschieden. Ob das geht, bezweifle ich allerdings. Aber gut wäre es. ■ 29.8.2017, KKL Luzern, 19:30 Uhr Orchestre de l‘Opéra national de Paris Philippe Jordan (Leitung) Bertrand Chamayou (Klavier) Werke von Debussy, Saint-Saëns, Berlioz
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Die russische Seele Bild: Mariinsky/V.Baranovsky
Gedanken über die Identität des Dirigenten Valery Gergiev
Stehen für russische musikalische Identität: Valery Gergiev und das Mariinsky-Orchestra. Er ist ein «Vollblut-Russe». Jedenfalls geriert er sich auf diese Weise, und zwar in jeder Hinsicht. Als Dirigent pflegt er zwar ein breites Repertoire, aber: Eine ganz besondere Spezialität markiert das russische Musikerbe. Dafür ist Valery Gergiev weltberühmt geworden, und deswegen konnte er auch 2015 sein Amt als Chefdirigent der Münchner Philharmoniker antreten. Es war nämlich die Aufführung aller Sinfonien von Dmitri Schostakowitsch, weshalb sich das Orchester und die Stadt München für ihn entschieden hatten. Diesen Saison übergreifenden Schostakowitschzyklus hatte Gergiev 2011 an der Isar: mit den Philharmonikern und dem Orchester des MariinskyTheaters in St. Petersburg, das er seit 1988 leitet. In dieser Konstellation dirigierte Gergiev im Herbst 2015 in München einen «Prokofjewmarathon»: alle fünf Klavierkonzerte mit fünf verschiedenen Solisten. Und bald tourt Gergiev mit dem Mariinsky-Orchester durch die Schweiz, um sämtliche Sinfonien von Peter Tschaikowsky aufzuführen. Und tatsächlich: «Natürlich verstehe ich mich immer als Botschafter russischer Musik», bekennt er im September 2015 in einem Interview mit dem deutschen Nachrichtenmagazin «Der Spiegel». «Ich bin schliesslich ein Russe», und in diesem Zusammenhang bemüht der Maestro den zweiköpfigen Adler. Dieser repräsentierte einst das Zarenreich, heute schmückt er das Wappen Russlands. Ein Kopf blickt gen Westen, der andere gen Osten. «Das beschreibt auch meine Situation», so Gergiev: weil er einerseits
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am Mariinsky-Theater und in München wirke sowie andererseits auch ohne westliche Musik nicht leben könne. Dennoch: «Russland ist meine musikalische Heimat», betont Gergiev. Ein Rückblick: In Ossetien im Kaukasus aufgewachsen, studiert Gergiev am legendären Konservatorium in Leningrad, dem heutigen St. Petersburg. «Aber man hat mich auch schon früh mit Bach, Mozart und Beethoven vertraut gemacht»; eben nicht nur die Russen, betont Gergiev. Und ausserdem sind da noch deutsche Dirigenten, die ihn sehr geprägt haben: allen voran Herbert von Karajan. Er hatte seinerzeit den damals 23-jährigen Gergiev seine Berliner Philharmoniker dirigieren lassen. «Karajans Einfluss war sehr gross», räumt Gergiev in Interviews stets ein. Schon in den frühen 1970er-Jahren habe er in der Sowjetunion dessen Schallplattenaufnahmen regelrecht verschlungen. Einen ganz besonderen Eindruck hinterliess bei ihm auch Wilhelm Furtwängler: Das bekannte Flattern der Hände, ein markantes Markenzeichen von Gergiev, soll er sich von Furtwängler abgeschaut haben. Und sein Klang? Klingt das Dirigat Gergievs «russisch», und was ist das überhaupt? Stellt man Gergiev die Frage, was für andere klangliche Farben er zusätzlich aus den Münchner Philharmonikern herausholen möchte, antwortet er recht vieldeutig und etwas kryptisch. «Die grösste Freude ist es, ein grosses Orchester zu haben, das nicht den immer gleichen Klang auf alle Werke überstülpt.» Und doch fällt auf, dass Gergiev die Rus-
sen insgesamt mit viel Energie und teils schroffen Kontrasten gestaltet: durchaus effektreich und mit viel Pathos. Während Mariss Jansons das russische Repertoire oftmals klassisch entschlackt, zumal Tschaikowsky oder Schostakowitsch, schärft Gergiev gerne die Dramatik. Gergiev sucht hier im Klang das Vertikale, geht dabei mitunter bis ins Brutale. Kaum ein anderer Dirigent schafft es, die allgemeine Vorstellung von einer «russischen Seele» musikalisch derart wirkungsvoll in Szene zu setzen. Dass sich Gergiev damit zugleich den Vorwurf gefallen lassen muss, manche Klischees zu bedienen, steht freilich auf einem anderen Blatt. Sonst aber schwebt ihm in München ein Klang vor, der zwar «gross, aber gleichzeitig rund und schön, nobel und aristokratisch» sei. Dennoch: «Als Dirigent stehe ich natürlich in der Tradition grosser russischer Musik», sagt er kurz und knapp. Und es sind zugleich zahllose kontrovers diskutierte, umstrittene Äusserungen aus den vergangenen Jahren, die ihn ebenso als russischen Patrioten erscheinen lassen. In Interviews hatte Gergiev den nationalistischen Kurs des russischen Präsidenten Vladimir Putin verteidigt. Mit anderen russischen Künstlern hatte er überdies einen Appell für die Ukrainepolitik Putins unterzeichnet. In München wurde das kontrovers diskutiert, zumal mit Kiew eine Städtepartnerschaft besteht. Schon 2008 hatte Gergiev im Georgienkonflikt für Putins Politik die Werbetrommel gerührt. Aus Gergiev schlau zu werden ist nicht ganz einfach. Der Patriotismus ist kulturhistorisch in Russland zweifellos ausgeprägt: ein wesentlicher Teil der russischen ■ Identität und Kollektivmentalität.
Marco Frei 1.9.2017, 19.30 Uhr, KKL Luzern Mariinsky-Orchestra Valery Gergiev (Leitung) Oksana Volkova (Mezzosopran) Werke von Mussorgsky, Mussorgsky/Ravel 2.9.2017, 18:30 Uhr, KKL Luzern Mariinsky-Orchestra Valery Gergiev (Leitung) Behzod Abduraimov, Daniil Trifonov, Sergej Redkin (Klavier Werke von Prokofjew (Klavierkonzerte Nr. 1 bis 5)
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composer Michel van der Aa und die Reibung zwischen Sein und Schein
«Ist das echt oder nicht?»
Nur wenige Komponisten der Gegenwart schaffen es, mit ihrem Schaffen derart konsequent ein anderes, jüngeres Publikum zu gerieren wie Michel van der Aa. Seine Werke überwinden Gattungs- und Stilgrenzen, integrieren moderne Techniken. Damit hat der 47-jährige Holländer grossen Erfolg. Im deutschen Sprachraum ist er allerdings noch immer ein «Kuriosum». Jetzt würdigt ihn das Lucerne Festival mit einer Werkschau: samt Schweizer Erstaufführung seiner jüngsten Oper «Blank Out». Marco Frei Sie wirkt verstört und verloren, irrt umher, blickt ins Leere. Zunächst singt sie nur Textfragmente, bis sich allmählich ein Kontext herausschält: ihre Geschichte – ein Trauma. Es bedeutet ein «Zurück in die Zukunft», in das Jahr 1976. Ihr Sohn ist sieben Jahre alt. Von dem Familienhaus aus, das an einem Deich liegt, beobachtet sie ihn beim Schwimmen. Plötzlich geht er unter. Sie verharrt in Schockstarre. Was bleibt, ist ein kleines Modell, das diese Frau jetzt auf der Bühne zusammenbaut: das Haus von damals. Selbst die Miniaturmöbel ordnet sie so an, wie sie einmal waren.
