natur&land 3/20 Der blaue Planet im Krisenmodus

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Preis: EUR 6,50

ZEITSCHRIFT DES | naturschutzbund | Heft 3-2020

SCHWERPUNKT

DER BLAUE PLANET IM KRISENMODUS Biodiversitätsverluste

in Zeiten des Klimawandels Landwirtschaft

Bioanbau ist nachweislich klimafreundlich FORSTwirtschaft

Der Wald von morgen Energiewende & Biomassenutzung


KLIMAWANDEL: WIR HABEN ES (NOCH) IN DER HAND! Auch wenn der Corona-Lockdown ein kleines Minus in Österreichs Treibhausbilanz bringen wird: Der Klimawandel macht (noch) keine Pause.

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is 2040 möchte Österreich völlig ohne Erdöl und Erdgas auskommen, um die Zunahme der globalen Erwärmung auf unter 2 °C einzudämmen. Eine große Herausforderung für uns alle. Fast alle Staaten der Welt haben sich 2015 in Paris darauf geeinigt, die weltweite Zunahme der globalen Mitteltemperatur bis zum Ende des 21. Jhdt. auf unter 2 °C gegenüber dem Wert der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu beschränken. Das würde für Österreich ein Plus von insgesamt rund 3,5 °C im Jahresdurchschnitt bedeuten, denn bei uns ist – anders als im globalen Durchschnitt – die 2-GradGrenze bereits überschritten. Um die weitere Erwärmung zu stoppen, müssen wir umgehend gravierende Veränderungen angehen. Dass wir das können, hat uns die Corona-Krise gezeigt. MEHR HOMEOFFICE, WENIGER SHOPPEN Die Corona-Pandemie ist für uns alle eine Zäsur. Viele Menschen stehen auch in Österreich vor dem Nichts, haben ihre Jobs verloren oder mussten ihren Betrieb schließen. Für andere wiederum war es erholsam, einmal aus dem Hamsterrad zu treten, den Alltag und unser Wirtschaftssystem, das mit seinem ewigen Wachstum die Umwelt ausbeutet, kritisch zu hinterfragen. Der Kabarettist Michael Niavarani hat dies für sich so auf den Punkt gebracht: „Ist es nicht erstaunlich, dass die Wirtschaft zugrunde geht, wenn die Menschheit acht Wochen lang nur das kauft, was sie wirklich braucht? […] Das heißt, wir kaufen uns sonst eigentlich nur ‚Scheißdreck‘.“

Zu den positiven Aspekten der Corona-Krise gehört auch das Kennenlernen und Ausweiten des Homeoffice. Viele Unternehmen haben gesehen, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch von zu Hause ihre Leistungen erbringen können – ohne eine lange Anreise in Kauf nehmen zu müssen. Durch sinnvolle Homeoffice-Modelle könnten viele Verkehrskilometer eingespart werden, was auch dem Klimaschutz zugute käme. Das Thema Regionalität hat in den letzten Monaten an Bedeutung gewonnen. Der Bauer ums Eck versorgt uns auch dann mit Lebensmitteln, wenn die Grenzen dicht sind. Wenn Lebensmittel nicht so weit reisen, ist auch ihr CO2-Rucksack viel kleiner. Die Erfahrungen aus dem Lockdown können helfen, das Abbremsen des Klimawandels besser zu meistern. Milliardenschwere Subventionen für Unternehmen wegen der Corona-Krise sind legitim, aber ebenso ist die Frage angebracht, ob deren Aktivitäten dem Klima nutzen oder uns weiter in eine Sackgasse treiben.

Anita Malli, Geschäftsführerin von MUTTER ERDE Die Initiative MUTTER ERDE ist ein Zusammenschluss des ORF und der führenden Umwelt- und Naturschutzorganisationen Österreichs – Alpenverein, BirdLife, GLOBAL 2000, Greenpeace, Naturfreunde, Naturschutzbund, VCÖ und WWF. Jedes Jahr wird ein anderes relevantes Umweltthema ins Zentrum der gemeinsamen Aktivitäten gestellt. https://www.zamg.ac.at/cms/de/klima/news/ neue-studie-zu-duerren-im-alpenraum


EDITORIAL

Liebe Leserinnen und Leser!

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enn Sie diese Ausgabe in Ihren Händen halten, hat mein fünftes Enkelkind schon das Licht dieser Welt erblickt. Während der Recherche musste ich unweigerlich an dieses neue Leben denken: Was wird es angesichts der Herausforderungen, die uns unser „Leben ohne Limit“ stellt, alles meistern müssen? Die Generationen vor ihm leben doch schon lange über ihre Verhältnisse und verbrauchen mehr als die Ressourcen, die die Erde uns geben kann. Und es wird den Preis für unseren egoistischen Lebensstil zahlen müssen, der das Klima an den Rand des Kippens gebracht hat.

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abei ist mir klar geworden, dass es nicht mehr nur darum geht, was wir tun können, sondern was wir tun müssen, wenn wir den heutigen Kindern und den Generationen danach die Lebensgrundlage nicht noch weiter zerstören wollen. Ich bin überzeugt, dass das niemand wirklich will. Es ist halt nur so schwer, am eigenen Lebensstil zu schrauben, wenn einem das Leben auf diese Art so leicht gemacht wird: Das Auto vor der Türe für jeden noch so kurzen Weg, riesige Warenauswahl im Supermarkt zu jeder Jahreszeit mit Billigfleischangeboten, Mengenrabatten und meist im „Plastikmantel“, Billigmöbel, Billigkleidung, Billigflüge. Wann hören wir endlich auf uns alles schön zu reden?

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er Klimawandel ist in vollem Gange – aufhalten können wir ihn nicht mehr angesichts der andauernden Zunahme von Treibhausgasen. „Für Pessimismus ist es zu spät“, sagte Österreichs bekannteste Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb in einem Interview der Zeitschrift studio! zum Klimawandel. Und sie meinte sinngemäß, dass Pessimismus lähmt und zum Nichtstun verleitet. Das jedoch können wir uns nicht mehr leisten. Deshalb gebe ich die Hoffnung nicht auf, dass es immer mehr Menschen „cool“ finden aufs Fahrrad statt ins Auto zu steigen oder auf Erd- und andere Beeren im Winter ganz einfach zu verzichten.

Ihre

Ingrid Hagenstein Chefredakteurin

Herbstausgabe | natur&land | 106. JG. – Heft 3-2020

„Wenn unser Planet uns am Herzen liegt, und mit ihm die Menschen und Tiere, die darauf leben, können wir zwei Haltungen dazu einnehmen. Entweder wir hoffen weiter, dass sich die Katastrophe verhindern lässt, und werden angesichts der Trägheit der Welt nur immer frustrierter oder wütender. Oder wir akzeptieren, dass das Unheil eintreten wird, und denken neu darüber nach, was es heißt, Hoffnung zu haben.“ Jonathan Franzen Zitat aus dem Buch: „Wann hören wir auf, uns etwas vorzumachen?“ (Seite 67)

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INHALT

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Appell für klimafitte Flüsse

ab 55

Forstwirtschaft: Wald der Zukunft & Biomassenutzung

ab 30

Biodiversitätsverluste in Natur und Landwirtschaft

FOTO: TONI VORAUER

26

Bedeutung der Moore für den Klimaschutz

FOTO: ANTONIO JOSE CESPEDES (PIXABAY)

Gefördert aus Mitteln des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie

Fotografie im Blut ? Natur im Herzen ?

Titelbild: Spuren im Sand als Symbol für den „Ökologischen Fußabdruck“.

Wir wollen Ihre Bilder !

FOTO: ROBERT HOFRICHTER

www.piclease.com

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Die Naturbildagentur


ab 42

Landwirtschaft: Klimawandel und Wege einer klimafreundlichen Ernährung

Der Blaue Planet 08 im Krisenmodus FOTOS: ROBERT HOFRICHTER; GERD ALTMANN/PIXABAY (THERMOMETER)

01 Editorial 02 Inhalt

THEMA 04 Einführung: Klima und Natur im Wandel Univ.-Prof. i.R. Dr. Roman Türk Appell an die Umweltministerin: Bedenken wegen des geplanten Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes 05 Die Österreichische Strategie zur Anpassung an den Klimawandel im Überblick 08 Titel: Der Blaue Planet im Krisenmodus Dr. Robert Hofrichter 26 Bedeutung der Moore für den Klimaschutz Univ.-Prof. Dr. Stephan Glatzel BIODIVERSITÄT: 30 Biodiversitätsverlust in Zeiten des Klimawandels Prof. Dr. Josef Settele 35 Biodiversität in Österreich: Wie Lebensräume verloren gehen DI Christof Kuhn & Mag. Dominik Linhard 37 Auswirkungen des Klimawandels auf die Bestände heimischer Amphibien in der Steiermark Dr. Werner Kammel 40 Klimawandel unter Wasser Stefan Winna LANDWIRTSCHAFT: 42 Täter und Opfer zugleich: Wie die EU die Emissionen der Landwirtschaft senken möchte Dr. Cornelia Rumpel & Dr. Abad Chabbi

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44 Bioanbau ist nachweislich klimafreundlich Dr. Markus Steffens et al. 49 Klimawandel und Ernährungssysteme 50 Kann Biolandwirtschaft die Welt ernähren? Dr. sc. nat. Adrian Müller 53 Der CO 2-Fussabdruck von Lebensmitteln – Wege einer klimafreundlichen Ernährung Dr. Thomas Lindenthal FORSTWIRTSCHAFT | ENERGIEWENDE: 55 Wald der Zukunft DI Dr. Norbert Putzgruber 58 Die „Erblast“ der Fichtenmonokulturen | Mastjahr 2020: Jahr der Blüten und Früchte Univ.-Doz. Prof. Dr. Johannes Gepp 61 Biomasse im Kontext einer natur verträglichen Energiewende 65 Photovoltaik-Position des Naturschutzbundes Österreich

U2 Mutter Erde zum Klimaschutz 67 Buchtipps (Buchhandel) 68 Impressum, Adressen der Landesgruppen 69 Abo-/Mitgliederbestellschein 70 Shop 72 Vorschau/Geschenkabos U3 Zugunsten der Natur mit Ihrem Letzten Willen

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THEMA

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ei der Berichterstattung über das Corona-Virus in den vergangenen Monaten ist das weltweit dringendst zu lösende Problem des Klimawandels völlig in den Hintergrund getreten. Denn es wird viel zu wenig darüber diskutiert, welche Folgen der Anstieg der klimawirksamen Gase in der Atmosphäre – Kohlendioxid, Lachgas, Methan, Ozon und FCKWs – auf die Artenvielfalt und die Witterungsbedingungen weltweit und besonders in unseren Breiten nach sich zieht. Besondere Bedeutung kommt dem CO2 , Methan und dem durch die Erwärmung stärker verdunstenden Wasserdampf (H2O) zu. Betrug die Kohlendioxidkonzentration in der vorindustriellen Zeit (um 1900) noch etwa 292 ppm (parts per million) so ist sie inzwischen auf 413,47 ppm im Februar 2020 angestiegen. Und das Maß der Klimaerwärmung hängt ab von der Konzentration der Treibhausgase, insbesondere vom Kohlendioxid, das durch den Menschen bei der Verbrennung fossiler Energieträger, wie die Energiebereitstellung für industrielle Prozesse, Erzeugung von Elektrizität, Mobilität mit Verbrennungsmotoren etc., freigesetzt wird und in die Atmosphäre gelangt. Der dadurch bedingte Klimawandel ist heute weltweit nachweisbar – auch in unseren Breiten. Um diesem entgegensteuern zu können, wird die Suche

nach Kohlenstoffsenken, das sind natürliche Reservoire, die vorübergehend Kohlenstoff binden und speichern, immer dringender. Sehr wirksame Kohlenstoffsenken sind die Urwälder in den Tropen, Steppen und Savannen in den subtropischen Zonen, und in unseren Breiten moosreiche Wälder, Moore und Feuchtgebiete aller Art sowie humusreiche Böden. Darum ist es notwendig, energieaufwändige Prozesse wie Autofahren, Fernreisen, übermäßiges Heizen, Kühlen etc. zu verringern und mit der Erhaltung und Schaffung von Kohlenstoffsenken vor unserer Haustür zu beginnen. Die Autorinnen und Autoren dieses Heftes beleuchten ausführlich die unterschiedlichen Facetten des Klimawandels.

