Preis: EUR 6,50
ZEITSCHRIFT DES | naturschutzbund | Heft 4-2021
Leben in der Kälte
Schneeinsekten Baumschläfer
Kleiner Zorro, wo bist du? Amphibienschutz
Rettung aus Viehgittern
STICKSTOFF VERÄNDERT DIE WELT
Reihe
WAS SPENDENGELDER ERMÖGLICHEN ...
PROJEKT 30
BIENENFRESSERKOLONIE GERETTET
Das Brutgebiet liegt in einer aufgelassenen Sandgrube. Wie der Name schon verrät, ernährt sich der Bienenfresser von großen Fluginsekten wie Bienen, Hummeln, Wespen. FOTO: HANSJÖRG LAUERMANN
D
ie farbenprächtigen Bienenfresser (Merops apiaster) brüten noch nicht lange im Südburgenland. Die Kolonie in Neustift bei Güssing ist seit 2005 bekannt. Der Platz liegt besonders günstig inmitten einer artenreichen Wiese, umgeben von kleinstrukturierter Kulturlandschaft – und bietet so ein üppiges Angebot an Fluginsekten und ein ungestörtes Plätzchen zur Aufzucht des Nachwuchses. Bis 2015 brüteten in dieser Kolonie jährlich drei bis 14 Paare. Dank einer großzügigen Spende kann das 4.640 m² große Areal nun langfristig bewahrt werden. Spezielle Pflegemaßnahmen sollen den Brutplatz beleben. Dafür wird die Steilwand abgebaggert, von Gehölzen befreit und regelmäßig gepflegt. Der wärmeliebende Bienenfresser nistet in bis zu 2,5 m langen Brutröhren, die in Steilwände aus weichem Bodenmaterial gegraben werden. Da natürliche Abbruchkanten wegen der Flussregulierungen kaum mehr zu finden sind, muss der Vogel immer öfter auf Alternativen ausweichen. Und obwohl er als einer der wenigen von der Klimaerwärmung profitiert, gefährden Pestizide seine Nahrungsgrundlage.
FOTO: BEATE WENDELIN
In jeder Ausgabe stellen wir Ihnen ein beispielhaftes Naturschutzprojekt vor, das mit Spendengeldern an den | naturschutzbund | ermöglicht wurde oder daraus mitfinanziert werden konnte. Ihre Spende unterstützt dieses Projekt
KONTAKT Naturschutzbund Österreich, Museumsplatz 2, 5020 Salzburg, T +43 662 642909, E-Mail: bundesverband@naturschutzbund.at, www.naturschutzbund.at
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EDITORIAL
LIEBE LESERIN, LIEBER LESER!
J
ohan Rockström ist Professor an der Universität Stockholm. Sein Forschungsschwerpunkt sind die Prozesse, die durch uns Menschen ausgelöst wurden und die Erde belasten. Für zehn davon wurde von ihm und seinem Team untersucht, wie sehr sie unserem Planeten bereits zusetzen und ob sie die Belastungsgrenze schon überschritten haben. Bereits an zweiter Stelle wird dabei der Stickstoffkreislauf genannt (nach dem enormen Artenverlust und noch vor dem Klimawandel). Rockströms Grafik (s.u.) macht deutlich, wie immens das Problem bereits ist.
Seit es zu Beginn des 20. Jahrhunderts gelang, Stickstoffdünger mit Hilfe des Haber-BoschVerfahrens künstlich zu erzeugen, hat sich das geändert: Die Freisetzung von reaktivem Stickstoff hat sich etwa verzehnfacht. Mit Hilfe dieses Verfahrens werden inzwischen jährlich über 80 Millionen Tonnen Luftstickstoff für die Düngemittelproduktion in reaktiven Stickstoff umgewandelt.
Ihre
Mag. Dagmar Breschar Chefredakteurin dagmar.breschar@naturschutzbund.at
GRAFIK: WIKIPEDIA
Dabei ist es gerade erst etwas mehr als hundert Jahre her, dass weltweit zu wenig reaktiver Stickstoff verfügbar war. Denn obwohl unsere Atmosphäre zu 78,1 % aus Stickstoff besteht, sind 99 % davon für Pflanzen, Tiere und Menschen nicht „zu gebrauchen“. Es handelt sich um elementaren Stickstoff (N2), der aus zwei Stickstoffatomen besteht, die eine sehr starke Bindung zueinander haben. Alle Lebewesen brauchen aber reaktiven Stickstoff, um ihre Lebensprozesse sicherstellen zu können. Es klingt unglaublich, aber: Die ganze Erde ist seit Jahrmillionen von Stickstoff umgeben, dennoch gab es einen eklatanten Mangel an diesem Element für die Lebewesen auf ihr.
So eine Entwicklung kann die Natur nicht unbeantwortet lassen: Wir spüren die Auswirkungen des Stickstoffüberflusses inzwischen in vielen Bereichen. Besonders fatal wirkt sich das Lachgas (N2 O) aus. Es befeuert den Klimawandel noch wesentlich stärker als Kohlendioxid (CO 2). Alle diese Dinge sind Grund genug, dem Stickstoff einen Schwerpunkt in unserer Zeitschrift zu widmen. Dieses Element ist – gerade aufgrund seiner Vielfalt und seiner Geschichte – wohl eines der spannendsten. Winterausgabe | natur&land | 107. JG. – Heft 4-2021
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INHALT 01 Editorial 02 Inhalt | Erratum
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Zwei Nationalparks feiern Jubiläen FOTO: NPHT/MARTIN LUGGER
AUSGEZEICHNETER NATURSCHUTZ 04 Österreichischer Naturschutzpreis an Erhard Kraus vergeben 05 Ehrungen für Hildegard Breiner, Johannes Gepp und Wolfgang Schruf
AKTUELL 06 „Lobauer Erklärung” – ein Manifest für die Umwelt | Ticker 08 Petition: Klimaneutrale Mobilität 09 Erstnachweise: Gottesanbeterin und Braune Jägerspinne
TITEL 10 Stickstoff – ein Element von enormer Bedeutung Naturschutzbund-Präsident Univ.-Prof. Dr. Roman Türk 12 Stickstoff revolutioniert die Welt: Vom Mangelelement zum Überflussprodukt Mag. Dagmar Breschar 14 Ammoniakreduktion in der Landwirtschaft Katharina Isepp, LL.M. MSc 16 Bericht aus der Praxis: Bei Peter stinkt’s nicht Mag. Dagmar Breschar 18 Weniger Verkehr bringt mehr gesunde Luft zum Atmen DI Lina Mosshammer, BSc 20 Bioindikatoren für Stickstoff Mag. Dagmar Breschar
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Ammoniakreduktion in der Landwirtschaft FOTO: PIXABAY/W. FRANZ
THEMA 24 Hohe Tauern und Donau-Auen: Zwei Nationalparks feiern Jubiläen Sarah Wendl, MSc 26 Leben in Kälte: Schneeinsekten Univ.-Doz. Prof. Dr. Johannes Gepp 28 Umweltverfahren schützen die Umwelt und stärken die Lebensqualität Mag. Lisa Weinberger, LL.M. (CEU)
NATURSCHUTZBUND AKTIV
Titelbild: Keimling mit Strukturformel einer Stickstoffverbindung. FOTO: ISTOCK.COM/LOVELYDAY12
29 Luchs: Ausbreitung braucht aktive Unterstützung Lucas Ende, MSc 30 Wolf: Lehren aus dem heurigen Almsommer Lucas Ende, MSc 31 Herdenschutzprojekt „LIFEstockProtect“ erfolgreich gestartet Lucas Ende, MSc 32 Hilfe für die Hoch- und Übergangsmoore des Waldviertels Mag. Margit Gross 34 Amphibien und Reptilien in der Steiermark Roswitha Schmuck, MSc 35 Amphibien: Aufstiegshilfen bei Viehsperren installiert 36 Baumschläfer: Kleiner Zorro, wo bist du? 37 Blühflächen@home: Bei der ASFINAG fliegen jetzt drei Millionen Bienen Alexander Holzedl 38 Green Belt Days: Vielfalt am Grünen Band erkunden und erhalten Mag. Christine Pühringer 40 „Aufblühn“-Schulwettbewerb: Kinder begaben sich auf die Suche nach Herbstpflanzen 41 Volksschule und Mittelschule Hasenfeld in Lustenau gestalteten Schmetterlingslebensräume DI Simone König & Mag. Bianca Burtscher 42 Bericht eines Hummelexperten – wieder eine Kenntnislücke geschlossen: Hummelkartierung im Westen Tirols Dr. Johann Neumayer
BIENEN UND BAUERN RETTEN | NACHRUF 43 Großer Erfolg für Petition „Bienen UND Bauern retten“ | Nachruf: Gerhard Schmiedhofer Univ.-Doz. Prof. Dr. Johannes Gepp
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Winterausgabe | natur&land | 107. JG. – Heft 4-2021
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Baumschläfer: Kleiner Zorro, wo bist du?
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Große Erfolge beim „Aufblühn“-Schulwettbewerb
FOTO: HENNER ANDERS
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FOTO: MARIA LEITNER/KLASSE 1B, VOLKSSCHULE THALGAU
Leben in Kälte: Schneeinsekten
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Bioindikatoren für Stickstoff
FOTO: JOHANNES GEPP
FOTO: ROMAN TÜRK
ERRATUM
FOTO: JOHANNES GEPP
In natur&land 3-2021, Seite 42, zeigen wir das Bild eines Steinquendels, im Bildtext wird die Pflanze aber als Trauben-Gamander bezeichnet. Beide kommen beim Hauenstein in Graz vor, der Trauben-Gamander ist aber eine ungleich seltenere Pflanze. FOTO: KARL MITTERER
U2 Was Spendengelder ermöglichen! 44 Unser Bücher-Shop 45 Buchtipps (Buchhandel) 46 Adressen der Landesgruppen | Impressum 47 Vorschau/Abobestellung 48 Noch eine gute Nachricht U3 Zugunsten der Natur mit Ihrem Letzten Willen U4 Mitgliedschaft
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Die Naturbildagentur
Winterausgabe | natur&land | 107. JG. – Heft 4-2021
Trauben-Gamander (Teucrium botrys)
Steinquendel (Clinopodium acinos)
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AUSGEZEICHNETER NATURSCHUTZ
ÖSTERREICHISCHER NATURSCHUTZPREIS AN ERHARD KRAUS VERGEBEN Der Biologe Erhard Kraus erhielt die höchste Auszeichnung des Naturschutzbundes für sein außerordentliches Engagement im Natur- und Artenschutz. Wir verdanken seiner Initiative zahlreiche Naturschutzgebiete und Naturdenkmale in Niederösterreich, den im Bundesländervergleich höchsten Anteil an Europaschutzgebieten und Österreichs erstes Wildnisgebiet. Er war Hauptinitiator zahlreicher LIFE-Natur-Projekte, die viele Millionen aus EU-Fördertöpfen zum Wohl der Natur in unser Land holten. Darüber hinaus setzt er sich seit Jahrzehnten für Arten wie Fischotter und Braunbär ein.
B
ereits als Student der Zoologie und Wildbiologie wurde Erhard Kraus 1978 von Erich Czwiertnia, dem späteren Präsidenten des niederösterreichischen Naturschutzbundes, in seine damals sehr aktive Naturschutzabteilung geholt. Durch Kraus’ dynamisches Engagement dort entstanden in Niederösterreich in kürzester Zeit 18 neue Naturschutzgebiete. Eine erste Ernüchterung bescherte ihm der 1980 von der NEWAG (Niederösterreichische Landes-Elektrizitätsgesellschaft, Vorgängerin der EVN), betriebene Plan, das gesamte mittlere Kamptal einzustauen. Dessen Verwirklichung konnte durch eine beherzte Bürgerinitiative, in deren Kernteam Erhard Kraus an vorderster Front tätig war, abgewehrt werden. Die wachsende politische Einflussnahme bei Behördenverfahren veranlasste ihn dazu, zum WWF zu wechseln, wo er sich u. a. der Wiederansiedlung des Braunbären im Ötschergebiet widmete. Danach arbeitete Erhard Kraus kurze Zeit als freier Biologe. In dieser Phase initiierte und koordinierte er das Niederösterreichische Artenschutzprogramm. Schließlich kehrte er in die Naturschutzabteilung des Landes zurück, wo er sich federführend um das Natura-2000-Netzwerk kümmerte, das – in Niederösterreich größer als in anderen Bundesländern – bis heute seine Handschrift trägt. Auch von der EU geförderte LIFE-Projekte zog er laufend an Land. Eines der größten war Österreichs erstes Wildnisgebiet am Dürrenstein,
Erhard Kraus mit der von Bernd Lötsch gestalteten Medaille. FOTO: KLAUS DACHO
um den berühmten Urwaldrest im Rothwald zu erweitern und bestmöglich zu schützen. Die Ausweisung der Europaschutzgebiete folgte korrekt den EU-Richtlinien, provozierte aber heftigen Widerstand aus Wirtschaft, Land- und Forstwirtschaft sowie Jagd und Fischerei. Der Druck war so groß, dass Erhard Kraus schließlich in die Wasserbauabteilung versetzt wurde. Diesen Wechsel wendete er ins Positive für den Naturschutz: Beim materiell weitaus besser ausgestatteten Wasserbau konnte er für die Natur noch mehr tun als in der finanziell immer schon schwachen Naturschutzabteilung. So half er entscheidend mit bei der Verwirklichung von umfangreichen Flussrenaturierungen, etwa an Ybbs, Melk oder Pielach und großen Nebenarmanbindungen in der Wachau. Auch seine Freizeit widmet Kraus der Natur. So half er mit, dass Flüsse wie der Kleine Kamp nun schon über Jahrzehnte ohne den üblichen Besatz mit unangepassten Zuchtfischen bewirtschaftet werden und dadurch die widerstandsfähigeren bodenständigen Wildfische deutlich besser mit Fischottern und anderen Prädatoren zurechtkommen. Vor 30 Jahren gründete Erhard Kraus zudem mit Gleichgesinnten den Verein LANIUS, der sich forschend und beratend mit Naturschutzfragen beschäftigt. In guter Zusammenarbeit und Ergänzung zum Naturschutzbund entwickelte sich LANIUS zu einem schlagkräftigen regionalen Umweltverband.
„Erhard Kraus brennt für die Natur und hat viel für sie bewegt. Für ihn hat Natur und Gemeinwohl einen höheren Stellenwert als Interessen einer einflussreichen Klientel. Ich danke ihm für seinen Mut und seine unermüdliche Einsatzbereitschaft“, so Werner Gamerith in seiner Laudatio. Die ausführliche Laudatio von Werner Gamerith sowie die Dankesrede von Erhard Kraus finden Sie auf https://naturschutzbund.at/newsreader-36/items/oesterreichischer-naturschutzpreis-an-erhard-kraus.html
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Winterausgabe | natur&land | 107. JG. – Heft 4-2021
AUSGEZEICHNETER NATURSCHUTZ
Die Bundesauszeichnung überreichte der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner im Auftrag des Bundespräsidenten.
JOHANNES GEPP ERHIELT DAS GROSSE EHRENZEICHEN DES LANDES STEIERMARK Für seinen jahrzehntelangen Einsatz für die Natur wurde Johannes Gepp von Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer mit dem Großen Ehrenzeichen des Landes Steiermark ausgezeichnet. Der Präsident des Naturschutzbundes Steiermark und Vizepräsident des Naturschutzbundes Österreich meldet sich auch über die Medien regelmäßig zu Naturschutzthemen zu Wort und ist durch seinen kontinuierlichen Einsatz der wohl bekannteste steirische Naturschützer.
HERMANN-ORTNER-NATURSCHUTZPREIS 2021 AN WOLFGANG SCHRUF VERGEBEN
FOTO: INGRID HAGENSTEIN
FOTO: MICHAEL GEPP
Am Nationalfeiertag wurde Hildegard Breiner das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich verliehen. Sie erhielt diese höchste Auszeichnung, die es in Österreich gibt, für ihr jahrzehntelanges Engagement gegen Atomkraftwerke und für Erneuerbare Energien sowie ihren stetigen Einsatz für die Natur. Die Vizepräsidentin des Naturschutzbundes Österreich und Obfrau des Naturschutzbundes Vorarlberg ist weit über die Grenzen Vorarlbergs hinaus eine starke Stimme für Natur und Umwelt. Dafür bekam sie bereits viele Auszeichnungen, darunter 2004 den Nuclear-Free-Future-Lifetime-Award und 2008 den Dr.-Toni-Russ-Preis.
FOTO: ALEXANDRA SERRA
HILDEGARD BREINER WURDE MIT DEM GOLDENEN EHRENZEICHEN DER REPUBLIK ÖSTERREICH AUSGEZEICHNET
Wolfgang Schruf hat sich der Erkundung des vielfältigen Lebensraumes an den Salzachseen im Norden der Stadt Salzburg verschrieben. Er dokumentierte bereits unzählige Organismen, von Insekten über Amphibien und Vögel bis hin zu Säugetieren, und hielt sie fotografisch fest. Ein Buch darüber ist in Vorbereitung. Für sein Engagement erhielt er vom Naturschutzbund Salzburg den mit € 2.000,– dotierten Hermann-OrtnerNaturschutzpreis. Winterausgabe | natur&land | 107. JG. – Heft 4-2021
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AKTUELL
„LOBAUER ERKLÄRUNG“ MANIFEST GEGEN DIE LOBAU-AUTOBAHN UND FÜR VERANTWORTUNGSVOLLE KLIMA- UND UMWELTPOLITIK
FOTO: THOMAS OFENBÖCK
Eine generationenübergreifend zusammengesetzte Gruppe von Umweltwissenschaftler*innen und Vertreter*innen der Klima- und Umweltbewegung präsentierte kürzlich die „Lobauer Erklärung“ als Manifest für verantwortungsvolle Klima- und Umweltpolitik und gegen die Lobau- Autobahn – stellvertretend für ein System „fossiler Großprojekte“. Der Naturschutzbund schließt sich dieser Erklärung an.
I.
Österreich versagt seit drei Jahrzehnten systematisch bei der Erfüllung der Klimaziele und treibt damit die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen voran. Es ist immer noch nicht gelungen, auch nur eine geringfügige Senkung der Treibhausgasemissionen unter das extrem hohe Ausgangsniveau von 1990 zu etablieren. Seither wurden, bezogen auf das ohnehin unzureichende Kyoto-Ziel (1995), über 280 Millionen Tonnen zu viel ausgestoßen. Um das 1,5-Grad-Limit von Paris (2015) einzuhalten und globale Klimagerechtigkeit zu gewährleisten, braucht es statt klimapolitischer Rückschritte eine massive Emissionsreduktion!
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Hauptverantwortlich für Österreichs Klimaversagen ist der Verkehr. Noch immer passiert hier viel zu wenig, es werden sogar Weichen in die falsche Richtung gestellt: Umweltschädliches Verhalten wird gefördert und mit neuen Autobahnen soll der klimaschädliche Autoverkehr für weitere Jahrzehnte in Beton gegossen werden.
III.
Die Lobau-Autobahn (S1 Schwechat Süßenbrunn samt Lobautunnel) ist das größte, teuerste und umweltschädlichste Autobahnbauvorhaben Österreichs. Dies gilt umso mehr, wenn die Satellitenprojekte „S8 Marchfeldschnellstraße“, „S1 Spange Seestadt“ und die Stadtautobahn „Stadtstraße Aspern“ hinzugezählt werden.