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Es sind erschütternde Bilder, die Michel van der Aa in seiner Kammeroper «Blank Out» für Sopran, eingespielten Bariton und Chor sowie 3D-Film kreiert. Im März 2016 wurde das Werk in Amsterdam uraufgeführt. Bei den Kunstfestspielen Herrenhausen in Hannover wurde kürzlich die Deutschland-Premiere realisiert, und jetzt folgt am Lucerne Festival die Schweizer Erstaufführung. Die Frau auf der Bühne: Sie ist als Sopranistin zugleich die einzige «echte» Live-Performerin. Es scheint, als ob diese Frau ihre eigene, zutiefst persönliche Wirklichkeit zusammensetze: die Erinne-
rung, ihre Identität. Eine kleine Kamera zeichnet ihren Modell-Hausbau live auf, projiziert ihn auf eine Leinwand. Währenddessen reflektiert sie die Beziehung zu ihrem Sohn, scheint den Verlust und die emotionale Ablösung aufzuarbeiten. Oder ist alles nur eine virtuelle Realität? Was ist Sein, und was ist Schein? Zusehends reiben sich Wirklichkeit und Miniaturwelt des Modells, bis ein Mann erscheint: der Bariton. Auch er singt und spielt, allerdings nicht live, sondern nur übertragen auf der Leinwand. Auch sein Trauma geht auf das Jahr 1976 zurück. Seine Mutter ist
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Bild: Marco Borggreve
composer
ertrunken, als sie ihn retten wollte. Er war damals sieben Jahre alt. Die Frau auf der Bühne: Sie ist seine Mutter. Für die Bühnenrealität ist das umso irritierender, denn: Die einzige «echte» Live-Ausübende in dem Werk existiert faktisch nicht. Sie ist letztlich eine Rekonstruktion der Erinnerung jenes Mannes, der seinerseits auf der Bühne nicht «in echt» auftritt, sondern nur vorab aufgezeichnet und projiziert. Damit ist das Puzzle vollständig, daraus ergibt sich das Sein und Wollen von «Blank out». Diese Oper changiert stets zwischen Wahrnehmung und Realität, wandelt unentwegt auf dem schmalen Grat zwischen Wirklichkeit und Fiktion. Die Grenzen sind fliessend Mit diesen Ebenen spielt nicht nur der Stoff, stets pendelnd zwischen traumhafter Abstraktion und konkretem Narrativ: Auch die technischen Mittel, zumal das Dreidimensionale, sind in diesem Sinn als direkte Metapher zu verstehen. Dabei setzt das Theater bereits vor dem eigentlichen Beginn des Werks ein:
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wenn die Besucher 3D-Brillen aufsetzen. Selbst wenn der 3D-Film gerade nicht läuft, werden diese 3D-Brillen getragen. Auch die Live-Sängerin wird also durch Spezialbrillen betrachtet und wahrgenommen, wodurch man die «echten» Szenen ebenfalls verschieden sieht. «Das ist psychologisch sehr interessant, weil es zugleich die Realität interpretiert», betont Michel van der Aa im Gespräch. «Man fragt sich selbst, was man gerade sieht: Ist das echt oder nicht?» Denn für van der Aa ist der Einsatz von Technik generell kein formaler Selbstzweck, sondern ein «Hilfsmittel für das Erzählen». Es gehe ihm um «neue Perspektiven der Wahrnehmung». Diese Haltung prägt sein ganzes Schaffen: jedenfalls seit der Kammeroper «One» von 2003. Dieses Werk hatte Aa seinerzeit mit Barbara Hannigan realisiert, vor drei Jahren «Artiste étoile» des Lucerne Festivals. Für van der Aa markierte dieses Werk einen Wendepunkt in seinem Schaffen. «Dieses Werk hat mir die Augen geöff-
Uraufgeführt im Frühjahr in Amsterdam, nun beim Lucerne Festival nachgespielt: die Kammeroper «Blank Out». Mit der Sopranistin Miah Persson (live) und dem Bariton Roderick Williams per zugeschalteter Projektion.
net, welche Möglichkeiten ich mit Film, Videos und Live-Performance habe: wie ich das kombinieren kann», so Aa auf Nachfrage. «Wie kann man mit einem vorab aufgenommenen Sänger auf dem Bildschirm als Live-Performer interagieren? Wie kann ich das thematisieren und lösen? » Auch in «One» steht eine Frau im Zentrum, ebenfalls die einzige «echte» Rolle. Mit der Live-Darbietung auf der Bühne einerseits sowie den Projektionen von fünf älteren Frauen auf einer Leinwand andererseits wird überdies auch in diesem Werk eine spannungsreiche Suche nach Identität ausgestaltet. Herkunft und Identität, Traum und Wirklichkeit,
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composer Bild: Priska Ketterer
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Michel van der der Aa: «Mit der Zeit wuchsen in mir Ideen, die nicht mehr einzig mit Musik umzusetzen waren.»
Realität und Fiktion, Sein und Schein – dies sind die grossen Themen und Fragen, die van der Aa in seinem Schaffen beschäftigen und für die er Formulierungen zu finden sucht So beispielsweise in «Up-close» für Solocello, Streichorchester und Film von 2010. In den Filmeinblendungen sieht man eine ältere Frau, die sich in einem Wald verirrt und auf ein verlassenes Haus trifft. Der Solopart wird faktisch zum Co-Protagonisten der älteren Frau im Film, scheint sie zu spiegeln, kommuniziert mit ihr. Tatsächlich ist «Up-close» im Grunde kein Cellokonzert, sondern eine Art 30-minütige instrumentale Filmoper. Denn Aa verfolgt (musik-)theatralische Ideen nicht nur in Bühnenwerken, sondern überträgt sie vielfach ebenso auf Instrumentalwerke. Damit höhlt er zugleich Gattungsgrenzen aus, um überdies mit der Integration von Technik und anderen Künsten stets «Gesamtkunstwerke» zu erschaffen. Manche Instrumentalwerke wirken inszeniert: raumakustisch oder performativ. Zudem wird der natürliche Instrumentalklang oftmals durch Elektronik erweitert oder verfremdet, zugespielt oder live: so in der «Here»-Trilogie von 2001/03 oder in «Hysteresis» mit SoloKlarinette und Ensemble von 2013. Dabei hält Aa strikt fest, dass er sich selbst
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zuvörderst als Komponist betrachtet. «Ich komme aus der Musik, und als ‹reiner Komponist› ging es bei mir auch los.» Er sei den «Donaueschinger Spuren» gefolgt, komme daher. «Aber mit der Zeit wuchsen in mir Ideen, die nicht mehr einzig mit Musik umzusetzen waren. Es gab Dinge, die ich erzählen wollte, aber dafür reichte nicht mehr nur der Klang. Ich stellte fest, dass es noch visuelle Ansätze gibt.» Zunächst integrierte er räumliche Konzepte und performative Elemente, bis er 2002 ein Zusatzstudium an der Filmakademie in New York antrat, ab 2007 ergänzt um Kurse in Bühnenregie. Aus dem Filmstudium ist die Kammeroper «One» entstanden. Seinen ersten 3D-Film realisierte Michel van der Aa hingegen in der Oper «Sunken Garden» von 2011/13. David Lynch, Andrei Tarkowski, Bill Viola oder die dänischen Dogma-Filmemacher: für van der Aa sind sie die zentralen visuellen Vorbilder. Musikalisch geistern in «Blank Out» hingegen Pop, Jazz, Alternativ-Rock von Radiohead, Johann Sebastian Bach und György Ligeti durch die Takte. Oder die frühe Elektroakustik von Karlheinz Stockhausen aus den 1950er- Jahren, die der holländische Künstler sehr schätzt. Und so singen und tanzen in «Blank out» die «echte» Frau auf der Bühne und
der «unechte» Mann auf der Leinwand gemeinsam, ringen um Identität und Realität. Zusehends ertrinkt die Frau auf der Bühne in ihren eigenen Worten, wohingegen der projizierte Mann verzweifelt den Kult der Erinnerung zelebriert. Er kann und will nicht loslassen. Am Ende entschwindet die Frau der Bühne, geht unter, löst sich auf. Der Mann im 3D-Film bleibt allein zurück, die Erinnerung betrauernd. Der Held, der sich selbst und die Welt aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet: ein uraltes Thema des Theaters. Genau dies ist für Aa indessen zugleich eine direkte Metapher für unsere Gegenwart. «Wir betrachten uns selbst über Facebook oder andere soziale Medien. Von uns sind also jeweils verschiedene Versionen im Umlauf, auf dem Bildschirm von Computer und Smartphone. Im Grunde ist dies genauso ein Filter der Realität wie in ‹Blank Out› die 3D-Brille.» ■ «Blank Out» Kammeroper für Sopran und 3D-Film Schweizer Erstaufführung Miah Persson (Sopran) Michel van der Aa (Regie) 13.8.2017, 16.00 Uhr KKL Luzern, Luzerner Saal
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Festival-Intendant Michael Haefliger über die die Wahrnehmung des Künstlers heute
Identität ist ein weiter Begriff. Was kann ein Festival zur Klärung dieses Begriffs beitragen? Michael Haefliger Grundsätzlich, dass der Begriff in die Kulturlandschaft getragen wird. Und dass die musikalische Relevanz dieses Themas diskutiert wird. Konkret? Sei es über Komponisten wie beispielsweise Bartok und Kodaly, deren starke Bezüge zur Volksmusik als Ursprung einer Identität betrachtet werden. Sei es über eine Musikerin wie Patricia Kopatchinskaja, die eigentlich ein Flüchtlingskind war und vielleicht auch einen neuen Künstlertyp verkörpert, indem sie extrem viel über den ganzen Musikbetrieb reflektiert. Generell gilt ja für den Künstler: Er will Grenzen durchbrechen, er sucht nach Räumen, in denen er frei denken kann. Das bringt uns zu einem wichtigen Aspekt: Der Künstler flüchtet – in einem idealistischen Sinn – vor den Normen der Gesellschaft. Und das Festival selber will auch nicht nur konforme Wege gehen. So arbeiten wir ja auch nicht nur mit den grossen Stars, sondern haben beispielsweise unsere Lucerne Festival Academy mit einem dichten Geflecht an Aktivitäten darum herum aufgebaut. Sprechen wir von der Rolle des Künstlers in der Gesellschaft. Seine Position sollte eine gewisse Dringlichkeit haben. Ist nicht gerade das in unseren Tagen gegenüber früheren Zeiten etwas verloren gegangen? Sicher gab es früher mehr Mysterium um den Künstler herum, die mediale Situation war auch eine ganz andere. Heute muss ein Künstler zugänglicher sein. Wenn Grenzen abgebaut werden sollen, muss er mit dem Publikum kommunizieren, zugänglicher sein. Besteht die Gefahr, dass Identität mit Individualität verwechselt wird, dass begrifflich bequem etwas zu einem Marketinginstrument wird Ich glaube, Gefahren bestehen in jedem Prozess. Früher war der Künstler vielleicht zu weit weg vom Publikum. Das führte wohl auch dazu, dass klassische Musik als abgehoben und elitär wahrgenommen wurde. Die Marketingstrategie war viel eher darum bemüht, den Künstler sozusagen als Halbgott darzustellen. Eine gewisse Distanz hat natürlich auch heute noch absolut ihre Berechtigung. Sicher müssen wir dafür sorgen, dass ein Künstler seine Privatsphäre bewahren kann. Dessen bin ich mir bewusst. Nur so kann er auch die Konzentration aufbringen, die notwendig ist, um jene extreme Leistung umzusetzen, die alle von ihm erwarten. Das Bedürfnis des Publikums scheint mir viel haptischer geworden zu sein. Und die heutigen Kommunikationsmittel haben viel verändert. Wie man sich diesem Prozess stellt, muss sich jeder Veranstalter sehr gut überlegen. Aber ich denke, die soziale Komponente sollte man nicht unterschätzen. Ein Festivalfeeling, das, was nach dem Anlass auf dem Podium oder auf der Bühne geschieht, kann durchaus verbindend und nachhaltig sein. Wie sehen das die Künstler? Es gibt sicher Künstler – nicht alle – denen es durchaus ein Bedürfnis sein kann, ihr Publikum anders kennenzulernen. Da liegt es am Veranstalter Brücken zu bauen.