Univ.-Prof. i.R. Dr. Roman Türk, Präsident des | naturschutzbund | Österreich, roman.tuerk@naturschutzbund.at

APPELL: KLIMAFITTE FLÜSSE STATT SUBVENTIONIERTER NATURZERSTÖRUNG! Umweltverbände und renommierte Stimmen aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft warnen vor einem ungezügelten Ausbau der Wasserkraft und Naturzerstörung durch das geplante Erneuerbaren-AusbauGesetz. „Für lebendige und klimafitte Flüsse, gegen subventionierte Naturzerstörung“: Unter diesem Motto warnt der Naturschutzbund in einer Allianz aus 40 Umweltorganisationen und Vertreter*innen aus der Wissenschaft und Zivilgesellschaft vor einem ungezügelten Ausbau der Wasserkraft auf Kosten der Allgemeinheit. Konkret fordert die Initiative in einem aktuellen Appell wirksame Naturschutzkriterien im geplanten ErneuerbarenAusbau-Gesetz (EAG), damit keine neuen Kraftwerke in Schutzgebieten

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sowie an den letzten ökologisch intakten Flussstrecken subventioniert werden. „Gerade in der Klimakrise brauchen wir intakte Flüsse als Schutzschilder gegen Dürreperioden, Überhitzung und Artensterben. Daher muss die Bundesregierung sicherstellen, dass der notwendige Ökostrom-Ausbau in Zukunft konsequent naturverträglich erfolgt. Neue Kraftwerke in Schutzgebieten sowie in den letzten unberührten Flusslandschaften müssen tabu sein“, fordert WWF-Programmleiterin Hanna Simons. „Österreich hat einen viel zu hohen Energieverbrauch. Deshalb reicht es nicht aus, nur auf Ausbau zu setzen. Stattdessen müssen wir massiv Energie sparen und das Steuersystem komplett ökologisieren, um die Abhängigkeit von Öl und Gas stark zu verringern“, sagt Simons.

„Die Politik hat die Verbauung einzigartiger Flusslandschaften schon viel zu lange subventioniert und dadurch zahlreiche Ökosysteme in den Kollaps getrieben. Anstatt auch noch die letzten freien Fließgewässer zuzupflastern, muss das Fördersystem grundlegend reformiert und auf Modernisierung und Effizienzsteigerung bestehender Kraftwerke gesetzt werden. Der Ausbau der Erneuerbaren muss in Zukunft naturverträglich sein, wie es auch im Regierungsprogramm festgelegt ist. Ansonsten drohen stets neue Belastungen für die bereits stark geschädigte Biodiversität und Morphologie in unseren Fließgewässern“, sagt Umweltdachverband-Präsident Franz Maier. Denn laut einer aktuellen BOKU-Studie gelten bereits rund 60 Prozent der heimischen Fischarten als gefährdet,

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FOTO: PIXABAY

KLIMA UND NATUR IM WANDEL


THEMA

IM ÜBERBLICK: DIE ÖSTERREICHISCHE STRATEGIE ZUR ANPASSUNG AN DEN KLIMAWANDEL

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er Klimawandel ist durch Messungen und Beobachtungen belegt und geht sogar rascher vor sich als im globalen Mittel. Österreich verfolgt daher bereits seit Jahren eine Klimapolitik, die auf zwei Säulen, nämlich Reduktion der Treibhausgasemissionen (Klimaschutz) und Anpassung an nicht mehr vermeidbare Folgen des Klimawandels, baut. Diese Politik findet ihre Bestätigung auch im Übereinkommen von Paris, dass die Klimawandelanpassung als gleichwertig neben den Klimaschutz stellt.

stark gefährdet oder sogar vom Aussterben bedroht. Nur noch 15 Prozent der Flüsse sind ökologisch intakt. „Der extrem hohe Ausbaugrad der Wasserkraft ist dafür einer der Hauptfaktoren“, so Maier. Zu den Unterstützer*innen des Appells zählen neben zahlreichen Umweltorganisationen auch renommierte Persönlichkeiten aus der Wissenschaft, darunter die Klimawissenschaftlerin Helga KrompKolb, der Klimaforscher Herbert Formayer, der Politikwissenschaftler Ulrich Brand und der Gewässerökologe Steven Weiss. Dazu kommen engagierte Prominente wie Skispringlegende Toni Innauer und Schauspieler Gregor Seberg. Gemeinsam fordern sie eine naturverträgliche Energiewende und einen Subventionsstopp für den Bau neuer Wasserkraftwerke in Schutzgebieten sowie an den letzten ökologisch sehr guten Flüssen. Da von den bestehenden Wasserkraftanlagen fast 80

Unter Anpassung verstehen wir dabei alle Vorkehrungen, die dazu beitragen, dass Umwelt und Gesellschaft sich möglichst gut auf die neuen Bedingungen im Klimawandel einstellen können. Gute Anpassungspraxis bedeutet stets auch, dass sie sich an den Prinzipien der Nachhaltigkeit orientiert. Maßnahmen die z.B. nur kurzfristig und in einem bestimmten Bereich Erfolge bringen, sich aber in anderer Weise schädlich auf Natur oder Gesellschaft auswirken, gelten als Fehlanpassung. Österreich war 2012 unter den ersten EU-Staaten, die ein strategisches Konzept zur Klimawandelanpassung mit einem umfassenden Aktionsplan zur Umsetzung konkreter Handlungsempfehlungen verknüpften. Diese Österreichische Strategie zur Anpassung an den Klimawandel wurde 2016 weiterentwickelt und in der aktualisierten Fassung im Jahr 2017 erneut von Bund und Ländern verabschiedet, sie ist das zentrale Leitdokument in diesem Bereich. Neben den grundsätzlichen Informationen und strategischen Überlegungen (Teil „Kontext“), umfasst die Strategie auch einen Aktionsplan, der für insgesamt

Prozent die geltenden ökologischen Mindestanforderungen verfehlen, fordert der Appell Modernisierungen vor Neubauten. Nicht extra subventioniert werden sollen jene Kleinstkraftwerke, die für sehr wenig Energie sehr viel Natur zerstören und daher auch für das Klima nur wenig bringen. Gewässerökologe Steven Weiss von der Universität Graz: „Unsere Flüsse sind die am stärksten vom Artensterben betroffenen Lebensräume. Auch in Österreich haben jahrzehntelange Fehlentwicklungen diese Ökosysteme stark beschädigt und zu einem drastischen Artenrückgang geführt. Dennoch sind zusätzlich zu den mehr als 5.200 bestehenden Wasserkraftwerken hunderte neue Projekte geplant. Dabei ist der hohe Anteil von Anlagen unter 1 MW Leistung besonders problematisch. Dieser Bereich liefert weniger als 5 Prozent des Stroms, macht aber 86 Prozent aller Anlagen aus,

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die ins Netz liefern. Befeuert von schlechten finanziellen Anreizen stellt jedes einzelne dieser Kleinstkraftwerke einen massiven Eingriff in die Natur dar.“ Klimaforscher Herbert Formayer von der Universität für Bodenkultur Wien: „Die Klimakrise ist längst in Österreich angekommen. Im Kern jeder Lösungsstrategie muss unser viel zu hoher Energieverbrauch stehen. Wenn wir es nicht schaffen, unseren Bedarf zu reduzieren, führt dies unweigerlich zur weiteren Ausbeutung natürlicher Ressourcen auf Kosten künftiger Generationen. Erneuerbare Energien dürfen – anders als bisher – nur mehr konsequent naturverträglich ausgebaut werden.“

FOTO: TONI VORAUER

Wir stehen mitten im Wandel des Weltklimas und sind speziell im Alpenraum sehr massiv davon betroffen. Die anthropogene Klimaänderung findet bereits statt und kann durch Gegenmaßnahmen keinesfalls mehr aufgehalten, sondern nur mehr in ihren Auswirkungen gemildert werden. Es müssen daher neben den Klimaschutzmaßnahmen dringend auch Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel gesetzt werden. Die österreichische Strategie dazu bildet einen umfassenden Rahmen, um in den nächsten Jahren und Jahrzehnten die notwendigen Schritte in der Anpassung umzusetzen.

APPELL Appell an BM Leonore Gewessler mit allen Unterzeichneten zum Download auf www.naturschutzbund.at

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THEMA

Leider hat der Klimawandel in Österreich bisher nur in wenige strategische Entscheidungen Eingang gefunden.

FOTO: WIKIIMAGES (PIXABAY)

14 Aktivitätsfelder konkrete Handlungsempfehlungen vorsieht. Die Entwicklung der Strategie erfolgte unter Einbindung der betroffenen Akteurinnen und Akteure, insbesondere aus Ministerien, Ländern, Interessensvertretungen, NGOs (darunter auch der Naturschutzbund) sowie aus der Wissenschaft. Klimawandelanpassung ist ein komplexes Querschnittsthema, eine Vielzahl von Handlungsfeldern und verschiedene Verantwortungsebenen sind betroffen. Daher ist eine sektorübergreifende Betrachtung und Integration von Anpassung in viele Politikbereiche notwendig. Anpassung an den Klimawandel ist auch ein kontinuierlicher Prozess mit wiederkehrender Überprüfung der wesentlichen Klimafolgen und der Wirksamkeit der gewählten Anpassungsmaßnahmen. Daher ist die regelmäßige Erstellung eines Fortschrittsberichts mit der Darstellung des Umsetzungsstands in den Aktivitätsfeldern notwendig. Der erste Fortschrittsbericht zum Status-quo der Anpassung in Österreich wurde 2015 im Ministerrat verabschiedet (BMNT 2015) und auch von der Landeshauptleutekonferenz bestätigt. Um den Stand der Umsetzung strukturiert zu erfassen, war hierfür ein Konzept zur Fortschrittsdarstellung (BMNT 2014) entwickelt worden, welches auf zwei Komponenten beruhte: einer Befragung und einem Kriterienkatalog. Die Ergebnisse aus dem ersten Fortschrittsbericht waren eine wichtige Grundlage, um die Strategie zur Anpassung an den Klimawandel im Jahr 2017 zu aktualisieren. Derzeit laufen intensive Arbeiten zur Erstellung des zweiten Fortschrittsberichts, der Ende 2020 vorliegen soll.