++TICKER ++ Österreich ist beim Klimaschutz nur „Low Performer“: Auch im diesjährigen Klimaschutz-Index sind die Plätze eins bis drei frei geblieben. Kein Land befinde sich derzeit „tatsächlich auf einem 1,5-Grad-Pfad“, hieß es bei der Weltklimakonferenz in Glasgow. Die besten Beiträge zum Klimaschutz liefern demnach Dänemark, Schweden und Norwegen. Österreich belegt nur Platz 36. ++ Schwallbetrieb der Wasserkraft verstößt gegen Tierschutzgesetz: Die Schwall-Sunk-Belastung ist laut einer neuen WWF-Studie für den Tod von bis zu 200 Millionen Jungfischen und Fischlarven pro Jahr verantwortlich. ++ 33 neue Schneckenarten im Museum entdeckt: Die versteinerten Schnecken liegen schon seit mehr als 150 Jahren in den Sammlungen des Naturhistorischen Museums, nun hat ein Forscherteam viele davon als neue, noch unbekannte Arten identifiziert. ++ Zehn von elf Banken finanzieren fossile Energien: Das ist das Ergebnis einer Nachhaltigkeitsuntersuchung von GLOBAL 2000. 58 % der Österreicher*innen sind lt. WWF für eine Klimaschutz-Pflicht für Banken und Versicherungen ++ Zwanzig Schweine grasen auf den Feldern beim Amsterdamer Flughafen Schiphol: Wenn die Tiere den Boden leer fressen, finden Vögel dort keine Nahrung mehr und bleiben den Start- und Landebahnen eher fern. So sollen Kollisionen mit Flugzeugen verhindert werden.
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Winterausgabe | natur&land | 107. JG. – Heft 4-2021
MANIFEST
IV.
Die Lobau-Autobahn – stellvertretend für den gesamten fortgesetzten Autobahnneubau – ist ebenso wie Hainburg und Zwentendorf ein Symbol dafür, wie es mit einer verfehlten Umweltpolitik nicht mehr weitergehen kann.
V.
Die Lobau-Autobahn bringt keine Verkehrsentlastung! Diese findet nur in politischen Sonntagsreden statt. Die ASFINAG-Verkehrsuntersuchungen zeigen eindeutig, dass die Autobahn stattdessen zu mehr Gesamtverkehr auch auf dem bestehenden Straßennetz führen würde.
VI.
Die Lobau-Autobahn ist ein Musterbeispiel fehlgeleiteter und schädlicher Raumentwicklung. Sie befeuert die Zersiedelung, führt in Folge zu direkter und indirekter Versiegelung wertvoller Bodenflächen und gefährdet die Artenvielfalt.
VII.
Die Lobau-Autobahn ist sozial ungerecht. Statt günstige öffentliche Mobilität für alle bereitzustellen, wird schädlicher Autoverkehr für wenige gefördert. Unter den Folgen von Lärm und Verschmutzung leiden vor allem finanziell Benachteiligte, während Auto- und Baukonzerne Profite einstreifen. Die Lösung für das Verkehrsproblem ist ein flächendeckendes Angebot an attraktiven öffentlichen Verkehrsmitteln, mehr Wege für Rad- und Fußverkehr sowie Verkehrsvermeidung.
VIII.
Die Lobau-Autobahn ist ein klimapolitischer Kipppunkt. Wir stehen vor der Mammutaufgabe, unsere Emissionen drastisch zu reduzieren, um die politisch vereinbarte und wissenschaftlich notwendige 1,5-Grad-Grenze nicht zu überschreiten. Im kompletten Widerspruch dazu würde mit der geplanten Lobau-Autobahn für weitere Jahrzehnte zusätzlicher Verkehr erzeugt und somit der Weg Richtung Klimakatastrophe festzementiert werden.
IX.
Nicht nur das Klima, auch die Umwelt wäre massiv von der Lobau-Autobahn betroffen: Die Lobau ist der westlichste Teil der eindrucksvollen Donauauen, einem einzigartigen Naturraum mit höchster Artenvielfalt. Sie sind Nationalpark und Europaschutzgebiet und dennoch nicht ausreichend vor menschlichen Eingriffen geschützt.
X.
Die Lobau lebt von ihrem Grundwasser. Im geologisch heiklen „Schwechater Tief“ soll der Lobautunnel als Hindernis in wasserführenden Schichten vorangetrieben werden. Dies betrifft sowohl oberflächennahes Grundwasser als auch Tiefengrundwasser. Weiters soll für große Baugruben Wasser abgepumpt werden. Das bedroht sowohl die Grundwassersituation als auch das hochsensible Auenökosystem, das bereits heute unter Wasserknappheit leidet.
XI.
Mit dieser „Lobauer Erklärung“ wenden wir uns insbesondere an die politischen Verantwortlichen: Österreich und der Großraum Wien stehen vor einer entscheidenden Weichenstellung. Ohne eine Verkehrswende werden sämtliche Klimaziele verfehlt und die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen angeheizt. Die Zeit für fossile Megaprojekte wie die Lobau-Autobahn und ihre Satelliten ist abgelaufen.
XII.
Die Absage des Projekts ist notwendiger Beginn dafür, dass Österreich seinen gerechten Beitrag für einen Planeten erbringt, auf dem eine lebenswerte Zukunft für alle möglich ist!
HERMANN KNOFLACHER · HELGA KROMP-KOLB · BARBARA LAA · CLARA PORIES · WOLFGANG REHM · LUCIA STEINWENDER · BERND LÖTSCH · PETER WEISH
++TICKER ++ Ein Gewinner, viele Verlierer bei den Feld- und Wiesenvögeln in Oberösterreich: BirdLife Österreich erhob ein historisches Bestandshoch des Großen Brachvogels, gleichzeitig sieht die Vogelschutzorganisation Vögel wie Braunkehlchen, Wiesenpieper und Bekassine vom Aussterben bedroht. ++ Neues Studium vereint Umwelt, Ökologie & Nachhaltigkeit für die Arbeit in Schutzgebieten: Als erste Fachhochschule in Österreich erhielt die FH Kärnten von der UNESCO einen Lehrstuhl für den Schwerpunkt „Management of Conservation Areas“. ++ Umweltdachverband fordert Neuregelung der Baumhaftung: Bäume sollen rechtlich nicht länger wie Bauwerke behandelt werden. Mehr als 50 Organisationen und Expert*innen unterzeichneten die Österreichische Baumkonvention. ++ Österreich versiegelt immer noch viel zu viel Boden: Im Schnitt der letzten drei Jahre sind pro Tag 11,5 Hektar an produktivem Boden verloren gegangen. Damit verpasst Österreich sein selbst gesetztes Ziel von maximal 2,5 Hektar pro Tag bei weitem. ++ Lärmbelastung in der Arktis durch Schiffsverkehr in nur sechs Jahren verdoppelt: In einigen Gebieten wie der Barentssee und der Baffin Bay haben sich die Lärmpegel laut einem Bericht des Arktischen Rates sogar verzehnfacht. Der Unterwasserlärm erschwert die Nahrungssuche und Navigation von Meeressäugern. Winterausgabe | natur&land | 107. JG. – Heft 4-2021
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AKTUELL
PETITION FÜR ZUKUNFTSFÄHIGE MOBILITÄT ÜBERGEBEN Ein klimataugliches Mobilitätskonzept, das fordern 16 Organisationen vom Vorarlberger Landtag. Diesem übergaben sie ihre Forderungen kürzlich in Form einer Petition. Sie kritisieren vor allem die beiden geplanten Großprojekte „S18“ und „Tunnelspinne“, die ihrer Ansicht nach mit den Pariser Klimazielen keineswegs vereinbar sind.
W
aldbrände, Flutkatastrophen, Dürren, Artensterben – schon jetzt bekommen Mensch und Natur den Klimawandel zu spüren. Doch das ist erst der Anfang, wenn nicht umgehend ambitionierte Maßnahmen ergriffen werden – auch in Vorarlberg. Besonders im Verkehrssektor muss sich hier noch vieles tun, denn er verursacht rund 40 % der Emissionen des Bundeslandes. Die Initiative „Fridays for Future Vorarlberg“ hat deshalb zusammen mit 15 weiteren zivilgesellschaftlichen Organisationen, darunter dem Naturschutzbund Vorarlberg, am 8. Oktober eine Petition an den Vorarlberger Landtag übergeben, in der sie den Stopp der StraßenbauGroßprojekte „S18“ und „Tunnelspinne“ sowie ein klimafreundliches und damit menschenfreundliches Mobilitätskonzept für Vorarlberg fordern. „Es ist 5 vor 12, aber noch nicht zu spät! Nach dem aktuellen Bericht des Weltklimarats wird sich die Erde bereits in den frühen 2030er-Jahren um 1,5 °C im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter erwärmen. Das ist zehn Jahre früher als 2018 noch angenommen wurde. Umso konsequenter muss die Zeit jetzt genutzt werden, in der die Pariser KlimaBianca Burtscher ziele* noch erreicht werden können. Vorarlberg, das sich in seiner Landesverfassung seit 2008 zum Klimaschutz bekennt, sollte sich deshalb rasch von S18 und Tunnelspinne verabschieden und auf ein klimafreundliches Mobilitätskonzept setzen“, fordert Bianca Burtscher vom Naturschutzbund Vorarlberg.
* Begrenzung der globalen Erwärmung auf deutlich unter 2 °C, möglichst auf 1,5 °C
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Fridays for Future und weitere 15 Organisationen übergaben eine gemeinsame Petition mit Forderungen für eine klimafreundliche Mobilität an Landtagspräsident Harald Sonderegger, Landesrat Johannes Rauch, Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink und weitere Politiker*innen. FOTOS: FFF VORARLBERG
LINK: Weitere Informationen und die Petition mit den detaillierten Forderungen finden Sie in der Rubrik „Neuigkeiten“ auf www.naturschutzbund.at/vorarlberg.html TIPP: VCÖ-Publikation „Verkehrswende - Good Practice aus anderen Ländern“ https://www.vcoe.at/good-practice
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AKTUELL
FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/THOMAS NENTWICH
Erstnachweis der Gottesanbeterin in Tirol Die Gottesanbeterin war bis in die 1990er-Jahre nur aus den östlichen und südlichen Bundesländern (Niederösterreich, Wien, Burgenland, Steiermark und Kärnten) bekannt und galt als wärmeliebendes Charaktertier der pannonischen und illyrischen Zone. Bereits im Laufe der 1990er kam es jedoch zu einer langsamen Ausbreitung nach Westen. So erreichte sie im Jahr 2002 Oberösterreich, wo sie inzwischen im Donautal und am Südrand des Mühlviertels regelmäßig an wärmebegünstigten Stellen anzutreffen ist. In Osttirol wanderte sie schließlich 2011 von Kärnten kommend ein und auch dort gelingen nun immer wieder Nachweise. Aus Vorarlberg, Nordtirol und Salzburg gab es bisher keine Nachweise, diese Länder liegen für eine „natürliche“ Einwanderung (noch) zu weit weg von den regulären Vorkommensgebieten. Hier kommt aber der Mensch ins Spiel, denn die Gottesanbeterin kann relativ leicht verschleppt werden, vor allem durch die robusten Gelege, die die Weibchen gerne an Strukturen wie etwa Bauholz oder Paletten anheften. Aber auch die erwachsenen Tiere können im Gepäck mitreisen. Der nun auf naturbeobachtung.at gemeldete Nachweis in Telfs ist wohl ebenfalls auf verschleppte Tiere zurückzuführen, wobei – da es gleich ein Pärchen ist – diese vielleicht auf einen Kokon und seine erfolgreich aufgewachsenen Schlüpflinge zurückzuführen sind.
FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/TAMARA DENIFLE
ZWEI GANZ BESONDERE FUNDE
Das Inntal dürfte jedenfalls von den klimatischen Bedingungen her für die Gottesanbeterin bereits geeignet sein – vielleicht breitet sie sich ausgehend von diesem Telfser Vorkommen noch weiter aus. Jedenfalls liegen ihre Wärme- und Niederschlagsansprüche ähnlich wie z. B. bei Sumpfgrille und Italienischer Schönschrecke, die beide im Inntal vorkommen können.
Braune Jägerspinne erstmals in Österreich Im Bezirk Mödling in Niederösterreich gelang dem aufmerksamen Naturbeobachter Thomas Nentwich heuer der Erstfund der Braunen Jägerspinne in Österreich. Diese vorwiegend mediterran verbreitete Art zählt zu den Riesenkrabbenspinnen, die als Lauerjäger, also ohne Spinnennetz, ihre Nahrung erbeuten. Wie das Tier an den Fundort kam, gibt den Spinnenexpert*innen Rätsel auf. Am wahrscheinlichsten ist wohl, dass Olios argelasius, wie die Spinne mit wissenschaftlichem Namen heißt, in einer Obstkiste aus dem Süden „angereist“ ist. Möglich wäre aber auch, dass sie als ungeplantes Urlaubsmitbringsel nach Niederösterreich kam. Thomas Nentwich meldete seinen Spinnenfund auf www.naturbeobachtung.at, wo dieser von den Expert* innen als Erstfund für Österreich erkannt wurde. Winterausgabe | natur&land | 107. JG. – Heft 4-2021
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TITEL
STICKSTOFF – EIN ELEMENT H
eute ist es für uns unvorstellbar, dass die Uratmosphäre vor vier Milliarden Jahren hauptsächlich aus Wasserdampf, etwas Kohlendioxid und Schwefelwasserstoff sowie Spuren von Stickstoff, Wasserstoff, Kohlenmonoxid, Helium, Methan und Ammoniak bestand. Erst vor etwa 2,3 Milliarden Jahren erfand die Natur in einigen einzelligen Meeresbewohnern die Photosynthese. Damit tauchte der Sauerstoff auf, der für die meisten damaligen Organismen allerdings giftig war. In der Folge änderten sich aber Flora und Fauna und passten sich an die neuen Lebensbedingungen an. Vor etwa 470 Millionen Jahren traten die ersten Pflanzen auf dem Land auf, wahrscheinlich Moose, die schon reichlich Sauerstoff produzierten. Etwa 30 bis 50 Millionen Jahre später erschienen die ersten Gefäßpflanzen, die bereits über ein ausgeklügeltes Leitungssystem verfügten, das sie mit Wasser versorgte. In der Steinkohlezeit (Karbon) bildeten Farne, Schachtelhalme und Bärlappe bereits riesige Wälder, deren Photosynthese schon fast zur heutigen Beschaffenheit der Atmosphäre führte. So setzt sich die Atmosphäre jetzt hauptsächlich aus 78,1 % Stickstoff, 20,9 % Sauerstoff und 0,93 % Argon zusammen. Kohlendioxid, Wasserdampf und andere Elemente sind nur noch in Spuren vorhanden.
FOTO: PHOTOCHUR/PIXABAY
Ohne Stickstoff gibt es kein Leben So hoch der Volumenanteil des Stickstoffs in der heutigen Atmosphäre auch ist, so beträgt sein Massenanteil
an der gesamten Erdhülle doch nur 0,03 %. Dennoch ist Stickstoff für alle Lebewesen ein essentieller Nährstoff, den sie für Stoffwechsel und Wachstum benötigen. Einfach gesagt: Ohne Stickstoff ist kein Leben möglich! Die Pflanzen nehmen den Stickstoff in Form von Ammoniumionen (NH4+) und Nitrat (NO3−) aus Boden und Grundwasser auf. Den reichlich vorhandenen Luftstickstoff können die meisten Pflanzen in seiner elementaren Form (N2) nicht binden. Reicht der Stickstoff im Boden nicht aus, sind sie deshalb auf Stickstoff-fixierende Mikroorganismen (z. B. Knöllchenbakterien) oder auf Düngemittel angewiesen, um ihre Lebensprozesse sicherzustellen. Auch in den tierischen Organismus und in die Pilze gelangt Stickstoff lediglich durch die Aufnahme pflanzlicher oder tierischer Nahrung. Für wie viele Bereiche des Lebens Stickstoff notwendig ist, lässt sich erahnen, wenn man nur die Pflanzenwelt betrachtet. So ist Stickstoff die Voraussetzung für die Weitergabe von genetischen Informationen und die Evolution von Organismengruppen. Stickstoff ist auch notwendig, um das Blattgrün (Chlorophyll) herzustellen, ohne das die Photosynthese nicht ablaufen und die Pflanze nicht wachsen könnte. Ist an den Wuchsorten Stickstoff ein Mangelelement, versuchen manche Pflanzen, über vermehrtes Längenwachstum der Wurzeln neue Stickstoffquellen zu erschließen.
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STICKSTOFF-PROBLEMATIK
VON ENORMER BEDEUTUNG
Die Dosis macht das Gift Heute gelangen aber durch das Zutun des Menschen übermäßige Mengen an Stickstoff-Verbindungen in die Umwelt. Überdüngung von landwirtschaftlich genutzten Flächen sowie die Freisetzung von Stickoxiden aller Art durch Verbrennungsvorgänge in Industrie und Verkehr führen zu einem nie dagewesenen Überfluss an verwertbarem Stickstoff in den Ökosystemen. Sehr viele Arten von Tieren, Pflanzen, Pilzen und Protisten (Mikroorganismen) sind dadurch inzwischen stark ge-
fährdet, viele Moose, Flechten und Pilze sind in den Industrieländern bereits an den Rand des Aussterbens gedrängt worden, weitere werden folgen. Auch auf den Menschen wirkt sich der hohe Stickstoffeintrag aus der Luft negativ aus: Allein aufgrund von Feinstaub, zu dem Stickstoff mit anderen Stoffen reagieren kann, gibt es in Österreich jährlich mehrere Tausend Todesfälle. Die starke Einbeziehung von Umwelt- und Naturschutz im politischen und wirtschaftlichen Handeln ist deshalb unbedingt notwendig!
Ihr
FOTO: WINFRIED KUNRATH
Stickstoff ist auch in tierischen Ausscheidungsprodukten in Form von Harnstoff und Harnsäure enthalten und kann lokal zu hohen Konzentrationen im Boden führen. Solche nährstoffreichen Ökosysteme finden sich in Flussauen, die regelmäßig durch Hochwasser überspült werden, in Lawinengängen, in Hochstaudenfluren und in Lägerfluren (durch den Kot von Weidevieh intensiv gedüngte Wiesen rund um Almhütten). Neben den mineralischen Rohstoffen wie Kalium, Phosphor, Magnesium und Calcium gab es bei Stickstoff-Verbindungen immer einen Mangel. Diesem traten schon Justus von Liebig Mitte des 19. Jahrhunderts durch intensive Forschung über die Düngung sowie Anfang des 20. Jahrhunderts die Chemiker Fritz Haber und Carl Bosch durch die industrielle Massenproduktion von Ammoniak entgegen. Somit war die Grundernährung der Menschheit gewährleistet und die Bevölkerungszahl stieg steil an.
Univ.-Prof. i. R. Dr. Roman Türk Präsident | naturschutzbund | Österreich praesident@naturschutzbund.at
Verschiedene Kleesorten werden oft als Fruchtfolge angebaut: Sie können Stickstoff aufschließen und so dem Boden verfügbar machen. Winterausgabe | natur&land | 107. JG. – Heft 4-2021
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TITEL
STICKSTOFF REVOLUTIONIERT DIE WELT:
VOM MANGELELEMENT ZUM ÜBERFLUSSPRODUKT Kaum ein Element hat das Leben auf der Erde so stark beeinflusst wie der Stickstoff. Bereits vor Jahrhunderten erkannte man das Potenzial von Stickstoffverbindungen, vor allem Salpeter (KNO3) und Ammoniak (NH3) waren begehrte Stoffe. Sie sind die Ursache für den Tod wie auch für das Leben von Millionen Menschen.