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Bild: Lucerne Festival/Marco Borggreve
«Klar Position beziehen»
Michael Haefliger «Das Festival soll Verantwortung für die Gesellschaft tragen.» Wie wollen Sie sicherstellen, dass sich eine solche Begegnung in einer Bandbreite abspielt, die vom Künstler als positiv – und nicht bloss als halbwegs verträglich – wahrgenommen wird? Da muss man tatsächlich die richtigen Formate finden. Aber bei unserem Publikum sollte das nicht ein wirkliches Problem darstellen. Ein anderes wichtiges Thema ist natürlich die physische und mentale Erschöpftheit des Künstlers nach seinem Auftritt. Sie greifen diesen Sommer mit einem Konzert eines «Flüchtlingsorchesters» sowie mit einer besonderen Aufführung von Mozarts «Idomeneo» ein zeitaktuelles Thema auf. Schwimmen Sie damit auf einer Modewelle mit? Wir ziehen nicht nach, weil es Mode wäre und wir nachziehen müssten. Vielmehr glaube ich, dass wir interessante Projekte präsentieren. Im Rahmen des Themas «Identität» können solche Statements aufzeigen, wie man mit künstlerischen Projekten einiges erreichen und damit auch einige wenige Menschen unterstützen kann. Wie politisch sind diese Engagements? Es kommt darauf an, was man unter politisch versteht. Aber sicher soll das Festival Verantwortung für die Gesellschaft tragen. Für eine Überzeugung einzustehen ist für mich keine politische Handlung. Lucerne Festival ist eines der ganz grossen Festivals in Europa. Und da finde ich es wichtig, klar Position zu beziehen, ohne die einzelnen Projekte als populistische ■ Plattform zu benutzen. Andrea Meuli
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artists Verkörpert einen jungen Musikertyp – die französische Saxofonistin Valentine Michaud.
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Valentine Michaud ist die Gewinnerin des «Prix Credit Suisse Jeunes Solistes» 2017
Saxofon in Motion Sie entwirft und näht leidenschaftlich Kleider und Kostüme. Fast wäre daraus eine Hauptbeschäftigung geworden. Doch irgendwie fand Valentine Michaud zum Saxofon. So erfolgreich, dass sie diesen Sommer – Teil der Auszeichnung mit dem «Prix Credit Suisse Jeunes Solistes» – ihr Début beim Lucerne Festival gibt. Ein Porträt der jungen französischen Musikerin, die in der Schweiz studiert. Thomas Meyer (Text) & Priska Ketterer (Bilder) Sie steht nicht still. Wo man dieser jungen Musikerin auch begegnet, in Konzerten oder auf Youtube-Filmen, fällt auf, wie sehr sie in Bewegung ist, innerlich und äusserlich. Die 1993 in Paris geborene und in Nantes aufgewachsene Saxofonistin Valentine Michaud spielt mit Leidenschaft, aber sie setzt auch gern visuelle Elemente ein. Und sie verkörpert damit einen jungen Musikertyp. Es ist das erste Mal, dass der «Prix Credit Suisse Jeunes Solistes» ans Saxofon geht, ein Instrument, das in der klassischen Musik bis heute eine Randerscheinung geblieben ist – trotz seines wunderbaren Klangs. Mit acht Jahren hat sich Valentine Michaud in das Saxofon verliebt, als ihre Eltern sie zu einer Vortragsstunde in die Musikschule mitnahmen. Nicht nur der Klang gefiel ihr, sondern auch der goldene Glanz des Instruments: Das war’s! Und seither hat sie nie mehr an dieser ihrer Bestimmung gerüttelt, auch als sie zwei Jahre später noch Klavier zu spielen begann. Es sind die Wärme des Klangs und die Wendigkeit, die sie an diesem Instrument liebt: «Das Saxofon ist sehr reich. Man kann alles damit machen, man wird nie fertig damit, gerade auch was die Nuancen angeht. Es kann fein klingen wie eine Klarinette, aber auch einen machtvollen Klang ausstrahlen wie eine Trompete. Es steht zwischen den Holz- und den Blechblasinstrumenten und hat dazu die Wärme der Streicher.» Vor allem im klassischen Repertoire lässt sich das ausspielen, aber sie liebe auch die unmittelbareren Klänge des Jazz. Dabei gibt sie dem Sopran- und Altsaxofon den Vorzug vor den tieferen Registern. Das Repertoire für das Instrument ist zwar immer noch beschränkt, aber längst machen das die Saxofonisten durch Transkriptionen wett. Stücke für Klarinette, Geige, Bratsche und besonders Oboenstücke eignen sich beson-
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ders gut dafür, die Sonaten von Poulenc ebenso wie Musik von François Couperin. Und es gebe noch viel zu entdecken, im klassischen französischen Repertoire, aber auch im amerikanischen, das bei uns weniger bekannt sei. So ergibt sich eine Spannbreite vom Barock bis in die Moderne. Besonders gefällt es ihr, mit den Komponisten von heute zusammenzuarbeiten. Früher hat sie ausserdem viel Jazz gespielt – was völlig zur Seite gerückt ist, weil Valentine Michaud sich auf das klassische Saxofon konzentriert hat, doch sie gedenkt verstärkt darauf
heute wichtiger denn je, Kinder auf die musikalische Ausdruckskraft und die Kraft der Interpretation zu sensibilisieren, die emotionale Intelligenz bei Musikschülerinnen und -schülern zu fördern – in der Hoffnung, dass sich das neu Entdeckte auch im täglichen Leben entfaltet.» So schuf sie eine Sammlung von Übungen dazu, mit dem erklärten Ziel: «Der Musik, seinem Innern, den anderen, zuhören lernen.» Seit 2015 studiert sie nun in Zürich bei Lars Mlekusch weiter und schliesst diesen Herbst mit dem Solistenmaster
«Ich liebe die Performance!» zurückzukommen, ebenso wie zur improvisierten Musik oder zur Weltmusik. «Es ist alles offen.» Wer weiss, wohin sie ihre musikalische Weltreise führen wird? Zurzeit freilich ist sie in der Schweiz zu Hause. Vor sieben Jahren kam sie nach Lausanne, um zu studieren; es war für die Sechzehnjährige damals ein Abenteuer. Fünf Jahre blieb sie dort. Schon an der Haute École de Musique fiel Valentine Michaud nicht nur durch ihr musikalisches Können auf, sondern auch durch ihre eigenständige Denkweise. Wenn sie etwas macht, geht sie den Dingen auf den Grund. «Emotions in Motion» hiess etwa ihre pädagogische Masterarbeit, für die sie einen Preis erhielt. Darin ging es ihr um die Frage, welche Stellung der Ausdruck von Emotionen im Unterricht hat, beziehungsweise wie er gelehrt wird. «Es scheint
ab. Allein auf einer Solistenkarriere wird sie nicht aufbauen können, dafür sind die Auftrittsmöglichkeiten mit dem Saxofon doch zu selten. Kammermusik kommt hinzu, dazu Spezialprojekte, denn Valentine Michaud findet, dass das klassische Konzert auch ein wenig auf der Kippe sei. Gewiss werde es weiterhin die grossen Veranstalter geben, aber gerade jemand wie sie mit dem Saxofon müsse neue Formen erarbeiten: theatral, multidisziplinär, mit Film oder Tanz und so weiter. Man müsse den klassischen Konzertsaal öffnen, dabei nicht einfach nur Stücke präsentieren, sondern neue Zusammenhänge schaffen, und diese Musik auch für ein anderes Publikum – Kinder, nicht Eingeweihte – zugänglich machen. «Da muss sich etwas ändern.» Und sie steht damit für eine junge Generation, die sich in einer wandeln-
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Excellence Gourmetfestival ´17 ab Fr. 275.– 2-Tages-Flussreise mit Sternekoch und Gourmetmenü
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Seppi und Roger Kalberer
Dario Cadonau
August Minikus
Dario Ranza
1 Michelin-Stern, 17 Punkte Gault Millau Restaurant Schlüssel, Mels
1 Michelin-Stern, 17 Punkte Gault Millau Relais & Châteaux IN LAIN Hotel Cadonau, Brail
1 Michelin-Stern, 17 Punkte Gault Millau, Mammertsberg, Freidorf
17 Punkte Gault Millau, Villa Principe Leopoldo, Lugano
Route 2
30.10.–31.10.2017
Buchungscode:
epstr23_ku
Route 2
31.10.–01.11.2017
Buchungscode:
eqstr28_ku
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Jacky Donatz 15 Punkte Gault Millau, ehemals Restaurant Sonnenberg, Zürich Route 1 Route 2 Buchungscode:
10.11.–11.11.2017 11.11.–12.11.2017 epbas16_ku/epstr19_ku
Route 2
06.11.–07.11.2017
Buchungscode:
epstr20_ku
Route 1 Buchungscode:
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André Jaeger
Fabian Inderbitzin
Sven Wassmer
11 Michelin-Stern, 19 Punkte Gault Millau, Koch des Jahres 1988 & 1995 bei Gault Millau und 2010 im Bertelsmann Guide Ehemals Fischerzunft, Schaffhausen
1 Michelin Stern, 17 Punkte Gault Millau, Seerestaurant Belvédère, Hergiswil
2 Michelin-Sterne, 17 Punkte Gault Millau Restaurant 7132 Silver, Vals
Route 1
Route 2 Buchungscode:
Route 1 Buchungscode:
17.11.–18.11.2017
Route 1 Basel–Strassburg Tag 1 Basel. Busanreise nach Basel. Die Crew heisst Sie an Bord von Excellence willkommen. Um 15 Uhr nimmt ihr Flussschiff Kurs auf Strassburg. Bei Kaffee, Kuchen und einem Willkommensdrink geniessen Sie den Blick auf die vorbeiziehende Flusslandschaft. Im Anschluss folgt der Höhepunkt Ihrer Reise mit dem grossen Gala-Menü im Excellence-Restaurant. Sie erfahren Interessantes zur Philosophie der Küche, den Zutaten und der Idee hinter den einzelnen Gängen. Sie können sich für eine harmonisch abgestimmte Weinbegleitung entscheiden oder Weine aus der eigens für den Abend zusammengestellten Weinkarte wählen. Lassen Sie den Abend an der Bar oder bei entspannter Pianomusik in der Lounge ausklingen.
