ZEITSCHRIFT DES | naturschutzbund | Heft 1-2022
Mimikry
Überleben durch Täuschung Projekt „Erlebnis Insektenwelt“
Insektenkenner werden
Vielfalt auf sechs Beinen
INSEKTEN
16 Extraas seiten: W er in SechsBe n brauche
Reihe
WAS SPENDENGELDER ERMÖGLICHEN ...
PROJEKT 31
Viele SchmetterlingsArten wie der Distelfalter (Vanessa cardui) profitieren von der Saatgut-Initiative. FOTO: NATURSCHUTZBUND
Markus Ehrenpaar, Geschäftsführer beim Naturschutzbund Steiermark, mit dem neuen SaatgutErntegerät. FOTO: NATURSCHUTZBUND STEIERMARK
WIR ERNTEN SAATGUT VON DEN NATURSCHUTZBUND-BIOTOPEN
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ielfältige Wiesen von hohem naturschutzfachlichem Wert zu erhalten, ist ein besonderes Anliegen des Naturschutzbundes. Darüber hinaus wandeln wir sogenannte Entwicklungsflächen wieder in wertvolle Naturflächen um. Basis für das Gelingen ist bei beidem die richtige Pflanzenzusammenstellung. Für diese Flächen braucht es standortangepasstes Samenmaterial, das optimalerweise die regionalen Besonderheiten „in den Genen“ hat. Für die Renaturierungen müsste Wiesensaatgut in großen Mengen zugekauft
werden: eine teure Lösung, zudem ist das benötigte Samenmaterial derzeit nur sehr eingeschränkt verfügbar. Was liegt da näher, als das passende Saatgut für die Renaturierungen von den zahlreichen wertvollen Naturschutzbund-Wiesenbiotopen zu verwenden, anstatt aus anderen Regionen einzukaufen? Der Naturschutzbund Steiermark hat deshalb ein Saatgut-Erntegerät angekauft, mit dem auch größere Mengen Wiesensaatgut gesammelt werden können. Damit ist die Versorgung mit optimalem Samenmaterial sichergestellt!
Ihre Spende unterstützt dieses Projekt
In jeder Ausgabe stellen wir Ihnen ein beispielhaftes Naturschutzprojekt vor, das mit Spendengeldern an den | naturschutzbund | ermöglicht wurde oder daraus mitfinanziert werden konnte.
KONTAKT
Spendenkonto P.S.K. IBAN AT74 6000 0501 1014 0425 BIC BAWAATWW
Naturschutzbund Österreich Museumsplatz 2 5020 Salzburg, T +43 662 642909, E-Mail: bundesverband@ naturschutzbund.at www.naturschutzbund.at
EDITORIAL
LIEBE LESERINNEN UND LESER!
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aben Sie sich eigentlich schon einmal darüber Gedanken gemacht, warum gerade Insekten beim Artenschutz so lange vernachlässigt, ja geradezu ignoriert wurden? Immerhin sind sie die größte Gruppe im Tierreich und hätten allein deshalb schon mehr Aufmerksamkeit verdient. Allzu viele Menschen sehen in ihnen aber immer noch nur „lästige Insekten“ – wie wichtig die kleinen Sechsbeiner im Naturgefüge sind, machen sich nur wenige bewusst. Ganz abgesehen von ihrer ökologischen Bedeutung sind Insekten auch faszinierende Wesen, die es wert sind, genauer betrachtet zu werden. Allein ihre vielfältigen Erscheinungsformen, oft sogar einer einzigen Art, lassen uns staunen: Man denke nur an die Entwicklung vom Ei über Raupe und Puppe bis hin zum Schmetterling. Insekten sind aber aus noch vielen weiteren Gründen bemerkenswert. So haben sie eine unglaubliche Fülle an Überlebensstrategien entwickelt. Manche setzen auf Gift zur Abwehr von Feinden, andere ahmen wehrhafte Arten nach und tun nur so, als ob sie giftig wären. Wieder andere sind so gut getarnt, dass man sie nur mit viel Glück entdeckt. Und manche setzen einfach auf Massenproduktion zur Arterhaltung. So legt ein Weibchen der Großen Stubenfliege (Musca domestica) bis zu 2.000 Eier, unter günstigen Bedingungen sind bis zu 15 Generationen pro Jahr möglich. Wie wichtig die Erhaltung des ökologischen Netzwerks ist, wird deutlich, wenn man daran denkt, was ohne die Fressfeinde der Großen Stubenfliege passieren würde.
Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihre
Mag. Dagmar Breschar Chefredakteurin dagmar.breschar@naturschutzbund.at
Wir wollen Sie mit dieser Ausgabe von natur&land in die Welt der Insekten mitnehmen. Natürlich können wir Ihnen hier keinen allzu tiefen Einblick in das riesengroße Insektenreich geben, selbst das dickste Buch könnte das nicht leisten. Wir haben aber eine Auswahl an interessanten Informationen für Sie getroffen, die Ihnen Lust darauf machen soll, sich näher mit den Kerbtieren zu beschäftigen. Im herausnehmbaren Innenteil finden Sie zudem viele Anregungen, wie Sie die kleinen Tiere in Ihrer Nähe unterstützen können.
Frühjahrsausgabe | natur&land | 108. JG. – Heft 1-2022
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INHALT 01 Editorial 02 Inhalt | Stellungnahme | Erratum
INSEKTEN IM FOKUS
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Insektenvielfalt FOTO: OLEANDERSCHWÄRMER/JOHANNES GEPP
04 Insektenvielfalt – die Krönung der Evolution Univ.-Doz. Prof. Dr. Johannes Gepp 06 Insekten genau betrachtet … 08 Insekten im Jahreslauf – Was treiben Insekten so das ganze Jahr? Mag. Gudrun Fuß 10 Insektenspezialisten: Ohne dich kann ich nicht leben! Mag. Dagmar Breschar 12 ... und bald ist Schluss: Insektenendemiten in Österreich DI Magdalena Kaltenbrunner, Dagmar Gordon 14 Mimikry: tun, als ob man jemand anderer wäre Stefan Pruner, MSc 16 Studie: Warum verschwinden Insekten?
NATURBEOBACHTUNG.AT 18 Veranstaltungen: Lernen Sie mit uns die Insekten in der Natur kennen! 20 Ergebnisse aus naturbeobachtung.at 22 Was passiert mit den Daten, die auf naturbeobachtung.at gesammelt werden?
ERLEBNIS INSEKTENWELT
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InsektenVeranstaltungen FOTO: WEIDEN-JUNGFER/WOLFGANG SCHRUF
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Projektbeschreibung: Mit uns werden Sie Insektenkenner*in! Artgruppe: Heuschrecken Artgruppe: Schmetterlinge Artgruppe: Käfer Artgruppe: Hummeln Artgruppe: Libellen Artgruppe: Schwebfliegen Insekt des Monats: jeden Monat ein Insekt kennenlernen Auf zum Insektenkenner-Zertifikat! Insekten-Quiz Das letzte Wort: Biene ist nicht gleich Biene
BEILAGE: WAS SECHSBEINER BRAUCHEN – HANDLUNGSANLEITUNGEN Titelbild: LibellenSchmetterlingshaft (Libelloides coccajus) FOTO: WOLFGANG SCHRUF
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II Inhalt | Impressum III Was Sechsbeiner brauchen IV | naturschutzbund | - Forderungen für einen dringend nötigen Bestäuberschutz VI Verantwortungsvolle Landwirtschaft | Vielfalt beginnt vor der Tür VII Öffentliche bunte Vielfalt VIII Blumenwiese und Schmetterlingsweide IX Wasser ist Leben X Kein Naturgarten ohne Hecke! XI Ein Plädoyer für naturgemäßes regionales Saat- und Pflanzgut XII Trockenmauer XIII Sandbeet: Wildbienen lieben Sand XIV Eine Burg für flotte Käfer XV Lichtverschmutzung: Wo sind die Sterne?
Frühjahrsausgabe | natur&land | 108. JG. – Heft 1-2022
STELLUNGNAHME
ab 23
Erlebnis Insektenwelt: Werden Sie Insektenkenner*in! FOTO: MAIKÄFER/MAKROWILLI
14 FOTO: STEINHUMMEL (VORBILD), NATURBEOBACHTUNG.AT/INGE ENDEL
Mimikry: tun, als ob man jemand anderer wäre FOTO: GROSSE PELZSCHWEBFLIEGE (MIMIKRY), STEFAN PRUNER
U2 39 40 41 42 43 U3
Was Spendengelder ermöglichen ... Mitgliedschaft Unser Bücher-Shop Buchtipps (Buchhandel) Adressen der Landesgruppen | Impressum Vorschau | Abobestellung Zugunsten der Natur mit Ihrem Letzten Willen U4 Mach mit bei www.naturbeobachtung.at
ERRATUM Das Bild auf Seite 39 in natur&land 4-2021 zeigt nicht die Kleine Goldschrecke (Euthystira brachyptera), sondern die Rote Keulenschrecke (Gomphocerippus rufus).
Frühjahrsausgabe | natur&land | 108. JG. – Heft 1-2022
Bezugnehmend auf den Artikel in der Ausgabe von natur&land 4-2021 „BLÜHFLÄCHEN@HOME: Bei der ASFINAG fliegen jetzt drei Millionen Honigbienen“ möchten wir Ihnen unsere Verwunderung und Bestürzung über diesen Beitrag kundtun. Um der massiven Blütenarmut entgegenzuwirken und das Nahrungsangebot für Wildbienen, Schmetterlinge und andere Bestäuber zu verbessern, ist das Anlegen von naturnahen Blühwiesen unbestritten eine förderliche und begrüßenswerte Maßnahme. Die Zusammenarbeit mit namhaften Unternehmen ist zudem medienwirksam, was in weiterer Folge zur Bewusstseinsbildung im Bereich Naturschutz beitragen kann. Das aktive Ausbringen von Honigbienen auf diesen Flächen ist jedoch in zweierlei Hinsicht kontraproduktiv. Zum einen wird der Wert dieser Blühwiesen für die heimischen Insekten auf Grund der Nahrungskonkurrenz durch die Honigbienen stark gemindert sowie der Druck auf die heimische Insektenfauna in der Umgebung dieser Fläche stark erhöht. Zum anderen wird vermittelt, dass das „Bienenproblem“ durch das zusätzliche Ausbringen von Honigbienen gelöst werden kann. Diese Desinformation wird zurzeit auf verschiedenen Ebenen kolportiert, die Handlungsbereitschaft im öffentlichen und privaten Bereich wird so vielfach fehlgeleitet. Wir hoffen, dass der Naturschutzbund Österreich als Anwalt der Natur nicht von seiner bisher exzellenten und engagierten Arbeit abweicht und den im Leitbild definierten Zielen treu bleibt. Mag. Dr. Peter Schönswetter, Institutsvorstand, Institut für Botanik, Universität Innsbruck; Mag. Dr. Peter Huemer, Leiter naturwissenschaftliche Sammlung Tiroler Landesmuseen; Mag. Dr. Konrad Pagitz, Institut für Botanik, Universität Innsbruck; Mag. Dr. Johannes Rüdisser, Institut für Ökologie, Universität Innsbruck; Mag. Caecilia Lechner-Pagitz, Institut für Botanik, Universität lnnsbruck; Dipl. Ing. Maria Holoubek, Technische Leiterin Botanischer Garten, Universität Innsbruck; Daniel Schlorhaufer, Botanischer Garten, Universität Innsbruck
ANTWORT DES NATURSCHUTZBUNDES Sie haben recht, mit Honigbienen kann man die Artenvielfalt nicht retten. Mehr Honigbienenvölker ohne mehr und vielfältigeres Blütenangebot können Wildbienen stark zusetzen. Die Bienenstöcke der Asfinag wurden deshalb auch nicht auf wertvollen Naturflächen aufgestellt. Der Einsatz für eine blütenreiche und insektenfreundliche Land(wirt)schaft ohne Gifte verbindet uns grundsätzlich mit den Imker*innen. Gerade auf naturschutzfachlich wertvollen Flächen und in Schutzgebieten und muss es aber jedenfalls immer „Wildbienen first“ heißen.
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INSEKTENVIELFALT – DIE KRÖNUNG DER EVOLUTION Insekten sind auch im technomorphen Anthropozän das Symbol einer bestaunenswerten, ja noch immer unüberschaubaren Vielfalt der Natur.
FOTO: WINKLER
Marienkäfer und ihre Larven verspeisen täglich mehrere Dutzend Blattläuse und verhindern damit deren Massenvermehrung.
E Text: Univ.-Doz. Prof. Dr. Johannes Gepp Präsident | naturschutzbund | Steiermark und Vizepräsident | naturschutzbund | Österreich j.gepp@naturschutzinstitut.at
Eine Waldameisen-Königin kann bis zu 20 Jahre alt werden. FOTO: JOHANNES GEPP
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s gibt keine vielfältigere Biodiversitäts-Erscheinung auf Erden als die Tierklasse der Insekten. Von ihnen existieren weltweit wahrscheinlich mehrere Millionen Arten mit unterschiedlichsten Entwicklungsstadien. Allein das Farb- und Formenspektrum der 160.000 bekannten Schmetterlingsarten und ihre unterschiedlichen Eigelege, Raupenstadien und Puppen sind extrem beeindruckend. Aus Österreich kennen wir mit über 40.000 rund 100-mal mehr Insektenarten als Arten aller heimischen Wirbeltiergruppen zusammen. Betrachten wir die vielfältigen Überlebensstrategien der Insekten mit ihren Möglichkeiten, beispielsweise als Larven im Wasser zu leben, härtestes Holz zu nagen oder Tausende Kilometer weit zu fliegen: Darüber kann man auch als technikbewusster Mensch nur staunen.
Systemrelevante Power Insekten besiedeln praktisch jede Nische der Landoberflächen und sie beeinflussen viele Ökosysteme als Schlüsselarten, von denen andere Arten abhängig sind. Sie bestäuben einen Großteil der Blütenpflanzen und sind Nahrung für Vögel, Amphibien, Reptilien und Kleinsäuger. Spezialisierte Arten leben in heißen Quellen, andere auf Gletschern. Manche Arten vermehren sich mit bis zu 20 Generationen pro Jahr, andere leben nahezu 20 Jahre lang. Etliche Arten sind äußerst rar, wie beispielsweise hochspezialisierte Höhlenkäfer, andere – wie Ameisen – können in einem Staatenverbund mehr Individuen beherbergen als Österreich Einwohner hat. In ihrer Größenkategorie sind Insekten die unübertroffenen Herrscher der Ökosysteme. Sie regulieren die Pflanzenmassen, beteiligen sich an deren Abbau und erhalten vielfach deren genetische Fitness durch Bestäubung. Sie verbreiten aber auch Krankheiten und sind die größten Nahrungskonkurrenten des Menschen. Frühjahrsausgabe | natur&land | 108. JG. – Heft 1-2022
FOTO: PIXABAY/HANS BRAXMEIER
INSEKTEN IM FOKUS
INSEKTEN IM FOKUS
FOTO: JOHANNES GEPP
Ein Gleichgewicht gegen Massenvermehrung Insekten, die in großen Massen auftreten, überschreiten dabei oft die Schadschwelle in unseren Agrar- und Forstlandschaften. Doch sie haben natürliche Gegenspieler: Tausende Arten parasitoid lebender Wespen und Zweiflügler regulieren ihre Häufigkeit. Die komplexe Vernetzung dieser winzigen und hochspezialisierten Antagonisten von häufig auftretenden Arten wird stark unterschätzt. Waren es früher bei uns in Mitteleuropa an die 50 Insektenarten, die die Erträge menschlicher Kulturen beständig minderten, so sind es heute möglicherweise 5.000 Insektenarten, die mit uns Menschen in Nahrungskonkurrenz treten könnten. Noch funktionieren viele der natürlichen Gleichgewichte, die Massenvermehrungen in Grenzen halten. Bei einem Schwund von über 70 % der Biomasse von Insekten tauschen wir jedoch allmählich die bewundernswerte und funktionelle Vielfalt gegen eine bedrohliche Massenvermehrung von Pflanzenfressern und Krankheitsüberträgern. Hinzu kommt der Klimawandel, der abertausende empfindliche Arten bedroht, andererseits opportunistischen Arten neuen Verbreitungsraum eröffnet. Jene Insektengruppen, die sich in unseren Monokulturen breit-
machen, bekommen Unterstützung aus dem Süden. Hinzu kommt, dass sie bei zunehmenden Temperaturen jährlich mehr Generationen hervorbringen und wärmere Winter häufiger überleben können. Pestizidgestützte Monokulturen sind artengefährdend Vielfalt in Ökosystemen bedeutet meist hohe Stabilität. Wir reduzieren derzeit die Insektenvielfalt in einem Übermaß und eröffnen damit ein unüberschaubares Experiment. Anstelle der Vielfalt tritt die Macht der Massenvermehrung von einzelnen Arten. Wir spielen „Russisches Roulette“ mit vollem Magazin, wenn wir die Vielfalt der Insekten durch Lebensraumzerstörung und pestizidgestützte Monokulturen weiterhin so dramatisch reduzieren. Wir zerstören damit sich weitgehend selbst regulierende Systeme und öffnen eine „Büchse der Pandora“, denn die Evolutionskraft der verbleibenden häufigeren Insektenarten ist kaum beherrschbar. Mit dem Tempo ihrer Generationsfolgen werden wir auf Dauer ihrem Potenzial in vielerlei Hinsicht unterliegen. Die Europäische Union verkündete strengere Naturschutzrichtlinien, wünscht größere Schutzgebiete und möchte einen geringeren Einsatz von Umweltgiften. Österreich hat in diesen Aufgabenbereichen viel verzögert und noch viel zu tun – wir sollten morgen nicht das bereuen müssen, was heute versäumt wird. Die Vielfalt der Natur zu erhalten, ist eine Investition in eine lebenswerte Zukunft. Die Bewahrung der Insektenvielfalt spielt dabei eine unverzichtbare Rolle und ist eine große Verpflichtung unseres wertvollen Naturerbes! FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/MANUEL WILFINGER
FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/MICHAELA STOLZ
Der Ameisenlöwe (rechts) ist die Larve der Gemeinen Ameisenjungfer (oben). Er sitzt unter selbstgebauten Sandtrichtern und fängt Ameisen und andere kleine Insekten, die sich aus dem Trichter nicht befreien können.
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FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/BARBARA KLENNER
INSEKTEN IM FOKUS
INSEKTEN GENAU BETRACHTET … Das Wort „Insekt“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie „eingeschnittenes Tier“, was das Aussehen dieser Tiere bereits sehr gut beschreibt. Der Körper von Insekten besteht immer aus drei Teilen: Kopf, Thorax (Brust) und Abdomen (Hinterleib). Sie haben sechs Beine und meist zwei Flügelpaare. Sowohl ihre Flügel als auch die drei Beinpaare sitzen am mittleren Segment. Die Organe für die Verdauung und die Fortpflanzung liegen im Hinterleib. FOTO: HELENE CZETEN
Bei Käfern sind die Vorderflügel als Schutz zu harten Decken umgewandelt, während die Hinterflügel, die zum Fliegen benutzt werden, größer und häutig sind.
FOTO: ROBERT HOFRICHTER
Großlibellen wie die Gemeine Heidelibelle haben bis zu 30.000 Einzelaugen.
Die Beine der Wasserläufer sind sehr fein wasserabweisend behaart und ermöglichen das Leben auf der Wasseroberfläche.
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Kopf Am Kopf befinden sich die Augen, die Antennen (Fühler) und die Mundöffnung mit den Mundwerkzeugen. Die Antennen werden zum Tasten, Riechen, Schmecken oder sogar als Temperaturfühler verwendet. Die Augen liegen seitlich am Kopf, können sich bei manchen Arten aber in der Mitte treffen. Ein Insektenauge heißt auch Facetten- oder Komplexauge, weil es aus vielen kleineren „Einzelaugen“ zusammengesetzt ist. Weil Insekten ihre Augen nicht bewegen können, sitzen die Facettenaugen fast halbkugelförmig am Kopf. So blickt jedes Einzelauge in eine andere Richtung und das Insekt kann seine Umwelt beinahe komplett wahrnehmen. Zusätzlich besitzen Insekten meist noch drei Punktaugen (sogenannte Ocellen) zur Hell-Dunkel-Wahrnehmung. Die Mundwerkzeuge der Insekten sind sehr unterschiedlich gestaltet und je nach bevorzugter Nahrung verschiedenartig ausgebildet. Thorax Der Brustteil ist in drei Segmente geteilt, jedes besitzt auf der Bauchseite ein Beinpaar. Auch die Beine sind gegliedert, sie können zum Teil rückgebildet oder am Ende mit unterschiedlichen Fortsätzen wie Klauen, Dornen oder Spornen versehen sein. Viele Insekten besitzen zwei Paar Flügel, die am zweiten und dritten Segment des Vorderkörpers sitzen und sehr unterschiedlich geformt sein können. Abdomen Der Hinterleib besteht aus mehreren gleichförmigen Segmenten. Er kann weich und von den Flügeldecken Frühjahrsausgabe | natur&land | 108. JG. – Heft 1-2022
FOTO: MAKROWILLI
INSEKTEN IM FOKUS
FOTO: MAKROWILLI
Mit ihren speziellen Mundwerkzeugen kann die Hornisse anderen Insekten den Hinterleib abbeißen und den Kropfinhalt auflecken.
Bei Fliegen wie der Gelben Raubfliege spricht man von Zweiflüglern, da bei ihnen die hinteren Flügel zu kleinen Schwingkölbchen umgewandelt sind, die während des Fluges der Steuerung dienen.
verborgen oder aber von harten Bauch- und Rückenplatten geschützt sein. Das Körperende ist je nach Insektengruppe unterschiedlich geformt, wobei hier zwei bis drei Schwanzfäden, ein Legebohrer oder Greifzangen vorkommen können. Bei den Stechimmen beispielsweise ist der Legebohrer zu einem Giftstachel umgewandelt. Skelett Insekten haben kein knöchernes Skelett, sondern werden durch eine äußere stabile Hülle gestützt und geschützt. Dieser Chitinpanzer wird Exoskelett genannt. Er kann nicht mitwachsen, weshalb sich Insekten häuten, um größer werden zu können. Die abgestreifte Haut wird auch „Exuvie“ genannt. Nach der Häutung ist der „frische“ Körper noch weich und verletzlich. Deshalb verstecken sich die Tiere in dieser sensiblen Phase meist, bis die neue Haut nach wenigen Stunden ausgehärtet ist. Innerer Aufbau Insekten haben keine Lunge, sondern atmen über das Tracheensystem. Es besteht aus starren Röhren, die den gesamten Körper durchziehen. An der Körperoberfläche mündet es in Stigmen. Über diese Öffnungen gelangt die Luft in das Insekt. Allerdings ist die Atmung der Insekten so vielfältig wie die Klasse selbst. Wasserinsekten haben sich an das Leben im Wasser angepasst. Manche können durch eine Änderung der Oberflächenstruktur der Cuticula (Außenhaut) Luftblasen festhalten. Bei anderen wird Sauerstoff über Tracheenkiemen oder die Haut aufgenommen. Insekten Frühjahrsausgabe | natur&land | 108. JG. – Heft 1-2022
verfügen über einen offenen Blutkreislauf, alle inneren Organe schwimmen im Blut (Hämolymphe) und werden so mit Nährstoffen versorgt. Ein unverzweigtes Rückengefäß pumpt die Hämolymphe durch den Körper. Fortpflanzung & Entwicklung Die meisten Arten sind getrenntgeschlechtlich, allerdings gibt es auch Zwitter-Arten bzw. Arten, die sich durch Parthenogenese (Jungfernzeugung) fortpflanzen. Bei der getrenntgeschlechtlichen Fortpflanzung begattet das Männchen das Weibchen, wobei die Spermien meist direkt auf das Weibchen übertragen werden. Bei (Silber-)Fischchen legen die Männchen Samenpakete ab, die die Weibchen dann aufnehmen. Nach der Begattung legen die meisten Insekten-Weibchen Eier ab. Es gibt aber auch Arten, die ovovivipar sind: Die Eier werden dabei im Körper bis zur Schlupfreife ausgebrütet. Sehr wenige Insektenarten bringen sogar fertig entwickelte Larven oder Puppen zur Welt. Bei Insekten gibt es zwei Wege der Entwicklung: die unvollständige (hemimetabole) und die vollständige (holometabole) Metamorphose. Bei der unvollständigen Verwandlung entwickelt sich das Adulttier über mehrere Häutungen direkt aus der Larve. Die Anzahl der Häutungen ist von Art zu Art verschieden. Bei der vollständigen Metamorphose schlüpft eine Larve, die sich nach mehrmaligem Häuten verpuppt. Dann werden die Organe der Larve umgebaut oder zurückgebildet und neue Organe wie die Geschlechtsorgane aufgebaut. Sobald dieser Prozess beendet ist, häutet sich das Insekt ein letztes Mal und das adulte Tier schlüpft aus der Puppe.