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Prinzipiell kann man feststellen, dass in Österreich insgesamt bereits zahlreiche Maßnahmen zur Klimawandelanpassung in Angriff genommen wurden. Beispielhaft zu nennen wären einzelne Bereiche in der Forstwirtschaft, der Wasserwirtschaft, im Bereich Naturgefahren oder auch in der Landwirtschaft sowie in neuen Ansätzen im Tourismus. Es ist allerdings auch anzumerken, dass der Klimawandel mit seinen mannigfaltigen Auswirkungen bisher österreichweit dennoch nur in relativ wenige relevante strategische Entscheidungen Eingang gefunden hat. BEISPIELE FÜR MASSNAHMEN ZUR KLIMAWANDELANPASSUNG: Im Bereich Forstwirtschaft ist bereits ein Rückgang des Fichten- und ein Anstieg des Laubholzanteiles zu beobachten. Zur Verbesserung der Gewässerökologie wurden und werden zahlreiche Maßnahmen gesetzt, wie zum Beispiel zur Wiederherstellung der Durchgängigkeit von Fließgewässern. Zusätzlich geschaffene Retentionsräume tragen wesentlich zum Schutz vor Naturgefahren bei. Die Forderung muss weiter sein: „Mehr Raum für die Flüsse“. Die biologische Bewirtschaftung richtet sich nach Zielen, die auch im Sinne der Klimawandelanpassung sind. In diesem Zusammenhang ist es zu begrüßen, dass die Fläche im Biolandbau seit dem Jahr 2000 deutlich angestiegen ist. Eine Vielzahl von Fördermaßnahmen im Tourismus steht im Einklang mit der Klimawandelanpassung, etwa die Forcierung einer nachhaltigen Entwicklung. Herbstausgabe | natur&land | 106. JG. – Heft 3-2020


KLIMAANPASSUNGSSTRATEGIE

Auch der Zugang der Bevölkerung zu relevanten Informationen wurde erheblich verbessert und diese werden speziell in „Krisenzeiten“ auch sehr gut angenommen. Wie die Ergebnisse der vom Klima- und Energiefonds geförderten Projekte COIN (2015) und dessen Weiterentwicklung 2020 (Klimapolitik in Österreich: Innovationschance Coronakrise und die Kosten des NichtHandelns) zeigen, werden die Anpassungskosten mit fortschreitendem Klimawandel deutlich ansteigen, wenn nicht rechtzeitig und entschieden gehandelt wird. Dies untermauert die Dringlichkeit, Klimawandelanpassung in allen relevanten Bereichen verstärkt mitzudenken und ihr auf der politischen Agenda einen höheren Stellenwert beizumessen.

BROSCHÜREN

KLIMASCHUTZBERICHT 2020 Österreichs Emissionen und Klimaziele im Überblick Umweltbundesamt GmbH (Hrsg.), 2020, Wien, 186 S., ISBN 978-399004-558-9, zum Download: www.umweltbundesamt.at (unter: Aktuelles&Reports)

2020 KLIMAPOLITIK IN ÖSTERREICH: Gekürzte Fassung der Österreichischen Strategie zur Anpassung an den Klimawandel Quellen und Links zu Anpassungsstrategie, Fortschrittsbericht, Weißbuch: https://www.bmlrt.gv.at/umwelt/klimaschutz/klimapolitik_ national/anpassungsstrategie/strategie-kontext.html https://www.bmlrt.gv.at/umwelt/klimaschutz/klimapolitik_national/ anpassungsstrategie/Fortschrittsbericht.html http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2009: 0147:FIN:DE:PDF (WEISSBUCH „Anpassung an den Klimawandel“ 2012)

Innovationschance Coronakrise und die Kosten des Nicht-Handelns RB 1-2020, Wegener Center Verlag, Universität Graz, Austria, 60 Seiten; zum Download: https://doi.org/10.25364/ 23.2020.1

www.klimawandelanpassung.at

Wer im Zeitraum vom 31.08. bis zum 30.09. von seinem bisherigen Stromanbieter auf Ökostrom von MyElectric wechselt, spart CO2 und beim Energiepreis rund 10 Prozent gegenüber einem typischen Landesenergieversorger. Als Dankeschön gibt es eine 100 Euro dm Geschenkkarte.

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THEMA

KLIMAWANDEL

DER BLAUE PLANET

Im Pariser Klimaabkommen haben sich fast alle Staaten der Welt darauf geeinigt die Zunahme der Erderwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen. Anders als im globalen Durchschnitt hat die Erwärmung in Österreich aber bereits um 2 °C zugenommen. Allen Berechnungen zufolge ist in den nächsten 60-80 Jahren eine Temperaturzunahme um 4,5 °C am wahrscheinlichsten – wenn es zu keinen tiefgreifenden Veränderungen kommt!

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KLIMAWANDEL

IM KRISENMODUS

Dass der durch Menschen beschleunigte Klimawandel von manchen bestritten wird, steht außer Diskussion – wir erleben es in Gesprächen und den sozialen Medien täglich. Doch ist er bis auf wenige Ausnahmen nur bei klimatologischen Laien umstritten. Die große Mehrheit der Klimaexpertinnen und -experten – so hat eine wissenschaftliche Untersuchung ergeben – sind sich hingegen seit Jahrzehnten weitestgehend einig: Die natürlichen Ursachen für Klimaänderungen in ferner Erdvergangenheit sind bekannt, ebenso der Mechanismus der gegenwärtigen globalen Erwärmung, zu deren wichtigsten Ursachen die vom Menschen verursachten Kohlendioxid- Emissionen zählen. Unumstritten unter Experten ist ebenfalls, dass der Klimawandel mit einer Beschleunigung erfolgt, die es in Jahrmillionen nie gegeben hat. VON ROBERT HOFRICHTER

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FOTO: MASTER TUX (PIXABAY)

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und 50 Forschungszentren in aller Welt beschäftigen sich täglich und intensiv mit den Klimamodellen. Von diesen gibt es in etwa 100. Sie werden von Jahr zu Jahr präziser und keine einzige von ihnen verharmlost die Situation. Auch herrscht über die so genannten „Kipppunkte“ Konsens: Wenn wir diese übersehen, setzen für uns unkontrollierbare und unumkehrbare klimatische Entwicklungen ein. Ein unumstößliches und unbestrittenes Faktum in dieser Beziehung ist: Noch nie ist eine solche rasche Erderwärmung auf eine menschliche Zivilisation mit fast acht Milliarden Menschen gestoßen. Kleinräumigere klimabedingte humanitäre Katastrophen für einzelne Völker, Regionen und Gemeinschaften gab es in den Jahrtausenden schon öfters, diesmal geht es um einen globalen, weltweiten Wechsel, der die gesamte Menschheit und den ganzen Heimatplaneten trifft – mit allen sozialen, politischen, humanitären, ökologischen, wirtschaftlichen und auch kulturellen Konsequenzen. Keine Zweifel gibt es weiterhin über den derzeitigen Rückgang der Biodiversität, den Verlust von Arten, Ökosystemen und Lebensräumen. Wir erleben die sechste große Aussterbewelle der Erdgeschichte und leben in einer neuen geochronologischen Epoche, dem Anthropozän oder „Zeitalter des Menschen“. Das sind schon genug Gründe, um einen genaueren Blick auf den Klimawandel zu werfen. Fassen wir zusammen, was wir über ihn tatsächlich wissen und wie der Stand der aktuellen Forschung ist.

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DIE LEBENSERFAHRUNG ZEIGT: ALLES IST IM WANDEL BEGRIFFEN. WARUM NICHT DAS KLIMA? Als der 1945 geborene bayerische Biologie- und Ökologieprofessor Josef Reichholf sein Buch Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends veröffentlichte, sprachen Rezensenten vom „aufregendsten Buch des Frühjahrs“. Darin ging es beispielsweise um das mittelalterliche Klimaoptimum (oder Klimaanomalie), eine besonders warme Phase, die auf der Nordhalbkugel etwa zwischen 950 und 1400 dauerte. Sie endete mit der so genannten Kleinen Eiszeit, deren Beginn meist mit der Mitte des 15. Jahrhunderts angegeben wird. Dieses Buch diskutierten wir in einer Runde von Naturwissenschaftlern. Das war im Jahr 2007. Die damalige Gesprächsrunde bestand nicht aus „Ahnungslosen“ in Sachen Klima, sondern aus exzellenten Ökologen und Biologen. Und doch vergaßen wir in der Diskussion auf offensichtliche Verallgemeinerungen und Ungenauigkeiten der Argumentation hinzuweisen. Ja, im mittelalterlichen Klimaoptimum war die Witterung und auch das Klima oft außergewöhnlich warm, mit massiven (und eben auch positiven) Auswirkungen auf die Natur und das Leben der Menschen. Der Weinbau breitete sich bis an die Ostsee aus, die Waldgrenze in den Alpen stieg, die Ernten fielen gut aus und der Alltag der Menschen war stellenund zeitweise weniger hart als sonst. „Die Romantik und ihre Naturschwärmerei“, schrieb Reichholf im erwähnten Buch, „wären ohne die Erwärmung um 1800 nicht denkbar gewesen“. Doch war es nicht 500 Jahre lang ununterbrochen immer nur warm. Ich gebe zu: Heute verharmlose ich die Situation in keiner Weise mehr, wie ich es vor 13 Jahren in der Diskussion über Josef Reichholfs Buch in der hochkarätigen Runde vielleicht getan habe. Die Situation heute ist eine andere als noch vor Jahrzehnten. Auch die Sichtweise der Experten hat sich dieser Entwicklung angepasst. Die Wissenschaft weiß heute, dass sowohl räumlich als auch zeitlich beträchtliche Schwankungen vorherrschten. So wie wir es auch heute kennen: Manche Winter sind viel zu mild, dann kann aber auch ein durchaus strenger und schneereicher folgen. Häufig ist es viel zu trocken, aber dann kann es zu viel regnen. Einzelne Jahre oder Serien von Jahren sagen noch nichts über das Klima aus. Die Wissenschaft unterscheidet daher streng zwischen Wetter (ein Zustand an einem bestimmten Ort, zu einer bestimmten Zeit und in einem Zeitraum von Stunden bis hin zu wenigen Tagen), Witterung (durchschnittlicher Charakter des Wetterablaufs an einem Ort oder in einem Gebiet über mehrere Tage bis zu mehreren Wochen) und Klima (mittlerer Zustand der Atmosphäre an einem bestimmten Ort oder in einem bestimmten Gebiet über einen längeren Zeitraum). Das übersehen manchmal meteorologische Laien, wenn sie

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FOTO: ROLAND STEINMANN (PIXABAY)

THEMA

Die Menschheit befindet sich nicht mehr weit vom „Kipppunkt“ entfernt, wenn der Lebensstil so bleibt wie bisher. Übersehen wir ihn, setzen unumkehrbare klimatische Entwicklungen ein.