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19.11.–20.11.2017 eqstr23_ku
Tag 2 Strassburg. Morgens erreichen Sie die elsässische Stadt Strassburg. An Bord geniessen Sie das Frühstücksbuffet à la Excellence. Anschliessend haben Sie in Strassburg Zeit, durch die romantischen Gassen zu schlendern und erleben eine romantische Bootsfahrt auf dem Flüsschen Ill. Oder Sie wählen unsere Exkursion Rundgang «Lukullisches Strassburg». Ihr kulinarisch bewanderter Reiseführer geleitet Sie zu kulinarisch bedeutende Orte Strassburgs. Sie erfahren Interessantes zur Tradition des guten Essens in den historischen Mauern der Ancienne Douane (Arrangement-Zuschlag Fr. 35.–). Am Nachmittag erfolgt die Rückseite mit dem Komfort-Reisebus in die Schweiz. Route 2 Strassburg–Basel Reise in umgekehrter Richtung.
Gratis-Buchungstelefon
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Buchungscode:
07.11.–08.11.2017
20.11.–21.11.2017 eqbas23_ku
Preise pro Person Kabinentyp
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den Umgebung orientieren muss, die aber auch neue Herausforderungen entdeckt. Das gab auch mit den Ausschlag dafür, an der Zürcher Hochschule der Künste weiter zu studieren, denn die Arbeit mit szenischen und visuellen Mitteln, die hier besonders gepflegt wird, interessiert Valentine Michaud sehr. «Hier kann man alles machen.» So hat sie auch einige klassische Repertoirestücke mit szenischen Elementen aufgeführt, Stockhausens «In Freundschaft» etwa, bei dem die Gesten mitkomponiert sind. Das kommt ihr entgegen: «Ich liebe die Performance!» Und sie bleibt in ihrem Repertoire nicht stehen. Vergangenes Jahr hat sie das Projekt «Glitch» entwickelt, gemeinsam mit zwei Tänzern, einem weiteren Saxofonisten, einem Live-Elektroniker und einem Maler, ihrem Bruder Emmanuel, der in Strassburg Kunst studiert hat. Dieses «Ballett aus Pinseln, Körpern und Instrumenten», sanft und wild, schön und rhythmisch hart, erzählt eine Geschichte zwischen Mythos und Science-Fiction: «eine Traumreflexion über den Menschen in einem Universum, das er nicht versteht, von der Einheit zur Zweiheit, von der Geburt bis zum Tod, im Raum und in der Zeit». Der Maler malte auf den Bogen, wo dann die Tänzer tanzten und die Saxofone sich bewegten. Die Musiker, die Tänzer und der Maler hatten ihre Partien zuvor separat erarbeitet, dann wurde alles auf der Bühne zusammengesetzt, während zehn Probentagen im Theater der Künste. «So haben wir wirklich zusammen ein Spektakel gestaltet. Das war hyper bereichernd, denn man spielt ganz anders, wenn da noch Tänzer sind. Dadurch öffnet sich ein neuer Bereich.» Die Musik basierte auf Stücken von Poulenc, Stockhausen und Marc Mellits, war aber zur Hälfte improvisiert und mittels Elektronik verfremdet. «Wir wollen es weiterentwickeln und wieder aufführen. Und hoffentlich entsteht daraus ein neues Projekt, denn es hat musikalisch und menschlich sehr gut mit dieser Equipe funktioniert.» Vielerlei spielt also in Valentine Michauds Arbeit zusammen. Sie überlässt da nichts dem Zufall, ihre Auftritte sind bis ins Letzte ausgefeilt, bis in die Kostüme, denn das Entwerfen und Nähen von Kleidern ist fast schon mehr als eine Nebenbeschäftigung. Ja, fast hätte sie dieses Metier erlernt, statt sich dem Saxofon zu widmen. Auf ihrer Homepage präsentiert Valentine Michaud denn auch die neusten Kreationen. Sie hat auch schon für eine kleine Opernproduktion die Kostüme geschaffen. Da kommt ihre Begeisterung für das Theater wieder zum Zug.
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Valentine Michauds Weg steht also offen: Im Moment möchte sie in der Schweiz bleiben, das ist auch praktisch, denn die Schweiz liegt geografisch in der Mitte Europas und ist international offen. Sie spielt in einem Quartett, dem Toni Sax Quartet, mit Studienkollegen auf, und tritt auch schon solistisch auf. Zusammen mit der litauischen Pianistin Akvile˙ Šileikaite˙ bildet sie das Akmi Duo, das vergangenes Jahr den ersten Preis bei der Orpheus Swiss Chamber Music Competition gewann. Nun debütieren sie gemeinsam beim Lucerne Festival, eine einmalige Chance, sich vorzustellen: mit Sonaten des 20. Jahrhunderts
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von Paul Hindemith, Erwin Schulhoff, William Albright und Edison Denissow. Mit diesem farbigen Spektrum kann Valentine Michaud zeigen, was sich auf dem Saxofon alles machen lässt. ■ Debut 1 Preisträgerkonzert «Prix Credit Suisse Jeunes Solistes» 2017 17.8.2017, 12.15 Uhr, Lukaskirche Valentine Michaud (Saxofon) Akvile˙ Šileikaite˙ (klavier) Werke von Hindemit, Denissow, schulhoff, Albright
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Jay Campbell: «Ich wurde nie zum Üben gezwungen, sondern in meinen Interessen unterstützt.»
