SP E C I A L E D IT I O N L UC E RN E FE ST I VAL
SO MMER 2015
«Humor» composer
thema
Tod Machover
Pierre Boulez zu Ehren
Jürg Wyttenbach
Beethoven vom Baumarkt
artists
«Fensadense»: «So aufregend anders!»
Isabelle Faust Vojin Kocic´ Michael Tilson Thomas
editorial
Liebe Leserin, lieber Leser Das Lucerne Festival konnte schon immer mit einer Reihe illustrer Orchestergastspiele auftrumpfen, wie man sie sonst allenfalls noch in Salzburg vorfand. Das ist heute nicht anders als vor dreissig Jahren. Hingegen hat sich das Festival um dieses Rückgrat der Sinfoniekonzerte herum so fundamental verändert, dass es sich kaum noch mit den einstigen Internationalen Musikfestwochen Luzern (IMF) vergleichen lässt. Natürlich ziehen Beethoven und Mahler nach wie vor am meisten Publikum an, doch durchweht heute eine ganz andere Offenheit das musikalisch enorm weiter gefasste Geschehen. Wesentlich damit zu tun hat die vor über zehn Jahren ins Leben gerufene Lucerne Festival Academy. Hier konnte sich die Lust auf neue Inhalte und Ausdrucksweisen entwickeln und artikulieren. Der Einbezug neuer Medien und ungewohnter künstlerischer Formen findet in Luzern längst auch sein Publikum. Dieses Jahr etwa mit dem sensitiven musikalischen Stadterkunder Tod Machover, der in einem ausgesprochen interaktiven Prozess gesammeltes Klangmaterial kompositorisch zu einer «Sinfonie für Luzern» zusammenfügt, die beim diesjährigen Sommerfestival durch das Academy-Orchester uraufgeführt wird. Keine Frage, Michael Haefliger und sein Team beziehen die Moderne auf unverkrampfte Weise in ihre Festivalprogramme ein – spielerisch, neugierig, ernst, heiter. A propos: Natürlich fehlt diesen Sommer, der unter dem thematischen Leitmotiv «Humor» steht, Verdis späte, altersweise Komödie «Falstaff» nicht. Darin zieht am Schluss der genarrte Titelheld Bilanz: «Tutto nel mondo è burla. L’uom è nato burlone.» In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein heiteres, tiefsinniges, abgeklärtes wie aufwühlendes Festival.
Herzlich, Ihr
Andrea Meuli
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inhalt
Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
composer Tod Machover – offene Sinne, offene Ohren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Jürg Wyttenbach: Der Unfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
artists Isabelle Faust: «…das Revolutionäre wachzuhalten» . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Tod Machover bringt Luzern zum Klingen und lässt uns miterleben, wie Elektronik und spontanes Musizieren zueinanderfinden.
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Michael Tilson Thomas: «Ich bin ein Träumer» . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 Vojin Kocic´: «Mit kühlem Kopf und warmem Herz» . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
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Michael Tilson Thomas leitet seit mehr als zwanzig Jahren das San Francisco Symphony Orchestra. Diesen Sommer auch wieder in zwei Konzerten in Luzern.
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Aufregend anders!» Wie interaktive Elektronik und Musizierlust zueinanderfinden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Carolin Widmann: «…ein derart verschmitzter Typ» . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Elisabeth Kulman über den Humor in Verdis «Falstaff». . . . . . . . . . . . . . . . 29 Pierre Boulez: Verstand und Sinnlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 Johannes Willi: Beethoven vom Baumarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
kolumne Den Witz in einem Musikstück zu entdecken – eine Herausforderung . . . 47
service Lucerne Festival im Sommer – die Special Events . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Die Geigerin Isabelle Faust ist eine Garantin für stilsichere, kritische Befragungen. Dieses Jahr ist sie «artiste étoile» beim Lucerne Festival.
Titelfoto: Priska Ketterer
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Die Geigerin Carolin Widmann über den Humor im Allgemeinen und bei Jürg Wyttenbach im Besonderen.
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Der serbische Gitarrist Vojin Kocic´ gewann dieses Jahr den «Prix Credit Suisse Jeunes Solistes». In seinem Rezital will er möglichst viele Facetten seines Könnens zeigen.
Mit einem reich befrachteten «Tag für Pierre Boulez» ehrt das Lucerne Festival den französischen Komponisten und Gründer der Lucerne Festival Academy.
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Der Berner Komponist Jürg Wyttenbach ist «composerin-residence» und erinnert sich dabei musikalisch an seine Freundschaft mit Mani Matter.
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thema
Tod Machover bringt Luzern zum Klingen – und ist «composer-in-residence» beim diesjährigen Lucerne Festival
Offene Sinne, offene Ohren Der Amerikaner Tod Machover erbringt den Beweis, dass elektronische Experimente und musikalische Forscherlust einen heutigen Komponisten nicht zwangweise in die Isolation des Elfenbeinturms führen müssen. Sein Projekt einer Sinfonie für Luzern bezieht viele und vieles ein. Und mit seinen «Hyperinstruments» sucht er innerhalb von Lucerne Festival «Young Performance» nach Konzertformen von morgen. Wie Luzern klingt, wie Elektronik und spontanes Musizieren zueinander finden – dies ist beim diesjährigen Lucerne Festival zu erleben. Andrea Meuli
composer M&T: Ihr Projekt einer Stadtsinfonie für Luzern hat viel bewegt. Das liess sich ja auch über verschiedene mediale Kanäle verfolgen. War es schwierig, über eine mehr oder weniger zufällige Klangcollage hinauszukommen, konzeptionellem Anspruch zu genügen? Tod Machover: Ich denke, seit wir uns vor einem Jahr erstmals über dieses Projekt unterhalten haben, gab es genug Zeit, um sich in die Stadt und ihre Klänge hineinzuhören. Und auch, um darüber nachzudenken, wie das Werk einem höheren Anspruch genügen kann, statt bloss gesammelte Klänge aneinanderzureihen. M&T: Welche Schwierigkeiten stellten sich im Umgang mit dem gesammelten Klangmaterial? Tod Machover: Schwierig war es vor allem, alle die für Luzern klanglich signifikanten Klänge in eine Form zu bringen, zumal die Schönheiten und charakteristischen Dinge sehr fein und subtil sind. Das ist ein grosser Unterschied zu einem Projekt, welches ich in Detroit begonnen habe. Detroit ist gekennzeichnet durch harte Kontraste und Zerrissenheit – von der Blüte der Autoindustrie bis zu Rassenunruhen, die Stadt ging Bankrott. Das fordert andere Klänge heraus als hier in Luzern, so wie ich die Stadt erfahren habe und verstehe, wie ich mit den Leuten darüber gesprochen und wie ich die Kultur hier erlebt habe. Es gilt hier viel mehr auf die zahlreichen Details zu achten. Aber wir müssen sie behutsam entdecken und auf sie hören. In Luzern drängen sich nicht die grossen Kontraste auf.
M&T: Das klingt fast schon nach einer betulichen Idylle…? Tod Machover: Idylle ist nicht der richtige Begriff, ich will nichts romantisieren. Nehmen wir als Vergleich mein Projekt in Edinburgh vor zwei Jahren. Die Stadt ist wohl etwas grösser als Luzern, hat jedoch eine vergleichbare Dimension, und es ist ebenfalls eine Stadt, die durch ganz eigene geographische und historische Besonderheiten bestimmt wird. Doch hinter diesem ersten Blick verbirgt sich eine Wirklichkeit, die völlig verschieden von dem ist, was man vordergründig sieht. Hinter dem Grün jedes Hügels verbirgt sich eine dunkle Seite der Stadt. Das ist die Geschichte, welche ich aufzunehmen versuchte. In Luzern hingegen begann ich mehr und mehr Details zu schätzen, je enger ich mit der Stadt vertraut wurde. Überall wo man hinschaut gibt es feine kleine Dinge zu erkunden, die Leute tragen Sorge zu ihnen, sei es da ein Brunnen oder dort ein kleines Geschäft. Und vieles ist nicht so offensichtlich. Das sind ganz andere Voraussetzungen um ein Stück zu schreiben, als wenn sich eine einzige starke Emotion manifestiert. Viele Details ergeben hier ein Bild, welches als Ganzes zu erfassen ist. M&T: Inspiriert dieser kleingliedrig-urbane Charakter eher zu kammermusikalischen Strukturen? Tod Machover: Das ist eine interessante Feststellung (denkt nach). Ich denke jedoch, es ist nicht Kammermusik entstan-
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composer den. Aber ich hatte die Möglichkeit auf meinen Gängen durch die Stadt Luzern – durch die Gassen, dem Fluss entlang – zahlreiche Gedanken zu sammeln. Dann ging ich nach Hause und begann sie zu
diese Wassersysteme miteinander verbunden sind, die immense Zeitdimension – diese Zusammenhänge faszinieren mich. Wasser ist das Element, welches die Stadt verbindet. Diese Erscheinun-
menhänge und möchte Sie in meinem Stück bewusst machen. M&T: Haben Sie auch akustische Einbrüche in dieser Harmonie wahrgenommen?
«Neben der Arbeit mit den eingereichten Klängen und Kompositionen, habe ich auch meine eigene Musik kreiert – Melodien, Harmonien, Rhythmen, Klangfarben – die durch Luzern inspiriert wurde. Einige dieser Stücke versuchen den echten Klang – zum Beispiel die verschiedenen Formen von Wasser in Luzern – in instrumentale Klänge zu übersetzen, sodass ein Orchester den Fluss oder See oder einen der vielen Brunnen «spielt». Andere Teile sind dagegen eher metaphorisch, so imitieren melodische Motive das Fliessen des Wassers oder Beats und Stille die Geräusche von Konversationen. Einige der Teile, die ich komponiere, sind einfach nur durch Luzern inspiriert und sind – wie alle Musik – schwierig mit Worten zu beschreiben. Aber ich glaube sie geben einiges von der Schönheit, Einfachheit, Bescheidenheit und Stabilität wieder, die ich in dieser bemerkenswerten Stadt gefunden habe.» ordnen. Interessant für mich ist beispielsweise, dass es in Luzern diese nachvollziehbare Fülle an Geschichte gibt, etwa im Gletschergarten. Man blickt auf die Berge und wird sich gleichzeitig bewusst, wie hier Millionen von Jahren etwas gebildet und geformt haben: Die Gletscher schmelzen, das Wasser fliesst von den Bergen und bildet den See, daraus fliesst der Fluss. Der Weg, wie alle
gen zu reflektieren war mir wichtig. Sie können am Ufer der Reuss stehen und die ganze Stadt fühlen. Dann gehen Sie – vielleicht früh am Morgen – hoch zu den Stadtmauern mit ihren Türmen und hören von dort die Stadt mit all ihren Glocken. Das alles hat etwas von Harmonie – ganz anders als in Amerika, wo wir bei Stadtklängen rasch an Ives denken. Ich liebe diese harmonischen Zusam-
Tod Machover: Ich kam für zwei Tage an die Fasnacht, jeder hatte mir davon erzählt. Faszinierend daran waren nicht die Klänge allein, sondern ihre eigenartige Verbindung von Archaik und Organisation. Sie können in der Stadt herumgehen und erleben überall diese ganz eigenartigen Klangverbindungen. Hinter jeder Häuserecke in der Altstadt lässt sich eine O eigene Musik zusammenmixen.
WOMM
Grosses, Neues, Wiederentdecktes. 2015/16
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Das Luzerner Sinfonieorchester LSO geht in die fünfte Konzertsaison mit Chefdirigent James Gaffigan – und freut sich auf Julia Lezhneva, Vilde Frang, Vadim Gluzman, Truls Mörk, Nelson Freire, Kun-Woo Paik, Steven Isserlis, Gabriela Monteiro, Khatia Buniatishvili, Sergey Khachatryan, Gautier Capuçon und andere mehr. Kommen Sie mit! Alle Informationen zu den Angeboten 2015/16 finden Sie auf www.sinfonieorchester.ch. LSO-Kartenbüro | Pilatusstrasse 18 | 6003 Luzern | Telefon +41 41 226 05 28 | abonnement@sinfonieorchester.ch
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thema «Fensadense» – wie interaktive Elektronik und spontane Musizierlust agil zueinanderfinden
«So aufregend anders!» Andrea Meuli M&T: Sie gehen als Komponist mit Ihrem MIT Media Lab immer wieder neue, experimentelle Wege und entwickeln dafür eine hoch komplexe elektronische Technologie. Wie abstrakt und zufällig kann Musik sein, um ein Publikum zu erreichen, zu berühren? Tod Machover: Elektronische Musik wird oft als abstrakt wahrgenommen, weil ihr die physische Resonanz, die Verbindung zu unserem Körper fehlt. Das kann unnatürlich wirken und zum Problem werden. Andererseits ist es heute ebenso wahr, dass elektronische Technologie das verbreitetste Medium ist, um mit Musik zu experimentieren. Sofort haben wir das Bild von Musikern vor uns, die mit Kopfhörern auf dem Kopf spielen, scheinbar ohne unmittelbaren Kontakt zu einem Publikum. Es gibt heute einen hohen Anteil an Aufführungen, da sehen wir keine Performers und hören auch keinen akustisch erzeugten Klang. Denken wir nur an die ganze DJoder Techno-Pop-Szene. Man mag das oder nicht, aber es hat seine Wirkung auf ein breites Publikum, auch wenn die unmittelbare Beziehung zwischen dem, was der Performer macht und dem Klangresultat fehlt. Ich wuchs als Cellist auf und habe Kammermusik gespielt. Und seit ich ein Kind bin, denke ich darüber nach, was es bedeutet, ein Instrument zu berühren, es in der Hand zu halten. Das Erleben von Klang beschäftigt mich, sowohl wenn du selber spielst, aber genauso das Gefühl von Klang in einem Raum. M&T: Sie haben in der Probe vorhin Lautsprecher getestet… Tod Machover: …wir versuchen einen Lautsprecher zu finden, dessen Klang sich in einem Raum möglichst natürlich anfühlt. Wenn ich spreche, dann reflektieren die Wände, der Klang vermischt sich, verschiedene Frequenzen kommen aus meinem Mund – all das macht jenes Gefühl aus, was wir Live erleben. Lautsprecher hingegen schwingen in
eine Richtung, alle Frequenzen zusammen. Darum gibt es diese Differenz zwischen Live- und Lautsprecher-Klang. Ich denke, eine gewisse Beschränkung von elektronisch erzeugtem Klang via Lautsprecher ist nicht zu vermeiden. An der Elektronik liebe ich jedoch, wie viele Möglichkeiten sie erlaubt. Das ist wie ein Kochen mit verschiedenen Zutaten. Man kann mischen… M&T: …und experimentieren? Tod Machover: Ja, natürlich. Aber ich denke eher daran, den Charakter der einzelnen Zutaten zu verstärken, zu intensivieren als eine undefinierbar neue, exotische Mischung zu bekommen. M&T: Die Rolle des Computers dabei? Tod Machover: Er kann hilfreich sein als ein zusätzlicher Bestandteil, der es erlaubt, die akustischen Instrumente auf eine neuartige und verschiedene Weise zu mischen, die Luft dicker zu machen für bestimmte Effekte. Der Computer ermöglicht, akustische Verbindungen zwischen verschiedenen Dingen herzustellen. Seit Jahren versuche ich einen Weg zu finden, wie Elektronik mit LivePerformance verbunden werden kann, verbunden auch mit dem Körper von Musikerinnen und Musikern. Das ist der Anreiz, weshalb wir mit diesem neuen System so hart arbeiten. M&T: Kann das mehr sein als ein witziger Einfall? Tod Machover: Das ist kein Gag! Technologie um ihrer selbst willen interessiert mich nicht. Auch wenn wir heute unsere Software ausprobieren: Die Musiker spielen die Musik, man braucht dafür keine Elektronik! M&T: Weshalb braucht es dann dieses komplexe Equipment, um Ihre Komposition erklingen zu lassen? Tod Machover: Ich denke, die Technik fügt eine zusätzliche Dimension hinzu,
wenn man sie auf eine kluge Weise einsetzt. Es ist – um beim Beispiel des Kochens zu bleiben – wie eine zusätzliche Zutat, um den Geschmack einer Speise vielfältiger zu machen. In diesem Stück geht es mir darum, die Beziehung zwischen den einzelnen Spielern zu messen. Wir experimentieren und versuchen herauszufinden, ob die Musiker einen exakten gemeinsamen Rhythmus finden, wenn sie gegenseitig aufeinander hören, wie sie ihren Rhythmus leicht ändern, sich entfernen und wieder zueinander finden, wie sich kleine Impul-
Tod Machover beim Lucerne Festival 23. August, 17.00 Uhr, KKL, Luzerner Saal Boulez-Hommage 6 Re-Structures für zwei Klaviere und Live-Elektronik (Uraufführung) 29. August, 22.00 Uhr, KKL, Luzerner Saal Late Night 3 Lucerne Festival Academy Ensemble Hyperstring Trilogy 5. September, 11.00 Uhr, KKL, Konzertsaal Sinfoniekonzert 24 Lucerne Festival Academy Orchestra Matthias Pintscher (Leitung) Eine Sinfonie für Luzern (Uraufführung) 12. September, 11.00 Uhr, KKL, Luzerner Saal Young Performance Fensadense für Hyperinstrumente und interaktive Elektronik (Uraufführung) 12. September, 22.00 Uhr, KKL, Luzerner Saal Young Performance «Fensadense» für Hyperinstrumente und interaktive Elektronik
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thema se und Wechsel auswirken. Dies kann Technologie sogar genauer festhalten, als es das menschliche Ohr je vermag. Ich interessiere mich dafür, wie Klang sich bei exakter Simultaneität zuspitzen kann, wie kompakt er werden kann; und wie er umgekehrt schon bei der leisesten Verschiebung bröckelt oder zerfällt. Für die Musiker bedeutet das: Um die besonderen Dinge geschehen zu lassen, müssen sie sich darauf konzentrieren zusammenzuspielen. M&T: Und für Sie als Komponist? Ist das eine Möglichkeit um neue Klangräume zu erschliessen, auch geistige Räume für das Publikum? Tod Machover: Ich denke oft darüber nach, wie Technologie als Hilfsmittel eingesetzt werden kann. Mit diesem Projekt geht es mir weniger um das musikalische Individuum, sondern darum, das Ensemble zu aktivieren. Wie sich die einzelnen fühlen, wie sie lernen, aufeinander zu hören und zu reagieren. Wie sie sich gegenseitig abstimmen. Wie es gelingen kann, durch individuelle Impulse zusätzliche Elemente in die musikalische Sprache einzubringen.