über das Klima diskutieren und „gegen den menschengemachten Klimawandel argumentieren“. Ein Vergleich des Klimas im 20. und 21. Jahrhundert mit jener in der Vergangenheit ist für Laien nicht ohne weiteres möglich. Dafür gibt es viele Gründe, die wir in diesem Beitrag analysieren möchten. Nur ein Teil der Bevölkerung scheint ein Bewusstsein dafür entwickelt zu haben, und die Diskussionen über den Klimawandel haben die Gesellschaft polarisiert. Während etwa 90 % der Fachleute keinen Zweifel haben, dass der Klimawandel das Schicksal unseres Planeten und der Menschheit massiv verändern wird (trotzdem kursiert die falsche Behauptung, dass sich Fachleute nicht einig sind), formiert sich zugleich eine gesellschaftliche „Widerstandsbewegung“. Sie leugnet, dass unser zukünftiges Leben anders sein wird und wir mit ernsten Konsequenzen zu rechnen haben. Aggressionen sind unübersehbar, in diesen Kreisen spricht man gern von „Klimahysterie“ und „Klimapropaganda“. Rechte Politiker verfallen häufiger in einen unsachlichen Tonfall, sprechen von „CO2-Jüngern“, „Scharlatanen“ und von „Klimareligion“ und behaupten, die Wissenschaftler wüssten genauso wenig wie normale Bürger darüber, warum sich das Klima auf der Erde wandelt. Das ist Herbstausgabe | natur&land | 106. JG. – Heft 3-2020


KLIMAWANDEL

INFOBOX

falsch: „Klimaforscher verstehen die natürlichen Ursachen für vergangene Klimaänderungen sehr gut“, wie Georg Feulner vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung in einem Interview sagte. „Es sei wissenschaftlich bestens belegt, dass die aktuelle globale Erwärmung vornehmlich durch Kohlendioxid-Emissionen bewirkt wird, die vom Menschen verursacht sind.“ Warum also der Widerstand, wenn die Wissenschaft seit Jahrzehnten solide Beweise liefert? Und die Älteren unter uns die Veränderung zumindest bis zu einem gewissen Grad unmittelbar wahrnehmen?

Die durchschnittliche Oberflächentemperatur der Erde ist seit Beginn der Industrialisierung um ca. 1 °C gestiegen. Die atmosphärische Konzentration von CO2 hat mit 420 ppm den höchsten Wert seit mindestens 800.000, wahrscheinlich sogar seit 2 Mio. Jahren erreicht. Die anderen Treibhausgase (Methan, Lachgas) weisen analoge Rekorde auf.

EIN BLICK ZURÜCK: ES STIMMT ZWEIFELLOS, DAS KLIMA WAR IN DER ERDGESCHICHTE NIE UNVERÄNDERLICH Einer der Gründe für das Leugnen von Klimaveränderungen ist unsere Abneigung gegenüber Veränderungen. Die meisten Europäer haben sich in der Nachkriegszeit an einen konstant hohen Lebensstandard mit einem enormen ökologischen Fußabdruck gewöhnt und möchten ungern etwas davon aufgeben. Was die Politik betrifft: Sie wird bloß für eine relativ kurze Wahlperiode gewählt, möchte danach wiedergewählt werden und bedient daher die eigene Wählerschaft und Klientel aus Wirtschaft und Gesellschaft. Die Argumentation der Klimaforscher und Umweltschützer hebt die Notwendigkeit von Reduktion und Verzicht hervor, das Zurückschrauben unserer Ansprüche. Das widerspricht nicht nur der Grundeinstellung des neoliberal-globalisierten Weltwirtschaftssystems und der Politik, die ausschließlich auf Wachstum setzt, sondern auch unseren eigenen Neigungen. Niemand reduziert gern freiwillig seinen Lebensstandard. Niemand hört gern zu, wenn ihm mit vorgeworfen wird, selbst ein Teil des Problems zu sein. Je brisanter die Erkenntnisse der Klimaforschung und die täglichen Nachrichten über Umweltzerstörung und Klimakatastrophen sind, desto mehr sträuben sich viele Menschen gegen den Zwang, etwas am eigenen Lebensstil verändern zu müssen. Man hört ungern, dass der eigene Wohlstand grundsätzlich immer auf Kosten von anderen Menschen, anderer Arten, ganzer Ökosysteme und der Zukunft möglich war.

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Im Gefolge der Erderwärmung kommt es zum Abschmelzen der Eismassen, zum Anstieg des Meeresspiegels, zu grundsätzlichen Veränderungen der atmosphärischen und ozeanischen Zirkulation, zur Umverteilung von Niederschlägen und zur Zunahme extremer Wetterereignisse wie Dürren, Überschwemmungen und Stürmen. Der Sonderbericht des Weltklimarates 2018 geht davon aus, dass diese Veränderungen schon bei einem Temperaturanstieg von mehr als 1,5 °C zu gravierenden und nicht mehr sicher beherrschbaren Veränderungen führen.

FOTO: GERD ALTMANN (PIXABAY)

Die Klimageschichte war ein ständiges Auf und Ab Zu den häufigsten Argumenten der „Leugner“ zählt jenes, dass es Klimaänderungen und höhere Gehalte an CO2 in der Atmosphäre immer schon gegeben hat. Die Aussage stimmt grundsätzlich. Die durchschnittliche globale Temperatur lag in den wärmsten (Perm-Trias-Ereignis mit großflächigen vulkanischen Aktivitäten und erheblichen Ausgasungen von Treibhausgasen) und kältesten (Permokarbones Eiszeitalter) Phasen der Erdgeschichte um bis zu 25 °C auseinander. Die Klimageschichte war ein ständiges Auf und Ab der Tempera-

Die aktuell noch steigenden CO2-Emissionen der Jahre 2017 und 2018 entsprechen ungefähr dem RCP-8.5-Szenario des Weltklimarates aus dem Jahr 2013. In diesem Szenario steuert die Erde – verglichen mit dem Zeitraum 1850–1900 – auf einen katastrophalen durchschnittlichen Temperaturanstieg von 3,2 bis 5,4 °C am Ende des 21. Jh. mit dann noch immer weiter steigender Tendenz zu. Für das Ziel der UN, die Erderwärmung auf „gut unter 2 °C“ und wenn möglich auf 1,5 °C zu begrenzen, wären ein fundamentales Umdenken, sofortiges Handeln und eine nahezu 100 %-ige internationale Kooperation notwendig.

Hervorzuheben ist die sich gegenseitig verstärkende Kombination all der negativen Umweltfaktoren zusätzlich zum Klimawandel. In der Fachliteratur spricht man vom „perfect storm“. Diese summierte Veränderung könnte unsere Umwelt ebenso abrupt und tiefgreifend verändern wie der katastrophale Meteoriteneinschlag am Ende der Kreide vor 65. Mio. Jahren.

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THEMA

Abb. 1: Verlauf der Schwankungen der CO2-Werte in der Atmosphäre während der letzten 800.000 Jahre (Pleistozän).

CO2-Level (in ppm)

480 440 400 360 320 280 240 200 160

heute In keinem Millenium war der Kohlendioxid-Gehalt in der Atmosphäre höher (gestrichelte Linie)

800

700

600

500 400 300 in 1 000 Jahren vor heute (0 = 1950)

turen, und die Unterschiede waren beträchtlich. Wir wissen, dass die Welt im Rahmen des „Pariser Klimaabkommens“ um eine Einbremsung der Erderwärmung um maximal 2 °C kämpft, was im Dezember 2010 erstmals 194 Mitgliedstaaten der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) bestätigten. Einigen erschien das zu wenig ambitioniert und man plädierte für eine Senkung der Grenze auf höchstens 1,5 °C. Doch wie modernste Berechnungen zeigen (Sherwood et al, 2020), wird es weder mit 1,5 °C noch mit 2 °C funktionieren. Das Szenario – von denen es etwa 100 gibt – erscheint sehr unwahrscheinlich und liegt bei nur fünf Prozent. Zwischen 6 und 18 % hingegen liegt die Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich die Erde durch eine Verdopplung des CO2-Gehalts in der Luft im Vergleich zum vorindustriellen Wert um mehr als 4,5 °C erwärme. Eine solche CO2-Verdopplung ist in den nächsten 60 bis 80 Jahren möglich, wenn keine tiefgreifenden Veränderungen erfolgen.

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FOTO: WOLFGANG SCHRUF

Der CO2-Gehalt schwankte mit präziser Regelmäßigkeit zwischen 180 ppm in den Kaltzeiten und 280 ppm am Höhepunkt der Warmzeiten. Mit Beginn der Industrialisierung, aber ganz besonders seit der Mitte des 20. Jahrhunderts, stieg der Wert auf heute knapp 420 ppm rasant an. Auch wenn es in der Erdgeschichte Zeiten mit viel höheren CO2-Werten in der Atmosphäre gegeben hat, war es in den letzten 800.000 Jahren nie der Fall und – das ist eine Schlüsselerkenntnis – ist der Anstieg der vergangenen etwa 100 Jahre der schnellste den es jemals gab. Der Anstieg korreliert mit der Verbrennung fossiler Brennstoffe, bei unverändertem Ausstoß ist ein Wert von 1.500 ppm zu erwarten. Kurzfristige Reduktionen des CO2-Ausstoßes wie während des Corona-Lockdowns im Frühjahr 2020 kann an der Entwicklung nichts ändern – die CO2-Werte stiegen weiter. Es wäre eine langfristige und dauerhafte Reduktion des Ausstoßes erforderlich, um eine Veränderung beobachten zu können. Grafik aus: Hofrichter, Das Mittelmeer, 2020.