Vor der Erfindung des Kunstdüngers wurde auch der Urin aus den Nachttöpfen aufs Feld gebracht, um das Pflanzenwachstum zu fördern. FOTO: RICARDO CH HOPPALA79
Salpeter konnte Kriege entscheiden Als wichtigster Bestandteil des Schießpulvers konnte der Besitz von genügend Salpeter bereits seit dem 14. Jahrhundert den Ausgang von Kriegen in Europa entscheidend beeinflussen. Salpeter, wie ihn die Natur sichtbar präsentiert, haben wohl die meisten von uns schon einmal gesehen: Er blüht an den Wänden von Höhlen, Burgen oder alten Ställen und Kellern in Form von feinen weißen Fasern aus und wird leicht mit Schimmel verwechselt. Seine Entstehung beruht auf einer Reaktion von Exkrementen oder Urin mit Sauerstoff. Weil man ihn vorwiegend an Wänden sehen kann, wird er auch Mauersalpeter genannt. Die geringen Mengen, die auf diese Weise verfügbar waren, genügten den kriegführenden Landesherren natürlich nicht. Deshalb entwickelte sich der Beruf der Saliterer, auch Salpeterer genannt. Sie wurden mit Sonderrechten ausgestattet, die es ihnen erlaubten, in die Ställe und Wohngebäude der Bauern einzudringen und die darunterliegende salpeterhaltige Erde herauszuholen. Der Salpeter wurde dann in aufwändiger Arbeit zunächst aus der Erde ausgelaugt und dann mit Asche zu Kaliumnitrat – dem Schießpulversalpeter – verkocht. In pulverisierter Form konnte der wertvolle Stoff schließlich von den Pulvermachern weiterverarbeitet werden. Diese aufwändige Methode zur Salpetergewinnung wurde bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts angewandt. Als im 19. Jahrhundert große Salpeterlagerstätten im Norden des heutigen Chile entdeckt wurden, war es einfacher, den wertvollen Stoff von dort zu beziehen. Die Nachfrage war so groß, dass Chile, Peru und Bolivien im sogenannten Salpeterkrieg von 1879 bis 1884 um die begehrten Lagerstätten kämpften. Mit dem Ende des Ersten Weltkriegs wurde nach der Aufgabe der traditionellen Salpetergewinnung auch die Schießpulverproduktion weitgehend eingestellt. Bis zu diesem Zeitpunkt litt der Ertrag der heimischen Böden massiv unter dem Stickstoffentzug durch die Saliterer und die Hungersnöte in den Jahren 1816 und 1817 wurden dadurch nochmals verstärkt.
Ohne die industrielle Erzeugung von Stickstoffdünger könnte ein großer Teil der heute lebenden Bevölkerung nicht ernährt werden. FOTO: JPLENIO/PIXABAY
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STICKSTOFF-PROBLEMATIK
FOTO: GEORG REITER
Schießpulver wird heute u. a. noch zur Feuerwerkserzeugung und von Böllerschützen verwendet.
Ammoniak revolutionierte die Landwirtschaft Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts kam einer weiteren Stickstoffverbindung eine besondere Bedeutung zu: dem Ammoniak. Justus von Liebig wies die wachstumsfördernde Wirkung von Stickstoff (sowie Phosphat und Kalium) nach. Das ermöglichte zwar noch nicht die Herstellung von Ammoniak im großen Stil, hatte aber einen systematischen Einsatz in der Landwirtschaft zur Folge. Die einfache Bevölkerung setzte natürlich produzierten Stickstoffdünger aber wohl auch ohne Liebigs Erkenntnisse ein. So wurde der in den Ställen angefallene Mist ebenso auf die Felder aufgebracht wie der Inhalt der Nachttöpfe. Bald entdeckte man dabei auch, dass Vogelkot (Guano) ein wesentlich effektiverer Dünger war als menschlicher Urin oder tierische Exkremente, er enthielt mehr Stickstoff. Dennoch blieb das Problem bestehen: Es gab zu wenig pflanzenverfügbaren Stickstoff. Abhilfe schuf erst das nach seinen Erfindern benannte Haber-Bosch-Verfahren. 1909 wurde Fritz Habers Ammoniaksynthese patentiert. Auf deren Basis entwickelte Carl Bosch ein energieaufwändiges Verfahren, Ammoniak in großen Mengen herzustellen. Das war die Geburtsstunde der industriellen Agrarproduktion. Damit konnte pflanzenverfügbarer Dünger in ausreichender Menge für alle produziert werden – weltweit! In den folgenden Jahrzehnten wurde die Landwirtschaft deshalb immer erfolgreicher, es konnten wesentlich mehr Menschen verlässlich ernährt werden. Ohne die Erfindung von Fritz Haber und Carl Bosch wäre eine Entwicklung der Weltbevölkerung auf heute etwa 7,8 Milliarden Menschen nicht möglich gewesen. Doch der Hunger ist noch immer nicht aus der Welt geschafft, denn Menschen und Dünger sind nicht gleich verteilt. So leben in Afrika mehr als 14 % der Weltbevölkerung. Ihnen stehen jedoch nur etwas mehr als 3 % der globalen Mineraldüngermenge zur Verfügung. Dem gegenüber steht ein Düngerüberfluss in den Industrieländern. Anders gesagt: Während es in den Industrieländern Stickstoffüberschüsse in den Böden gibt, die ausgewaschen werden und zu Eutrophierung der Gewässer führen, bewirkt der Pflanzenbau in ärmeren Ländern nach wie vor immer stärkere Stickstoffverluste der Böden. >DB<
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Carl Bosch entwickelte basierend auf den Erkenntnissen von Fritz Haber ein Verfahren zur industriellen Erzeugung von Ammoniak. FOTO: WIKIPEDIA
INFORMATIONEN: https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/stickstoff-zuviel-des-guten Gerhard Ertl, Jens Soentgen (Hrsg.), Stickstoff – ein Element schreibt Weltgeschichte, 2015, München
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AMMONIAKREDUKTION IN DER LANDWIRTSCHAFT: DIE ZEIT DRÄNGT Die vorwiegend anthropogen verursachte Luftverschmutzung ist zurzeit das größte umweltbedingte Gesundheitsrisiko in der EU und eine der Hauptursachen für Erkrankungen wie Asthma, Herz-KreislaufProbleme und Lungenkrebs. Darüber hinaus sind rund zwei Drittel der Ökosystemflächen, wie Wald, Moore und Grünland, einer übermäßigen Anreicherung von Nährstoffen ausgesetzt.1 Ammoniak spielt bei der anthropogen verursachten Luftverschmutzung eine wichtige Rolle. Der Großteil davon stammt aus der Landwirtschaft, deshalb müssen hier dringend Maßnahmen zur Reduktion gesetzt werden.
A
ls gasförmige Verbindung von Stickstoff breitet sich Ammoniak in der Atmosphäre aus und lagert sich in Ökosystemen ab, wo es zu problematischen Eutrophierungs- und Versauerungseffekten in Böden und Gewässern sowie direkten Schäden an empfindlichen Pflanzen kommt. Darüber hinaus kann Ammoniak auch mit anderen Luftschadstoffen reagieren und dabei die aus gesundheitlicher Sicht besonders problematischen Feinstaubpartikel bilden. So sind EUweit pro Jahr rund 380.000 vorzeitige Todesfälle auf die Verschmutzung der Luft durch Feinstaub zurückzuführen, 6.100 davon in Österreich.2 Die EU gibt Grenzwerte und Reduktionsverpflichtungen vor Die Emission von Luftschadstoffen wird seit Jahrzehnten kontrolliert, um die schädlichen Auswirkungen der Luftverschmutzung zu minimieren. Der nationale Rechtsrahmen ist dabei, wie für das Umweltrecht in vie-
len Bereichen typisch, von Unionsrecht bestimmt. Für eine Reihe von Schadstoffen werden von der EU Luftqualitätsnormen vorgegeben, die auf wissenschaftlichen Empfehlungen wie den Richtwerten der Weltgesundheitsorganisation basieren.3 Darüber hinaus sind von den EU-Mitgliedstaaten für bestimmte Luftschadstoffe auch nationale Reduktionsverpflichtungen zu erfüllen. Ziel ist es, bis zum Jahr 2030 die gesundheitlichen Auswirkungen der Luftverschmutzung um mehr als die Hälfte und die Anzahl der durch Luftverschmutzung in ihrer biologischen Vielfalt bedrohten Ökosystemflächen um ein Viertel zu reduzieren.4 Vor allem in der europäischen Landwirtschaft ist Ammoniak eines der „Sorgenkinder“, da es zu über 90 % aus landwirtschaftlichen Emissionsquellen stammt. Es entsteht hauptsächlich bei der Tierhaltung, dem Abbau von organischen und mineralischen Düngemitteln sowie bei der Lagerung von Wirtschaftsdünger. Mit der EU-Richtlinie über die Reduktion der nationalen Emissi-
Die Art der Gülleausbringung hat unmittelbaren Einfluss auf die Ammoniakemissionen. FOTO: PIXABAY/MYRIAM
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STICKSTOFF-PROBLEMATIK
onen bestimmter Luftschadstoffe (NEC-Richtlinie)5 wurden den Mitgliedstaaten für fünf Luftschadstoffe – darunter Ammoniak – zum Teil sehr ambitionierte EmissionsreduktionsVerpflichtungen für den Zeitraum 2020 bis 2029 sowie ab dem Jahr 2030 vorgegeben.6
120
Entwicklung der Luftschadstoffe in der EU ausgehend von 2005 (100 %)
100
80
60
Ammoniakemissionen steigen NOx 40 immer noch NMVOC Während die AmmoniakemissioSO2 nen in der EU insgesamt in den 20 PM2,5 NH3 letzten Jahren leicht rückläufig waren, blieben sie in einigen 0 Mitgliedstaaten auf konstantem 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Niveau oder haben in den verAmmoniak (NH3) ist der am schwierigsten in den Griff zu bekommende gangenen Jahren sogar zugeLuftschadstoff in der EU. nommen (vgl. Abbildungen). In Österreich wurde sogar ein An… und in Österreich stieg der Ammoniakemissionen 120 von 6 % gegenüber dem Basisjahr 2005 verzeichnet.7 Anders als bei allen anderen Luftschad- 100 stoffen, die der NEC-Richtlinie unterliegen8, sind die Emissio- 80 nen in den letzten Jahrzehnten somit nicht zurückgegangen. Der steigende Trend bei Ammo- 60 niak ist vor allem auf die verNOx mehrte Laufstallhaltung (aus 40 NMVOC Tierwohlgründen), die gesteiSO2 gerte Milchleistung bzw. die daPM2,5 mit einhergehende energierei- 20 NH3 chere Fütterung der Tiere, die Zunahme von Flüssigmistsyste0 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 men und den steigenden Einsatz von Harnstoff als Düngemittel Österreich ist eines der wenigen EU-Länder, in denen die AmmoniakEmissionen seit 2005 entgegen dem EU-Trend sogar angestiegen sind. zurückzuführen.9 Dem steigenden Trend der Ammoniakemissionen stehen die Reduktionsverpflichtun- 1 Europäische Kommission, Zweiter Ausblick zur Entwicklung der Luftqualität (2021), S. 1. gen der NEC-Richtlinie von 1 % ab 2020 sowie 12 % ab 2 Europäische Umweltagentur, Air quality in Europe – 2020 report (2020), 2030 gegenüber. Werden diese Ziele nicht erreicht, wür- S. 108. 3 WHO Global Air Quality Guidelines den nicht nur die genannten negativen Umwelt- und Ge- Weltgesundheitsorganisation, (Update 2021). sundheitseffekte weiterbestehen und sogar verstärkt, 4 Europäische Kommission, EU-Aktionsplan „Schadstofffreiheit von Wasser und Boden“ (2021), S. 4. sondern es droht Österreich dann auch wegen des Ver- 5 Luft, Richtlinie (EU) 2016/2284 über die Reduktion der nationalen Emissionen stoßes gegen Unionsrecht ein Vertragsverletzungsver- bestimmter Luftschadstoffe, zur Änderung der Richtlinie 2003/35/EG und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/81/EG, ABl. L Nr. 344 S. 1 vom fahren, das in letzter Konsequenz zu Sanktionszahlun- 17.12.2016. gen in Millionenhöhe führen könnte. Es besteht somit 6 Jeweils als relative Ziele gegenüber dem Basisjahr 2005. Die Verder NEC-Richtlinie wurden in Österreich mit dem Emissionsdringender Handlungsbedarf, der keinen weiteren Auf- pflichtungen gesetz Luft 2018 (EG L 2018) in nationales Recht umgesetzt. 7 Umweltbundesamt, Emissionstrends 1990–2019 (2021), S. 42. schub duldet! 8 Schwefeldioxid, Stickoxide, flüchtige organische Verbindungen und Mit den bisher auf freiwilliger Basis beruhenden Maß- Feinstaub PM 2,5 . nahmen konnten die Emissionen nicht reduziert wer- 9 Nationales Luftreinhalteprogramm gemäß § 6 EG L 2018 (2019), S. 39 f. Winterausgabe | natur&land | 107. JG. – Heft 4-2021
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FOTO: PIXABAY/IZJA
BERICHT AUS DER PRAXIS Peter Löcker zwischen seinem bis zu zwei Meter hoch wachsenden Tauernroggen.
den. Deshalb wird zurzeit auch über die Einführung von verpflichtenden Vorgaben beraten. Zentrale Herausforderung ist es dabei, die Ammoniakemissionen möglichst kosteneffizient zu reduzieren, um den erforderlichen Lenkungseffekt rasch zu erzielen und die Zielvorgaben einhalten zu können.
FOTO: WILLIAM TADROS
Beim Dünger ansetzen Als größte Hebel zur Emissionsreduktion von Ammoniak werden jene Vorschriften gesehen, die die unmittelbare Einarbeitung von Wirtschaftsdünger, Harnstoffdüngeranwendung, Wirtschaftsdüngerlagerung und bodennahe Gülleausbringung betreffen. Da die beiden letztgenannten Maßnahmen sehr kostenintensiv sind und für gesetzlich vorgeschriebene Maßnahmen keine Förderung in Anspruch genommen werden kann, müssen Übergangszeiträume sowie Ausnahmeregelungen berücksichtigt werden. Wann und in welcher Intensität dann ordnungspolitische Maßnahmen wirksam bzw. nachgeschärft werden, wird somit auch davon abhängen, ob die Förderangebote entsprechend angenommen und die Ammoniakemissionen mit Blick auf das 2030-Ziel dadurch ausreichend reduziert werden.
Text: Katharina Isepp, LL.M. MSc Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Sektion V – Umwelt und Kreislaufwirtschaft Abteilung 11 – Anlagenbezogener Umweltschutz, Umweltbewertung und Luftreinhaltung katharina.isepp@bmk.gv.at
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INFO Peter Löcker, vulgo Sauschneider, 5581 St. Margarethen Hofgröße: 8 ha, Höhenlage: 1.050 m Anbau von Tauernroggen, Laufener Landweizen, Dinkel, Hanf, Leindotter. Außerdem Haltung von 30 Schwarzen Alpenschweinen www.biourlaub.at
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STICKSTOFF-PROBLEMATIK
GÜLLE, BODEN, BAUERNHOF:
BEI PETER STINKT’S NICHT Biobauer Peter Löcker fuhr die Gülle bereits jahrelang aufs Feld, ohne dass sich jemand über Gestank beschwert hätte. Die Nachbarin hängte sogar ihre frisch gewaschene Wäsche auf, manchmal bemerkte sie nicht einmal, was er da nebenan am Feld machte. Und auch seit er die Rinder durch Schweine ersetzte, klagen die Nachbarn nicht über Geruchsbelästigung. Auch auf weiteren Gebieten gibt es bei ihm weniger Probleme in der Landwirtschaft als bei anderen. Was macht er anders?
Bodenständige Sorten bringen viele Vorteile Am Sauschneider-Hof (Hofname) wird auch seit zwei Jahrzehnten bewusst mit alten bodenständigen Kulturpflanzen gearbeitet. Auf der Suche nach regionalen Besonderheiten stießen die Löckers auf den Tauernroggen. Das robuste Getreide ist äußerst bescheiden und braucht nicht viel Unterstützung zum Wachsen, auch keinen Dünger. Umso Winterausgabe | natur&land | 107. JG. – Heft 4-2021
besser sind seine Eigenschaften: Laut Saatgutbeschreibung ist der Tauernroggen die widerstandsfähigste Getreidesorte Europas. Peter Löcker etablierte den Tauernroggen im Lungau wieder, inzwischen wird dieser auf mehr als 17 ha angebaut. Der Erfolg gibt ihm recht und die Nachfrage ist höher als das Angebot.
Auch seine 30 „Schwarzen Alpenschweine“ sind optimal in die Naturkreisläufe integriert. Auf drei Feldern mit je 1,25 ha haben sie freien Auslauf, ihr Mist wird in die Fruchtfolge mit eingebaut. Der Ausschuss des Tauernroggenschrots ist für sie zudem ein Festmahl und verbessert gleichzeitig die Fleischqualität. Humus, ein Geschäft? Peter Löcker setzt sich auch aktiv für den Humusaufbau in der Region ein. Immerhin bindet 0,1 % Humus pro Hektar bis zu zehn Tonnen CO 2. Bei einer Untersuchung stellte sich heraus, dass die Böden seines Hofes einen Humusgehalt von 8,6 % haben. Diese hohe Zahl war für alle überraschend (zum Vergleich: Im Marchfeld liegt laut Löcker der Humuswert unter 2 %). Deshalb bietet mehr Humus die Möglichkeit, CO 2-Anteile zu verkaufen. Vielleicht ist das ja ein Anreiz für noch mehr Bauern, auf Biolandwirtschaft umzusteigen … >DB<
ALLE FOTOS: PETER LÖCKER
S
eit er Ende der 80er-Jahre den Hof von seinen Eltern übernahm, lässt sich Peter Löcker bei der Bewirtschaftung von seinem Gefühl leiten. Für ihn und seine Frau Liesi war von Beginn an klar, dass sie mit der Natur wirtschaften wollten. Das brachte ihnen anfangs viel Gegenwind, denn damals steckte die Biolandwirtschaft noch in den Kinderschuhen. Doch die beiden ließen sich nicht beirren. Der Lungauer Bio-Pionier besuchte viele Kurse, um sein Wissen zu vertiefen. Gleich zu Beginn wollte er einen „Kompostkurs“ besuchen. Doch die Grundvoraussetzung für die Teilnahme war der Besuch eines „Bodenkurses“. Löcker hatte zunächst nur wenig Lust, auch diesen zu absolvieren. Er merkte aber schnell, wie wichtig dieser Kurs für das Basis-Verständnis in der Landwirtschaft war. Bestätigung erhielt er auch durch das Ergebnis der dort untersuchten Bodenprobe seines Hofes: Die anderen Kursteilnehmer belächelten ihn zunächst wegen seines Bio-Engagements. Nach Auswertung aller Bodenproben zeigte sich aber, dass seine Probe mit Abstand die beste war. Peter Löcker suchte auch nach einer Möglichkeit, die Gülle zu entschärfen. Er fand sie in der Gülle-Aufbereitung mit Pflanzenkohle, Mikroorganismen und Urgesteinsmehl. Dadurch vergrößert sich die Oberfläche der Gülle und sie kann mehr Ammoniak binden, der strenge Geruch wird reduziert und die Nährstoffe sind für Pflanzen besser und länger verfügbar. Die aufbereitete Gülle konnte er zudem nun aufs Feld aufbringen, ohne in Konflikt mit den Nachbarn zu geraten.