Jay Campbell – von der Lucerne Festival Academy zum Artiste étoile
Verletzlichkeit als Qualität Neben Patricia Kopatchinskaja präsentiert das Lucerne Festival heuer den Cellisten Jay Campbell als Artiste étoile. Der im kalifornischen Berkeley geborene US-Amerikaner, Jahrgang 1989, ist der jüngste Residenzkünstler in der Geschichte des Festivals und zugleich der erste, der an der Lucerne Festival Academy teilgenommen hat. M&T traf Campbell in Hamburg zum Interview. Marcus Stäbler (Text) & Priska Ketterer (Bilder)
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artists M&T: Das Titelbild auf Ihrer Website zeigt Sie in der Hocke, mit der Stirn gegen das Cello gelehnt. Es wirkt wie eine Art Meditation oder sogar eine Pose der Anbetung – trifft das Ihr Verhältnis zum Instrument? Jay Campbell: Meine Freundin witzelt manchmal, das sehe aus wie ein Schwangerschaftsbild. Ich spüre schon eine symbiotische Beziehung zum Cello. Sie ist manchmal auch schwierig und nicht immer auf Augenhöhe, aber insgesamt äusserst fruchtbar. Im normalen Leben bin ich ein ziemliches Desaster (lacht), und das Cello hilft mir, mich zu fokussieren und klarer zu denken. Es fördert einen bewussteren Umgang damit, was ich tue. M&T: Das heisst, Sie lernen etwas vom Umgang mit Ihrem Instrument? Jay Campbell: Ja. Ich lerne vor allem eine Menge über mich selbst, wenn ich Cello spiele. Über Musik lerne ich dagegen interessanterweise mehr, wenn ich nicht am Cello sitze. M&T: Sie haben erst mit acht Jahren angefangen, Cello zu spielen, also relativ spät, im Vergleich mit anderen Berufsmusikern. Wie sind Sie zum Instrument gekommen? Jay Campbell: Ich weiss, es gibt so viele romantische Geschichten darüber, wie man die Liebe zu seinem Instrument entdeckt hat, wenn jemand ein bestimmtes Stück gehört oder Yo-Yo Ma im Konzert erlebt hat. So einen besonderen Moment gab es bei mir nicht. Das war damals vor allem ein Ausdruck geschwisterlicher Rivalität. Meine beiden Brüder hatten Geige und Cello gespielt, aber nur sehr kurz – und ich wollte mich auf dem Instrument beweisen, das am grössten war und das mein ältester Bruder spielte, einfach um zu zeigen: Hey, ich kann das auch. Ich hatte nie die Absicht, das professionell zu betreiben, es war einfach ein weiteres Hobby, neben Windsurfing und Fussball. Aber dann nahm es nach und nach eine wichtigere Rolle in meinem Leben ein, ich stellte fest, dass es mir Möglichkeiten eröffnete, die ich im Sport nicht hatte. M&T: Das heisst, es gab keinen Erwartungsdruck von Ihren Eltern, wie man es aus manchen Wunderkindbiografien kennt? Jay Campbell: Nein, überhaupt nicht, ich hatte keine Helikopter-Eltern, und sie haben auch keinen musikalischen Knochen im Leib. Ich wurde nie zum Üben gezwungen, sondern in meinen Interessen unterstützt. Dadurch konnte ich eine gesunde Distanz entwickeln, die mich wahrscheinlich davor bewahrt, auszubrennen. Das sehe ich als Vorteil gegenüber manchen Kollegen, die schon mit drei Jahren angefangen haben.
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M&T: Wann wurde Ihnen klar, dass Sie einen Berufsweg als professioneller Musiker einschlagen? Jay Campbell: Diese Entscheidung hat sich erst während der Aufnahmeprüfungen für die Juilliard School ergeben. Ich habe mich damals, nach der Schule, auch für Medizin und Naturwissenschaften interessiert und beschlossen, dass ich den Erfolg oder Misserfolg bei den Auditions als Zeichen dafür nehme, in welche Richtung es gehen soll. Dass ich mich wirklich ernsthaft mit Musik auseinandergesetzt habe, fing eigentlich erst so mit 17 an, im letzten Jahr der Highschool, als ich entdeckte, dass es auch jenseits des Dvorˇák- und des Elgar-Kon-
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Jay Campbell: Zum jetzigen Zeitpunkt meines musikalischen Lebens würde ich vor allem zwei Aspekte hervorheben. Das eine ist – gerade im Hinblick auf die Werke der Vergangenheit – die Idee der Verletzlichkeit. Ich finde es wichtig, auf der Bühne eine Offenheit dafür zu bewahren, was im Moment passiert, um darauf reagieren zu können. Sei es zwischen den Musikern oder zwischen Interpreten und Publikum. Das andere ist – und das hat sich vor allem aus der Zusammenarbeit mit lebenden Komponisten ergeben – eine Verpflichtung, genau zu überlegen, wie man sich in den Dienst des Werks stellt. Jeder Komponist will doch mit jedem
«Ich lerne vor allem eine Menge über mich selbst, wenn ich Cello spiele» zerts noch eine Menge zu entdecken gibt. Als ich die Aufnahmeprüfung bestanden hatte, beschloss ich dann, mich ganz auf das Cello zu konzentrieren. Das war schon ein entscheidender Moment. M&T: Was waren die wichtigsten Dinge, die Sie an der Juilliard School gelernt haben? Jay Campbell: Mit Fred Sherry hatte ich einen grossartigen Lehrer, der meinen Eltern insofern ähnelte, als er nie versucht hat, mir den Weg vorzuschreiben, sondern mich immer darin unterstützt hat, meine eigene Stimme zu finden. Aber ich glaube, das, was mich entscheidend vorangebracht hat, war vielleicht gar nicht in erster Linie die Schule selbst. Durch den Kontakt mit Freunden habe ich sehr viel über das reale Leben eines Musikers gelernt. Viele Studenten, die eine klassische Solistenkarriere anstreben, haben ja diese Vorstellung, dass man sich sechs Monate einschliessen kann, um einen Wettbewerb vorzubereiten. Aber wenn man in New York lebt und seine Miete zahlen muss, ist das einfach nicht realistisch (lacht). Als ich das kapiert habe, war ich zuerst ziemlich enttäuscht, bis ich verstanden habe, dass ich durch die Praxis im Konzert sehr viel mehr lernen kann als alleine in der Übezelle. M&T: Sie haben schon die Suche nach der eigenen Stimme angesprochen – wie würden Sie die beschreiben?
Stück und jedem Ton etwas Einzigartiges sagen – und es ist die Aufgabe des Interpreten, der Aussage auf die Spur zu kommen. M&T: Es gibt ja dieses Vorurteil gegenüber amerikanischen Musikern, dass sie mit einem möglichst grossen Ton spielen... Jay Campbell: Ja, ein Ton so gross wie ihre Trucks (lacht). Das ist mir eher fremd. Ich finde es problematisch, alles einem bestimmten Schönheitsideal unterzuordnen, weil dann die Fähigkeiten des Interpreten im Vordergrund stehen und nicht die Musik selbst. Ich verstehe schon die Motivation der Lehrer, die ihren Schülern beibringen, die ganze Zeit mit Vibrato zu spielen – weil sie verhindern wollen, dass man das Vibrato bloss zufällig benutzt. Aber es gibt eben Stücke und Passagen, in denen es gar nicht passt oder vom Komponisten sogar ausdrücklich nicht gewünscht ist. Wenn man als Schauspieler ein Stück von Shakespeare aufführen und die ganze Zeit nur brüllen würde, wäre das ja auch nicht im Sinne des Theaters. M&T: Sind Ihre Vorstellungen einer stilgemässen Interpretation von der historischen Aufführungspraxis beeinflusst Jay Campbell: Sicher. Die Idee, dass etwa der Gebrauch des Vibratos oder eines bestimmten Bogendrucks auf jede Note zugeschnitten sein sollte, und dass sich daraus eine musikalische Klangre-
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Jay Campbell: «Boulez brannte dafür, seine Erfahrungen an die nachfolgenden Generationen weiter zu geben.»