200

100

1950

0

Zu den wesentlichen Triebkräften dieses Wechsels zählt der Treibhauseffekt durch Gase in der Atmosphäre. Zu den bekanntesten zählen Kohlen(stoff)dioxid (CO2) und Methan (CH4). Doch nennt das Kyoto-Protokoll sechs Treibhausgase: Zusätzlich zu Kohlendioxid und Methan sind es Lachgas (N2O) und die fluorierten Treibhausgase (F-Gase): wasserstoffhaltige Fluorkohlenwasserstoffe (HFKW), perfluorierte Kohlenwasserstoffe (FKW), und Schwefelhexafluorid (SF6). Seit 2015 wird auch Stickstofftrifluorid (NF3) dazugezählt. Laut den aktuellsten Modellen der Wissenschaftler reagiert die Erde deutlich empfindlicher auf die Emission von Treibhausgasen und erwärmt sich schneller als gedacht. Und die Emissionen steigen anstatt zu sinken (siehe auch Seite 47, Infobox). Der Gehalt von Treibhausgasen in der Atmosphäre wird in der Einheit ppm angegeben. Es ist die Abkürzung des englischen parts per million (Anteile pro Million). Abbildung 1 zeigt den Verlauf der Schwankungen Herbstausgabe | natur&land | 106. JG. – Heft 3-2020


KLIMAWANDEL

Österreichs Gletscher schmelzen rapide: Der Pasterzenkees (Glocknergruppe) dürfte in den nächsten 40 Jahren völlig verschwinden. Im Hintergrund der Johannisberg.

in den letzten 800.000 Jahren während des letzten Drittels des Pleistozäns. Dieser Zeitabschnitt zeichnete sich durch einen periodischen Wechsel von Kaltund Warmzeiten aus. Und durch einen ziemlich exakten periodischen Wechsel des CO2-Gehalts zwischen 180 und 280 ppm. Als Warnung könnte uns dienen, dass in der Erdgeschichte am Höhepunkt der Warmzeiten auch schon ein so genannter „galoppierender Treibhauseffekt“ (runaway greenhouse effect) eintrat, und die Kohlendioxid-Konzentrationen konnten enorme Werte von bis über 7.000 ppm erreichen. Das war mehr als das 20-fache des vorindustriellen Maximalwertes von 280 ppm. Es stimmt also, dass sowohl die globalen Temperaturen als auch der Gehalt an Treibhausgasen in der Atmosphäre wesentlich höher liegen konnten als heute, zum Beispiel durch Vulkanausbrüche. Das Pleistozän war nur ein Wimpernschlag der Erdgeschichte. Was aber ebenso stimmt: Aus teilweise oder ganz richtigen Fakten können falsche Schlussfolgerungen gezogen werden. Wie Klimaforscher Georg Feulner aus Potsdam sagt: „Aus dem Auftreten von natürlichen Klimaänderungen in der Vergangenheit folgt natürlich nicht, dass die derzeitige Erwärmung nicht vom Menschen verursacht sein kann, genauso wenig wie aus dem Auftreten natürlicher, von Blitzschlägen ausgelöster Feuer folgt, dass es keine Brandstiftung durch den Menschen geben kann.“ Herbstausgabe | natur&land | 106. JG. – Heft 3-2020

DER TREIBHAUSEFFEKT IST MENSCHENGEMACHT In der polarisierten Diskussion zum Klimawandel wird vor allem das Gas mit der schlichten Formel CO2 unsachlich thematisiert. Jene, „die an den Klimawandel glauben“ (eine unsinnige Formulierung, aber so wird es oft dargestellt), werden als CO2-Jünger und ähnlich verunglimpft. Klimaforscher*innen wissen, dass das Molekül CO2 in vielerlei Hinsicht von elementarer Bedeutung für das Leben auf der Erde ist. Dieses Molekül besteht aus einem Kohlenstoffatom und zwei Sauerstoffatomen. Sie wissen, dass Pflanzen ohne das lebensnotwendige Spurengas CO2 nicht überleben können. In diesem Sinn ist CO2 bestimmt als „gut“ einzustufen. Sie wissen aber auch, dass es nicht so ist, dass unbegrenzt viel von irgendetwas grundsätzlich etwas Gutes bedeuten muss. Das ist beim Wasser so, beim Dünger und bei vielen weiteren Faktoren in der Ökologie. Naturwissenschaftler wissen, dass der atmosphärische CO2-Gehalt in der Erdgeschichte erheblich schwankte, sie wissen, dass es durch seine Löslichkeit in Wasser den pH-Wert der Ozeane wesentlich beeinflusst und dass Kohlenstoff grundsätzlich an einem über Äonen ablaufenden Kreislauf des Kohlenstoffs beteiligt ist. Die Sorge um den Treibhauseffekt und das Klima bedeutet keine „Feindschaft“ dem Kohlendioxid gegenüber. CO2 ist selbstverständlich nicht der einzige klimawirksame Faktor, aber wahrscheinlich jener, den wir Menschen noch am

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fällt und daher für Altersbestimmungen organischer Überreste eingesetzt werden kann. Dieser Exkurs hat für unser Thema eine entscheidende Bedeutung, denn mit ihm können wir beweisen, dass der starke CO2-Anstieg in der Atmosphäre so gut wie ausschließlich menschengemacht ist. Er wird durch das Verbrennen fossiler Kohlenstoffdepots verursacht, und diese Depots organischen Ursprungs als Kohle, Gas, Erdöl etc. sind umgewandelte Pflanzen oder allgemeiner Lebewesen. Ihr Kohlenstoffanteil wurde durch Photosynthese geschaffen, einem komplizierten Vorgang, der C12 bevorzugt und nicht seine Isotope. Außerdem sind die Anteile von C14 längst zerfallen, weil dieses Molekül wie bereits gesagt instabil ist und die Kohlenstoffdepots in aller Regel sehr alt. In ihnen ist daher C12 eingebaut und nicht seine Isotope C13 und C14. Die Anteile der Kohlenstoffisotope in der Atmosphäre ändern sich durch menschliche Einwirkung und ganz speziell durch das Verbrennen fossiler Brennstoffe wesentlich und messbar. Der Anteil an C12 wächst zu Ungunsten seiner Isotope. Das können wir nur durch das Verbrennen fossiler Brennstoffe erklären und damit auch den Beweis antreten, dass der Treibhauseffekt seit Beginn der Industrialisierung menschengemacht bzw. anthropogen ist.

ehesten beeinflussen können. Es zählt mit einigen anderen zu den Treibhausgasen, welche elektromagnetische Strahlung bestimmter Wellenlänge aus dem Weltraum als Wärmestrahlen in die Erdatmosphäre durchlassen, deren Rückstrahlung aber bremsen. Das können Wissenschaftler mit Messstationen auf der Erde und in Satelliten direkt beobachten. Andere Gasmoleküle wie etwa O2 (molekularer Sauerstoff aus zwei Sauerstoffatomen) oder N2 (molekularer Stickstoff aus zwei Stickstoffatomen), welche die Hauptanteile der Atmosphäre ausmachen, haben diese Treibhauswirkung nicht. Die Atmosphäre, das ist unser Glas- oder Treibhaus als isolierender Wärmemantel. Das versteht man bereits seit Beginn des 19. Jahrhunderts. Und seit etwa 1850 weiß man – schon damals durch Experimente bewiesen –, dass CO2 ein starkes Treibhausgas ist. Doch hat die moderne Chemie und Physik noch viel mehr herausgefunden. Viele Atome treten in verschiedenen Isotopen auf. Auch Kohlenstoff. In seinem Atomkern finden sich sechs positiv geladene Protonen und – normalerweise – sechs neutrale Neutronen. Das sind zwölf Kernbestandteile von der Grundform des Kohlenstoffs, das wir daher als C12 bezeichnen. Doch gibt es auch Kohlenstoffatome mit sieben Neutronen, die wir C13 nennen und ebenso solche mit acht Neutronen. Das wäre das berühmte Isotop C14, welches mit der Zeit zer-

WELTWEITER KONSENS VON WISSENSCHAFTLERN, FORSCHUNGSINSTITUTIONEN UND AKADEMIEN Die Webseite klimafakten.de hat zusammengefasst, ob zwischen den Experten und ihren Institutionen Konsens über den durch Menschen beschleunigten Klimawandel existiert. Zusammenfassend heißt es darin: „Bei den wesentlichen Grundaussagen zum Klimawandel – dass sich die Erde seit Jahrzehnten signifikant erwärmt und der Mensch die Hauptursache dafür ist – gibt es also einen soliden Konsens. Wer dies bestreitet, kann sich nicht auf die Klimawissenschaft berufen.“ Auch skepticalscience.com hat eine gründliche Analyse durchgeführt: „Nicht eine einzige Nationale Wissenschaftsakademie bezweifelt oder bestreitet den wissenschaftlichen Konsens rund um den Klimawandel.“ Wissen-

Abb. 2: Exponentielles Wachstum der Weltbevölkerung in den letzten 200 Jahren. Nach Prognosen wird die Bevölkerung in Afrika mit Abstand weltweit am schnellsten wachsen. Zugleich werden auch die Lebensbedingungen der Menschen schlechter: Armut, politische Instabilität, Kriege und Terrorismus sind nur einige Faktoren. Weitere sind der Ausverkauf von afrikanischen Ländern an andere Staaten und Investoren (China), Wüstenbildung, Dürren und der immer bedrohlichere Wassermangel. Nach Schätzungen der UN-Organisation Plan Bleu könnte die Zahl der wasserarmen mediterranen Bevölkerung, denen pro Jahr weniger als 1.000 m³ Wasser zur Verfügung steht, bis zum Jahr 2025 auf 250 Mio. ansteigen. Migrationsbewegungen sind unter solchen Bedingungen unausweichlich. Grafik aus: Hofrichter, Das Mittelmeer, 2020

16,6

Weltbevölkerung 1800–2100 in Mrd.

11,2

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1925

7

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1875

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1

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7,3 Prognose

1950

1975

17 16 15 14 13 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 2100

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schafts-Akademien aus 80 Staaten sind sich über diesen Konsens einig – auch die Österreichische Akademie der Wissenschaften. So genannte Meta-Studien zeigen, dass „90 bis 100 % der Klimaexperten den Konsens teilt, dass der Mensch hauptverantwortlich für den gegenwärtigen Klimawandel ist.“ Vielsagend ist die Erkenntnis, dass der Grad der Zustimmung zu diesem Konsens umso höher ist, je qualifizierter die Meinungsmacher sind. Anders formuliert: Hochqualifizierte, führende Fachwissenschaftler*innen aus der Klimaforschung sind sich bis zu 100 % einig. Je weniger jemand in diesem Fach arbeitet oder gar nicht als Klimaforscher*in aktiv ist, desto geringer wird der Konsens. Die Meinung, auch die Wissenschaftler seien sich über diese Fragen nicht einig, ist bloß eine Schutzbehauptung von Menschen, die keine Experten auf diesem Gebiet sind.

