Preis: EUR 6,50
ZEITSCHRIFT DES | naturschutzbund | HEFT 1-2017
LUST AUF MOLCH & CO? AMPHIBIENSCHUTZ UND AMPHIBIENKRANKHEITEN
Mit Innenteil: Abenteuer Faltertage
Reihe
WAS SPENDENGELDER ERMÖGLICHEN… FOTOS: HANS HOFER (2); UTE NÜSKEN
PROJEKT 15
(LAUBFROSCH)
In jeder Ausgabe stellen wir Ihnen jeweils ein beispielhaftes Naturschutzprojekt vor, das mit Spendengeldern an den | naturschutzbund | ermöglicht wurde oder daraus mitfinanziert werden konnte.
Projekt: Neue Laubfroschtümpel in Völs bei Innbruck
NEUE TÜMPEL FÜR LAUBFROSCH & CO Da in den Völser Hauptteich Goldfische eingesetzt wurden, drohte die Laubfroschpopulation auszusterben. Zu ihrer Rettung wurden bereits zwei weitere Tümpel gebaut, weitere werden noch dringend benötigt. ine Besonderheit am Völser Teich sind die Laubfrösche, deren Population im Laufe der Jahre eine stabile Größe erreichte. Nach einer illegalen Aussetzung von Goldfischen und Giebeln begann die Laubfroschpopulation zu schrumpfen und drohte zu erlöschen. Als erste Notmaßnahme wurden von der ARGE zwei Ersatztümpel angelegt, doch diese reichten nicht aus um die Population zu stabilisieren. Daher hat sie jetzt zwei große, fischfreie Tümpel geplant, die im Laufe des Jahres 2017 u. a. mit Unterstützung des Naturschutzbundes aus Spendengeldern gebaut werden sollen. Schon 1982 wurde auf einer Feuchtwiese am Rande der Marktgemeinde Völs ein Teich in der Größe von 2.500 m² angelegt. Der Teich ist umgeben von Feuchtwiesen, einem Auwald und einem Hang, auf dem ein Fichtenmischwald gedeiht. Die ARGE Völser Teich, eine Gruppe engagierter Naturschützer, konnte durch gezielte Pflegemaßnahmen auf dem gesamten Gebiet Lebensräume schaffen, in denen viele bedrohte Arten gedeihen. Bereits nach kurzer Zeit lebten im und am Teich viele verschiedene Libellenarten, Baumfalken, Zwergtaucher, viele seltene Wasserinsekten, verschiedene Amphibienarten und Reptilien. Gleichzeitig wurde das Gebiet um den Teich mit seinen Spazierwegen und Rastbänken auch vom Menschen gerne als Erholungsraum genutzt, in dem Erwachsene und Kinder immer wieder auch interessante Naturbeobachtungen machen.
E
Text: Dr. Hans Hofer, Biologe der ARGE Völserteich
Der Völser Teich - Laubfroschbiotop und „grünes“ Klassenzimmer.
Kontakt: ARGE Völser Teich, Obmann Mag. Timo Kopf, Schutzgebietsbetreuung Mag. Yvonne Kiss, info.voelserteich@gmx.at http://voelserteich.blogspot.co.at Ihre Spende unterstützt dieses Projekt
Spendenkonto P.S.K. IBAN AT74 6000 0501 1014 0425 BIC BAWAATWW
Frühjahrsausgabe | natur&land | 103. JG. – Heft 1-2017
EDITORIAL
LIEBE LESERINNEN, LIEBE LESER, Ich weiß nicht wie es Ihnen geht, wenn Sie hören, dass Natur-, Arten- oder Umweltschutz wieder einmal rein wirtschaftlichen Argumenten zum Opfer fällt. Mich ärgert es jedenfalls, wenn Vertreter von Wirtschafts- und Industriellenverbänden bei passenden Gelegenheiten blumig ihr Bekenntnis zum Natur- und Umweltschutz manifestieren. Kommt er ihnen aber bei ihren Vorhaben in die Quere, ist es damit nicht mehr weit her und das „Killerargument“ der verloren gehenden Arbeitsplätze oder der Abwertung eines Wirtschaftsstandortes wird umgehend strapaziert. So geschehen jüngst beim Vorhaben der 3. Startbahn am Schwechater Flughafen und des Murkraftwerkes bei Graz. Da wird dann mit schweren Geschützen aufgefahren oder getrickst, um die Bevölkerung auf die eigene Seite zu bringen: Schutzmaßnahmen wären viel zu teuer, weil sie in keiner Relation zur Wirtschaftlichkeit stünden, UVPs würden wegen Schutzauflagen für ein paar Tiere viel zu lange dauern und so fort. Geschätzte 1.400 im Planungsgebiet des Murkraftwerkes lebende Würfelnattern hätten lt. Auflage möglichst vollständig vor der Abholzung gefangen und umgesiedelt werden müssen – 84 sind es letztendlich nur geworden – ohne Konsequenzen für die Kraftwerksbetreiber! Was für ein Signal!? Unzählige natur- und tierliebende Mitmenschen stellen Jahr um Jahr Amphibienschutzzäune auf und tragen wochenlang tausende Frösche, Kröten und Molche über die Straßen – zweimal im Jahr: beim Hinwandern zu den Laichgewässern und beim Zurückwandern. Warum? Weil es noch immer viel zu wenige dauerhafte Amphibientunnels gibt. Sie zu errichten kostet Steuergeld, und das kommt bei vielen Steuerzahlern nicht gut an. Wann endlich begreift Mensch, dass er hier eine Bringschuld hat? Wenn wir den Lebensraum dieser Tiere rücksichtslos zerschneiden, tragen wir auch alle die Verantwortung dafür, ihnen ein gefahrloses Queren zu ermöglichen meint Ihre
Vielfalt ist gefragt, nicht nur in der Woche der Artenvielfalt von 19.-28. Mai 2017. Um Allen, die vielleicht bei der Veranstaltungswoche nicht dabei sein können die Artenvielfalt in Österreich zu zeigen, starten wir bereits jetzt einen Fotowettbewerb.
Ingrid Hagenstein Chefredakteurin
Fotowettbewerb!
Schicken Sie uns Ihre schönsten Bilder zur heimischen Natur und gewinnen Sie attraktive Preise. Einfach Fotos bis 30. Juni 2017 auf www.naturschutzbund.at hochladen: die schönsten Bilder gewinnen!
FotografInnen aufgepasst!
www.naturschutzbund.at Frühjahrsausgabe | natur&land | 103. JG. – Heft 1 -2017
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INHALT AKTUELL 02
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Inhaltsverzeichnis Europäische Bürgerinitiative gegen Glyphosat NATUR VERBINDET: Sieger des Gewinnspiels
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Biber-Volkszählung in Salzburg | naturbeobachtung.at: Reptilienmeldungen möglich | Pflanzenbestimmung online | Ticker
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Jagdbann in Albanien verlängert | NP-Kalkalpen: Schadenersatzanspruch für Luchsabschuss bestätigt | Ticker
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Streunerkatzenprojekt Wien | Neue Wildkatzennachweise Ingrid Hagenstein & Mag. Peter Gerngroß
THEMA – LUST AUF MOLCH & CO
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Titelbild: Kammmolche 40 in Balzstim42 mung © ALEXA 44 SABARTH 45 Zu m
Abenteuer Faltertage
Her au sneh men
Innenteil
U2
ERGEBNISSE DER GROSSEN SCHMETTERLINGSZÄHLUNG MIT UNTERSTÜTZUNG
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U3 VON BUND UND EUROPÄISCHER
UNION
Lesermeinung Bücherauswahl der Landesgruppen Kinderseiten Buchtipps (Buchhandel) Impressum, Adressen der Landesgruppen Abo-/Mitgliederbestellschein Shop Vorschau Geschenkabos Reihe: Was Spendengelder ermöglichen Veranstaltungen
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Aus der Schule geplaudert: Von (Frosch)Biotopen und Habitaten Hubert Salzburger
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Projekt | naturschutzbund | Vorarlberg: Bodensee-Region Mag. Bianca Burtscher
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Projekt | naturschutzbund | Oberösterreich: Naturschützer als Amphibientaxi Julia Kropfberger
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Projekt | naturschutzbund | Salzburg: Schutz für Gelbbauchunke und Feuersalamander | So können Frosch & Co aus Todesfallen gerettet werden Hans Kapeller
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Projekt | naturschutzbund | Niederösterreich: Amphibienschutz an NÖ Straßen Mag. Margit Gross
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Projekt | naturschutzbund | NÖ & Önj/Auring: Lust auf Molche!? DI Ute Nüsken
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Projekt | naturschutzbund | Steiermark: Amphibienuntersuchung mit Überraschung | Erfolgreiche, dauerhafte Amphibienleiteinrichtung Dr. Frank Weihmann/Dr. Johannes Gepp
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Interview mit dem Naturwissenschaftler Dr. Norman Wagner: Wie bedroht sind Molch & Co? | Infoboxen: Amphibien-Chytridpilz (BD) und Salamanderfresserpilz (BSAL), Schutzmaßnahmen gegen die Ausbreitung des Chytridpilzes
INNENTEIL – ABENTEUER FALTERTAGE I-VII
naturbeobachtung.at: Ergebnisse der großen Schmetterlingszählung Magdalena Meikl, MSc
Erratum Heft 2-2016, Seite 46: hier ist ein Foto von Maria Zacherl abgebildet und mit „Krokus“ beschriftet. Es handelt sich jedoch um eine Frühlingslichtblume. Danke für den Hinweis! Heft 4-2016, Seite 9, Wolfsfoto: Hier fehlt die Angabe der Fotoautorin Christine Sonvilla.
Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums: Hier investiert Europa in die ländlichen Gebiete
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Frühjahrsausgabe | natur&land | 103. JG. – Heft 1-2017
AKTUELL
Unterschriftensammlung
Das Instrument der EBI wurde mit dem Vertrag von Lissabon eingeführt. Seit dem Inkrafttreten der EBIVerordnung im April 2012 haben EU-Bürger die Möglichkeit, ein bestimmtes Thema auf die politische Tagesordnung der Kommission setzen zu lassen. Die Bürgerinitiativen sind ein sehr gutes Instrument, um die Einbindung der Bevölkerung am Gesetzgebungsprozess in der EU zu stärken. Sie bringen die Kommission unter Zugzwang entsprechend zu handeln. Das Europaparlament hat sich übrigens von Anfang an gegen eine Verlängerung der Zulassung für 15 Jahre, wie sie die Industrie forderte, ausgesprochen. Der Einsatz von Glyphosat ist vorerst bis Ende 2017 erlaubt. HA
EUROPÄISCHE BÜRGERINITIATIVE ZUR EINDÄMMUNG VON GLYPHOSAT Sie nennt sich „Stop Glyphosate“ und ist eine Europäische Bürgerinitiative (EBI), die an die EUKommission gerichtet ist. Ziel der Initiative ist es, den Mitgliedstaaten ein Verbot für Glyphosat vorzuschlagen, das Zulassungsverfahren für Pestizide zu überarbeiten und EU-weit verbindliche, niedrigere Grenzwerte für den Einsatz von Pestiziden festzulegen. Bereits am 25. Jänner 2017 begann die Eintragungsfrist für ein europaweites Verbot des Unkrautbekämpfungsmittels Glyphosat. Die Initiative hat zwölf Monate lang Zeit, um eine Million Unterschriften aus mindestens sieben verschiedenen Mitgliedstaaten zu erhalten. Ist dies der Fall, muss die Kommission innerhalb von drei Monaten reagieren: Sie kann entscheiden, der Aufforderung zu folgen oder auch nicht; in beiden Fällen muss sie ihre Gründe erläutern.
Infos: https://ec.europa.eu/austria/news/ kommission-registriert-europäischebürgerinitiative-„ban-glyphosate“_de
UNTERZEICHNEN Sie jetzt online! https://stopglyphosate.org/ (Reisepass bereithalten)
NATUR VERBINDET IST EIN GEWINN! ie Natur gewinnt auf jeden Fall mit jedem Quadratmeter Blühfläche, der geschaffen und erhalten wird. Aber auch alle, die ihre Flächen bei unserer Kampagne bis Ende 2016 eingetragen haben, konnten gewinnen. Unter allen Meldern haben wir bei einem Gewinnspiel attraktive Sachpreise verlost, die von unseren Partnern zur Verfügung gestellt wurden:
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Nun stehen die Sieger fest! „Urlaub am Bauernhof“Wochenenden für die ganze Familie haben gewonnen: i Klaus Parzer, Ternitz i Brigitte Ringhofer-Postl, Kemeten i Josefa Feichtinger, Natternbach i Kerstin Seiler, Scharten
Wochenendstädtetrips von RailTours Austria gehen an: i Klaus Amann, Hohenems i Andreas Graf, Unterach i Elfi Pöttler, Ebersdorfberg
Wir wünschen allen schöne und erholsame Urlaubstage!
Je 2 Messetickets für „Blühendes Österreich“ in Wels erhalten: i Stefan Battisti, Klösterle i Elisabeth Büchl, Weilbach i Toni Fersterer, Kaprun i Petra Hanner, Haslach i Reinhard Zeiner, Freistadt
Vielen Dank an unsere Partner für die tollen Preise!
n. Gewinn für Mensch & Natur en. äche fläch Blüh Blühfl
N! EN HLLE ÄH NE m2 ZZÄ MEIIN www.naturverbindet.at
© Alexander Schneider
Details hier: www.naturverbindet.at/Home/Index/UndGewinnen Frühjahrsausgabe | natur&land | 103. JG. – Heft 1 -2017
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AKTUELL
NEUE WILDKATZEN-NACHWEISE
ber 1.000 Streunerkatzen wurden im Rahmen eines gemeinsamen Projekts der Stadt Wien und der Tierschutzorganisation VIER PFOTEN seit 2013 kastriert. Das erfolgreiche Projekt wird in dieser Form daher nun abgeschlossen und die Stadt Wien beschreitet neue Wege, um die verbleibende Population zu kontrollieren. Die Tierschutzorganisation wird ihre Tätigkeiten nun auf die anderen Bundesländer konzentrieren. Gesicherte Zahlen zur Population der Streunerkatzen in Wien gibt es nicht, man ging aber zu Beginn von rund 4.000 herrenlosen Tieren aus, deren Zahl man reduzieren wollte. Das KastrationsProjekt wurde durch die Veterinärmedizinische Universität wissenschaftlich begleitet. Laut Tierschutzgesetz sind KatzenhalterInnen in Österreich dazu verpflichtet, ihre Katzen, die Zugang zum Freien haben, kastrieren zu lassen. Katzen füttern bedeutet auch Verantwortung zu übernehmen, denn füttern, ohne die Tiere kastrieren zu lassen, führt nur zu steigender Vermehrung und somit einer Verschärfung der Problematik und somit zu mehr Tierleid. Katzen sind bereits mit vier bis fünf Monaten geschlechtsreif, sie können bis zu dreimal jährlich jeweils mindestens drei Kätzchen zur Welt bringen. Mit einer wachsenden Größe von Streunerkatzen-Kolonien steigt auch die Gefahr der Ausbreitung von Krankheiten, Parasiten und Seuchen und somit auch das Tierleid. All dies kann durch Kastration verhindert werden. Seuchen sind zudem nicht nur für streunende Katzen, sondern auch für Hauskatzen mit Zugang zum Freien und Wildkatzen ein Risiko. Leider droht durch die Novelle des Tierschutzgesetzes eine Aufweichung der Kastrationsverpflichtung im bäuerlichen Bereich. HA
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Tipp VIER PFOTEN Streunerkatzen-Hotline 0664/452 24 30 Mo- Fr 9 bis 17 streunerkatzen@vier-pfoten.org
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wei der vielversprechendsten jüngsten Hinweise sind jeweils einem Luchsmonitoring zu verdanken. Der Fund einer toten jungen wildfarbigen Katze erbrachte hingegen erstmals für Österreich den Nachweis einer Kreuzung aus Wild- und Hauskatze.
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Bezirk Freistadt. Im August 2016 ging im Freiwald vermutlich eine Wildkatze in eine Fotofalle, die vom Luchsexperten des Naturschutzbundes, Thomas Engleder, aufgestellt worden war. Die Freude war groß, als er das Bild (s. u.) als Überraschung beim Arbeitstreffen der Plattform Wildkatze präsentierte.
FOTO: THOMAS ENGLEDER
STREUNERKATZENPROJEKT IN WIEN EIN VOLLER ERFOLG
Die Koordinations- und Meldestelle Wildkatze, angesiedelt beim | naturschutzbund | Österreich, sammelt sämtliche Hinweise über Wildkatzen. Je mehr Nachweise gelingen, desto mehr Möglichkeiten eröffnen sich für notwendige Schutzmaßnahmen.
Obersteiermark. Mitte Oktober 2016 entdeckte Bernhard Mauser, Aufsichtsjäger der Eigenjagd Klausnerberg in Krakauhintermühlen in seinem Revier an der Grenze zum Lungau (Sbg.) eine tote Katze, die ihm verdächtig nach Wildkatze aussah. Da er im Lungau wohnt, legte er den Fund dem dortigen Amtstierarzt Friedrich Tockner vor, der den Fund meldete, das Tier untersuchte und nach Absprache mit der Koordinationsstelle Gewebe- und Haarproben für die genetische Untersuchung entnahm. Weitere Untersuchungen am Katzenkörper erfolgten am Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie der Veterinärmedizinischen Universität Wien (FIWI). Es fand heraus, dass es sich um ein männliches Jungtier im Zahnwechsel handelt, dass spezielle Unterkiefermerkmale auf Wildkatze schließen lassen, die Darmlänge aber nicht zu einer Wildkatze passt. Erst zwei genetische Untersuchungen am Institut Senckenberg als auch an einem italienischen Labor brachten relative Klarheit: Es handelt sich um einen sog. Hybrid, dessen Mutter eine Wildkatze ist. Gespannt darf man sein, was eine dritte Untersuchung mithilfe einer neuen Methode ergeben wird. Lediglich die Todesursache ist noch nicht geklärt – erlegt wurde die Katze jedenfalls nicht. Aufgrund der
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AKTUELL
Wachau. Nach dem Fund einer überfahrenen Wildkatze im Jahr 2013 und einem Fotofallenbild von 2014 im Bereich Weißenkirchen gelang Ende 2016 ein weiterer Nachweis einer (wahrscheinlichen) Wildkatze in der Wachau. Dieses Mal tappte eine Katze in eine der Wildkameras, die im Rahmen einer Bestandserhebung auf Flächen der Österreichischen Bundesforste (ÖBf) südlich der Donau aufgestellt sind. Durch Bestandserhebungsprojekte wird versucht herauszufinden, wo und wie viele Wildkatzen in Österreich vorkommen. Die naturnahen, strukturreichen und klimatisch begünstigten Hangwälder der Wachau bieten der Wildkatze einen optimalen Lebensraum. Durch ihre zurückgezogene Lebensweise ist ein Nachweis jedoch auch für Experten nicht einfach, weshalb auf technische Hilfsmittel wie Fotofallen oder Haarfallen (Lockstöcke) zurückgegriffen werden muss. Fotofallenbilder, auf denen die typischen Merkmale einer Wildkatze erkennbar sind, sind ein wertvoller Hinweis, eine 100%ig sichere Unterscheidung von Wild- und Hauskatze ist allerdings nur durch anatomische oder genetische Untersuchungen möglich. Im Rahmen der „Plattform Wildkatze“ besteht eine langjährige und gute Zusammenarbeit zwischen den Österreichischen Bundesforsten, dem Naturschutzbund, der Jägerschaft, dem NP Thayatal und dem Alpenzoo Innsbruck. Ein besonderer Dank gebührt DI Bernhard Aigner vom Forstbetrieb Waldviertel-Voralpen der ÖBf, der zusammen mit seinen Kollegen Artenschutzbemühungen seit Jahren sehr engagiert unterstützt.
Merkmale wie durchgehende Schwanzringe, Fellfarbe und Aalstrich lassen die Wildkatze erkennen.
Auffällig sind der spitz zulaufende Schwanz, der auf Hauskatze hinweist und der kurze, schwarze Sohlenfleck, den wiederum meist Wildkatzen des südlich Typs aufweisen.