de entwickelt, habe ich in Aufnahmen von Musikern wie Gustav Leonhardt oder Sigiswald Kuijken für mich entdeckt. M&T: Als Student haben Sie an der Lucerne Festival Academy teilgenommen und dort in den Jahren 2010 und 2011 unter Leitung von Pierre Boulez den Solopart in dessen Werken «Messagesquisse» und «Pli selon Pli» übernommen. Welche Bedeutung hat diese Zeit für Ihre Entwicklung gehabt? Jay Campbell: Die Begegnung mit einer Persönlichkeit wie Pierre Boulez war ein grosses Privileg für mich. Mit welcher Hingabe und Leidenschaft er über Neue Musik und junge Komponisten sprechen konnte, hat mich sehr beeindruckt, ebenso wie seine grossherzige Haltung gegenüber den Musikern der Academy. Boulez brannte dafür, seine Erfahrungen an die nachfolgenden Generationen weiter zu geben. Das war für mich als damals gerade mal 21-Jähriger natürlich eine unglaubliche Erfahrung. Ich durfte unter seiner Leitung Soli in wichtigen Stücken übernehmen und die Cellogruppe des Orchesters führen. Er war übrigens auch nicht so analytisch, wie man glaubt; in seinem Dirigat habe ich immer auch eine organische Schönheit erlebt. Und abgesehen von der künstlerischen Seite, hat es auch grossen
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Spass gemacht. Ich habe sehr nette Kollegen kennengelernt und Freundschaften geschlossen. M&T: Wie haben Sie den Geist der Academy erlebt? Jay Campbell: Als sehr offen und risikobereit, auch ausserhalb des Festivals. Die künstlerische Leitung hat mich etwa bei einem grossen Projekt im vergangenen Sommer unterstützt, bei dem das New York Philharmonic Orchestra und das Metropolitan Museum eingebunden waren. Dabei konnte ich ein riesiges Vertrauen spüren, denn ich bekam die Unterstützung, ohne dass jemand wissen konnte, wie es um mein organisatorisches Talent bestellt ist. Das zeugt von einem grossen Mut. Deshalb habe ich mich natürlich sehr geehrt gefühlt, als die Anfrage kam, ob ich als «Artiste étoile» zum Festival kommen möchte. M&T: Mögen Sie einen kurzen Ausblick auf ihre Konzerte beim Lucerne Festival geben? Jay Campbell: Bei der Planung meiner Projekte habe ich auch wieder diese Offenheit gespürt, die das Festival ausmacht – deshalb kann ich einige ganz unterschiedliche Facetten von dem zeigen, was mich musikalisch interessiert. Ich werde zum Beispiel Michael van der Aas multimediales Konzert «Up-close» für Cello,
Streicher und Film spielen und Luca Francesconis «Ciaccona» uraufführen. Mit meinem Streichquartett, dem Jack Quartet, werden wir Werke von Xenakis und Feldman präsentieren. Sehr wichtig ist mir ein Open-Air-Konzert mit John Luther Adams‘ «Sila», weil wir die Musik so ganz direkt auch zu den Menschen bringen können, die vielleicht noch nie im KKL gewesen sind. Und ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit mit Patricia Kopatchinskaja, eine unglaublich inspirierende und leidenschaftliche Musikerin! M&T: Ihre Auftritte beim Festival bilden ein breit gefächertes Repertoire ab, sowohl von den Musikstilen als auch von der Besetzung her – diese Vielfalt scheint Ihnen wichtig zu sein... Jay Campbell: Ja, sehr. Wenn ich eine Sache zu lange mache, spüre ich, wie ich die anderen vermisse. Selbst zwischen der Kammermusik im Streichquartett und im Klaviertrio gibt es einen gewaltigen Unterschied, die Instrumente sprechen auf eine ganz andere Art miteinander – und wenn ich alleine oder mit einem Orchester musiziere, ist es natürlich wieder eine andere Welt. Das eröffnet ganz unterschiedliche Möglichkeiten, die Tinte auf dem Notenpapier zu lesen. Ich spüre eine starke Verbindung zwischen den verschiedenen Gattungen und habe den Drang, mich mit allen zu beschäftigen. ■
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«Follow your body!» Young Performance bringt Musikerinnen und Musiker auf die Bühne, die nicht nur musizieren, sondern auch tanzen und performen. Das spartenübergreifende Format am Lucerne Festival lässt Musik mit allen Sinnen erfahren und spricht vor allem auch ein junges Publikum an. Pirmin Bossart «Any movement is right, just follow your body!», ruft der Tänzer und Choreograf Maged Mohamed den sechs Musikerinnen und Musikern auf der Probebühne zu. Da drehen und biegen sich Körper, schlingen sich ineinander, erstarren zu einer Pose oder bewegen sich wie Roboter. Jeder und jede versucht, eine eigene Körpersprache zu entwickeln. Mohamed muntert sie auf: «The more you do, the more you will discover!» Der aus Ägypten stammende Choreograf scheint jede Regung der tanzenden Künstlerinnen und Künstler wahrzunehmen. Er motiviert mit positiven Kommentaren, lacht, interveniert und führt vor, wie eine mögliche Bewegungsfolge ausgeführt werden könnte. Schnell wird ersichtlich: Hier gibt es keine Konzeptvorlage, die stur befolgt wird. Stattdessen läuft ein Prozess ab, der gemeinsam erforscht und verfeinert wird, bis sich die essenziellen Linien und Geschichten herausgeschält haben. «NOMOZART» heisst die neue Produktion von Young Performance am Lucerne Festival. Der Titel deutet an, dass sich in diesem Projekt die klassisch ausgebildeten Musiker und Musikerinnen nicht mit der überlieferten Lehre befassen. Für den Choreografen war es
Maged Mohamed: «Es gibt verschiedene Geschmäcker und musikalische Vorlieben. Diese sind wichtige Bestandteile von Identität.» fizieren können. Und er denkt auch ans Publikum, das man ansprechen will. Es sind in erster Linie Kinder und Jugendliche, die mit dieser neuen Vermittlung Musik und überhaupt die Welt der Kunst für sich entdecken sollen. «Wir wollen
«Kunst macht bessere Menschen» von Anfang an klar, dass die verwendete Musik sehr breitgefächert sein sollte. Mit gutem Grund: Young Performance orientiert sich ebenfalls am diesjährigen Festivalthema «Identität». Maged Mohamed: «Es gibt verschiedene Geschmäcker und musikalische Vorlieben. Diese sind wichtige Bestandteile von Identität.» Maged Mohamed ist überzeugt, dass Musik umso stärker wirkt, je mehr sich die Musikerinnen und Musiker damit identi-
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sie nicht mit überlieferten Traditionen langweilen, die immer gleich ablaufen. Sie sollen eine breite Palette von musikalischen Ausdrucksformen erleben können, damit sie andocken können.» Das ist auch ganz im Sinne von Johannes Fuchs. Er ist verantwortlich für die Kinder- und Jugendprogramme bei Lucerne Festival und hat vor vier Jahren die Young Performance initiiert. «In dieser Art müsste man eigentlich viel mehr ar-
beiten. Einfach nur immer die Kunst der Vergangenheit zu exerzieren, das limitiert uns.» Gerade Kinder und Jugendliche wollten etwas Lebendiges erfahren. Sie identifizierten sich mit Menschen, die etwas ausdrückten, die spürbar würden. «Das gibt ihnen die Möglichkeit, ein ganz anderes Verhältnis zur Musik aufzubauen.» Zu Beginn des Stücks kommen die sechs Protagonisten nacheinander in individuellen Bewegungsabläufen auf die Bühne. Dazu setzen sie ihre Stimme ein. Irgendwann sind sie miteinander in einer Reihe verbunden. Später nehmen sie ihr Instrument dazu und spielen in verschiedenen Konstellationen. Jedem Instrument ist ein musikalischer Stil zugeordnet. Töne geraten im Bewegung, Instrumente beginnen zu tanzen und die Musiker und Musikerinnen mit ihnen. Neben Stücken von Bartok, Chopin oder Edward Elgar hören wir auch Balkanmusik oder einen Swing-Standard. Eine Komposition hat der der Violinist Jeffrey Young geschrieben, der selber einer der Musiker/Tänzer ist.
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Was hat die jungen Musiker und Musikerinnen bewogen, bei Young Performance mitzumachen? «Die Ausgangslage ist für alle gleich: Wir beginnen bei Null, es gibt kein vorgefertigtes Konzept. Zusammen mit Maged Mohamed erarbeiten wir die Musik, die Bewegungen und die ganze Choreografie. Das hat mich interessiert», sagt der Kanadier Felix Del Tredici (Posaune). Der Amerikaner JeffreyYoung nickt: «Wir haben den gemeinsamen Background, dass wir alle schon im Festival Academy Orchestra mitgemacht haben. Hier beschäftigen wir uns auch mit andern künstlerischen Sparten und erarbeiten zusammen etwas ganz Neues.» Young bringt noch einen andern Punkt ins Spiel: «Dass in Zeiten neu erwachter Nationalismen und Abgrenzungen Menschen aus verschiedenen Ländern und mit verschiedenen Hintergründen zusammenkommen und sich gemeinsam für eine Sache zusammenraufen können: Das finde ich grossartig. Laura Dykes lebt in Texas/USA und ist Kontrabassistin. Sie findet es aussergewöhnlich, sich im Rahmen von Young Performance für einmal richtig intensiv mit etwas auseinandersetzen zu können. «Wir sind alle freischaffend und rennen im Alltag von einem Projekt zum andern. Hier können wir dranbleiben, miteinander diskutieren und gemeinsam Wege suchen, etwas von Grund auf zu erschaffen. Das sind Gelegenheiten, wie es sie heutzutage selten genug gibt.» Alicja Marta Pilarczyk (Violine) aus Polen freut sich an den Interaktionen, die auf der Bühne zwischen den Protagonisten stattfinden und mit ihren Performance-Komponenten auch sinnlich und körperlich ins Publikum ausstrahlen. «So können die Kinder und Jugendlichen, aber auch die Erwachsenen, einen neuen Zugang zur Musik erfahren.» Die in New York lebende Französin Mélanie Genin (Harfe) schätzt den offenen Geist, den sie bei der Erarbeitung dieser Produktion spürt. «Es ist sehr befreiend und herausfordernd. Wir müssen uns immer auch überlegen, auf welche Art und Weise wir das Publikum ansprechen können.» Gleichzeitig gelte es, eine spannende, künstlerische Botschaft erlebbar zu machen. Künstler und Künstlerinnen würden sich dauernd mit Identitätsfragen auseinandersetzen. Das Thema sei essenziell, aber auch umfassend. «Wir können dem jungen Publikum zeigen, dass man vor der Identitätsfindung keine
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Angst zu haben braucht, dass man ausprobieren und auf viele Arten eine Person, ein Mensch sein kann.» Nach der ersten längeren Probephase zeigt sich Maged Mohamed sehr zufrieden mit den sechs Protagonisten, die – wie immer – in einem Castingverfahren aus den Alumni der Festival Academy ausgewählt wurden. «Diesmal haben wir keine externen Tänzer oder Tänzerinnen dazugenommen. Es sind alles Musiker und Musikerinnen. Ich hatte von Anfang ein gutes Gefühl, dass sie das können. Sie haben bereits erstaunliche Fortschritte gemacht und zeichnen sich aus durch natürliche Bewegungen. Das gibt dem Ganzen seine Kraft.» Der ausgebildete Balletttänzer, der seit 2015 als freischaffender Choreograf tätig ist, erhielt sein erstes Engagement mit 16 Jahren bei der Ballettkompanie der Oper Kairo. 2008 kam er zum Bayerischen Staatsballett, wo er 2013/14 zum Leitungsteam des choreografisch-integrativen Jugendprojektes «Heinrich tanzt» gehörte. Diesen Frühling hatte seine erste wichtige Arbeit «Der Kleine Prinz» an der Bayerischen Staatsoper Premiere. Als professioneller Tänzer hat Mohamed die Erfahrung gemacht, «dass kollektiv erarbeitete Projekte am Ende ein viel besseres Resultat ergeben. Vorausgesetzt, dass die Beteiligten offen dafür sind». Deshalb legt er in seiner Arbeit mit den jungen Performern Wert darauf, sie mit gezielten Hinweisen möglichst frei entfalten zu lassen. Er lässt die Protagonisten ausprobieren und selber mögliche Bewegungen und Abläufe entdecken. «Mit diesem Vorgehen arbeiten die Protagonisten mit ihrem Körper ganz aus sich heraus. Die Persönlichkeit tritt klarer hervor, und es wirkt viel natürlicher.» So frei und experimentierfreudig Maged Mohamed das Stück angeht, so klar lässt er sich bei den einzelnen Schritten immer vom Thema Identität leiten. «Mein Ziel ist, dass die Kinder, Jugendlichen und auch Erwachsenen berührt werden, dass sie nach der Aufführung etwas mitnehmen. Am schönsten wäre es, wenn einzelne dadurch für die Kunst motiviert würden.» Er sei überzeugt, sagt der Choreograf mit einem Lächeln: «Kunst macht bessere Menschen. Und sie verhilft zu einer friedfertigeren Welt.» ■ «Nomozart» 10.9.2016, KKL Luzern, Luzerner Saal, 11.00 und 15.00 Uhr Lucerne Festival Young Performance
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Bilder: Peter Fischli
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Musiker befreien sich aus dem traditionellen Konzertritual und erfahren sich neu, auch als Tänzer und Performer.