Abb. 3: Die „Ökologische Grundformel“ mit den drei wesentlichen Faktoren Bevölkerungszahl, Lebensstil sowie technologischer Standard. Die Vision dabei: Bei optimierter Technik (Wert geht gegen null) könnten sowohl die Anzahl der Menschen als auch der Wohlstand weiter wachsen, ohne die Umwelt zu gefährden. Technologische Fortschritte und umweltfreundliche Technik haben tatsächlich geholfen manche Probleme in den Griff zu bekommen. Ein Beispiel ist der Rückgang des Waldsterbens durch Reduktion des Schwefelgehalts in Treibstoffen gegen Ende der 1980er. Doch ist aus der Gleichung ersichtlich, dass eine zu hohe Anzahl der Menschen und ein zu verschwenderischer Lebensstil nicht durch den technologischen Fortschritt abgefedert werden können. Beim Verlust natürlicher Lebensräume (Wildnis) und Verlust der Biodiversität und Artenvielfalt, können wir annehmen, dass keine Technologie dies wieder gutmachen kann. Ein übertriebener Glaube an die Technik kann bloß ein bequemer Glaubenssatz sein, der es uns ermöglichen soll, nicht allzu intensiv über die Dringlichkeit der Umweltprobleme nachdenken zu müssen. Grafik aus: Hofrichter, Das Mittelmeer, 2020

DAS HAT ES IMMER SCHON GEGEBEN. WAS IST DIESMAL ANDERS? Ein aus unserer Perspektive wesentlicher Punkt springt gleich ins Auge: Noch bei den letzten radikaleren Klimawandeln der Erdgeschichte gab es keine weltumspannende menschliche Zivilisation, bloß verstreute, kleine menschliche Populationen. Statt 7,8 Milliarden Menschen wie heute lebten vor 50 000 v. Chr. (damals lief bereits die letzte Kaltzeit) geschätzte zwei Millionen Menschen auf der Erde. Oft waren es wesentlich weniger (so genannte genetische Flaschenhälse). Ihre gemittelte Lebenserwartung lag vermutlich bei zehn Jahren. Mit Beginn der landwirtschaftlichen (neolithischen) Revolution begann die menschliche Population massiv zu wachsen (viele sehen darin den Anfang jener Entwicklung, die heute gipfelt) und erreichte um 8000 v. Chr. etwa fünf Millionen. Erst nach 1800 n. Chr. erreichte die Menschheit die eine Milliarde, und dann begann sie exponentiell zu wachsen: 1930 zwei Milliarden, in den 1950ern, als der Autor dieser Zeilen geboren wurde, waren es bereits drei Milliarden, 62 Jahre später nähern wir uns der Grenze von acht Milliarden. Abbildung 2 zeigt die demographische Entwicklung. DER FAKTOR MENSCH Die Überbevölkerung der Erde – etwa in Afrika, Indien, China, Indonesien, Südamerika, aber auch in anderen Herbstausgabe | natur&land | 106. JG. – Heft 3-2020

Regionen – ist ein Tabuthema, weil wir keine greifbare – und auch schnell wirkende – Lösung dafür haben. Soziale Sicherheit, Bildung, Umwelterziehung – selbst unter idealen Bedingungen braucht es mehrere Generationen, bis sich am Bewusstsein der Menschen und an der Soziologie und Populationsbiologie einer Region oder eines Landes etwas ändert. Die mediale Zurückhaltung muss einen Grund haben. Es scheint schwierig zu sein den alles entscheidenden ökologischen Faktor Nr. 1 unserer Welt und Mitverursacher des Klimawandels – die Anzahl der Menschen – sachlich, vorurteils- und emotionsfrei zu diskutieren. Meistens mündet jeder Versuch, darüber zu sprechen, in einem ideologischen Lagerkampf. Es ist ein Tabuthema im wahrsten Sinn des Wortes. Ein Argument könnte wie folgt formuliert werden: Da man daran nichts ändern kann, hat es auch keinen Sinn darüber zu reden. Währenddessen stieg die Weltbevölkerung zwischen 2007 und 2020 von 6,68 Mrd. auf 7,8 Mrd. Menschen an – um mehr als eine Milliarde in nur dreizehn Jahren! Betrachten Sie eine Weile ungestört die Abbildung 3: Wahrscheinlich werden Sie erkennen, dass die Anzahl der Menschen ein Schlüsselfaktor aller Zukunftsfragen ist.

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FOTOS: SATELLITENAUFNAHME DER ESA/EARTHNIGHT.COM

Wir machen die Erde immer heller: Anstieg der Lichtverschmutzung...

FAKTOR LEBENSSTIL BZW. DESSEN ÖKOLOGISCHER FUSSABDRUCK Auch er entscheidet über die Zukunft der Natur, der Biodiversität und der Menschheit. Er ist bei uns in der westlichen Welt enorm hoch. Wir sind weit davon entfernt nachhaltig zu leben. In Wirklichkeit hat die Menschheit noch nie nachhaltig gelebt. Es gab nur unvergleichlich weniger Menschen, die wesentlich einfacher gelebt haben. DIE GESETZE DER NATUR GELTEN. WIR KÖNNEN SIE NUR KURZFRISTIG AUSTRICKSEN – ABER NIEMALS DAUERHAFT. Das vielleicht wichtigste Grundprinzip aller Naturwissenschaften ist der Energieerhaltungssatz. Energie kann weder erzeugt noch vernichtet werden, sie kann nur aus einem System heraus oder in ein System hinein transportiert werden (etwa in unser Haus oder aus dem Haus hinaus – bei schlechten Fenstern und Wärmedämmung). Ebenso bekannt ist uns, dass Energie zwischen verschiedenen Energieformen umgewandelt werden kann (Wind oder Wasser in Strom). Anders – und für unsere Zwecke sinnvoller – formuliert, können wir festhalten, dass die Gesamtenergie eines abgeschlossenen Systems sich mit der Zeit nicht ändert. Unser „abgeschlossenes System“, von dem unsere Existenz und Zukunft abhängt, ist die Erde. Wir ignorieren dabei kurz, dass es sich nicht um ein abgeschlossenes System handelt, da es Energie von außen, von der Sonne erhält. Wenn ein Mensch das Prinzip der Nachhaltigkeit wirklich verinnerlichen möchte, muss er den Energieerhaltungssatz verstehen.

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Für ein tieferes Verständnis ebenso entscheidend ist der Kohlenstoffzyklus oder Kohlenstoffkreislauf, ein elementares Wirkungsprinzip unserer Erde. Wenn es um das Leben geht, wird seine essenzielle Bedeutung gleich sichtbar: Sämtliche lebende Gewebe sind aus Kohlenstoffverbindungen in organischer Form aufgebaut. Und nach dem Sauerstoff (im Wasser enthalten) ist es dem Gewicht nach das bedeutendste Element in Lebewesen. Für unser Verständnis entscheidend ist zu begreifen, dass der über Jahrtausende und Jahrmillionen ablaufende, langsame Kreislauf des Kohlenstoffs mit chemischen Umwandlungen kohlenstoffhaltiger Verbindungen und ihrem Austausch zwischen der Biosphäre (also uns, allen Lebewesen, die wir zu einem großen Teil aus Kohlenstoff bestehen, 800 Mrd. t), der Lithosphäre (99,8 % allen Kohlenstoffs), Hydrosphäre (38.000 Mrd. t = 0,05 % des gesamten Vorkommens), Erdatmosphäre (820 Mrd. t, etwa 0,001 %), im Boden (1.580 Mrd. t, 0,002 % des gesamten Vorkommens) Erdsphären das Leben selbst ausmacht. FAKTOR WOHLSTAND Nun denken wir kurz an unseren Wohlstand. Wir frieren im Winter nicht mehr, weil wir alten, fossilen Kohlenstoff verbrennen. Vielleicht heizen wir mit Holz, das 100 Jahre oder mehr wachsen musste. Stellen Sie sich vor, jeder würde sich sein Brennholz in den benachbarten Wäldern holen. Sie wären in wenigen Jahren oder Jahrzehnten vernichtet, so wie es in der Geschichte in vielen Regionen schon war und auch heute noch ist. Oder Sie heizen mit Kohle. Damit diese entstehen kann, braucht es besondere klimatischen Bedingungen. UnHerbstausgabe | natur&land | 106. JG. – Heft 3-2020


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... innerhalb von 20 Jahren. Diese ist ein Indikator für die Urbanisierung und den Tourismus.

sere Steinkohle etwa, die wertvollste von allen, ist im Oberkarbon entstanden. Das Karbon (323,2 bis 298,9 Mio. Jahre) wurde nach dem Kohlenstoff getauft. Kohle entsteht nicht einfach laufend und kann daher grundsätzlich nicht nachhaltig sein. Es ist kein nachwachsender Rohstoff. Klar, auch nach dem Karbon entstand noch in manchen Teilen der Erde Kohle, aber es war Braunkohle, deren ökologische Bilanz noch wesentlich ungünstiger ist. Denn bei der Verbrennung von Kohle entsteht unser wichtigstes Klimagas Kohlendioxid, außerdem Schwefeldioxid und verschiedene Umwelt- und gesundheitsschädliche Schadstoffe wie Flugasche, Feinstaub und Schwermetalle. Das Grundprinzip wäre bei einer Erdölheizung bis auf unterschiedliche Wirkungsgrade der einzelnen fossilen Brennstoffe nicht anders. Die schlichte Wahrheit ist: Wir können unseren komfortablen Lebensstil nur aufrechterhalten, wenn wir auf Kosten von anderen leben: Auf Kosten von anderen Zeitabschnitten vor und nach uns, auf Kosten anderer Menschen (so genannte zivilisatorische Höchstleistungen konnten immer und grundsätzlich nur auf Kosten anderer entstehen, etwa Sklaven, Zwangsarbeiter, daran hat sich auch heute nichts geändert), auf Kosten von anderen Lebewesen wie etwa Tieren, aber auch Pflanzen und auf Kosten von komplexen Naturgefügen, die wir Ökosysteme nennen. Keiner von uns – und wenn er noch so umweltbewusst lebt – ist aus dieser Gesetzmäßigkeit ausgenommen. Es ist genauso ein Naturgesetz wie der Energieerhaltungssatz. Der einzige (aber umso wesentlichere) Unterschied ist die Quantität: Wie Herbstausgabe | natur&land | 106. JG. – Heft 3-2020

fällt unsere eigene ökologische Bilanz aus? Bei fast acht Milliarden Menschen auf der Erde ist es eine Notwendigkeit darüber nachzudenken. Dabei sollten wir die Grunderkenntnis nicht vergessen: Ein „nachhaltiges Leben“, wie es oft billig von Politik und Werbung missbraucht wird, ist unmöglich. Leben auf einem Standard, wie wir es leben, kann ausschließlich auf Kosten anderer funktionieren. Der Raubbau passiert vielleicht woanders, so, dass wir es nicht sehen. Wir bekommen „sauberen Strom“ geliefert und wissen nicht woher. Auf der Erde soll es etwa 75 Billiarden (= Millionen Milliarden) Tonnen Kohlenstoff geben. Ein Teil davon ist in den fossilen Brennstoffen gespeichert. Was in Millionen und hunderten Millionen Jahren im Rahmen des Kohlenstoffzyklus umgesetzt wird, wird jetzt innerhalb von 200 Jahren in die Atmosphäre freigesetzt. Man muss kein Globalökologe sein um zu verstehen, dass diese sukzessive Freisetzung enormer Kohlenstoffmengen, die „für die Ewigkeit geschaffen waren“ (seit Beginn der Industrialisierung ca. 530 Mrd. Tonnen) nicht ohne Folgen bleiben kann. Auch wenn wir keine sofortige Lösung haben, bringt uns zumindest diese Erkenntnis weiter: Wir erleben den schnellsten Anstieg des CO2-Gehalts der Atmosphäre, den wir bisher aus der Erdgeschichte kennen. Dieser Anstieg ist durch Menschen verursacht. Und er kann nur auf Kosten von anderen Menschen, Lebewesen und Ökosystemen erfolgen. 380.590 Menschen haben dem Klimavolksbegehren ihre Stimme gegeben, und damit die Politik aufgefordert, Klimaschutz wirklich umzusetzen