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INSEKTEN IM FOKUS
INSEKTEN IM JAHRESLAUF
FOTO: WOLFGANG SCHRUF
WAS TREIBEN INSEKTEN SO DAS GANZE JAHR?
FOTO: PRIVAT
Eintagsfliegen nehmen als adulte Tiere keine Nahrung mehr auf. Sie leben nur wenige Stunden oder Tage und widmen sich in dieser Zeit ausschließlich der Fortpflanzung.
Text: Mag. Gudrun Fuß Magistrat der Landeshauptstadt Linz Stadtgrün und Straßenbetreuung Abteilung Botanischer Garten und Naturkundliche Station gudrun.fuss@mag.linz.at Hainschwebfliegen zählen zu den ersten aktiven Insekten nach dem Winter. FOT
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Wer genau schaut, kann Insekten fast das ganze Jahr über beobachten, denn manche Arten, wie die Frostspanner, haben im Winter sogar ihre Hauptaktivitätszeit. Die meisten ziehen sich jedoch an ein sicheres Plätzchen zurück und harren dort als Ei, Larve, Puppe oder adultes Tier aus, bis die Bedingungen wieder besser werden. Sobald die Strahlen der Frühlingssonne etwas wärmen, erwachen die ersten Insekten wieder zum Leben.
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n warmen Februartagen kann man daher bereits Zitronenfalter, Blaue Holzbienen und Hainschwebfliegen an den Blüten von Salweide und Schneerose entdecken. Dann geht es Schlag auf Schlag, bis die Insektendichte im Hochsommer ihr Maximum erreicht und wir uns an dem unermüdlichen Gesumme und Gezirpe der Sechsbeiner erfreuen dürfen, ehe sie sich im Herbst wieder auf die Suche nach einem geeigneten Winterquartier machen. Mit vielen Methoden wird der Kälte getrotzt Der Winter mit Schnee und frostigen Temperaturen kann unseren heimischen Insekten in der Regel nichts anhaben, denn sie sind durch vielerlei Anpassungen dagegen gewappnet. In Kältestarre, mit fast völlig heruntergefahrenem Stoffwechsel überdauern die meisten von ihnen an geschützten Plätzen die kalte Jahreszeit. Jungköniginnen von staatenbildenden Hummeln verkriechen sich am liebsten in lockerer Erde oder unter Laub, während Wespen gerne in Höhlen oder in morschem Holz überwintern. Solitär lebende Wildbienen dagegen überdauern den Winter gut geschützt in ihren Brutzellen als frisch geschlüpfte Biene oder Puppe im Kokon. Am robustesten ist übrigens der Zitronenfalter, er trotzt Eis und Schnee fast vollkommen ungeschützt. An Efeu- und Brombeerblättern hängend lässt er sich einfrieren. Das Überleben sichert ihm dabei eine Art Frostschutzmittel in der Hämolymphe (Insektenblut), das die Bildung von Eiskristallen und damit die Zerstörung der Zellwände verhindert. Etwas geschützter bevorzugen es Florfliegen, Marienkäfer und auch einige Wanzenarten, die für einen Laubhaufen als Winterquartier äußerst dankbar sind, jedoch auch kühle Stellen in Haus und Wohnung gerne nutzen. Die ungeliebten Stechmücken – es überwintern nur begattete Weibchen – verbringen die kalte Jahreszeit in kühlen Kellern und Höhlen, um dann im Frühjahr wieder aktiv zu werden. Sobald die Sonne wärmt, geht es los Sobald die ersten Pflanzen im Frühjahr ihre Blüten öffnen, tauchen auch die Insekten wieder auf. Marienkäfer, Ameisen sowie Bienen, Hummeln und Schmetterlinge, die als erwachsene Tiere überwintert haben, können schon bald im Frühjahr beobachtet werden. Die wärFrühjahrsausgabe | natur&land | 108. JG. – Heft 1-2022
FOTO: ARCHIV NATURSCHUTZBUND
FOTO: OTTO REDER
Der Schwalbenschwanz verbringt den Winter als Puppe, die mit feinen Fäden an Pflanzenstängeln befestigt ist.
meren Temperaturen sorgen dafür, dass sie aus ihrer Winterstarre erwachen. Jetzt heißt es für die meisten von ihnen erst einmal tüchtig fressen, um die Energiespeicher wieder aufzufüllen, bevor sie sich der Fortpflanzung widmen. Vor allem jene, die auf Nektar und Pollen als Nahrung angewiesen sind, wissen artenreiche Lebensräume mit unzähligen frühblühenden Pflanzen wie Kornelkirsche, Schlehdorn, Lerchensporn und verschiedenen Krokussen zu schätzen. Im Vollfrühling leisten sie dann an den Obstbaumblüten die auch für uns so wertvolle Bestäubungsarbeit. Libellen-, Schmetterlings- oder auch zahlreiche Käferarten, die als Ei oder Larve den Winter verbracht haben, setzen nun ebenfalls ihren Entwicklungszyklus fort. Sommer – Hochzeit oder Pause Im Sommer ist bei den meisten Insektenarten die höchste Aktivität festzustellen, wobei blütenbesu-
INSEKTEN IM FOKUS
Der Kleine Fuchs überwintert als Falter und ist auf Frühblüher als Nahrungsquelle angewiesen.
chende, große oder für uns unangenehme Arten oft am auffälligsten sind. Die Nymphen (Jugendstadien) zahlreicher Vertreter aus der Ordnung der Heuschrecken wie zum Beispiel die des Großen Grünen Heupferdes nutzen diese Zeit zum Fressen und Wachsen, bevor sie sich kurz vor Herbstbeginn zu Adult-Tieren (erwachsenen Tieren) häuten. Manche Arten, die den Großteil ihres Lebens im Verborgenen verbringen, bekommt man nur im Sommer für einige Wochen zu Gesicht. Zu ihnen zählt der Hirschkäfer, dessen Larven sich über mehrere Jahre in Wurzeln, Stämmen und Stümpfen von pilzzermürbtem Totholz, insbesondere von Eichen, entwickeln. In dieser Zeit sind die erwachsenen Tiere mit Balz, Paarung und Eiablage beschäftigt. Ähnlich ergeht es den Eintagsfliegen, deren gesamtes Erwachsenenleben nur einige Stunden oder Tage währt und ganz auf die Fortpflanzung ausgerichtet ist. Selbst Nahrung wird keine mehr aufgenommen. Sie müssen mit den Reserven auskommen, die sie sich als wasserbewohnende Larven angefressen haben. Im Gegensatz dazu steht der langlebige Zitronenfalter, der im Hochsommer gut versteckt eine mehrwöchige Pause einlegt, bevor er im Herbst wieder durchstartet und sich auf die Überwinterung vorbereitet. Auch bei frühfliegenden Hummelarten wie der Wiesenhummel suchen die jungen Königinnen bereits ab August ein geeignetes Winterquartier auf, in dem sie bis zum nächsten Frühling ausharren. Der Hirschkäfer verbringt 5–8 Jahre als Larve unter der Erde, als Käfer lebt er nur 3–8 Wochen. FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/SABINE GASPARITZ
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FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/GÜNTER ZÖCHLING
INSEKTEN IM FOKUS
OHNE DICH KANN ICH NICHT LEBEN! Die Wiesenknopf-Ameisenbläulinge legen pro Blume nur ein Ei ab, deshalb braucht es viele Blumen, damit sich die Schmetterlinge gut vermehren können. FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/MARTIN STRASSER
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iele Tiere, Pflanzen und Pilze sind hochspezialisiert, sie haben sich im Laufe der Evolution perfekt an ihre Umweltbedingungen angepasst. Dadurch wird es ihnen möglich, Bereiche zu erschließen, die auf den ersten Blick manchmal sogar als lebensfeindlich erscheinen. Oft zeigt sich die Anpassung auch als besondere Form eines Körperteils, z. B. als langer Rüssel bei Hummeln, um an den Nektar in sehr tiefen Blütenkelchen zu gelangen. Manche Arten gehen aber noch weiter, sie haben sich so sehr auf eine Artgruppe oder sogar eine ganz bestimmte Art spezialisiert, dass sie ohne diese nicht mehr „leben“ können. Diese extreme Abhängigkeit wird besonders deutlich, wenn sich die Umweltbedingungen ändern: Durch die Spezialisierung ist der Toleranzbereich der Arten stark eingeengt. Verschwindet die eine Art, kann die andere nicht einfach auf einen „Ersatz“ ausweichen und verschwindet ebenfalls. Einige dieser hochspezialisierten Arten stellen wir hier vor.
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Kein Falter ohne Wiesenknopf Besondere Beispiele dafür sind der Helle (Maculinea teleius) und der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Maculinea nausithous). Die Weibchen legen ihre Eier ausschließlich an noch nicht aufgeblühte Knospen des Großen Wiesenknopfs. Die Raupen fressen dann die Blütenköpfe der Futterpflanzen von innen her auf. Aufgrund der maschinell schwierig durchzuführenden Bewirtschaftung der Standorte des Großen Wiesenknopfs – Feucht-, Nass- und Moorwiesen sowie extensiv genutztes Grünland – und des relativ geringen Ertrags wurde die klassische Heugewinnung auf solchen Standorten vielerorts aufgegeben. Damit verschwand der Große Wiesenknopf immer mehr und mit ihm auch diese beiden Schmetterlingsarten, sie sind heute im Bestand gefährdet. Ganz schön heikel Auch die Raupen des Silbergrünen Bläulings (Polyommatus coridon) sind ausgesprochen wählerisch. Am Frühjahrsausgabe | natur&land | 108. JG. – Heft 1-2022
INSEKTEN IM FOKUS
Der Silbergrüne Bläuling fliegt nur über gut erhaltenen basenreichen Magerrasen.
Nur durch das Gift „ihrer“ Osterluzei-Art werden die Raupen des Osterluzeifalters nicht geschädigt. FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/DOMINIK MOSER
liebsten fressen sie ausschließlich am Gewöhnlichen Hufeisenklee (Hippocrepis comosa). Erstaunlicherweise sind die Raupen in Ostösterreich, den deutschen Bundesländern Brandenburg und Sachsen sowie in Südosteuropa flexibler: Sie fressen auch an der Bunten Kronwicke (Securigera varia). Weiter im Westen führt für die Raupen allerdings am Hufeisenklee „kein Weg vorbei“. Der Silbergrüne Bläuling ist bezüglich seiner Lebensräume sehr wählerisch. Er braucht kurze Magerrasen mit hohem Blütenreichtum, die eine ausreichende Zahl an „Nektartankstellen“ für die Falter bereitstellen. Der Silbergrüne Bläuling wird unter den mitteleuropäischen Tagfaltern deshalb als eine der besten Indikatorarten für gut erhaltene basenreiche Magerrasen angesehen. Gift ist nicht gleich Gift Die verschiedenen Osterluzeiarten (Aristolochia sp.) bilden die Grundlage für die Existenz des Osterluzeifalters (Zerynthia polyxena). Die Weibchen legen ihre Eier ausschließlich auf den Trieben dieser Pflanzen ab und nur von ihr ernähren sich die Raupen. Wer nun aber
Die Gallen der Wintergeneration der Gemeinen Eichengallwespe werden bis zu 2 cm groß. Die Eichen werden durch den Befall nicht geschädigt. FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/ANDREA ZISTLER
≈ 10 mm
Frühjahrsausgabe | natur&land | 108. JG. – Heft 1-2022
denkt, damit wäre alles gesagt, irrt gewaltig! Die Schmetterlingsraupen haben sich so sehr an die hochgiftige Osterluzei angepasst, dass das Gift der Pflanze sie nicht schädigt. Allerdings gilt das nur für die in der jeweiligen Region heimischen Tiere auf den dort wachsenden Osterluzei-Arten. In Österreich fressen die Raupen beispielsweise an der Gewöhnlichen Osterluzei (Aristolochia clematitis). Versetzt man diese Raupen auf eine andere, südeuropäische Osterluzeiart, vergiften sie sich. Auch Raupen aus südlichen Gegenden vertragen die Osterluzeiarten im Norden nicht. Ohne Eichen müssen sie weichen Aber nicht nur Schmetterlinge sind mit anderen Arten eng verbunden. So legt die Gemeine Eichengallwespe (Cynips quercusfolii) im Herbst ihre Eier ausschließlich in Eichenlaub, genauer auf der Blattunterseite in die Blattnerven, wo sich danach die typischen kugeligen Eichengalläpfel bilden. Eine Galle beherbergt nur ein Ei, weshalb meist viele Gallen auf einer Eiche zu finden sind. Aus diesen schlüpfen bereits im Winter ausschließlich weibliche Tiere. Sie legen ihre unbefruchteten Eier wiederum in die Spitzen von schlafenden Zweigknospen an der Rinde älterer Eichenstämme. Auch aus diesen entstehen Gallen, die allerdings nur zwei bis drei Millimeter groß sind. Im Mai bis Juni schlüpfen daraus die Geschlechtstiere, die kleiner sind als die Tiere der Wintergeneration. Deshalb wurden die Vertreter der beiden Generationen früher für unterschiedliche Arten gehalten. Auch bei den Wildbienen gibt es viele hochspezialisierte Arten. Oligolektische Bienenarten sammeln ausschließlich Pollen einer bestimmten Pflanzenart oder von nah verwandten Arten. Ein Beispiel dafür ist die Eisenhuthummel (Bombus gerstaeckeri), die Pollen ausschließlich vom Eisenhut erntet. Andrena nasuta hat sich auf die Pflanzengattung Ochsenzungen spezialisiert und wird deshalb auch Ochsenzungen-Sandbiene genannt. Auch der Name der Weiden-Sandbiene (Andrena vaga) verrät bereits die enge Bindung an „ihre“ Pflanzengattung. >DB<
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FOTO: PIXABAY/KORDI_VAHLE
INSEKTEN IM FOKUS
… UND BALD IST SCHLUSS
INSEKTEN DOMINIEREN Verteilung der 741 österreichischen Endemiten auf Organismengruppen QUELLE: INSEKTENATLAS 2020/UMWELTBUNDESAMT
Sonstige Wirbeltiere
7
69
Farn- und Blütenpflanzen
150 16
Insekten
344
80
Flechten
Schnecken
75 SPinnen u.a.* * Spinnen, Weberknechte, Pseudoskorpione, Hornmilben
Mehrere hundert Arten – genau 741 – leben ausschließlich in Österreich. Die weitaus größte Gruppe dieser Endemiten bilden mit 344 Arten die Insekten. Viele von ihnen sind schlecht erforscht und nicht geschützt. Zudem sind viele temperaturempfindlich und drohen dem Klimawandel zum Opfer zu fallen. Das Hauptverbreitungsgebiet der endemischen Kärntner Gebirgsschrecke (Miramella carinthiaca) liegt in den Nockbergen. FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/GERD KUPPER
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In den Nördlichen Kalkalpen leben besonders viele Endemiten-Arten
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ine große Zahl von Insektenarten sind ausgewiesene Spezialisten, sie brauchen, um sich fortzupflanzen oder bestimmte Entwicklungsschritte zu vollenden, sehr spezielle Umweltbedingungen. Sie sind extrem genau an ihre Umwelt und ihre Nahrungspflanzen angepasst und reagieren deshalb sehr empfindlich auf Veränderungen. Vom Aussterben besonders bedroht sind kleinräumig verbreitete Arten, die sogenannten Endemiten. Ihr Vorkommen ist oft auf ein Gebirge, ein Tal, eine Insel, einen Fluss oder auch nur eine einzelne Quelle beschränkt. In den Nördlichen Kalkalpen, dem „Hotspot“ für Endemismus in Österreich, wird diese Fauna und Flora durch „Eiszeit-Reliktarten“ gestellt. Die Ursache für die große Dichte an Endemiten in dieser Region liegt in der letzten Kaltzeit, etwa 115.000 bis 12.000 Jahre vor heute. Während der gesamte Alpenraum von einem mächtigen Eispanzer bedeckt war, gab es in der Randzone nur kleine Gletscher. Viele Arten waren gezwungen, sich hierher zurückzuziehen und in der Kälte auf eisfreien Gipfeln zu überdauern. Als es wieder wärmer wurde, begannen die vor den Eismassen meist nach Süden zurückgewichenen Tiere und Pflanzen in die tiefen Lagen zurückzukehren und von dort langsam in höhere Regionen aufzusteigen. Die wenigen Arten jedoch, die sich schon während der Eiszeit auf die hoch gelegenen Gipfelregionen gerettet hatten, blieben in diesen heute seltenen Lebensräumen. Der Klimawandel bedroht diese Arten nun massiv: Denn ihre besonders spezialisierte Lebensweise und der Umstand, dass sie bereits sehr hoch gelegene Frühjahrsausgabe | natur&land | 108. JG. – Heft 1-2022
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Niedere Tauern
Gesäuse
QUELLE: INSEKTENATLAS 2020/UMWELTBUNDESAMT
FOLGEN DER EISZEIT Maximale Vergletscherung der Ostalpen vor 18.000 bis 20.000 Jahren und Verteilung der 79 Laufkäferarten, die nur in Österreich vorkommen.
eiszeitliche Gletschergrenze Zahl der Laufkäferarten (Carabidae) 1–2, 3–10, 11–14, 15–18 In der Eiszeit drängten Gletscher viele Arten ab. Als die Temperaturen wieder stiegen und das Eis schmolz, kamen die Tiere aber durch aus den Tälern aufsteigende Arten in Bedrängnis. Wer konnte, dehnte seinen Lebensraum wieder ins Hochgebirge aus. Die höchste Dichte von Endemiten, darunter viele Insekten, wurde im jetzigen Nationalpark Gesäuse in den Nördlichen Kalkalpen entdeckt.
Regionen besiedeln, verwehrt ihnen ein Ausweichen in andere Lebensräume. Ein Beispiel eines sehr temperaturempfindlichen Insekts ist der Steirische Höhlenlaufkäfer. Der augenund fast farblose Endemit ist extrem an das Leben in Höhlen angepasst. Bisher konnte er ungestört im Inneren des Berges leben, doch heute bringt ihn die Klimaerwärmung an die Grenze seiner Lebensfähigkeit. Auch mangelnde Mobilität wird vielen endemischen Insekten zum Verhängnis. Sie können nicht einfach davonfliegen, wenn die Umgebung zu warm wird. Der Zierliche Bergkurzflügler ist ein sehr seltenes Insekt der Gipfelregionen, das sich aufgrund stark verkürzter Flügeldecken und fehlender Hautflügel nur zu Fuß fortbewegen kann. Ihm bleibt, wie den meisten dieser Eiszeit-Reliktarten, nur die Flucht nach oben. In einer Gebirgsregion wie dem Gesäuse kann das zumindest für eine gewisse Zeit das Überleben der Art sichern. Allerdings wird der geeignete Lebensraum immer kleiner, je weiter die Arten nach oben ausweichen. Zudem rücken konkurrenzstarke Arten von unten nach und erschließen den für sie neuen Lebensraum. Arten, die für sich kein Optimum mehr vorfinden, können dem Konkurrenzdruck dann nicht mehr standhalten. Je näher sich die untere Grenze des Lebensraumes einer Tier- oder Pflanzenart Richtung Gipfel verschiebt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie bei zunehmender Erderwärmung ausstirbt. Und wer nicht verdrängt wird, der verliert oftmals seine Fertilität. Dann wird es schnell eng für eine Art, die nur in einem sehr kleinen Lebensraum leben kann. Frühjahrsausgabe | natur&land | 108. JG. – Heft 1-2022
Nockberge
Karawanken
Der Steirische Höhlenlaufkäfer (Arctaphaenops angulipennis styriacus), auch Steirischer NordostalpenBlindkäfer genannt, wurde 2016 nach 80 Jahren im Gesäuse wiederentdeckt. FOTO: CHRISTIAN KOMPOSCH
Neben dem sich rasant verändernden Klima ist es auch ein Problem, dass die Lebensräume der Endemiten nicht kartiert und die Arten oftmals nicht inventarisiert sind. So ist es schwierig die kleinräumig vorkommenden Insektenarten zu schützen. Ein Gebiet, in dem die Insektenfauna bereits intensiv erforscht wird, ist der Nationalpark Gesäuse, ein 2002 gegründetes Großschutzgebiet in den österreichischen Kalkalpen. Unter den dort bisher 7.654 gefundenen Tier- und Pflanzenarten sind 240 Endemiten.
Text: DI Magdalena Kaltenbrunner, Nationalpark Gesäuse m.kaltenbrunner@nationalpark-gesaeuse.at Bearbeitung: Dagmar Gordon, GLOBAL 2000 dagmar.gordon@global2000.at
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MIMIKRY: TUN, ALS OB MAN JEMAND ANDERER WÄRE Vorbild
FOTO: HORNISSE NATURBEOBACHTUNG.AT/ ASTA FISCHER
Wer kennt nicht das Sprichwort vom Wolf im Schafspelz? Es geht um jemanden, der so tut, als ob er harmlos wäre, in Wahrheit aber etwas im Schilde führt. Mit Mimikry ist es ähnlich: Viele Tiere und Pflanzen täuschen vor, etwas anderes zu sein, als sie sind. Zumeist bedienen sie sich dieser Methode, um sich vor Fressfeinden zu schützen. Einige ahmen jedoch auch andere Arten nach, um Vorteile daraus zu ziehen. Text: Stefan Pruner, MSc Entomologe stefanpruner@gmail.com
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Viele Insektenarten wie der Hornissenglasflügler (Sesia apiformis) oder die Hornissenschwebfliege (Volucella zonaria) imitieren Hornissen (Vespa crabro), um Wehrhaftigkeit vorzutäuschen.