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Eine Art musikalisches Welttheater Das Orchester der Lucerne Festival Academy unter Matthias Pintscher spielt einen wenig bekannten Klassiker der Avantgarde: den «Spiegel»-Zyklus von Friedrich Cerha.
«Du schreibst ja mein Stück!», soll der Komponist György Ligeti erstaunt ausgerufen haben, als er 1959 in Wien seinen Freund und Kollegen Friedrich Cerha besuchte. Auf dessen Klavier standen einige Partiturskizzen, die das Klangbild einer völlig neuartigen Orchestermusik entwarfen: irisierende Klangflächen Klangmassen, die sich in wolkigen Konturen bewegen, ein Gewimmel von Noten, das sich grafisch ordnete. Das war völlig neu, in jener Zeit der seriellen Technik und der Zufallsoperationen. Ligeti und Cerha arbeiteten parallel und unabhängig voneinander an dieser neuen Entwicklung. Dem Ungarn gelang damit kurz darauf der internationale Durchbruch: mit seinem neunminütigen Stück «Atmosphères» 1961 in Donaueschingen. Cerhas siebenteiliger Zyklus jedoch, der insgesamt knapp anderthalb Stunden dauert, wurde erst 1972 vollständig uraufgeführt. Teile daraus erklangen zuvor einzeln – und noch heute ist der Zyklus eher selten zu hören, da er von den Interpreten vollen Einsatz verlangt. Er passt deshalb wunderbar in die langjährige Agenda des Lucerne Festival. Immer wieder wurden hier bedeutende und aufwendige Werke der zeitgenössischen Musik wie Karlheinz Stockhausens «Gruppen» oder Bernd Alois Zimmermanns «Requiem für einen jungen Dichter» wiederaufgeführt, Werke, an die sich die städtischen Konzertveranstalter kaum je wagen. Die sieben «Spiegel» sind ein grandioses Klangereignis, ein Kaleidoskop völlig unerhörter Farben und Gesten. Manchmal klingt es schummrig-schaumig, dann metallisch gleissend; es erinnert an eine Riesenziehharmonika, an Industriell-Maschinenhaftes, an sich aufwerfende Meereswellen – und manchmal glaubt man kaum, dass ein Orchester derlei erzeugen kann. Eher vermutet man gigantische elektronische Apparaturen. Die Worte reichen für diese enorme Klangfantasie nicht aus, aber sie deuten an, wie imaginativ und ausdrucksstark diese Klänge sind. Sie lösen in uns Bilder aus. Der ungarische Komponist György Kurtág sah beim Hören ständig Bilder vor sich: Mark Rothko, Edvard Munch oder William Turner. Wenn man sich die Partitur anschaut, sticht das grafische Bild auf sehr suggestive Weise sofort ins Auge.
«Jedes Kunstwerk löst etwas aus. Kunst ist Hilfe» Ähnliches findet sich in jener Zeit zwar bei Ligeti oder auch beim Polen Krzysztof Penderecki, und die Orchestermassen eines Iannis Xenakis mögen ihnen allen als Vorbild gedient haben. Cerhas Konzept ist jedoch eigen, denn es geht ihm nur teilweise um eine Klangflächenkomposition oder gar einen geräuschhaften Sonorismus. Dass sein Stück damals vor allem von dieser impressionistischen und konstruktiven Seite her wahrgenommen wurde, kam Cerha einseitig vor: «weil für mich eben auch der emotionale Anteil daran wichtig war». Darin zeigt sich vielleicht auch, dass Cerha aus der österreichischen Musiktradition stammt: Auch die Musik Schönbergs und Weberns, die in der Avantgarde vor allem von ihrer Tonorganisation her betrachtet wurde, hat er stets aus der Expressivität heraus interpretiert. «Vor allem kommen die ‘Spiegel’ aus einem ungeheuren Ausdrucksbedürfnis. Es hat mich befremdet, dass die Kritiker nach den ersten Aufführungen von intellektuellen Experimenten, von Kopfmusik gesprochen haben.» Hier kommt vieles zusammen, was Cerha prägte. Der Komponist, geboren 1926 in Wien, hat sich auch als Dirigent grosse Verdienste erworben. 1958 gründete er zusammen mit Kurt Schwertsik das Ensemble «die reihe» und
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Bild: Universal Edition (Eric Marinitsch)
Thomas Meyer
Friedrich Cerha: «Ich konnte mich nie als in der Gemeinschaft integriert fühlen.» führte in Wien erstmals nach dem Krieg wieder die Werke der Zwölftöner auf. Dadurch erprobte er die Orchesterfarben auch in der Praxis; das spürt man ständig in der Klangsinnlichkeit dieser Musik. Aber es ging ihm dabei immer wieder um das Verhältnis von Einzelnem und Masse. Das wird im «Spiegel»-Zyklus ebenso thematisiert wie im darauf folgenden Opus, dem halbszenischen «Netzwerk». Auch später, vor allem in den Opern «Der Rattenfänger» nach Carl Zuckmayer oder «Baal» nach Bertolt Brecht, taucht das Thema wieder auf. Dahinter, so sagte Cerha, stünden auch seine «schrecklichen Kriegserlebnisse», das sei ihm erst viele Jahre später klar geworden. «Ich habe bereits als Siebenjähriger die Gräuel des österreichischen Bürgerkriegs erlebt und danach den halbfaschistischen Ständestaat. Im Krieg bin ich als Soldat zweimal desertiert und kam danach in dieses Wien, das damals wirklich verknöchert und konservativ war. Das hat mich geprägt, ich konnte mich nie als in der Gemeinschaft integriert fühlen; ich erlebte mich immer ihr gegenüber.» In den jähen Ausbrüchen, den Abstürzen und rasenden Bewegungen der «Spiegel» bebt auch Dramatik mit. «Die Masse, die Gemeinschaft, die Sozietät steht im Vordergrund in den ‚Spiegeln‘». Die Musik bietet «Assoziationen zu gesellschaftlichen Zuständen»; wir haben es gleichsam mit einer Sozietät von Klängen zu tun. Insofern ist Cerhas Musik auch politisch geprägt, wenn auch nicht parteipolitisch. «Natürlich ist jedes Kunstwerk, indem es etwas im Hörer bewegt, politisch. Es löst etwas aus. Kunst ist Hilfe.» Und so erstaunt es auch nicht, dass der Komponist sich das Stück auch in einer szenischen Version vorstellen kann. Nur wurde es noch nicht so aufgeführt. «Das visuelle Moment hat in der Struktur dieses Stückes eine wesentliche Rolle gespielt», sagt Cerha im Gespräch: «Es gab von Anfang an eine Art Libretto für den Zyklus, das aber bis zum heutigen Tag nicht wirklich realisiert wurde. In der Musik liegt der Schwerpunkt auf Massenereignissen, in denen das vereinzelte Ereignis, die vereinzelte Linie sozusagen im Gesamtgeschehen aufgeht. Analog ist auch im optisch-theatralischen Bereich das Einzelwesen, das Individuum, von untergeordneter Bedeutung. Es ist also ein Netzwerk von Massenereignissen, die immer wieder zur Evolution des Menschen beziehungsweise der humanen Gesellschaft Bezug nehmen. In dieser Form schliesst es ein wenig – freilich in einer völlig anderen Weise oder übersetzt – an die alte Idee des Welttheaters an.»