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DIE OZEANE WERDEN SAURER: VOM BÖSEN ZWILLING DER ERDERWÄRMUNG UND DEM PROBLEM DER GESCHWINDIGKEIT DER VERÄNDERUNG Obwohl wir uns in diesem Heft vor allem auf Europa und den terrestrischen Lebensräumen der Heimat beschäftigen, können wir das Weltmeer bei diesem Thema nicht ganz ausklammern. Das Klimageschehen ist global und hängt mit den großen Kreisläufen von Stoffen und Energien in den unterschiedlichen Sphären des Planeten zusammen, darunter ganz entscheidend der Hydrosphäre. Es ist unmöglich das Klima und die Erderwärmung ohne die Rolle der Ozeane zu verstehen. Speziell ein Phänomen wollen wir in diesem Abschnitt untersuchen, die Ozeanversauerung (ocean acidification, OA). Wir könnten es auch das andere CO2-Problem bezeichnen, oder, wie Forscher es gern nennen, dem evil twin, dem bösen Zwilling der Erderwärmung. Es liefert einen direkten Beweis dafür, dass sich etwas an unserer Atmosphäre ändert. Erderwärmung und Ozeanversauerung – beide sind hervorgegangen aus dem Anstieg des atmosphärischen CO2-Gehalts. Das derzeit ermittelte Absinken des pH-Wertes der Ozeane von 8,2 auf 8,1 stellt ein existenzbedrohendes Problem insbesondere für kalkbildende Organismen dar – von entscheidenden planktonischen Lebensformen bis hin zu Korallen und beispielsweise den Stachelhäutern. Ein Absinken um 0,1 pH-Einheiten bedeutet eine Zunahme von Wasserstoff (H+)-Ionen um etwa 26 %! Das Meerwasser ist das weltweit größte Puffersystem überhaupt. Um die Tragweite dieser Entwicklung erahnen zu können, hier einige wichtige Einblicke in die Thematik. Entscheidend für die langfristige pH-Stabilität des Meerwassers sind insbesondere Hydrogencarbonate und Carbonate, die durch Verwitterungsprozesse von z.B. Silikaten (Silikat-Carbonat-Zyklus) und anderen Gesteinen im Laufe von Jahrmillionen in das Meerwasser eingebracht wurden. Diese Salze (die Salze von „schwachen Säuren“, Anionbasen) reagieren mit Wasser leicht alkalisch, und dies ist der Grund für den erdgeschichtlich langlebigen pH-Wert des Ozeanwassers in den Weltmeeren von etwa 8,2. Der pH-Wert des Meerwassers der letzten 25 Mio. Jahre lag nie unter pH 8,0. Die gemessenen und errechneten Werte der Neuzeit zeigen eine nie dagewesene Geschwindigkeit im Absinken bis zum Jahr 2100. Historische pH-Werte lassen sich mit hoher Präzision durch Isotopenbestimmung im Sediment rekonstruieren. Im Kambrium lag der CO2-Gehalt der Atmosphäre bei 4.000–6.000 ppm, in der heutigen Zeit bei „nur“ 420 ppm. Soll oder darf man auf Basis solcher Zahlen den Anstieg der CO2-Konzentration verharmlosen? Wieso haben Meeresorgansimen diese Phasen überlebt, wenn es doch für sie so „gefährlich“ ist, wie Umweltwissen-

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FOTO: ROBERT HOFRICHTER

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schaftler betonen? War der pH-Wert der Meere nicht damals schon sehr viel niedriger (auch ohne uns Menschen) und die Meere wirklich „saurer“, weit unter 8,2? Wie konnten all die Kalkbildner diese Zeiten überstehen? Nach aktuellem Forschungsstand war der pHWert der Weltmeere in den letzten 300 Mio. Jahren nie geringer als 7,5 – trotz teilweise erheblich höherer CO2-Konzentrationen in der Atmosphäre. All dies scheinen ernstzunehmende Gegenargumente zum Szenario der ocean acidification zu sein. Bei solch einer Argumentation wird aber Folgendes unterschlagen: Für den pH-Wert der Meere ist weniger der absolute CO2-Gehalt der Atmosphäre entscheidend, als vielmehr die Geschwindigkeit, mit der sich die Veränderungen eingestellt haben. In der Erdgeschichte ist dies in geologischen Zeiträumen von Millionen von Jahren geschehen – ganz anders als die heutigen Veränderungen, die durch die Menschheit beschleunigt in Jahrzehnten vonstatten gehen. Die Verwitterung von Gesteinen wurde durch die höhere Konzentration von CO2 in der Atmosphäre angetrieben. Einerseits geschah dies durch die erhöhte Temperatur (chemische Reaktionen laufen bei höheren TemperatuHerbstausgabe | natur&land | 106. JG. – Heft 3-2020


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Kalkfelsen und türkisblaues Meer auf Zakynthos in Griechenland – ein wunderschönes Fleckchen Erde. Doch unter der Oberfläche wird es für kalkbildende Organismen eng: Der Anstieg des CO2-Gehaltes in der Atmosphäre erwärmt nicht nur die Erde, sondern macht die Meere sprichwörtlich saurer. Dadurch wird das Kalkgerüst von Meeresorganismen mürbe.

ren schneller ab), andererseits durch den höheren Säuregehalt im Regen infolge des CO2-Gehaltes (die Reaktion von CO2 und Wasser zur Säure findet natürlich auch an Land statt, wenn es regnet). Dadurch konnte der sinkende Carbonatgehalt im Meerwasser relativ „schnell“ ausgeglichen werden, ein Regulationsmechanismus, der etwa 100.000 Jahre benötigt und die Pufferwirkung des Meeres wieder ausglich. Auch die Auflösung von vorhandenem Kalksediment in größeren Tiefen der Meere kann ein gestörtes Gleichgewicht zwischen Carbonat und Hydrogencarbonat wieder ausgleichen. Fassen wir zusammen: In der Erdgeschichte gibt es keinen Hinweis für einen vergleichbar schnellen CO2-Anstieg in der Atmosphäre wie in der Gegenwart. Den Regulationsmechanismen zur Wiederherstellung der Carbonatkonzentration im Meer fehlt schlicht die Zeit. Betritt man einen ausgekühlten Raum und stellt die Heizung an, kann man kaum erwarten, dass sich binnen Sekunden eine wohlige Temperatur einstellt. Zwischen der Einstellung des „Soll-Zustandes“ und des „Ist-Zustandes“ braucht es eine gewisse Zeit: die Totzeit eines Regelkreises. Diese Totzeit bis zur Einstellung der ursprünglichen Carbonatkonzentration ausgeHerbstausgabe | natur&land | 106. JG. – Heft 3-2020

hend von Verwitterungsprozessen ist beim heutigen CO2-Anstieg schlicht zu lang. Der Anstieg von 280 ppm auf 420 ppm CO2 in der Atmosphäre in nur 150 Jahren überfordert die langsam wirkenden geologischen Regulationsmechanismen unseres Planeten, die sich über Hunderte von Jahrmillionen bewährt haben. DAS MITTELMEER ALS INDIKATOR Unser „mare nostrum“ hat nicht nur die allergrößte historische und kulturgeschichtliche Bedeutung für uns – als Wiege der abendländischen Zivilisation. Es ist auch ein Indikator für den Klimawandel in seinen benachbarten Regionen und in ganz Europa. Experten gehen davon aus, dass Teile der Mittelmeerregion wegen der steigenden Temperaturen und der zunehmenden Wasserknappheit immer unbewohnbarer werden. Die Abbildung 4 (nächste Seite) zeigt die Veränderung der Oberflächen-Wassertemperatur des Mittelmeeres bzw. seine Abweichungen vom Langzeitdurchschnitt in den Jahren 1981, 2000 und 2019.

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Abb. 4: Abweichungen der Oberflächen-Wassertemperatur des Mittelmeeres vom Langzeitdurchschnitt in den Jahren 1981, 2000 und 2019. Die mittleren Jahrestemperaturen liegen im Mediterran um 1,4 °C höher als gegen Ende des 19. Jh. Dieser Trend wird v. a. durch die wärmeren Sommermonate verursacht. Die Erwärmung des Mittelmeeres in diesem Zeitraum ist jedoch auch ein gutes Beispiel dafür, dass nicht alle beunruhigenden Trends der durch den Menschen verursachten Erderwärmung zugeschrieben werden können. Gut die Hälfte dieser Erwärmung – v.a. die rasante Erwärmung der 1990er-Jahre – wird einer positiven Phase der „atlantischen Multi-Dekaden-Oszillation“ (AMO) zugesprochen. Das ist eine bedeutende zyklische Schwankung der Meerestemperatur im Nordatlantik in Dimensionen von Jahrzehnten, die sich auch auf Europa und das Mittelmeer auswirkt.

1981

2000

Da vor einigen Jahren offensichtlich eine Phasenumkehr dieser Schwankung in Richtung einer kühleren Phase eingetreten ist, könnte dies die Erwärmungstendenzen des Mittelmeeres vorübergehend einbremsen und oberflächlich betrachtet zu falschen Schlussfolgerungen führen. Grafik aus: Hofrichter, Das Mittelmeer, 2020 (nach SIO, NOAA und GEBCO).

2019 Abweichungen der OberflächenWassertemperatur

20

–5 °C

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+5 °C

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KLIMAWANDEL

AN WELCHEN SCHRAUBEN MÜSSEN WIR DREHEN? Man kann die ökologischen Zukunftsaussichten bloß auf dreierlei Wegen verbessern: Durch das Einbremsen des Wachstums der Weltbevölkerung (demographische Explosion), durch Anpassungen unseres Lebensstils in Richtung mehr Bescheidenheit und durch verbesserte, moderner, effektivere, weniger schädliche Technologien, also den technologischen Standard. Am effektivsten wäre selbstverständlich eine Optimierung aller drei Faktoren. Eine mathematische Formel lässt keine Spielräume offen. Auch die Realität hinter der schlichten Formel lässt sich nicht austricksen: Wir werden den Klimawandel nur in den Griff bekommen können, wenn wir an allen drei uns zur Verfügung stehenden Schrauben drehen und diese in den ersten beiden Fällen zurückschrauben und bei der letz-

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Erdüberlastungstage 2019

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Der Erdüberlastungstag (earth overshoot day, EOD) gibt das Datum an, an welchem ein Land seine natürlichen Ressourcen aufgebraucht hat, die die Erde innerhalb eines Jahres regenerieren und damit zur menschlichen Nutzung zur Verfügung stellen könnte (Ökologischer Fußabdruck). 2020 fiel der Internationale EOD-Tag auf den 22. August – das ist einige Tage später als frühere. Für die gesamte Menschheit wurde 2019 ein Bedarf von 1,7 Erden ermittelt, der stark variiert nach dem jeweiligen Lebensstandard verschiedener Länder. Österreich hätte demnach 2019 mehr als drei Erden verbraucht (siehe unten).