M&T: Das Stück, woran Sie hier arbeiten und proben entsteht für das Festival, im Sommer wird es uraufgeführt. Was meint der Name «Fensadense?
«Ich versuche die aktuellen technologischen Möglichkeiten zu nutzen, um die verschiedensten Fragen zu erkunden: wie sich eine Ausdrucksgeste umsetzen lässt, was eine Phrase bedeuten kann, wie komplex ein Klang sein kann oder wie die Beziehung zwischen Ausführenden und Publikum einbezogen werden kann.» Tod Machover: Der Name bedeutet nichts. Es ist kein richtiger Begriff. Einen Hintergrund gibt es dennoch:
«Fensadense» war ein Fantasiewort, welches die kleine Schwester von einem meiner Studenten als Kind kreierte. Der Begriff gefiel mir spontan, er lässt so viel offen. Ich mag die Vorstellung, dass es ein Begriff mit keiner festen Assoziation ist. Nachdem das Stück existiert, eröffnen sich dann doch gewisse Assoziationen. M&T: Sie arbeiten in diesem Werk mit sogenannten Hyperinstrumenten und mit einer interaktiven Elektronik, erfasst durch Armband-Sensoren, welche die Musikerinnen und Musiker tragen. Was hat man sich darunter vorzustellen? Tod Machover: Bisher hatte wir die sogenannten «Hyperinstruments» jeweils mit einem riesigen elektronischen Aufwand für Solisten oder Sänger als individuelle Lösungen entwickelt. So entwickelten wir zum Beispiel für für Yo-Yo Ma einen Bogen, in dem eine spezielle Elektronik eingebaut war, mit speziellen Sensoren an der Hand, die sensibel darauf reagierten, wie der Bogen berührt wurde. Das alles erforderte eine extrem teure und individuelle Technologie. Für dieses Projekt in Luzern war mir wichtig, dass
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thema jeder Musiker sein Instrument benutzen kann, also keine Spezialkonstruktionen zu spielen hat, ob als Streicher oder als Tubaspieler. Dazu bekommt jeder ein Tablet und dieses drahtlose SensorenArmband, was noch nie zuvor verwendet wurde. M&T: Damit werden Bewegungen erfasst? Tod Machover: Die Sensoren erfassen Tausende an Informationen. Das ist an sich nicht sehr interessant. Das wird es erst, wenn die Interaktion künstlerisch genutzt wird. Wenn man beispielsweise ablesen kann, wie Spannung sich aufbaut. Wie musikalische und emotionale Prozesse etwa durch die Bewegung der Arme nachvollziehbar werden. Was in der Interaktion zwischen den Musikern geschieht. Das möchte ich zeigen. In der Arbeit mit meinem Team im MIT Media Lab erfinden wir immer neue technologische Wege. Normalerweise gehe ich dann nach Hause und schreibe meine Musik. Das ist sogar mit Stücken wie der «Sinfonie für Luzern» so. Natürlich tausche ich jeweils Informationen aus, aber der Prozess des Komponierens geschieht bei mir daheim. Da entsteht die Partitur, dann gehen wir damit zum Orchester. Doch in diesem Projekt ist es ganz anders. So aufregend anders! Natürlich komme ich mit einer Idee, aber ich bin offen, sie zu ändern. Die Idee ist nicht in eine fixe Form gepresst. Die zehn beteiligten Instrumentalisten sind herausgefordert, ihre künstlerische Freiheit kreativ auszureizen und zu nutzen. M&T: Was bevorzugen Sie? Ihre Werke selber zu leiten oder sich auf die Individualität eines anderen Musikers einlassen? Tod Machover: Als ich jünger war, liebte ich es selber zu dirigieren. Ich dachte meine Vorstellungen so genauer umzusetzen. Heute habe ich gute Beziehungen zu einigen sehr guten Dirigenten und kann entspannt zuhören. Auch daraus kann ein Stück gewinnen. M&T: Hören Sie in den Interpretationen Ihrer Werke durch Kollegen Dinge, die Ihnen zuvor als Komponist verschlossen geblieben waren? Tod Machover: In einem offenen Probenprozess wie hier zu «Fensadense» geschieht mir genau das täglich von Neuem. Generell ist der künstlerische Prozess des Komponierens jedoch umfassender und vielschichtiger als das, was im Konzert geschieht und umgesetzt wird. Ich habe kaum je in einer Interpretation etwas gehört was meine Meinung als Komponist zu einem Stück verändert hätte. (Lachend) Ich möchte Ihre Frage gerne mit Ja beantworten, aber ich bin O unsicher ob das wahr wäre…
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artists Isabelle Faust über ihren Zugang zu Mendelssohn sowie über interpretatorische Offenheit vom Barock bis Kurtág
«…das Revolutionäre wachzuhalten» Sie zählt zu den spannendsten Musikerpersönlichkeiten unserer Zeit. Isabelle Faust ist eine Garantin für stilsichere, kritische Befragungen. Die Interpretationen der deutschen Geigerin sind wohltuend unroutiniert, weil sie abseits der Mainstream-Norm die Ohren öffnen für andere Perspektiven. Faust, die auch mit Claudio Abbado eng zusammengearbeitet hat, wirkt in diesem Jahr am Lucerne Festival – als «artiste étoile». Das Gespräch über ihre Programme verrät zugleich viel über ihre Geisteshaltung als Musikerin. Marco Frei (Text) & Priska Ketterer (Bilder)
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artists M&T: Isabelle Faust, ist Felix Mendelssohn Bartholdy ein Klassiker oder ein Romantiker? Oder ist er beides – ein «Mozart des 19. Jahrhunderts», wie Robert Schumann einst formulierte? Isabelle Faust: Wow, Sie gehen ja gleich ans Eingemachte! Die Frage ist natürlich sehr komplex. Ich denke aber, dass Schumann gar nicht so daneben liegt mit seiner Einschätzung des Mozart‘schen. Mendelssohn hat eine klassische Klarheit und Leichtigkeit, auch eine «Artikuliertheit». Das höre ich in ihm sehr deutlich, weniger das Melancholische, Schwülstige. M&T: Wenn man aber das bekannte Violinkonzert von Mendelssohn mit Mozarts Violinkonzert Nr. 5 KV 219 vergleicht, die Sie beide in Luzern spielen, erscheint Mozart kühner. Der AdagioEinsatz der Solovioline im Kopfsatz, der gar nichts mit der Exposition zu tun hat – das ist doch unfassbar revolutionär, oder? Isabelle Faust: Das stimmt. Wir haben ja auch nicht schlecht über Mozart geredet oder wollten ihn klein machen. Natürlich ist Mozart ein Gigant, trotzdem wird Mendelssohn noch immer gerne zu klein gehalten – gerade sein Violinkonzert. Das ist von A bis Z ein ideales Werk, auch wenn es mit den revolutionären Einfällen Mozarts rein formal vielleicht nicht mithalten kann. Mendelssohns Violinkonzert spannt einen idealen Bogen von der ersten bis zur letzten Note, auch mit der Kadenz, die kohärent aus einem Fluss herauswächst. Auch das hat etwas Revolutionäres, finde ich, aber Mendelssohn hat es sehr elegant und subtil «verpackt». Man muss sehr achtsam sein, um das Ungewöhnliche bei ihm wahrzunehmen. Aber ja, dieser Adagio-Einsatz in Mozarts KV 219 – der ist unglaublich. M&T: Über weite Strecken wissen die Hörer nicht, wohin die Violine will… Isabelle Faust:: …absolut, und für die Hörer damals muss das wirklich schockierend geklungen haben. Heute kennt man das Stück schon zu gut – leider, muss ich sagen. Weil es dadurch manchmal nicht mehr jenen Schockeffekt entwickeln kann. Aber da gibt es auch noch andere Werke, auf die das zutrifft. Das Paradebeispiel ist die berühmte gMoll-Sinfonie KV 550. Wie schon Nikolaus Harnoncourt betonte, müssten im Grunde alle von den Stühlen fallen. Wir haben heute die schwierige Aufgabe, bei hyperbekannten Stücken das Revolutionäre wachzuhalten und zu vermitteln – auch wenn man jede Note mitpfeifen kann. M&T: Wie machen Sie das, etwa beim besagten Adagio-Einsatz im Kopfsatz von Mozarts Konzert KV 219? Halten Sie quasi ohne Vibrato etwas dagegen?
Isabelle Faust: Ach wissen Sie, da gibt es so unterschiedliche Möglichkeiten! Ich würde mich nie festlegen wollen. Zumal es von so vielen Dingen abhängt – auch von der Orchestergruppe, mit der man gerade arbeitet und gemeinsam auf der Bühne steht. M&T: Dennoch betonten Sie vorhin eine bestimmte Artikulation bei Mendelssohn, die von Mozart herrühre. Ist also die Romantisierung deplatziert? Isabelle Faust: Herrlich, Sie stellen die ganz kniffligen Fragen! Aber auch da muss ich Sie leider «enttäuschen». Immer mehr dringe ich zur Auffassung vor, dass wir die Werke für ein heutiges Pub-
likum spielen. Das Rad möchte ich nicht um 100 oder 200 Jahre zurückdrehen. Wir können nicht die Arroganz besitzen, dass es alles dazwischen nicht gegeben hat. Andererseits kann man aber auch nicht so tun, als ob sich die Musikgeschichte von rechts kommend entwickelt hätte – also rückwärts. Alles kam immer von links, wenn man den Zeitverlauf betrachtet. Deswegen sollte man Mendelssohn zunächst aus der Perspektive Mozarts betrachten. Das hat mir übrigens auch beim Schumann-CD-Projekt mit dem Freiburger Barockorchester und Pablo Heras-Casado sehr geholfen. Diese Herangehensweise ist aus meiner Sicht für eine Interpretation «gesund».