Nachahmer FOTO: HORNISSENGLASFLÜGLER NATURBEOBACHTUNG.AT/GERD KUPPER
rten, die mit Mimikry arbeiten, senden Signale aus, die dem Betrachter meist Giftigkeit oder zumindest Ungenießbarkeit signalisieren sollen. Damit werden potenzielle Fressfeinde verwirrt bzw. davon abgehalten, das Tier oder die Pflanze zu verspeisen. Häufig muss der Signalempfänger (z. B. der Fressfeind) die Bedeutung der auffälligen Färbung aber erst erlernen, indem er unangenehme Erfahrungen sammelt. Wenn ein Räuber ein Individuum einer mit einem Warnsignal ausgestatteten Art erbeutet und dadurch eine schlechte Erfahrung macht, profitieren alle ähnlich gefärbten Arten, da der Räuber sie in Zukunft meiden wird. Beispiele dafür sind Schwebfliegen, die auffallend gelb-schwarz gefärbt sind und so wehrhafte Wespen nachahmen. Damit die Nachahmer allerdings von der Schutzwirkung wirklich profitieren können, kommen sie meist in geringerer Individuendichte vor als die Vorbilder. Denn so ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass ein Fressfeind zunächst mit einem Exemplar des Vorbilds schlechte Erfahrungen macht und anschließend auch die harmlosen Nachahmer in Ruhe lässt.
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Nachahmer FOTO: HORNISSENSCHWEBFLIEGE NATURBEOBACHTUNG.AT/BEATE SCHOBA
Anpirschen und anbandeln Es gibt aber auch Arten, die durch Mimikry nicht abschrecken, sondern Aufmerksamkeit erreichen wollen, um die Signalempfänger anzulocken. Diese besondere Strategie verfolgen Orchideen der Ragwurz-Arten, um bestäubt zu werden. Die Lippe der Blüte ahmt aus menschlicher Sicht nur entfernt ein Insekt nach, für Männchen der sie bestäubenden Insektenarten scheint sie jedoch unwiderstehlich zu sein. Die anfliegenden Männchen werden dabei nicht nur durch die Form getäuscht, sondern auch durch den Duft der Blüten, der dem Sexualduftstoff der weiblichen Insekten stark ähnelt. Dadurch werden die Männchen auch zu einer Pseudokopulation (angedeutete Kopulation) verleitet, bei der ihnen die Pollenpakete der Orchidee angeheftet werden, mit denen sie beim Besuch einer weiteren Pflanze derselben Art die Bestäubung durchführen. Die bestäubenden Männchen lernen jedoch mit der Zeit, dass sie getäuscht werden. Dem versuchen die Ragwurzen entgegenzuwirken, indem jede ihrer Blüten ein kleines bisschen anders aussieht. Frühjahrsausgabe | natur&land | 108. JG. – Heft 1-2022
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Vorbild
Nachahmer FOTO: ROTE WALDAMEISE (FORMICA RUFA) NATURBEOBACHTUNG.AT/BARBARA BAACH
Die Ameisenspringspinne (Myrmarachne formicaria) täuscht die Ameisen mit ihrem Aussehen, um unter ihnen zu leben und Beute zu machen.
FOTO: AMEISENSPRINGSPINNE NATURBEOBACHTUNG.AT/DOMINIK MOSER
Vorbild
Nachahmer FOTO: JUNI-LANGHORNBIENE NATURBEOBACHTUNG.AT/BURKHARD BOGENSBERGER
Die Hummelragwurz (Ophrys holoserica) imitiert mit Aussehen und Duftstoffen die Weibchen der Juni-Langhornbiene (Eucera longicornis) und verführt so die Männchen zur Bestäubung.
FOTO: HUMMELRAGWURZ NATURBEOBACHTUNG.AT/INGE ENDEL
BUCHTIPP: Klaus Lunau: Warnen, Tarnen, Täuschen. Mimikry und andere Überlebensstrategien in der Natur. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2002, Neuauflage 2011, ISBN 3-534-14633-6.
Auch Tarnung kann ein Ziel der Mimikry sein. So gibt es Ameisen nachahmende Spinnen, die sich frei unter den Ameisen bewegen und unter ihnen unbehelligt Beute machen. Zusätzlich schützt sie die Ameisenmimikry vor Spinnen verspeisenden Wegwespen und anderen jagenden Arten, die Ameisen von vornherein meiden. Ohne Abstimmung klappt‘s nicht Wer Mimikry betreibt, sollte im selben Umfeld wie das Vorbild leben, um eine optimale Wirkung zu erreichen. So ist es beispielsweise für Insekten, die Hautflügler (zu denen die Wespen zählen) nachahmen, sinnvoll, dieselben Lebensräume zu besiedeln und dieselben Blüten zu besuchen wie ihre Vorbilder. Denn nur dort haben die Fressfeinde die Bedeutung der gelb-schwarzen Warnsignale anhand der Vorbilder gelernt. Doch auch die Abstimmung mit der Phänologie (periodisch wiederkehrende Entwicklungserscheinungen) der Vorbilder ist wichtig. So könnte man annehmen, dass die Schutzwirkung für Wespen nachahmende Insekten zu jener Jahreszeit am höchsten ist, zu der ihre Frühjahrsausgabe | natur&land | 108. JG. – Heft 1-2022
Vorbilder am häufigsten anzutreffen sind, also im Sommer und Spätsommer. Zumindest was die Anzahl an Arten, die Wespen nachahmen, betrifft, sieht die Sache jedoch anders aus. Viele von ihnen sind „Frühlingsarten“, die im Sommer ihren Aktivitätszyklus als erwachsenes Tier bereits abgeschlossen haben. Diese Strategie ist durchaus sinnvoll, wenn man die Aktivitätszeit der Insekten fressenden Singvögel betrachtet. Altvögel, die im Frühling mit dem Brutgeschäft beginnen, haben zumindest im Jahr zuvor bereits Erfahrungen mit wehrhaften Hautflüglern gemacht und werden diese auch während der Phase der Jungenaufzucht meiden. Die im Frühsommer und Sommer flügge werdenden Jungvögel machen zu dieser Jahreszeit ihre Erfahrungen mit Wespen, wenn sich viele Nachahmer schon erfolgreich fortgepflanzt haben. Dann begegnen ihnen fast nur mehr die gefährlichen Vorbilder und kaum mehr Nachahmer. Diese Nachahmer profitieren dann im folgenden Frühling wiederum von den Erfahrungen, die die Jungvögel im vergangenen Sommer gesammelt haben.
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WARUM VERSCHWINDEN INSEKTEN? Die Verstädterung scheint ein weiterer Schlüsselfaktor für das Insektensterben zu sein. Das zeigt eine Studie, in der erstmals die Auswirkungen von Klima und Landnutzung auf Insekten gesondert betrachtet wurden.
Malaise-Fallen eignen sich hervorragend zum Sammeln einer Vielzahl von Insekten in verschiedenen Lebensräumen. FOTO: LANDKLIF-TEAM
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eltweit gehen die Anzahl und die Artenvielfalt der Insekten zurück: Dafür hat die Wissenschaft in den vergangenen Jahren immer mehr Hinweise gefunden. In Politik und Gesellschaft haben diese Befunde teils große Besorgnis ausgelöst. Forscher*innen führen das Insektensterben zum einen auf Veränderungen der Landnutzung zurück, beispielsweise auf die Zunahme großer Monokulturen wie Mais und Raps. Zum anderen nennen sie als Ursache auch den Klimawandel mit vermehrter Hitze und Trockenheit. Bisherige Analysen haben Schwächen Doch scheinen diese Befunde Schwächen zu haben, wie der Tierökologe Jörg Müller vom Biozentrum der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) sagt. Die zugrundeliegenden Studien würden bislang unter anderem die Vielfalt der Insektenspezies nicht gut genug abbilden oder nur kurze Zeiträume und kleine Gebiete berücksichtigen. Dieses Manko wollte ein Forschungsteam des bayerischen LandKlif-Netzwerks, koordiniert von der JMU, nun zumindest teilweise beheben. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Verstädterung ein weiterer Schlüsselfaktor ist, der Insekten das Überleben schwermacht. Von Unterfranken bis nach Oberbayern platzierte das Forschungsteam im Frühjahr 2019 Fallen zum Sammeln Frühjahrsausgabe | natur&land | 108. JG. – Heft 1-2022
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fliegender, krabbelnder und springender Insekten. Diese Malaise-Fallen befanden sich an 179 Standorten, vom Flachland bis über 1.100 Meter Höhe im Bayerischen Wald und in den Alpen. Sie standen in Wäldern, auf Wiesen und Äckern sowie in Siedlungen, eingebettet in naturnahe, landwirtschaftliche und urbane Landschaften. Eine gesamte Vegetationsperiode lang leerten die Forschenden alle 14 Tage die Fallen. Sie bestimmten die Biomasse der gefangenen Insekten und identifizierten die einzelnen Arten mittels DNA-Sequenzierung. Insekten profitieren von höheren Temperaturen „In dieser Studie wurden erstmals die Auswirkungen von Klima und Landnutzung auf Insekten in einer mitteleuropäischen Landschaft voneinander getrennt betrachtet“, so Jörg Müller. „Interessanterweise haben die Temperatur am Standort sowie die durchschnittliche Jahrestemperatur ausschließlich positive Auswirkungen auf die Biomasse und die Vielfalt der Insektenpopulationen. Die Form der Landnutzung dagegen wirkt sich unterschiedlich auf Biomasse und Diversität aus.“ Den größten Unterschied bezüglich der Insektenbiomasse fanden die Forschenden zwischen naturnahen und städtischen Gegenden. In der Stadt war die
Biomasse um 42 Prozent niedriger. Die Insektenvielfalt, also die Zahl der unterschiedlichen Arten, war dagegen im Agrarbereich im Vergleich zu naturnahen Lebensräumen um 29 Prozent geringer. Von bedrohten Arten fanden sich in Agrarräumen sogar 56 Prozent weniger. Konsequenzen für den Erhalt von Insekten Diese gegensätzlichen Muster für die Biomasse und die Artenvielfalt sind für die Forschenden ein wichtiges Warnsignal: Man dürfe beim Insektenmonitoring aus einem Rückgang der Biomasse nicht darauf schließen, dass dies auch eine Abnahme der Artenvielfalt bedeutet und umgekehrt. Auf Grundlage seiner neuen Erkenntnisse empfiehlt das Forschungsteam, in urbanen Lebensräumen mehr Grünflächen zu schaffen, um die Biomasse an Insekten zu erhöhen. Bestehende Agrarumweltprogramme sollten zur Verbesserung der Biodiversität weiter ausgebaut und Waldlebensräume gefördert werden.
PUBLIKATION: Uhler et al. (2021): Relationship of insect biomass and richness with land use along a climate gradient. Nature Communications, 12. Oktober 2021, Open Access. doi.org/10.1038/s41467-021-26181-3
ANKÜNDIGUNG
Natur erleben in der Woche der Artenvielfalt 2022 Im Rahmen der Woche der Artenvielfalt laden wir zwischen 19. und 29. Mai wieder herzlich zum Naturentdecken in ganz Österreich ein. Ob Wanderungen, Exkursionen, Vorträge oder Workshops: Für Groß und Klein ist etwas dabei. In unserem Kalender finden Sie sicher auch etwas in Ihrer Nähe! Lassen auch Sie sich in die spannende Welt der Artenvielfalt entführen und entdecken Sie unsere schöne Natur!
Alle Informationen und Veranstaltungen finden Sie auf: https://naturschutzbund.at/woche-der-artenvielfalt.html
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VERANSTALTUNGEN
LERNEN SIE MIT UNS DIE INSEKTEN IN DER NATUR KENNEN!
Die Teilnehmer*innen des Leuchtabends am Hauenstein konnten viele besondere Insekten beobachten. FOTO: FRANK WEIHMANN Der Steirische Fanghaft ist eine Rarität der Steiermark.
Auch bei unseren Veranstaltungen legen wir aktuell einen Schwerpunkt auf die Insekten. Wie spannend so eine Insekten-Veranstaltung in der Natur sein kann, durften die Teilnehmer*innen am „Leuchtabend“ in Graz letzten Sommer erfahren.
Auf dem Gaze-Netz rund um die Lampe sind die Insekten gut erkennbar. FOTO: INGRID HAGENSTEIN
FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/JOSEF MIKOCKI
Leuchtabend in Graz Das am Hauenstein in Graz gelegene Schutzgebiet des Steirischen Naturschutzbundes liegt im Osten der Stadt Graz und zählt zu den am besten erforschten der 700 eigenen Biotopflächen. Die Basis dafür lieferte der Lepidopterologe (Schmetterlingskundler) Heinz Habeler, der über 50 Jahre lang hier an unzähligen Abenden Bestandsaufnahmen vornahm. Dazu lockte er die Insekten mit speziellen Leuchtmitteln an, um die Arten zu dokumentieren. Auf seine Spuren begaben sich die Teilnehmer*innen der Leuchtabend-Exkursion. Mit seiner Lage am Südostrand der Alpen ist der Hauenstein Lebensraum sowohl für mediterrane Arten als auch Alpenbewohner und beherbergt damit eine besonders große Artenvielfalt – eine sehr spannende Ausgangsbasis für Insektenbeobachtungen! Bei einem Leuchtabend werden Insekten mit speziellen Lampen angelockt. Rund um die Lampen sind Leuchtschirme aus feingewebtem Material drapiert, auf dem die Insekten dann sitzen und gut beobachtet werden können. Am Hauenstein wurden gleich drei dieser für Insekten sehr anziehenden Leuchten aufgestellt. Perfektes Insektenwetter, 27 °C, Windstille und hohe Gewitterwahrscheinlichkeit für die Nacht sorgten für volle Leuchtschirme. Zur Bestimmung der einzelnen Individuen wurden die Tiere vom Gaze-Netz abgesammelt und untersucht, im Anschluss daran natürlich sofort wieder freigelassen. Neben vielen Tag- und Nachtfaltern konnten auch viele andere Insektenarten angelockt und bestimmt werden. Ein besonderes Glück: Auch der sehr seltene Steirische Fanghaft (Mantispa styriaca) war mit dabei!
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VERANSTALTUNGEN
ZU DIESEN UND VIELEN WEITEREN INSEKTEN-VERANSTALTUNGEN LADEN WIR SIE HEUER EIN: 09.04.2022 11.04.2022 14.04.2022 29.04.2022 30.04.2022 13.05.2022 13.05.2022 21.05.2022 21.05.2022 22.05.2022 31.05.2022 04.06.2022 05.06.2022 08.06.2022 10.06.2022 11.06.2022 24.06.2022 25.06.2022 14.04.2022 09.07.2022 01.09.2022
Hummelbestimmungskurs in Innsbruck Hummelbestimmungskurs in Linz Die Welt der Bestäuber: Wildbienen, Schmetterlinge und Co. (Führung im Botanischen Garten der Universität Salzburg) Nachtfalter erleben im Botanischen Garten in Linz Hummelbestimmungskurs in Dornbirn Hummelbestimmungskurs in Wien Ein Streifzug durch das Landschaftsschutzgebiet Salzachseen: reich an Insekten und anderen Organismen Wildbienen beim Salzachknie und dem aufgeweiteten Salzachufer bei Oberndorf Hummelbestimmungskurs in Graz Hummelbestimmungskurs in Absdorf/Hippersdorf Online-Vortrag: Tagfalter kennenlernen Wildbienen und Wespen in der Pleschinger Sandgrube Exkursion: Tagfalter kennenlernen in Pfaffstätten (aufbauend auf dem Online-Vortrag vom 31.05.2022) Die Schwarze Mörtelbiene und andere Wildbienen/ Insekten am Mönchsberg Hummelbestimmungskurs in Gleisdorf Hummelbestimmungskurs in Laufen Hummelbestimmungskurs in Wien Esparsetten-Widderchen & Zwergbläuling – Schmetterlingsspaziergang entlang der Linzer Hochwasserschutzdämme Die Welt der Bestäuber: Wildbienen, Schmetterlinge und Co. (Führung im Botanischen Garten der Universität Salzburg) Exkursion: Heuschrecken in Luftenberg entdecken Heuschrecken in den Wiesen am Wallersee
Während der Bestimmung werden die Hummeln in kleine Behälter gesetzt und danach gleich wieder freigelassen. FOTO: KATHRIN GROBBAUER
Die Hummelbestimmungskurse werden durch den gemeinsamen Bienenschutzfonds von HOFER und Naturschutzbund unterstützt. Schwalbenschwanz
Weitere Insekten-Veranstaltungen und aktuelle Informationen dazu finden Sie regelmäßig auf www. insektenkenner.at/Veranstaltungen. Die Teilnahme an diesen Veranstaltungen kann für das „Insektenkenner-Zertifikat“ angerechnet werden.
FOTO: KATHRIN GROBBAUER
FOTO: STEFANIE GLANTSCHNIG
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NATURBEOBACHTUNG.AT
EINIGE BESONDERHEITEN AUS DEM JAHR 2021
INSEKTEN AUF NATURBEOBACHTUNG.AT D
ie Biodiversität, die Vielfalt an Arten und Lebensräumen, ist bedroht – und leider sind auch jene Menschen selten geworden, die sich damit auskennen. Dabei können wir nur schützen, was wir auch (er-)kennen. Deshalb setzt sich der Naturschutzbund nicht nur für den Schutz von Arten und Lebensräumen ein, sondern engagiert sich auch stark in der Bildungsarbeit, um Wissen, Verständnis und vor allem Begeisterung der Menschen für die Natur zu fördern. Dem Thema Artenkenntnis haben wir uns dabei besonders verschrieben. Mit unserer Online-Melde-Plattform naturbeobachtung.at und der gleichnamigen App haben wir etwas
ganz Besonderes geschaffen: Ein ständig wachsendes Netzwerk von Wissenschaftler*innen unterschiedlichster Fachgebiete und naturinteressierten „Hobbyforscher*innen“ aus allen Gesellschaftsgruppen, begleitet von ausgezeichneten EDV-Expert*innen, mit dem das wertvolle Wissen der Menschen „eingesammelt“ und für die Wissenschaft und den Naturschutz nutzbar gemacht wird. Und scheinbar „ganz nebenbei“ fördern wir damit die Artenkenntnis in der Bevölkerung. Einen kleinen Einblick in die im Jahr 2021 gesammelten Beobachtungen präsentieren wir Ihnen hier anhand ausgewählter Insektengruppen.
FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/RUDOLF STUBER
Schmetterlinge: Im Jahr 2021 wurden 18.205 Tagfalterbeobachtungen von insgesamt 469 Melder*innen auf naturbeobachtung.at eingetragen. Damit hat sich die Community der Tagfalter-Melder*innen gegenüber 2020 um mehr als ein Fünftel vergrößert! Der österreichweit am häufigsten gemeldete Tagfalter war 2021 das Tagpfauenauge mit 1.279 Beobachtungen. Bei den Nachtfaltern wurden 7.048 Tiere von 361 Melder*innen beobachtet. Am häufigsten wurde die Gammaeule gemeldet. Der Juli war bei beiden Schmetterlingsgruppen der stärkste Beobachtungsmonat.
Heuschrecken: Im Jahr 2021 wurden 2.399 Heuschreckenbeobachtungen von insgesamt 251 Melder*innen auf naturbeobachtung.at eingetragen. Im Bundesländervergleich kamen 2021 die meisten Meldungen mit 731 Beobachtungen aus der Steiermark, gefolgt von Nieder- und Oberösterreich. Österreichweit wurde die Gottesanbeterin mit 219 Beobachtungen am häufigsten gemeldet, gefolgt von der Gewöhnlichen Strauchschrecke und dem Grünen Heupferd. Der August war mit 585 Meldungen der TopHeuschrecken-Monat.
FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/KARIN WENDE
Ein besonderer Schmetterlingsfund gelang Rudolf Stuber mit dem Zweibrütigen Würfeldickkopffalter (Pyrgus armoricanus) in Simmering.
Karin Wende fand diese Nasenschrecke (Acrida ungarica) im Seewinkel.
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Der Große Puppenräuber (Calosoma sycophanta) kommt in Österreich nur selten vor und war deshalb ein besonderer Fund im Jahr 2021.
Wanzen: Im Jahr 2021 wurden 1.819 Wanzenbeobachtungen von 153 Melder*innen auf naturbeobachtung.at eingetragen. Die meisten Meldungen kamen aus Niederösterreich, gefolgt von der Steiermark und Oberösterreich. Österreichweit wurde die Feuerwanze mit 115 Beobachtungen am häufigsten gemeldet. Dieses besondere Bild einer Büffelzikade (Stictocephala bisonia) gelang Barbara Klenner auf ihren Streifzügen durch die Natur.
GRAFIK: NATURSCHUTZBUND
Dolchwespen: 2021 wurde die Artenliste der Dolchwespen erweitert. Auslöser dafür war die Meldung einer Gelbstirnigen Dolchwespe, der erst dritte Fund dieser Art auf naturbeobachtung.at seit Bestehen der Plattform. Megascolia maculata, so der wissenschaftliche Name, ist mit bis zu 4,5 cm Körperlänge die größte Wespenart Europas. In Österreich gab es Ende des 19. Jahrhunderts einige Einzelfunde in Wien und Niederösterreich, ebenso wie in den letzten Jahren wieder im Osten Österreichs. Die eigentlich im Mittelmeerraum verbreitete Art könnte sich aufgrund der Klimaerwärmung in den nächsten Jahren in Österreich weiter ausbreiten. Um das zu beobachten, braucht es die Unterstützung der Bevölkerung!
FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/RITA REHRMBACHER
F: NATURBEOBACHTUNG.AT/BARBARA KLENNER
Käfer: Bei den Käfern wurden im letzten Jahr 5.752 Beobachtungen von insgesamt 414 Melder*innen auf naturbeobachtung.at eingetragen. Das sind 728 mehr Meldungen als im Jahr davor. Die meisten Beobachtungen wurden in Niederösterreich gemacht, gefolgt von der Steiermark und Oberösterreich. Österreichweit wurde der Asiatische Marienkäfer mit 207 Beobachtungen am häufigsten gemeldet, gefolgt vom Siebenpunkt-Marienkäfer und dem Trauer-Rosenkäfer.
FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/GERHARD FRIEDBERGER
NATURBEOBACHTUNG.AT
Die Gelbstirnige Dolchwespe (Megascolia maculata ) ist in Österreich sehr selten, zudem dauert ihre Flugzeit nur kurz. Ohne aufmerksame Menschen, die ihre Beobachtungen teilen, ist ihr Vorkommen kaum zu erheben.
Hummeln: Im Jahr 2021 wurden 12.503 Hummelbeobachtungen von insgesamt 282 Melder*innen auf naturbeobachtung.at eingetragen. Das sind 2.087 Meldungen mehr als im Vorjahr! In diesem Jahr konnten 40 der 41 in Österreich vorkommenden Hummelarten beobachtet werden. Österreichweit wurde die ErdhummelGruppe mit 2.332 Beobachtungen am häufigsten gemeldet, gefolgt von Ackerhummel und Gartenhummel. Frühjahrsausgabe | natur&land | 108. JG. – Heft 1-2022
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FOTO: OLIVER GEBHARDT
NATURBEOBACHTUNG.AT
WAS PASSIERT MIT DEN DATEN, DIE AUF NATURBEOBACHTUNG.AT GESAMMELT WERDEN? BEISPIELE
FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/WOLFGANG SCHWEIGHOFER
Rote Liste gefährdeter Arten: „Rote Listen gefährdeter Arten“ werden international, national und in Österreich teilweise auch regional von den Bundesländern erstellt. Diese Fachgutachten dienen Gesetzgebern und Behörden als Grundlage für Arten-, Natur- und Umweltschutzmaßnahmen. In den letzten drei Jahren wurden nun unter Federführung des Ökoteams und im Auftrag der Österreichischen Naturschutzjugend in der Steiermark für etliche Arten die aktuellen Gefährdungsgrade erfasst.