Diese wahrscheinliche Wildkatze tappte in der Wachau südlich der Donau in die Falle.
S R GERNGROS FOTO: PETE
Die Koordinations- und Meldestelle Wildkatze wird unterstützt von vielfaltleben, der Artenvielfalts-Initiative des BMLFUW mit dem Naturschutzbund und weiteren Partnern, sowie aus Spendengeldern des Naturschutzbundes.
FOTOS: FRIED RICH
vielen inneren Verletzungen des kleinen Katers geht man davon aus, dass er überfahren wurde, auch weil der Fundort an einer stark befahrenen Forststraße liegt. Besonderer Dank gilt dem umsichtigen Jäger, dem Tamsweger Amtstierarzt und dem Team des FIWI für die Untersuchungen und umkomplizierte Hilfestellung.
TOCKNER
Erster Hybridnachweis in Österreich: 5-6 Monate alt war der kleine Kater, als er zu Tode kam.
Mag. Peter Gerngroß (Plattform Wildkatze) & Ingrid Hagenstein (Projektleiterin, Koordinations- und Meldestelle/Plattform), wildkatze@naturschutzbund.at
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THEMA
Aus der Schule geplaudert
VON (FROSCH)BIOTOPEN UND HABITATEN
den Gesichtsausdruck des Schülers kann ich mich noch erinnern, als ich nachfrage: „Was, ihr habt im Garten einen Lebensraum errichtet?“ „Nein, keinen Lebensraum, einen Gartenteich halt!“ „Und du glaubst, dass ein Biotop ein Gartenteich ist?“ – „Das hat mein Papa gesagt!“ Die Aufmerksamkeit der ganzen Klasse ist sprunghaft in die Höhe geschnellt. Das gilt es schamlos auszunutzen! „Und was habe ich gesagt?“ - Der Banknachbar hebt die Hand: „Dass ein Biotop ein Lebensraum für Tiere und Pflanzen ist. ,Bios’ bedeutet Leben und ,topos´ so viel wie Ort oder Raum!“ Diesmal ein echtes Bingo! „Ist ein Gartenteich demnach ein Biotop?“ – „Sicher!“ – Ist jeder Teich ein Biotop?“ - „Eh klar!“ – „Und ist jedes Biotop ein Teich?“ Jetzt dämmert den meisten, worauf ich hinaus will: „Nein, es gibt ja noch andere Lebensräume wie zum Beispiel den Wald!“ Na endlich, jetzt hat es gefunkt, auch bei dem Biotop-Freak. Man muss manchmal zuerst Verwirrung stiften, um Klarheit schaffen zu können. Aber noch bin ich nicht zufrieden. „Ist nicht auch der Garten selbst ein Lebensraum für sich?“ Zustimmendes Nicken! „So betrachtet ist also ein Teich im Garten ein Biotop im Biotop!“ Neuerliche Verwirrung! „Was gibt es denn in einem Garten außer einem Teich noch?“ Gemüsebeet, Komposthaufen, Rasen, Hecke, Kräuterspirale werden nebeneinander an die Tafel geschrieben, einzeln eingerahmt und zu einem einzigen Baustein zusammengefasst.
An
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Dieser übergeordnete Bauteil erhält die Bezeichnung „Garten“. Daneben skizziere ich einen weiteren Baustein und versehe ihn mit einem Fragezeichen. „Was soll ich da hineinschreiben?“ – Ein zögerlicher Vorschlag: „Wohnhaus?“ Na also, geht ja! Bevor es nach oben weitergeht, brauchen wir noch Untereinheiten für den neuen Lebensraum, nämlich die Räume des Hauses selbst: Küche, WC, Wohnzimmer, Keller usw.
Teichfrosch
Über Garten und Haus kommt ein neues Ordnungsrechteck und dem wird die Bezeichnung Wohnsiedlung verpasst. Darüber folgt Siedlungsraum. Neben Siedlungsraum könnte man z. B landwirtschaftliche Nutzflächen schreiben, darunter stünden dann Acker, Feld und Wiesen. Bei den Wiesen wiederum könnte man unterscheiden zwischen Fett-, Mager-, Trocken- und Feuchtwiesen. Irgendwo ganz oben am Tafelrand ist gerade noch Platz für die Spitze der eben entstandenen Pyramide. Auch da hinein male ich provokant ein dickes Fragezeichen. An Vorschlägen mangelt es nicht: Erde, Planet, Globus, Universum . . .
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FOTO: RITA STRIECKMANN
Da redet man als Biologielehrer eine geschlagene Stunde über Biotope und dann kommt eine Woche später von einem Schüler die freudige Mitteilung: „Wir haben in unserem Garten jetzt auch ein Biotop angelegt!“ Bingo!
THEMA
Auch die Hecke ist ein Biotop (Lebensraum) mit verschiedenen Habitaten (Lebensbereichen): 1 Dach | 2 Kern | 3 Mantel | 4 Saum
Trotzdem schreibe ich daneben (in der Spitze selbst ist dafür kein Platz) einen anderen Begriff hin: Biosphäre. „Dass `bios´ Leben heißt, wisst ihr ja bereits, `sphairos´ bedeutet Kugel. Die Biosphäre ist demnach jener Bereich der Erdkugel, in dem sich das Leben abspielt. Im heißen Erdinneren (aufgebaut aus Erdkern und Mantel), der Pyrosphäre, kann es bei Temperaturen zwischen 2.000 und 6.700° C kein Leben geben. Das findet in den drei äußersten „Zwiebel-Schalen“ der Erde statt: in der Lithosphäre (Erdkruste), in der Hydrosphäre (alle Gewässer zusammen genommen) und in der Atmosphäre (Lufthülle). Ich hole die Klasse wieder zurück an den überschaubaren Gartenteich: „Was glaubt ihr? Ist ein Gartenteich die kleinste Einheit als Lebensraum oder kann ich sogar im Gartenteich noch unterschiedliche Lebensbereiche feststellen?“ Diesmal ist es der Biotop-Freak selbst, der etwas beobachtet hat: „Am Teichufer wachsen ganz andere Pflanzen als in der Mitte. Wir haben die Seerose vor dem Einlassen des Wassers an der tiefsten Stelle des Teiches angepflanzt, den Fieberklee aber direkt am Ufer! Das hat uns der Mann in der Gärtnerei geraten.“ „Und wenn ihr es genau umgekehrt gemacht hättet?“ – „Wahrscheinlich wären beide eingegangen, weil sie nicht die passenden Lebensbedingungen gehabt hätten.“ Jetzt habe ich sie dort, wo ich in dieser Stunde noch hin wollte: „Diese Antwort ist nobelpreisverdächtig, denn sie erklärt, worin sich Lebensräume voneinander unterscheiden. Es sind die Lebensbedingungen, die bestimmen, welche Tiere und Pflanzen sich in einem Biotop behaupten können!“ An die Tafel kommt jedoch nicht das Wort „Lebensbedingungen“ sondern der Begriff „Biofaktoren“. Die interaktive Tafel blendet das Bild eines Wohnhauses ein, bei dem ein Schnitt verschiedene Innenräume freilegt: Badezimmer, WC, Küche und was ein Wohnhaus sonst noch zu bieten hat. „Stellt euch vor: Jedes Zimmer ist ein eigenes Biotop mit unterschiedlichen Biofaktoren. Wodurch unterscheiden diese sich denn?“
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„Zimmertemperatur“ – „Einrichtung“ – „Das Badezimmer braucht Fliesen, wegen der Feuchtigkeit!“ – „Beleuchtung“ – „Belüftung“. „Im Keller ist es bei uns kühl und dunkel, die Dachräume dagegen hell und trocken!“ Da kommt ganz schön etwas zusammen. Jetzt überblendet der Beamer das Haus mit einem Querschnitt durch eine Hecke. „Vergleichen wir eine Hecke mit unserem Wohnhaus. Auch sie hat verschiedene Wohnräume. Da gibt es ein Dach, einen Kern, einen Mantel und einen Saum. In jedem dieser Bereiche sind die Biofaktoren anders: Im Kern ist es schattig, feucht, kühl und windstill, das Dach dagegen ist zwar sonnig, dafür aber sehr windig, und der Saum an der Sonnseite kann es sehr heiß und trocken haben. Auch die Bodenbeschaffenheit spielt als Biofaktor eine große Rolle und natürlich das Klima. Es ist ein Unterschied, ob im Jahresmittel 400 oder 2.000 mm Regen fallen.“ „Ich hab in einem Schmetterlingsbuch einmal den Ausdruck `Habitat´ gelesen. Ist das nicht das Gleiche wie Biotop?“ „Nicht ganz. Mit Biotop meint man den Lebensraum an sich, das Habitat beschreibt jedoch den Lebensbereich, den ein bestimmtes Lebewesen für sich in Anspruch nimmt. Bleiben wir bei den Schmetterlingen: Ein und dasselbe Biotop kann die Habitate mehrerer Tagfalterarten umfassen oder auch nur streifen, andererseits kommt es vor, dass eine Schmetterlingsart mehrere verschiedene Biotope als sein Habitat betrachtet. Schließlich braucht die Raupe andere Biofaktoren zum Leben als der fertig entwickelte Falter, allein schon, was seine Ernährung betrifft. Dann findet man beide Entwicklungsstadien in unterschiedlichen Biotopen, die man zusammengefasst als sein Habitat bezeichnet. Alles klaro? Dann bin ich für heute fertig, es läutet ohnehin in zwei Minuten!“
Text: Hubert Salzburger, Hauptschullehrer für Biologie i. R. und Redaktuer der Jugendzeitschrift „die önj“ h.salzburger@vonet.at
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Projek t
des Naturs chutzb undes Vorarlb ereg
THEMA
BODENSEE-REGION MEHR TÜMPEL UND TEICHE FÜR FROSCH & CO INTERREG V-PROJEKT „KLEINGEWÄSSER FÜR DIE BODENSEEREGION – NETZWERK FÜR ARTENVIELFALT UND UMWELTBILDUNG“ Tümpel, Teiche und andere Kleingewässer sind voller Leben und spielen eine wichtige Rolle für die biologische Vielfalt. Denn zahlreiche gefährdete Tier- und Pflanzenarten sind auf diese Lebensräume angewiesen. Der | naturschutzbund | Vorarlberg und der Naturschutzverein Rheindelta haben deshalb gemeinsam mit Partnern aus Deutschland und der Schweiz begonnen, mehr Tümpel und Teiche zu schaffen bzw. zu erhalten.
inst entstanden Kleingewässer durch dynamische Prozesse immer wieder neu. In den heutigen Kulturlandschaften am Bodensee fehlt diese Dynamik weitgehend, sodass verlandende Kleingewässer durch regelmäßige Pflege erhalten oder durch Neuanlage immer wieder ersetzt werden müssen. Zudem wird ihr Vorkommen durch landwirtschaftliche Intensivierung und Siedlungsentwicklung stark dezimiert. Viele gefährdete Amphibien-, Wasserkäfer- und Libellenarten, wie Gelbbauchunke, Laubfrosch, Moosjungfer, Binsenjungfer oder Winterlibellen sind auf Kleingewässer angewiesen. Auch die seltenen Wiesenbrüter Kiebitz, Brachvogel und Bekassine profitieren von ihnen als Bereicherung in ihren Brut- und Rastgebieten.