artists M&T: Und so haben Sie es auch in München im Violinkonzert von Brahms mit dem Münchener Kammerorchester (MKO) gehalten. Denn auch Brahms lässt sich als ein entschlackter Klassiker auffassen, oder? Isabelle Faust: Ja, gerade sein Violinkonzert. Eigentlich muss man nur in die Partitur schauen und lesen, was da steht. Viel mehr gehört im Grunde nicht dazu. Der Solopart ist reihenwiese im Piano gehal-
«Kafka-Fragmente» von György Kurtág. Obwohl Jahrhunderte dazwischen liegen, ähneln sich manche geräuschhafte Spielweisen. Ist das nicht erstaunlich? Isabelle Faust: Absolut, gerade die Ponticello-Klänge, also die Spielweisen an dem Steg. Gerne wird übersehen, was für revolutionäre Spieltechniken im Barock erprobt wurden. Die Komponisten waren teilweise so fantasievoll und sahen
«Abbados Art zu musizieren ist mir sehr nah»
Geige einen grandiosen Part, die Instrumentation ist generell grossartig – ein wirklich einmaliges Stück. M&T: Letztlich bedeutet die Violine die Seele des Soldaten, die er an den Teufel «verkauft». Eine Geigerin zu werden, kann mit vielen Entbehrungen und Kämpfen einhergehen. Ihre Kollegin Viktoria Mullova hat sehr darunter gelitten. War das bei Ihnen ähnlich? Isabelle Faust: Natürlich gibt es Entbehrungen, man benötigt viel Disziplin. Aber Mullova hatte einen sehr speziellen Werdegang. Bei mir war das nicht so. Ich hatte nie das Gefühl, etwas im Leben verpasst zu haben. Die Geige zählt zu meinen besten Ausdrucksmitteln. Mit
Isabelle Faust – «artiste étoile» ten. Wenn man das ernst nimmt, kommt plötzlich etwas ganz Verwobenes heraus. Man kann dem Publikum besser vermitteln, wie alles ineinander läuft. Selbst der Finalsatz lautet «giocoso», hat nichts Kämpferisches – auch wenn es technisch schwer ist, hier das «Leichtfüssige» darzustellen. Das «giocoso» kommt so selten zur Geltung, obwohl man sich ein Beispiel an Joseph Joachim nehmen könnte. M&T: …dem damaligen Solisten und Widmungsträger des Violinkonzerts von Brahms, von dem es auch noch Tonaufnahmen gibt. Isabelle Faust: Genau. Es gibt noch Aufnahmen von ihm. Er hat mit Brahms das Violinkonzert konsequent entwickelt und erarbeitet. Natürlich hat Brahms unterschiedliche Interpretationen gemocht und seine Metronom-Angaben auch nie strikt verstanden. Trotzdem sollte man einfach mal genauer hinsehen. Joachims Tempowahl im Finalsatz wird dem «giocoso» sehr gerecht. M&T: Dieser Finalsatz ist volkstümlich gefärbt – ähnlich wie im Violinkonzert von Mendelssohn oder das «Alla-Turca»-Element im Finale aus Mozarts KV 219. Manche Musikwissenschaftler meinen, dass Mozarts «Alla Turca» in KV 219 zwar grundsätzlich nicht ungewöhnlich war, sehr wohl aber im Rahmen eines Violinkonzerts. Isabelle Faust: Grundsätzlich war das Volkstümliche tatsächlich nichts Ungewöhnliches. Ob dies auch konkret für die Konzertgattung zutrifft, kann ich nicht sagen, aber in der Sonate zum Beispiel war es etabliert. Auf jeden Fall lag es aber auch im Konzert schon längst in der Luft. Man sollte das jedoch mit einem gewissen Humor und mit Leichtigkeit nehmen, nicht zu schwer. M&T: Andererseits spielen Sie in Luzern auch die barocke «Sonata representativa» von Heinrich Ignaz Franz Biber und die zeitgenössischen
sich im Ausdruck durch keine Grenzen eingeengt. Nicht alles ist klar markiert beziehungsweise notiert. Man kann sich richtig austoben, zumal bekannt ist, dass auch die damaligen Interpreten sehr weit gegangen sind. Freiheit in der Interpretation bedeutete damals generell eine zentrale Kategorie. Im Grunde ist Kurtág ein «traditioneller Zeitgenosse». M&T: Wie meinen Sie das? Isabelle Faust: Er arbeitet mit bekannten, etablierten Spielweisen, um sie aber ganz neuartig einzusetzen. Darüber hinaus wirken seine «Kafka-Fragmente» wie eine Fortführung der Konzentriertheit und Reduktion Weberns. Mit dieser Kurzform und Miniatur agiert er dennoch auf einem ganz anderen, eigenen expressiven Niveau. Kurtág scheut also grundsätzlich keine Traditionen, sondern webt sie mit ein. Bibers «Sonata representativa» passt natürlich wunderbar zum diesjährigen Festivalthema «Humor», weil in ihr Tierlaute imitiert werden. Das ist einerseits sehr lustig und lässt doch andererseits der Fantasie des Interpreten sehr viel Freiraum bei der Ausgestaltung. M&T: In der «Geschichte eines Soldaten» von Igor Strawinsky ist hingegen der Humor buchstäblich teuflisch... Isabelle Faust: Was übrigens ganz wunderbar zu meinem Nachnamen passt – «Faust». M&T: Jetzt sinkt das Niveau aber gewaltig… Isabelle Faust: (lacht) …mir ist das erst kürzlich aufgefallen. Klar ist das total banal. Aber die Handlung der Geschichte selber ist ja auch nicht gerade prickelnd, oder? Die Form der Geschichte jedoch ist aussergewöhnlich: Im Grunde ist das Werk eine Mini-Oper, mit der Idee eines fahrenden Theaters. Noch dazu hat die
15. August, 22.00 Uhr («Late Night»), KKL Strawinsky: «L’Histoire du Soldat». Solisten des Lucerne Festival Orchestra, Dominique Horwitz (Sprecher), Isabelle Faust (Violine) 16. August, 16.00 Uhr, Lukaskirche J.S. Bach: Sonaten BWV 1014, 1016 und 1019, Cembalo-Partita C-Dur von Froberger: Cembalo-Partita C-Dur. Biber: «Sonata representativa» und Solo-Passacaglia für Violine. Isabelle Faust (Violine), Kristian Bezuidenhout (Cembalo) 25. August, 19:30 Uhr, KKL Mozart: Violinkonzert A-Dur KV 219 Schubert: Ouvertüre C-Dur D 591 «Im italienischen Stil», C-Dur-Sinfonie» D 944 «Grosse». Chamber Orchestra of Europe, Bernhard Haitink (Leitung) Isabelle Faust (Violine) 28. August, 19:30 Uhr, KKL Mendelssohn: Violinkonzert op. 64 Dvorˇ ák: «Othello»-Ouvertüre op. 93 und Sinfonie Nr. 8 op. 88. Royal Concertgebouw Orchestra Daniel Harding (Leitung), Isabelle Faust (Violine) 6. September, 18:30 Uhr, KKL Szymanowski: Violinkonzert Nr. 1 op. 35 Bartók: «Der wunderbare Mandarin» Varèse: «Amériques» (zweite Fassung von 1927). Lucerne Festival Academy Orchestra, Pablo Heras-Casado (Leitung), Isabelle Faust (Violine) 12. September, 16.00 Uhr, Lukaskirche Kurtág: «Kafka-Fragmente» Isabelle Faust (Violine), Christine Schäfer (Sopran), Dominique Horwitz (Rezitation)
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artists ihr kann ich mich besser ausdrücken als mit Worten. Das empfinde ich als grosses Glück – weil das mir die Möglichkeit gibt, tiefer in mich hineinzuhören als andere es können – oder sich trauen. Und gleichzeitig kann ich diese Arbeit im Spiel auch für andere «erledigen». Ich persönlich habe das Geigenspiel nicht als Leiden erlebt, aber in gewissen Ländern werden junge Menschen musikalisch geradezu gedrillt. Ich hatte das grosse Glück, schon mit elf Jahren im Kinder-Streichquartett meines Bruders mitzumachen. Sobald man Kammermusik macht, ist das noch ein ganz anderes Musikerleben. Das war ein grosses Glück. M&T: Weil es Ihre Musikauffassung entschieden geprägt hat? Ein Musizieren aus dem Geist der Kammermusik, auch bei grossen Violinkonzerten, wie es nicht zuletzt Claudio Abbado als Dirigent pflegte? Isabelle Faust: Ganz genau, das ist meine Absicht. Und deswegen habe ich kürzlich mit dem Münchener Kammerorchester das Violinkonzert Beethovens ganz bewusst ohne Dirigent aufgeführt. Als heranwachsende Geigerin habe ich fünf Jahre lang einfach nur die zweite Geige im Streichquartett-Repertoire gespielt. Da geht es nicht um Tonleitern oder Paganini-Capricen, also die solistische Perspektive. Mit Abbado habe ich die Violinkonzerte von Beethoven und Alban Berg auf CD eingespielt, und wir haben uns sicherlich auch wegen dieser spezifischen Haltung – aufeinander zu hören und gegenseitig aufeinander zu reagieren – so gut verstanden. Und dass man nicht stur festhält an einer einmal getroffenen Interpretation. Abbados Art zu musizieren ist mir sehr nah. M&T: In Luzern konzertieren Sie auch mit dem aufregenden Pianisten Kristian Bezuidenhout. Isabelle Faust: Ja, ich picke mir immer die Kirschen heraus. Und wenn ich sie gefunden habe, halte ich sie fest (lacht). In Luzern spielen wir unter anderem Duo-Sonaten von Bach – ein Vorgeschmack auf die gemeinsame Bach-CD, die wir im nächsten Sommer für «Harmonia mundi» aufnehmen. Es ist wirklich eine wunderbare Zusammenarbeit mit ihm. M&T: Weil Sie beide eine ähnlich flexible Artikulation und Phrasierung pflegen – eine offene Geisteshaltung? Isabelle Faust: Er ist zwar sehr spezialisiert auf Hammerklavier und Cembalo, hat jedoch tatsächlich ein unglaubliches Wissen über das gesamte Musikdasein. Und er spielt ebenso den modernen Flügel. Das ist bei mir ähnlich. Ich kann mich nicht als Barockexpertin bezeichnen, und das möchte ich auch nicht. Ich
nehme aber die Sache sehr ernst. Meine Bach-Solo-CDs habe ich damals nicht auf Darmsaiten eingespielt. Viele könnten das nicht akzeptieren. Er zählt nicht dazu. Das Bach- und Biber-Programm in Luzern werde ich jetzt aber auf einer Barockgeige spielen, mit Darmsaiten. M&T: Warum? Isabelle Faust: Bei den Bach-Solo-CDs musste sich die Geige nicht mit dem
Timbre eines anderen Instruments vermischen. Mit dem Cembalo, wie jetzt in Luzern, hingegen ist das etwas anderes. Der Cembaloklang darf nicht übertüncht werden. Für eine Mozart-Aufnahme mit «Il giardino armonico» habe ich unlängst meine Stradivari mit Darmsaiten bezogen und mit Klassikbogen gespielt. Das hat funktioniert, aber für das Projekt in Luzern ist eine Barockgeige O deutlich spannender.
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«…ein derart verschmitzter Typ» Wie viel Wahrheit steckt im Humor? Carolin Widmann: (Lachend) Wenn es ein guter Humor ist, wahrscheinlich mehr als in der Realität… Vieles kann gesagt werden, wenn wir mit Humor agieren, während es sich ernsthaft kaum formulieren lässt. Das fällt mir immer wieder auf, auch in schwierigen Situationen des menschlichen Miteinanders. Es gibt viele Dinge, die sind schwierig auszudrücken – zum Beispiel einen Fehler einzugestehen. Doch nehmen wir uns dabei selber etwas auf die Schippe, fällt manches leichter: Es charakterisiert treffender und lässt einen – wenn man über sich selber mitlachen kann – nicht so selbstverliebt aufgebläht aussehen. Ich denke, ohne Ironie und Witz ist man letzten Endes der Welt nicht gewachsen. Ist Jürg Wyttenbach ein humoristischer Komponist? Carolin Widmann: Wenn man Jürg Wyttenbach kennt, liegt es nahe, schon mal vom Humor auszugehen. Er ist ein derart verschmitzter Typ mit einem bärbeissigen Humor. Daher hat es mich auch nicht gewundert als ich vor zwei Jahren als Violinkonzert ein Werk bekommen habe, das herkömmlich gar kein übliches Solistenkonzert war, sondern – typisch Wyttenbach – eine ganz andere Kunstform verkörpert. Die Geigerin oder der Geiger ist gleichzeitig herausgefordert einen Maler darzustellen und zu spielen, ein Gemälde auf der Bühne musikalisch zu malen, mit allen Figuren, inklusive dem Hund! Das Werk basiert auf Gustave Courbets Bild «Die Beerdigung von Ornans». Das Bild wird mit einer Video-Installation an die Wand gebeamt, damit man die jeweiligen Figuren erkennen kann, um die es im Text und in der Musik geht. Das ist unglaublich humoristisch, allerdings ein sehr dunkler Humor, es geht schliesslich um eine Beerdigung. Jeder macht sich seine Gedanken, wer zu der Beerdigung kommt – vielleicht sogar zu der eigenen, irgendwann mal. Wo steht der Humor in dieser Musik da zwischen Banalität und Ritual? Carolin Widmann: Jörg Wyttenbach würde nie im Text einen Witz machen und den witzig zu instrumentieren versuchen. Es ist alles vielschichtiger bei ihm. Es könnte beispielsweise etwas gesagt werden, was witzig ist – und dann erklingt eine martialische Musik dazu. Das karikiert einen Charakter viel subtiler, als wenn die Musik den Text eins zu eins illustrieren würde. Wyttenbach inte-
Bild: Marco Borggreve
Carolin Widmann über den Humor im Allgemeinen und bei Jürg Wyttenbach im Besonderen
ressiert diese Vielschichtigkeit: Welchen Charakter haben denn diese Figuren – die Sargträger, der Pastor? Und wie kann man so etwa musikalisch darstellen? Wenn man genau hinhört, kann man sehr viel zwischen den Zeilen hören und so die Charaktere dieser Menschen, welche das Gemälde darstellt, erschliessen. Kann Musik Humor abbilden, ohne ins Anbiedernde abzurutschen, ohne verkrampft witzig sein zu wollen? Carolin Widmann: Absolut. Das merkt man doch in jeder Oper. Zum Beispiel, wenn sich ein Charakter sozusagen an eine Situation anschleicht und man als Zuhörer bereits mehr weiss und das durchschaut. Noch interessanter wird es, wenn der Komponist auch die Schwächen eines von ihm gemochten Charakters liebevoll zeigt und erlebbar macht. Das kann für mich sehr humoristisch wirken – und es geht wunderbar ohne Anbiedern. Allerdings ist das sehr schwierig, so feinsinnig zu komponieren – wohl noch schwieriger als tragische Momente musikalisch umzusetzen. Dieser Anspruch ist in diesem «cortège pour violon» eingelöst? Carolin Widmann: Ja, es ist für mich so authentisch, wenn man Jürg Wyttenbach als Menschen kennt. Er ist in seiner Musik so sehr sich selbst und sucht nie jemand anders zu sein. Er sagt alles wie er es denkt, mit seinem etwas bärbeissigen ironischen Humor, dem nie etwas Anbiederndes anhaftet. Vielleicht ist dies übri-
gens etwas ganz speziell Schweizerisches. Denken wir nur an Heinz Holliger als weiteres Beispiel aus dieser Generation. Ist es ein spröder Humor? Carolin Widmann: Nein, das würde ich nicht sagen. Es ist ein wissender Humor. Ich finde Humor immer dann interessant, wenn er mit Wissen und mit Bildung zu tun hat. Stösst dies bei einem verstehenden Publikum auf einen fruchtbaren Boden, ist das natürlich die perfekte Kombination. Ich glaube nicht, dass das spröde ist. Ich finde es geistreich und sehr authentisch. Er will ja gar nicht, dass wir lachen, darum geht es überhaupt nicht. Er kann nicht anders sein als er ist – daraus bezieht dieser Humor seine authentische Schlagfertigkeit. Bei Schumann steht oft «mit Humor». Doch es ist ein Humor, den wir überhaupt nicht nachvollziehen können – manchmal gar gespenstisch. Der Wyttenbach’sche Humor mutet hingegen eher «diesseitig» an, für uns nachvollziehbar und witzig. Auch in diesem, von Ihnen auch uraufgeführten Werk? Carolin Widmann: Ich finde dieses Violinkonzert einzigartig. Es ist ein Konzert wie kein anderes und bedeutet daher auch eine ganz besondere Herausforderung. So spielen bildende Künste wie die Malerei darin eine tragende Rolle. Und ich als Geigerin bin gleichzeitig Schauspieler, Courbet – und auch ein wenig Wyttenbach. Es ist wie ein kleines Gesamtkunstwerk. Und wie sieht es mit den rein violinistischen Herausforderungen darin aus? Carolin Widmann: Es ist ein wunderschöner Geigenpart. Nach all den humoristischen und leichten Klängen – und dieses Konzert ist wie Champagner! – wird es am Schluss ganz bitterernst. Das ist für mich der grossartigste Moment. Und spiegelt eigentlich das Leben – wie es ganz leicht daherkommt, bevor am Schluss eine tiefe und erschütternde Wahrheit hereinbricht, die dann richtig sitzt. Dadurch wirkt dieser Schluss auch nicht pathetisch oder falsch: Jetzt sind wir mal kurz ernst – und eigentlich geht es die ganze Zeit darum. Das ist der Moment, da ich mich selber sein kann. O
Interview: Andrea Meuli Carolin Widmann ist die Solistin in Jürg Wyttenbachs «Cortège pour violon». 22. August, 11.00 Uhr, MaiHof
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artists Michael Tilson Thomas, hier bei seinem letzten Auftritt mit dem San Francisco beim Lucerne Festival Symphony: «Man muss das Publikum als das nehmen, was es werden könnte.»
Michael Tilson Thomas über Amerika, die Zukunft der klassischen Musik und das Gebot: Sei nicht langweilig!
«Ich bin ein Träumer» Seit mehr als zwanzig Jahren leitet Michael Tilson Thomas das San Francisco Symphony Orchestra – eine künstlerisch überaus fruchtbare Konstellation, die bereits mehrfach auch beim Lucerne Festival zu bewundern war. Diesen Sommer lotet das amerikanische Spitzenorchester mit seinem amerikanischen Chef das Festivalthema «Humor» von den unterschiedlichsten Rändern her aus und spannt den Bogen von Beethovens «Eroica» bis zu einem musikalischen Scherz von John Adams, von Charles Ives’ «Decoration Day» bis zu Gustav Mahlers Erster Sinfonie. Kai Luehrs-Kaiser
artists M&T: Haben wir zum Heroischen heute überhaupt noch eine Beziehung – abgesehen von seiner Verwendung im Hollywood-Actionfilm? MTT: Nein, aber das gilt ganz genauso für die ruhigen, stillen und zarten Teile jedes Werkes. Verletzlichkeit oder auch Verlangen – zwei in der Musik essenzielle Motive – sind für uns heute etwas Grundfremdes. Zumindest etwas, das wir uns offiziell kaum noch zugestehen. Ich glaube, dass man genau das als Stärke der klassischen Musik begreifen muss. Man muss sich zu der Auffassung durchringen, dass klassische Musik eines der letzten Reservate unzeitgemässer und in diesem Sinne gefährdeter Gefühle ist. M&T: Das San Francisco Symphony leiten Sie jetzt seit 20 Jahren – was Sie zu dem derzeit dienstältesten Chefdirigenten in Nordamerika macht. Haben Sie damit gerechnet? MTT: Natürlich nicht! Aber ich lebe auch in San Francisco. Sie können mich hier regelmässig auf dem Wochenmarkt am Ferry Building antreffen. Ich bin gerne hier.
Bild: Kristen Loken
M&T: Michael Tilson Thomas, in der Musik existiert eine Art ‚Gipfel-Theorie’, nach der man den Höhepunkt eines Werkes kennen muss, um es dirigieren zu können. Gute Theorie? Michael Tilson Thomas: Absolut! Alles dreht sich um Form und Struktur. Als ich jung war, besuchte ich einmal gemeinsam mit meinem Lehrer Ingolf Dahl die Aufführung eines Streichquartetts. Er fragte mich: «Na, hat es dir gefallen?» Und ich antwortete: «Ja.» Darauf er: «Und welche Form hatte es?» Diese Frage, die kein Konzertbesucher beantworten können muss, ist in Wirklichkeit die entscheidende. Auch der alte Otto Klemperer sagte immer: «Das wichtigste ist die Form, und die ist keine intellektuelle Sache, sondern gesteigerte Emotionalität.» Er hatte ganz Recht.