Dabei wurden auch Daten von naturbeobachtung.at als Basis herangezogen. Neben Listen zu Schmetterlingen wurden auch die Gefährdungsgrade von Heuschrecken, Zikaden, Libellen, Käfern und vielen weiteren Gruppen bearbeitet. Erschreckende Erkenntnis: Ca. die Hälfte aller Arten ist gefährdet und mind. 48 Arten sind in der Steiermark bereits ausgestorben. KONTAKT Oliver Gebhardt, office@olivergebhardt.at
Vorkommen und Ökologie der Heidehummel im nordwestlichen Waldviertel: Die Heidehummel (Bombus jonellus) zählt im Norden Europas (Skandinavien und Nordwest-Russland) zu den häufigsten Hummelarten, tritt nach Süden hin aber immer seltener auf. In Österreich findet man sie hauptsächlich in der Montanzone. Da die Heidehummel allerdings bevorzugt entlegene und für Menschen schwer erreichbare Gebiete besiedelt, gibt es nur wenige Informationen über ihre Verbreitung bei uns. Mit Hilfe der Daten der Citizen-Science-Plattform naturbeobachtung.at konnten erste Nachweise dieser Hummel aus den Porst-Mooren des nordwestlichen Waldviertels im Raum Schrems-Gmünd nachgewiesen werden. Aufgrund ihres verbreiteten Auftretens im Waldviertel kann man vorläufig noch von einem gesicherten Bestand in diesem Gebiet ausgehen, sie dürfte aktuell nicht gefährdet sein.
Verbreitungsmuster einer eingeschleppten Wildbiene: Die Asiatische Mörtelbiene (Megachile sculpturalis) ist eine in Ostasien beheimatete Wildbienenart, die sich seit 2008 in Europa ausbreitet. Invasive Arten stellen eine große Bedrohung für die heimische Natur dar, somit ist es wichtig, Informationen über ihre Populationsentwicklung zu sammeln, um negative interspezifische Wechselwirkungen rechtzeitig erkennen zu können. Mit Hilfe von Citizen Science konnten wertvolle Daten zum aktuellen Verbreitungsmuster der Asiatischen Mörtelbiene in Österreich gewonnen werden. KONTAKT Julia Lanner, julia.lanner@hotmail.com
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FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/LUISE LOSERT
KONTAKT Wolfgang Schweighofer, wolfgang.schweighofer@schule.at
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Was Sechsbeiner brauchen HANDLUNGSANLEITUNGEN
AUF DEN PUNKT GEBRACHT
NaturschutzbundForderungen AKTIV WERDEN
Was alle tun können
INHALT + IMPRESSUM
Insekten sind die größte und erfolgreichste Tiergruppe der Welt. Trotzdem sind sie massiv bedroht. Und wir mit ihnen …
INHALT II III IV VI VII VIII IX X XI XII XIII XIV XV
1 Wir drängen viele Ökosysteme über die
Inhalt | Impressum Belastungsgrenze hinaus, was zum Was Sechsbeiner brauchen Aussterben von Insekten führt. | naturschutzbund | - Forderungen für einen 1 Die Ursachen sind Lebensraumverlust, dringend nötigen Bestäuberschutz 2 1 - 2017 Umweltverschmutzung, Invasionen, Verantwortungsvolle Landwirtschaft | Vielfalt beginnt vor der Tür Klimawandel und Raubbau. Öffentliche bunte Vielfalt 1 Wir verlieren damit Biomasse, Vielfalt, Blumenwiese und Schmetterlingsweide einzigartige Geschichte, Funktionen Wasser ist Leben undauf Interaktionsnetzwerke. „Ein gutes Leben für alle Menschen unserer Kein Naturgarten ohne Hecke! schönen Erde!“ Diesem Ziel wollen wir gemein1 DerMachen Rückgang EinJahreshauptversammlung Plädoyer für naturgemäßes regionales Saatsam mit Ihnen näher kommen. Sieder mit!Insekten führt auch zum Verlust wesentlicher unersetzbarer und Pflanzgut „gutes leben“, das erfolgreiche des | naturschutzbund | Salzburg Leistungen für die Menschheit. Mitmach-Projekt des FamilienTrockenmauer verbandes, lädt Familien und Mittwoch, 5. April 2017 Sandbeet: Wildbienen lieben Sand Singles ein, ihren lebensstil 1 zu Maßnahmen zur Rettung von Insektenarten sind Beginn: 18.00 Uhr beleuchten und kleine VerändeEine Burg für flotte Käfer dringend erforderlich, sowohl für die Ökosysteme Ort: Hotel-Bräu IMLAUER (früher: Stiegl Bräu), rungen einzuleiten. Im gesamten Rainerstraße 14 , 5020 Lichtverschmutzung: WoSalzburg sind die Sterne? Jahr 2016 stand das Thema um- als auch für das Überleben der Menschen.
Ein „Gutes Leben“ für ALLE – 2017
Einladung zur
Tagesordnung
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Begrüßung Feststellung der Beschlussfähigkeit Tätigkeitsbericht durch den Geschäftsführer Bericht des Kassiers Bericht der Rechnungsprüfer Antrag auf Entlastung des Vorstandes Neuwahlen von Vorstand, Fachbeirat und Rechnungsprüfern Vorschau auf Tätigkeiten und Arbeitsprogramm Statuten-Änderung Beschlussfassung über den Voranschlag Beschlussfassung über Mitgliedsbeiträge Beschlussfassung über Anträge Allfälliges
welt und Nachhaltigkeit im Mittelpunkt. Mit beginn des Jahres 2017 wurden zusätzliche inhaltliche Schwerpunkte wie Partnerschaft oder Willkommenskultur aufgenommen. Die heurigen akAus: „Warnung an die Menschheit“ tionszeiträume sind: lebendige Partnerschaft / Einfach essen, einer internationalen einfach trinken / Herzlichkeit verschenken / Tief durchatmen / Forschergruppe Pedro Cardoso et al, in: Biological Conservation, Den Sonntag feiern / zeiten der besinnung
Volume 242, February 2020.
Gutes Leben – einfach essen und einfach trinken geht es Ihnen manchmal auch so, dass Sie von der Fülle und Vielfalt der Konsumwelt fast erschlagen werden? Je bewusster Sie genießen, desto weniger brauchen Sie.
„Weisheit und Einfachheit gesellen sich gerne.“ (Russisches Sprichwort)
Kurze Pause Präsentation von Bundesgeschäftsführerin Mag. Birgit Mair-Markart:
Aktionswoche: 3. bis 9. April 2017 Aufgabe: Eine Woche lang bewusst einfach essen und trinken
In dieser Woche laden wir Sie ein, einfache Speisen zu kochen. am Montag oder Dienstag werden die lebensmittel für die ganze restliche Woche eingekauft. zu den Mahlzeiten wird möglichst nur Wasser aus dem Wasserhahn getrunken. als positiver Nebeneffekt dieser aktionswoche werden sich Ihr Haushaltsmüll und wahrscheinlich auch die Einkaufswege reduzieren. Geselliger Ausklang Weitere Details unter: https://www.familie.at/site/salzburg/ angebote/projekte/gutesleben Herausgeber, Eigentümer, Verleger: Redaktionsleitung: ChefR Mag. Dagmar Breschar, | naturschutzbund |, Museumsplatz 2, 5020 Salzburg, T +43 662 642909-13, E-Mail: natur-land@ T +43 662 642909 naturschutzbund.at Der Naturschutzbund wünschtBankverbindung: den Mitgliedern undSparkasse, Freunden Präsidium: Univ.-Prof. i. R. Dr. Roman Türk (Präsident), Salzburger Hildegard Breiner (Vizepräsidentin), Prof. Univ.5020 Salzburg, IBAN AT342040400000018069, Doz. Dr. Johannes Gepp, Univ.-Prof. i. R. Dr. Walter BIC SBGSAT2SXXX Offenlegung gemäßWolfgang § 25 Mediengesetz Hödl (Vizepräsidenten), Maislinger Lektorat: Mag. Johanna Weber, www.lektorat-weber.at Blattlinie:Martina @ktiv für Nebauer-Riha NATUR und UMWELT; Vorstand | Satz, naturschutzbund | Salzburg: Stv. Vorsitzender: (Finanzreferent), (FinanzDTP, Druckvorstufe: Elisabeth Kisters Media Danke für die Mag. Markus LECHNER, Geschäftsführer/Schriftführer: Dr. Hannes AUGUSTIN, Stv. Druck Schriftführerin: Mag. unterstützung: referent-Stv.in), Dr. Friedrich Schwarz (SchriftfühDruck: Salzkammergut Mittermüller, Kassier: MMag. Dr.(SchriftfühJohann NEUMAYER, Stv. Gmunden; Kassierin: Gabriele ESTERER; Redaktionsrer), Prof.Karin Mag.WIDERIN, Hermann Frühstück 4810 gedruckt auf chlorfrei adresse: Museumsplatz 2, 5020 Salzburg; E-Mail: salzburg@naturschutzbund.at rer-Stv.), Univ.-Prof. i. R. Dr. Walter Kofler (Mitglied) gebleichtem, zertifiziertem Papier.
IMPRESSUM
Gemeinsam mehr erreichen – Ausgewählte Projekte des Naturschutzbundes Österreich: Naturbeobachtung, Naturfreikauf, vielfaltleben u. a. m.
Frohe Ostern
Titelbild: Frühlings-Krokus (Crocus vernus subsp. albiflorus) © Roman Türk
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Gedruckt nach der Richtlinie „DruckerzeugGedruckt nach der Richtlinie „Druckerzeugnisse“ nisse“ des Österreichischen Umweltzeichens, des Österreichischen Umweltzeichens, Salzkammergut Druck Mittermüller GesmbH, UW-Nr. 784 Druck & Medienwerk GmbH, UW-Nr. 1193
ISSN: 0028-0607 DVR 0457884
Erscheinungsdatum: März 2022 Der | naturschutzbund | ist Mitglied der Weltnaturschutzorganisation „International Union for Conservation of Nature“
Beilage | natur&land | 108. JG. – Heft 1-2022
INSEKTEN FÖRDERN
In einem insektenfreundlichen Garten gibt es immer ein ausreichendes Blütenangebot
WAS SECHSBEINER BRAUCHEN INSEKTEN BRAUCHEN VIELFALT Sie brauchen Nahrung und sie brauchen Lebensräume, in denen sie ihre Eier ablegen können, wo sich die Larven entwickeln und verpuppen können, wo sie überwintern oder sich zurückziehen können. Die Ansprüche der Arten an ihre Lebensräume sind ganz unterschiedlich – deshalb braucht es ein vielfältiges Angebot. Verschwinden Vielfalt und Strukturen aus unserer Landschaft, verschwinden auch die Insekten. Noch vor einigen Jahrzehnten gab es einen kleinräumigen Biotopverbund aus Brachen, blütenreichen Feldrainen und Wiesen sowie einer artenreichen Unkrautflur. Durch das Zusammenlegen der Felder, den Umbruch der Wiesen und die intensive und großflächige Nutzung in den monoton gewordenen Ackerbau- oder Grünlandgebieten haben sich die Bedingungen für Schmetterlinge, Wildbienen, Käfer usw. dramatisch verschlechtert. Monokulturen haben artenreiche Trockenrasen, Streuund Bergwiesen sowie Sonderstandorte weitgehend verdrängt. Dadurch ist der Siedlungsraum oft Rückzugsort und bietet unter Umständen mehr Überlebensraum für Insekten. Allerdings haben auch hier sterile Beilage | natur&land | 108. JG. – Heft 1-2022
FOTO: PIXABAY
Gärten, abrasierte Rasen, das Setzen nicht heimischer Pflanzen, Saugmäher und Rasenroboter oft verheerende Wirkung. Damit finden Insekten immer weniger Lebensraum, der sie auch ernährt. LEBENSRÄUME HEISST DAS ZAUBERWORT Ein geeigneter Lebensraum enthält: Verstecke für Tag und Nacht, Strukturen zum Schutz vor Feinden, Ausweichmöglichkeiten bei Hitze und Kälte ausreichend Nahrung über die gesamte Vegetationsperiode (März bis November) Strukturen für die Fortpflanzung (Nistmöglichkeiten) und Baumaterial für die Nester Vernetzung mit weiteren geeigneten Lebensräumen in der Umgebung So vielfältig wie die Insekten selber sind auch die Ansätze zu ihrem Schutz und zur Erhaltung ihrer Lebensräume – sowohl in ländlichen als auch städtischen Gebieten. Überall kann man aktiv werden für die bedrohten Sechsbeiner. Besonders wichtig ist, den Gifteinsatz zu vermeiden und wo das nicht sofort möglich ist, zumindest auf das absolute Minimum zu reduzieren.
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INSEKTEN FÖRDERN
RETTET DIE INSEKTEN! | naturschutzbund | - Forderungen für einen dringend nötigen Bestäuberschutz
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en Insekten wird das Überleben seit Jahrzehnten immer schwerer gemacht. Ausgeräumte Landschaften, häufige Mahd und Bodenversiegelung sind nur einige wenige Gründe für den Rückgang dieser Tiergruppe. Inzwischen wird ein massives Insektensterben offensichtlich, das in der Folge dramatische Auswirkungen auf unser aller Leben haben wird. Bestäubende Insekten, die wie alle Insekten von einem massiven Rückgang betroffen sind, sind ein kleiner, aber ökologisch sehr wichtiger Teil der Insektenfauna. Es braucht ein grundlegendes Umdenken und eine neue Wertschätzung für die Natur, um das Verschwinden der Insekten zu stoppen bzw. ihre Situation zu verbessern. Der Naturschutzbund Österreich hat die sechs dringendsten Maßnahmen zusammengefasst, die die Lebensbedingungen von Wildbienen, Schmetterlingen & Co verbessern und ihre wertvollen Leistungen für Mensch und Natur erhalten sollen. Unschätzbar. Unersetzbar. Bestäubende Insekten sind für den Naturhaushalt ebenso relevant wie für die Sicherung unserer Ernährung. 87 der 109 weltweit wichtigsten Kulturpflanzen hängen von tierischer Bestäubung ab. Die Bestäubungsleistung allein in Österreich wird auf jährlich 300 bis 650 Millionen Euro geschätzt. Vor allem Wildbienen haben hier eine Schlüsselrolle, da ihre Bestäubungsleistung und vor allem ihre Bestäubungsqualität durch Honigbienen nicht ersetzt werden kann. Etwa 700 verschiedene Wildbienenarten gibt es in Österreich – noch. Fast die Hälfte davon ist in unterschiedlichem Maße gefährdet. Es fehlt ihnen an Nahrung und Nistmöglichkeiten. Bedrohlich ist vor allem der Rückgang in der intensiv genutzten Fläche, der dazu führt, dass Arten oft nur mehr in fragilen Reliktpopulationen überleben, die allzu leicht infolge von lokalen Schlechtwetterereignissen und genetischer Verarmung aussterben können. Wir müssen dringend handeln! Um die Lebensbedingungen heimischer Insekten zu verbessern, appelliert der Naturschutzbund sowohl an die Bundesregierung als auch an die Landesregierungen und Gemeinden, schnellstmöglich die dafür notwendigen Schritte zu ergreifen. Dafür ist eine enge Zusammenarbeit aller Beteiligten aus Politik, Industrie, Landwirtschaft, Naturschutz, Wissenschaft und Gesellschaft erforderlich. Anstatt gegenseitiger Zuweisung der Verantwortung braucht es intensive Zusammenarbeit, um diesen Kraftakt gemeinsam zu bewältigen. Eine wichtige Rolle kommt dabei auch der Bevölkerung zu. Jeder und jede Einzelne entscheidet mit dem eigenen Konsumverhalten mit, ob wir eine Chance haben, das Insektensterben aufzuhalten.
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INSEKTEN FÖRDERN
Deshalb fordert der Naturschutzbund:
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Artenreiche Lebensräume und solche mit seltenen Arten müssen erhalten, erweitert und miteinander vernetzt werden, sodass Tiere, Pflanzen und Pilze optimale Lebensbedingungen vorfinden.
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Die Strukturvielfalt in der Landschaft muss erhöht werden: Es braucht wieder eine blütenreiche und kleinstrukturierte Kulturlandschaft, in der wertvolle Insektenlebensräume entstehen können.
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Der Einsatz von Pestiziden muss in der Land- und Forstwirtschaft auf ein Minimum reduziert werden. Auf privaten und öffentlichen Flächen muss völlig auf Pestizidanwendung verzichtet werden.
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Die Nährstoffeinträge müssen vermindert und auf sensiblen Flächen völlig vermieden werden. Düngemittel sollen nur dort zum Einsatz kommen, wo sie unbedingt notwendig sind, und nur in Mengen, die die Pflanzen aufnehmen können. Die sensiblen Magerrasen müssen erhalten bzw. durch Aushagerung und vollständigen Verzicht auf Düngung wieder hergestellt werden.
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Natur im Siedlungsraum muss gefördert werden: Strukturreiche Privatgärten und Parks mit heimischen Wildblumen und Kräutern, aber auch Gewerbe- und Industriebrachen sind attraktive Lebensräume für Insekten. Die Lichtverschmutzung muss reduziert werden.
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Wir müssen in Forschung und Bildung investieren! Der Kenntnisstand in der Bevölkerung zur Biodiversität der Insekten ist alarmierend gering und muss dringend erhöht werden. Es braucht ein neues Bewusstsein für den Wert der Insekten und die Vielfalt an sich.
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INSEKTEN FÖRDERN
VERANTWORTUNGSVOLLE LANDWIRTSCHAFT Experten sind sich einig, dass die intensivierte Landwirtschaft mit hohem Pestizideinsatz, blütenarmen Monokulturen und Überdüngung ehemals artenreicher Wiesen eine Schlüsselrolle beim dramatischen Insektenschwund spielt. „Viel weniger Gift, viel mehr Blüten“ ist das Motto einer insektenfreundlichen Landwirtschaft. FOTO: CHRISTINE PÜHRINGER
VIELFALT BEGINNT VOR DER HAUSTÜR STRUKTUREN UND BLÜTENANGEBOT DAS GANZE JAHR HINDURCH Gärten und sogar Terrassen und Balkone sind oft der letzte Rückzugsort für Insekten. Gerade hier kann einiges für Blütenbesucher getan werden. Insekten brauchen ein vielfältiges Nahrungsangebot und auch Rückzugsorte, um sich zu verpuppen oder zu überwintern. Deshalb fühlen sie sich besonders dort wohl, wo „Unordnung“ herrscht. Abgestorbene Pflanzenteile und Laubhaufen, Totholz und Komposthaufen bieten Unterschlupf. Brennnesseln sind Futterpflanzen für viele Insektenarten. Aktiv kann man die Tiere unterstützen, indem man Pflanzen mit ungefüllten Blüten anbaut und darauf achtet, dass möglichst zu allen Jahreszeiten etwas blüht. Gärten mit Rhododendron, Lorbeerkirsche oder Bambus sind nicht attraktiv als Lebensraum für Bienen, Schmetterlinge oder Käfer. In großflächigen Thujenhecken oder Bambus- und Koniferenpflanzungen blüht nichts. Und auch von Rasenflächen profitieren Insekten kaum: Bevor es zwischen dem Gras blüht, ist es längst gemäht. Noch vor einigen Jahrzehnten gab es einen kleinräumigen Biotopverbund aus Brachen, blütenreichen Feldrainen und Wiesen sowie einer artenreichen Unkrautflur. FOTO: THOMAS ENGLEDER
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WORAUF BIENEN FLIEGEN: Bäume & Sträucher: alle Weidenarten, heimische Ahorne, Obstgehölze, Johannis-, Stachel-, Him- und Brombeeren, Wildrosen ... Mehrjährige krautige Wildpflanzen: Gefleckte Taubnessel und Gemeiner Hornklee, Esparsette, Zaun- und Vogelwicke, Wiesensalbei, Kriechender Günsel, Witwenblumen, Skabiosen, Glocken- und Flockenblumen, Zaunrübe, Natternkopf, Thymian, Fetthennen, Hauswurz ... Ein- und zweijährige Pflanzen und Gartenkräuter: Reseda, verschiedene Distelarten, Nachtviole, Silberblatt, Muskatellersalbei, Kornblume, Klatschmohn, Gartenzwiebel, Schnittlauch, Wegwarte und alle Gartenkräuter
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INSEKTEN FÖRDERN
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ie industrielle Landwirtschaft mit ihren immer größeren Feldern, Pestiziden und monotonen Landschaftsstrukturen stellt eine der größten Bedrohungen für Insekten dar. Um die Artenvielfalt insgesamt und die Insektenvielfalt im Besonderen zu erhalten und zu bewahren, braucht es eine Ökologisierung der Landwirtschaft und eine Sicherung der Lebensräume. Dabei kommt der EU-Agrarpolitik eine entscheidende Rolle zu. Ein vollständiger Verzicht auf Gift ist dabei die wichtigste Voraussetzung. Dass und wie das gehen kann, zeigt der Biolandbau, und auch immer mehr konventionell produzierende Betriebe sind bereit für Veränderung. Aber auch im Betriebsalltag gibt es für Landwirte viele Möglichkeiten, Insekten zu fördern.
DAS KÖNNEN LANDWIRTE FÜR INSEKTEN TUN: Auf Pestizide verzichten Abgestufte Grünlandnutzung und abgestufte Wiesendüngung Gliederung der Feldflur durch Hecken, Raine und (mehrjährige) Blühstreifen Mischfruchtanbau und Untersaaten Förderung von Ackerwildkräutern durch geringere Ansaatdichten und Ackerrandstreifen ohne mechanische Unkrautregulierung Blühende Zwischenfrüchte und Gründüngung Unbedingter Erhalt der restlichen noch bestehenden artenreichen Wiesen Schonende Mähmethoden: kein Mähaufbereiter und keine Mahd, wenn viele Bienen fliegen; am besten also zeitig in der Früh und am späten Nachmittag
ÖFFENTLICHE BUNTE VIELFALT D
as Blütenmeer am Wegesrand ist in den letzten Jahrzehnten ein seltener Anblick geworden. Und auch auf öffentliche Grünflächen erstreckt sich allzu oft der Ordnungswahn unserer Zeit. Siedlungsgrün wird dadurch unnötigerweise zum lebensfeindlichen Rasen. Doch der Weg zu buntem Leben ist nicht schwer: Wird in Parks, auf Firmengeländen und Grünflächen nicht gedüngt und nur selten gemäht, das Schnittgut entfernt und werden die Flächen dann auch noch mit heimischen
Selbst bei kleineren Landgemeinden machen die Straßenränder in Summe oft mehrere hundert Kilometer aus. Wird hier nur abschnittsweise und naturverträglich gemäht, können Blumen blühen und aussamen. Das hat unschätzbaren Wert für die Insektenwelt. FOTO: CHRISTINE PÜHRINGER Beilage | natur&land | 108. JG. – Heft 1-2022
Wildpflanzen bepflanzt, ist die summende und blühende Vielfalt nicht mehr weit … Öffentliches Grün, Weg- und Straßenränder können insektenfreundlich gestaltet und gepflegt werden. Nicht Häckseln und Schlägeln, sondern Mähen. Und das auch nur so oft wie unbedingt nötig, nicht alles auf einmal, sondern immer nur kleinere Bereiche … INSEKTENFREUNDLICHE GEMEINDEN erhalten die natürlichen Lebensräume bieten ein kontinuierliches artenreiches Angebot an Blühpflanzen verwenden regionale und standortgerechte Pflanzen sowie entsprechendes Saatgut verzichten auf Wechselbepflanzung legen blühende Wildblumenwiesen anstelle von eintönigen, artenarmen Rasenflächen an vermeiden Pestizide bei der Bewirtschaftung ihrer Flächen passen die Pflege von Wiesen, Straßenrändern und Grünflächen an die Bedürfnisse von blütenbesuchenden Insekten an, indem sie: schonendes Schneidmähwerk statt des alles zerfetzenden Schlägelhäckslers verwenden und die Schnitthöhe nicht unter 10 cm einstellen nur ein- bis maximal zweimal, und das abschnittsweise gestaffelt, mähen nicht jeden Feldweg asphaltieren und offene Böden belassen südseitige Stellen nicht mit Gehölzen bepflanzen – hier sollen sich magere Wiesen etablieren
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Perlmuttfalter FOTO: PIXABAY
BLUMENWIESE UND SCHMETTERLINGSWEIDE E
ine Blumenwiese ist mit ihrer bunten Vielfalt das Gegenteil des Einheitsrasens. Selbst eine kleine Gartenwiese kann aus 50 verschiedenen Pflanzenarten oder mehr bestehen. Damit sich auf ihr Schmetterlinge, Bienen, Käfer & Co. wohlfühlen, gilt es Vielfalt zuzulassen und zu fördern, das lässt sich auch auf relativ kleiner Fläche umsetzen.