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Wir müssen unsere Wege wieder mehr mit Öffentlichen Verkehrsmitteln und zu Fuß absolvieren, um die Klimaziele zu erreichen.
FOTO: PIXABAY/ICSILVIU
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WENIGER VERKEHR BRINGT MEHR GESUNDE LUFT ZUM ATMEN Unsere Luftqualität wird durch den Verkehr stark beeinträchtigt. Der Kfz-Verkehr, insbesondere Dieselfahrzeuge, ist der größte Verursacher von Stickoxiden. Mit einem gesünderen Mobilitätsverhalten und geringerem Tempo beim Autofahren kann jede*r Einzelne viel bewirken.
D
as Umweltbundesamt veröffentlicht jährlich einen Bericht zur Luftqualität in Österreich. An den Messstationen in Österreich wurden im Jahr 2019 Jahresmittelwerte von 31,4 bis 38,6 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft gemessen. Zehn der 19 Messstellen waren im Jahr 2019 somit über dem vom nationalen Immissionsschutzgesetz Luft (IG-L) vorgegebenen Grenzwert von 30 Mikrogramm pro Kubikmeter Stickstoffdioxid. Die Weltgesundheitsorganisation WHO macht seit vielen Jahren gemeinsam mit vielen anderen Fachleuten aus Medizin, Wissenschaft und NGOs auf die gewaltigen Folgen der Luftverschmutzung aufmerksam. Zuletzt hat
unter anderem das renommierte Max-Planck-Institut alarmierende Studienergebnisse veröffentlicht: Die Luftverschmutzung verkürzt in Europa die Lebenserwartung im Schnitt um zwei Jahre. Die WHO hat daher aus guten Gründen im Jahr 2021 neue Grenzwerte für Luftschadstoffe veröffentlicht. Der empfohlene Jahresmittelwert von Stickoxiden wurde auf 10 Mikrogramm pro Kubikmeter heruntergesetzt. Damit sind alle Messwerte in Österreich weit über dem gesunden Maß. Diesel, Diesel, Diesel Um die Stickstoffbelastung zu reduzieren, braucht es weitgehende Maßnahmen. Der Dieselboom der vergan-
Auch neuere Diesel-PKWs übersteigen Euro-NOx-Grenzwerte
18
40 80*
906 614
46 80*
Euro 6d*** Euro 6dTEMP
80
180
Euro 6 abc**
Euro 5
* Ohne Berücksichtigung des RDE-Konformitätsfaktors ** Aggregation für die Flottenzusammensetzung 2018 *** Technologieabschätzung
Quelle: HBEFA 3.3., Umweltbundesamt 2018
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GRAFIK NACH VCÖ
FOTO: UNSPLASH/MATT BOITOR
Labor-Grenzwert in mg NO x/km Realer Ausstoß in mg NOx/km
STICKSTOFF-PROBLEMATIK
Höheres Tempo bedeutet mehr Schadstoff-Emissionen PM 10 g/km
0,605 +16,4%
0,010 +18,3%
53,0
ALLE GRAFIKEN NACH VCÖ
100
0,520 = 100%
0,008 = 100%
0,420 –19,3%
0,007 –10,6%
48,9
50
47,5
45,0
43,5
40 30
130
Durchschnittliche NO 2 -Belastung in Mikrogramm/Kubikmeter Luft
16.03.–12.04.2020
37,2 30,4
29,7
24,4
27,5 19,4
20
QUELLE: UMWELTBUNDESAMT
140
NO x g/km
März 2018 und 2019 60
16,5
10 0
Vomp A12
Graz Don Bosco
genen 30 Jahre hat Österreich massive Probleme mit der Luftqualität beschert. Die Anzahl der Diesel-Pkws hat sich in Österreich von rund 400.000 im Jahr 1990 auf rund 2,8 Millionen im Jahr 2018 versiebenfacht. Seither geht die Zahl der Diesel-Pkws langsam zurück. Befeuert wurde der Dieselboom durch die steuerliche Begünstigung von Diesel-Treibstoff. Die Schweiz hat diese bereits abgeschafft. Auch, weil Diesel der Treibstoff der Lkws ist und die steuerliche Begünstigung die Zunahme des Lkw-Verkehrs fördert. Der im Jahr 2015 bekannt gewordene Dieselskandal hat deutlich gemacht, dass Diesel-Pkws beim Fahren auf der Straße deutlich mehr Schadstoffe ausstoßen als bei den Abgastests im Labor. Die Grenzwerte wurden und werden um ein Vielfaches überschritten. So genannte Thermofenster führen dazu, dass die Abgasreinigung bei niedrigeren Temperaturen, die in Österreich selbst bei milden Wintern normal sind, nicht funktioniert. Dadurch gelangen große Mengen an Schadstoffen in unsere Atemluft. Ein Problem, das nach wie vor besteht. Wie unsere Luft besser wird Weniger Auto- und Lkw-Verkehr ist die wirksamste Maßnahme, um die Abgase zu reduzieren. Das wurde im vergangenen Jahr während des ersten Covid-19-Lockdowns spür- und sichtbar. Die Luftverschmutzung durch Stickstoffdioxid war deutlich geringer, beispielsweise ging an der A12 bei Vomp die Belastung um mehr als die Hälfte zurück. Auch das Potenzial zur Verlagerung von Autofahrten auf Gehen und Radfahren ist groß: In Österreich sind vier von zehn Autofahrten kürzer als fünf Kilometer und jede zehnte Autofahrt bewegt sich in Gehdistanz. Sehr wirksam für eine bessere Luftqualität sind auch niedrigere Geschwindigkeiten. Tempo 100 statt 130 auf der Autobahn kann den Stickstoff-Ausstoß um rund 19 Prozent reduzieren. Winterausgabe | natur&land | 107. JG. – Heft 4-2021
Wien Hietzinger Kai
Linz Römerberg
Salzburg Rudolfsplatz
Innsbruck Zentrum
Darüber hinaus müssen die Kfz kleiner und sauberer werden. Die aktuellen Abgasgrenzwerte für Neuwagen sind aus Gesundheitssicht zu hoch. Die EU plant daher eine verbesserte Abgasnorm. Sie hat beschlossen, dass spätestens im Jahr 2035 nur noch emissionsfreie Neuwagen verkauft werden dürfen. Bis dahin werden allerdings noch viele Pkws mit Verbrennungsmotor erworben werden. In Städten leiden besonders viele Menschen unter der hohen Schadstoffbelastung. Umweltzonen werden international bereits in hunderten Städten erfolgreich eingesetzt und reduzieren über Gebühren oder Fahrverbote die Verkehrsbelastung. In vielen italienischen Städten sorgt die „Zona Traffico Limitato“ für Verkehrsberuhigung und bessere Luft. Die Umweltzone im Stadtzentrum von Madrid brachte allein in den ersten Monaten nach der Umsetzung von Dezember 2018 bis April 2019 eine Reduktion der Stickoxide um 38 Prozent. Die Menschen stiegen verstärkt auf öffentliche Verkehrsmittel und das Fahrrad um. Übrigens brachte die Umweltzone nicht nur eine bessere Luft: Dem Einzelhandel bescherte sie im Weihnachtsgeschäft ein Umsatzplus von neun Prozent.
Text: DI Lina Mosshammer, BSc VCÖ – Mobilität mit Zukunft Bereich Gesundheit, Klima, Sharing lina.mosshammer@vcoe.at
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Tempo
Weniger Verkehr führt zu besserer Luftqualität
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BIOINDIKATOREN FÜR STICKSTOFF Diese Pflanzen zeigen uns, ob im Boden viel oder wenig Stickstoff vorhanden ist.
NITROPHILE PFLANZEN Pflanzen, die durch hohen Stickstoffgehalt im Boden in Gefahr geraten (nitrophobe Pflanzen). Die Natur bietet ohne Zutun des Menschen bei uns nur wenige stickstoffreiche Standorte. Das sind vor allem Säume an Fließgewässern und Auen, Flächen in unmittelbarer Nähe von Tierbauen und Vogelnistplätzen sowie kurzfristige Standorte beispielsweise nach Blitzeinschlägen oder durch Windbruch zerstörte Wälder. Etwa 200 Blütenpflanzenarten gelten in Mitteleuropa als Stickstoffzeiger, die meisten davon sind krautige Pflanzen. >DB<
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„Zeigerpflanzen“ sind Pflanzen, die etwas über ihren Standort verraten. Sie sind oft recht anspruchsvoll bezüglich ihrer Lebensbedingungen und wachsen meist nur an bestimmten Standorten. Sie reagieren als erste auf Veränderungen und machen diese für aufmerksame Menschen dadurch frühzeitig sichtbar. Deshalb bezeichnet man diese Pflanzen als Bioindikatoren. Wir stellen hier eine Auswahl an stickstoffliebenden bzw. sehr stickstofftoleranten (nitrophilen) Pflanzen vor sowie einige
Alpen-Ampfer (Rumex alpinus) Ist Ihnen bei einer Almwanderung schon einmal eine Pflanze mit großen dunkelgrünen Blättern aufgefallen, die in Gruppen und an deutlich begrenzten Stellen wächst? Das ist der Alpen-Ampfer. Er ist eine überaus stickstoffliebende Pflanze, dort, wo er wächst, ist Stickstoff im Boden besonders reichlich vorhanden. Gerade im Hochgebirge sind nährstoffreiche Flächen von Natur aus eher selten, aber die Weidetiere auf den Almen bringen mit ihren Exkrementen viel Stickstoff auf die Wiesen. Weil das Vieh sich besonders oft nahe den Almhütten aufhält, findet sich in ihrer unmittelbaren Umgebung auch die stärkste Stickstoffkonzentration im Boden. Und die bleibt dort auch über viele Jahre erhalten, wenn die Alm schon längst nicht mehr bewirtschaftet wird. Besonders auffallend sind die Pflanzen auf den ehemaligen Flächen für Schweinehaltung. Da die Schweine meist eingezäunt wurden, wächst auch der Alpen-Ampfer genau innerhalb dieser Begrenzungen.
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Brennnessel (Urtica spp.) Wo die Brennnessel wächst, muss man normalerweise nicht düngen, denn an diesen Standorten enthält der Boden viel Stickstoff. Die oft als Unkraut ungeliebte Pflanze zählt zu den vielseitigsten Wildkräutern überhaupt. Sie gilt als Heilpflanze, ist eine begehrte Futterpflanze vieler Insekten und stärkt mit ihren Inhaltsstoffen auch andere Gewächse: Gärtner bereiten aus ihr die „Brennnessel-Jauche“, um Pflanzen von Blattläusen zu befreien oder mit Stickstoff zu versorgen.
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Schwarzer Holunder (Sambucus nigra) Der Schwarze Holunder ist eine in Mitteleuropa besonders häufige Strauchart. Er ist zwar relativ anspruchslos und gedeiht auch im Halbschatten auf Ruderalflächen, Waldlichtungen oder an Wegrändern. Allerdings bevorzugt er stickstoffreiche Lehmböden. An besonders stickstoffreichen Standorten tritt er auch konzentriert auf. Wo Holunder also besonders gut gedeiht, dort gibt es ausreichend Stickstoff im Boden. Auch in der Mythologie ist die Verbindung von Holunder und fruchtbarer Erde verankert: Schon die Kelten und Germanen verehrten den Holunder als Baum des Lebens und Freya, der germanischen Göttin der Liebe und der Fruchtbarkeit, wurde sogar nachgesagt, dass sie im Holunderstrauch wohnen würde.
Löwenzahn (Taraxacum officinale) Zu den bekanntesten Zeigerpflanzen für besonders gute Nährstoffversorgung zählt der Löwenzahn. Inzwischen gibt es kaum einen Lebensraum, den er noch nicht erobert hat. Der immense Stickstoffeintrag aus der Luft kommt der Pflanze dabei zugute. Mit seiner Ausbreitung verdrängt der Löwenzahn aber auch viele weniger robuste Pflanzen. Inzwischen sieht man immer mehr artenarmes Grünland, auf dem kaum mehr als der Löwenzahn blüht.
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Gelbe Wandschüsselflechte (Xanthoria parietina) Die Gewöhnliche Gelbflechte, wie sie auch genannt wird, ist bei uns inzwischen auf dem Vormarsch. Sie zählt eindeutig zu den Gewinnern des großen Stickstoffangebots in der Luft, denn sie ist sehr tolerant gegenüber Luftverschmutzung. Xanthoria parietina kann man inzwischen fast überall entdecken, sie dringt bis weit in menschliche Siedlungsgebiete vor. Meist wächst sie an Bäumen, verschmäht bei hoher Nährstoff-Verfügbarkeit aber auch Holzzäune, Mauern, Betonplatten und Steine nicht als Untergrund.
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STICKSTOFF-PROBLEMATIK
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Nährstoffarme Flächen beherbergen eine große Vielfalt an Pflanzenspezialisten. Diese haben gelernt, an solchen Standorten zu leben. Dabei haben sie viele verschiedene und oft erstaunliche Methoden entwickelt, um ihren geringen Stickstoffbedarf zu stillen. Durch ihre hohe Spezialisierung reagieren diese Pflanzen meist sehr empfindlich auf Veränderungen ihres Lebensraums. Wenn sich die Stickstoff-Verfügbarkeit im Boden verändert und konkurrenzstärkere Arten hier überleben können, werden sie von diesen üblicherweise schnell verdrängt. Deshalb sind die meisten vom Aussterben bedrohten Pflanzen Magerkeitsanzeiger. >DB<
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NITROPHOBE PFLANZEN
Echte Schlüsselblume (Primula veris) Die Echte Schlüsselblume bevorzugt kalkreiche lockere Lehmböden, die wenig Stickstoff, aber viel Humus besitzen. Man findet sie meist in lichten Laubwäldern, am Waldrand oder auf trockenen Wiesen. Der starke Stickstoffeintrag aus der Luft macht ihr zu schaffen, ihre Bestände gehen deshalb zurück. Da sie für viele Tierarten eine wichtige Futterpflanze ist, wirkt sich der Rückgang der Echten Schlüsselblume auch auf andere Arten aus.
Torfmoose (Sphagnum) Torfmoose sind die Moorpflanzen schlechthin, sie sind für die Entstehung von Hoch- und Übergangsmooren und die Torfbildung verantwortlich. Sie sind auch Meister der Nährstoffaufnahme und können sogar mit geringsten Mengen überleben. Gleichzeitig schaffen Torfmoose ein saures Milieu in ihrer Umgebung, um Konkurrenten zu schwächen. So bleiben sie in ihrem Lebensraum konkurrenzfähig. Torfmoos hat keine Wurzeln, die Pflanze wächst nach oben und stirbt unten wegen Luftabschlusses ab. Das Gewebe darunter wird nur unvollständig zersetzt, es entsteht Torf. Mangels Wurzeln kann Torfmoos seine Nährstoffe nur aus dem Regenwasser aufnehmen. Der auf diesem Weg zunehmende Stickstoffeintrag im Boden verändert die Nährstoffversorgung und fördert konkurrenzstärkere Pflanzen. Gleichzeitig setzt dem Torfmoos die starke Entwässerung seiner Lebensräume zu.
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Rundblättriger Sonnentau (Drosera rotundifolia) Nasse, nährstoffarme und kalkfreie Böden sind der Lebensraum des Rundblättrigen Sonnentaus, daher findet man ihn hauptsächlich in Mooren und Feuchtgebieten. Er hat einen besonders kreativen Weg gefunden, um an genügend Stickstoff zu gelangen: Als fleischfressende Pflanze versorgt er sich über gefangene Insekten damit. Mit duftenden Tropfen an den Tentakeln seiner Fangblätter werden die winzigen Mücken oder Fliegen angelockt und bleiben daran hängen. Mit einer eiweißspaltende Enzyme enthaltenden Flüssigkeit wird das Insekt innerhalb weniger Tage verdaut, lediglich der Chitinpanzer bleibt übrig.
FOTO: HUBERT SALZBURGER
FOTO: ROMAN TÜRK
STICKSTOFF-PROBLEMATIK
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Rosmarinheide (Andromeda polifolia) Die Rosmarinheide ist eine typische moorbewohnende Pflanze. Sie benötigt zudem offene Flächen als Standort. Die Rosmarinheide hat sich mit Hilfe einer speziellen Mykorrhiza (Symbiose mit einem Pilz an den Wurzeln der Pflanze) an das extrem niedrige Stickstoffangebot in den Mooren hervorragend angepasst, um zu wachsen. Da ihr natürlicher Lebensraum immer stärker durch Trockenlegung eingeschränkt wird, ist die Rosmarinheide sehr selten geworden. Der in allen Pflanzenteilen stark giftige Zwergstrauch hat mit Rosmarin übrigens nichts zu tun: Der Name entstand, weil das graugrüne nadelförmige Laub an diese Pflanze erinnert.
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THEMA
ZWEI NATIONALPARKS FEIERN JUBILÄEN
Text: Sarah Wendl, MSc Nationalparks Austria, Generalsekretärin sarah.wendl@nationalparksaustria.at
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it der Vereinbarung von Heiligenblut im Jahr 1971 wurde formal die Errichtung des ersten österreichischen Nationalparks in den Hohen Tauern auf politischer Ebene beschlossen. Zwar dauerte es noch weitere zehn Jahre, bis in Kärnten dann tatsächlich der erste Nationalpark eröffnet wurde, dennoch war dies ein wichtiger Meilenstein für den Schutz der unberührten Natur. In den folgenden Jahren konnten dank dem engagierten Einsatz von zahlreichen Personen und Bewegungen noch fünf weitere Gebiete (Neusiedler See – Seewinkel, Donau-Auen, Kalkalpen, Thayatal und Gesäuse) als Nationalparks dauerhaft unter Schutz gestellt werden. Die Besetzung der Auen bei Hainburg, um den Bau eines Kraftwerkes zu verhindern, zählt wohl zu den bekanntesten Aktionen für die Natur. Seit genau 25 Jahren schützt nun der Nationalpark Donau-Auen diese ökologisch wertvolle Flussauenlandschaft. Damit konnten gleich zwei der acht Nationalparkverwaltungen heuer große Jubiläen feiern. Zwei Schutzgebiete, die unterschiedlicher nicht sein könnten und dennoch viel gemeinsam haben. Der Nationalpark Hohe Tauern besticht vor allem durch imposante Gipfel und beträchtliche Höhenlage. Nur besonders spezialisierte Arten können unter diesen rauen Bedingungen überleben. Eine davon ist der Bartgeier, dessen Nahrung zu 90 % aus Knochen besteht – eine Nischenart par excellence. Dass dieser Vogel heute über dem Schutzgebiet kreist, ist jedoch keine Selbstverständlichkeit. Vor 35 Jahren waren die Bartgeier noch aus dem Alpenraum verschwunden. Dank Wiederansiedlungsmaßnahmen sind heute wieder etwa 35 Tiere in Österreich beheimatet. Aufgrund ihrer hohen Spezialisierung sind diese Greifvögel auch wichtige Zeigerarten für den Naturschutz und belegen, wie gut die Schutzmaßnahmen funktionieren. Zu den größten Erfolgen des Nationalparks zählt auch die Ausweisung des Wildnisgebiets „Sulzbachtäler“ im Jahr 2019. Auf 6.728 ha kann sich hier die Natur – nach dem derzeitigen Rückzug der Gletscher – vollkommen in ihrem Rhythmus entfalten. Der Mensch nimmt in diesem streng geschützten Gebiet nur eine beobachtende Rolle ein.