M&T: Wo ist der Höhepunkt von Beethovens «Eroica», einem Werk, das Sie in Luzern dirigieren werden? MTT: Am Ende des 4. Satzes! Fast schon am Schluss. Das Verwirrende an Beethovens Dritter ist ja, dass das ganze Werk «Eroica» genannt wird. Aber nur der Schluss ist heroisch. Am Anfang finden sich wunderbar pastorale Idyllen. Es gibt verrückt virtuose Stellen, Ballettartiges und etliche Fantastik. Erst im 4. Satz, auf dem Höhepunkt, kommt das Werk zu sich selbst. Ich habe früher oft den Fehler gemacht, alle vier Sätze heroisch zu dirigieren – oder den Anfang zu antiheroisch. Ich war auf den Titel hereingefallen. Erst vom bebenden Höhepunkt des Werkes her kann man diese Sinfonie verstehen. Sie ist übrigens ganz herrlich zu dirigieren!
M&T: Was haben Sie geändert, als Sie das Orchester von Herbert Blomstedt übernahmen, einem legendären, aber völlig andersartigen Dirigenten? MTT: Ich habe vor allem versucht, für jeden Komponisten, sogar für jedes einzelne Werk, einen eigenen, individuellen Klang zu finden. Ich hatte natürlich auch andere Repertoireschwerpunkte als Herbert Blomstedt. Bei mir ist es so, dass mir im Grunde wenig an einem Personalstil liegt. Ich komme aus einer alten Theaterfamilie. Da hiess es immer: Sei vielseitig, sonst wirst du langweilig! Debussy muss wie Debussy klingen und Mozart wie Mozart. M&T: In Europa werden Sie als ein ausgeprägt amerikanischer Dirigent wahrgenommen. Sind Sie es? MTT: Ja. Ich habe zwar viel Zeit in Europa verbracht – wenn auch nicht ganz
San Francisco Symphony Michael Tilson Thomas 9. September, 19.30 Uhr, KKL, Konzertsaal Schönberg (Thema und Variationen op. 43b), John Adams («Absolute Jest»), Beethoven (Sinfonie Nr. 3 «Eroica») 11. September, 19.30 Uhr, KKL, Konzertsaal Charles Ives («Decoration Day»), Bartók (Klavierkonzert Nr. 2 Sz 95), Mahler (Sinfonie Nr 1 D-Dur) Yuja Wang (Klavier)
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artists so viel wie man mir nahelegte. Alle Dinge, die ich in Amerika auf die Beine gestellt habe, zum Beispiel das New World Symphony Orchestra in Miami Beach und Projekte wie «Keeping Score», die «Sound Box», hier hinter dem Gebäude der Davies Hall, all das sind typisch amerikanische Projekte. M&T: Inwiefern? MTT: Amerikanisch daran ist der Glaube, dass man Dinge ganz neu und von Null anfangen kann. Ein Ansatz, durch den man, denke ich, manchmal mehr erreichen kann. M&T: Kann man diesen amerikanischen Ansatz auch hören?
M&T: Sie müssen regelmässig mit dem Board des Orchesters, aber auch mit Sponsoren umgehen, um diese von Ihren Zielen zu überzeugen. Nimmt diese Tätigkeit tatsächlich einen so grossen Raum ein wie man in Europa denkt? MTT: So schlimm ist das nicht. Allerdings gebe ich zu, dass ich zum Beispiel die meisten der 65 Board-Mitglieder, die viel Geld für das Orchester aufbringen und bei Entscheidungen ein Wörtchen mitzureden haben, namentlich kenne. Auch ihre Geschichten kenne ich grösstenteils. Ich begrüsse sie, ich kenne und berücksichtige ihre Interessen, ich diskutiere mit ihnen, und zwar gerade dann, wenn ich etwas Neues vorhabe. Das bedeutet, dass ich als Chefdirigent die entscheidenden Dinge nicht nur in-
«Sei vielseitig, sonst wirst du langweilig!» MTT: Ich glaube schon. Es kommt oft vor, dass ich einzelne Gruppen im Orchester ermuntere, etwas mehr zu wagen oder es völlig anders zu machen. Mehr aus sich herauszugehen – um tiefer einzudringen. Wenn ich gute Solisten habe, ist es für mich selbstverständlich, dass sie auch gross herauskommen dürfen. M&T: Glauben Sie, dass es – nach Krisen wie dem Bankrott des Philadelphia Orchestra – in Ihrem Heimatland für die Orchester inzwischen wieder bergauf geht? MTT: Ich fürchte, man kann das nicht generalisieren. Jede Stadt hat ihre eigene Geschichte. Und ihre eigene Beziehung zu kulturellen Organisationen. In ganz Amerika ist es leider so, dass die Museen den Musikinstitutionen den Rang abgelaufen haben. Das ist ein grosses Problem für uns. Museen sind die neuen Kathedralen. Warum? Weil ein Kunstwerk von Frank Stella scheinbar repräsentativer und vor allem leichter konsumierbar ist als eine Sinfonie von Brahms. Es bedeutet heute tatsächlich viel mühsame Kleinarbeit, um ein Orchester zu halten. Aber es lohnt sich. M&T: Haben Sie europäische Orchester schon jemals um ihre gesicherten Subventionen beneidet? MTT: Ich kann ehrlich sagen: Nein! Und zwar deswegen, weil alle für mich wichtigen Projekte durch private Sponsoren zustande gekommen sind. Ich persönlich habe durchgängig gute Erfahrungen mit dem amerikanischen Modell gemacht.
nerhalb meiner ‚Firma’ kommunizieren muss, sondern sie nachvollziehbar auch nach ‚draussen’, zu den wichtigen Partnern bringen muss. M&T: Viele europäische Dirigenten fremdeln mit solchen Aufgaben. Sie nicht!? MTT: Schauen Sie, auch ich bin ein Träumer. Ich möchte am liebsten die ganze Zeit durch die Natur gehen und meinen eigenen Vorstellungen nachhängen. Nur will ich meine Träume auch mit Leuten teilen. Dafür habe ich mit den Jahren gewisse Fähigkeiten bei mir aus-
Bild: Priska Ketterer
bilden müssen, die ich vorher nicht besass. Das war gar nicht so leicht, ein langer Prozess. Letzte Woche ist er endlich zu einem Abschluss gekommen… (Lacht) M&T: Europäische Dirigenten, die viel in den USA arbeiten, sagen, dass es hier immer schwieriger wird, zeitgenössische Komponisten aufs Programm zu setzen. Trifft das zu? MTT: Kommt darauf an, was Sie unter zeitgenössischer Musik verstehen! In John Adams, der in Berkeley lebt, haben wir einen Komponisten, der in San Francisco geradezu als musikalischer Held gefeiert und respektiert wird. Wir haben auch sehr gute Erfahrungen mit Lou Harrison, ebenso mit Mason Bates gemacht. Alles einheimische Komponisten, was als Faktor vielleicht nicht zu unterschätzen ist. Wahr ist: Wenn wir ein Werk wie das Requiem von György Ligeti aufführen wollen, müssen wir sorgfältig darüber nachdenken, wie wir einen Kontext dazu bilden. Aber funktioniert das in Europa mittlerweile nicht genauso!? M&T: Das San Francisco Symphony verfügt über das breiteste Education-Angebot aller Orchester in den USA. Schöne Sache! Kann man mit Education eigentlich inzwischen Geld verdienen? MTT: Das ist eine typische Frage des 21. Jahrhunderts. Alles muss finanziell instrumentalisiert und rentabel gemacht werden. Es gibt zwei Antworten darauf. Einerseits: Musik ist kein Business. Wer Geld machen will, soll an die Börse gehen! Andererseits: Education öffnet uns Türen für Sponsoren und Unterstützer, die uns eben deswegen Geld geben – und zwar nicht nur für Education –, sondern weil sie dieses Segment für sinnvoll und für sympathisch halten.
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Bild: ArtStreiber
Michael Tilson Thomas: «Klassische Musik ist eines der letzten Reservate unzeitgemässer und in diesem Sinne gefährdeter Gefühle.»
M&T: Bei Goethe gibt es den Gedanken: Wenn man die Menschen als das nimmt, was sie sind, wird man sie niemals verbessern, sondern nur verschlechtern. Man muss sie als das nehmen, was sie werden könnten. Stimmen Sie zu? MTT: Absolut! Und ich werde Ihnen was sagen: Das hat mein Grossvater auch immer gesagt! Er hiess Boris Thomashefsky, war ein Protagonist des Jüdischen Theaters in New York und befand sich 1910 in der ungewöhnlichen Lage, dass sein Publikum aus lauter Europäern bestand: Feinschmeckern, die aus Wien, Palermo oder Berlin immigriert waren. Sie besassen nicht unbedingt die Vorbildung, die mein Grossvater sich erhoffte. Ich glaube fest daran, dass Goethe und mein Grossvater Recht hatten: Man muss das Publikum als das nehmen, was es werden könnte. Sonst wird man es auf Dauer langweilen. M&T: In Luzern führen Sie mit «Absolute Jest» auch ein Werk des amerikanischen Minimalisten John Adams auf. Auf Minimal music wird in Europa gern herabgesehen. Warum ist John Adams ein guter Komponist? MTT: Weil er ein so raffinierter Harmoniker ist. Und weil er nicht bei der Minimal music stehengeblieben ist. Die Mitte von «Absolute Jest» – oder um zum Anfang unseres Gespräches zurückzukehren: sein Höhepunkt – wird
von einem Streichquartett gebildet. Mit anderen Worten: John Adams schreibt einfach gute, stets überraschende Musik. Den Hardcore-Minimalisten weicht er manchmal sogar zu sehr vom Wege ab... M&T: Sie sind im vergangenen Dezember, wenn man das sagen darf, 70 Jahre alt geworden. Tatsächlich haben Sie noch mit Igor Strawinsky zusammengearbeitet. Konnte man dabei etwas lernen? MTT: Gewiss doch, von grossen Leuten kann man immer lernen. Bei Strawinsky war das Lehrreiche, dass er seine Partituren vorsang, um sie den Musikern klar zu machen. Ich wäre niemals auf den Gedanken verfallen, dass man «Les Noces» singen kann! Er tat es – und dabei veränderten sich die Werke von Grund auf. Sie bekamen eine enorme Emotionalität, büssten aber nicht das Geringste an gestischer Präzision ein. Sie wurden fast balletthaft. Sehr spezifisch und sehr elegant. Very Saint Petersburg! M&T: Sogar Jascha Heifetz haben Sie noch dirigiert – ein Mann, von dem es heisst, er habe im Konzert sehr viel anders geklungen als im Studio, wo er sehr dicht am Mikrofon aufnahm. Auch Ihr Eindruck? MTT: Ja. Obwohl ich sagen muss, dass Heifetz auch live wie ein Laserbeamer klang. (Lacht) Fantastisch! Ich erinnere
mich auch an eine Kreutzersonate mit ihm. Im 2. Satz, der für das Klavier, in diesem Fall für den Pianisten Brooks Smith, elendig schwer ist, während die Geige nur kurze, fast triviale Arabesken spielt, gestaltete Heifetz jede dieser Figuren anders, ungeheuer emphatisch, mit einem unverschämten Variationenreichtum. So toll, dass man nur noch auf ihn, überhaupt nicht mehr auf den armen, sich abmühenden Pianisten achtete. Gemein – und grossartig zugleich! Da spürte man zugleich die Pranke eines alten, grossen Zirkusclowns. M&T: Sie werden in aller Welt «MTT» genannt. Wer hat sich das eigentlich ausgedacht? MTT: So hiess ich schon innerhalb meiner Familie. Damals, als ich ganz jung war, gab es neben mir einen ganzen Haufen von Cousins und anderen Verwandten, die alle in dieser Weise abgekürzt wurden. Es gab nicht nur MTT, sondern auch ATT, VTT und so weiter. Und dann gab es auch noch den Geiger Milton Thomas, mit dem ich ständig durcheinander geworfen wurde. Einmal kam es sogar zu einer Verwechslung beim Ausstellen eines Schecks! Das ging zu weit. Da habe ich meinen Frieden mit den Initialen gemacht. Seitdem bin ich O gern MTT.
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thema
«Die schlimmsten Dinge kann man nur mit Humor ertragen» Die Mezzosopranistin Elisabeth Kulmann ist die Mrs. Quickly in der konzertanten Aufführung von Giuseppe Verdis altersweiser Komödie «Falstaff» – einem programmatischen Eckpfeiler zum Festivalthema «Humor».
In Luzern singen Sie diesen Sommer die Quickly in Verdis «Falstaff». Wie humorvoll ist dessen altersweises Lebensfazit: «Tutto nel mondo è burla»? Elisabeth Kulman: Verdis «Falstaff» geht diesen wunderbaren Grat zwischen abgrundtiefer Ernsthaftigkeit und höchster Raffinesse von Humor. Und das Werk hat beides. Das liegt sowohl am Libretto, welches wirklich ausgezeichnet ist, wie auch an der abgeklärten Umsetzung von Verdi. Beides macht die Meisterschaft dieses Werkes aus. In mancher Inszenierung wird die Titelfigur billiger Lächerlichkeit preisgegeben. Doch Falstaff ist wohl doch etwas mehr als ein lusttrunkener Tölpel… Elisabeth Kulman: Er trägt immerhin den Titel «Sir», man darf ihn daher nicht als ungehobelten Menschen spielen. Falstaff ist wohl heruntergekommen, aber er bleibt ein Herr. Das ist ganz wichtig. Trotz all seiner Ausschweifungen muss Falstaff Haltung bewahren, seine Erziehung darf man nicht aublenden. Was man in der Kindheit einmal eingetrichtert bekommen hat, vergisst man schliesslich nie. Etwas von jener würdevollen Haltung, bewahrt sich Falstaff bis zum Schluss. Das spürt man aus dem Text wie aus der Musik. Was ist das Besondere Ihrer Rolle in diesem Stück, der Mrs. Quickly? Elisabeth Kulman: Quickly hat durchtriebenen Spass, die Geschichte in allen Irrungen und Wirrungen zu leiten. Sie treibt das Spiel an. Vergleichbar dem Don Alfonso in «Così fan tutte», der ja auch die Fäden zieht wie mit Marionetten. Gäbe es sie nicht, würde wahrscheinlich gar nichts geschehen… Humor in der Musik: Welche Assoziationen weckt das in Ihnen? Elisabeth Kulman: Die schlimmsten Dinge kann man nur mit Humor ertragen. Im KZ haben die Leute mit Humor überlebt. Sonst wäre es unmöglich gewesen. Das sagt schon alles aus. Ein humorvoller Mensch ist für mich einer, der über
Bild: Salzburger Festspiele/Silvia Lelli
Elisabeth Kulmann als Mrs. Quickly in der Inszenierung von Damiano Michieletto an den Salzburger Festspielen 2013 (mit Ambrogio Maestri in der Titelrolle des Falstaff).
sich lachen kann. Und wenn ein Komponist Humor in seine Musik einfliessen lässt, nimmt er immer ein wenig auch sich selber aufs Korn. Andernfalls würde ihm diese Grösse fehlen, sich selber durch die Kunst des Humors zu relativieren. Was letztlich die hohe Kunst des Humors ist. Dann wäre Verdi selber auch ein wenig Sir John Falstaff… Elisabeth Kulman: Natürlich. Das spiegelt sich sehr stark in seiner Musik zu dieser Komödie. Hilft Humor dem Menschen, sich selber etwas gelassener zu sehen? Elisabeth Kulman: Es ist nichts unerträglicher, als wenn ein Mensch sich so ernst nimmt, dass er nicht über sich selber la-
chen kann. Über sich selber zu lachen kann unglaublich erleichternd sein. Es sollte uns bewusst sein, dass wir immer auch eine Rolle spielen. Wichtig ist dabei, dass wir uns jeweils im Klaren sind: Jetzt spiele ich eine Rolle, und jetzt entscheide ich mich, authentisch zu sein. Dabei ist Humor hilfreich? Elisabeth Kulman: Wir haben immer die Freiheit, uns für das eine oder das andere zu entscheiden. Um diesen Entscheid immer wieder von Neuen zu treffen, muss man klar im Kopf sein, braucht es Bewusstheit. Mit Humor der Freiheit entgegen? Elisabeth Kulman: Genau!
Interview: Andrea Meuli
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artists Mit 38 Grad Fieber zum Wettbewerbs-Erfolg: Der Gitarrist Vojin Kocic´
«Mit kühlem Kopf und warmem Herz» Der serbische Gitarrist Vojin Kocic´ gewann dieses Jahr den «Prix Credit Suisse Jeunes Solistes». In seinem Rezitalkonzert will er möglichst viele Facetten seines Könnens und seines in der klassischen Musik noch immer nicht sehr präsenten Instruments zeigen. Reinmar Wagner (Text) & Priska Ketterer (Bilder)
«Wegen Gary Moore habe ich überhaupt angefangen, Gitarre zu spielen.»