Wer keine Fläche zur Verfügung hat, kann Nahrungspflanzen für Insekten auch in Kübeln und Kästen kultivieren. Je größer die Pflanzgefäße sind, desto weniger muss gegossen werden. FOTO: ANDREAS ANTRANIAS ZIMMER
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Blumenwiese säen Je größer eine Blumenwiese ist, desto besser, vier Quadratmeter sollten es aber mindestens sein. Bevor man aussäen kann, muss man den Boden vorbereiten. Entweder man entfernt den Oberboden und ersetzt ihn durch „neues“ Material. Oder – was weniger arbeitsintensiv ist – man befreit die Fläche von Bewuchs und lockert das Erdreich anschließend mit Mistgabeln (das ist regenwurmfreundlicher als mit dem Spaten). Darauf werden gebietsheimische Samen ausgebracht. Sie unterstützen die heimische Artenvielfalt und die Anpassungsfähigkeit der Pflanzen an lokale Gegebenheiten. Alternativ können die Samen von Wildkräutern und -gräsern von Wegrändern und Wiesen in der Umgebung selbst gesammelt werden. Solche Blumenwiesen benötigen relativ wenig Pflege und gar keinen Dünger. Eine Magerwiese muss nur einmal pro Jahr gemäht werden, nährstoffreiche Flächen zweimal. Die erste Mahd sollte nicht vor Juli stattfinden, damit Samen reifen können. Beilage | natur&land | 108. JG. – Heft 1-2022
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Schmetterlingsspirale und Schmetterlingsweide Will man Schmetterlinge fördern, muss man noch mehr beachten: Sie zu unterstützen, ist vielleicht eine der schwierigsten Disziplinen im Insektenschutz. Denn Falter und Raupe haben ganz unterschiedliche Bedürfnisse. Während sich Schmetterlinge ausschließlich von Nektar und Obstsaft ernähren, haben es die Raupen auf Blätter, Wurzeln und Triebe heimischer Pflanzen abgesehen. Dabei suchen die meisten Falter viele verschiedene Blüten auf. Die Raupen hingegen ernähren sich häufig von einer einzigen Pflanzenart. Eine Schmetterlingsspirale kann auf kleinem Raum diese Bedürfnisse erfüllen, drei Meter im Durchmesser sollte sie aber jedenfalls haben. Wer dafür zu wenig Platz hat, der kann mit der gezielten Pflanzung von Schmetterlingsweiden und Raupenfutterpflanzen einen Beitrag zum Schutz der farbenprächtigen Falter leisten. Die einfachste Kombination besteht aus Brennnesseln und Sommerflieder (Buddleja): Brennnesseln sind Futterpflanzen für rund 50 Raupenarten. Der duftende Sommerflieder ist trotz seiner exotischen Herkunft eine begehrte Nektarquelle für Falter, als Raupenfutterpflanze ist er hingegen völlig wertlos. Damit auch vor und nach der Blütezeit des Sommerflieders Nektarquellen zur Verfügung stehen, sollten weitere Schmetterlingspflanzen in Flugabstand angeboten werden.
Weit oben auf der Liste der beliebtesten Insekten-Pflanzen rangiert die Salweide. Sie bietet schon im zeitigen Frühjahr reichlich Nektar und ist eine bevorzugte Futterpflanze vieler Raupen. 77 verschiedene Kleinschmetterlingsraupen konnten auf ihr nachgewiesen werden! FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/AUGUST FALKNER
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Hat die Tränke einen glatten steilen Rand, helfen ins Wasser gefallenen Insekten Steine oder Holzstückchen beim Ausstieg. FOTO: PIXABAY/ONKEL RAMIREZ
WASSER IST LEBEN D
as Element Wasser spielt eine wichtige Rolle im Leben vieler Insektenarten. Schmetterlinge und Bienen suchen Wasserflächen auf, um zu trinken. Alle heimischen Libellen, Eintags-, Köcher- und Steinfliegen brauchen Gewässer zur Fortpflanzung. Ihre Larven verbringen Jahre unter der Wasseroberfläche, bevor sie an Land krabbeln und sich in Luftlebewesen verwandeln. Andere – wie Wasserwanzen oder Wasserkäfer – leben ständig im Wasser. Auf die Größe des Gewässers kommt es dabei nicht unbedingt an. Auch wassergefüllte Bottiche oder Schalen sind Trinkgelegenheit und zum Teil auch Lebensraum.
Größere Wasserstellen bieten Insekten auch die Möglichkeit zur Eiablage und einen Lebensraum für Larven. FOTO: ROBERT HOFRICHTER
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KEIN NATURGARTEN OHNE HECKE! H
ecken erfüllen wichtige ökologische Ausgleichsfunktionen in der Landschaft und dienen der Vernetzung von Lebensräumen. Sie bilden natürliche Brücken und Trittsteine zwischen räumlich getrennten Biotopen und ermöglichen damit grundlegende ökologische Beziehungen wie Artenaustausch, Artenausbreitung und Wiederbesiedlung. Deshalb sollte eine Hecke in keinem Naturgarten fehlen. Hecken beherbergen viele Nützlinge Hier finden viele Arten von Insekten, Vögeln, Säugetieren, Amphibien und Reptilien Nahrung und Lebensraum. Doch Hecken sind auch eine großartige Rohstoffquelle für Menschen: Sie liefern Brenn- und Bauholz, Beeren, Nüsse, Wildfrüchte, Tee und Heilkräuter. Das Wichtigste beim Anlegen einer Hecke ist die Wahl der Straucharten. In jedem Fall sind heimische und standortgerechte Arten zu verwenden. Eine naturnahe Hecke kann mit Kleinstrukturen wie Asthaufen, Totholz sowie Steinhaufen noch aufgewertet werden. Ein Pflanzplan hilft, die Hecke den Standortbedingungen optimal anzupassen. Hier ist zu beachten, dass ein Baum mehr Platz braucht als ein Strauch. Deshalb sind folgende Mindestabstände einzuhalten: 5–10 Meter zwischen zwei Bäumen, ein Meter zwischen Sträuchern. Eine Hecke braucht Pflege Grundsätzlich kann eine Hecke auf zwei Arten gepflegt werden: Beim „Zurückschneiden“ wird eine Hecke durch Schnitt der äußersten Äste räumlich begrenzt. Beim „Auf den Stock setzen“ wird der ganze Strauch bis auf 5 cm über dem Boden abgeschnitten. Da nicht jede Hecke die gleiche Artenzusammensetzung aufweist, gibt
Insekten bestäuben die blühenden Heckenpflanzen, so gibt es im Herbst viele Früchte. FOTO: INGRID HAGENSTEIN
es keine universelle Methode zur Pflege. Als Grundsatz gilt jedoch, dass raschwüchsige und häufig vorkommende Sträucher selektiv auf den Stock gesetzt werden, seltene und langsam wachsende Arten selektiv gefördert werden sollen. Eine Hecke kann auch abschnittsweise auf der ganzen Breite auf den Stock gesetzt werden. Dabei sollten aber in der Länge mindestens zwei Drittel der Hecke stehen gelassen werden, um den Bewohnern weiterhin Lebensraum zu bieten. Eine optimale Hecke weist eine hohe Arten- und Strukturvielfalt auf. Strauch- und Baumarten verschiedenen Alters bedeuten unterschiedlichste Nischen und Lebensräume für eine Vielzahl von Tierarten. Je strukturreicher eine Hecke gestaltet werden kann, desto mehr Tierarten finden Platz. Markante oder alte höhlenreiche Bäume wie Weiden, Stieleichen, Eschen, Kirschen und andere sollten unbedingt stehen gelassen werden.
Blühende Hecken sind reich gedeckte Tische für zahlreiche Insektenarten. FOTOS: PIXABAY/JGGRZ
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INSEKTEN FÖRDERN
EIN PLÄDOYER FÜR NATURGEMÄSSES REGIONALES SAAT- UND PFLANZGUT N
och vor wenigen Jahrzehnten verwandelten sich unbewachsene Flächen allein aufgrund natürlicher Prozesse in artenreiche Wiesen. In unmittelbarer Nähe gab es genügend Wildpflanzen, deren Samen sich verbreiteten. Heute passiert das nur noch selten, meist bleibt es bei wenigen Gräserarten, die sich ansiedeln, denn die Artenvielfalt unserer Wiesen hat sich stark reduziert. Will man eine bunte Blumenwiese anlegen, muss man Saatgut aktiv auf die Fläche aufbringen. Doch Saatgut ist nicht gleich Saatgut …
Magerwiesen beherbergen viele heimische Wildblumen, hier kann man (maßvoll) Samen ernten. FOTO: KLAUS MICHALEK
Die Samen des Berg-Weidenröschens sind oft zu finden und leicht zu ernten. FOTO: WOLFGANG SCHRUF
Warum regionales Saatgut? Achten Sie unbedingt darauf, dass Sie regionales Saatgut verwenden! Nur damit können Sie sicher sein, dass die Pflanzen an die speziellen Umweltbedingungen vor Ort angepasst sind. Denn eine Pflanze aus Tirol unterscheidet sich von einer aus Niederösterreich, auch wenn sie zur selben Art gehören. Die Unterschiede haben sich über Pflanzengenerationen entwickelt und in den Genen verankert, sodass die Pflanzen bestmöglich mit ihrer lokalen Umwelt zurechtkommen. Wenn Sie Saatgut aus Ihrer Gemeinde oder zumindest aus Ihrer Region verwenden, erhöhen Sie die Chance, dass Ihre Pflanzen gut wachsen. Viele Insekten sind an bestimmte Pflanzen gebunden, so benötigen beispielsweise viele Schmetterlingsarten für ihre Raupen ganz spezielle Futterpflanzen. Damit diese Pflanzen möglichst verlässlich verfügbar sind, sollte man auch im Sinne der Insekten auf regionales Saat- und Pflanzgut zurückgreifen. Doch wie kommt man zu regionalem Saat- und Pflanzgut? Gehen Sie in die Natur hinaus und merken Sie sich, wo interessante und geeignete Pflanzen wachsen! Diese können Sie dann, wenn die Samen reif sind, wieder besuchen und davon einen Teil einsammeln. Ein Papier- oder Stoffsäckchen ist ein gut geeigneter Sammelbehälter. Bitte gehen Sie beim Sammeln maßvoll vor, um den Bestand der Spenderpflanzen nicht zu gefährden, und erkundigen Sie sich über etwaige Schutzbestimmungen. Wem das Selbst-Sammeln zu anstrengend ist oder wer nicht genügend Zeit dazu hat, der kann sich auch nach professionellen Saatgutlieferanten für regionales Saatgut umsehen. Informationen dazu bietet www.rewisa.at. Beilage | natur&land | 108. JG. – Heft 1-2022
INFO Im Internationalen Übereinkommen von Rio de Janeiro zum Schutz der biologischen Vielfalt aus dem Jahr 1992 ist festgehalten, dass auch die innerartliche Vielfalt der Arten zu sichern ist. Vermischt man Pflanzen von unterschiedlicher Herkunft, wird diese Vielfalt bedroht.
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INSEKTEN FÖRDERN
TROCKENMAUER V
iele Insekten sind wärmeliebend und suchen deshalb gerne sonnige Plätze auf. Trockenmauern und Steinhaufen sind darum beliebte Elemente der Kerbtiere. Aber nicht nur diese finden sich dort ein, man trifft auch auf ein enges Miteinander verschiedenster Tierarten. So leben auch Säugetiere wie Mäuse in den Hohlräumen und ebenso das Mauswiesel, das den Mäusen nachstellt. Auch Erdkröten, Spinnen und Schnecken schätzen die Spalten und Ritzen; die immer seltener werdende Zauneidechse findet sich auch dort ein und hält Insekten, Spinnen & Co. im Zaum. In größeren Trockenmauern haben oft auch Vögel einen Unterschlupf zum Brüten. Diese im Tierreich hochbegehrten Elemente sollten sich deshalb wieder öfter in unseren Gärten finden! Trockenmauern zeichnen sich durch ihre unverfugten Spalten zwischen den übereinander geschichteten Steinen aus. In den Zwischenräumen wachsen häufig kleine Pflanzen, die mit den Klimaten an diesen Extrem-Standorten gut umgehen können, sie werden sehr anschaulich oft als Steingarten-Pflanzen bezeichnet. Die enge Verzahnung zwischen groben Steinen, Hohlräumen und Blütenpflanzen ist genau das, was vor allem kleine Insekten wie kleine Wildbienen brauchen, denn ihr Aktionsradius umfasst nur wenige hundert Meter. Deshalb sind sie darauf angewiesen, dass Nahrungs- und Nistplätze nahe beieinander liegen.
Der Rote Steinbrech kommt mit den Bedingungen an einer Trockenmauer gut zurecht und bietet Nahrung für viele Insekten. FOTO: WOLFGANG SCHRUF
Wie baut man eine Trockenmauer? Zuerst geht es darum, ein Fundament zu setzen: Je höher die Mauer werden soll, desto tiefer muss es sein. Ist das Fundament ausgehoben, wird der Boden verdichtet und eine Schicht Schotter aufgebracht. Dann legt man zwei parallele Gesteinsreihen an, wobei die größten und stabilsten Steine außen an der Basis deponiert werden, alle weiteren möglichst passgenau dazwischen. Dennoch sollten genügend freie Ritzen für die Besiedelung durch Tiere und Pflanzen bleiben. Die Steine darüber positioniert man immer versetzt, sodass keine senkrechten Fugen entstehen. Achten Sie darauf, dass die Steine nicht wackeln! Im Notfall muss man einzelne Steine zurechthauen. Einzelne Steine, die tiefer ins Mauerinnere ragen, stabilisieren die Mauer. Freistehende Mauern sollten sich nach oben leicht verjüngen. Zwischen den Steinreihen wird die Mauer schichtweise mit einem Schotter-Sand-Gemisch gefüllt. Achtung: Je höher die Mauer werden soll, desto breiter muss sie auch sein! Wer seine Mauer mit Pflanzen ergänzt, sollte darauf achten, dass die Wurzeln möglichst wenig verbogen werden. Anfangs muss man Pflanzen manchmal noch gießen, sind sie gut angewachsen, ist das nur noch bei extremer Trockenheit notwendig. In den nächsten Jahren braucht man dann nur noch hin und wieder die Standfestigkeit der Mauer zu kontrollieren. Trockenmauer FOTO: MANFRED LUGER
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INSEKTEN FÖRDERN
Mit der Anlage eines Sandbeets kann man viele Insekten unterstützen, die auf offene Bodenstellen zum Nisten angewiesen sind. FOTO: PIXABAY/ALEXEI OTHER
SANDBEET: WILDBIENEN LIEBEN SAND
Sandbienen wie Andrena vaga brauchen offene Bodenstellen FOTO: WOLFGANG SCHRUF
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ussten Sie, dass etwa drei Viertel aller Wildbienen-Arten im Boden nisten? Ihnen hilft man nicht mit Insektenhotels, sie benötigen offene Bodenstellen, eine lückige Grasnarbe oder Böschungen. Auch im Siedlungsraum können Spezialisten wie Erdbienen geeignete Nistplätze finden. Sie nutzen hier unbefestigte Wege, Trampelpfade, Bahn- und Hochwasserdämme. Andere Wildbienen wie die Pelzbienen bauen ihre Niströhren in mit Lehm verfugte Mauern und Steinbrüche. Und auch Grabwespen, Ameisenlöwen und viele andere Insekten profitieren von offenen Bodenstellen in sonniger Lage. Sind solche Stellen nicht oder zu wenig vorhanden, kann man den Tieren aber auch im Garten ein geeignetes Plätzchen schaffen. „Sandkiste“ für Insekten Wer Platz hat, kann an sonniger Stelle ein ganzes Sandbeet anlegen. Ist dort bereits sandiger Boden vorhanden, genügt es, den Bewuchs zu entfernen. Ist der Boden fett und schwer, muss man ihn bis ca. 50 cm Tiefe abtragen. Darin findet zuunterst eine Drainageschicht aus grobem Kies Platz, damit Nässe schnell abfließen kann. Dann füllt man mit ungewaschenem Sand auf. Gewaschener Sand ist zu locker, in ihm würden die Insektengänge zusammenbrechen. Man kann auch alten Sandkistensand verwenden. Nun ist das Sandbeet für Insekten im Prinzip fertig. Man kann es aber noch durch Pflanzenbewuchs außen herum schützen. Einerseits schützen Pflanzen rundherum vor Windverfrachtung. Andererseits kann man bei dichter Bepflanzung mit Brom- und Himbeeren, Disteln etc. auch Haustiere davon abhalten, das Beet als Toilette zu benützen. Darüber hinaus bieten nektar- und pollenspendende Pflanzen in der Nähe des Sandbeetes auch Nahrung für die Insekten. Königskerze, Thymian, Natternkopf u. Ä. sind Bienenfutterpflanzen und verschönern zusätzlich den Standort. Aber auch entlang von Haus- und Gartenmauern oder an der Wand des Gartenschuppens kann man Sandstreifen für Insekten anbieten. Sie sollten vor Feuchtigkeit halbwegs geschützt und ausreichend besonnt sein. Da diese Streifen oft schon länger und bisher unbeachtet bestehen, sollte man vor Eingriffen allerdings überprüfen, ob sich nicht bisher schon Wildbienen hier niedergelassen haben.
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Unversiegelte Wege oder Sandstreifen entlang von Zäunen und Mauern bieten Platz zum Nisten für viele nützliche Insekten. FOTO: PIXABAY/JENNIFER OOSTING
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INSEKTEN FÖRDERN
EINE BURG FÜR FLOTTE KÄFER E
s gibt kaum etwas Lebendigeres als totes Holz! In und von ihm leben Bienen, Wespen, Käfer, Ameisen und viele weitere Insekten. Es bietet aber auch Amphibien, Reptilien, Vögeln und Säugetieren Unterschlupf und ist Lebensraum für viele Pilze, Moose und Flechten. Wer die biologische Vielfalt fördern will, sollte also auch an Totholz denken. Alte Baumstämme, Totholzhecken oder Laubhaufen – mit ihnen kann man viele Insekten in den Garten locken. Deshalb sollte man abgestorbene Bäume und Äste belassen. Wer noch mehr für die Sechsbeiner tun will, kann eine sogenannte Käferburg anlegen. Damit beginnt man am besten im Herbst oder im zeitigen Frühjahr. Bei so einer „Burg“ handelt es sich um eine Ansammlung verschiedener Stämme und Äste, die unterschiedlich stark zersetzt sind. Zunächst entfernt man an einem halbschattigen Platz die oberste Bodenschicht und lockert den Boden darunter. Dann stapelt man die Stämme. Sie werden stehend, liegend oder schräg angeordnet, um möglichst viele verschiedene ökologische Nischen zu schaffen. Idealerweise gräbt man einige größere Stämme senkrecht ein und lässt sie oben herausschauen. Achten Sie bei hoch herausschauenden Stämmen darauf, dass diese gut im Boden verankert sind. Nun wird zwischen den großen Holzstücken mit klein gehäckseltem Holz aufgefüllt und fertig ist die Käferburg! Der Blutrote Scheibenbock (Pyrrhidium sanguineum) legt seine Eier oft unter der Rinde von Eiche, Buche, Obstbäumen, Kastanie und anderen Laubhölzern ab. FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/GERD KUPPER
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Beim Käferburg-Bau sind auch Kinder mit Begeisterung dabei. FOTO: NATURSCHUTZBUND STEIERMARK
Danach heißt es nur noch warten und beobachten. Sind die Stämme zersetzt, können sie durch andere ersetzt werden. Reste der alten Stämme bleiben natürlich liegen! Totholz-Laub-Haufen Wer nicht so viel Platz hat, kann alte Äste auch ganz einfach zu einem Totholzhaufen aufstapeln. Um eine gute Verbindung zum Boden zu schaffen, hebt man am besten zuerst eine flache Grube aus, auf der man die Äste deponiert. Dazwischen können auch größere Holzstücke Platz finden. Auch Laub ist hier willkommen, so bietet der Haufen auch im Winter für viele Tiere einen Unterschlupf: Igel, Spitzmaus oder Amphibien nehmen diese Quartiere gerne an. Haufen aus Totholz und Laub entwickeln sich ständig weiter und sollten auch regelmäßig mit neuem Material versorgt werden. Immerhin zersetzen sich Holz und Laub und die Haufen fallen zusammen. Sie sind der ideale Platz, um regelmäßig anfallende Reste von Baumund Heckenschnitt auch in den Folgejahren zu lagern. Gleichzeitig ist so ein Haufen ein wichtiger Nährstofflieferant für den Garten. Beilage | natur&land | 108. JG. – Heft 1-2022
INSEKTEN FÖRDERN
Wien FOTO: PIXABAY
LICHTVERSCHMUTZUNG
WO SIND DIE STERNE?
Der Mittlere Weinschwärmer (Deilephila elpenor) ist gut an das Kulturland angepasst – man findet ihn auch an Sekundärstandorten wie Friedhöfen, Gärten und Grünanlagen. In diesen Lebensräumen macht ihm aber Lichtverschmutzung zu schaffen. FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/INGE ANGERMAYR
Beilage | natur&land | 108. JG. – Heft 1-2022
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achtaktive Insekten reagieren auf künstliche Lichtquellen extrem empfindlich. Ihnen dienen natürliche Lichtpunkte (Mond, Sterne) als Orientierungshilfe bei Ausbreitungsflügen: Dabei halten sie exakt einen bestimmten Winkel zum Mond oder einem Stern ein. Fixieren sie aber anstelle des weit entfernten Gestirns eine nahe gelegene Lampe, so resultiert daraus eine spiralförmige, zu der Lichtquelle hinführende Flugbahn. Können sie sich nicht aus dem „Attraktionsbereich“ entfernen, verenden die Insekten an heißen Lampen, Erschöpfung oder sind leichte Beute für Spinnen, Fledermäuse oder nachtaktive Vögel. Der „Attraktionsradius“ hängt von Mondzyklus und Wettersituation ab: Bei klarem Wetter und Neumond können Insekten aus einer Distanz von 400 bis 700 m angezogen werden! Der tatsächliche Verlust von Arten und Individuen ist schwer messbar. An groß angestrahlten Fabrikwänden fanden sich aber z. B. an nur einem Abend bis zu 100.000 Tiere. Was tun gegen die zunehmende „Lichtverschmutzung“? Bei Beleuchtungen sollte man auf gezielt gerichtetes Licht achten und möglichst keine Kugelleuchten verwenden. Zudem empfehlen sich Lampen mit Bewegungsmelder anstelle von Dauerlicht am Haus und im Garten. So spart man auch Energie. Gemeinden sollten bei Straßenbeleuchtungen darauf achten, dass die Straßenlampen nicht viel heller als unbedingt notwendig und möglichst wenig zur Seite strahlen. Als Straßenlampen sollten umweltfreundliche Natriumdampflampen verwendet werden: Sie verbrauchen am wenigsten Energie, locken die wenigsten Insekten an und ermöglichen bei Dunst und Nebel kontrastreicheres Sehen.