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HOHE TAUERN
Gletschervorfelder im Nationalpark Hohe Tauern sind Extrem-Lebensräume und werden nur von Spezialisten besiedelt.
Auch im Nationalpark Donau-Auen ist die Förderung natürlicher Prozesse das oberste Ziel. Zwar zählt der Flussabschnitt zwischen Wien und Bratislava zu den letzten ungestauten Fließstrecken des Landes, dennoch sind hier die Auswirkungen der Donauregulierung zu spüren. Naturschutz heißt in diesem Schutzgebiet vor allem, dem Wirken der Donau wieder Raum zu geben. Daher wurden seit der Nationalparkgründung große
DONAU-AUEN
Der Wechsel zwischen Hoch- und Niederwasser ist die Herausforderung für Tiere und Pflanzen im Nationalpark Donau-Auen. Winterausgabe | natur&land | 107. JG. – Heft 4-2021
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Wasserbaumaßnahmen umgesetzt. Altarme wurden wieder mit dem Fluss vernetzt, Uferabschnitte von starrer Verbauung befreit und dadurch die für Auen typische Dynamik von Hoch- und Niederwasser gestärkt. Es entstanden auch beruhigte Bereiche, die für störungssensible Wildtiere wie den Seeadler, der in Österreich lange Zeit nicht gebrütet hatte, von enormer Bedeutung sind. Bis zu sechs Adlerpaare brüten jetzt wieder jährlich im Schutzgebiet. Genau wie die Bartgeier sind auch diese Tiere Indikatoren für einen vitalen Lebensraum.
Stimmen zum Nationalpark-Jubiläum Eberhard Stüber, Ehrenpräsident des Naturschutzbundes und Nationalpark-Pionier: „Es war ein langer und mühsamer Weg bis zur Gründung des Nationalparks Hohe Tauern, dem ersten in Österreich. Seit vielen Jahren setzten sich Naturschützer dafür ein, auch in Österreich großartige Naturlandschaften unter den Schutz von Nationalparks zu stellen. Unsere sechs Nationalparks sind heute ein Aushängeschild Österreichs geworden. Der Einsatz hat sich gelohnt!“ Roman Türk, Präsident des Naturschutzbundes: „Die beiden Nationalpark-Jubiläen bieten die Chance, sich die Bedeutung dieser Naturschutzräume wieder in Erinnerung zu rufen. Hier können die natürlichen Prozesse sehr oft noch unbeeinflusst ablaufen, was uns wichtige wissenschaftliche Erkenntnisse ermöglicht. Diese kommen wieder der Natur und den Nationalparks zugute!“
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NATIONALPARKS
Franz Maier, Präsident des Umweltdachverbandes: „Für den Nationalpark engagierten sich von Beginn an die großen Natur- und Umweltschutzverbände in ganz Österreich. Ohne Alpenverein, Naturschutzbund und Naturfreunde gäbe es den Nationalpark Hohe Tauern, den größten Nationalpark im Alpenraum und wertvollen Hotspot der Biodiversität nicht.“
FAKTEN Nationalpark Donau-Auen: Größe: 9.615 ha Struktur: 65 % Auwald, 15 % Wiesen und 20 % Gewässer Gründung: 1996 Nationalpark Hohe Tauern: Größe: 185.600 ha Struktur: 54 % Gletscher, Schuttflure, Felswände und Zwergstrauchwiesen, 32 % subalpine/alpine Rasen und Almen, 9 % Wald, 4 % Erlen- und Latschengebüsch, 1 % Wasser Gründung: 1981 (Kärnten), 1984 (Salzburg) und 1992 (Tirol)
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THEMA
LEBEN IN KÄLTE: SCHNEEINSEKTEN FOTO: WINKLER
Mit Insekten verbinden die meisten Menschen Sommer und warme Temperaturen. Doch in der extrem artenreichen Klasse der Kerbtiere gibt es auch Arten, die sich zeitweise auf Schnee verirren oder sogar ein Leben am Kältelimit bevorzugen. Mit etwas Aufmerksamkeit sind sie gar nicht so selten zu beobachten. Text: Univ.-Doz. Prof. Dr. Johannes Gepp Präsident | naturschutzbund | Steiermark und Vizepräsident | naturschutzbund | Österreich j.gepp@naturschutzinstitut.at
FOTO: JOHANNES GEPP
Durch seine dunkle Färbung erwärmt sich der Winterhaft an der Sonne.
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Vom Winde verweht Insekten sind aufgrund ihrer geringen Eigenwärme hauptsächlich Sommertiere. Während der kalten Jahreszeit bleiben sie üblicherweise in Ruhestadien im Boden und daher unserer Sicht weitgehend entzogen. Dennoch findet mancher aufmerksame Wanderer zu Winterbeginn oder an dessen Ende da und dort auf Schneeflecken kleine dunkle Pünktchen. Meist sind es Mücken, Blattläuse, kleine Wanzen und Fliegen oder Schnaken, die aus wärmeren Tallagen auf tauende Schneeflecken verweht wurden. Sie selbst können meist nur unbeholfen fliegen, weswegen sie mit Hilfe des Windes neue Lebensräume zu erreichen versuchen. Dies dient dem genetischen Austausch unter den Populationen. Die Tiere versuchen, fliegend abzuheben, um dann vom Wind gestützt weiter zu gleiten. So ist das beispielsweise bei manchen Blattlausarten der Täler eine Strategie, um ins Gebirge verweht zu werden. Dort überdauern sie als spezielle Wintergeneration die kalte Zeit meist in Form sogenannter Virgines, die sich ohne Männchen fortpflanzen können, oder als bis zu –60 °C kälteunempfindliche Dauereier. Schnee als Treffpunkt und Startbahn Es gibt aber auch regelmäßige Insekten-Besucher auf Schneeflächen und Gletschern, insbesondere an Sonnentagen. Einige Insektenarten sind vor allem im Spätherbst oder gegen Winterende aktiv. Ein Vorteil, denn zu dieser Zeit gibt es deutlich weniger Feinde! So klettert Boreus, der Winterhaft, aus Moospolstern unter der Schneedecke
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Oft treten Schneeflöhe in Massen auf und sind dann auffällige Erscheinungen.
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Gletscherflöhe leben in den obersten Schneeschichten von Gletschern. Unter dem Schnee fließende Bäche sind auch im Winter Lebensraum für Köcherfliegen.
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Schnee-Tiere sind wenig erforscht Massenhaft auftretende „Schneeinsekten“, sogenannte Schneeflöhe, gibt es unter den Isotomiden, einer Familie von Springschwänzen unter den Collembolen (früher als Urinsekten bezeichnet). Sie kommen hauptsächlich wegen der Paarung aus Schneelöchern (z. B. Desoria hiemalis). Auf Gletschern gibt es dunkle, aber auch rosarote Collembolen, die man als Gletscherflöhe (z. B. Vertagopus) bezeichnet, da sie sehr wahrscheinlich ganzjährig zu Millionen in den obersten lockeren Schneeschichten von Gletschern bzw. in Gletscherhöhlen leben. Neben den ohnedies kleinen Schnee- und Gletscherflöhen gibt es eine große Artenzahl unterschiedlicher Mikroorganismen, insbesondere Algen, auch sogenannte Bärtierchen (Tardigrada), die zu den kälteresistentesten Lebewesen zählen, die es überhaupt gibt. Die 0,1 bis 1,5 mm kleinen Bärtierchen können auch noch bei Weltraumkälte überleben. In 3.200 m Höhe leben in den Schneefeldern der Hohen Tauern auch kleine Laufkäfer der Gattung Nebria und Wolfsspinnen der Gattung Podosa sowie der Gletscherweberknecht (Mitopus glacialis). Sie suchen abends die Schneeflächen nach verunglückten Schneeinsekten ab. Über ihre Lebensweise wissen wir noch sehr wenig. Das Schwinden der Gletscher und die Abnahme der winterlichen Schneeflächen könnte auch diese Spezialisten allmählich verschwinden lassen, bevor wir sie richtig kennenlernen konnten.
Schneemücken paaren sich direkt auf dem Schnee.
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nach oben, um dort Paarungspartner zu treffen. Trotz der mitunter tiefen Temperaturen erwärmen sich diese winzigen, nur wenige Millimeter messenden Tiere mithilfe der Sonneneinstrahlung und können so auf der Schneefläche recht aktiv herumklettern bzw. sich auch paaren. Ein zweiter Grund für die Schneeverbundenheit der Winzlinge ist, dass sie an stürmischen Tagen durch die Kraft der Winde sogar über ganze Berge hinweggetragen werden. Dadurch vermischt sich die Genetik der flügellosen Winterhafte. Ähnliches praktizieren die extrem selten zu beobachtenden Schneemücken (Chionia). Von der Körper- und Beinform ähneln diese Stelzenmücken den üblichen Schnaken, aber ihre Flügel sind fast gänzlich reduziert. In Tallagen, ja selbst in Gärten, findet man auf Schnee im Volksmund „Schneewürmer“ genannte Tiere. Das sind dunkelbraune bis schwarze Larven der im Frühjahr häufigen rötlichbraunen Weichkäfer speziell der Gattung Cantharis. Die „Schneewürmer“ graben sich im Frühjahr durch die Schneedecken und klettern auffällig an der Oberfläche herum. Da unter der Schneedecke die meisten Bäche weiterhin fließen und von allerlei Wasserinsekten bewohnt sind, sind auch etliche der als Larven im Wasser lebenden Köcherfliegen und Steinfliegen und sogar Eintagsfliegen winteraktiv. Auch wenn Bäche oft großflächig von Schnee überdeckt sind, so gibt es doch da und dort kleine „Luftlöcher“ an die Schneeoberfläche. Dort kann man sogar mitten im Winter die erwachsenen Köcherfliegen, Steinfliegen, aber auch Zuckmücken mitunter in Mengen zur Paarung bereit antreffen.
FOTO: JOHANNES GEPP
KLIMAWANDEL
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THEMA
UMWELTVERFAHREN SCHÜTZEN DIE UMWELT UND STÄRKEN DIE LEBENSQUALITÄT FOTO: ANTON VORAUER/WWF & JENOCHE/SHUTTERSTOCK.COM
Die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) ist ein wichtiges gesetzliches Instrument, um bei großen Bauvorhaben auch auf die Umwelt Rücksicht zu nehmen. Sie ist jedoch manchen ein Dorn im Auge, vor allem die Verzögerung von wichtigen Bauvorhaben wird ihr angelastet. Warum es – in seltenen Fällen – wirklich zu Verzögerungen kommt, erfahren Sie hier. Eine UVP ist bei Vorhaben durchzuführen, bei denen mit erheblichen Umweltauswirkungen zu rechnen ist.
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FOTO: MARTIN ASCHAUER
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sterreich ist bekannt für seine malerische Alpenlandschaft. Weniger bekannt ist, dass hier mittlerweile nur mehr 7 % der Landschaftsräume weitgehend naturbelassen sind.1 Ein wesentlicher Grund dafür ist der EU-weit höchste Bodenverbrauch, der massive Folgen für Natur und Mensch hat.2 Über 80 % der Tier- und Pflanzenarten sind in einem „mangelhaften“ oder „schlechten Zustand“3 und etwa jede dritte heimische Art gilt mittlerweile als gefährdet.4 Damit Natur und Biodiversität bei großen Bauvorhaben nicht unter die Räder geraten, gibt es die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), die dem Interessenausgleich dient: Sie soll Großprojekte möglichst mit der Umwelt in Einklang bringen. Dazu ermöglicht sie es Betroffenen, Bürgerinitiativen und anerkannten Umweltschutzorganisationen bei Bauvorhaben auf Umweltprobleme aufmerksam zu machen und gemeinsam Lösungen zu finden. Damit schützen UVP-Verfahren nicht nur die Umwelt, sondern stärken auch die Lebensqualität der Bevölkerung. Die vorgesehene Öffentlichkeitsbeteiligung führt außerdem in der Regel nicht nur zu einer höheren Akzeptanz, sondern auch zur Verbesserung der Projekte. Weiters wird durch die UVP Rechts- und Planungssicherheit in vielfältigen und komplexen Materien in verhältnismäßig kurzer Zeit hergestellt. Auch wenn der Großteil der Verfahren von der öffentlichen Auflage bis zur Genehmigung durchschnittlich in sieben Monaten abgewickelt wird, gibt es Ausreißer-Verfahren, die länger dauern. Die größten Bremsen sind Fehlplanungen und unvollständige Unterlagen der Projektwerbenden, sie können die Dauer der UVP-Verfahren verdoppeln.5 Aber auch ungenügende Ressourcen der Behörden verlängern die Verfahrensdauer. Außerdem werden Grundsatzfragen in der Regel nicht im Rahmen einer Strategischen Umweltprüfung (SUP) geklärt und für die Projektebene außer Streit gestellt, das würde die UVP-Verfahren deutlich entlasten.
Text: Mag. Lisa Weinberger LL.M. (CEU) ÖKOBÜRO – Allianz der Umweltbewegung lisa.weinberger@oekobuero.at 1 https://www.seele-der-alpen.at/wp-content/ uploads/2018/06/Seele-der-Alpen_%C3%96 sterreich_Fact-Sheet.pdf 2 https://www.umweltbundesamt.at/umweltthemen/ boden/flaecheninanspruchnahme 3 EEA Report No 10/2020, State of nature in the EU: Results from reporting under the nature directives 2013–2018. 4 WWF Living Planet Report 2018, Österreich Auswertung gemeinsam mit der Universität für Bodenkultur. 5 https://www.umweltbundesamt.at/uvpsup/ verfahrensmonitoring/vm-dauer/gv-dauer
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NATURSCHUTZBUND AKTIV
STUDIE ZEIGT: LUCHSAUSBREITUNG BRAUCHT AKTIVE UNTERSTÜTZUNG Der Thüringer Wald könnte Gegenstand von Deutschlands nächstem Luchs-Auswilderungsprojekt werden. Eine Modell-Analyse zeigt, wieso das Gebiet für Mitteleuropas Luchse so wichtig ist und warum es Bestandsstützungen für die Vernetzung von isolierten Vorkommen braucht.
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FOTO: WOLFGANG SCHRUF
ür einen langfristig überlebensfähigen Luchsbestand in Mitteleuropa ist die Vernetzung der einzelnen, vielfach isolierten Vorkommen essentiell. Für die Verbindung der Population im Harz (Mittelgebirge im Norden Deutschlands) und der Böhmisch-BayerischÖsterreichischen (BBA) Population spielt der Thüringer Wald eine Schlüsselrolle. Als langgestrecktes zusammenhängendes Waldgebiet mit ausreichend Wild stellt er optimale Lebensraumbedingungen zur Verfügung. Beide Populationen gelten aktuell als voneinander isoliert. Ohne aktive Unterstützung wird das laut einer Modellrechnung auf absehbare Zeit auch so bleiben. Das liegt vor allem an dem Verhalten weiblicher Luchse, die ihr Territorium im Gegensatz zu ihren männlichen Artgenossen nur unweit des mütterlichen Territoriums etablieren. Daher bleiben gelegentlich aus Kernpopulationen abwandernde männliche Luchse meist allein, ohne die Chance, eine neue Population zu gründen. Ohne Zuwanderungen droht den Populationen allerdings eine genetische Verarmung, da beide auf eine kleine Zahl von Gründertieren aus einer Wiederansiedlung zurückgehen. Die Simulation wurde vom BUND Thüringen und der Universität Freiburg auf Basis empi-
rischer Daten zum Luchs erstellt. Sie zeigt, dass die natürliche Besiedlung des Thüringer Waldes in den nächsten 25 Jahren unwahrscheinlich ist. Die Wahrscheinlichkeit einer dauerhaften Besiedlung könnte dagegen nach einer Wiederansiedlung von Luchsen bereits in 20 Jahren bei 100 % liegen. Ausgehend vom Thüringer Wald würden auch Nordbayern und Nordhessen besiedelt werden und die Populationen im Harz und in Bayern kämen miteinander in Kontakt. Der für das langfristige Überleben der Populationen notwendige genetische Austausch wäre somit möglich. Die Simulation bekräftigt damit den in der Fachwelt immer öfter vorgebrachten Vorschlag, das Überleben des Luchses zu sichern, indem aktiv neue Populationskerne zwischen den gegenwärtigen Verbreitungsgebieten geschaffen werden. Für Österreichs Luchse sind diese Erkenntnisse von hoher Relevanz. Neben der BBA-Population im Nordosten hat Österreich auch Anteil an der Alpinen Population. Das Vorkommen im Gebiet des Nationalparks Kalkalpen ist angesichts seiner Isolation, einer sehr geringen Individuenzahl und ausbleibenden Nachwuchses besonders bedroht.
Luchs (Lynx lynx)
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Text: Lucas Ende, MSc Artenschutzkoordinator | naturschutzbund | Österreich lucas.ende@naturschutzbund.at
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NATURSCHUTZBUND AKTIV
WOLF: LEHREN AUS DEM HEURIGEN ALMSOMMER Der Almsommer 2021 zeigte es deutlich: Ungeschützte Weidetiere auf den Almen laufen Gefahr, Opfer eines Wolfs zu werden. Der Aufbau von Herdenschutzmaßnahmen muss deshalb dringend intensiviert werden!
Wölfe können pro Tag bis zu 70 km wandern. Zuwanderer aus den Nachbarländern sind längst keine Seltenheit mehr.
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in hitziger Sommer liegt hinter uns. Inzwischen ist etwas Ruhe eingekehrt und ermöglicht es, Resümee zu ziehen. Nehmen wir als Beispiel Tirol. Hier werden alljährlich österreichweit die meisten Schafe aufgetrieben und heuer wurden dort auch die meisten Schafe von Wölfen gerissen. In Österreich ist es üblich, Schafe im freien Weidegang ohne tägliche Betreuung auf Almen zu halten. Ungeschützte Schafe und Ziegen sind jedoch am stärksten von Übergriffen durch große Beutegreifer betroffen. Viel Aufmerksamkeit ernteten die lautstarken Proponenten und Aktionen für sogenannte „wolfsfreie Almgebiete“. Die Landesregierung Tirol hat sich, ebenso wie jene von Kärnten und Salzburg, dazu entschlossen einen rechtlich wie artenschutzfachlich fragwürdigen Weg einzuschlagen und den Abschuss eines Wolfes freizugeben, der ungeschützte Schafe riss. Ob das die Stimmung im Land beschwichtigen kann, ist mehr als fraglich. In Tirol wurden im Jahr 2021 13 Wölfe genetisch identifiziert, keiner davon wurde bereits 2020 nachgewiesen. Das zeigt, dass eine hohe Fluktuation der Tiere besteht. Somit sind auch im nächsten Almsommer Verluste von ungeschützten Schafen durch zuwandernde Wölfe zu erwarten. Auf den drei Pilotprojekt-Almen im Tiroler Oberland kam es dagegen nach Umsetzung von Herdenschutz-
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Ungeschützte Schafe und Ziegen können Beutegreifern wie dem Wolf leicht zum Opfer fallen.
maßnahmen heuer zu keinem einzigen Nutztierriss. Die Investitionen in Beratung und Förderung von Herdenschutz durch das Land Tirol haben sich hier bezahlt gemacht. Der Dreierlandtag Tirol-Südtirol-Trentino entschied konsequenterweise im Oktober, dass die Durchführung von Herdenschutzmaßnahmen intensiviert und die bereitstehenden EU-Gelder abgeholt werden müssten. Quo vadis, Wolfsschutz? Sollte in Tirol, Salzburg oder Kärnten doch noch ein Wolf einer Abschussgenehmigung zum Opfer fallen, werden die Wogen wieder hochgehen, ein Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen Österreich würde näher rücken, die Gesellschaft weiter gespalten. Zugleich wäre kein einziges frei weidendes Schaf in Österreich dadurch sicherer vor Wolfsübergriffen. „Wolfsfreie“ Almen sind eine Scheinlösung ohne Gewinner. Der größte Verlierer dieser Variante wird letztlich die Almbewirtschaftung mit Schafen und Ziegen sein.