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service LUCERNE FESTIVAL | Sommer-Festival 11. August – 10. September 2017 Vor tragsreihe zum Festi «Identit ät»
Montag, 4. September | 40min «Ankommen mit Musik – ein Singprojekt» Junge Flüchtlinge aus der Region Luzern
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3x samstags | immer 17.00 Uhr | KKL Luzern, Auditorium | Eintritt frei 12. August | Susanne Stähr «Richard Strauss – Musik als Spiel und Spiegel» 19. August | Alois Koch «Protest und Identität. Martin Luther und die Musik» 2. September | Hansruedi Kleiber «Biblische Gestalten – auf der Suche nach der Identität» In Zusammenarbeit mit der Katholischen Kirche der Stadt Luzern
40min 12x während des Festivals | jeweils 18.20 – 19.00 Uhr | KKL L uzern, L uzerner Saal | Eintritt frei Die Gratis-Konzertreihe präsentiert am frühen Abend 40 Minuten Musik zum Kennenlernen und für Kenner, zum Einsteigen und zum Eintauchen: Programme zwischen Unterhaltung und Herausforderung, zwischen alter und neuer Musik, die von den Künstlern selbst moderiert werden.
Mittwoch, 6. September | 40min «Starke T ypen erobern die Bühne» Young Performance Donnerstag, 7. September | 40min «Close-up: Portraitkonzert Michel van der Aa» Studierende der Hochschule Luzern – Musik | Gregor Mayrhofer | Daniela Argentino | Michel van der Aa
Inter val Und jetzt? Wo geht’s weiter? Im Interval geht’s weiter. In entspannter Lounge-Atmosphäre, mit einem Drink oder Snack. Und mit Musik, denn ausgewählte Festivalkünstler gestalten hier mehrmals pro Woche Zugaben und Kurzkonzerte. Zur Eröffnung haben sich die LUCERNE FESTIVAL ALUMNI ein Überraschungsprogramm ausgedacht. In den letzten vier Ausgaben wird die Festivallounge zur Bühne für die L ate Night Show im Interval: Moritz’ Kleine Nachtmusik, wo der Komponist, Pianist und Blogger Moritz Eggert auf Gäste trifft.
Dienstag, 29. August | 22.15 Uhr | KKL L uzern, Foyer, Interval | Eintritt frei Encore im Interval JACK Quartet Mittwoch, 30. August | 21.45 Uhr | KKL L uzern, Foyer, Interval | Eintritt frei Encore im Interval Musiker der Berliner Philharmoniker Donnerstag, 31. August | 22.30 Uhr | KKL L uzern, Foyer, Interval | Eintritt frei Encore im Interval Musiker der LUCERNE FESTIVAL ACADEMY Freitag, 1. September | 22.00 Uhr | KKL L uzern, Foyer, Interval | Eintritt frei Encore im Interval Sonus Brass Ensemble Sonntag, 3. September | 21.00 Uhr | KKL L uzern, Foyer, Interval | Eintritt frei Encore im Interval Soundzz.z.zzz…z: Strotter Inst. | Jorge Sánchez-Chiong
Dienstag, 15. August | 40min «Das Festivalorchester bei der Probe» LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA | Riccardo Chailly
Samstag, 12. August | 20.45 Uhr | KKL L uzern, Foyer, Interval | Eintritt frei Encore im Interval Musiker der LUCERNE FESTIVAL ALUMNI
Dienstag, 5. September | 22.00 Uhr | KKL L uzern, Foyer, Interval | Eintritt frei L ate Night Show im Interval Moritz’ Kleine Nachtmusik
Donnerstag, 17. August | 40min «Verdoppeltes Ich: Ein Cellokonzert mit Film» Ensemble der LUCERNE FESTIVAL ALUMNI | Jay Campbell | Michel van der Aa
Dienstag, 15. August | 21.45 Uhr | KKL L uzern, Foyer, Interval | Eintritt frei Encore im Interval Jay Campbell
Mittwoch, 6. September | 22.30 Uhr | KKL L uzern, Foyer, Interval | Eintritt frei L ate Night Show im Interval Moritz’ Kleine Nachtmusik
Freitag, 18. August | 40min «Affentanz für Orchester: Die erste Dschungelbuch-Vertonung» Orchester der LUCERNE FESTIVAL ACADEMY | Heinz Holliger
Donnerstag, 17. August | 22.00 Uhr | KKL L uzern, Foyer, Interval | Eintritt frei Encore im Interval Musiker des West-Eastern Divan Orchestra
Donnerstag, 7. September | 22.30 Uhr | KKL L uzern, Foyer, Interval | Eintritt frei L ate Night Show + Encore im Interval Moritz’ Kleine Nachtmusik Soundzz.z.zzz…z: Strotter Inst. | Patricia Kopatchinskaja
Dienstag, 22. August | 40min «Zuflucht bei Mozart: Idomeneo mit Flüchtlingen» Mitglieder des Idomeneo-Ensembles | Cornelia Lanz Mittwoch, 23. August | 40min «Musikalisches Welttheater: Friedrich Cerhas Spiegel» Orchester der LUCERNE FESTIVAL ACADEMY | Matthias Pintscher Montag, 28. August | 40min «Auf sechzehn Saiten» Mitglieder des Orchestre de l’Opéra national de Paris
Freitag, 18. August | 21.45 Uhr | KKL L uzern, Foyer, Interval | Eintritt frei Encore im Interval Musiker des LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA und der LUCERNE FESTIVAL ACADEMY Dienstag, 22. August | 22.15 Uhr | KKL L uzern, Foyer, Interval | Eintritt frei Encore im Interval JACK Quartet Mittwoch, 23. August | 22.15 Uhr | KKL L uzern, Foyer, Interval | Eintritt frei Encore im Interval Patricia Kopatchinakja | Viktor Kopatchinsky | Emilia Kopatchinskaja
Mittwoch, 30. August | 40min «Ohne Geld ka Musi» Sonus Brass Ensemble
Donnerstag, 24. August | 22.00 Uhr | KKL L uzern, Foyer, Interval | Eintritt frei Encore im Interval Musiker der LUCERNE FESTIVAL ACADEMY
Donnerstag, 31. August | 40min «T anzender Doppelgänger» Orchester der LUCERNE FESTIVAL ACADEMY | Matthias Pintscher
Freitag, 25. August | 22.30 Uhr | KKL L uzern, Foyer, Interval | Eintritt frei Encore im Interval JACK Quartet
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Samstag, 9. September | 21.15 Uhr | KKL L uzern, Foyer, Interval | Eintritt frei L ate Night Show im Interval Moritz’ Kleine Nachtmusik Karten und Informationen www.lucernefestival.ch, info@lucernefestival.ch +41 41 226 44 80 Ermässigungen Studenten, Schüler und KulturL egi-Inhaber Studenten, Schüler, Berufsschüler und Mitglieder JTC bis inkl. 30 Jahren sowie KulturLegi-Inhaber erhalten bei Vorweisen eines gültigen Ausweises ab einer Stunde vor Konzertbeginn für nicht ausverkaufte Veranstaltungen Karten zu CHF 20. Spezielle Studentenangebote sind online ausgewiesen. Aktion «Mit dem Nachwuchs ins Konzert» Beim Kauf einer Eintrittskarte für ausgewählte Veranstaltungen erhalten Erwachsene eine gleichwertige Freikarte für ihre jugendliche Begleitung (bis 17 Jahre) dazu. Die Konzertauswahl finden Sie auf www.lucernefestival.ch.
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impressum 38. Jahrgang, August/September 2017 Special Edition Lucerne Festival Sommer 2017 Redaktionsanschrift: Somedia Production AG Musik&Theater Neugasse 10, CH-8005 Zürich Tel. +41 44 491 71 88, Telefax 044 493 11 76 http://www.musikundtheater.ch redaktion@musikundtheater.ch Herausgeberin Somedia Production AG Sommeraustrasse 32 Postfach 491, CH-7007 Chur Verlagsleitung Ralf Seelig Tel. +41 81 255 54 56 ralf.seelig@somedia.ch
Chefredaktor Andrea Meuli Redaktion Reinmar Wagner, Werner Pfiste Autorinnen und Autoren dieser Ausgabe Pirmin Bossart, Marco Frei, Benjamin Herzog, Priska Ketterer (Fotos), Kai Luehrs-Kaiser, Andrea Meuli, Thomas Meyer, Marcus Stäbler, Reinmar Wagner Anzeigen print-ad kretzgmbh Tramstrasse 11, Postfach, 8708 Männedorf Tel. +41 44 924 20 70, Fax +41 44 924 20 79 E-Mail: info@kretzgmbh.ch Abonnementverwaltung Kundenservice/Abo Sommeraustrasse 32 Postfach 491, CH-7007 Chur Tel. 0844 226 226 abo@somedia.ch Herstellung Somedia Production AG Korrektorat Ernst Jenny Copyright Musik&Theater, Somedia AG Alle Rechte vorbehalten Abonnementspreise und -bedingungen 1 Jahr CHF 120.– 2 Jahre CHF 230.– Studenten (mit beigelegter Legitimation): CHF 78.– Schnupperabonnement (2 Ausgaben): CHF 25.– Ausland: 1 Jahr
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Wie macht Engagement junge Talente gross? Wir gratulieren der Saxophonistin Valentine Michaud zum Prix Credit Suisse Jeunes Solistes 2017. Seit 1993 ist die Credit Suisse stolzer Hauptsponsor des Lucerne Festival. Für alles, was kommt.
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