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artists Ein bisschen Herzklopfen habe er schon vor seinem Luzerner Auftritt, gibt Vojin Kocic´ zu. «Es ist eines der grössten und wichtigsten Festivals der Welt, das ist schon ein Podium, das mir Respekt einflösst. Und es ist fantastisch, meinen Namen neben all den grossen Musikern, die ich als Kind im Fernsehen bewunderte, zu lesen.» Sonst aber ist Vojin eher der coole Typ, der vor Wettbewerbsauftritten lieber mit den Kollegen rumalbert, als sich von der angespannten Atmosphäre im Saal nervös machen zu lassen. «Ich versuche in solchen Situationen möglichst locker zu bleiben und mich im entscheidenden Moment gehen zu lassen. Meistens probe ich auch nicht in jenem Raum. Ich werfe einen Blick hinein, ob er zum Beispiel mit Plüsch oder Teppichen voll gehängt ist, wie das in Italien manchmal vorkommt. Dann wird es für mich als Gitarrist akustisch schwierig. Aber sonst bleibe ich auf Distanz und hoffe, dass ich im richtigen Moment das rüberbringen kann, was ich mir vorgenommen habe.» Es scheint, dass dieses Rezept für einen Musiker wie ihn bestens funktioniert. Vojin Kocic´ hat schon einige wichtige Wettbewerbe gewonnen, den ersten mit 14 Jahren. Insgesamt gewann er 15 erste Preise in nationalen serbischen Wettbewerben, sogar 21 in internationalen. Das waren alles reine Gitarren-Wettbewerbe. Wie war es für ihn, diesmal gegen andere Instrumente anzutreten? «Am Anfang wusste ich nicht so recht, was mich erwarten würde. Und in der ersten Runde war ich nicht gut. Ich war krank, hatte 38 Grad Fieber, und war nur glücklich, dass ich die Runde überstand. Dann wurde es besser und besser, ich hatte immer stärker das Gefühl, dass ich alles erreichen könnte. Im Finale spielte ich eines der schwierigsten Stücke für Gitarre, die Sonate von Antonio José.» Dieses Pièce de Résistance figuriert auch im Luzerner Programm von Vojin. Es wurde erst 1995 wiederentdeckt und entstand, wie so viele Gitarren-Literatur in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, für den Übervater der Gitarre, Anders Segovia, der viele Komponisten inspirierte und auch die Spieltechnik erweiterte und auf ein bis dahin unerreichtes Niveau anhob. Von Antonio José gibt es nur wenig Musik, er kam im spanischen Bürgerkrieg ums Leben. Trotz seiner Erfolge steht Vojin Kocic´ den Wettbewerben zunehmend kritisch gegenüber. «Musik ist kein Sport, das hat nichts mit Kunst zu tun. Aber klar, ich habe auch keine bessere Idee, wie man es machen könnte, Talente herauszufinden und Karrieren zu fördern. Ich war auch schon zweimal in Jurys, und da fühlte ich mich recht deplaziert.
Jeder Musiker hat seinen Geschmack und seine Ideen, wie kann ich sagen, dass das eine oder andere besser ist? Was ist der Unterschied zwischen 94 und 95 Punkten? Ich spiele im September noch einen Wettbewerb im italienischen Alessandria. Wenn ich den gewinne, höre ich auf mit Wettbewerben. Der Sieger kann garantiert 50 Konzerte spielen, da habe ich erst einmal meinen Lebensunterhalt gesichert. Und ich freue mich, Zeit zu haben, das Instrument weiter zu erforschen, das ist doch das Ziel eines jeden Musikers, denke ich.»
Viele Farben und Facetten Sein Programm für das Luzerner Rezital hat er bewusst farbig gestaltet: «Das Repertoire für klassische Gitarre ist nicht so riesig. Die meisten Hörer kennen kaum etwas ausser dem «Concierto de
Aranjuez» von Joaquin Rodrigo oder den «Asturias» von Isaac Albeniz. Die Gitarre ist innerhalb der Klassik ein junges Instrument. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts wird sie von den Komponisten so richtig wahrgenommen. Von all den Klassik-Grössen haben wir keine Werke für unser Instrument und müssen uns mit Transkriptionen begnügen. Ich wollte in diesem Programm viele Facetten von mir und meinem Instrument zeigen. Einige wichtige Gitarre-Komponisten sind dabei, wie Fernando Sor oder Joaquin Rodrigo, auch Francisco Tarrega und Giulio Regondi.» Das Generalthema «Humor» des diesjährigen Lucerne Festival spiegelt sich auch in diesem Programm, etwa in den Mozart-Variationen über ein Papageno-Thema aus der «Zauberflöte» von Sor, oder auch in den Paganini-Variationen von Tarrega.
artists Mit fĂźnf Bagatellen von William Walton ist auch zeitgenĂśssische Musik in diesem Programm zu finden. Vojin freut sich Ăźber die Erweiterung des Repertoires fĂźr sein Instrument. ÂŤKomponisten wie Nikita Koshkin in Russland haben wichtige zeitgenĂśssische StĂźcke geschrieben. Es gibt auch Kompositionswettbewerbe, durch die ein paar gute StĂźcke fĂźr Gitarre entstanden sind.Âť Selber zu komponieren kann sich Vojin auch vorstellen, ein paar Fragmente hat er bereits in der Schublade. ÂŤAber bis-
er den ersten Unterricht in klassischer Gitarre und hat sich in das Instrument verliebt. Zuerst studierte er in Belgrad, wechselte aber 2011 zu Anders Miolin an die ZĂźrcher Hochschule der KĂźnste, wo er im Juni sein Master-Studium abgeschlossen hat. Es gab Phasen, da habe er sehr viel Technik geĂźbt, sagt Vojin. ÂŤDas ist natĂźrlich die Grundlage, ohne eine solide Technik kann man nicht das ausdrĂźcken auf dem Instrument, was man sagen mĂśchte. Aber ich war nie fasziniert von
Ein neues Instrument ist wie Rßckenwind her fehlte mir die Zeit und die Konzentration fßr das Komponieren. Ich denke, man braucht eine Periode im Leben, wo man sich dafßr frei machen kann. Das Fokussieren musste Vojin erst lernen. Als er nach Zßrich kam, hätte er am liebsten parallel zur klassischen auch Jazz-Gitarre studiert. Die Zulassung dafßr hatte er ebenfalls in der Tasche. Aber dann hat er eingesehen, dass es doch sinnvoller ist, Schritt fßr Schritt seinen Weg zu gehen. Was nicht heisst, dass seine vielen Interessen deswegen zu kurz kommen wßrden. Hin und wieder leiht er sich von der Hochschule eine E-Gitarre und tobt sich aus à la Gary Moore oder Jimi Hendrix. Wegen Gary Moore habe ich ßberhaupt angefangen, Gitarre zu spielen, und die Rock-Gitarre ist heute auch oft ein Ventil fßr mich. Aber auch Renaissance- und Barockgitarre, ebenso wie Theorbe hat Vojin ausprobiert und erforscht und ist mit diesen historischen Instrumenten auch schon aufgetreten. Eine Vielseitigkeit, die fßr ihn selbstverständlich ist: Wenn ich mich Gitarrist nennen will, muss ich mich doch auskennen mit diesem Instrument, und mindestens eine Ahnung davon haben, welche Musik in der Geschichte dafßr komponiert worden ist.
Jimi Hendrix-Imitator In die Wiege gelegt, wurde das Gitarrespielen dem 1990 geborenen Knaben nicht. Aber die Mutter spielte Klavier, und der Vater war ein grosser Fan von Rockmusik und spielte ihm die CDs der GitarrengrÜssen vor. Bald imitierte der kleine Vojin selber Jimi Hendrix und versuchte mit den Zähnen die E-Gitarre zu bearbeiten. Aber mit acht Jahren bekam
mĂśglichst hoher Virtuosität. Das ist vielleicht interessant fĂźr das Auge, mĂśglichst viele Noten, mĂśglichst schnell zu spielen. Aber ich bin eher der Typ, der auf die Musik fokussiert, mit kĂźhlem Kopf aber warmem Herz. Wenn ich auftrete, versuche ich, die technischen Schwierigkeiten zu vergessen. Ich schliesse die Augen und versuche mich nur auf die Musik zu konzentrieren.Âť Welche Rolle spielt bei den Gitarristen eigentlich das Instrument? Gibt es Marken wie bei den Pianisten, spielt man mĂśglichst historische Instrumente wie bei den Streichern? ÂŤGute Gitarren sind eigentlich immer neu gebaut. Es gibt viele gute Gitarrenbauer heute, einer der besten ist Greg Smallman aus Australien. Sehr berĂźhmt, und sehr teuer. Eine gute Gitarre kostet gerne 25â&#x20AC;&#x2DC;000 Franken. Ich war noch in Serbien und brauchte dringend ein gutes Instrument fĂźr zwei anstehende Wettbewerbe. Ich fragte Smallman an, und erfuhr, dass die Warteliste lang ist, und ich nicht vor vier Jahren mit einem Instrument rechnen konnte. Aber ich liess nicht locker, schickte ihm CDs und Videos, und versuchte ihm klar zu machen, dass es mir ernst ist mit einer Karriere als Gitarrist. Und ich konnte ihn Ăźberzeugen: Nach sechs Monaten hatte ich mein Instrument. Einen Monat vor dem Wettbewerb. Das ist sehr kurz, aber ein neues Instrument ist wie RĂźckenwind, man kriegt nicht genug davon, seine MĂśglichkeiten bis ins Letzte auszuprobieren.Âť Und der Gitarrenklang ist sehr variabel, erzählt Vojin. ÂŤSegovia sagte: Die Gitarre ist wie ein kleines Orchester. Und das stimmt. NatĂźrlich sind wir sehr leise, aber wir haben sehr viele Klangfarben.
Eine kleine Veränderung der Stellung der rechten Hand macht grosse Unterschiede. Man kann einen Ton produzieren, der wie der Anfang eines Trompetentons klingt. Oder im Bass kann eine Gitarre klingen wie ein Cello. Deswegen funktionieren auch die vielen Arrangements sehr gut. Man kann fast alles machen, bis hin zu den impressionistischen Farben von Debussy. Vojin â&#x20AC;&#x201C; wen wunderts? â&#x20AC;&#x201C; hat die beiden Wettbewerbe auf seiner Smallman natĂźrlich gewonnen. Bei einem anderen, 2010 in Paris, bestand ein Teil des Preises in einer CD-Einspielung. Und es erstaunt doch, zu hĂśren, dass dieser Gitarren-Ă&#x153;berflieger sich bisher nicht getraut hat, sein Spiel auf einer CD zu dokumentieren. Jetzt aber, nach dem Abschluss des Studiums, nach dem Luzerner Rezital, nach dem grossen (hoffentlich letzten) Wettbewerb in Alessandria, nimmt er das Projekt im Winter in Angriff: ÂŤIch will Liveaufnahmen machen, es soll keine Studioeinspielung werden, das heisst, ich muss hundert Prozent bereit sein. Meistens, wenn ich die Mitschnitte meiner Konzerte hĂśre, finde ich immer ganz viele Dinge, die mir nicht wirklich gefallen, auch wenn anderes ganz in Ordnung ist. Aber meistens habe ich Ăźberhaupt keine Lust, mir zuzuhĂśren.Âť Das CD-Programm steht noch nicht fest. Vojin schwebt entweder eine Gesamteinspielung des Gitarrenwerks von Giulio Regondi (von dem er auch ein StĂźck in Luzern spielt) oder dann ein Rezital-Programm vor. Das Konzert in Luzern wird auch aufgenommen und verĂśffentlicht. ÂŤNoch ein Grund, hundert Prozent bereit zu sein, damit ich mir selber dann vielleicht doch zuhĂśren mag.Âť O
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Die vielfältigen Facetten des Komponisten und Dirigenten Pierre Boulez
Verstand und Sinnlichkeit Pierre Boulez feiert 2015 seinen 90. Geburtstag. Lucerne Festival nimmt das zum Anlass, den französischen Komponisten und Dirigenten zu feiern. Als Gründer und künstlerischer Leiter der Lucerne Festival Academy ist Boulez dem Lucerne Festival seit vielen Jahren eng verbunden. Am 23. August öffnet das Festival die Säle des KKL Luzern und lädt Sie ein zu einem ganztägigen Marathon der Moderne: Gemeinsam mit Mitgliedern des Ensemble intercontemporain interpretieren die Studierenden der Lucerne Festival Academy wichtige, schon heute zu «Klassikern» gewordene Meisterwerke des Jubilars. Und weil Boulez nie bloss zurückgeblickt, sondern immer das Neue gesucht hat, tritt sein Schaffen in einen Dialog mit Uraufführungen zahlreicher Gratulanten. Reinhard Kager (Text) & Priska Ketterer (Bilder)
thema auch der Deutsche Karlheinz Stockhausen und der Italiener Luigi Nono massgeblich beteiligt waren. «Polyphonie X» enthält auf verschiedenen Ebenen Reihenstrukturen, die einander kreuzen und in einem Umkehrund Austauschvorgang befindlich sind. Das ,X› im Titel des Werks ist daher auch als grafisches Symbol zu verstehen, das den kompositorischen Strukturgedanken versinnbildlichen soll: ein «Kreuzspiel» (1951/59), wie Stockhausen eine nicht minder bedeutsame serielle Komposition der ersten Stunde nannte. Das klangliche Resultat der mit geradezu mathematischer Genauigkeit konstruierten Komposition ist nüchtern, streng, puristisch. Diese Nicht-Expressivität erhitzte die Gemüter. Heute, mit neunzig Jahren, sieht Boulez die einstigen Aufregungen natürlich weit gelassener – und kritischer: «Die teilweise absurd strengen Gesetze,
nach denen man Anfang der 1950erJahre gearbeitet hat», erzählte der französische Komponist dem Autor, hätten tendenziell dazu geführt, «ein Skelett zu zeigen». Deshalb sei es schon wenig später sein Ziel gewesen, «wieder Spontaneität, Ausdruck und Freiheit innerhalb der Disziplin zu finden.» Bereits in den 1950er-Jahren versuchten Boulez, Nono und Stockhausen auf je eigene Weise, die Prinzipien des seriellen Denkens in Kompositionen weiterzuentwickeln, die nicht nur den Reihenprinzipien, sondern auch einer innermusikalischen Logik folgen. Zu jenen Stücken aus dieser Übergangsphase zählt etwa «Le marteau sans maître» für Mezzosopran und sechs Instrumentalisten (1953/55), in dem Boulez den Gesang nicht bloss zur musikalischen Illustration des Texts von René Char zu verwenden, sondern als gleichberechtigtes Moment in den
«Ein Tag für Pierre Boulez» Pierre Boulez, der Gründer und Künstlerische Leiter der Lucerne Festival Academy, feiert 2015 seinen 90. Geburtstag. Lucerne Festival nimmt das zum Anlass, Pierre Boulez zu feiern. Am 23. August öffnen wir die Säle des KKL Luzern und laden Sie ein zu einem ganztägigen Musikmarathon: Gemeinsam mit den Mitgliedern des Ensemble intercontemporain interpretieren die Studierenden der Lucerne Festival Academy wichtige, schon heute zu «Klassikern» gewordene Meisterwerke des Jubilars. Und weil Boulez nie bloss zurückgeblickt, sondern immer das Neue gesucht hat, tritt sein Schaffen in einen Dialog mit Uraufführungen zahlreicher Gratulanten.