Text & Fotos: Lucas Ende, MSc Artenschutzkoordinator | naturschutzbund | Österreich lucas.ende@naturschutzbund.at Winterausgabe | natur&land | 107. JG. – Heft 4-2021
NATURSCHUTZBUND AKTIV
Herdenschutzhunde können die ihnen anvertrauten Tiere effektiv gegen Beutegreifer schützen.
HERDENSCHUTZPROJEKT LIFESTOCKPROTECT ERFOLGREICH GESTARTET DER NATURSCHUTZBUND KOORDINIERT DEN DIALOGPROZESS DES LÄNDERÜBERGREIFENDEN PROJEKTS
LIFEstockProtect begann 2020 als Zusammenschluss von landwirtschaftlichen Verbänden mit Wissenschaftler*innen, Naturschützer*innen, Herdenschutzexpert* innen und weiteren Akteur*innen in Österreich, Bayern und Südtirol. Ziel des Projekts ist es, Lösungen für den Herdenschutz zum Nutzen von Tierhalter*innen zu finden. Der offizielle Auftakt mit einer alpenweiten Herdenschutzkonferenz (online) im Jänner 2021 war mit fast 500 Teilnehmer*innen bereits ein erster großer Erfolg.
Text & Foto: Lucas Ende, MSc Artenschutzkoordinator | naturschutzbund | Österreich lucas.ende@naturschutzbund.at
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in Meilenstein ist mit der Initiierung eines Netzwerks aus Herdenschutz-Kompetenzzentren bereits erreicht. Dabei werden an landwirtschaftlichen Betrieben in Zukunft Kurse rund um das Thema Herdenschutz angeboten und Fragen anderer Landwirte beantwortet. Die ca. 20 bereits beteiligten Betriebe sind gut über die Projektregion verteilt. Dadurch ist es möglich, Herdenschutztrainings unter verschiedenen topografischen Bedingungen und für unterschiedliche Nutztierarten anzubieten. Zu den Kompetenzzentren gehört unter anderem die Landwirtschaftsschule Raumberg-Gumpenstein. Der Naturschutzbund Österreich übernimmt im Projekt die Koordinierung des Dialogprozesses. Als vorbereitende Maßnahmen wurden heuer eine Analyse der involvierten Interessengruppen und ein Strategieplan zur Einbindung von Stakeholdern erstellt. Ein erstes Treffen mit landwirtschaftlichen Vertreter*innen fand im Juli auf Einladung des Bauernbundes Liezen am Hauser Kaibling statt. Bei der Begehung der behirteten Alm wurden die Bedingungen und Möglichkeiten in Bezug auf Herdenschutz besprochen. Schnell war klar, welches Interesse alle Teilnehmer*innen gemeinsam haben: die Erhaltung der Almwirtschaft und damit der Funktionen, die sie für unsere Gesellschaft erbringt. Am Gipfelkreuz konnte auch ein Missverständnis ausgeräumt werden: Herdenschutz ist nicht überall gleichbedeutend mit Zäunen. Auf hochgelegenen, steilen Almen wird die Behirtung mit Hütehunden und Nachtpferchen in der Regel das Mittel der Wahl sein. In den folgenden vier Jahren stehen Workshops, Studienergebnisse und Konferenzen auf dem Plan. Die nächste Konferenz wird bei Erscheinen dieser Zeitschrift bereits erfolgt sein. Dabei erzählen vier erfahrene Hirtinnen von den Herausforderungen für ihren Berufsstand und wieso dessen Fortbestand so wichtig für unsere Gesellschaft ist. Natürlich werden wir Sie über diese Konferenz und die weiteren Prozesse hier und auf der Website auf dem Laufenden halten.
LINK: Weitere Informationen zum Projekt unter: www.lifestockprotect.info
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NATURSCHUTZBUND AKTIV
Der Rundblättrige Sonnentau ist eine typische Moorpflanze und bezieht einen Teil seiner Nährstoffe aus Insekten, die an seinen Klebedrüsen hängenbleiben.
HILFE FÜR DIE HOCHUND ÜBERGANGSMOORE DES WALDVIERTELS
FOTO: PRIVAT
Moore bieten hochspezialisierten und deshalb meist stark gefährdeten Arten geeigneten Lebensraum und erbringen wertvolle Ökosystemleistungen, denen besonders im Klimawandel eine immer größere Rolle zukommt. Moorschutz ist daher weltweit von großer Bedeutung. Der Naturschutzbund Niederösterreich hat viele Moore des Waldviertels untersucht und setzt nun Maßnahmen zu ihrem Schutz.
Text: Mag. Margit Gross | naturschutzbund | Niederösterreich noe@naturschutzbund.at
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n der EU sind alle Moorlebensraumtypen als Schutzgüter der FloraFauna-Habitat-Richtlinie ausgewiesen, wir sind verpflichtet, sie in einem günstigen Zustand zu erhalten bzw. dazu zu bringen. Die wichtigste Voraussetzung für effizienten Moorschutz ist das Wissen über Verbreitung und Zustand der Moore. So wurde vor vier Jahren im Rahmen des INTERREG-Projektes „Connecting Nature“ die Erstellung des „Moorentwicklungskonzeptes Waldviertel“ in Angriff genommen. Ziel war es, nach dem Vorbild des „Moorentwicklungskonzeptes Oberösterreich“, eine Grundlage für den Moorschutz im Waldviertel zu schaffen. Eine Gruppe von Moor-Expert*innen besuchte 93 Flächen, 75 davon konnten als Hoch- und Übergangsmoore identifiziert werden. 62 Objekte mit einer Gesamtfläche von 661 ha wurden vollständig kartiert. Nun ist bekannt, in welchen Mooren welche Maßnahmen dringend umgesetzt werden müssen und können. Fast alle Moore sind beeinträchtigt Die Ergebnisse geben einen ernüchternden Einblick in den Zustand der Waldviertler Moore. Nur zwei der 62 Moore wurden als weitestgehend unbeeinträchtigt eingestuft. 57 Moore weisen Eingriffe in die Hydrologie in Form von Entwässerungs- und Randgräben auf. Die hohe Anzahl an Gräben zeigt das Ausmaß der Entwässerungen: Allein 574 Entwässerungsgräben mit einer Gesamtlänge von 84 km wurden bei den Kartierungen erfasst! Auch die forstliche Nutzung und der damit einhergehende Forststraßenbau haben negative Winterausgabe | natur&land | 107. JG. – Heft 4-2021
FOTO: PIXABAY/HANS BRAXMEIER
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Auswirkungen auf die wertvollen Feuchtlebensräume. Stickstoffimmissionen gefährden die Moor-Spezialisten Eine große Gefahr für die Moore und ihre Arten sind neben den unmittelbaren Eingriffen in die Moorhydrologie und den geänderten Klimabedingungen auch die hohen anthropogen bedingten Stickstoff-Immissionen aus der Luft. Moorarten sind an die geringe Nährstoffversorgung im Moor angepasst. Die Torfmoose nehmen den Stickstoff aus der Luft auf, der Stickstoff gelangt über die Pflanzen in den Boden. Mit dem verstärkten Stickstoffeintrag ändert sich das Nährstoffangebot im Boden und ermöglicht es anderen, weiter verbreiteten, konkurrenzstärkeren und auf ein höheres Nährstoffangebot angewiesenen Pflanzenarten, in die Moore vorzudringen. Sie verdrängen die an die nährstoffarmen Moorstandorte angepassten seltenen Spezialisten.
Moorrestaurierung: ein Gebot der Stunde Angesichts dieser Bedrohungen lässt sich die Notwendigkeit der Moorrestaurierung gut erkennen. Es ist ein Gebot der Stunde, Entwässerungsgräben zu schließen und damit weitere Degradation und Freisetzung von Kohlenstoff hintanzuhalten. Mit dem „Moorentwicklungskonzept Waldviertel“ liegt eine umfangreiche Grundlage für MoorschutzMaßnahmen im Waldviertel vor. Nun gilt es, diese Schritt für Schritt umzusetzen. Besonders wichtig dabei ist es, die Entwicklung der Moore angesichts des hohen Stickstoffeintrages aus der Luft, aber auch des sich ändernden Klimas zu beobachten und die Maßnahmen laufend an die dabei gewonnenen Erkenntnisse anzupassen.
RESOLUTION ZUM SCHUTZ DER MOORE Der Naturschutzbund Niederösterreich hat in seiner Generalversammlung am 30. Oktober in Gmünd eine Resolution zur Erhaltung und Wiederherstellung der Moore beschlossen. Unter anderem wird darin die bedingungslose Erhaltung aller Moore, die Ahndung aller schädigenden Eingriffe sowie eine rasche Restaurierung von beeinträchtigten Mooren durch bestmögliche Wiederherstellung ihrer Hydrologie gefordert. Die Resolution kann unter https://www.noe-naturschutzbund. at/resolutionen.html nachgelesen werden.
DAS PROJEKT Aktuell arbeitet der Naturschutzbund Niederösterreich am Projekt „Erhaltung und Verbesserung der Waldviertler Moore 2021–2023“ Das Projekt wird aus Mitteln der Ländlichen Entwicklung und des Landes Niederösterreich finanziert. Geplant sind Restaurierungsmaßnahmen in drei Mooren, die Kartierung bisher noch nicht erfasster Moore und die Kommunikation der Bedeutung von Moorschutz für den Biodiversitäts- und den Klimaschutz.
Durch das Verschließen von Entwässerungsgräben durch Holzspundwände, wie hier im Bummermoos, kann die Hydrologie eines Moores wieder weitestgehend hergestellt und damit die Freisetzung von Kohlenstoff vermieden werden. FOTO: JOACHIM BROCKS
LINK: Das „Moorentwicklungskonzept Waldviertel“ steht unter https://www.noe-naturschutzbund.at/ connat/articles/MEK_Waldviertel.html zum Download bereit.
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Seit 2017 setzt sich der Naturschutzbund für die Erforschung der Amphibien und Reptilien in der Steiermark ein. Bei vielen dieser bedrohten Arten weiß man nicht, wo sie noch in einer ausreichenden Zahl vorkommen, daher ist es auch schwierig, sie zu schützen. Dem will der Naturschutzbund mit dem Projekt „Amphibien und Reptilien in der Steiermark“ abhelfen. Smaragdeidechse (Lacerta viridis) FOTO: FRANK WEIHMANN
AMPHIBIEN UND REPTILIEN IN DER STEIERMARK
FOTO: ASTRID DEUTSCHMANN
Bei den Exkursionen konnte man auch eine Äskulapnatter hautnah kennenlernen.
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as Projekt fördert das Bewusstsein für heimische Amphibien und Reptilien, zusätzlich soll die Bevölkerung in den aktiven Artenschutz mit eingebunden werden. Das Interesse an Artenkenntnis wird besonders gefördert. Gemeinsam mit den steirischen Projektpartnern werden Veranstaltungen zum Thema Amphibien und Reptilien geplant und abgehalten. Dabei stellen neben dem Naturschutzbund Steiermark und der önj (Österreichische Naturschutzjugend) auch die steirische Bergund Naturwacht diese Artgruppen vor und erzählen von ihren Einsätzen. Im Jahr 2020 konnten pandemiebedingt kaum Veranstaltungen abgehalten werden, umso größer war die Freude, als 2021 etliche Amphibien- und auch ReptilienExkursionen durchgeführt werden konnten. Darüber hinaus kam die eigens konzipierte Wanderausstellung endlich zum Einsatz. Sie wurde bei Exkursionen, in Schulen und bei weiteren Gelegenheiten als Unterstützung zur Vorstellung der Tiere präsentiert. Auch Schulbesuche der Projektpartner gab es. Auch die Meldeplattform naturbeobachtung.at wird im Rahmen des Projektes vorgestellt. Hier findet man Wissenswertes zu zahlreichen Pflanzen und Tieren, Fotos von beobachteten Arten können hochgeladen und die Funde bestimmt werden. Damit sollen möglichst viele Personen motiviert werden, ihre Beobachtungen von Amphibien und Reptilien – und vielen weiteren Arten – zu melden. Aus diesen Daten ergeben sich Verbreitungskarten, die Rückschlüsse auf das Vorhandensein der Arten in den verschiedenen Gebieten ermöglichen. Nach einer wissenschaftlichen Auswertung werden sie auch für unterschiedliche Arbeiten, wie Bachelor- und Masterarbeiten sowie Dissertationen herangezogen. „Amphibien und Reptilien in der Steiermark“ ist ein Projekt des Naturschutzbundes Österreich mit Unterstützung des Landes Steiermark und der EU.
Text: Roswitha Schmuck, MSc | Naturschutzbund | Österreich roswitha.schmuck@naturschutzbund.at
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HILFE FÜR AMPHIBIEN IN NOT FOTO: WILLI SCHWARZENBACHER
AUFSTIEGSHILFEN BEI VIEHSPERREN INSTALLIERT Im Zuge des fortschreitenden Artenschwundes sind heimische Amphibien durch die Zerstörung von Laichplätzen, Ganzjahreshabitaten, Lebensraumfragmentierung und Straßenbau zunehmend bedroht. Bei den Amphibienwanderungen im Frühjahr und Herbst sind auch Weideroste – auch Viehsperren oder -gitter genannt – ein großes Problem für die Tiere: Wenn sie hineinfallen, kommen sie kaum noch heraus. Der Naturschutzbund testete in einem Pilotprojekt im Pinzgau leicht zu installierende Aufstiegshilfen. Die verhältnismäßig einfachen Maßnahmen wurden bereits in die Breite getragen.
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er jahreszeitliche Wechsel zwischen den verschiedenen Lebensräumen der Amphibien stellt die Tiere vor viele Herausforderungen: Nicht nur der Straßenverkehr, auch Viehgitter fordern ihre Opfer. Sind Erdkröte, Grasfrosch und Bergmolch sowie andere Kleintiere erst einmal hineingefallen, gibt es meist kein Entkommen mehr. Ausgehend von einem Konzept der „ARGE Amphibienschutz am Weiderost“ konnten nun in Salzburg praktische Maßnahmen zur Rettung von Amphibien aus diesen baulichen „Fallen“ umgesetzt werden. In die Wege geleitet wurde das Projekt „Amphibienschutz in Salzburg – Entschärfung von Viehsperren als Amphibienfalle“ von dem Arzt und Umweltschützer Willi Schwarzenbacher und der Biotopschutzgruppe Pinzgau des Naturschutzbundes. In Gesprächen mit Wege-Erhalter*innen, Amphibienexperte*innen, Naturschutzorganisationen, der Berg- und Naturwacht und Schutzgebietsbetreu-
er*innen wurden vorab Viehsperren ermittelt, die schon als „Amphibienfallen“ bekannt waren. Mit Unterstützung der S. Spitz GmbH und der HOFER KG konnte schließlich ein Pilotprojekt im Raum Bramberg im Salzburger Oberpinzgau gestartet und hier die ersten zehn Aufstiegshilfen realisiert werden. Beim Einbau wurden erste Erfahrungen gesammelt und Zuständige vor Ort sowie interessierte Freiwillige für den Einbau geschult. Auch der Nationalpark Hohe Tauern, die Österreichischen Bundesforste und das Land Salzburg, Abteilung Natur- und Umweltschutz, konnten für eine weiterführende Kooperation gewonnen werden. Das Land Salzburg hat im Pinzgau bereits weitere 25 Aufstiegshilfen installieren lassen.
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Erdkröten profitieren von den Aufstiegshilfen FOTO: ROBERT HOFRICHTER
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FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/WALTER POSTL
NATURSCHUTZBUND AKTIV
KLEINER ZORRO, WO BIST DU? Baumschläfer gesucht In den letzten Jahrzehnten gab es nur wenige Meldungen zum Vorkommen des Baumschläfers: Im Rahmen eines Projekts der Österreichischen Bundesforste gemeinsam mit dem Institut „apodemus“ und dem Naturschutzbund konnte der seltene Baumschläfer bereits im ersten Projektjahr im Lungau nachgewiesen werden. Der Baumschläfer (Dryomys nitedula) gilt als extrem selten und ist europaweit streng geschützt. Mit seinen etwa 10 cm Körperlänge gehört er zu den kleineren Bilchen und ist an seinem dichten grauen Fell und der „Zorromaske“ – dem schwarzen Augenband, das bis zu den Ohren reicht – gut erkennbar. Optimale Lebensbedingungen findet er in schattig-feuchten und unterwuchsreichen Mischwäldern, in denen es Baumhöhlen und genügend Platz für seine freistehenden Nester gibt. Um mehr über die Verbreitung des Baumschläfers und seiner Artgenossen in Österreich zu erfahren, wird nun aktiv nach dem kleinen Nager gesucht. Eine Nistkastenaktion bescherte einen ersten Erfolg: Ein Baumschläfer-Weibchen bezog bereits eines der wetterfesten Holzquartiere. Zudem sind Citizen Scientists herzlich eingeladen, sich an der Suche zu beteiligen und Bilch-Beobachtungen auf naturbeobachtung.at zu teilen.
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dem Baumschläfer auch der Gartenschläfer (Eliomys quercinus), der Siebenschläfer (Glis glis) und die Haselmaus (Muscardinus avellanarius). Typisch für die auch Schläfer oder Schlafmäuse genannte Säugetier-Familie ist der namensgebende Winterschlaf, den sie eingerollt in Erdverstecken oder unter Laubstreu verbringen. Da sie außerdem hauptsächlich dämmerungs- und nachtaktiv sind, weiß man sehr wenig über sie. Nur nach dem Winterschlaf und im Herbst hat man – mit viel Glück – auch tagsüber die Gelegenheit, die Klettermeister zu beobachten. Der Naturschutzbund bittet darum, alle Bilch-Beobachtungen auf www.naturbeobachtung.at oder der gleichnamigen App einzutragen und so unser Wissen über die Verbreitung der Tiere zu verbessern.
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Den Winter verschläft der Baumschläfer zusammengerollt und starr. So verbraucht er weniger Energie.
Baumschläfer leben bevorzugt in feucht-schattigen, altersdurchmischten Laubmischwäldern. FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/WALTER POSTL
FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/HENNER ANDERS
Wie man den Schlafmäusen auf die Spur kommt Große Augen, kleine runde Ohren und ein buschiger Schwanz – so sehen Bilche aus. Dazu gehören neben
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NATURSCHUTZBUND AKTIV
Das ASFINAG-Team freut sich über die neuen Grünflächen-Bewohner.
FOTO: ASFINAG
BLÜHFLÄCHEN@HOME: BEI DER ASFINAG FLIEGEN JETZT DREI MILLIONEN BIENEN
Seit 2021 „wohnen“ rund drei Millionen Bienen auf den Grünflächen der ASFINAG. Hinter dem Projekt „Bee Highway – Bee Happy“, wie dieses Projekt getauft wurde, steht der Anspruch, für eine nachhaltige Welt von morgen zu sorgen. Blühflächen sind ein wertvoller Beitrag zum Naturschutz. Jetzt summt es also kräftig bei der Kooperation „Natur verbindet“ von ASFINAG und Naturschutzbund.