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Im Rahmen des Interreg V-Projektes „Kleingewässer für die Bodenseeregion – Netzwerk für Artenvielfalt und Umweltbildung“ wird der Naturschutzbund Vorarlberg gemeinsam mit Grundbesitzern und Bewirtschaftern bis Mai 2019 nachstehende Maßnahmen planen und umsetzen. Koordiniert wird das Projekt von der Bodensee-Stiftung, finanziert wird es mit Fördergeldern der Europäischen Union und der beteiligten Schweizer Kantone, durch das Land Vorarlberg, Stiftungen und Gemeinden. Durch Öffentlichkeitsarbeit, Exkursionen und Familiennachmittage will der Naturschutzbund gemeinsam mit den Projektpartnern die Menschen für die Kleingewässer und ihre Lebewelt begeistern. www.kleingewaesser-netzwerk.org
Pflege, Neugestaltung, Anlage von Kleingewässern . Auer und Lustenauer Ried Wenn die Witterung mitspielt, werden noch im Winter 2016/17 im Auer Ried vier verlandete Flachteiche durch vorsichtiges Abgraben eines Teils des Verlandungsbereichs reaktiviert. Zudem sollen im Kiebitz-Brutgebiet an drei Abschnitten die steilen Böschungen der Entwässerungsgräben abgeflacht und dadurch naturnahe Gewässerbereiche geschaffen werden. Im Lustenauer Ried werden Kleingewässer auf
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einem brach gefallenen, verbuschten Grundstück angelegt und durch Gehölzentnahmen eine teilweise Besonnung gesichert. . Dornbirner Ried Auf einer extensiv genutzten Wiese werden zwei Kleingewässer angelegt. . Hohenemser Ried Auch dieses soll durch die Anlage von Kleingewässern aufgewertet werden.
. Bregenz – Mehrerauer Seeufer Auf dem ehemaligen Militärübungsgelände in Bregenz werden drei verlandete Folienteiche im Rahmen einer Pflegeaktion reaktiviert werden. Zudem ist geplant, am Rande des Mehrerauerwaldes drei Laichgewässer für Amphibien in einem ehemaligen Gießbach zu schaffen. . Bregenzerachschlucht Diese ist ein bedeutender Lebensraum der Gelbbauchunke. Ihr
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Herzförmige Pupillen und ein gelbgefleckter Bauch sind die Erkennungsmerkmale von Gelbbauchunken.
Projektpartner bei der Auftaktveranstaltung in Friedrichshafen mit Exkursionen zu Teichen in der Umgebung.
Familiennachmittage im Projektgebiet begeistern besonders die Jüngsten für Frösche, Unken und Molche.
Bestand und ihre Laichgewässer wurden im Sommer erfasst. Basierend auf diesen Grundlagen wird das Naturschutzbund-Projektteam nun Maßnahmenvorschläge ausarbeiten und im Laufe des Projektes ausgewählte Maßnahmen umsetzen. . Riede zwischen Schlins-Bludesch Ein kleiner Teich nahe des Oberrieds in Bludesch konnte bereits im Dezember 2016 gemeinsam mit den Grundbesitzern, der Agrarge-
meinschaft Bludesch durch die Schaffung von Flachufern und besonnten Bereichen aufgewertet werden. Der aufgestaute Torfstich im Turbastall in Schlins hat durch Verlandung zunehmend seine Bedeutung als Amphibienlaichgewässer verloren. Noch in diesem Winter wird ein Teil des Torfstichs in Abstimmung mit den Grundbesitzern, der Agrargemeinschaft Schlins flach abgegraben und dadurch als Laichgewässer reaktiviert werden. Erfreulicherweise wird die Gemeinde Schlins – ange-
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Tümpelbaggerung in Bludesch-Holzried
FOTOS V. O. L.: ANNE PUCHTA; BIANCA BURTSCHER (3); GEORG AMANN
regt durch das Interreg-Projekt – darüber hinaus das Gebiet Turbastall mit weiteren Maßnahmen landschaftlich und ökologisch aufwerten.
Text: Mag. Bianca Burtscher; GF Naturschutzbund Vorarlberg vorarlberg@naturschutzbund.at
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es Projekt d s utzbunde
Natursch rreich Oberöste
Auch Kinder sind oft als Krötentaxi im Einsatz.
FOTOS V. O.:TONI KUEN; JULIA KROPFBERGER
Alljährlich im Frühling betreuen Ehrenamtliche des | naturschutzbund | OÖ gemeinsam mit Mitarbeitern von Straßenmeistereien, Gemeinden und der Naturkundlichen Station Linz Amphibienwanderstrecken mittels Zaun-Kübel-Methode. Hunderten Amphibien wird so Jahr für Jahr das Leben gerettet.
NATURSCHÜTZER ALS AMPHIBIENTAXI AMPHIBIENSCHUTZPROJEKTE DES | naturschutzbund | OBERÖSTERREICH
ie Zaun-Kübel-Methode ist zwar ein wirksames Mittel, um Lurche auf ihrer gefährlichen Hochzeitsreise vor dem Tod auf der Straße zu bewahren. Die Betreuung ist allerdings sehr aufwändig und kann auch nur dort durchgeführt werden, wo sich Personen vor Ort bereit erklären, die mühselige Aufgabe als „Krötentaxi“ zu übernehmen. Rechtzeitig vor Beginn der Amphibienwanderzeit Ende Februar/Anfang März müssen die Zäune an rund 12 Wanderstrecken auf- und Mitte/Ende April wieder abgebaut werden, um die rückwandernden Amphibien bei ihrem Weg in die Sommerlebensräume nicht zu behindern. Während der Laich-Wanderungszeit werden die Schutzzäune ein bis zwei Mal täglich bei jedem Wetter kontrolliert und die in den Kübeln wartenden Tiere sicher auf die andere Straßenseite gebracht– neben den oft stark befahrenen Straßen eine mühsame und nicht ungefährliche Aufgabe. Aber ohne diesen Einsatz wären wohl viele Amphibienpopulationen bereits erloschen.
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Damit die Amphibien am Wurmstein bei Bad Goisern sichere Laichgewässer finden, wurden drei Teiche auf Bundesforste-Gebiet errichtet.
Bei den vom Naturschutzbund betreuten Strecken handelt es sich teils um kleine Wanderstrecken wie in Aichberg bei Leonding mit etwa hundert Tieren, aber auch um große Streckenabschnitte mit mehreren hundert Amphibien, die an dieser Stelle die menschlichen Verkehrswege queren wollen, wie zum Beispiel in Kriechbaum/Allerheiligen im Naturpark Mühlviertel. Eine der individiuenreichsten Amphibienwanderstrecken befindet sich am Wurmstein in der Gemeinde Bad Goisern. Seit zwei Jahren vom Naturschutzbund betreut, konnten jedes Jahr etwa 2.500 Bergmol-
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THEMA
Die Wanderstrecke am Wurmstein ist jene mit den meisten Bergmolchen in OÖ. Daneben „wartet“ ein umklammertes Erdkrötenweibchen aufs „Taxi“. Projektleiterin Julia Kropfberger stellt jährlich mit anderen Freiwilligen viele Meter Froschzäune auf.
che, Grasfrösche und Erdkröten über die Straße gebracht werden. Die tatsächliche Population ist um ein Vielfaches größer, da nur ein Bruchteil der Amphibien die Straße quert. Mit über 900 gezählten Individuen im Jahr 2015 handelt es sich um eine der größten, in Oberösterreich bekannten Wanderstrecken von Bergmolchen. Das Ziel der Kröten, Frösche und Molche waren bislang zwei mit Folien abgedichtete, ehemalige Beschneiungsteiche einer stillgelegten Schi-Liftanlage. Da die wasserrechtliche Bewilligung abgelaufen war und die Gefahr bestand, dass die alten Teiche auslaufen könnten, mussten auf Grund von behördlicher Anordnung die Laichgewässer im Herbst 2016 zugeschüttet werden. Als Ersatz für die Folienteiche wurden mit fachlicher Unterstützung des Amphibienexperten Mag. Werner Weißmair drei Teiche auf einem günstigeren, von der Straße weiter abgelegenen Standort gegraben. Die Anlage der neuen Stillgewässer erfolgte – dankenswerter Weise – auf einem Grundstück der Österreichischen Bundesforste und mit finanzieller Unterstützung des Landes Oberösterreich, Abteilung Naturschutz. Der Amphibienschutzzaun muss allerdings in den nächsten Jahren weiterhin betreut werden, da die laichplatztreuen Lurche sich erst an ihr neues Laichgewässer gewöhnen müssen. Auch der Teich auf der Naturerlebnisinsel des Naturschutzbundes am Rand des Naturschutzgebietes Koaserin in der Gemeinde Peuerbach wurde im Vorjahr saniert, da er über die Jahre stark verlandet war. Dank der Spenden für den Amphibienschutz können nun hier wieder zahlreiche Amphibien laichen.