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Was Sechsbeiner brauchen 6
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HANDLUNGSANLEITUNGEN
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Streifenwanze Federgeistchen Distelfalter Waldameise Sichelschrecke Erdhummel Schwebfliege Prachtlibelle Osterluzeifalter Abendpfauenauge Siebenpunkt-Marienkäfer Hirschkäfer Ligusterschwärmer-Raupe Holzbiene Florfliege Soldatenkäfer Wespenbock Apollofalter
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FOTO: OTHMAR ORTNER
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MIT UNS WERDEN SIE INSEKTENKENNER*IN!
Insekten gehören zu unserem alltäglichen Leben und spielen nicht nur als Bestäuber eine wichtige Rolle im Ökosystem. Trotzdem tun viele Menschen die Tiere als „lästiges Insekt“ ab, die meisten wissen einfach zu wenig über sie. Mit der Initiative „Erlebnis Insektenwelt“ möchte der Naturschutzbund deshalb das Wissen über die Kerbtiere fördern und ein neues Bewusstsein für sie schaffen.
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ie Insekten begleiten uns durch das ganze Projektjahr 2022. So wurde ein Insektenkalender für 2022 erstellt und zu Beginn des Jahres an fleißige naturbeobachtung.at-Melder*innen verschenkt. Zusätzlich gibt es von Jänner bis Dezember die Reihe „Insekt des Monats“. Damit wird jeden Monat auf ein anderes Insekt und seine Besonderheiten aufmerksam gemacht.
Wie werde ich Insektenkenner*in? Der Einstieg ins Reich der Insektenkenner*innen gelingt über das Projekt ganz leicht: In allen Bundesländern gibt es ein abwechslungsreiches Veranstaltungsprogramm, bei dem Expert*innen die Sechsbeiner in ihrem Lebensraum vorstellen. Auch Online-Veranstaltungen werden angeboten, so kann wirklich jede*r mitmachen. Für diejenigen, die sich zu Hause noch intensiver mit den Kerbtieren beschäftigen wollen, bietet die Projekt-Website umfangreiche Möglichkeiten. So werden sechs ausgewählte Artgruppen im Rahmen des Projekts detailliert vorgestellt: Hier im Heft kann man sich davon schon einen Eindruck verschaffen, noch mehr zu diesen Artgruppen gibt´s auf www.insektenkenner.at. Mit einem Online-Quiz kann man in verschiedenen Schwierigkeitsstufen sein Wissen unter Beweis stellen. Hilfreich ist darüber hinaus auch der Bestimmungsservice auf naturbeobachtung.at: Dafür lädt man einfach Fotos der beobachteten Insekten auf die Online-Plattform und gibt den vermuteten Namen dazu ein. Expert*innen kontrollieren dann die Bestimmung und man erhält eine Rückmeldung. Im User-Forum der Plattform kann man sich mit anderen Interessierten auch über seine Beobachtungen austauschen. Einen besonderen Anreiz zur intensiveren Beschäftigung mit Schmetterling, Käfer & Co bietet die Möglichkeit, ein Zertifikat als Insektenkenner*in zu erlangen. Dafür nimmt man am Insektenkenner-Programm teil. Das Zertifikat wird in Bronze, Silber und Gold verliehen, je nach Kategorie ist die Teilnahme an InsektenkennerVeranstaltungen und dem Quiz sowie die Abgabe von Insektenmeldungen auf naturbeobachtung.at Voraussetzung.
Apollofalter (Parnassius apollo) FOTO: OTHMAR ORTNER
Gemeine Feuerwanzen (Pyrrhocoris apterus) FOTO: PIXABAY/JERZY GORECKI
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Die schwarze Seitenbinde der Flügellosen Knarrschrecke (Micropodisma salamandra) ist beim Weibchen oft weniger deutlich ausgeprägt als beim Männchen. FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/MICHAEL HOLZER
Charakteristisch für Heuschrecken sind die kräftigen Hinterbeine, die als starke Sprungbeine ausgebildet sind, sowie ihre Fähigkeit, Lautäußerungen zu produzieren, das sogenannte „Stridulieren“. Unter den heimischen Insekten können sonst nur Zikaden zur Partnerfindung „singen“. Weltweit sind mehr als 20.000 HeuschreckenArten bekannt, von denen 140 in Österreich vorkommen. Die Säbeldornschrecke (Tetrix subulata) zählt deutlich erkennbar zu den Kurzfühlerschrecken. FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/BARBARA BAACH
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HEUSCHRECKEN In Österreich besiedeln Heuschrecken viele Lebensräume. Sie kommen von den Tallagen bis in die alpinen Gebirgslebensräume und von den Moorlandschaften bis in die Steppengebiete vor, wobei im Osten und Süden die Artenvielfalt besonders groß ist. Bei den Heuschrecken unterscheidet man Langfühler- und Kurzfühlerschrecken. KÖRPERBAU Am Kopf der Heuschrecken sitzen zwei große Facettenaugen sowie drei unauffällige punktförmige Einzelaugen, zudem die Fühler und die kräftigen, nach unten gerichteten Mundwerkzeuge. Letztere sind kräftige Beißwerkzeuge, mit denen Heuschrecken ihre Nahrung zerkleinern. Der Thorax wird durch den sehr auffälligen Halsschild geschützt. Hier sitzen die drei Beinpaare – die Hinterbeine sind als charakteristische Sprungbeine ausgebildet. An der Thorax-Oberseite befinden sich die beiden Flügelpaare, wobei das vordere Paar als Deckflügel die Hinterflügel schützt. Manche Arten haben nur kurze Flügelstummel, während andere langgeflügelt sind und deshalb sehr gut fliegen können. In Ruhestellung werden die Flügel flach an den Hinterleib angelegt. Das Abdomen besteht aus vielen Segmenten, die mit teils sehr artcharakteristischen Fortsätzen abschließen. Diese gehören zu den äußeren Geschlechtsorganen der Heuschrecken und ermöglichen es, Weibchen und Männchen leicht zu unterscheiden. Bei den Langfühlerschrecken haben die Weibchen einen meist recht auffälligen Legebohrer zur Eiablage, der je nach Artgruppe sehr unterschiedlich geformt sein kann. Bei den Kurzfühlerschrecken sieht dieser Legeapparat hingegen bei allen Arten recht ähnlich wie ein kleiner Vogelschnabel aus. Heuschrecken passen sich mit ihrer Färbung meist gut an ihren Lebensraum an und sind deshalb als Frühjahrsausgabe | natur&land | 108. JG. – Heft 1-2022
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grüne Hüpfer in der Wiese oder in brauner Tarnfärbung auf dem nackten Boden oft schwierig zu entdecken. Manche haben aber auch auffällige Schreck- bzw. Lockfarben, wie etwa knallrote Hinterflügel. Die Färbung allein ist aber meist kein zuverlässiges Bestimmungsmerkmal, da viele Arten sehr variabel gefärbt sein können. LAUTÄUSSERUNGEN Heuschrecken können auf verschiedene Weise Laute erzeugen. Die Tiere können mit ihren Mundwerkzeugen knirschen, mit den Beinen trommeln oder die Deckflügel aneinander oder gegen die Hinterbeine reiben. Letzteres ist am verbreitetsten und wird „Stridulieren“ genannt. Mit diesem „Gesang“ werden Paarungspartner angelockt und umworben. Die Töne sind von Art zu Art verschieden und können zur sicheren Bestimmung der Heuschrecken herangezogen werden. Um die Richtung, aus der die Geräusche kommen, wahrnehmen zu können, haben Heuschrecken paarig angelegte Gehörorgane (Tympanalorgane). Diese befinden sich bei den Kurzfühlerschrecken seitlich am ersten Hinterleibssegment, bei den Langfühlerschrecken an den Vorderbeinen. ENTWICKLUNG Nach einem manchmal recht aufwändigen Balzritual wird bei der Kopulation ein Spermienpaket übertragen. Nach der Paarung legen die Weibchen bis zu 600 Eier (meist jedoch deutlich weniger) in den Boden ab oder deponieren sie an oder in verschiedenen Pflanzenteilen wie Stängeln, Blättern oder Rinde. Während die meisten anderen Heuschreckenarten erst ab dem Hochsommer zu hören sind, ertönt der Gesang der Feldgrillen (Gryllus campestris) bereits im Mai. FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/BARBARA BAACH
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Heuschrecken machen eine hemimetabole (unvollständige) Metamorphose durch, die Nymphen (Larven) sehen dem adulten Tier bereits recht ähnlich. Es gibt meist fünf bis sechs Larvenstadien, dazwischen liegt jeweils eine Häutung. Geschlechtsreif sowie flug- und gesangsfähig sind nur die ausgewachsenen Tiere. Fast alle Heuschrecken leben nur eine Saison lang und überwintern als Ei. Nur wenige Arten können als Nymphe oder gar als erwachsenes Tier den Winter überstehen. LANGFÜHLERSCHRECKEN Die Fühler der Langfühlerschrecken sind länger als ihr Körper, auch die Hinterbeine sind oft auffallend lang. Bei vielen Arten sind die Gesänge hochfrequent und für unsere Ohren kaum zu hören. Sie ernähren sich je nach Art rein vegetarisch oder nehmen auch tierische Kost zu sich. Viele Arten sind nachts und in der Dämmerung aktiv – die nächtliche Gesangskulisse wird fast nur von Langfühlerschrecken gebildet. In Österreich findet man 64 Arten, zu denen z. B. neben den Heupferden und Beißschrecken auch die Grillen zählen. KURZFÜHLERSCHRECKEN Die Fühler der Kurzfühlerschrecken sind immer deutlich kürzer als ihr Körper. Sie haben weniger und dickere Fühlerglieder und den Weibchen fehlen die auffälligen Legebohrer der Langfühlerschrecken. Kurzfühlerschrecken sind hauptsächlich tagaktiv und ernähren sich fast ausschließlich von Pflanzen. In Österreich findet man 76 Arten, die meisten gehören zu den Feldheuschrecken, wie der Gemeine Grashüpfer oder die Rote Keulenschrecke. Das Zwitscher-Heupferd (Tettigonia cantans) ist eine der größten in Mitteleuropa vorkommenden Heuschrecken und beeindruckt mit besonderer Fühlerlänge. FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/MARTIN STRASSER
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Schmetterlinge werden in Tagund Nachtfalter unterteilt. Diese Zuordnung bezieht sich auf verschiedene körperliche Merkmale und ist nicht, wie die Bezeichnung vermuten lässt, von ihrer Aktivitätszeit abhängig. Die Fühler der Tagfalter sind am Ende meist verdickt, jene der Nachtfalter sind bei den Weibchen meist fadenförmig und bei den Männchen oft gefächert. Der Körper von Tagfaltern ist länger und dünner als jener der Nachtfalter. Auch im Ruheverhalten unterscheiden sich die beiden Gruppen: Tagfalter sitzen meist mit geschlossenen Flügeln, wohingegen Nachtfalter mit ausgebreiteten Flügeln ruhen. Ihnen ist es anatomisch gar nicht möglich, die Flügel über dem Körper zusammenzuklappen.
SCHMETTERLINGE BESCHREIBUNG Am Kopf der Schmetterlinge sitzen die beiden Fühler und die Augen. Die meisten Schmetterlinge besitzen einen Saugrüssel, der in Ruhestellung spiralförmig eingerollt ist und meist zur Aufnahme von Nektar dient. Manche Falter laben sich aber auch gerne an Honigtau oder faulendem Obst. Die Antennen werden zum Riechen, in seltenen Fällen auch als Tastorgan, zum Schmecken oder als Temperaturfühler genutzt. Die Männchen mancher Arten können dadurch die Pheromone (Sexuallockstoffe) eines bis zu 10 km entfernten Weibchens wahrnehmen. Am Thorax sitzen die Flügel und die Beine. Vorder- und Hinterflügel sind über borsten- oder lappenartige Verbindungen verknüpft, um einen synchronen Flügelschlag zu gewährleisten. Die Flügel sind auf der Ober- wie auch der Unterseite mit dachziegelartig angelegten Schuppen bedeckt. ENTWICKLUNG Schmetterlinge durchlaufen eine vollständige Metamorphose und entwickeln sich über Ei, Raupe und Puppe zu ihrer adulten Form, dem Schmetterling. Die Eier sind in Größe, Farbe, Oberfläche und Form so FOTO: WOLFGANG SCHRUF
Die in den Flügelschuppen eingelagerten Pigmente ergeben gemeinsam mit Lichtbrechungseffekten die arttypischen Farben und Muster der Schmetterlinge. (Hier: Osterluzeifalter (Zerynthia polyxena))
FOTO: WOLFGANG SCHRUF
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Paarungsanbahnung beim Kaisermantel (Argynnis paphia)
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Viele Nachtfalter-Arten wie die Bärenspinner können die Ultraschalllaute der Fledermäuse wahrnehmen und ihnen so entkommen. Einige haben sogar eine Art „Störsender“ entwickelt, um die Fledermäuse zu verwirren. (Hier: Dottergelbes Flechtenbärchen (Eilema sororcula)) FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/INGE ENDEL
Die vier sogenannten Bauchbeine am Abdomen sind keine Beine im eigentlichen Sinn, da sie ungegliedert und nicht sklerotisiert (verhärtet) sind. (Hier: Raupe des Kiefernschwärmers (Sphinx pinastri)) FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/ERIKA KRAFT
unterschiedlich wie die Falter. Sie werden meist gezielt an wichtigen Futterpflanzen der Raupen abgelegt. Aus dem Ei schlüpft die Raupe, deren wesentliche Aufgabe das Fressen ist. Sie besitzt kräftige beißend-kauende Mundwerkzeuge, Fühler und Augen sind nur reduziert vorhanden. Der Rumpf besteht aus gleichmäßig aneinandergereihten Segmenten. Die ersten drei bilden den Thorax und verfügen über jeweils ein Beinpaar. Die folgenden Segmente bilden das Abdomen, an dem sich in der Regel vier zusätzliche Gliedmaßen befinden. Das vierte und fünfte Segment des Hinterleibs ist im Gegensatz zu den sehr ähnlichen Larven der Blattwespen beinlos (diese besitzen nur ein beinfreies Segment). Am vorletzten Hinterleibssegment findet sich noch ein letztes Bauchbeinpaar, das „Nachschieber“ genannt wird. Es gibt jedoch Abweichungen von der klassischen Raupenform: So verfügen die Raupen aus der Familie der Spanner nur über ein Bauchbeinpaar. Um wachsen zu können, häuten sich die Raupen während ihrer Entwicklung mehrfach, bis sie sich am Ende des Raupenstadiums verpuppen. Die Puppen der Tagfalter sind als Gürtel- und Stürzpuppen an Ästen, Halmen oder Stängeln befestigt. Die Raupen der übrigen Schmetterlingsfamilien verpuppen sich entweder frei im Boden oder spinnen einen Kokon aus Seide, der sie vor ungebetenen Eindringlingen schützt und in oder auf der Erde oder an Bäumen positioniert wird. Im Puppenstadium findet ein vollständiger Umbau des Tieres statt, dies kann wenige Tage bis mehrere Jahre dauern. Für das Schlüpfen muss der Schmetterling viel Kraft aufwenden, danach muss er seine Flügel durch das Einpumpen von Körperflüssigkeiten erst in Form bringen und dann aushärten lassen. Damit er flugfähig Frühjahrsausgabe | natur&land | 108. JG. – Heft 1-2022
wird, darf dieser Vorgang nicht unterbrochen werden, da es sonst zu Missbildungen kommen kann. Das Leben als Schmetterling ist die letzte Phase im Falterleben, das Tier wächst nun nicht mehr. Nahrung wird nur noch aufgenommen, um den täglichen Energiebedarf zu decken. Manche Arten, wie das Wiener Nachtpfauenauge, nehmen als Falter gar keine Nahrung mehr auf, da sie nur wenige Tage leben. Andere Arten, wie der Zitronenfalter, können im Schmetterlingsstadium hingegen fast ein ganzes Jahr alt werden. Das Falterstadium dient der Fortpflanzung. Je nach Art werden von den Männchen Reviere abgesteckt und auch verteidigt. Um Weibchen zu umgarnen, werden zum Teil aufwändige Balzrituale durchgeführt. Bei vielen Nachtfalterarten verströmen die Weibchen Pheromone, um Männchen auch aus größerer Entfernung anzulocken. NATÜRLICHE FEINDE Schmetterlinge und ihre Raupen werden vor allem von Vögeln und Fledermäusen gefressen. Auch bei Spinnen stehen sie oft auf dem Speiseplan. Hinzu kommen zahlreiche Parasiten und Parasitoide, wie Schlupf-, Erz-, Brack- und Wegwespen, die auf Schmetterlinge als Nahrung für ihre Nachkommen spezialisiert sind. Um ihren Fressfeinden zu entkommen, haben Schmetterlinge verschiedene Strategien entwickelt. So sind viele Arten gut an ihren Untergrund angepasst und von diesem optisch kaum zu unterscheiden. Andere setzen auf giftige Substanzen: Die Raupen fressen an giftigen Futterpflanzen, lagern das Gift in ihrem Körper ein und werden somit selbst giftig, dies wird durch auffällige Warnfarben angezeigt. Oft ist das Gift sogar im Falter noch vorhanden.
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Der Alpenbock (Rosalia alpina) beeindruckt durch seine blaue Farbe und die langen Fühler.
KÄFER
K Besondere Brutpflege betreibt der Schwarzhörnige Totengräber (Necrophorus vespilloides): Er vergräbt kleine Kadaver, die mit Darmsekret der Weibchen vorverdaut werden. Beide Elternteile füttern die Nachkommen direkt nach dem Schlüpfen und verteidigen die Brut sogar gegen Feinde. FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/HERMANN FLEISCHANDERL
Sandlaufkäfer sind die Schnellsten: Sie legen bis zu 58 Mal die Länge ihres Körpers zurück – pro Sekunde! (Hier: FeldSandlaufkäfer (Cicindela campestris)) FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/FLORIAN MAYR
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äfer bilden mit über 350.000 beschriebenen Arten die größte Ordnung der Insekten. An den Käfern zeigt sich die große Vielfalt der Natur: Ihre Körperformen reichen von flach bis zu kugelig, von winzig klein bis zu beeindruckend groß. Ihre Oberfläche kann glatt und glänzend oder auch behaart sein. Und auch das Farbspektrum wird von Käfern voll genutzt: Von unscheinbar gefärbt bis bunt schillernd mit Muster ist alles dabei! Allen gemeinsam ist der dreiteilige Körperaufbau in Kopf, Brust und Hinterleib. Die Teile sind allerdings nicht so augenscheinlich wie bei anderen Insektenordnungen. Bei Käfern ist das erste Segment der Brust hinter dem Kopf sichtbar und das zweite und dritte Brustsegment bilden eine Einheit mit dem Hinterleib. Dieser wird von den Deckflügeln – dem vorderen Flügelpaar – verdeckt. Darunterliegend befindet sich das hintere häutige Flügelpaar. Auch auf der Bauchseite ragen die Brustsegmente über die Hinterleibssegmente und bilden von unten gesehen ebenfalls eine Einheit. Auch das Abdomen von Käfern besteht aus mehreren Segmenten, die Anzahl ist artabhängig. Der Hinterleib ist bei den meisten Käferarten im Gegensatz zu vielen anderen Insektenarten wenig beweglich. Am Kopf befinden sich die Facettenaugen, die Fühler und Mundwerkzeuge. Bei dämmerungs- und nachtaktiven Arten findet man neben den Facettenaugen zusätzlich die Superpositionsaugen, die bei geringer Lichtintensität das Sehen ermöglichen, indem sie die wahrgenommene Helligkeit erhöhen. Eine Sonderform gibt es beim Taumelkäfer: Während der obere Teil seiner Augen über Wasser sieht, kann er gleichzeitig mit dem unteren Teil seiner Augen unter Wasser sehen. Zur Orientierung können Käfer mit ihren Fühlern riechen und tasten. Ob kurz, lang, gefächert, verdickt oder abgewinkelt – auch Fühlerformen gibt es viele verschiedene. Die Mundwerkzeuge sind als beißend-kauende Werkzeuge ausgebildet. Damit können die Tiere ihre Nahrung abschneiden, zerkleinern und – im Fall von räuberisch lebenden Arten – die Beute packen und festhalten. Bei manchen Arten wie dem Hirschkäfer sind die Mundwerkzeuge stark vergrößert und nicht mehr zur Nahrungsaufnahme geeignet. Beim Hirschkäfer sind sie zu Waffen umgebildet. Frühjahrsausgabe | natur&land | 108. JG. – Heft 1-2022
ENTWICKLUNG UND LEBENSWEISE Käfer entwickeln sich vom Ei über das Larven- und Puppenstadium bis hin zur Imago, dem ausgewachsenen Tier. Eine Besonderheit bei vielen Käferarten ist die Verpuppung in Form einer freien Puppe, bei der die Extremitäten wie Fühler, Beine und Flügel abstehend und gut erkennbar sind. Käferpaare finden sich meist durch Duftstoffe (Pheromone), die die Weibchen verströmen und damit die Männchen anlocken. Eine andere Taktik bei der Partnersuche verfolgen die Prachtkäfer: Sie setzen sich auf gelbe Blüten, da sie dort sehr wahrscheinlich einen Partner antreffen. Weil diese Käfer schlecht sehen, kommt es vor allem bei dieser Taktik zu Fehlpaarungen mit anderen Käferarten. Männchen kämpfen eher um Balzplätze und geeignete Eiablageplätze als um Weibchen. Bei der Paarung klammert sich das männliche Tier an das weibliche und begattet es. Obwohl eine einzige Paarung für eine Befruchtung ausreicht, paaren sich einige Käferarten bis zu 20 Mal. Die Brutfürsorge gestaltet sich bei Käfern sehr unterschiedlich: Manche legen die Eier auf oder in der Nahrung ab und kümmern sich nicht weiter um ihren Nachwuchs. Andere legen eigene Bauten mit „Vorratskammern“ an oder tragen die Eier bis zum Schlupf der Larven mit sich herum. Nachdem die Larve geschlüpft ist, verbringt sie den Großteil der Zeit damit, zu fressen und zu wachsen. Die Dauer des Larvenstadiums hängt von der jeweiligen Art ab. Während sich Larven, deren Nahrung aus Aas besteht, sehr rasch entwickeln, können Larven, die sich von Holz ernähren, bis zu 15 Jahre brauchen. Um sich in einen ausgewachsenen Käfer zu verwandeln, verpuppt sich die Larve. Viele Käfer überwintern im Puppenstadium und schlüpfen im Frühjahr. Dank Frühjahrsausgabe | natur&land | 108. JG. – Heft 1-2022
Käfer besitzen zwei Paar Flügel, wobei das vordere Flügelpaar hart ausgebildet ist und zum Schutz des Körpers und der Hinterflügel dient. Werden Lilienhähnchen (Lilioceris lilii) gestört, geben sie deutlich hörbare Zirplaute von sich. FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/ ANDREA ZISTLER
FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/JUDITH SCHMIDT
FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/BARBARA BAACH
Die Körperformen lassen Rückschlüsse auf den Lebensraum der jeweiligen Art zu: Käfer, die unter der Rinde von Bäumen leben, sind flach, wohingegen Tiere, die im Wasser leben, stromlinienförmig gebaut sind.
