Mut2013 speciallucernefestival 017

Page 1

Bild: Thomas Müller / Bamberger Symphoniker

thema

17

Jonathan Nott dirigiert Wagners «Ring» Bamberger Symphoniker, konzertante Aufführungen im KKL 30. August 2013, 19.30 Uhr: «Das Rheingold» Wotan: Albert Dohmen Alberich: Johannes Martin Kränzle Loge: Adrian Eröd Fricka: Elisabeth Kulman 31. August 2013, 17.00 Uhr: «Die Walküre» Siegmund: Klaus Florian Vogt Sieglinde: Meagan Miller Hunding: Mikhail Petrenko Wotan: Albert Dohmen Fricka: Elisabeth Kulman Brünnhilde: Petra Lang 2. September 2013, 17.00 Uhr: «Siegfried» Siegfried: Torsten Kerl Mime: Peter Galliard Der Wanderer: Albert Dohmen Brünnhilde: Eva Johannsson Erda: Christa Mayer 4. September 2013, 17.00 Uhr: «Götterdämmerung» Siegfried: Torsten Kerl Gunther: Michael Nagy Hagen: Mikhail Petrenko Brünnhilde: Petra Lang Gutrune: Anna Gabler Alberich: Peter Sidhom

Jonathan Nott: «Ich habe selber ein sehr zwiespältiges Verhältnis zur Macht, was als Dirigent nicht ganz einfach ist.» M&T: Zwischen dem zweiten und dritten Aufzug im «Siegfried» gibt es den grossen Bruch: Zwölf Jahre später hat Wagner hier die Arbeit wieder aufgenommen. Wie verändert sich das Stück dadurch? Jonathan Nott: Je mehr ich die Probleme Wagners bei der Arbeit kenne, desto mehr finde ich diesen Moment interessant. Er brauchte Zeit, sich zu überlegen, wie es weitergehen könnte, wie er das Stück beenden könnte. Siegfried und Brünnhilde überwinden die Wotan-Generation. Aber sie machen die gleichen Fehler, sind infiziert worden. Auf metaphysischer Ebene ist diese Entwicklung sehr interessant. Aber auch auf musikalischer: Da sind plötzlich Terzenketten in den Geigen, die es vorher nicht gab. M&T: Und wunderschön, wie diese Liebesszene dann aufblüht. Jonathan Nott: Wagner benutzt völlig neue Mittel, als ob er eine neue aufblühende Welt zeigen möchte. Das ist auch dramaturgisch eine tolle Idee: Mime ist

MuT2013-SpecialLucerneFestival_017 17

überwunden, Wotan ist überwunden. Was kommt jetzt? Der Mensch findet den Menschen und findet die Liebe. In der «Walküre» ist die Liebe immer noch unter der Macht von Wotan. In «Siegfried» ist es eine Liebe gegen die Götter, die keine Macht mehr haben. Was wollen diese Menschen, was will die Gesellschaft? Haben Bakunin und Marx recht, dass wir durch Liebe leben können, wenn wir nur wollen? M&T: Das passiert ja in der «Götterdämmerung» dann überhaupt nicht. Jonathan Nott: Nein, im Gegenteil. Aber gerade deswegen finde ich diesen dritten Akt in «Siegfried» eine wunder­schöne Insel, die Darstellung einer Mann-Frau-Beziehung: Was ist Liebe, was ist Sex, wie tastet man sich anein­ ander heran, wer verliert was, und was ist das Neue, das dabei entsteht? Und was nachher passiert, das ist halt das Leben. M&T: Ist die «Götterdämmerung» für Sie ein düsteres Finale?

Jonathan Nott: Ich hatte nie Probleme damit. Wagner ist so klug. Schon mit den ersten beiden Akkorden eröffnet er eine Welt, die sehr vielfältig ist, in sich relativ logisch. Man soll das weder zu oberflächlich spielen, noch zu sehr zelebrieren. Aber für die ganze Tetralogie gilt: Es gibt nicht richtig und falsch. Solange man musikalisch und klanglich etwas aussagt, braucht es gar nicht so viele Mittel. M&T: Wo ist der «Ring» am problematischsten? Jonathan Nott: Im «Rheingold» ist fast alles rezitativisch. Da eine gewisse Lebendigkeit und Flexibilität hinzubringen, ist schwer. Der erste Aufzug der «Walküre» sollte nicht zu schmalzig werden, nicht zu rosig, sondern eher wie eine Rose in einer dürren Landschaft. Das ist auch nicht so einfach. Mir hat die Idee immer gefallen, die vier Teile wie Sätze einer Sinfonie zu sehen: Das «Rheingold» als Ouvertüre, die «Walküre» wäre dann der langsame Satz, «Siegfried» mit seinen vielen witzigen Szenen das Scherzo. Eine Grundidee, die eigentlich ganz gut funktioniert. ■

17.07.13 15:14


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.