SEI KEIN FROSCH! - Helferinnen und Helfer sind willkommen! Der Naturschutzbund OÖ freut sich über jeden ehrenamtlichen Mitarbeiter – ob bei der Betreuung von Amphibienschutzzäunen oder anderen Aktivitäten wie Fledermausguano-Putzaktionen und Biotoppflege-Einsätzen. Bitte melden Sie uns von Amphibien stark frequentierte Straßenabschnitte in Oberösterreich! T 0732/77 92 79
Text: Julia Kropfberger, Projektleiterin Naturschutzbund OÖ julia.kropfberger@naturschutzbund.at
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Proj
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SCHUTZ
FÜR GELBBAUCHUNKE UND FEUERSALAMANDER
Noch ist das „Uh-uh-uh“ in der Achenfurt im Pinzgau zu hören. Gemeint ist nicht der Ruf eines Uhus, sondern der der Gelbbauchunke.
hr charakteristischer Ruf ist immer seltener zu hören, da deren Lebensräume und Fortpflanzungsgewässer zusehends verschwinden und die Zerschneidung der restlichen ein Übriges tut. Auch der Feuersalamander kämpft im Land Salzburg mit denselben Problemen. Mehrere regionale Populationen sind bereits ausgestorben, von einigen Gebieten liegen nicht genügend Daten vor, um sie beurteilen zu können. Für beide Arten müssen deshalb dringend Informationen gesammelt und Schutzmaßnahmen gesetzt werden. Die Biotopschutzgruppe Pinzgau des Naturschutzbundes führt seit 2015 lebensraumerhaltende Maßnahmen an der Achenfurt in Uttendorf durch. Drei Biotoptypen – die Achenfurt selbst, die sie umgebenden Wiesen und der Auwald – sollen dort erhalten bleiben. Mittels Zaunerneuerung, Wassermanagement der Tümpel und des mäandrierenden Baches sowie Pflanzaktionen im Auwald und zeitgerechte Wiesenmahd soll auch in Zukunft das „uh-uh-uh“ der Unken zu hören sein. Für den Feuersalamander muss zunächst noch der definitive Status festgestellt werden. Dazu untersuchen Amphibien-Experten, sog. Herpetologen, in sieben Gebieten im Pinzgau und Pongau das Vorkommen der schwarz-gelben Lurche. Nach Evaluierung der aufgenommenen Parameter können Erhaltungs- und Schutzmaßnahmen getroffen werden. Diese Artenschutzinitiative wird von Spitz und Hofer KG mit dem „Zurück zum Ursprung“-Mineralwasser gemäß Prüf Nach!-Standard unterstützt.
I FOTOS: WOLFGANG SCHRUF
Biotopbesichtigung mit Vertreterinnen und Vertretern von Spitz, Naturschutzbund und Biotopschutzgruppe Pinzgau
Biotop ekt der schutz Pinzga gruppe u– Naturs chutzb Salzbu und rg
SO KÖNNEN FROSCH & CO AUS TODESFALLEN GERETTET WERDEN „Froschstiegen“ entschärfen Schächte und Viehsperren als Tierfallen Bei meinen naturkundlichen Streifzügen im Oberpinzgau musste ich mit Entsetzen immer wieder feststellen, dass bei Viehsperren der Tod vieler Tiere lauert. Einmal in den Betonkessel hineingefallen, ist ein Entweichen unmöglich. In Zusammenarbeit mit der Neuen Mittelschule Uttendorf haben die Schüler im Werkunterricht nun verschiedene Modelle von Aufstiegshilfen erarbeitet und diese dann auch umgesetzt. Wir alle haben schon beim Wandern oder Radfahren Weideroste überquert. Dass diese Gitter tödliche Fallen sind, ist jedoch so gut wie niemandem bewusst. Vor allem entlang der Güter-
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wege findet man kaum einen dieser Schächte ohne gefangene Kröten oder Grasfrösche. Die Tiere vegetieren oft wochenlang dahin, übrig bleiben immer nur ihre Skelette. Seit zwei Jahren versuchen wir in der Biotopschutzgruppe Pinzgau mit Ästen oder Brettern eine Fluchtmöglichkeit aus den Schächten zu schaffen. Dabei ist man immer darauf angewiesen, ein passendes Stück Holz in der nahen Umgebung zu finden. Nun haben wir Hilfe bekommen! Eine 4. Klasse der Neuen Mittelschule Uttendorf hat im Werkunterricht für uns „professionelle“ Aufstiegshilfen für gefangene Amphibien produziert. Die 7 cm breiten Bretter sind mit Querlatten versehen und haben Boh-
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Privat initiat ive
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AMPHIBIENSCHUTZ
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FOTO: HANS SCHRAGL
rungen an den Enden. Damit lassen sich mehrere dieser Bretter mit Draht flexibel verbinden. Selbst tiefe Schächte können so optimal mit der passenden „Froschstiege“ versorgt werden! Ein herzliches Dankeschön an unsere engagierten Helfer! Mittlerweile haben wir fast alle Weideroste zwischen Kaprun und Uttendorf damit ausgestattet. Durch die Bretter haben nun auch größere Tiere wie Igel eine Chance diesen Todesfallen zu entkommen.
FOTOS: WALTRAUD UND
weimal täglich tragen Toni und Waltraud Kuen in der Amphibienwanderungszeit an die 150 Grasfrösche, Erdkröten und vereinzelt Wechselkröten über die stark frequentierte Sellrainstraße L 13 in Tirol. Sie tun das seit 2010, unterstützt vom Land Tirol und der EU mit einem Sperrzaun auf einem 1,5 km langen Straßenabschnitt. Doch eine Hochwasserkatastrophe räumte 2015 den Zaun sowie zwei Tümpel weg. 2016 erfolgte die Neuerrichtung, weitere 100 m werden im diesjährigen Frühjahr folgen. Trotz des verheerenden Unwetters konnten die Kuens an die 1.000 Grasfrösche retten. Im Zuge der Aufräumarbeiten wurden an der Melach auch noch zwei Froschtümpel gegraben. Der größte Wunsch von Waltraud und Toni Kuen ist die Errichtung dauerhafter Leiteinrichtungen und Amphibiendurchlässe an der Straße. Ihren Hilferuf „Die Amphibienbetreuung ist sehr aufwändig und anstrengend und wir sind auch nicht mehr die Jüngsten“, richten die beiden Naturschützer sowohl an die Bevölkerung vor Ort als auch ans Land Tirol. Von den Straßendurchlässen mit Leiteinrichtungen würden auch andere Kleintiere profitieren und außerdem könnte damit die Amphibienkrankheit Chytridiomykose, die durch Ansteckung unter den Amphibien weitergegeben wird, weniger leicht übertragen werden (siehe Interview ab Seite 32). Die Amphibienfreunde hoffen inständig, dass 2017 endlich die neuralgischen Punkte der Sellrainstraße durch permanente Leiteinrichtungen und Amphibiendurchlässe gesichert werden. Die Betreuung der Frühjahrswanderung wollen sie noch allein übernehmen, brauchen aber dringend Mithilfe für 2018. HA
TONI KUEN
IM SELLRAINTAL
Waltraud und Toni Kuen bei ihrer schwierigen Aufgabe im Sellraintal. Oben der neue Zaun nach dem Hochwasserereignis.
Text & Fotos (2): Hans Kapeller Biotopschutzgruppe Pinzgau frosch.kapeller@sbg.at
Froschleiter: Dank des Engagements der NMS Uttendorf können gefangene Amphibien nun selbst aus tiefen Schächten (Foto r.) herausklettern.
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FOTO: AXEL SCHMIDT
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AMPHIBIENSCHUTZ AN NIEDERÖSTERREICHS STRASSEN
…in der Gemeinde Langenlois
iederösterreich ist ein vielfältiges Bundesland, was seine Landschaften angeht, und es ist ein großes Bundesland. Damit mag es nicht überraschen, dass alleine hier 256 gefährliche Wanderstrecken für Frösche, Kröten und Molche bekannt sind (alle Wanderstrecken können auf www.atlas.noe.gv.at eingesehen werden).
N Amphibien wandern und sie tun das jedes Jahr mindestens zweimal: zum Laichgewässer hin und wieder zurück. Leider gibt es in unserer stark verbauten Landschaft zahlreiche gefährliche Barrieren, die die Tiere überwinden müssen. Insbesondere Straßen – von der Forststraße bis hin zur Schnellstraße – fordern alljährlich ihren Tribut, auch in Niederösterreich.
Kaum permanente Schutzvorrichtungen Es gibt mehrere Möglichkeiten, gefährliche Wanderstrecken sicher überquerbar zu machen. Am nachhaltigsten ist eine permanente, also eine dauerhafte Lösung in Form eines Amphibienleitsystems mit Tunneln, durch die die Tiere die Straße gefahrlos unterqueren können. Sie ist – ist sie einmal errichtet – am kostengünstigsten und – für den Naturschutz noch viel wichtiger – sie schützt auch die Rückwanderung der Jungtiere von den Gewässern weg in ihren Landlebensraum. Einziger Nachteil: ihre Errichtung ist mit Kosten verbunden und ein nachträglicher Einbau ist oft aus technischer Sicht schwierig und aufgrund der Kosten kaum realisierbar. Damit ist der Anteil an permanent gesicherten Strecken noch sehr gering: In Niederösterreich gibt
Amphibienzaun in der Gemeinde Moorbad Harbach
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Grasfroschpärchen in der Gemeinde Göstling an der Ybbs: Wie geht’s weiter?
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Projek t des Na
tursch utzbun des Nieder österr eich
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es nur neun solcher Anlagen, von denen auch nur drei dem Stand der Technik entsprechen.
Hoher ehrenamtlicher Einsatz Die vorherrschende Methode zur Sicherung gefährlicher Wanderstrecken ist damit die Zaun-Kübelmethode. Amphibien werden durch einen Zaun am Queren der Straßen gehindert, fallen in einen Kübel und werden jeden Tag von freiwilligen Helferinnen und Helfern über die Straße getragen. Von den 256 gefährlichen Wanderstrecken sind in Niederösterreich 151 Strecken, also etwas mehr als die Hälfte der Wanderstrecken, nach dieser Methode gesichert. Allein in Niederösterreich waren im vergangenen Jahr über 190 freiwillige Amphibienschützerinnen und Amphibienschützer unterwegs. Man stelle sich vor, rund 1,5 Monate lang jeden Tag sehr zeitig in der Früh aufzustehen und eine Strecke von z. B. 500 m abzugehen, um die Tiere einzusammeln und über die Straße zu tragen; zu Spitzenzeiten können das auch mehr als 100 Individuen bei einem Kontrollgang sein. Hinzu kommt die Absprache mit den anderen Zaunbetreuern, die Einteilung der Betreuungszeiten, die Kontaktaufnahme mit den Straßenmeistereien, damit der Zaun auch tatsächlich steht, sofern er nicht auch noch selbst von den ehrenamtlichen Amphibienschützern aufgestellt wird, usw. Es zeigt, wie aufwändig die Betreuung einer Amphibienwanderstrecke ist und wie viel hier von den ehrenamtlichen MitarbeiterInnen jedes Jahr geleistet wird. Manche Strecken werden sogar von Einzelpersonen betreut.