Biodiversität@ASFINAG: Honigsammler auf der Überholspur Die ASFINAG gehört zu den größten Grundbesitzern der Republik, ist für tausende Bäume verantwortlich und auch für mehr als 11.000 Hektar an Grünflächen. Letztere sind elementar für bestäubende Insekten, die entsprechende Lebensräume zur Entfaltung benötigen. Und genau deswegen „fliegt“ die ASFINAG auf Bienen. Im Frühjahr haben ASFINAG-Mitarbeiter*innen 50 Honigbienenvölker auf den Grünflächen angesiedelt. „Dort haben wir die „Flugverbotszone“ aufgehoben. Ohne Bienen gibt es keine Menschen – das muss uns allen klar sein. Und wenn wir nicht nur für die Sicherheit auf der Straße sorgen, sondern auch etwas für Umwelt und Mensch tun können, dann gewinnen wir alle“, erklärt Johanna Balatka vom ASFINAG-Grünraumanagement. Winterausgabe | natur&land | 107. JG. – Heft 4-2021
Weil die ASFINAG diese „neuen Anrainer“ hat, ist Information und Beratung auch für die mehr als 40 Autobahnmeistereien wichtig. „Unser Grünraummanagement berät die Autobahnmeistereien zum Beispiel auch darin, wie nicht verkehrsrelevante Flächen aus der intensiven Nutzung genommen werden können und eine Umgestaltung hin zu extensiven Mäh- oder Blühflächen möglich ist. Das beinhaltet natürlich auch die Zusammenarbeit mit Imkerinnen und Imkern“, so Balatka. „Dadurch gewährleisten wir, dass nicht nur Pkws und Lkws auf Autobahnen brummen, sondern es auch auf den Wiesen brummt, raschelt und zwitschert.“ Nicht zuletzt deshalb ist die Kooperation zwischen ASFINAG und Naturschutzbund verlängert worden: Die Expert*innen des Naturschutzbundes unterstützen das ASFINAGGrünraummanagement mit ihrem Know-how.
Text: Alexander Holzedl Pressesprecher Asfinag alexander.holzedl@asfinag.at
FOTO: ASFINAG
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obilität ist ein Grundbedürfnis, eine gesunde Umwelt eine Notwendigkeit. Beides spielt bei der ASFINAG eine große Rolle. Nicht zuletzt deshalb gibt es seit 2016 eine Kooperation mit dem Naturschutzbund im Rahmen der Aktion „NATUR VERBINDET“. Das Ziel: die biologische Vielfalt erhalten und weitere ASFINAG-Grünflächen in hochwertige Blühflächen umwandeln.
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GREEN BELT DAYS: VIELFALT AM GRÜNEN BAND ERKUNDEN UND ERHALTEN
FOTO: GABRIELE PFUNDNER
NATURSCHUTZBUND AKTIV
Sandtrockenrasen bei Ringelsdorf
Jedes Jahr von 18. bis 24. September wird das Grüne Band in ganz Europa gefeiert. Mit zahlreichen Veranstaltungen und Initiativen macht auch der Naturschutzbund auf das internationale Naturschutzprojekt und die besondere Natur im Herzen Europas aufmerksam. Dieses Jahr hat er den ganzen September unter das Motto „Grünes Band“ gestellt und mit einem Gewinnspiel dazu eingeladen, die Artenvielfalt dieser Lebenslinie kennenzulernen. Artenvielfalt am Grünen Band entdecken & gewinnen Ob Heidelibelle, Seeadler oder Büffelzikade – am Grünen Band gibt es viele Naturschätze zu entdecken. Das haben auch die vielen Naturbeobachtungen gezeigt, die den ganzen September über auf der Onlineplattform naturbeobachtung.at geteilt wurden. Vor allem Insekten und Vögel wurden gesichtet und abgelichtet, aber auch Pilze, besondere Blütenpflanzen und Säugetiere … Insgesamt rund 500 Pflanzen- und Tiermeldungen sind eingelangt, unter ihnen sensationelle Artenporträts und besondere Momentaufnahmen. Für drei Melder*innen gab‘s hochwertige Trekkingrucksäcke als Belohnung und Motivation fürs künftige Naturbeobachten.
Vielseitiges Engagement für das Grüne Band Das European Green Belt entlang des ehemaligen Eisernen Vorhangs gilt als längster Biotopverbund der Welt und ist Lebenszone für eine besondere und vielfältige Natur. Der Naturschutzbund setzt sich für den Schutz und Erhalt der Naturrefugien am Grünen Band auf vielfältige Weise ein. Bei den „International Green Belt Camps“ ist er beispielsweise jedes Jahr mit Jugendlichen im Pflegeeinsatz für die Natur. Diese WorkingCamps bieten neben praktischer Naturschutzarbeit auch viel Wissenswertes und Interessantes zu diesen besonderen Naturräumen. Heuer fanden sie in Oberösterreich, Niederösterreich und der Steiermark statt. Einen Rückblick gibt’s auf www.gruenesband.at. Im Fuchswald bei Spielfeld gibt es viele alte Bäume und Totholz. FOTO: JOHANNES GEPP
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Ein einzigartiger Anblick in Österreich: die Illyrischen Gladiolen in Oberschütt
Vielfalt am Grünen Band sichern Um wertvolle Naturflächen am Grünen Band dauerhaft zu erhalten, stellt sie der Naturschutzbund mittels Pacht oder Kauf unter seine Obhut, darunter auch viele besondere „Perlen“, wie die hier vorgestellten: Das Birkenmausmoos in Oberösterreich ist ein Hotspot der Artenvielfalt. Der Naturschutzbund hat die naturschutzfachlich äußerst wertvolle Feuchtfläche im Böhmerwald 2014 mit Spendenmitteln erworben, das 2 ha große Moor durch Grabensperren saniert und wiedervernässt und so das Überleben seltener Arten wie Birkenmaus und Sonnentau gesichert. Das Sandfeld in Niederösterreich befindet sich seit 2012 in Naturschutzbund-Besitz. Der Sandtrockenrasen bei Ringelsdorf im Überschwemmungsgebiet der March wird seither fachgerecht gepflegt und ist unersetzbarer Lebensraum für Steppen-Stiefmütterchen, Osterluzeifalter, Moorfrosch und Baumpieper. Die Trockenrasen am Gmerk-Gatscher im Burgenland zählen mit ihren Kuhschellen-, Orchideen- und Schmetterlingsvorkommen zu den für die Natur wertvollsten Trocken- und Halbtrockenrasen Österreichs. Vier der 20 Hektar des im Einflussbereich des pannonischen Klimas liegenden Trocken- und Magerrasengebiets konnten bereits durch Kauf und Pacht auf Dauer gesichert werden. Der Fuchswald bei Spielfeld in der Steiermark ist eines von über 70 meist kleinen Auwald- und Wiesengrundstücken, die der Naturschutzbund entlang des Grenzflüsschens Kutschenitza und an der Grenzmur besitzt. Der extrem steile Hangwald ist reich an wuchtigen Baumriesen und Biotopholz, eine Kalktuffquelle bietet vielen spezialisierten Insektenarten Lebensraum. Die Franz-Pehr-Gladiolenwiese in Oberschütt (Kärnten) zählte bis zum Ankauf durch den Naturschutzbund zu den am stärksten bedrohten Biotopen des Bundeslandes und beherbergt dank regelmäßiger Pflege bis heute das einzige Vorkommen der Illyrischen Sumpfgladiole in Österreich. Mit Unterstützung des
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Der Baumpieper findet beim Sandfeld noch einen geeigneten Lebensraum.
HINTERGRUNDINFO Das Grüne Band Europa – ein Band des Lebens von Finnland bis zum Schwarzen Meer – hat eine Länge von über 12.500 Kilometern, davon knapp 1.300 Kilometer in Österreich. Es verbindet auf dem Gebiet des ehemaligen Eisernen Vorhangs unterschiedlichste Habitate und ist Lebensraum und Zufluchtsort für eine Vielzahl bedrohter Tier- und Pflanzenarten. Als wichtige „grüne Infrastruktur“ ist es das Rückgrat eines europäischen Biotopverbunds. In einer paneuropäischen Initiative setzen sich deshalb Regierungsund Nichtregierungsorganisationen aus 24 Anrainerstaaten für den Schutz und die Entwicklung dieser Lebensader vom Eismeer bis zum Schwarzen Meer ein. Der Naturschutzbund ist „National Focal Point“ für das Grüne Band in Österreich. Er war seit der Gründung am 22. September 2014 aktiv in der „European Green Belt Association“. Rund um dieses Datum werden seitdem jährlich die „International Green Belt Days“ gefeiert.
Auch die Kleine Goldschrecke kann man am Grünen Band entdecken
FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/ MARLIES WURIAN
FOTO: KLAUS KUGI
FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/MARTIN S.
NATURSCHUTZBUND AKTIV
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NATURSCHUTZBUND AKTIV
GROSSER ERFOLG BEIM „AUFBLÜHN“-SCHULWETTBEWERB
1. Klasse, Volksschule Uttendorf
FOTO: EVA STEGER UND ANGELIKA KRIVANEK
Rund 1.600 naturinteressierte Schüler*innen aus 75 Klassen aus allen Teilen Salzburgs nahmen am Herbstwettbewerb von „Aufblühn“ teil. Dabei galt es, zwölf ausgesuchte Pflanzenarten in der Natur zu entdecken.
4. Klasse, Volksschule Fürstenbrunn
FOTO: ANGELIKA HARML-MALZER
KINDER BEGABEN SICH AUF DIE SUCHE NACH HERBSTPFLANZEN
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anz nach dem Motto „Pflanzen finden, bestimmen, fotografieren und teilen“ beteiligten sich 43 Schulen an der Suche nach den gesuchten Pflanzenarten. Schneeball, Vogelbeere, Schlehdorn, Weißdorn, Traubenkirsche, Waldrebe, Stieleiche, Berg-Ahorn, Weiß-Tanne, Heckenrose, Holunder und Hasel standen im Herbst im Fokus und wurden in den Schulen auf vielfältige Weise be- und erarbeitet. Altersgerechte Lernmaterialien mit liebevoll gestalteten Steckbriefen vermittelten grundlegendes Wissen zu diesen heimischen Arten. Im nächsten Schritt durften die angehenden Botaniker*innen das erlernte Wissen anwenden: hinaus in die Natur, sie aufmerksam wahrnehmen und die gesuchten Pflanzen entdecken. Das machte den Schüler*innen viel Spaß! Einige der dabei entstandenen fröhlichen Bilder zeigen wir Ihnen hier. „Aufblühn“-Wettbewerb für Schulen auch im Frühjahr Im Frühjahr gibt´s den nächsten Wettbewerb, er läuft von 21. März bis 18. April 2022. Auch dabei gibt es wieder attraktive Preise zu gewinnen. Lehrer*innen können ihre Klassen bereits jetzt dafür anmelden und erhalten unterstützendes Lehrmaterial für die pädagogische Aufbereitung.
Projekt „Aufblühn”: mit Pflanzenwissen zum Artenschutz Mit dem Projekt „Aufblühn“ widmet sich der Naturschutzbund der mannigfaltigen Flora Salzburgs und hat es sich zum Ziel gesetzt, Jung und Alt wieder für die bunte botanische Vielfalt zu begeistern. Darüber hinaus soll das Bewusstsein für ihren Schutz gesteigert und die Artenkenntnis über heimische Pflanzen gefördert werden. Vielfältige Veranstaltungen wie Naturerlebnistage, Pflanzenbestimmungskurse sowie Schulwettbewerbe finden im gesamten Bundesland in diesem Rahmen statt. „Aufblühn“ ist Teil der Initiative „Natur in Salzburg“.
ANMELDUNG:
naturbeobachtung@naturschutzbund.at
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NATURSCHUTZBUND AKTIV
VOLKSSCHULE UND MITTELSCHULE HASENFELD IN LUSTENAU GESTALTETEN SCHMETTERLINGSLEBENSRÄUME Schwalbenschwanz (Papilio machaon)
Unmittelbar neben der Volksschule wurde eine neue Blumenwiese angelegt. FOTO: RUDI ALGE
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uf dem Gelände von Volks- und Mittelschule Hasenfeld wurden in Zusammenarbeit mit dem Naturschutzbund, dem Netzwerk blühendes Vorarlberg und der Gemeinde Lustenau zwei je 40 m2 große Blumenwiesen für Schmetterlinge und Wildbienen angelegt. Neu gepflanzte, ausgewählte heimische Wildsträucher und Stauden ergänzen im Schulgarten der Mittelschule das Angebot an Nektar- und Raupenfutterpflanzen. Möglich wurde dies durch Spendengelder, die engagierte Mitglieder des Golfclubs Riefensberg dem Naturschutzbund für den Schmetterlingsschutz zur Verfügung gestellt hatten. Die Gemeinde Lustenau und die beiden Schulen machten gerne mit und beteiligten sich tatkräftig an der Vorbereitung, damit aus artenarmen Rasenflächen Blühflächen für Schmetterlinge, Wildbienen und Co. werden. Am 14. Oktober war es dann soweit. Die vierte Klasse der VS Hasenfeld stand schon am Vormittag bereit und schaufelte keimfreien Kompost auf die von der Gemeinde vorbereitete magere Kiesfläche. Dann wurden heimische Blumenarten gepflanzt und die Samen für eine Glatthaferwiese verteilt. Das gebietsheimische Saatgut stammt aus dem Schweizer Rheintal in unmittelbarer Nachbarschaft zu Lustenau. Am Nachmittag waren die Mittelschüler*innen dran und gestalteten ihre Glatthaferwiese vor der Schule. Zusätzlich pflanzten sie mit großem Eifer Weiden-
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Text: DI Simone König, Netzwerk blühendes Vorarlberg & Mag. Bianca Burtscher, | naturschutzbund | Vorarlberg vorarlberg@naturschutzbund.at
sträucher, Faulbaum, Schlehdorn, Liguster, Blutweiderich und Mädesüß in den lehmigen Boden hinter der Schule. Die ersten Blüten werden schon im nächsten Frühling zu sehen sein, da sprießen die Zwiebelpflanzen, die in beide Wiesenflächen gesetzt wurden. Krokus, Traubenhyazinthe, Wildtulpen und Milchstern bieten auch den früh fliegenden Insekten, wie z. B. Frühlings-Seidenbienen, Pelzbienen, Sandbienen und den ersten Hummelarten Pollen und Nektar. Die beiden Initiatoren Bianca Burtscher vom Naturschutzbund Vorarlberg und Simone König vom Netzwerk blühendes Vorarlberg bedanken sich für die Unterstützung bei allen Beteiligten und wünschen viel Freude mit den artenreichen Blühflächen. Auch rund um die Mittelschule Hasenfeld werden ab nächstem Jahr bunte Blumen blühen.
FOTO: BIANCA BURTSCHER
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FOTO: BIRGIT REINIGER
NATURSCHUTZBUND AKTIV
BERICHT EINES HUMMELEXPERTEN
WIEDER EINE KENNTNISLÜCKE GESCHLOSSEN: HUMMELKARTIERUNG IM WESTEN TIROLS Sabine Sladky-Meraner, Johann Neumayer, Bernhard Schneller und Maria Zacherl (v. l.). Nicht im Bild, weil hinter der Linse: Birgit Reiniger
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ie digitale Erfassung von Hummelverbreitungsdaten über www.naturbeobachtung.at funktioniert ausgezeichnet. Heuer wurden bislang von über 300 Melder* innen über 12.000 Daten gemeldet. Doch je besser die digitalen Werkzeuge funktionieren, desto notwendiger brauchen wir auch gemeinsame Aktivitäten draußen in der Natur: weil wir voneinander lernen können, weil geteilte Erlebnisse verbinden und motivieren und weil das Bier in der Hütte nach anstrengendem Anmarsch ein anderes ist als das vor dem Bildschirm mit eingeschlafenen Füßen. Kurz und gut: In Tirol gibt es noch relativ viele Gebiete ohne Hummelverbreitungsdaten. Das liegt nicht an den Tiroler*innen, im Gegenteil: Es liegt an der Geographie. Gerade in Tirol sind viele Menschen Hummeln erfassend unterwegs. Aber vor allem die Hummelkartierung in den Hochlagen erfordert ziemlichen Zeit- und Kraftaufwand, und auch das Wetter spielt nicht immer mit. Viele Gründe, warum es noch einige Gebiete gibt, aus denen wenige Daten vorliegen, und warum gerade Hochgebirgsdaten besonders wertvoll sind.
Höhenhummel (Bombus sichelii), Männchen FOTO: MARIA ZACHERL
So machten wir uns am 24. August zu fünft auf, um drei Tage lang die Hummeln eines Gebietes zu kartieren, aus dem bislang überhaupt keine Daten vorlagen: Das Jamtal, das oberste Fimbertal und das Lareintal. Wir hatten im heuer wettermäßig durchwachsenen Jahr an unserem Kartiertermin extremes Wetterglück und konnten optimal arbeiten. Während drei von uns in der Gegend umherstreiften und alle Hummeln fotografierten, die sie finden konnten, gingen Bernhard und ich Höhentransekte von Galtür bis auf 3.000 m. Dabei zählt man alle Hummeln im Bereich von zwei Metern rechts oder links eines Weges. Durch die quantitative Aufnahme lassen sich zusätzlich zu den reinen Verbreitungsdaten auch Häufigkeiten in bestimmten Höhenstufen und Vegetationseinheiten errechnen. Zusammen konnten wir in den drei Tagen 24 Hummelarten nachweisen. Das sind alle, die im Gebiet zu erwarten waren und 59 % aller österreichischen Hummelarten. Zu so einem Ergebnis gehört neben Artenkenntnis und etwas Schweiß auch viel Glück! So ist mit der Erfassung dieses Gebietes eine weitere Kenntnislücke geschlossen und der Wunsch, solche Kartierungsexkursionen auch 2022 durchzuführen, ist geradezu ungestüm.
Text: Dr. Johann Neumayer Hummel-Experte johann.neumayer@naturschutzbund.at
INFO: Die Hummelmeldeseite auf www.naturbeobachtung.at wird mit
Mitteln aus dem Bienenschutzfonds unterstützt. Dieser ist ein gemeinsames Projekt von Naturschutzbund und dem Lebensmittelhändler HOFER.
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FOTO: WALTER WALLNER
BIENEN UND BAUERN RETTEN | NACHRUF
GROSSER ERFOLG FÜR PETITION „BIENEN UND BAUERN RETTEN“ Am 30. September endete die Europäische Bürgerinitiative (EBI) „Bienen UND Bauern retten“. Mit deutlich über 1,1 Millionen Unterschriften war die Petition für eine Landwirtschaft für Mensch UND Natur ein historischer Erfolg. Um die Bienen und die Gesundheit der Menschen zu schützen, fordert die Initiative, den Einsatz synthetischer Pestizide schrittweise zu beenden und die Bäuerinnen und Bauern beim Umstieg auf eine gesündere und umweltfreundlichere Produktionsweise zu unterstützen. Mit über einer Million Unterschriften müssen EU-Kommission und Europaparlament auf die
Wollbiene auf Hornklee (Anthidiellum strigatum)
Petition nun reagieren. „Ein Riesenerfolg und vor allem auch ein wichtiges Signal an die EU-Institutionen, in der gemeinsamen Agrarpolitik endlich die Weichen in Richtung pestizidfreie Landwirtschaft zu stellen“, so Naturschutzbund-Präsident Roman Türk. Insgesamt stehen mehr als 140 Organisationen hinter der EBI. In Österreich sind das neben Global 2000 und dem Naturschutzbund auch die Ärzt*innen für eine gesunde Umwelt, Arge Schöpfungsverantwortung, Biene Österreich, die Bergbäuer*innenvereinigung, der Erwerbsimkerbund und Vier Pfoten.