Im Oktober 1951 hatte ein mittleres Erdbeben die Musikwelt erschüttert und einige Kritiker so in Rage gebracht, dass sie von einem Totengräber der Musik sprachen, dessen Werk in einem Verwesungsprozess befindlich sei. Dem solche Schelte galt, war ein damals 26 Jahre junger Schüler von Olivier Messiaen und René Leibowitz, der das bis dahin übliche musikalische Material radikal zuspitzte, aufsprengte und aufhob. Sein Name: Pierre Boulez; das Stück: «Polyphonie X» für 18 Soloinstrumente. Was mochte bei der Uraufführung dieser viertelstündigen Komposition in Donaueschingen solch einen Schock verursacht haben? Anknüpfend an Arnold Schönberg, hatte der am 26. März 1925 in Montbrison geborene Boulez die Zwölftontechnik um einige entscheidende Komponenten bereichert: Nicht nur die Tonhöhe, sondern auch die Dauer, Dynamik und Artikulation der Töne werden von ihm durch Reihenkonstruktionen bestimmt. Das war die Geburtsstunde der seriellen Musik, an deren Entstehung ausser Boulez
13.30, 18.00 und 19.00 Uhr, KKL Luzern, Dachterrasse Chiaki Tsunaba, Justin Frieh Boulez Dialogue de l’ombre double für Klarinette und Tonband
16.00 Uhr, KKL Luzern, Terrassensaal Boulez-Hommage 5 Streichquartette der Lucerne Festival Academy Boulez Livre pour Quatuor
14.00 Uhr, KKL Luzern, Luzerner Saal Boulez-Hommage 1 Ensemble intercontemporain, Studierende der Lucerne Festival Academy, Matthias Pintscher Boulez Rituel in memoriam Bruno Maderna Uraufführungen von Pintscher und Mason
17.00 Uhr, KKL Luzern, Luzerner Saal Boulez-Hommage 6 Ensemble intercontemporain, Studierende der Lucerne Festival Academy, Matthias Pintscher, Sarah Maria Sun Boulez Sur Incises Uraufführungen von Holliger und Machover
15.15 und 16.00 Uhr, Kunstmuseum Luzern Boulez-Hommage 2 & 3 Ensembles der Lucerne Festival Academy Julien Leroy, Yi Wei Angus Lee, Raphaël Ginzburg, Jaclyn Dorr Boulez Messagesquisse (zwei Fassungen) Boulez Mémoriale (… explosante-fixe … Originel)
18.30 Uhr, KKL Luzern, Konzertsaal Einführung zum Sinfoniekonzert 10 | Response-Projekt zu Boulez’ Notations mit Richard McNicol, Aleksandar Acev und Luzerner Kindern
15.15 Uhr, KKL Luzern, Terrassensaal Boulez-Hommage 4 | Streichquartette der Lucerne Festival Academy Berg Lyrische Suite
19.30 Uhr, KKL Luzern, Konzertsaal Sinfoniekonzert 10 – Boulez-Hommage 7 Lucerne Festival Academy Orchestra Mariano Chiacchiarini, Julien Leroy, Matthias Pintscher Boulez Notations I–IV und VII (Fassungen für Klavier und Orchester) Pintscher Osiris Uraufführungen von Kurtág, Moussa, Peszat und Rihm
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musikalischen Gesamtkontext zu integrieren suchte. Wesentliche Schritte auf dem Weg zu einer neuen Freiheit, setzte Boulez in den zwischen 1956 und 1961 komponierten «Structures pour deux pianos, Livre II», die aus dem Material eines der strengsten je komponierten seriellen Werkes, den 1951–52 entstandenen «Structures I», mittels neuer, flexiblerer Formen entwickelt wurden. Dazu liess sich Boulez durch die Aleatorik John Cages inspirieren: Die Abfolge einiger Passagen des rund halbstündigen Stücks sowie die Auswahl der Artikulationstechniken werden nämlich den Interpretinnen und Interpreten überlassen. Bei der Uraufführung 1961 in Donaueschingen, die Boulez selbst gemeinsam mit Yvonne Loriod spielte, war «Chapitre II» der «Structures II» folgerecht in zwei Versionen zu hören. Womit eine weitere Facette dieses vielseitigen Künstlers aufleuchtet: jene als Interpret seiner eigenen Werke und bald auch
schon als Dirigent von internationalem Rang. 1959 bei den Donaueschinger Musiktagen für den erkrankten Hans Rosbaud eingesprungen, hatte Boulez‘ Auftritt mit dem Südwestfunk-Orchester Baden-Baden solch ein Aufsehen erregt, dass zahlreiche Einladungen unter anderem nach Los Angeles, Cleveland und New York folgten, wo er von 1971 bis 1977 das New York Philharmonic Orchestra leitete. Gleichzeitig, von 1971 bis 1975, war Boulez auch Chefdirigent des BBC Symphony Orchestra in London. In die Musikgeschichte eingegangen sind nicht nur seine Deutungen der Werke Gustav Mahlers und Claude Debussys, sondern vor allem auch seine Interpretation von Richard Wagners «Ring des Nibelungen» in der Bayreuther Inszenierung von Patrice Chéreau Ende der 1970er-Jahre. Obwohl Boulez nach den Structures II nur noch zwei kurze Soloklavierwerke komponierte, wirkt die Gedankenwelt dieses Stücks mit seinen
beständigen Verweisen, Querverbindungen und offenen Abfolgen in vielen seiner Orchester- und Ensemblestücken von «Pli selon pli» (1957/89) und «Éclat» (1965) bis zu «Répons» (1981/85) und «…explosante-fixe…» (1991/93) fort. Wie wichtig für Boulez selbst sein frühes Klavierschaffen ist, zeigt sich auch in zahlreichen Bearbeitungen: Drei Jahrzehnte nach dem Entstehen seines Opus 1, den «Douze Notations», begann er fünf dieser kurzen Klavierstücke für grosses Orchester umzuarbeiten. Auch sein bislang vorletztes Klavierwerk, «Incises» (1994/2001) fand in dem Ensemblestück «Sur Incises» (1996–98/2006) einen auch in den zeitlichen Dimensionen erheblich vergrösserten Widerhall. Boulez› Hang, Stücke einer Revision zu unterziehen, sie umzuarbeiten und weiterzudenken, führte 1969 zumindest indirekt zu einer für sein Schaffen enorm wichtigen Gründung: des Pariser «Institut de Recherche et de Coordina-
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tion Acoustique/Musique», kurz IRCAM genannt. Womit eine dritte Facette dieses vielfältigen Künstlers aufblitzt: jene des Organisators und Initiators Boulez, der seit der Eröffnung dieses führenden Elektronik-Instituts im Jahr 1977 entscheidende Impulse für die Entwicklung der elektronischen Musik in Europa gab. Ein Jahr davor, 1976, hatte er mit dem «Ensemble InterContemporain» auch eines der ersten europäischen Kammerorchester ins Leben gerufen, das sich ganz dem Repertoire des zeitgenössischen Komponierens verschreibt. Auf die Gründung des IRCAM drängte Boulez nicht zuletzt deshalb, weil er mit seinem ersten elektronischen Stück 1958 in Donaueschingen gescheitert war: Bereits damals hatte sich der französische Komponist mit der Verbindung von instrumentalen und künstlich erzeugten Klängen auseinandergesetzt. Doch war «Poésie pour pouvoir» für Tonband und drei Orchester gedanklich dem Stand der Technik dieser Zeit
so weit voraus, dass Boulez dieses Stück nach der Uraufführung wieder zurückzog. Das Tonband erwies sich als zu unflexibel, um eine wirklich fluktuierende Beziehung zwischen elektronischen und instrumentalen Klängen herstellen zu lassen. Was Boulez vorschwebte, die Veränderung der Instrumentalklänge in Echtzeit, wurde erst durch die Entwicklung des Computers möglich gemacht. Dieses live-elektronische Verfahren wandte Boulez erstmals 1981 in seinem Ensemblestück «Répons» an – unterstützt vom «4X», einer leistungsfähigen Workstation, die Giuseppe di Giugno am IRCAM entwickelte. Mit Hilfe dieses elektronischen Equipments realisierte Boulez eine Art modernes Responsorium, in dem die Klänge räumlich aufgefächert werden: Durch eine elektronische Steuerung wandern diese gleichsam zwischen sechs Lautsprechern im Saal, in dessen Mitte das 24-köpfige Ensemble platziert ist, das mit sechs, wechselweise
auch elektronisch verfremdeten Solisten kommuniziert. Als Weiterentwicklung von «Répons» war zwischen 1991/93 ein weiteres elektronisches Werk für Ensemble und drei Soloflöten entstanden: «…explosantefixe…» erinnert an ein instrumentales Tripelkonzert, zumal der Einsatz einer der drei Soloflöten als MIDI-Instrument dem Stück an einigen Stellen geradezu orchestrale Dichte verleiht. Im fiktiven Zusammenspiel mit ihren eigenen, elektronisch reproduzierten Klängen befindet sich wiederum die Soloklarinette in «Dialogues de l›hombre double» (1984), in dem die Töne gleichfalls raffiniert im Raum bewegt werden. Kein Zweifel, mit Hilfe der Live-Elektronik und neu erdachter musikalischer Formen ist Pierre Boulez seit den 1980er-Jahren an sein Ziel gelangt: eine komplexe neue Musik zu schaffen, die dennoch nicht an ihrem eigenen Regelwerk erstickt und dadurch zum Vorbild künftiger GeneraO tionen wurde.
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Johannes Willi: «Wir sind gewohnt, in festen Kategorien zu denken. Ich möchte diese starren Vorstellungen aufbrechen und Denkräume dazwischen öffnen, in denen komplexe Fragestellungen möglich sind».
Johannes Willi – an den Schnittstellen zwischen Leben und Kunst
Beethoven vom Baumarkt Der Künstler Johannes Willi ist Gewinner des dritten gemeinsamen «Soundzz.z.zzz…z»-Wettbewerbs von Lucerne Festival und Kunstmuseum Luzern. Im Konzertsaal des KKL lässt er Beethovens Fünfte Sinfonie aufführen – mit Instrumenten, die er selbst aus Alltagsmaterialien hergestellt hat. Geplant ist eine amüsante, aber auch hintergründige Performance. Ein Atelierbesuch. Alfred Ziltener (Text) & Priska Ketterer (Bilder)
Im Atelier des jungen Basler Künstlers Johannes Willi ist kaum noch Platz für Besucher. Man steigt behutsam über die vielen Musikinstrumente, die über den ganzen Boden verstreut sind, umkurvt vorsichtig herumliegende Celli und Kontrabässe um zu den beiden Stühlen am Fenster zum Rhein zu gelangen. Die Instrumente sind Bestandteile des
Projekts «Beethovens Fünfte Sinfonie», das der Künstler am diesjährigen Lucerne Festival präsentieren wird. Er hat damit den Wettbewerb «Soundzz.z.zzz...z» gewonnen, den das Festival und das Kunstmuseum seit 2013 gemeinsam jedes Jahr ausschreiben. Dabei kann jeweils ein junger Künstler eine performative Arbeit an der Schnittstelle
von Musik und Bildender Kunst realisieren. Die Instrumente hat Willi selbst gebaut, improvisierend, ohne profundes musikalisches Wissen. Die «klassische» Musik sei ihm eigentlich eher fremd, erzählt er. Die Materialien hat er sich im Baumarkt besorgt. So besteht der Korpus der Streichinstrumente aus
thema Pappelholz, das normalerweise für Laubsägearbeiten verwendet wird, die Saiten sind aus Stahldraht. Die Bogen, ebenfalls aus Laubsäge-Holz, sind mit Bast bespannt, die Pauken aus Kupferblechplatten zusammengenietet. Hörner, Trompeten und Posaunen hat Willi aus Kupferblech und Sanitär-Rohren gelötet. Die Grösse ist in etwa jene der richtigen Instrumente; Willi hat sich nach den Massangaben bei Wikipedia gerichtet. Insgesamt 49 solcher Instrumente hat der Künstler geschaffen, die Besetzung eines kleinen Sinfonieorchesters also. Am 29. April wird die Lucerne Festival Academy unter dem jungen argentinischen Dirigenten Mariano Chiacchiarini in einer Matinee im Grossen Saal des KKL mit Willis Kreationen Ludwig van Beethovens Fünfte Sinfonie aufführen – besser vielleicht: den Versuch machen sie aufzuführen. Denn wie diese Instrumente klingen, ob sie überhaupt klingen, wird sich erst dann zeigen. Und natürlich haben sie ihre spieltechnischen Tücken, auf welche die Musiker erst während des Konzerts reagieren können. Geprobt wird zuvor nämlich auf den eigenen, konventionellen Instrumenten. Willis Nachbauten werden dem Orchester erst eine halbe Stunde vor Konzertbeginn ausgehändigt, so dass gerade mal Zeit bleibt für ein erstes Anspielen. Es sei auch nicht sicher, sagt Willi, dass die teilweise fragilen Konstruktionen das Konzert heil überstehen; es könne gut sein, dass etwa eine Geige dem temperamentvollen Bogenstrich des Interpreten nicht gewachsen sei. Damit kommen ganz neue Herausforderungen auf die Musiker zu – und das Publikum wird wohl einiges zu lachen haben, ganz dem diesjährigen Festivalmotto «Humor» entsprechend. Das Konzert wird auf Video und in einer eng limitierten künstlerisch gestalteten Edition von zehn AcetatSchallplatten festgehalten. In den zwei Wochen vor und nach der Performance sind die Instrumente im Kunstmuseum Luzern ausgestellt und zu besichtigen. Nach dem Konzert werden sie nicht repariert, sondern kehren so, wie sie sind, ins Museum zurück. Ist das alles einfach ein sehr aufwendiger Gag? Eine Beethoven-Parodie gar? Nein, erklärt Willi. Auf die «Fünfte» hätten sich die Festivalleitung und er selbst geeinigt, weil sie sehr bekannt sei; das Publikum wisse, wie sie eigentlich klingen müsste, und nur so könne die Performance ihre Wirkung entfalten. Dabei sollen sich die Leute natürlich amüsieren, doch es geht dem Künstler um mehr. Das Projekt, das er schon lange mit sich herumgetragen
hat, nimmt denn auch Themen auf, die ihn in seiner künstlerischen Arbeit immer wieder beschäftigen. Willi ist auf einem Umweg zur Bildenden Kunst gekommen. 1983 in Basel geboren, im basellandschaftlichen Lausen aufgewachsen, hat er zunächst ein Jahr als Moderator und Redaktor beim damaligen Jugendsender «Viva» gearbeitet, und anschliessend an der Zürcher Hochschule der Künste den Studiengang «Style and Design», mit dem Schwerpunkt Trendforschung, belegt. Für seine Bachelor-Arbeit hat er Handwerker aus unterschiedlichen Berufen interviewt und mit der Kame-
Grenzphänomen, einerseits Buch, andererseits Kunstgegenstand. – Das Beethovenprojekt wiederum bewegt sich zwischen Bildender Kunst und Musik. Zwar sind Willis Instrumente Kunstobjekte und werden ja auch im Museum gezeigt, aber Musiker erzeugen darauf Klänge. – Bei unserem Gespräch Mitte Juli stand das erste Treffen zwischen Künstler und Musikern noch bevor, bei dem Willi seine Absichten erklären sollte. Er sei gespannt auf ihre Reaktion, erzählt er. Sie müssten schliesslich ihre gewohnten Gleise verlassen, denn mit den erlernten Spieltechniken kämen sie nicht weiter.«Ich hoffe, dass sie diese
«…lustvoll und mit einer Prise Selbstironie» ra porträtiert. Diese Faszination für das Handwerk schwingt auch im Projekt «Beethovens Fünfte Sinfonie» mit, einerseits für das Handwerk des Instrumentenbauers, andererseits für jenes der Musiker, die er als «Handwerker im besten Sinn» betrachtet. Das Studium habe ihm, erzählt er, neue Wege gewiesen, vor allem jenen zur Bildenden Kunst. So wechselte er an das Institut Kunst der Fachhochschule Nordwestschweiz, wo er 2013 mit dem Master abschloss. Möglicherweise ist diese Ausbildung in zwei Sparten mit ein Grund dafür, dass Willi sich besonders mit den Schnittstellen zwischen unterschiedlichen Bereichen des Lebens und der Kunst beschäftigt. Ihn interessiert das Uneindeutige, das dem Denken Freiheit gibt. «Wir sind gewohnt, in festen Kategorien zu denken. Ich möchte diese starren Vorstellungen aufbrechen und Denkräume dazwischen öffnen, in denen komplexe Fragestellungen möglich sind», erklärt er im Gespräch. So hat er vor einigen Jahre als Werbe-Model für einen Znüni-Snack gearbeitet; das entsprechende Plakat hat er später gerahmt und in einer Ausstellung gezeigt: Ist das nun noch Werbung – oder doch Kunst? Die Frage muss sich wohl jeder selbst beantworten. Willi ist auch Initiant und Leiter der Kunstbuchmesse «I Never Read, Art Book Fair Basel» die seit vier Jahren jeweils während der ART Basel stattfindet – auch das Kunstbuch ist ja ein
Herausforderung lustvoll und mit einer Prise Selbstironie annehmen. Die neuen Instrumente geben ihnen ja auch die Freiheit, selber kreativ zu werden und im Laufe der Aufführung eigene Strategien zu entwickeln, um die Tücken der Objekte zu überwinden. In diesem Sinn gebe ich ihnen Carte Blanche. Und damit entfällt auch der Druck der Konzertsituation; hier braucht für einmal keiner Angst vor dem Versagen zu haben.» Willi sieht die Performance auch als Abenteuertrip, den die Musiker gemeinsam bewältigen müssen. Von dieser Gemeinschaft nimmt er sich nicht aus: «Ich bin der Instrumentenbauer und stehe quasi mit dem Orchester auf O dem Podium.»