Es begann 2009 Überfahrene Amphibien sind nicht nur ein Problem des Arten- und des Tierschutzes, sondern auch für die Sicherheit der Autofahrer. Auch deswegen gelang es dem Naturschutzbund NÖ vor sieben Jahren, das Projekt „Amphibienschutz an NÖ‘s Straßen“ gemeinsam mit den Abteilungen Naturschutz und Straßenbetrieb des Amtes der NÖ Landesregierung in Angriff zu nehmen. „In 20 Jahren keine toten Amphibien mehr auf Niederösterreichs Straßen“, so lautete die Vision
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Die MitarbeiterInnen der Regionalgruppe Steinfeld des Naturschutzbundes NÖ, Gerhard Balluch, Eva Csarmann und Alexander Gutstein, koordinieren die Aktivitäten in ihrer Region und betreuen auch selbst mehrere Strecken. Das Foto unten zeigt eine permanente Leiteinrichtung mit Untertunnelung (Pfeil) in der Gemeinde Zwettl. Damit ist der Amphibienschutz am besten zu gewährleisten und am wenigsten mt Betreuungsaufwand verbunden. Leider gibt es davon in NÖ nur sehr wenige. FOTOS V. L.: AXEL SCHMIDT
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„Krötentaxi“ mal zwei: Das Weibchen trägt das Männchen, der Mensch den Sammelkübel.
zu Beginn des Projektes. Wir wollten den Aufwand der Ehrenamtlichen reduzieren, dass mehr permanente Anlagen errichtet und dass die bestehenden Einrichtungen verbessert werden. Alljährlich treffen wir uns im Projekt-Lenkungsausschuss gemeinsam mit den Leitern und den Mitarbeitern der beiden Abteilungen, um uns über das vergangene Jahr auszutauschen und gemeinsam Probleme und vor allem deren Lösung zu diskutieren.
FOTOS: V. O. AXEL SCHMIDT; UTE NÜSKEN
Wo stehen wir heute?
Gut sichtbar: Mit eigens angefertigten Amphibien-Warnwesten ist die nicht ganz ungefährliche Betreuung von Amphibienstrecken sicherer. Zeitig am Tag oder am frühen Abend ist es meist noch dunkel oder es dämmert, die Autofahrer nehmen trotz Warnschild selten Rücksicht auf Amphibienschützer.
Sieben Jahre nach Projektstart hat es Sinn, einmal genauer hinzuschauen und sich Gedanken darüber zu machen, ob es uns gelungen ist, unseren anfänglichen Zielen näherzukommen. Sicher ist, dass Amphibienschutz an Straßen wieder zu einem Thema in Niederösterreich geworden ist. Wir haben in dieser Zeit alle gefährlichen Wanderstrecken besucht. Es gibt heute eine Beschreibung jeder Strecke mit Verbesserungsvorschlägen, die insbesondere den Straßenmeistereien helfen, Verbesserungen an den einzelnen Strecken vorzunehmen. In den letzten Jahren wurden viele tausende Meter neue Amphibien-Zäune von den Straßenmeistereien angekauft, alle AmphibienzaunbetreuerInnen konnten ausfindig gemacht werden. Ihnen und auch den Straßenmeistereien stehen heute umfangreiche Informationsmaterialien und Amphibienexperten für Fragen zur Verfügung. Auch die Resonanz in der Öffentlichkeit hat zugenommen. Es ist einfacher geworden Menschen für den Amphibienschutz an Straßen zu begeistern. Auch unter den Mitarbeitern der Straßenmeistereien haben wir zahlreiche Personen gefunden, die sich für den Schutz der Amphibien auf den ihnen betrauten Strecken einsetzen. Es ist allerdings nicht gelungen, den Anteil an permanenten Anlagen maßgeblich zu erhöhen. Hier stehen wir wohl vor der größten Herausforderung. Letztendlich nützt keine sicherere Querung der Straße, wenn die Laichgewässer verschwinden oder sie sich – z. B. wegen Fischbesatz – nicht mehr als Fortpflanzungsgewässer für die Frösche, Kröten und Molche eignen. Alle Lurcharten finden sich auf der Roten Liste der gefährdeten Tierarten. Sie haben es besonders schwer, sich in der vom Menschen so stark geprägten Landschaft zurechtzufinden. Ihre Lebensräume zu sichern und ihnen eine sichere Wanderung zu ermöglichen ist damit oberstes Gebot der Stunde. Das Projekt wird aus Mitteln des Landes Niederösterreich und der EU im Rahmen der Ländlichen Entwicklung gefördert.
MIT UNTERSTÜTZUNG DES LANDES NIEDERÖSTERREICH UND DER EUROPÄISCHEN UNION
Text : GF Mag. Margit Gross, Naturschutzbund NÖ margit.gross@snaturschutzbund.at
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Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums: Hier investiert Europa in die ländlichen Gebiete
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Projekt
von Naturs chutzju gend &Aurin g/NÖ
LUST AUF MOLCHE?! Zu den eindrucksvollsten heimischen Amphibien gehören die drei Vertreter des Kammmolch-Artenkreises. Der Verein AURING und die Österreichische Naturschutzjugend tun so einiges für deren Schutz in den March-Thaya-Auen. och bieten weite Bereiche dieser Auenlandschaft dem hier lebenden Donau-Kammmolch Triturus dobrogicus ein günstiges Gefüge vielfältiger Lebensraumtypen. Grundlage für den notwendigen Schutz der „Wasserdrachen“ bilden vegetationsreiche, sonnige, fischfreie Laich- und Wohngewässer, die in Abständen trockenfallen. Ebenso wichtig ist ein gut strukturiertes Umfeld geeigneter Landlebensräume mit Wanderkorridoren – und Bewusstseinsbildung. Sie nimmt in Zeiten zunehmender Naturentfremdung eine entscheidende Rolle ein. Die „Stiftung Artenschutz“ in Deutschland und auch der Tiergarten Schönbrunn fördern aus dem Amphibienfonds internationale Schutzprojekte: In diesem Rahmen setzen sich AURING und Österreichische Naturschutzjugend gemeinsam für die stark gefährdeten Kammmolche ein.
N
Sei kein Frosch – sei ein Molch! Der Verein AURING bietet in den March-Thaya-Auen (NÖ) spezielle Aktivitäten rund um den Donau-Kammmolch an. Die Bedeutung gut vernetzter, amphibienfreundlicher (fischfreier!) Lebensräume wird mithilfe der Absatzbecken rund um die ehemalige Zuckerfabrik in Hohenau dargestellt. Vor dem Hintergrund zunehmender Lebensraumverluste bilden solche Sekundärhabitate überlebenswichtige Refugien, wie Monitorings eindrucksvoll unter Beweis stellen. Exkursionen und die persönliche Auseinandersetzung mit Problemen des Lebensraumschutzes vermitteln das nötige Gefühl für die brenzlige Lage, in der sich die Amphibien befinden. Bei Kindergruppen ist das Verwandlungsspiel „Sei kein Frosch – sei ein Molch“ besonders beliebt: Die Kids schlüpfen in die Haut eines Molches und durchleben als solcher ein Lurch-Jahr mit seinen Anforderungen und Gefahren. Der Donau-Kammmolch ist das Leittier der aktuellen Pickerl-Aktion „önj-ÖKO-INSELN“. Öko-Inseln sind von der Österreichischen Naturschutzjugend seit 1978 geschaffene und gesicherte Naturflächen mit seltenen Arten und Lebensräumen. Sie sind als Trittsteine zu verstehen, die einen Biotopverbund bilden und die nicht nur die natürliche und ursprüngliche Landschaft erhalten, sondern auch gefährdeten Tieren und Pflanzen ein Überleben sichern. Die önj Öko-Inseln dienen darüber hinaus als wichtige Natur-Lern-Orte und Natur-Erlebnisräume für junge Menschen. Denn bekanntlich schützen wir nur, was wir kennen und lieben gelernt haben. Der Ankauf neuer Flächen wurde und wird vor allem durch Spenden von Schülerinnen und Schülern
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Das obere Bild zeigt ein Absetzbecken der ehemaligen Zuckerfabrik in Hohenau/March. Es ist ein geeigneter Sekundärlebensraum für Donaukammmolche, die sich bei Exkursionen wunderbar „begreifen“ lassen.
Mit dem Verkauf dieser „Pickerl“ werden neue Öko-Inseln angekauft.
Kiemenbüscheln Kammmolchlarve mit FOTOS V.O.: ALEXA SABARTH; UTE NÜSKEN (3)
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finanziert, für die sie im Gegenzug einmal im Jahr einen Aufkleber mit Tiermotiv erhalten.
Bastelbogen „Kammmolch-Tümpel“
Fertiger KammmolchTümpel vom Bastelbogen
Umweltbildungsmaterialien erreichen auch Menschen, die noch nicht allzu viel über unsere Kammmolche wissen. Die Neugierde muss also erst geweckt werden – eine wichtige Voraussetzung für den nachhaltigen Schutz der Natur vor unserer Haustür. So lädt der mehrseitige, fachdidaktisch aufbereitete Bastelbogen „Kammmolch-Tümpel“ (Download unter www.naturschutzjugend.at) ein, sich näher mit diesem Schwanzlurch zu beschäftigen. Diverse weitere Arbeitsunterlagen und Spiele, die bei Schul-Workshops zum Einsatz kommen, runden das Thema ab. Näheres dazu und zu den schönen KammmolchPins unter www.auring.at.