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unterschiedlicher Anpassungen und Verhaltensweisen können sie aber auch als adulte Käfer überwintern. Marienkäfer sammeln sich zu Gruppen von mehreren Millionen, Wasserkäfer hingegen haben eine Art körpereigenes Frostschutzmittel entwickelt und überstehen so mehrere Monate im Eis. FEINDE UND TARNUNG Zu den Fressfeinden der Käfer zählen neben Vögeln und Fledermäusen auch Maulwürfe und Igel. Um sich zu schützen, haben die Käfer verschiedene Strategien entwickelt. Viele setzen auf Tarnung und Anpassung an den Untergrund oder warnen mit auffälligen Farben vor ihrem Gift. Andere stellen sich tot. Zur aktiven Abwehr wird auch oft mit den Mundwerkzeugen gebissen und gezwickt oder es werden Verdauungssäfte verspritzt. Besonders spektakulär agiert der Bombardierkäfer, der eine explosive Gasmischung aus seinem Hinterleib schießt, um Angreifer abzuwehren.
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FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/JOHANNA STEINBERGER
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Die Große Taubnessel wird vor allem von Hummeln bestäubt, weil nur diese die dafür notwendige Rüssellänge besitzen.
Hummeln zählen zu den Wildbienen und sind staatenbildende Insekten. Ein Hummelvolk zählt zwischen 50 und 600 Tiere und besteht aus einer Königin, mehreren Arbeiterinnen und zum Ende des Nestzyklus aus mehreren bis vielen Jungköniginnen und Drohnen. Ein Volk überlebt nur einen Sommer, es überwintern nur die begatteten Jungköniginnen, die im Folgejahr ein neues Volk aufbauen. Hummelköniginnen sind bereits zeitig im Frühjahr ab einer Außentemperatur von ca. 2 °C aktiv und legen ein neues Nest an. Da die Hummeln bereits bei so niedrigen Temperaturen fliegen können, spielen sie eine bedeutende Rolle für die Bestäubung im Frühling sowie im Gebirge. Darüber hinaus zeichnen sich viele Hummelarten durch einen langen Rüssel aus, durch den sie den Nektar aus Pflanzen mit langer Blumenkronröhre aufnehmen können. Insgesamt sind mehrere hundert Wild- und Nutzpflanzen von Hummelbestäubung abhängig. In Europa kommen ca. 70 Hummelarten vor, 42 davon findet man in Österreich.
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HUMMELN KÖRPERBAU Der Körper der Hummeln ist mit vielen Haaren gut vor Kälte geschützt. Durch den Pelz bleiben beim Sammeln Blütenpollen besonders gut haften, Hummeln spielen deshalb eine wesentliche Rolle bei der Bestäubung von Blüten. Sehr auffällig sind die Streifen, anhand derer die Hummel leicht als solche identifizierbar ist. Die Artunterscheidung ist allerdings nicht so einfach, denn die farbenprächtigen Bienen variieren stark und manche Arten teilen das gleiche Farbmuster. Hummelköniginnen werden 15 bis 23 mm lang, Arbeiterinnen und Drohnen bleiben mit 8 bis 21 mm deutlich kleiner. Die Tiere besitzen wie alle Bienen einen zusammenklappbaren Rüssel zur Nahrungsaufnahme. KÖRBCHENSAMMLER UND BIENENBROT Die Königinnen besuchen nach dem Erwachen aus der Winterstarre Frühjahrsblüten, vor allem Weidenkätzchen, um Energie zu tanken. Dann beginnen sie mit der Suche nach einem geeigneten Nest. Die Nestformen sind sehr vielfältig und von der Art abhängig: So kann ein Hummelnest in einem Mäusenest, einem Vogelnest, einer Spechthöhle oder einem hohlen Baumstamm mit vorhandenem Nistmaterial, aber auch in Grasbüscheln und Moospolstern angelegt werden. Nachdem das Nest gefunden ist, sammeln die Königinnen Nektar und Pollen, die in den sogenannten Körbchen ins Nest transportiert werden. Diese Körbchen bestehen aus einer glatten Fläche an der Außenseite der Schiene des dritten Beinpaares, das vorne und hinten von langen, versteiften Haaren umgeben ist. Der gesammelte Nektar wird in einem Honigbecher gespeichert, der eingetragene Pollen mit Nektar vermischt und zu einem Klumpen geformt. Auf den ersten eingetragenen Pollenklumpen legt die Königin sechs bis zehn befruchtete Eier ab und überdeckt sie mit Wachs. Sie kann sogar – das ist einzigartig bei Insekten – die Brut wärmen. Die Larven schlüpfen nach drei bis fünf Tagen, ernähren sich anfangs vom eingelagerten Pollen und werden dann von der Königin sukzessive mit neuer Nahrung versorgt. Nach etwa acht Tagen verpuppen sie sich und nach weiteren sieben bis zehn Tagen schlüpfen die ersten Arbeiterinnen. Sie übernehmen nun die Arbeiten im Nest, vor allem aber das Nektar- und Pollensammeln, denn die Königin kümmert sich von nun an ausschließlich um die Eiablage. Geschlechtstiere entwickeln sich erst später. Am Höhepunkt der Frühjahrsausgabe | natur&land | 108. JG. – Heft 1-2022
FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/ WOLFGANG SCHWAIGHOFER
FOTO: AMBROS AICHHORN
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Ein Hummelnest besteht aus Wachszellen, in die jeweils Pollen und 10–15 Eier gelegt werden.
Als oligolektische Art (sammelt fast nur Pollen einer bestimmten Pflanzenart) hat sich die Gerstaeckershummel (Bombus gerstaeckeri), auch Eisenhuthummel genannt, auf den Eisenhut spezialisiert und braucht dafür einen besonders langen Rüssel.
Kolonieentwicklung (Switch Point) werden statt Arbeiterinnen ausschließlich Geschlechtstiere produziert. Aus unbefruchteten Eiern entwickeln sich die Männchen, aus den befruchteten die Jungköniginnen. Diese verlassen das Nest nach der Paarung und überwintern im Boden. Das Nest bricht dann relativ bald zusammen und die Männchen sterben nach wenigen Wochen im Freiland. HUMMELN & MENSCH Hummeln sind dem Menschen gegenüber friedfertig. Obwohl die Weibchen (Königin und Arbeiterinnen) einen Stachel haben, benutzen sie diesen kaum, wenn man sich nicht gerade an ihrem Nest zu schaffen macht. SOZIALE LEBENSWEISE Als eusoziale (staatenbildende) Bienen mit einjährigem Nestzyklus legen Hummeln Honigreserven für Schlechtwetterperioden an. Doch da die Jungköniginnen einzeln überwintern, investieren die Hummelvölker den Großteil ihrer Energie in viele und gut genährte Jungköniginnen. Honigbienen hingegen überwintern als Staat und investieren viel in große Reserven an Honig, die die Imker dann abschöpfen können. Hummeln fliegen im Gegensatz zu Honigbienen auch bei relativ niederen Temperaturen aus und zählen in kühlen Klimaten (Arktis, Alpen), aber auch in gemäßigten Breiten bei kühleren Temperaturen zu den wichtigsten Bestäubern. Die Fähigkeit, durch Muskelzittern ihre Körperwärme zu erhöhen, erlaubt ihnen, die Nesttemperatur unabhängig von der Außentemperatur zu erhalten, vorausgesetzt, es gibt genug Nektarangebot in Nestnähe, das als Energiespender dienen kann.
Kuckuckshummeln schieben ihren Nachwuchs anderen Hummelarten unter, um ihn von diesen ausbrüten und aufziehen zu lassen. (Hier: Feld-Kuckuckshummel (Bombus campestris)) FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/BARBARA BAACH
Die Veränderliche Hummel (Bombus humilis) kommt in besonders vielen Farbvarianten vor, woraus sich ihr Name ergibt. FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/GUNTRAM HUFLER
Die Steinhummel (Bombus lapidarius) ist eine der häufigsten heimischen Hummelarten. Ihren Namen verdankt sie wohl ihrem bevorzugten Neststandort: Kleinsäugernester in Steinhaufen und Mauern. FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/BARBARA KLENNER
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FOTO: HELMUT LUX
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LIBELLEN
Libellen sind meist große, bunte Insekten mit vier gleichförmigen, netzadrigen Flügeln. Sie haben große Augen, kurze Fühler und einen sehr langen schmalen Hinterleib. Die Tiere leben räuberisch und ernähren sich von kleinen Insekten, die sie im Flug fangen. Ihre Larven leben im Wasser und durchlaufen bis zur ausgewachsenen Libelle eine vollständige Metamorphose. Es gibt zwei Gruppen von Libellen: die Groß- und die Kleinlibellen. Sie unterscheiden sich unter anderem in der Flügelhaltung in Ruhestellung. In Österreich leben 77 Libellenarten.
Paarungsrad des Blaupfeils
FOTO: WIKIPEDIA/BÖHRINGER
KÖRPERBAU Am Kopf sitzen die großen Facettenaugen, die bei manchen Arten aus bis zu 30.000 Einzelaugen bestehen können. Zusätzlich besitzen sie auf der Kopfoberseite zwischen den Komplexaugen drei kleine Punktaugen, die wahrscheinlich als Gleichgewichtsorgan sowie zur Kontrolle der Flugbewegungen dienen. Die Fühler sind bei Libellen stark reduziert, bestehen aus acht borstenartigen Gliedern und sind Fluggeschwindigkeitsmesser. Da Libellen Carnivoren, also Fleischfresser sind, besitzen sie kräftig entwickelte Mundwerkzeuge, mit denen sie ihre Beute zerlegen können. Die Brust besteht aus drei Teilen, wobei die beiden hinteren sehr kräftig ausgebildet sind. Hier sitzen sowohl die Beine als auch die Flügel. Die Beine sind am Unterschenkel oft mit Dornen besetzt und haben am Ende kräftige Klauen. Libellen sind in der Lage, ihre beiden Flügelpaare unabhängig voneinander zu bewegen. So sind abrupte Richtungswechsel, Stillstand in der Luft und Rückwärtsfliegen möglich. Einige Arten können Höchstgeschwindigkeiten von bis zu 50 km/h erreichen. Der Hinterleib ist bei Libellen extrem langgestreckt und besteht aus zehn Segmenten. Die Länge dient der Stabilisation beim Fliegen. Durch die vielen Segmente ist das Abdomen stark beweglich, was für die Paarung notwendig ist. Männliche Libellen besitzen am Ende des Hinterleibs Anhänge, die sogenannten Cerci, mit denen sie die Weibchen bei der Paarung festhalten.
Bei dieser Exuvie der Großen Königslibelle (Anax imperator) ist sehr gut erkennbar, wo die adulte Libelle die Larve verlassen hat.
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ENTWICKLUNG Die Larven von Libellen sind auf Wasser angewiesen, daher leben diese Tiere hauptsächlich in der Nähe von Gewässern. Verschiedene Arten bewegen sich zum Jagen aber auch weit abseits davon. Libellenlarven entwickeln sich meist in den flachen Uferzonen stehender Gewässer, nur wenige Arten findet man in Fließgewässern. Auch in Mooren leben viele Libellenarten. Die adulten Libellen finden sich im Flug, das Männchen umklammert das Weibchen am Hinterkopf bzw. am vorderen Brustabschnitt. Sie biegt sich dann mit ihrem Hinterleib zu einem bestimmten Segment seines Hinterleibs und berührt so mit der Geschlechtsöffnung den Samenbehälter des Männchens. So entsteht das für Libellen typische „Paarungsrad“. Frühjahrsausgabe | natur&land | 108. JG. – Heft 1-2022
FOTO: MAKROWILLI
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Die Große Pechlibelle (Ischnura elegans) gehört zu den Kleinlibellen. Ihr Name leitet sich von der pechschwarzen Farbe der Oberseite des Hinterleibs ab, nur das achte Segment ist leuchtend blau – ein wichtiges Bestimmungsmerkmal.
FOTO: GERNOT NEUWIRTH
die Technik unterscheidet sich je nach Gruppe. Wie lange sich die Larve im Wasser entwickelt, hängt von der Libellenart ab. Während es Arten gibt, die sich innerhalb von wenigen Monaten in ein adultes Tier verwandeln, dauert die Larvenentwicklung bei anderen bis zu fünf Jahre. Im letzten Larvenstadium verlässt das Tier das Wasser und verankert sich an Steinen, Büschen, Bäumen oder Stängeln von Wasserpflanzen. Die Lebensdauer der meisten adulten Libellen liegt im Durchschnitt bei sechs bis acht Wochen.
Die Flügel der frisch geschlüpften Blaugrünen Mosaikjungfer (Aeshna cyanea) müssen sich noch voll entfalten.
Das Weibchen legt die Eier dann in einem Gewässer ab: Sie werden je nach Art einfach über dem Wasser abgeworfen, in Pflanzen eingestochen oder am Boden abgestreift. Bei fast allen Arten schlüpfen aus den Eiern die sogenannten Prolarven, die sich im Aussehen stark von den späteren Larven unterscheiden. Sie sind oft viel länger und ihre Beine sind nicht einsatzbereit. Daher erfolgt die erste Häutung bereits wenige Sekunden bis wenige Stunden nach dem Schlupf. Libellenlarven besitzen eine Fangmaske, mit der sie unter Wasser ihre Nahrung fangen. In Ruhestellung ist diese Maske unter dem Kopf gefaltet. Die Larven können mit Tracheen- oder Rektalkiemen unter Wasser atmen, Frühjahrsausgabe | natur&land | 108. JG. – Heft 1-2022
UNTERSCHEIDUNG GROSSLIBELLEN/KLEINLIBELLEN Grundsätzlich unterscheiden sich Klein- und Großlibellen anhand verschiedener Körpermerkmale, allerdings gibt es auch hier Ausnahmen. Bereits die Larven können gut voneinander unterschieden werden. Die Larven von Großlibellen atmen unter Wasser mithilfe der sogenannten Rektalatmung, während die Kleinlibellenlarven drei Kiemenblättchen dafür haben. Die Larven der Großlibellen sind größer und kräftiger gebaut. Beim Schlupf schieben sich Kleinlibellen nach oben aus der Larvenhaut, die Großlibellen tun dies mit dem Kopf nach unten. Kleinlibellen können ihre Flügel am Körper nach hinten falten, Großlibellen fehlt das dazu notwendige Gelenk am Flügelansatz. Während die Augen der Kleinlibellen deutlich voneinander getrennt sind, stoßen jene der Großlibellen an der Kopfoberseite zusammen. FEINDE Obwohl Libellen sehr schnell und wendig sind, haben sie viele Fressfeinde. Die Tiere sind besonders verletzlich, wenn sie nach der letzten Häutung aus der Exuvie schlüpfen. Sie werden sowohl von Fledermäusen und Vögeln als auch von Fröschen, Wespen und Spinnen gefressen.
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Die Larven der Lappenschwebfliege (Lapposyrphus lapponicus) ernähren sich von Blattläusen. FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/IRMA SCHMIDT
Schwebfliegen können wie ein Hubschrauber an einer Stelle in der Luft schweben, von dieser besonderen Art zu fliegen leitet sich ihr Name ab. Bekannt sind sie vor allem durch die schwarzgelb gezeichneten Vertreter, die etwa ein Drittel aller Arten ausmachen und im Aussehen und Verhalten oft anderen Hautflüglern wie den Bienen oder Wespen ähneln. Viele Arten sind aber auch unscheinbar.
Diese Gelbe Tigerschwebfliege (Temnostoma vespiforme) hält die Vorderbeine über den Kopf, um die Antennen der Wespen zu imitieren. FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/GUNTRAM HUFLER
SCHWEBFLIEGEN Schwebfliegen besitzen anders als Wespen keinen Stachel. Sie haben außerdem nur zwei Flügel und gehören deshalb in die Ordnung der Zweiflügler. Anhand ihrer großen Augen und der überwiegend kurzen Antennen können die meisten Arten gut von Hautflüglern unterschieden werden. In Österreich werden etwa 400 unterschiedliche Arten vermutet, die vom Tiefland bis in die höchsten Gipfelregionen anzutreffen sind. Körperbau Am Kopf der Schwebfliegen sitzt ein Paar Antennen, das jeweils aus drei Segmenten plus einer Fühlerborste besteht. Zusätzlich zu den großen Komplexaugen befinden sich drei Punktaugen am Scheitel. Bei den meisten Arten berühren sich bei den Männchen die beiden Komplexaugen in der Mitte der Stirn. Der Brustabschnitt trägt die Flügel und Beine. Schwebfliegen haben als Zweiflügler nur das Vorderflügelpaar zum Fliegen entwickelt, das Hinterflügelpaar ist zu Schwingkölbchen, den sogenannten Halteren, umgewandelt. Diese werden zur Stabilisierung des Fluges gebraucht. Die Flügel bieten durch Variationen in der Färbung, der Mikrobehaarung und der unterschiedlichen Ausprägung des Geäders Möglichkeiten zur Bestimmung. Der Hinterleib der Schwebfliegen ist sowohl in der Form als auch der Färbung sehr variabel. Entwicklung Schwebfliegenmännchen stürzen sich im Flug auf ein Weibchen und begatten es fliegend oder im Sitzen. Bei einigen Arten besitzen die männlichen Tiere Klammerbeine, um die Weibchen festhalten zu können. Die Eier werden in der Nähe der Nahrungsquelle der Larven abgelegt. Die Larvenzeit dauert ca. acht bis 14 Tage. Die Larven lassen sich in drei ökologische Kategorien einteilen: Es gibt die Blattlausfresser, die sich von Raupen, Blattwespen und Blattläusen ernähren. Dabei kann eine Larve täglich hundert Blattläuse aussaugen. Eine weitere Gruppe ernährt sich von Pflanzen, Pflanzensäften oder Pflanzenresten. Die dritte Gruppe frisst Schlamm und Detritus. Adulte Schwebfliegen ernähren sich von Nektar und Pollen.
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ERLEBNIS INSEKTENWELT INFO: Schon aus der Antike kennen wir Überliefe-
rungen, die besagen, dass aus Kadavern von Stieren – wahlweise auch Pferden und Löwen – Bienen „entstehen“ würden. Geschichten sowie Handlungsanweisungen, um gezielt Bienen „entstehen“ zu lassen, finden sich bis in die Renaissance. Doch bei besagten Insekten handelt es sich nicht wirklich um Bienen, sondern um „Mistbienen“, Schwebfliegen der Gattung Eristalis, deren Rattenschwanzlarven (Fliegenmaden mit einem langen, schwanzartigen Atemrohr) in Kompost, Mist, Latrinen, Jauche oder eben Kadavern leben.
Abbildung einer „Entstehung“ von Bienen aus Kadavern. Links unten eine Rattenschwanzlarve. QUELLE: HORTUS SANITATIS, 1536
Mimikry bei Schwebfliegen Viele Arten von Schwebfliegen ähneln wehrhaften Wespen, Bienen oder Hummeln. Sie kopieren dabei Behaarung und Farbgebung ihrer Vorbilder, um sich vor Fressfeinden zu schützen. Auch der Körperbau sieht gelegentlich dem ihrer Vorbilder ähnlich: Manche Schwebfliegen haben einen wespenähnlich verschmälerten Hinterleib oder lange Antennen. Arten
der Gattung Temnostoma halten in Ruhe gelegentlich die im vorderen Teil schwarz gefärbten Vorderbeine über den Kopf, um die langen Antennen der Wespen zu imitieren. Manche Arten haben zudem eine verdunkelte Flügelvorderkante, wodurch die in Ruhe zusammengefalteten Flügel der Faltenwespen imitiert werden. Honigbienen-Nachahmer haben einen lichten braunen Pelz und zeigen wie ihre Vorbilder einen hell-dunkel gestreiften Hinterleib. Arten, die sich im Laufe der Evolution zu Hummelnachahmern entwickelt haben, zeigen teilweise eine verschiedenen Hummelarten verblüffend ähnliche Färbung. Die Hummelschwebfliege Volucella bombylans tritt in drei Farbvarianten auf, wodurch sie gleich eine ganze Reihe von Hummelarten imitiert. Bei der Narzissenschwebfliege Merodon equestris wurden gar 34 verschiedene Farbmorphen nachgewiesen, die allerdings nicht alle zu benennende Vorbilder besitzen.
Aufgrund ihres langen schmalen Körpers kann die Gemeine Stiftschwebfliege (Sphaerophoria scripta) auch an Pollen und Nektar von Röhrenblüten gelangen.
Die Mistbiene (Eristalis tenax) zählt zu den Wanderinsekten und überwindet beim Zug in den Süden sogar Alpenpässe.
FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/BARBARA KLENNER
FOTO: NATURBEOBACHTUNG.AT/BARBARA KLENNER
Schwebfliegen machen als holometabole Insekten eine vollständige Verwandlung mit Ei, Larve, Puppe und Adulttier durch. Wanderung Einige Schwebfliegenarten zählen zu den Wanderinsekten und führen saisonale Wanderungen durch. Sie ziehen im Herbst von Mitteleuropa aus in den Süden und Südwesten bis in die Mittelmeerregionen.
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JEDEN MONAT EIN INSEKT KENNENLERNEN Im Jahr 2022 steht jeden Monat ein Insekt im Fokus. Der Naturschutzbund stellt es mit seinen Eigenschaften in Form eines Steckbriefes vor: wie es aussieht, wo es lebt und was seine Besonderheiten sind. Zusätzlich gibt es Tipps, wie eine Beobachtung am besten gelingt. Die Steckbriefe werden als Download bereitgestellt und können als Nachschlagewerk oder Unterrichtsmaterial verwendet werden. So kann man zwölf Tiere ganz einfach näher kennenlernen.
BESTIMMUNGSHILFE Anhand der Beschreibung sind die Tiere auf Bildern eindeutig erkennbar, draußen in der Natur ist man oft aber nicht mehr sicher, ob es sich auch wirklich um das beschriebene Insekt handelt. Kein Problem! In diesem Fall macht man am besten ein Foto von dem beobachteten Tier, idealerweise sogar mehrere. Dann kann man sie auf naturbeobachtung.at oder der gleichnamigen kostenlosen App hochladen und erhält dort Bestimmungshilfe von Expert*innen. Man kann die Anfrage auch ins Forum der Online-Plattform stellen. Dort helfen andere Besucher*innen und geben zudem oft Tipps aus eigener Erfahrung. So entwickeln sich immer wieder spannende und lehrreiche Diskussionen und manchmal auch „digitale Freundschaften“. Übrigens: Wenn man „sein“ Insekt ganz klar bestimmen kann, sollte man seine Beobachtung natürlich ebenfalls auf naturbeobachtung.at teilen! Denn damit profitiert auch die Wissenschaft von den gesammelten Daten: Sie bilden die Basis für Kartierungen, wissenschaftliche Publikationen und fundierte Naturschutzmaßnahmen.