FOTO: LANDESREGIERUNG STEIERMARK
Nachruf
Wir trauern um Gerhard Schmiedhofer
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er Vizepräsident des Naturschutzbundes Steiermark, Gerhard Schmiedhofer, verstarb am 19.10.2021 im 71. Lebensjahr. Er war lange Zeit Leiter der größten Naturschutzbund-Bezirksstelle Österreichs, Liezen. Vor allem war er aber auch Wegbereiter für einen erfolgreichen Naturschutz – gemeinsam mit mehr als 120 Bauern, die Blühstreifen erhalten!
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Die größten Iriswiesen des Ennstales mit Millionen Blüten, die individuenreichsten Vorkommen des Braunkehlchens und des Wachtelkönigs waren in seiner Obhut. Viele vom Naturschutzbund erworbene Flächen im Wörschacher Moor, im Pichlmoor und im Kainischmoor sind sein bleibendes Vermächtnis! Johannes Gepp, Präsident des Naturschutzbundes Steiermark
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BÜCHER – SHOP
SHOP: WWW.NATURSCHUTZBUND.AT Zu bestellen im Shop www.naturschutzbund.at und beim Naturschutzbund Österreich (Kontakt Seite 46).
Wer zwitschert denn da? In Österreich kommen zirka 360 Vogelarten vor, wobei 200 davon hier regelmäßig brüten. Trotz der harten Winterzeit, in der das Nahrungsangebot sehr gering ist und die Kälte den kleinen Flugakrobaten einiges abverlangt, bleiben viele heimische Vögel „zu Hause“ und machen sich nicht auf den Weg in den Süden. Vor allem Körnerfresser, die nicht auf Insekten und Würmer angewiesen sind, bleiben das ganze Jahr über bei uns. Mit unserem Poster geht die Bestimmung ganz einfach! Format A2 (42 x 59,4 cm), Versand: gefaltet A4 im Kuvert. Gratis, gegen Versandkostenersatz.
Naturschutzbund-Stofftasche Unsere aus 100 % Bio-Baumwolle bestehenden Stofftaschen eignen sich wunderbar für einen Einkauf. Die Taschen sind in Schwarz, Gelb, Rosa, Altrosa, Hellblau und Dunkelblau erhältlich. Kosten: € 12,00 plus Versandkosten
Österreichs Jahrhundert des Naturschutzes Das Buch ist ein umfassendes Zeitdokument über die Geschichte des Naturschutzbundes und des Naturschutzes in Österreich, das den beherzten Einsatz vieler Menschen in den letzten Jahrzehnten zeigt und auch vor Augen führt, wie Österreich heute ohne dieses Engagement aussehen würde. Johannes Gepp (Hrsg.) et al., 408 S., € 34,80
›› Wildtiere erobern die Städte, 3-21 ›› Pflanzen inkl. Projekt „Aufblühn“, 2-21 ›› Die Natur des Jahres 2021, 1-21 ›› Wildtiere im Winter, 4-20 ›› Blauer Planet im Krisenmodus, 3-20 ›› KunterBund, 2-20 ›› Die Natur des Jahres 2020, 1-20 ›› Natur freikaufen, 4-19 ›› Trendwende im Tourismus, 3-19 ›› Flüsse, Länder, Menschen, 2-19 ›› Die Arten des Jahres, 1-19
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›› Säugervolkszählung, 4-18 ›› Heimische Reptilien, 3-18 ›› Bestäuber in der Krise, 2-18 ›› Naturschutzaktivitäten, 1-18 ›› Bunte Säume. Lebensräume, 4-17 ›› Invasive Pflanzen und Pilze, 3-17 ›› Geheimnisv. Welt d. Pilze, 2-17 ›› Lust auf Molch & CO?, 1-17 ›› Akzeptanz für Wolf & Otter, 4-16 ›› Artenkenntnisverlust? 2-16 ›› Raumplanung & Raumordnung, 4-15
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BUCHBESPRECHUNGEN
AUS DEM BUCHHANDEL: UNSERE TIPPS Treibhausgasemissionen verstehen Der Klimawandel im Kontext von Wissenschaft und Politik Der Bedrohung der Erderwärmung steht das immense Wissen gegenüber, das die Menschheit darüber besitzt. Ein gutes Verständnis der Zusammenhänge sollte aber nicht nur bei den Experten in Wissenschaft und Politik vorhanden sein – sondern auch bei den einzelnen Menschen als den Verursachern. Im Sinne eines Leitfadens bietet das Buch einen umfassenden Einblick in die technischen Aspekte des Themas – für alle, die sich eingehend informieren möchten. Stephan Buhofer, Oekom Verlag, 2021, Hardcover 184 Seiten, ISBN: 978-3-96238-311-4, € 26,00
Was hat die Mücke je für uns getan? Endlich verstehen, was biologische Vielfalt für unser Leben bedeutet Was kümmert es uns, wenn in Brasilien eine Art verschwindet, von deren Existenz wir bis dahin gar nichts gewusst haben? Und wäre es nicht fantastisch, wenn Mücken ausstürben? Ganz und gar nicht! In der Natur spielt jeder Organismus eine wichtige Rolle, keine Art existiert unabhängig von den anderen. Dieses Buch stellt klar, wie unser aller Wohlergehen vom diversen Leben um uns herum abhängt und was passieren muss, damit wir das Artensterben noch aufhalten können. Ausgezeichnet mit dem UmweltMedienpreis 2021 in der Kategorie Printmedien. Frauke Fischer, Hilke Oberhansberg, Oekom Verlag, 2020, Softcover 224 Seiten, ISBN 978-3-96238-209-4, € 20,00
Nationalpark Hohe Tauern Naturparadies im Herz der Alpen Faszinierende Wildnis und einzigartige Hochgebirgslandschaft im Herz der Alpen: 50 Jahre nach seiner Entstehung erfreut sich der Nationalpark Hohe Tauern außerordentlicher Beliebtheit und kann auf alljährlich neue Besucherrekorde stolz sein. Die Autoren folgen in ihrem Buch den Spuren der Tiere und Pflanzen, erforschen die geologischen und geografischen Besonderheiten und entdecken die Kultur, Traditionen und Lebensweisen in den Tälern zwischen Gipfeln, Graten und Gletschern. Ein vielseitiges Porträt des größten Nationalparks der Alpen mit traumhaften Fotografien. Susanne Schaber, Herbert Raffalt, Tyrolia Verlag, 2021, Hardcover 192 Seiten, 171 farbige Abbildungen, ISBN 978-3-7022-3935-0, € 34,95
Lasst uns Paradiese pflanzen! Reich werden mit der Vielfalt der Natur – statt arm durch ihre Zerstörung Die Agrar- und Umweltpolitik steht vor gewaltigen Umwälzungen: höchste Zeit, Abschied zu nehmen von einer industrialisierten Landund Forstwirtschaft, die mit der rücksichtslosen Zerstörung von Lebensräumen und Artenvielfalt krachend gescheitert ist. Der Imker, Waidmann und Umweltphilosoph Timm Koch trifft sich mit den Pionieren einer neuen nachhaltigen Landwirtschaft und informiert: Paludikultur, Waldgartensysteme, FeldWald-Wirtschaft, Obst- und Nusswälder, essbare Städte, Permakultur – altes Wissen mit neuen Ideen und moderner Technik kann die Welt ernähren und einen Überfluss schaffen an gesunden und schmackhaften Lebensmitteln. Timm Koch, Westend Verlag, 2021, Paperback 240 Seiten, ISBN 978-3-86489-138-0, € 18,00
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Dicke Biber Ein Naturschutz-Krimi für Kinder Picos Eltern haben den All-InclusiveUrlaub am Mittelmeer abgesagt und beschlossen, in einer modrigen Hütte nahe dem Naturschutzgebiet zu hausen. Zum Glück gibt es die Nachbarstochter Juanita, mit der Pico die Donauauen erkundet. Sie entdecken neben Kormoranen und rabiaten Hirschkäfern auch Biber, die sich in der Nachbarschaft ziemlich unbeliebt machen. Sie fällen Bäume, stehlen Karotten und haben zu guter Letzt sogar Picos Hausfasan auf dem Gewissen. Wen wundert’s, als eines Tages Flumy, das älteste Biber-Männchen, erschlagen im Gebüsch aufgefunden wird. Doch wer war der Täter? Verdächtig ist so gut wie jeder. Pico und Juanita beschließen, den Schuldigen zu fassen. Bettina Balàka, Leykam Buchverlag, 2021, gebundene Ausgabe, 264 Seiten mit Illustrationen von Raffaela Schöbitz, ab 8 Jahren, ISBN 978-3-7011-8198-8, € 17,00
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Ein „Gutes Leben“ für ALLE – 2017
MLAUER (früher: Stiegl Bräu), aße 14 , 5020 Salzburg
rungen einzuleiten. Im gesamten
Jahr 2016 stand das Thema umTIROL NIEDERÖSTERREICH welt und Nachhaltigkeit im Mit-
telpunkt. Mit beginn des Jahres esordnung Im Alpenzoo, Weiherburggasse 37a Mariannengasse 32/2/16, 1090 Wien
2017 wurden zusätzliche inhaltliche Schwerpunkte wie Partner6020 Innsbruck Mo–Do 9–13 Uhr schaft oder Willkommenskultur aufgenommen. Die heurigen akder Beschlussfähigkeit tionszeiträume sind: lebendige / Einfach essen, M Partnerschaft +43 664 4430959 T + F +43 1 4029394 icht durch den Geschäftsführer einfach trinken / Herzlichkeit verschenken / Tief durchatmen / tirol@naturschutzbund.at noe@naturschutzbund.at assiers Den Sonntag feiern / zeiten der besinnung echnungsprüfer ntlastung des Vorstandes SALZBURG OBERÖSTERREICH Gutes Leben – on Vorstand, Fachbeirat und Museumsplatz einfach und einfach trinken2, 5020 Salzburg Knabenseminarstraße 2, essen 4040 Linz üfern f Tätigkeiten und Fr 8–12 Uhr Mo–Do Uhr auchMo–Do geht es Ihnen8–13 manchmal so, dass 8.30–17, Sie amm von der Fülle Vielfalt derTKonsumwelt +43 662 642909-11 T +43 732und 779279 erung fast erschlagen werden? Je bewusster Sie ung über denoberoesterreich@naturschutzbund.at Voranschlag salzburg@naturschutzbund.at genießen, desto weniger brauchen Sie. ung über Mitgliedsbeiträge „Weisheit und Einfachheit ung über Anträge gesellen sich gerne.“ NATURSCHUTZJUGEND önj ÖSTERREICHISCHE (Russisches Sprichwort)
Kurze Pause
on Bundesgeschäftsführerin irgit Mair-Markart:
am mehr erreichen – ojekte des Naturschutzbundes rbeobachtung, Naturfreikauf, lfaltleben u. a. m. TIPP
elliger Ausklang
SIE
Bundesleitung Aktionswoche: 3. bis 9. April 2017Graz Angelo-Eustacchio-Gasse 44, 8010 Aufgabe: Eine Woche lang bewusst einfach essen und trinken office@naturschutzjugend.at In dieser Woche ein, einfache Speisen zu kochen. T laden +43 wir 664Sie5175889 am Montag oder Dienstag werden die lebensmittel für die ganze restliche Woche eingekauft. zu den Mahlzeiten wird möglichst nur Wasser aus dem Wasserhahn getrunken. als positiver Nebeneffekt dieser aktionswoche werden sich Ihr Haushaltsmüll und wahrscheinlich auch die Einkaufswege reduzieren. SUCHEN ARTIKEL Weitere Details ODER unter: AUTOR*INNEN? https://www.familie.at/site/salzburg/ angebote/projekte/gutesleben
›› Artikelübersicht (tabellarisch):
www.naturschutzbund.at/naturundland/Archiv/ rschutzbund wünscht den Mitgliedern und Freunden Frohe Ostern ›› natur&land-Ausgaben im pdf-Format:
http://tinyurl.com/Archivausgaben Danke für die unterstützung: (archiviert über das OÖ Landesmuseum)
mäß § 25 Mediengesetz für NATUR und UMWELT; Vorstand | naturschutzbund | Salzburg: Stv. Vorsitzender: CHNER, Geschäftsführer/Schriftführer: Dr. Hannes AUGUSTIN, Stv. Schriftführerin: Mag. Kassier: MMag. Dr. Johann NEUMAYER, Stv. Kassierin: Gabriele ESTERER; Redaktionssplatz 2, 5020 Salzburg; E-Mail: salzburg@naturschutzbund.at
(Crocus vernus
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Gedruckt nach der Richtlinie „DruckerzeugGedruckt nach der Richtlinie „Druckerzeugnisse“ nisse“ des Österreichischen Umweltzeichens, des Österreichischen Umweltzeichens, Salzkammergut Druck Mittermüller GesmbH, UW-Nr. 784 Druck & Medienwerk GmbH, UW-Nr. 1193
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ISSN: 0028-0607 DVR 0457884
Erscheinungsdatum: Dezember 2021 Der | naturschutzbund | ist Mitglied der Weltnaturschutzorganisation „International Union for Conservation of Nature“
Winterausgabe | natur&land | 107. JG. – Heft 4-2021
VORSCHAU + ABO
Die nächste Ausgabe von natur&land steht ganz im Zeichen der Insekten! Die Gruppe dieser Tiere ist unglaublich artenreich: Allein in Österreich gibt es etwa 40.000 Insektenarten. Ob es weltweit eine Million oder eher 80 Millionen sind, darüber streiten die Experten. Immerhin kann man die Zahl nur schätzen, denn bekannt sind noch lange nicht alle Arten. Eine kleine Auswahl dieser großen Vielfalt stellen wir Ihnen im Frühjahrsheft vor. Von Käfern über Schmetterlinge und Libellen bis hin zu Fliegen, Mücken und Bienen: Über alle gibt es faszinierende Dinge zu erfahren. Ihre Überlebensstrategien im Jahreslauf sind ebenso Thema wie vom Menschen verursachte Bedrohungen und Tipps zur Unterstützung der kleinen Sechsbeiner. Außerdem zeigen wir Ihnen, wie Sie selbst zum Insektenkenner werden.
FOTO: GUDRUN FUSS
INSEKTEN
➔ HEFT 1/2022 „FRÜHLINGSHEFT“ ERSCHEINT IM MÄRZ
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MUR-DRAU-DONAU: ERSTER FÜNF-LÄNDERBIOSPHÄRENPARK DER WELT AUSGEWIESEN Die UNESCO wies am 15. September Europas größtes Fluss-Schutzgebiet aus. Österreich, Slowenien, Kroatien, Ungarn und Serbien haben Anteil an dem weltweit ersten Fünf-Länder-Biosphärenpark. Er erstreckt sich über 700 Kilometer entlang von Mur, Drau und Donau und umfasst eine Gesamtfläche von 930.000 Hektar.
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it der Ausweisung als Biosphärenpark bleibt die einzigartige Flusslandschaft mit ihrer enormen Artenvielfalt und ihrem besonderen Ökosystem auch künftigen Generationen erhalten. Das Herzstück des Fünf-Länder-Biosphärenparks bilden die geschützten 280.000 Hektar Auenlandschaften entlang der Flüsse. Das Schutzgebiet ist weit größer als die Gesamtfläche aller österreichischen Nationalparks. Das Kerngebiet ist von einer Übergangszone im Ausmaß von rund 650.000 Hektar umgeben, die großes Potential für nachhaltige Landund Forstwirtschaft sowie sanften Tourismus birgt. Der österreichische Anteil liegt im jungen steirischen „Biosphärenpark Unteres Murtal“ zwischen Spielfeld und Bad Radkersburg, wo das Land Steiermark und der Bund in den letzten Jahren mehrere Millionen Euro zur Sicherung des Hochwasserschutzes und der Auenökologie investiert und damit gute Startvoraussetzungen für die Biosphärenpark-Ausweisung geschaffen haben.
Artenvielfalt im „Amazonas Europas“ Seeadler, Kormorane, Schwarzstörche, Zwergschwalben – etwa 290 Vogelarten leben im Gebiet des neuen Biosphärenparks. Mehr als eine Viertelmillion Wasservögel rasten hier. Der bedrohte Seeadler ist sogar mit etwa 140 Brutpaaren in der europaweit höchsten Dichte vertreten. Darüber hinaus haben 40 Fischarten und zahlreiche andere Lebewesen hier ihr Zuhause. Das sensible, auch als „Amazonas Europas“ bekannte Flusssystem ist von einem grünen Band streng geschützter Auenlandschaften umgeben, die wegen des Eisernen Vorhangs lange von menschlichen Interventionen verschont geblieben waren. Jetzt, da die Gefahr der menschlichen Nutzung das Naturparadies bedroht, ist die internationale Zusammenarbeit im Sinne des Natur-, Umwelt-, Klima- und Wasserschutzes besonders wichtig.
Ein Blick über den UNESCO-Biosphärenpark Mur-Drau-Donau, beim Naturpark Kopački rit im Osten Kroatiens
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Winterausgabe | natur&land | 107. JG. – Heft 4-2021
FOTO: MARIO ROMULIC
NOCH EINE GUTE NACHRICHT
Spuren hinterlassen
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eit über 100 Jahren verstehen wir uns als „Anwalt der Natur“ und übernehmen in diesem Sinne Verantwortung für viele, oft bedrohte Tiere, Pflanzen und Lebensräume. Mit Ihrem Vermächtnis oder Ihrer Kranzspende helfen Sie uns, Österreichs Naturschätze für die nachfolgenden Generationen zu erhalten und unsere Schutzprojekte fortzusetzen.
Zugunsten der Natur
Mit Ihrem Letzten Willen
E
in Testament zugunsten des | naturschutzbund | hilft der Natur, unseren Kindern und Kindeskindern. Wenn Sie mehr über die Arbeit des | naturschutzbund | wissen wollen, steht Ihnen die Geschäftsführerin Mag. Birgit MairMarkart gerne zur Verfügung. Rufen Sie uns an oder vereinbaren Sie ein Treffen, persönlich und unverbindlich. Kontakt: Tel +43 662 642909-12 birgit.mair-markart@naturschutzbund.at Zu erbrechtlichen Fragen informiert eine Broschüre der Notariatskammer, die wir Ihnen gerne zusenden. Oder Sie wenden sich am besten gleich direkt an einen Rechtsanwalt oder Notar Ihres Vertrauens. Die Erstberatung ist im Allgemeinen kostenlos.
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ir setzen uns mit praktischem Naturschutz, Naturschutzpolitik, Umweltbildung und Öffentlichkeitsarbeit für Natur und Landschaft ein. Ihr Mitgliedsbeitrag bildet ein wichtiges Fundament für diese unverzichtbare Arbeit zum Schutz der heimischen Natur.
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BEI UNS DREHT SICH ALLES UM DEN NATURSCHUTZ Kommen Sie zu uns – Ihre Mitgliedschaft kann viel bewirken! Als Mitglied haben Sie Zugang zu verschiedensten Veranstaltungen des Naturschutzbundes – von Exkursionen über Naturschutztage bis hin zu Bestimmungskursen. Darüber hinaus ist das Abonnement unserer Zeitschrift natur&land in der Mitgliedschaft enthalten.
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