Infobox
Mehr zu unseren Kammmolchen auf www.herpetofauna.at www.naturbeobachtung.at
mmmolch Alpen-Ka rnifex a Triturus c
mmmolch Donau-Ka brogicus o Triturus d
Text : DI Ute Nüsken, Verein AURING, önj ute.nuesken@aon.at
olch r Kammm Nördliche status ri Triturus c
Kammmolch-Steckbrief der drei in Österreich vertretenen Arten (FFH-Richtlinie, Anhang II) GRÖSSE: Weibchen bis 18 cm, Männchen etwas kleiner FARBE: Oberseite dunkelbraun bis tiefschwarz, Bauchseite gelb bis orangerot mit schwarzen Flecken. Einzigartiges Muster (wie Fingerabdruck). HAUT: Im Wasser glatt („Schwimmanzug“), an Land eher rau. GESCHLECHTSMERKMALE: Männchen in Wassertracht: Hoher, gezackter Rückenkamm (über den Hinterbeinen unterbrochen) und Silberstreifen entlang des seitlich abgeflachten Ruderschwanzes.
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NAHRUNG: Alles, was zu erwischen ist: Würmer, Schnecken, Insekten und deren Larven. Im Wasser: Kleinkrebse, Egel sowie Eier und Larven anderer Amphibien. Im Gegensatz zu den hauptsächlich vegetarisch lebenden Kaulquappen der Froschlurche fressen Molch-Larven tierische Lebewesen wie z. B. Wasserflöhe und Mückenlarven. FORTPFLANZUNG: Spektakulärer Balztanz; innere Befruchtung. Das Weibchen faltet die 200-400 Eier einzeln in die Blätter von Wasserpflanzen. WASSER-REICH: In wertvollen Kamm-
molch-Gewässern trifft man meist auch andere Amphibienarten an. Die kleinen „Wasserdrachen“ gelten damit als wichtige Anzeiger (Schirmarten) für intakte Tümpel-Landschaften. GEFÄHRDUNG: Lebensraumverlust, ausgesetzte Fische in KammmolchGewässern, Hautpilz-Krankheit, die speziell die Schwanzlurche befällt (siehe Interview ab Seite 32). Stark gefährdet und daher in ganz Europa besonders geschützt! FOTOS V.L.: WIKIPEDIA/BENNY TRAPP; UTE NÜSKEN; WERNER WEISSMAIR
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Projekt d e
s Natursch utzbunde s Steierma rk
THEMA
ERFOLGREICHE, DAUERHAFTE AMPHIBIENLEITEINRICHTUNG Wie wichtig und sinnvoll dauerhafte Amphibiendurchlässe an Straßen sind, beweist die Anlage bei Winzendorf in der Steiermark. ie seit 10 Jahren bestehende und vom Land Steiermark südlich von Pöllau errichtete Amphibienschutz-Anlage bietet an- und abwandernden erwachsenen Erdkröten einen sicheren Zu- und Abgang zu den beiden Winzendorfer Fischteichen. Das Ergebnis ist sensationell, denn zwischen 40.000 und 65.000 Jungkröten jährlich konnten bisher dank dieser Anlage an 19 Durchlässen gefahrlos die Straße unterqueren. Eine drei Jahre dauernde Untersuchung durch das Naturschutzinstitut des Naturschutzbundes ab 2011 und im Auftrag des Landes (Ing. Wolfgang Lanner, Abt. 16) förderte diesen Erfolg zutage. Kontrolliert wurde, wie viele Jungkröten, die sich in den beiden Fischteichen entwickelten, erfolgreich die Durchzugsstraße unterwandern konnten. Während der Untersuchung erfolgte die Abwanderung der Jungkröten im Wesentlichen innerhalb von drei Tagen. Schon fünf Tage danach waren im Nahebereich der Querungstraße kaum noch einzelne Jungkröten anzutreffen. Sie können in der Masse innerhalb von 24 Stunden mehr als einen halben Kilometer zurücklegen. Dabei werden in Wäldern bevorzugt Geländevertiefungen durchwandert, auch wenn diese in unterschiedlichen Himmelsrichtungen ausgerichtet sind. Die Erdkröten verteilen sich darüber hinaus über mehrere Kilometer im Umfeld. Eine weitere erfreuliche Erkenntnis ist, dass trotz intensiver fischereilicher Nutzung (Fischzucht und insbesondere Freizeit-Fischen) Erdkröten in den Winzendorfer Teichen optimale Vermehrungsbedingungen vorfinden. Eine weniger erfreuliche haben nachfolgende Untersuchungen* gezeigt: Andere Amphibienarten der Winzendorfer Teiche werden mit zunehmendem Fischbesatz seltener.
D
Johannes Gepp bei der Nachsuche nach abwandernden Jungkröten. Jährlich verlassen bis zu 65.000 von ihnen die Winzendorfer Fischteiche und überleben dank der 17 Amphibientunnels unter der Straße (rundes Foto) .
*Weihmann et al. 2016: Martensiella 24:185-196
FOTOS: FRANK WEIHMANN
Ein Krötenw durchquert eibchen einen Tunnel
FOTO: JOHANN ES GEPP
Text : Univ.-Doz. Dr. Johannes Gepp, Präsident ÖNB Steiermark
Unterschiedliche Leiteinrichtungen
Zugang
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Interview WIE BEDROHT SIND MOLCH & CO?
D Gleich vorweg: Alle 21 in Österreich vorkommenden Amphibienarten stehen auf der Roten Liste der gefährdeten Arten. Neben der Zerstörung ihrer Lebensräume und dem Straßentod gibt es auch Krankheiten, die Amphibien weltweit massiv bedrohen und zu einem regelrechten Verschwinden von Populationen oder Arten innerhalb kurzer Zeit führen können.
ie infektiöse Hautkrankheit Chytridiomykose gilt als Mitverursacherin des weltweiten Amphibiensterbens und hat sogar zum Aussterben einzelner Arten geführt. Verantwortlich dafür sind zwei Pilze, Batrachochytrium dendrobatidis (Bd) und Batrachochytrium salamandrivorans (Bsal). Bsal wurde erst im Jahr 2013 von Forschern in den Niederlanden entdeckt: Der neue Chytridpilz führte dort zu starken Bestandseinbrüchen beim Feuersalamander. Mittlerweile wurde er auch in Belgien und Deutschland nachgewiesen, wo in manchen Populationen ebenfalls Massensterben beobachtet werden konnten. Er kam wahrscheinlich über den Handel mit exotischen Amphibienarten aus Asien nach Europa. Bd und Bsal bleiben auf Keschern, Stiefeln oder Kleidung hängen und somit hat wahrscheinlich auch der Mensch einiges zur Verbreitung beigetragen. Die Chytridpilze können leicht von Gewässer zu Gewässer übertragen werden, wenn das verwendete Material nicht gründlich mit pilztötenden Stoffen desinfiziert und getrocknet wurde, um auch die letzten Sporen des Pilzes abzutöten. Bsal, auch „Salamanderfresser“ genannt, scheint nur Salamander und Molche zu befallen. Um die Gefährdung der Schwanzlurche durch diesen Erreger zu beurteilen, wird eine Studie länder-
INFOBOX
AMPHIBIEN- CHYTRIDPILZ (BD)
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Es gibt über Bd eine Vielzahl an Studien von verschiedenen internationalen Forscherteams, wobei auch hier noch einige Dinge nicht endgültig geklärt sind, etwa wo der/die genaue/n Ursprungsort/e von Bd liegen, von wo der Erreger sich ausgebreitet hat. Hier ging man lange davon aus, dass Bd aus Afrika stammt, jedoch werden nun auch zusätzlich Teile Amerikas (v.a. der Atlantische Regenwald Brasiliens) und Asiens diskutiert. Es sind verschiedene sog. Stämme von Bd beschrieben, die sich in ihrer Virulenz unterscheiden, inklusive eines hochvirulenten Stammes, der weltweit vorkommt und wohl durch Kontakt vorher isolierter Stämme entstanden ist (Rekombination). Ein paar Sachen
sind wichtig anzumerken: Die Art Bd kommt inzwischen auf allen Kontinenten (außer der Antarktis) vor, und von einer Infektion sind derzeit über 500 Vertreter aus allen drei Ordnungen der Amphibien (Froschlurche, Schwanzlurche und Blindwühlen) betroffen. Wichtig ist jedoch auch, dass man nicht nur in den Gebieten, in denen man von einer Koevolution von Bd und den dortigen Amphibienpopulationen ausgeht, sondern auch in seinem exotischen Verbreitungsgebiet zwischen Infektion und Ausbruch der Krankheit Chytridiomykose unterscheiden muss. Daher kann man erst einmal Amphibienarten grob in drei Gruppen unterteilen: 1. RESISTENTE ARTEN, die sich v. a.