Johannes Willi – Beethoven Beethovens Fünfte Sinfonie – Performance mit der Lucerne Festival Academy 29. August 2015, 11.00 Uhr, KKL Luzern, Konzertsaal Präsentation der gebauten und verwendeten Instrumente 14. – 28. August / 30. August – 13. September 2015 Kunstmuseum Luzern Finissage und LP-Release 13. September 2015, 15.00 Uhr Kunstmuseum Luzern
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Musiques Suisses â&#x20AC;&#x201C; Schweizer Klassik, Neue Volksmusik und Jazz
David Philip Hefti
Grammont Portrait CTS-M 145 1 2 3 4
Magma Lichter Hall Beethoven-Resonanzen Hamlet-Fragment
5 Klangscherben 6 Interaktionen 7 Adagietto
MGB CD 6284 Malwina Sosnowski, Violine Rebekka Hartmann, Violine Benyamin Nuss, Klavier
Urs Bollhalder Trio
hornroh modern alphorn quartet
Eventide
gletsc
MGB-NV 31
MGB Jazz 15
(2 CDs)
Balthasar Streiff, Alphorn und BĂźchel Michael BĂźttler, Alphorn und BĂźchel Jennifer Tauder, Alphorn und Stimme Lukas Briggen, Alphorn Gast: Pit Gutmann, Perkussion und Klangobjekte
Urs Bollhalder, Klavier Heiri Känzig, Kontrabass Kevin Chesham, Schlagzeug
online shop: www.musiques-suisses.ch Musiques Suisses/Neue Volksmusik wird getragen von Pro Helvetia, Suisa-Stiftung, Gesellschaft fßr die Volksmusik in der Schweiz, Haus der Volksmusik Altdorf und Migros-Kulturprozent. Pro Helvetia, Suisa, Suisa-Stiftung, Schweizerischer Tonkßnstlerverein, Schweizer Radio- und Fernsehgesellschaft und Migros-Kulturprozent bilden die Trägerschaft von Grammont Portrait.
Ein Projekt des
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Jürg Wyttenbach ist Composer-in-Residence beim Lucerne Festival 2015
Der Unfall Jürg Wyttenbach ist kein Komponist, der im Abstrakten operiert. Zwar empfing auch er einst serielle Anregungen und experimentierte auf diesem Feld. Aber irgendwann genügte es ihm nicht mehr, die Töne brachen aus und auf, gebärdeten sich, aktionistisch, theatral – und so entstand Wyttenbachs eigener Stil. Der Berner Komponist und Pianist ist diesen Sommer Composer-in-Residence beim Lucerne Festival und erinnert sich dabei musikalisch an seine Freundschaft mit Mani Matter. Thomas Meyer (Text) & Priska Ketterer (Bilder)
composer versität; daneben begann er mit seinen Chansons aufzutreten und wurde zum wohl bekanntesten der Berner Troubadours. Wyttenbach hingegen wählte direkt die künstlerische Laufbahn, studierte in Bern bei Kurt von Fischer Klavier, und wie so viele seiner Altersgenossen Komposition bei Sándor Veress; dann ging er nach Paris zu Yvonne Lefébure und Joseph Calvet, unterrichtete später und wohnt sein Langem in Basel.
Da haben wir schon vieles beisammen, was die Musik dieses Komponisten ausmacht. (Er ist, nebenbei gesagt, auch ein engagierter Dirigent und ein hervorragender Pianist: Man höre sich einmal die Hammerklaviersonate und die dritte Boulez-Sonate mit ihm an!) Wyttenbach liebt den schrägen Witz in Wort und Musik, spielt gern mit den Genres, verdreht sie und führt sie zu ungewohnten Resultaten. Insofern passt er bestens
«Fortgesetztes Inhalieren von Luftschlössern schadet Ihrer Gesundheit!»
«Jetz blased eus i d Schue, jetz heimer gnue», reimten die beiden zur Maturafeier 1955 und verabschiedeten sich mit einem Fusstritt von ihren Lehrern. Die frechen Verse entsprangen nicht dem Moment, sondern setzten einen ersten Punkt hinter eine lange gemeinsame Zeit. Seit dem Kindergarten waren Jürg Wyttenbach und Mani Matter befreundet, sie gingen gemeinsam zur Schule, ins Progymnasium am Waisenhausplatz und ins Gymnasium Kirchenfeld – und dürften da schon so manchen artistischen Streich geführt haben. Ihre Wege führten danach auseinander: Matter begann in Bern Jus zu studieren, was er auch bis zum Doktor durchzog. Später unterrichtete er an der dortigen Uni-
Freilich setzten sie auch nach der Matura ihre Freundschaft und die Zusammenarbeit fort. Als Wyttenbach für einen Weihnachtsmarkt Melodien auf volkstümliche Gedichte komponiert hatte, mit den Texten aber unzufrieden war, schrieb ihm Matter neue unter die bestehende Musik. So entstand, wie Wyttenbach erzählt, «ein Zyklus, in dem wir die Geschichte weiterzogen»: die zehn Scherzlieder Sutil und Laar. Weitere Projekte folgten, diverse Canzonen etwa. Geplant war vor allem eine Oper, in der die beiden das Genre auseinandernehmen wollten – nach allen Regeln der Kunst zerlegten sie es in seine Bestandteile: Sologesang, Chorgesang, Gestik, Instrumentalmusik, und setzten sie neu zusammen. Heraus kam die Geschichte eines Cellisten, der in dreifacher Person auftritt: als Pantomime-Clown, als vernünftiger Sprecher und als emotional reagierender Cellist. Die Hamburger Staatsoper, geleitet damals vom initiativen Rolf Liebermann, war interessiert. Titel: Der Unfall. Der Text lag vor; Wyttenbach war schon am Komponieren, da starb Mani Matter am 24. November 1972 in Kilchberg am Zürichsee – bei einem Autounfall. «Danach hatte ich keine Lust mehr daran weiter zu arbeiten», sagt Jürg Wyttenbach. Und doch liess ihn das Projekt nie ganz los. Es hat ihn regelrecht verfolgt. Erst jetzt freilich, nach über vierzig Jahren, konnte er sich wieder daran wagen. Altes hat er übernommen, neues hinzukomponiert; und so wurde Der Unfall als Madrigalspiel für zehn Mitwirkende vollendet. Beim Lucerne Festival, wo Wyttenbach heuer neben Tod Machover als Composer-in-Residence zu Gast ist, wird es nun uraufgeführt – unter dem Gesamttitel: «WyttenbachMatterial».
zum Luzerner Festivalthema «Humor». Ein Vorbild dafür ist ihm der wortgewaltige François Rabelais (1494-1553), dessen Riesengestalten Gargantua, Badebec und Pantagruel immer wieder durch sein Oeuvre geistern. Die Bücher des französischen Arztes, Naturwissenschaftlers, Diplomaten, Humanisten und Schriftstellers hätten ihn sofort in den Bann gezogen, sagt Wyttenbach. Rabelais habe alle französischen Dialekte in seine Sprache einbezogen, über einen gigantischen Wortschatz verfügt und dabei mit
Jürg Wyttenbach – «Composer-in-Residence» 21. und 22. August, 19.30 Uhr, Luzerner Theater «WyttenbachMatterial» Instrumental- und Vokalwerke. U.a. «Der Unfall» (UA) Basler Madrigalisten, Raphael Immoos (Dirigent). Désirée Meiser (Szenische Einrichtung) 22. August, 11.00 Uhr, MaiHof «Moderne 2» U.a. «Cortège pour violon, accompagné de …La Fanfare Harmonie du village» Junge Philharmonie Zentralschweiz, Jürg Wyttenbach (Leitung) Carolin Widmann (Violine) 22. August, 16.00 Uhr, MaiHof «Moderne 3» «Gargantua chez les Helvètes due HautValais oder: Was sind das für Sitten?» UA der Bearbeitung für Ensemble, Alpini Vernähmlassig, Franziskus Abgottspon (Sprecher)
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composer
Altes übernommen, neues hinzukomponiert – Jürg Wyttenbachs einst mit Mani Matter für Hamburg geplante Oper kommt unter dem sinnigen Titel «WyttenbachMatterial» als Madrigalspiel zur späten Uraufführung.
composer literarischen Formen wie der konkreten Poesie oder dem inneren Monolog experimentiert, die erst im 20. Jahrhundert wieder aktuell wurden. «Sein grosser Freiheitsdrang ist wie ein Strom, der alles überschwemmt und in dem alles Platz hat, das Verrückteste und das Blasphemischste, aber auch das Intelligenteste. Für mich ist er der erste moderne, aufgeklärte Mensch, und seine Form des ‘Roman fleuve’ spricht mich sehr an. Man kann überall einsteigen und immer wieder etwas Tolles finden, ohne an eine romantische Geschichte gebunden zu sein, die von A bis Z abläuft.» Und er beliess es dabei nicht bei einer Renaissance-Kopie, sondern transferierte Rabelais in die Schweiz. Für die «Deux Chansons burlesques et un Rondeau-Tango suivi d’une Epitaph» hat Wyttenbach die Texte ins Berndeutsche übertragen. In «L’ours bernois aprés la défaite à Marignano» etwa wird der Berner Bär nach der Niederlage von Marignano 1515 verspottet – und diesen Spott bezieht der Komponist gewiss nicht nur aufs 16. Jahrhundert. In der «Badinerie Lamtentoroso» gerät’s manchmal ins Unflätige. Wie so oft müssen die Instrumentalisten dort auch sprechen, singen und agieren. Für die Oberwalliser Spillit hat Wyttenbach daraus sogar ein Musiktheaterstück gemacht: «Gargantua chez les Helvètes du Haut-Valais» oder: «Was sind das für Sitten!?» Der Held gerät da unter die Walliser – was nicht ganz trocken abgeht. Er habe einst als Jugendlicher, so erzählt Wyttenbach, im Oberwallis zum ersten Mal in seinem Leben richtige Volksfeste im Freien mit Musik und Tanz, aber auch mit Saufereien und Schlägereien erlebt. «Auch die Maultiere als Transportmittel sind mir noch in lebendigster Erinnerung, ebenso die Priester in ihren schwarzen Röcken, die oft die gewagtesten Geschichten beim Raclette-Essen erzählten.» Und «im Militär gab es mit den Wallisern immer Krawall, wenn sie etwas zu viel getrunken hatten», – alles ganz wie in jenem bekannten kleinen gallischen Dorf in der Bretagne, das er durchaus gelegentlich zitiert. Das Rabelais’sche schwappt aber auch in die anderen Stücke über. Ein Violinkonzert ist da kein Konzert mehr, sondern wird zum kuriosen Cortège pour violon, accompagné de «La Fanfare Harmonie du village». Die Solistin Carolin Widmann führt darin als «Harlekin des Todes» eine imaginäre Dorfmusik an, die Basstuba wird zum übergewichtigen Bürgermeister, die Trompeten sind zwei Veteranen der Revolution. Inspiriert wurde Wyttenbach dabei von Gustave Courbets Gemälde Ein Begräbnis in Ornans. All das zeigt uns auch: Wyttenbach ist kein Komponist, der im Abstrakten
operiert. Wie seine Altergenossen Heinz Holliger und Hans Ulrich Lehmann hat er zwar einst in Basel von Pierre Boulez und Karlheinz Stockhausen wichtige Anregungen empfangen, und er hat eine Zeit lang auch im Seriellen komponiert, aber irgendwann genügte das nicht mehr, da brachen die Töne aus und auf, gebärdeten sich, aktionistisch, theatral – und so entstand Wyttenbachs eigener Stil. Einen «Anreger neuer Vermittlungsformen und Erfinder hintersinnig skurriler Stücke des instrumentalen Theaters», nannte ihn der Musikschriftsteller Ulrich Dibelius in seinem Buch Moderne Musik II – 1965-1985 und schrieb: «Seit 1969, nachdem er Serielles und Postserielles mit wacher Intelligenz erprobt hatte, sind für Wyttenbach musikalische Verhältnisse und existenzielles Verhalten, besonders in Zuständen von Not, Exaltation, Sinnverfall und Alpträumen, unlöslich aneinander gebunden.» Seine «aufschreckende clowneske Doppelbödigkeit», wie sie etwa in den Matter-Stücken aufscheint, ist zum Beispiel thematisiert in den Trois chansons violées pour une violoniste chantante oder in den Posaunensolo D‘(h)ommage oder: Freu(n) de, nicht…, wo Beethovens Neunte auseinander zitiert wird. Mit diesem Klassiker
hat sich Wyttenbach ohnehin zeitlebens auseinandergesetzt, und das auf kreative Weise: Nicht nur interpretierend, sondern auch den Fragmenten und Skizzen aus den späten Klaviersonaten nachkomponierend und sie weitertreibend – was zu überraschenden Ergebnissen führte. Beethoven: Sacré – Sacré Beethoven? hiess eine andere Hommage von 1977. Sein Schaffen nämlich entzündete sich – gerade auch in der pädagogischen Arbeit an der Musikhochschule – immer wieder an der Vergangenheit. Mozarts Faschingspantomime verwandelte sich so in eine Harlekinade; Arnold Schönberg und Charles Ives gerieten in neue musiktheatrale Zusammenhänge, etwa in der Ives-Collage Patchwork an der Wäscheleine. Und Wyttenbach orchestrierte auch den Liederzyklus Kinderstube von Modest Mussorgski. Sein Umgang ist – bei allem Respekt – stets ein schöpferischer. Dabei bleibt halt manchmal kein Stein auf dem anderen. Bezüglich seiner Serenade in Luftschlössern warnt der Komponist denn auch: «Fortgesetztes Inhalieren von Luftschlössern schadet Ihrer Gesundheit! Wer den Staub von meiner Serenade und den anderen Stücken bläst und dadurch bewirkt, dass das Luftschloss über ihm O einstürzt, ist selber schuld.»
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PREMIEREN SPIELZEIT 2015/16 21. August 2015
UA
18. Februar 2016
WyttenbachMatterial
Venus and Adonis
Kompositionen von Jürg Wyttenbach Musikalische Leitung Raphael Immoos | Inszenierung Désirée Meiser
Oper von John Blow Musikalische Leitung Johannes Strobl Inszenierung Wolfgang Berthold
29. August 2015
UA
20. Februar 2016
Orpheus. Factory.
SE
Monster
Elektronische Kammeroper von Jacob Suske Inszenierung Jacob Suske
Jugendstück von David Greig Inszenierung Annina Dullin-Witschi
5. September 2015
12. März 2016
Albert Herring
Norma
Comic Opera von Benjamin Britten Musikalische Leitung Howard Arman | Inszenierung Tobias Heyder
25. September 2015
Melodramma von Vincenzo Bellini Musikalische Leitung Howard Arman | Inszenierung Nadja Loschky
UA 20. März 2016
Tanz 19: Giselle
Bastien und Bastienne Kinderkonzert
Musik von Adolphe Adam Musikalische Leitung Boris Schäfer Choreografie Gustavo Ramírez Sansano
1. Oktober 2015
Singspiel von Wolfgang Amadé Mozart Musikalische Leitung Florian Pestell Szenische Einrichtung Dominique Mentha
SE 24. März 2016
Bin nebenan
UA, SE
Tanz 21: Bolero plus 2
Stück von Ingrid Lausund Inszenierung Maxime Mourot
Stephan Thoss | Didy Veldman | Idan Sharabi
9. Oktober 2015
8. April 2016
Hamlet
BuschFehrKoch (Arbeitstitel)
Tragödie von William Shakespeare Inszenierung Andreas Herrmann
25. Oktober 2015
Uraufführung von Dominik Busch, Michael Fehr und Ariane Koch In Zusammenarbeit mit Stück Labor Basel und Zürcher Hochschule der Künste
Sweeney Todd
15. April 2016
Musical Thriller von Stephen Sondheim Musikalische Leitung Florian Pestell Inszenierung Johannes Pölzgutter
18. November 2015
Il viaggio a Reims Dramma giocoso von Gioacchino Rossini Musikalische Leitung Howard Arman Inszenierung Dominique Mentha
Kinderstück von Franziska Steiof Inszenierung Claudia Brier
WA «Der Nussknacker»
Choreografie Kinsun Chan
10. Dezember 2015
Onkel Wanja Schauspiel von Anton Tschechow Inszenierung Ueli Jäggi
23. Januar 2016
Béatrice et Bénédict Opéra comique von Hector Berlioz Musikalische Leitung Boris Schäfer Inszenierung Béatrice Lachaussée
13. Februar 2016
Dantons Tod Drama von Georg Büchner Inszenierung Andreas Herrmann
UA SE WA
Schauspiel von Stefano Massini Inszenierung Matthias Kaschig
1. Mai 2016
Undine – Die kleine Meerjungfrau Tanz 20: NUTS!