Die bis März erschienenen Steckbriefe zu den Arten des Monats: Gemeine Winterlibelle (Jänner), Schwarzblauer Ölkäfer (Februar) und Zitronenfalter (März).
Beispiel: Das Insekt des Monats März ist der Zitronenfalter Ein kurzer Zipfel an den Spitzen der Flügel macht den Zitronenfalter (Gonepteryx rhamni) unverwechselbar. Männchen sind intensiv zitronengelb gefärbt, wogegen Weibchen eher grünlich weiß wirken. Dieser Tagfalter überwintert als adultes (erwachsenes) Tier und kann bei milden Temperaturen bereits sehr früh im Jahr beobachtet werden. Die nächste Generation schlüpft im Juni/Juli. In kühlen Gegenden fliegen manche Überwinterer bis Juni, so ergibt sich eine Lebenszeit als Falter von fast einem ganzen Jahr, was für unsere heimischen Schmetterlinge sehr lange ist. Als Waldbewohner ist dieser Falter nur selten auf Wiesen oder Weiden anzutreffen, er bevorzugt strukturreiche Lebensräume. Besonders spannend: Der Zitronenfalter zieht sich im Sommer bei heißen Temperaturen in Verstecke zurück oder wandert bis über 2.000 m Seehöhe hinauf.
Die Informationen zum „Insekt des Monats“ gibt es monatlich auf www.insektenkenner.at.
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Zitronenfalter (Gonepteryx rhamni) bei der Eiablage an einem Faulbaum (Rhamnus frangula), der Hauptnahrungspflanze der Raupen. Die wissenschaftlichen Namen weisen auf die enge Verbindung von Schmetterling und Pflanze hin. FOTO: WOLFGANG SCHRUF
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AUF ZUM INSEKTENKENNERZERTIFIKAT! Das Zertifikat als Insektenkenner*in erlangen alle, die beim Naturschutzbund das angebotene Insektenkenner-Programm nutzen und erfolgreich teilnehmen. Das Zertifikat wird in Bronze, Silber und Gold verliehen. Je nach Kategorie ist die Teilnahme an Insektenkenner-Veranstaltungen und dem Insekten-Quiz sowie die Abgabe von Insektenmeldungen auf naturbeobachtung.at Voraussetzung. Insektenkenner-Veranstaltungen: In ganz Österreich finden mindestens 40 Veranstaltungen statt, bei denen man Wissen über Insekten bzw. zu einzelnen Insektengruppen sammeln und vertiefen kann. App zum Insekten-Quiz: Neben einer kurzen Trainingseinheit wird in dieser App ein dreistufiges Quiz angeboten. Insekten-Meldungen auf naturbeobachtung.at zählen ab dem 1. Jänner 2021. Ab diesem Zeitpunkt werden alle bestätigten Insektenmeldungen für die Erlangung des Zertifikats angerechnet, nicht nur jene der sechs im Rahmen des Projekts ausführlich vorgestellten Artgruppen. Es werden jedoch nur unterschiedliche Arten dafür gezählt. Eine Person kann bis zu drei Zertifikate – Bronze, Silber und Gold – erlangen. Man beginnt mit dem Erwerb des Bronze-Zertifikats.
Voraussetzungen zur Erlangung der einzelnen Zertifikate: Bronze: Quiz-Level 1 aus sechs verschiedenen Artgruppen 10 bestätigte verschiedene Arten-Meldungen Silber: Quiz-Level 2 aus sechs verschiedenen Artgruppen 20 bestätigte verschiedene Arten-Meldungen Gold: Mindestens eine Veranstaltung Quiz-Level 3 aus sechs verschiedenen Artgruppen 50 bestätigte verschiedene Arten-Meldungen
Projektleiterin Roswitha Schmuck stellt das BronzeZertifikat vor.
Zur Erlangung eines Zertifikats ist u. a. eine gewisse Anzahl an Insektenmeldungen auf naturbeobachtung.at notwendig.
FOTO: NATURSCHUTZBUND
FOTO: DAGMAR BRESCHAR
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QUIZ
SPIELEND LERNEN MIT DEM INSEKTEN-QUIZ O
b Käfer, Hummeln oder Libellen – beim Insekten-Quiz ist Wissen zu verschiedenen Insektengruppen in bis zu drei Schwierigkeitsstufen gefragt. Einfach auf naturbeobachtung.at anmelden und loslegen Nach der Auswahl einer beliebigen Artgruppe öffnet sich die persönliche „Roadmap“ und man sieht, welchen Weg man bis zur/zum „Artenkenner*in“ noch vor sich hat. Bei jeder Insektengruppe gilt es, bis zu drei Level zu bestehen. Schafft man einen Level nicht sofort, ist das nicht weiter schlimm: Man kann es einfach noch einmal versuchen. Auch der Wechsel zu einer anderen Artgruppe ist möglich, man beginnt dann wieder beim ersten Level. Ziel ist es, so viele Quizteile wie möglich zu bestehen. Bei jeder Runde wird zudem die Zeit gestoppt: Je mehr Quiz und je schneller man diese absolviert, desto weiter nach vorne gelangt man in der Rangliste. So kann man sich mit Anderen messen. Auf der persönlichen „Roadmap“ sieht man seinen Fortschritt. Öffnet man das Quiz nach einer Pause erneut, sind alle bisher bestandenen Quizteile grün markiert und man kann dort weiterspielen, wo man aufgehört hat.
Schwierigkeitsstufen Übungen: In jedem Level müssen Trainingseinheiten absolviert werden, erst dann wird der Test freigeschaltet. Die Fragen im Übungslauf sind an die Schwierigkeitsstufe der Tests angepasst und bereiten optimal darauf vor, die Level zu bestehen. Wenn eine Antwort falsch ist, wird farblich markiert angezeigt, welche richtig gewesen wäre. Test Level 1: Im einfachsten Level werden nacheinander zehn Bilder mit je zwei Antwortmöglichkeiten gezeigt. Um den Level erfolgreich abzuschließen, müssen alle Antworten richtig sein. Danach werden die Übungseinheiten für Level 2 freigeschaltet. Test Level 2: Im mittelschweren Level sieht man nacheinander zehn Bilder mit je drei Antwortmöglichkeiten. Hat man alle richtig beantwortet, werden die Übungen für Level 3 freigeschaltet. Test Level 3: Der schwierigste Level zeigt nacheinander zehn Bilder mit je acht Antwortmöglichkeiten. Dieses Mal sind auch unvorteilhaft fotografierte oder unscharfe Bilder dabei. Auch hier müssen alle Antworten richtig sein, um den Level erfolgreich zu absolvieren.
Eine falsche Antwort ist nicht schlimm, man kann es einfach noch einmal probieren!
Erst wenn alle Antworten richtig sind, wird der nächste Level freigeschaltet.
INFO Das Insektenkenner*innen-Quiz ist ab Mitte April 2022 freigeschaltet.
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MITGLIEDSCHAFT
Jet z t d Mitglien ! werde
FOTO: DAGMAR BRESCHAR
GEMEINSAM NATUR ERLEBEN UND SCHÜTZEN
UNTERSTÜTZEN SIE UNSERE ARBEIT MIT IHRER MITGLIEDSCHAFT Ich möchte Mitglied in folgender Landesgruppe werden: Burgenland Kärnten Oberösterreich Niederösterreich Salzburg Steiermark Tirol Vorarlberg Wien A-Mitgliedschaft: € 36,00/Jahr, Mindestbeitrag für Wenigverdienende: € 24,00/Jahr, Familienmitgliedschaft: ab € 40,00 (je nach Landesgruppe). Für Mitglieder der Landesgruppen ist das natur&land-Abo in der Mitgliedschaft enthalten. Details auf www.naturschutzbund.at (Bundesländer)
Name, Vorname Straße PLZ
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BÜCHER – SHOP
SHOP: WWW.NATURSCHUTZBUND.AT Poster: Nagetiere in Österreich Dieses Poster vermittelt einen Überblick über alle in Österreich lebenden Nagetiere. Von den großen Tieren wie Biber und Murmeltier bis zur Zwergmaus sind alle mit dabei. Auch neu zugezogene Arten wie Nutria und Bisam werden vorgestellt. Das Poster wurde von der Universität Wien in Zusammenarbeit mit apodemus und dem Naturschutzbund gestaltet. Poster im Format A1 (59,4 x 84,1 cm), Kosten: € 15,00 plus Versandkosten. Versand: gefaltet im A4-Kuvert oder gerollt.
Naturschutzbund-Stofftasche Unsere aus 100 % Bio-Baumwolle bestehenden Stofftaschen eignen sich wunderbar für einen Einkauf. Die Taschen sind in Schwarz, Gelb, Rosa, Altrosa, Hellblau und Dunkelblau erhältlich. Kosten: € 12,00 plus Versandkosten
Amphibienbestimmungsfolder Frosch & Co. Die wichtigsten heimischen Amphibien sind mit ihren besonderen Erkennungsmerkmalen dargestellt. Auch Laich und Larven werden gezeigt und der Ablauf der Metamorphose anhand des Teichfroschs vorgestellt. Der Folder ist in wasserfester Folie eingeschweißt und somit ideal für die Amphibiensuche. Format A4, dreimal gefaltet, € 4,00 plus Versandkosten.
›› Stickstoff verändert die Welt, 4-21 ›› Wildtiere erobern die Städte, 3-21 ›› Pflanzen inkl. Projekt „Aufblühn“, 2-21 ›› Die Natur des Jahres 2021, 1-21 ›› Wildtiere im Winter, 4-20 ›› Blauer Planet im Krisenmodus, 3-20 ›› KunterBund, 2-20 ›› Die Natur des Jahres 2020, 1-20 ›› Natur freikaufen, 4-19 ›› Trendwende im Tourismus, 3-19 ›› Flüsse, Länder, Menschen, 2-19
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BUCHBESPRECHUNGEN
AUS DEM BUCHHANDEL: UNSERE TIPPS Großlaufkäfer der Gattung Carabus in Deutschland Großlaufkäfer sind faszinierend und kommen fast überall vor. Mit dieser Bestimmungshilfe kann man die Käfer am lebenden Tier und direkt vor Ort bestimmen. Mit einer guten Lupe und etwas Übung kann man alle in Deutschland (und viele davon auch in Österreich) heimischen Großlaufkäfer der Gattung Carabus bestimmen. Mittels möglichst einfacher Merkmale auf der Oberfläche des Käfers können auch geübte Laien diese Laufkäfer zielsicher erkennen. Hervorragende hochauflösende Vergleichsbilder helfen, jedes wichtige Detail zu erkennen. Das „hosentaschentaugliche“ Format und die robuste, wasserfeste Ausführung machen die Broschüre zum perfekten Begleiter im Gelände. Stefan Müller-Kroehling, Wolfram Adelmann, Bayerische Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege (Hrsg.), 2020, 16 Seiten, broschiert, ISBN: 978-3-944219-45-5, kostenlos. Gratis-Download: www.bestellen.bayern.de
Mikroorgasmen überall Von der Raffinesse und Mannigfaltigkeit der Natur vor unserer Haustür Dominik Eulberg ist international erfolgreicher Techno-DJ, Biologe und Naturschützer. Als Meister der versöhnlichen Widersprüche begibt sich der Tausendsassa in die Wunderwelt der Natur, die gleich vor unserer Haustür beginnt. Er nimmt uns mit ins Fledermausland, zu Ameisenlöwen, Sommergoldhähnchen, Täuschungsblumen und Neunaugen, erzählt von Vögeln, die fast ihr gesamtes Leben in der Luft verbringen, MiniChamäleons, Käfern mit eingebauten Infrarotsensoren und Tieren mit Frostschutzmitteln. Ein Buch, das zum kindlichen Staunen einlädt. Wohltuend und überraschend, wie ein Spaziergang durch die Natur. Dominik Eulberg, Eichborn Verlag, t eichne 2021, Hardcover, 352 Seiten, A u s ge z n s b u c h se ISBN: 978-3-8479-0065-8, a l s W is a hres € 25,00 s e d J
30 Jahre Nationalpark Podyjí & 20 Jahre Nationalpark Thayatal In dem zweisprachigen Buch wird die Entstehungsgeschichte der beiden Nationalparks Thayatal und Podyjí vorgestellt, Protagonisten, Wegbegleiter und Ranger kommen darin zu Wort und auch die reichen Kulturgüter in und um das grenzüberschreitende Schutzgebiet werden ausführlich beschrieben. Auch besonders seltene Vertreter der heimischen Flora und Fauna, wie die neu entdeckte Wegerich-Grasnelke oder die Wildkatze werden vorgestellt. Ergänzend sind grenzüberschreitende Wandermöglichkeiten beschrieben. Nationalpark Thayatal (Hrsg.), 2021, Softcover, 402 Seiten, zahlreiche Farbfotos, kostenlos. Bezug über Nationalparkverwaltung in Hardegg über office@np-thayatal.at, 02949/7005 oder als Gratis-Download auf www.np-thayatal.at
Mein lieber Spatz Spannendes und Lustiges für junge Naturforscher Das typische „Tschilp“ des Sperlings, im Volksmund auch Spatz genannt, kennt wohl jeder. Was aber macht den Spatz zu einem beliebten Gast im Garten? Dieses spannende Sachbuch für Kinder ab sieben Jahren deckt alle Mythen und Geheimnisse rund um den bekannten Kulturfolger auf. Kindgerecht und mit viel Witz werden in diesem Buch Themen wie Aussehen, Nahrung, Gesang, Paarung und Nestbau behandelt. Die Themengebiete sind mit Ausmalbildern, Rätseln, Experimenten, Suchbildern, Beobachtungstipps und -listen ergänzt und wecken so die Entdeckerfreude der jungen Forscher. Martina Kroth, Lisa Maier, Quelle & Meyer Verlag, 2021, gebunden, 48 Seiten, ca. 120 farbige Abbildungen, ISBN: 978-3-494-01906-2, € 17,50
Frühjahrsausgabe | natur&land | 108. JG. – Heft 1-2022
Insektenwelt für Ahnungslose Krabbeltiere sehen und lieben lernen Die Autorin geht an das Thema Insektensterben ernsthaft und sachlich, aber dennoch positiv heran. In ihrem unverwechselbaren Zeichenstil erklärt sie die Zusammenhänge. Mit ihrem ganz besonderen Charme weckt sie die Faszination für Insekten aus Kindertagen neu. Sie erklärt, woran man Insekten überhaupt erkennt und wieso sie so wichtig und schützenswert sind. Ganz ohne erhobenen Zeigefinger zeigt sie, was jede*r – auch jetzt noch – tun kann. Dieses Buch ist fernab jeder Schwarzmalerei, sondern macht Mut, die Ärmel hochzukrempeln und Insekten kennen und lieben zu lernen. Véro Mischitz, Kosmos Verlag, 2022, Taschenbuch, 128 Seiten, 250 Farbzeichnungen, EAN: 9783440170991, € 18,50
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Kurze Pause
on Bundesgeschäftsführerin irgit Mair-Markart:
am mehr erreichen – ojekte des Naturschutzbundes rbeobachtung, Naturfreikauf, lfaltleben u. a. m. TIPP
elliger Ausklang
SIE
Bundesleitung Aktionswoche: 3. bis 9. April 2017Graz Angelo-Eustacchio-Gasse 44, 8010 Aufgabe: Eine Woche lang bewusst einfach essen und trinken office@naturschutzjugend.at In dieser Woche ein, einfache Speisen zu kochen. T laden +43 wir 664Sie5175889 am Montag oder Dienstag werden die lebensmittel für die ganze restliche Woche eingekauft. zu den Mahlzeiten wird möglichst nur Wasser aus dem Wasserhahn getrunken. als positiver Nebeneffekt dieser aktionswoche werden sich Ihr Haushaltsmüll und wahrscheinlich auch die Einkaufswege reduzieren. SUCHEN ARTIKEL Weitere Details ODER unter: AUTOR*INNEN? https://www.familie.at/site/salzburg/ angebote/projekte/gutesleben
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rschutzbund wünschtwww.naturschutzbund.at/naturundland/Archiv/ den Mitgliedern und Freunden Frohe Ostern ›› natur&land-Ausgaben im pdf-Format:
http://tinyurl.com/Archivausgaben Danke für die unterstützung: (archiviert über das OÖ Landesmuseum)
mäß § 25 Mediengesetz für NATUR und UMWELT; Vorstand | naturschutzbund | Salzburg: Stv. Vorsitzender: CHNER, Geschäftsführer/Schriftführer: Dr. Hannes AUGUSTIN, Stv. Schriftführerin: Mag. Kassier: MMag. Dr. Johann NEUMAYER, Stv. Kassierin: Gabriele ESTERER; Redaktionssplatz 2, 5020 Salzburg; E-Mail: salzburg@naturschutzbund.at
(Crocus vernus
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Gedruckt nach der Richtlinie „DruckerzeugGedruckt nach der Richtlinie „Druckerzeugnisse“ nisse“ des Österreichischen Umweltzeichens, des Österreichischen Umweltzeichens, Salzkammergut Druck Mittermüller GesmbH, UW-Nr. 784 Druck & Medienwerk GmbH, UW-Nr. 1193
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ISSN: 0028-0607 DVR 0457884
Erscheinungsdatum: März 2022 Der | naturschutzbund | ist Mitglied der Weltnaturschutzorganisation „International Union for Conservation of Nature“
Frühjahrsausgabe | natur&land | 108. JG. – Heft 1-2022
VORSCHAU + ABO
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ie Biodiversität ist weltweit in der Krise. Täglich sterben Dutzende Arten aus, unzählige Lebensräume verlieren ihre Funktion oder verschwinden völlig und auch viele Ökosystemleistungen nehmen ab. Diese Verluste lassen sich nicht wiederherstellen. Um diesem Trend entgegenzuwirken, hat die EU eine umfassende Biodiversitätsstrategie zum Schutz der Natur und zur Umkehr der Schädigung der Ökosysteme entwickelt. Für deren Erfolg kommt es auf die Hilfe aller an. Der Naturschutzbund will deshalb dabei helfen, die Strategie in die Breite zu bringen. Mit dem Schwerpunkt „Artenschutz mit Strategie“ sollen die Ziele und Maßnahmen der Biodiversitätsstrategie sowie der Moorstrategie für alle verständlich und greifbar gemacht werden. Unsere Leser*innen sollen erfahren, wo Biodiversitätsschutz ansetzen muss und welche Maßnahmen dafür vorrangig notwendig sind. Darüber hinaus gibt es im nächsten Heft wieder viele verschiedene Berichte rund um Österreichs Natur.
FOTO: BIRGIT MAIR-MARKART
NATURSCHUTZ MIT STRATEGIE
➔ HEFT 2/2022 „SOMMERHEFT“ ERSCHEINT IM JUNI
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DAS LETZTE WORT
ÖSTERREICHISCHER WILDBIENENRAT: DER SCHUTZ MUSS ALLE BIENEN UMFASSEN Alle wollen Bienen schützen – gemeint ist dabei aber oft nur unser Haustier, die Honigbiene. Aus ökologischer Sicht ist der zunehmende Verlust der Wildbienen, bei uns immerhin 700 Arten, dramatischer als das oft nur auf die Honigbiene bezogene „Bienensterben“, das zweifelsohne die Imker vor große Herausforderungen stellt. Mehr Honigbienenvölker ohne mehr und vielfältigeres Blütenangebot können Wildbienen sogar gefährden. Bienenschutz bedeutet arten- und strukturreiche Lebensräume ohne Pestizide. Gefragt sind von Sachverstand und Kooperation getragene Schutzprojekte, die alle Bienen berücksichtigen, appelliert der Österreichische Wildbienenrat.
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ildbienen, zu denen auch die Hummelarten zählen, haben in unserer Umgebung zu kämpfen. Bis ins letzte Eck intensiv bewirtschaftete Äcker und Wiesen sowie „zu Tode gepflegte“ Gärten und Parks bieten ihnen kaum noch Lebensraum. Viele Menschen wollen inzwischen etwas zum Schutz der Wildbienen unternehmen und unterliegen dem Trugschluss, was der Honigbiene nütze, müsse auch den Wildbienen helfen. Doch dem ist oft nicht so. Zwar brauchen beide ein reiches Blütenangebot. Doch die Honigbiene benötigt im Jahresverlauf Massentrachten wie Löwenzahn, Raps, Robinie oder Weißklee. Blütenarme Zeiten kann sie durch große Honigvorräte und die Hilfe der Imker überdauern. Wildbienen dagegen brauchen die Blüten verschiedenster Pflanzen, denn ein Viertel
Die zu Tausenden in einem Bienenstock lebenden Honigbienen benötigen Massentrachten, um genug Nahrung zu finden. FOTO: PIXABAY/ARTELLLIII72
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FOTO: WOLFGANG SCHRUF
BIENE IST NICHT GLEICH BIENE Die meist solitär lebenden Wildbienen brauchen eine große Vielfalt an Blütenpflanzen. (Hier: Furchenbiene (Halictus spec.))
INFO www.naturverbindet.at
der 700 österreichischen Arten sind Nahrungsspezialisten, die auf den Pollen bestimmter Pflanzen angewiesen sind. Im Gegenzug bestäuben sie diese Pflanzen aber auch äußerst verlässlich. Während die Honigbiene ihre Behausung vom Imker zur Verfügung gestellt bekommt, müssen Wildbienen adäquate Nistplätze suchen: Je nach Art sind das besonnte Bodenstellen, Totholz mit Käferfraßgängen, leere Schneckenhäuser oder markgefüllte Stängel vorjähriger Himbeeren oder Königskerzen. Nichts davon findet sich in dichtbestandenen Wiesen oder bis zur Rasenkante gepflegten Gärten. Deshalb informiert der Naturschutzbund mit der Aktion „Natur verbindet“, was Wildbienen & Co brauchen und wie man Lebensräume ganz einfach anbieten und pflegen kann. Honigbiene (Apis mellifera) FOTO: PIXABAY/ANDREAS NEUMANN
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Spuren hinterlassen
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eit über 100 Jahren verstehen wir uns als „Anwalt der Natur“ und übernehmen in diesem Sinne Verantwortung für viele, oft bedrohte Tiere, Pflanzen und Lebensräume. Mit Ihrem Vermächtnis oder Ihrer Kranzspende helfen Sie uns, Österreichs Naturschätze für die nachfolgenden Generationen zu erhalten und unsere Schutzprojekte fortzusetzen.
Zugunsten der Natur
Mit Ihrem Letzten Willen
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in Testament zugunsten des | naturschutzbund | hilft der Natur, unseren Kindern und Kindeskindern. Wenn Sie mehr über die Arbeit des | naturschutzbund | wissen wollen, steht Ihnen die Geschäftsführerin Mag. Birgit MairMarkart gerne zur Verfügung. Rufen Sie uns an oder vereinbaren Sie ein Treffen, persönlich und unverbindlich. Kontakt: Tel +43 662 642909-12 birgit.mair-markart@naturschutzbund.at Zu erbrechtlichen Fragen informiert eine Broschüre der Notariatskammer, die wir Ihnen gerne zusenden. Oder Sie wenden sich am besten gleich direkt an einen Rechtsanwalt oder Notar Ihres Vertrauens. Die Erstberatung ist im Allgemeinen kostenlos.
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FOTO: WOLFGANG SCHRUF
Österreichische Post AG MZ 02Z 031442 M | naturschutzbund | Österreich, Museumsplatz 2, 5020 Salzburg VORTEILSTARIF
Empfänger
ISSN: 0028-0607 | Heft 1-2022/März
Kleines Wiesenvögelchen (Coenonympha pamphilus)