aufgrund der Mikrobengemeinschaft auf ihrer Haut oder durch antifungizid wirkende Hautpeptide gar nicht erst infizieren oder aber eine Infektion schnell beseitigen können 2. TOLERANTE ARTEN, die zwar häufig mit diesem parasitischen Pilz infiziert sind, ohne dass die Krankheit Chytridiomykose ausbricht (solche Arten sind auch bekannte Vektoren wie etwa der Nordamerikanische Ochsenfrosch) 3. ANFÄLLIGE ARTEN, bei denen eine Infektion zum Ausbruch der Krankheit führt, welche dann entweder vom Organismus überwunden wird oder aber häufig tödlich verläuft Aber es ist noch komplizierter: Es ist nicht immer einfach zu unter-
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Interview übergreifend im Grenzgebiet von Deutschland und Belgien durchgeführt. U. a. mit der finanziellen Unterstützung durch den Amphibien-Fonds der Stiftung Artenschutz erforscht ein Wissenschaftlerteam, dem auch Norman Wagner von der Uni Trier angehört, die Ausbreitung des Chytridpilzes Bsal. Da derzeit noch wenig darüber bekannt ist, sind solche Studien dringend nötig, um darüber zu entscheiden, ob und welche Schutzmaßnahmen initiiert werden müssen. Wie weit Bsal bereits in Europa verbreitet ist und welche Auswirkungen das für unsere heimischen Salamanderpopulationen haben könnte, haben wir Norman Wagner gefragt. Wo steht die Forschung derzeit? Wagner: Vorweg muss gesagt werden, dass sich der Kenntnisstand zu Bd (dem Amphibien-Chytridpilz) und Bsal (dem Salamander-Chytridpilz) stark unterscheidet, da ersterer seit Ende der 1990er Jahre weltweit erforscht wird und Bsal überhaupt erst seit wenigen Jahren der Wissenschaft bekannt ist. Viele Dinge, wie z. B. Ausbreitungswege, nimmt man aufgrund der Vorkenntnisse zu Bd auch für Bsal an, wobei das auch nicht hundertprozentig übertragbar sein muss. Bd verbreitet sich zum Beispiel nicht nur von Tier zu Tier (z. B. bei der Paarung), sondern auch von Umwelt zu Tier, v.a. durch seine freibeweglichen Zoosporen, den begeißelten Pilzsporen, die jedoch ans Wasser gebunden sind. Weitere Ausbreitungs-
scheiden, ob eine Art tolerant oder anfällig ist, da die Effekte einer Infektion von einer Vielzahl anderer abiotischer und biotischer Faktoren abhängen können, so dass es häufig Unterschiede in der Reaktion zwischen Populationen und selbst Individuen innerhalb einer Art gibt. Mit Bd infizieren können sich Adulttiere aller drei Amphibienordnungen, jedoch nur Kaulquappen, aber nicht die Larven von Schwanzlurchen, was auf die Art der Keratinisierung der Haut bzw. bei Kaulquappen der Mundfelder zurückzuführen ist. Eine Infektion kann man nicht mit bloßem Auge sehen, aber wenn die Krankheit ausbricht, kommt es häufig zu starker Häutung der Tiere, im Endstadium auch zu Lethargie u. a. Verhaltensänderungen. Sicher lassen sich Infektion und v.
wege sind natürlich der Mensch selbst inklusive dem Handel mit Amphibien. Der Pilz kann aber auch auf den Füßen und Federn von Wasservögeln oder auf dem Außenskelett von Flusskrebsen leben und sich so ausbreiten (siehe Infokästen). Gibt es schon Maßnahmen, die in freier Natur an Amphibien effektiv gegen die Pilze anwendbar sind? Wagner: Die einzige Möglichkeit zum Schutz der Tiere ist die Desinfektion. Für Menschen sind beide Pilze übrigens ungefährlich. Sie befallen ausschließlich Amphibien. Sicher ist: Wenn ein Pathogen erst einmal in eine Region verschleppt wurde und sich etabliert hat, ist es realistisch gesehen nicht mehr möglich, es in der Natur zu beseitigen, solange Reservoire und Wirte vorhanden sind (v. a. auch sogenannte „tolerante“ Arten, die als Reservoir dienen können). Daher ist die erste und wirklich zu beachtende Maßnahme, dass Freilandbiologen nicht selber Pathogene von Population zu Population verbringen. Zwar gibt es, wie bereits angemerkt, eine Reihe von Ausbreitungswegen, welche zumindest für Bd sicher identifiziert werden konnten. Ein Amphibienforscher, der in kurzen Zeitabständen verschiedene Populationen anfährt, sollte auf jeden Fall Hygienemaßnahmen beachten. Dazu gehört u. a., dass man am besten mehrere Ausrüstungssätze (v. a. Schuhwerk) benutzt, wenn man an einem Tag mehrere Populationen anfährt und selbstverständlich das völlige
a. eine Chytridiomykose nur durch molekularbiologische Methoden und histologische Untersuchungen von Hautschnitten toter Tiere nachweisen. Beim Ausbruch der Krankheit führt der Pilz in der Haut (welcher bei Amphibien eine sehr große Bedeutung im Gas-, Wasser- und Elektrolythaushalt zukommt) zu einer osmoregulatorischen Unausgewogenheit essentieller Ionen und so zum Aussetzen neurologischer Funktionen, was zum Tod durch Herzversagen führen kann. Letztlich gibt es noch sehr viel mehr spezifische Studien und Wissen über Bd, auf das man hier aus Platzgründen gar nicht eingehen kann. Relevant für Europa ist, dass es nur in Südeuropa zu vereinzelten Massensterben durch Bd kam (in manchen spanischen und portu-
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AMPHIBIENKRANKHEITEN
giesischen Populationen der Geburtshelferkröte und der Südostiberischen Geburtshelferkröte, dem Feuersalamander und der Erdkröte in den Pyrenäen, und zudem beim Sardischen Gebirgsmolch und beim Sardischen Scheibenzüngler), was wohl u. a. auch auf bestimmte, negativ wirkende Umweltparameter (wie etwa der Höhe ü. NN zurückzuführen sein könnte. In Nord- und Mitteleuropa scheinen die Amphibienpopulationen zum Glück in gewisser Weise mit Bd zu koexistieren, bis auf wenige dokumentierte Einzelfälle (v. a. bei Geburtshelferköten, aber auch bei Einzeltieren der Gelbbauchunke oder der Wechselkröte).
Norman Wagner
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Ju
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KAMM on MOLCH! Kennst du unsere so stark gefährdeten kleinen „Wasserdrachen“?! Kammmolche – in Österreich gibt es drei sehr ähnliche Arten – verbringen die meiste Zeit des Jahres im Gewässer. An Land leben diese Schwanzlurche sehr versteckt. Namensgebend sind übrigens die großen Rückenkämme der Männchen im „Hochzeitsanzug“. Fotos aller drei findest du auf Seite 20. Auf dem Bild rechts oben siehst du den Donau-Kammmolch von unten.
SOKO Kammmolche Kammmolche haben hohe Ansprüche an ihr Umfeld, doch leider werden immer mehr wertvolle Lebensräume zerstört. Damit die geheimnisvollen Tümpelbewohner auch zukünftig überleben können, müssen zusammenhängende Feuchtgebiete und naturnahe Au-Landschaften in ganz Europa besonders geschützt werden! Fische?! NEIN DANKE!! Wusstest du, dass von Fischen eine große Gefahr ausgeht?! Sie fressen nämlich die Larven der „Wasserdrachen“, die sich vorwiegend in offenem Wasser aufhalten und damit leichte Beute sind. Das Aussetzen von Fischen ist übrigens verboten, löschen sie doch ganze KammmolchBestände aus! Nur durch zeitweiliges Austrocknen der Gewässer (Tümpel) im Herbst können die Molch-Feinde zurückgedrängt werden. Du möchtest mehr über die Kammmolche und ihre Verwandten wissen? Dann schau doch mal ins Buch „Abenteuer Heimische Amphibien“! Oder bastle deinen eigenen Kammmolch-Tümpel aus Papier, Download unter www.naturschutzjugend.at.
Buchtipp – Neuerscheinung! Abenteuer heimische Amphibien Ein Naturführer für die ganze Familie Das Fachbuch für große und kleine Tierfreunde bringt dich zum Schmunzeln und Staunen. Es entführt dich in die geheimnisvolle Welt der Amphibien und ist leicht verständlich geschrieben. Du findest neben unterhaltsamen Artenportraits der heimischen Amphibienarten auch viele Ideen für Aktionen rund um Laubfrosch, Teichmolch & Co. Auch für deine Eltern, Großeltern und LehrerInnen bietet es viel Neues.
Ein einzelnes Ei kleben Kammmolche auf ein Blatt und rollen es dann mit den Hinterbeinen zusammen.
Alexa Sabarth & Benny Trapp. 1. Auflage 2016, Kleintierverlag, 145 Seiten, 188 Fotos; € 14,90, für Kinder von 6 bis 12 Jahren empfohlen. www.kleintierverlag.de
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Frühjahrsausgabe | natur&land | 103. JG. – Heft 1-2017
LÖSUNGEN Bilderrätsel: Alpen- und Feuersalamander, Kamm-, Teich-, Berg- und Fadenmolch. | Molch-Quiz: Kiemenbueschel; Schwanzlurchen; Einzeln; Larven; Schutz; Fischen; Salamanderfresser. Lösungswort: Balztanz
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Bilderrätsel
Hier (und auch im Bastelbogen) siehst du die Entwicklung eines „Wasserdrachens“ vom Ei über die Larvenstadien (mit Kiemenbüscheln) bis zum erwachsenen Tier.
Molche und Salamander gehören also zu den Schwanzlurchen, während Frösche, Kröten und Unken Froschlurche sind. Versuche aus den Bildern die Namen der in Österreich lebenden Schwanzlurche zu entwickeln und verwende dazu jeweils eine Zeichnung plus 2x das Wort „Salamander“ sowie 4x das Wort „Molch“.
Molch-Quiz Die wie Federn aussehenden Anhänge am Kopf der kleinen Molchlarven sind LEHCSÜBNEMEIK. Die für Schwanzlurche gefährliche HautpilzErkrankung nennt man RESSERFREDNAMALAS. Kammmolche gehören zu den SCHLUCHRANZWEN. Wie nennt man die frisch geschlüpften kleinen Molche? VALREN. Molch-Larven fürchten sich vor ESCHIFN. Wie werden die klebrigen Molch-Eier an die Unterwasserpflanzen gewickelt? ZNEILNE Unsere „Wasserdrachen“ und ihre Lebensräume stehen unter besonderem TUZSCH.
Die orangen Buchstaben in der richtigen Reihenfolge in die Kästchen eintragen und du erfährst, was die prachtvoll geschmückten KammmolchMännchen aufführen, um die Weibchen zu beeindrucken. Der „Lover“ im Balzkleid wedelt dabei seiner „Angebeteten“ mit dem Schwanz Duftstoffe zu – Parfüm als Lockmittel sozusagen. Im „Handstand“ stehend, den Kamm hoch aufgerichtet und schwanzschlagend „rockt“ das Männchen die Unterwasser-Bühne.
Frühjahrsausgabe | natur&land | 103. JG. – Heft 1 -2017
Idee und Text: Ute Nüsken, Verein AURING und önj Gestaltung: Ingrid Hagenstein; Fotos: Ute Nüsken Zeichnungen v. o.: natopia (Dr. Uhu), Alexa Sabarth (2), Esther Lindner, Susanne Kruder (6)
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P.b.b. 02Z 031442 M Abs. | naturschutzbund | Österreich Museumsplatz 2, 5020 Salzburg
Empfänger
DVR 0457884 I |SSN: 0028-0607 | Heft 1-2017
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