SE
Lehman Brothers. SE
21. November 2015
UA
20. Mai 2016
Über die Kunst seinen Chef anzusprechen und ihn um eine Gehaltserhöhung zu bitten Kleine Katastrophen von Georges Perec und anderen Inszenierung Andreas Herrmann
25. Mai 2016
UA
Dancemakers Series #7 Choreografien aus dem Tanzensemble
3. Juni 2016
A Child of Our Time Oratorium für Soli, Chor und Orchester von Michael Tippett Musikalische Leitung Howard Arman
Uraufführung Schweizer Erstaufführung Wiederaufnahme
www.luzernertheater.ch
kolumne
Komm raus! Den Witz in einem Musikstück zu entdecken, das ist eine Herausforderung. Sie macht uns zu Wissenden. Und das ist erst einmal ein ziemliches Stück Arbeit. Benjamin Herzog
Einer der letzten, der das begriffen hat, war Loriot. Unvergessen, wie er als fliegenfangender Abwart die Berliner Philharmoniker dirigiert. Beethovens Fünfte aus dem Geist der Fliegenklatsche. Loriot konnte mit einem Bewusstsein rechnen. Für Musik, für den Betrieb, für deren Strukturen. Beethoven, der wildlockige Komponist auf dem Sockel. Der Dirigent als Oberlehrer, als Chef d’Orchestre – und eben nicht als dessen Abwart. Das funktioniert sogar noch immer. Das Bewusstsein eines Systems und somit auch das Erkennen eines Regelverstosses innerhalb dieses Systems. Seminare sind dazu schon abgehalten worden: «Deformation auf der Struktur-Ebene als Merkmal verschleierten Humors in Mozarts instrumentalen Rondos». Oder: «Kitsch als unfreiwillig komischer Moment in Zemlinskys Seejungfrau». Die Titel dieser im Frühling an der Musikhochschule Leipzig abgehaltenen Vorlesungen machen es deutlich: Ohne Wissen kein Witz. Sich dieses Wissen anzueignen, das ist erst einmal ein ziemliches Stück Arbeit.
Musik kann sehr wohl witzig sein. Aus sich selbst heraus, ohne hässliche Königin. Wenn Joseph Haydn in seinen Rondi falsche Zielgeraden einbaut. Wenn Mozart die Dorfmusikanten seines entsprechenden Sextetts KV 522 in «falschen» Tonarten spielen lässt. Ja selbst, wenn Richard Strauss’ Alter Ego im «Heldenleben» vor Musikkritikern und Ehefrauen einknickt. Lustig. Wenn man’s denn versteht. Und das ist die Herausforderung. «Komische Musikstücke sind Verstösse», sagt der Pianist Alfred Brendel. Verstösse bedingen Kenntnis der Regeln. Also nicht das «Schön», wie es uns das Ohr noch so gerne einflüstert. Oder das schmerzhafte Sehnen (nach einer besseren Welt, nach Verschmelzung, nach Gott?), das der Musik seit dem Mittelalter innewohnt und – vielleicht am stärksten – in den Sinfonien Bruckners gipfelt. Wo Inhalt also über das Gefühl transportiert wird. Der Witz bedingt, dass wir uns auskennen. Achtung, jetzt müsste die Tonika kommen! Dass wir Wissende sind oder es werden. Das ist ein hoher Anspruch. Viel Glück! Denn: Alles andere wäre gelacht. O
Bild: Priska Ketterer
Bayreuth, Sommer 2015. In der Pause von «Tristan und Isolde» setzt sich Bundeskanzlerin Angela Merkel im Festspielrestaurant zum Kaffee nieder. Ihr Stuhl bricht zusammen. Merkel auf dem Boden. Ein unfreiwilliger Slapstick. Spass an hehrem Orte. Bayreuth sonst habe ihr dieses Jahr «gut gefallen», liess die Kanzlerin nach der Premiere verlauten. Oder, verschiedentlich schon beobachtet: Dem Geiger eines Streichquartetts platzt eine Saite. Beim Freiluftkonzert weht der Wind einen Notenständer um. Ein Handy klingelt zufällig in der gleichen Tonart wie die Musik, die so gestört wird. Ein bisschen peinlich. Ein bisschen lustig. Aber: Haben Sie schon mal im klassischen Konzert über die Musik selbst gelacht, innerlich geschmunzelt wenigstens? Und das nicht wegen einer geplatzten Saite, sondern wegen der Musik per se. Ich behaupte, «nein»! Versailles, März 1745. In der Grande Ecurie wird Jean-Philippe Rameaus Comédie Lyrique «Platée» vor royalem Publikum aufgeführt. Komisch genug, dass König und Konsorten sich Rameaus neue Oper in einem Pferdestall anhören. Die Opernhandlung dreht sich um die hässliche Wassernymphe Platée, welche von sich glaubt, sie sei ästhetisch unwiderstehlich. Rameaus eitel gurgelnde Opernkröte war eine mehr als deutliche Anspielung auf die neue Gattin des Dauphins, die spanische Infantin Maria Theresia. Ihrerseits offenbar keine Schönheit. Lacher im Publikum waren dieser Musik gewiss. Damals. Wer lachen will, muss verstehen. Braucht Kontext. Braucht eine Königin mit Warzen im Gesicht, die er in einer komischen Gesangsnummer wiedererkennt. Wenn diese Königin aber 250 Jahre alt ist, wo, pardon, ist da der Witz? Im Witz solidarisieren wir uns mit Gleichgesinnten. Mucken auf gegen Autoritäten, schiessen gegen Minoritäten. Witz, komm raus! Der Witz bestärkt die Gruppe. Bratschisten sind faul, darum findet der Bratschist, der seinen Instrumentenkoffer öffnet, eine verschimmelte Bratsche vor und murmelt zerknirscht: «schon wieder». Haha.
Ein heiteres Lachen für ein ernstes Geschehen: Jonathan Nott dirigierte vor zwei Jahren bei Lucerne Festival Wagners «Ring». Dieses Jahr steht Verdis «Falstaff» auf dem Programm.
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© Alexander Shapunov
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MARIINSKY ORCHESTER Valery Gergiev (Leitung) Werke von Prokofjew und Tschaikowski Genf Victoria Hall, Mittwoch, 9. September 2015 Konzertkarten und Informationen: www.migros-kulturprozent-classics.ch Grosse Orchester. Grosse Solisten. Grosse Entdeckungen. Kleine Preise. Orchester-Tourneen in Bern, Genf, Luzern, St. Gallen, Zürich
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service LUCERNE FESTIVAL im Sommer 14. August – 13. September 2015 LUCERNE FESTIVAL 40MIN Bevor der Abend so richtig beginnt, präsentiert die Reihe «LUCERNE FESTIVAL 40min» abwechslungsreiche moderierte Programme, die länger sind als ein blosser Appetizer und doch nicht so lang wie ein komplettes Konzert – und das ganz casual: Einen Dresscode gibt es nicht, Vorwissen ist nicht nötig, und auch der Eintritt ist frei. Hier können Sie einfach mal Festivalluft schnuppern, Sie können sich auf den Konzertabend einstimmen oder prägende Künstler und Werke des Sommers kennenlernen. Nehmen Sie sich 40 Minuten Zeit für Musik! 10x während des Festivals | jeweils 18.20 – 19.00 Uhr | KKL Luzern, Luzerner Saal Mittwoch, 19. August | LUCERNE FESTIVAL 40min 1 Aus Klein mach Gross. Pierre Boulez’ Notations – für Klavier und Orchester (mit dem LUCERNE FESTIVAL ACADEMY Orchestra und Matthias Pintscher) Montag, 24. August | LUCERNE FESTIVAL 40min 2 Alla turca. Mozarts «türkisches» Violinkonzert (mit Isabelle Faust und dem Chamber Orchestra of Europe unter Bernard Haitink) Mittwoch, 26. August | LUCERNE FESTIVAL 40min 3 Ohren auf! Musikalische Entdeckungen mit der LUCERNE FESTIVAL ACADEMY, Folge 1 Donnerstag, 27. August | LUCERNE FESTIVAL 40min 4 Ohren auf! Musikalische Entdeckungen mit der LUCERNE FESTIVAL ACADEMY, Folge 2 Montag, 31. August | LUCERNE FESTIVAL 40min 5 Nebelhörner und Sirenen. Edgard Varèse komponiert New York (mit dem LUCERNE FESTIVAL ACADEMY Orchestra und Pablo Heras-Casado) Mittwoch, 2. September | LUCERNE FESTIVAL 40min 6 Halt auf halber Strecke. Eine musikalische Reise mit vier Schurken Donnerstag, 3. September | LUCERNE FESTIVAL 40min 7 Kinder komponieren, Matthias Pintscher dirigiert. Auf dem Weg zur Sinfonie für Luzern Dienstag, 8. September | LUCERNE FESTIVAL 40min 8 Das Konzert der Zukunft: Fensadense macht den Tönen Bewegung (mit LUCERNE FESTIVAL Young Performance) Mittwoch, 9. September | LUCERNE FESTIVAL 40min 9 Klassik meets Comedy: Igudesman & Joo and Friends Donnerstag, 10. September | LUCERNE FESTIVAL 40min 10 The Joke. Mitglieder des San Francisco Symphony spielen Kammermusik
LUCERNE FESTIVAL LOUNGE Und was passiert nach dem Schlussapplaus? Immer freitags läutet die LUCERNE FESTIVAL Lounge das Wochenende ein: mit Live-Performances zwischen Klassik und Clubkultur. LUCERNE FESTIVAL Lounge 1 21. August | ab 22.00 Uhr | Bourbaki Three Men Riding Horses LUCERNE FESTIVAL Lounge 2 28. August | ab 22.00 Uhr | Bourbaki Isabelle Faust | egopusher LUCERNE FESTIVAL Lounge 3 4. September | ab 22.00 Uhr | Bourbaki Alumni der LUCERNE FESTIVAL ACADEMY
Brönnimann/Cissokho | Classycool | Cobario | Egschiglen | Kolchika | Molotow Brass Orkestar | Palo Santo | Le Pélican Frisé Eröffnungsveranstaltung mit allen Gruppen: Dienstag, 25. August | 17.30 Uhr | Europaplatz beim KKL Luzern Abschlussfest mit allen Gruppen: Sonntag, 30. August | ab 14.00 Uhr an der Seepromenade | ab 16.00 Uhr auf dem Europaplatz beim KKL Luzern Karten und Informationen www.lucernefestival.ch info@lucernefestival.ch +41 41 226 44 80
FESTIVAL-TERMINE | VORSCHAU LUCERNE FESTIVAL Lounge 4 11. September | ab 22.00 Uhr | Bourbaki Ensemble HELIX der Hochschule Luzern – Musik
ZU GAST BEI DER BUVETTE Abwechslungsreiche Open-Air-Konzerte am Ufer des Vierwaldstättersees, gestaltet von FestivalKünstlern, die sich abseits der grossen Bühne und in ungezwungener Atmosphäre mit eigenen Projekten präsentieren: Auch diesen Sommer ist LUCERNE FESTIVAL wieder zu Gast bei der Buvette, der Freiluft-Bar auf dem Luzerner Inseli. Die Konzerte finden an insgesamt drei Donnerstagen – am 20. und 27. August sowie am 3. September − jeweils von 18.00 bis 19.00 Uhr statt; der Eintritt ist frei. Bei schlechtem Wetter bleibt die Buvette geschlossen. Aktuelle Angaben zum Programm erhalten Sie während des Festivals auf www.lucernefestival.ch.
SOUNDZZ.Z.ZZZ…Z Der Schweizer Künstler Johannes Willi, Gewinner des dritten «Soundzz.z.zzz…z»-Wettbewerbs, hat mit Baumarktmaterialien 49 Instrumente nachgebaut, mit denen das LUCERNE FESTIVAL ACADEMY Orchester Beethovens Fünfte Sinfonie musizieren: ein humorvolles Experiment im Spannungsfeld von Kunst und Können. Sämtliche Termine: 14. – 28. August | 30. August – 13. September | 10.00 – 19.00 Uhr | Kunstmuseum Luzern Beethovens Fünfte Sinfonie – Präsentation der Instrumente Samstag, 29. August | 11.00 Uhr | KKL Luzern, Konzertsaal | Eintritt frei Beethovens Fünfte Sinfonie – Performance mit der LUCERNE FESTIVAL ACADEMY
LUCERNE FESTIVAL am Piano 21. – 29. November 2015 Piotr Anderszewski | Angela Hewitt, Festival Strings Lucerne | Pavel Kolesnikov | Denis Kozhukhin | Radu Lupu | Pierre Pincemaille | Maurizio Pollini | Lise de la Salle | Olga Scheps | András Schiff | Jean-Yves Thibaudet u. a. Online-Direktbuchung ab Montag, 3. August 2015, 12.00 Uhr | Schriftlicher Kartenverkauf ab Montag, 10. August 2015 | Schalterverkauf im KKL Luzern ab Samstag, 14. August 2015 | Telefonischer Kartenverkauf ab Mittwoch, 16. September 2015
ALLGEMEINE INFORMATIONEN Ihre Konzertkarte gilt als Fahrschein! Freie Fahrt im Tarifverbund Passepartout In Luzern gilt die Konzertkarte am Veranstaltungstag auch für die Hin- und Rückfahrt zum und vom Spielort innerhalb der Passepartout-Zone 10 (2. Klasse). Gültig ab 3 Stunden vor Beginn und bis 3 Stunden nach Veranstaltungsende. An- und Abreise mit dem Zug: Der 50%-Rabatt im SBB-Netz Gegen Vorweisen Ihrer Konzertkarte erhalten Sie an jedem Schweizer Bahnschalter 50% Ermässigung auf eine Hin- und Rückfahrt nach Luzern in der 1. oder 2. Klasse (Konzertticket muss im Zug bei einer Kontrolle vorgewiesen werden). Mit dem Halbtax kostet die Fahrt lediglich 25% des Volltarifs. Das Spezial-Billett muss vor Reiseantritt an einem Schweizer Bahnschalter, beim Rail Service unter 0900 300 300 (CHF 1.19/Min vom Schweizer Festnetz) oder online im SBB Ticketshop (www.sbb.ch/lucernefestival.ch) bezogen werden.
Dienstag, 25. August – Sonntag, 30. August | 18.00 – 22.00 Uhr (anschliessend im Sentitreff) | Strassen und Plätze der Stadt Luzern
Ermässigungen Studenten, Schüler und KulturLegi-Inhaber Studenten, Schüler, Berufsschüler und Mitglieder JTC bis zum 30. Altersjahr sowie KulturLegiInhaber erhalten bei Vorweisen eines gültigen Ausweises ab einer Stunde vor Konzertbeginn für nicht ausverkaufte Veranstaltungen Karten zu CHF 20. Nachträglich können keine Vergünstigungen gewährt werden. Der Ausweis ist auch bei allfälligen Kontrollen an den Türen des jeweiligen Veranstaltungsorts vorzuweisen. Spezielle Studentenangebote sind unter www.lucernefestival.ch ausgewiesen.
Musik kennt viele Spielarten – und so ist es zu einer schönen Tradition geworden, dass LUCERNE FESTIVAL im Sommer die Strassen und Plätze der Luzerner Altstadt mit Musikgruppen aus aller Welt bevölkert: ein faszinierendes musikalisches Panorama unseres Planeten.
Aktion «Mit dem Nachwuchs ins Konzert» Beim Kauf einer Eintrittskarte für ausgewählte Veranstaltungen erhalten Erwachsene eine gleichwertige Freikarte für ihre jugendliche Begleitung dazu. Die Konzertauswahl finden Sie auf www.lucernefestival.ch.
Sonntag, 13. September | 15.00 Uhr | Kunstmuseum Luzern Beethovens Fünfte Sinfonie – Finissage und LP-Release
IN DEN STRASSEN
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