www.overshootday.org www.footprintcalculator.org

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ten nach vorne, in Richtung Modernisierung einstellen. Am schwierigsten ist die Beeinflussung der demographischen Explosion in vielen Ländern dieser Erde. Worauf wir aber als Einzelpersonen mit sofortiger Wirkung am meisten Einfluss haben, ist der Lebensstil. Die Erkenntnis widerspricht diametral den mantraartig wiederholten Leitsätzen der neoliberalen, globalisierten Wirtschaft und dem Ruf nach immer mehr Wachstum: Wir können weniger konsumieren und dabei zufriedener leben. Ein glückliches Leben hängt nicht davon ab, dass wir enorm viel Energie, Rohstoffe und Waren vom anderen Ende der Welt verbrauchen, dass wir für einen Tag sehr billig nach Paris oder London zum Shoppen fliegen oder dass wir zu viele tierische Produkte unabhängig von ihrer Herkunft und Herstellungsart konsumieren. Die Fleischproduktion, die dafür benötigten Futtermittel, die Transporte rund um den Globus sind wesentliche Faktoren des tief defizitären „ökologischen Fußabdrucks“, den wir in der westlichen Welt hinterlassen. Um den ökologischen Fußabdruck genauer zu verstehen, empfiehlt sich ein eingehenderes Studium der Webseite footprintnetwork.org. Es handelt sich um ein einfach zu vermittelndes Maß für die Begrenztheit der Erde. Dieses Maß basiert sowohl auf einer starken Metapher als auch auf einer naturwissenschaftlichen

Methode. Es bilanziert die Beanspruchung der Natur, mit der dahinter liegenden Frage: Wie viel Biokapazität (vereinfacht: produktive Land- und Wasserflächen) beansprucht ein Mensch bzw. die Menschheit und wie viel steht jeweils zur Verfügung? Der Footprint ist die Summe der durch den Konsum von Waren, Energie und Dienstleistungen in einem Jahr in Anspruch genommenen Naturleistung der Erde, unabhängig davon, wo auf der Welt diese Inanspruchnahme passiert. Die Biokapazität gibt die tatsächlich vorhandene Leistungsfähigkeit der aktuellen Land und Wassernutzung wieder. Wenn die entnommene Naturleistung über die Erneuerungsfähigkeit der Ökosysteme hinaus beansprucht wird, spricht man von der ökologischen Verschuldung oder vom ökologischen Defizit (Overshoot). Wir alle in den Industrieländern wie auch in Schwellenländern sind in dieser Hinsicht tief verschuldet. Eine Vermeidung dieses Defizits ist eine unabdingbare Voraussetzung für ein dauerhaftes Weiterbestehen der Menschheit und somit zwingende Auflage für einen nachhaltigen Lebensstil. EINE FRAGE DER ETHIK – AUCH OHNE ERHOBENEN ZEIGEFINGER Das Thema Umwelt berührt unsere Lebenseinstellung und unseren Lebensstil, unser Weltbild, unsere Zukunftsängste und -hoffnungen, unsere Überzeugun-

Belastung des Systems Erde in neun ökologischen Dimensionen Überschreitungen der Belastungsgrenze eines Ökosystems führen zu irreversiblen Umweltveränderungen. Grafik aus: Hofrichter, Das Mittelmeer, 2020

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Klimawandel

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FOTO: ROBERT HOFRICHTER

KLIMAWANDEL

Der Beweis liegt auf der Hand: Plastikmüll findet sich mittlerweile an jedem Meeresstrand.

gen (einschließlich der politischen) und unsere Gefühle. Es berührt uns alle, unsere Kinder und nachfolgende Generationen. Jeder Autor muss daher sorgfältig abwiegen, wie ein für die Zukunft so wichtiges Thema wie der Klimawandel abgehandelt werden soll. Ist eine sachliche, auch wenn unerfreuliche Darstellung ethisch angebrachter, als schwierige und unbequeme Themen zu vermeiden? Obwohl in den Fachpublikationen uns allen die gleichen naturwissenschaftlichen Fakten zur Verfügung stehen, zeichnen manche Forscher trotz aller Negativnachrichten ein optimistisches Bild von der Zukunft. Ein solcher prominenter Wissenschaftler ist der US-amerikanische Harvard-Professor Steven Pinker mit seinem viel beachteten Buch „Aufklärung jetzt“ (Originaltitel: Enlightenment now). Seine Grundthese darin: „Umweltprobleme sind, genau wie andere Probleme, lösbar, wenn man über das dazu erforderliche Wissen verfügt“. Pinker stuft allzu besorgte Umweltaktivisten als „destruktive, fortschrittsfeindliche Schwarzseher-Bewegung“ ein. Das ist ein schwerwiegender Vorwurf. Gerade der Verlust der Biodiversität und das Artensterben zeigen, dass keinesfalls alle Probleme technisch lösbar sind. Den Verlust an biologischer Vielfalt, der täglich vor unseren Augen passiert, kann der Mensch („alle Professoren der Welt“) in keiner Weise wiedergutmachen. Und auch der Klimawandel nach dem Kipppunkt ist für uns nicht „lösbar“. Herbstausgabe | natur&land | 106. JG. – Heft 3-2020

Pinkers Schlüsselidee, alle Probleme wären technisch lösbar, ist nicht mehr als sein Glaubenssatz. Er verleitet ihn und jene, die ihm Glauben schenken, dazu, unberechenbare Risiken wie Kernkraft in Kauf zu nehmen. Seine nukleare Utopie, die zu einem Alles-oderNichts-Spiel anregt, kann dazu führen, dass die Menschheit unwiderrufliche Entscheidungen trifft. Es ist einleuchtend, dass Kräften der Politik, der Wirtschaft, der Industrie und Teilen der Bevölkerung Pinkers Thesen zusagen. Sie lassen die Möglichkeit offen, weiterzumachen wie bisher und kein Gefühl der Dringlichkeit aufkommen zu lassen. Eine völlig andere Sicht als Steven Pinker präsentiert seit Jahrzehnten Jørgen Randers, norwegischer Zukunftsforscher und Autor von „2052“ (Bericht an den Club of Rome). In praktischer Hinsicht lautet seine Frage: Wie viel sollte die Menschheit heute dafür ausgeben, den Schaden an zukünftigen Generationen zu vermindern? Es ist dies eine moralische, keine wissenschaftliche Frage. Pinkers Ansichten („abwarten und sehen, wie es sich entwickelt“) findet Randers unmoralisch. „Die reichsten zehn Prozent der Menschheit sollten dafür aufkommen, eine beschleunigte Lösung zu finden, sowohl für das Klimaproblem, also auch für all die anderen Herausforderungen auf dem Weg zu globaler Nachhaltigkeit,“ sagt Randers.

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Das Zeitalter des Menschen: Unser Ökologischer Fußabdruck spiegelt sich auch im Tourismus und dem weltweiten Luftverkehr (rundes Bild) wider. FOTO: ROBERT HOFRICHTER

Folgt man dem Stockholm Resilience Centre, so sind das Artensterben und die Erderwärmung diejenigen Prozesse, bei denen wir die Grenzen bereits am weitesten überschritten haben. Die Grundidee dahinter: Wenn wir den einzigen Lebensraum, auf den wir uns in unserer heutigen Daseinsform verlassen können, erhalten wollen – den Lebensraum des Holozäns seit dem Ende der letzten Eiszeit vor knapp 12.000 Jahren –, dann müssen wir diesen beiden Themen unsere höchste Aufmerksamkeit widmen und umgehend umsteuern. Es ist unmöglich, dass sich die ökologischen Probleme unserer Erde wie der Klimawandel und der Verlust an Biodiversität von selbst lösen. WIR LEBEN IM ANTHROPOZÄN! Bei mehreren wissenschaftlichen Konferenzen der „Stratigraphischen Kommission der Geological Society of London“ (älteste und maßgeblichste geowissenschaftliche Vereinigung) und anderen Tagungen 2008 und 2016 erkannte die überwiegende Mehrheit der Teilnehmer an, dass das nacheiszeitliche Holozän mit seinem relativ stabilen Klima zu Ende gegangen ist und sich ein neuer Abschnitt abzeichnet, für den es in den letzten Millionen Jahren keine Entsprechung gibt. „Hören wir auf damit. Wir sind nicht mehr im Holozän. Wir sind im Anthropozän!“, rief daher Nobelpreisträger Paul Josef Crutzen bei einer Konferenz im Jahr 2000 aus. Stratigraphen können an der

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Abfolge von Fels- und Bodenschichten und der darin enthaltenen Spuren des Lebens die Geschichte der Erde ablesen. In Sedimentgesteinen finden sich fossile Reste von Lebewesen. Deshalb ist die Stratigraphie auch ein Schlüssel für das Verständnis der Evolution. Die fünf großen Aussterbewellen der Erdgeschichte, aber auch andere gravierende Veränderungen auf unserem Planeten, lassen sich an bestimmten Stellen direkt an dieser Schichtung ablesen. Im schottischen Hochland findet sich beispielsweise ein 445 Mio. Jahre alter grauer Streifen aus dem Ordovizium, der als Sediment am Boden eines längst vergangenen Ozeans entstanden ist. Er ist für Laien unscheinbar, für Experten hingegen ein Zeuge der ersten großen Aussterbewelle in der Geschichte des Lebens auf unserem Planeten. Sie konzentrierte sich damals noch auf das Meer. Dort starben in kurzer Zeit etwa 80 % aller Lebensformen aus. Grund dafür war ein extremer Klimawandel, der damals durch natürliche Vorgänge wie tektonische Verschiebungen verursacht wurde. Eine Warnung für uns: Mit dem Klima veränderte sich auch die chemische Zusammensetzung des Wassers, und der Meeresspiegel fiel – ganz anders als heute. Doch nun, im „Zeitalter des Menschen“, häufen sich in den Ablagerungen völlig neue Stoffe, die nicht zur natürlichen Welt gehören – die Kunststoffe. „Anthropozän kann als Warnung verstanden werden“, sagte Paul Crutzen, jener Mann, der den Begriff ausgerufen hat. Herbstausgabe | natur&land | 106. JG. – Heft 3-2020


KLIMAWANDEL

BUCHEMPFEHLUNG

Autor: Dr. Robert Hofrichter, Jahrgang 1957, lebt in Salzburg und ist Herausgeber, Mitautor und Initiator des Buches „Das Mittelmeer“. Von seiner Ausbildung her ist er Zoologe und Meeresbiologe. Er hat an der Universität Salzburg studiert und leitete seitdem regelmäßig Kurse und Exkursionen im Bereich der Meeresbiologie und Ökologie, anfänglich insbesondere zur Unterwasserwelt des Mittelmeeres, später weltweit. Im Mittelpunkt seines wissenschaftlichen Interesses stand am Anfang die Ökologie aquatischer Lebensräume, die Meeresbiologie, das Mittelmeer und seine Unterwasserwelt, doch mit der Zeit kamen immer mehr Geschichte und Mediterranistik (eine ganzheitliche Betrachtung des Mittelmeerraums) hinzu. Er ist Gründer und Präsident der Meeresschutzorganistion MareMundi (https://mare-mundi.org) und Autor von mehr als 25 Büchern, die auch in andere Sprachen übersetzt wurden. Der Autor schreibt seit vielen Jahren immer wieder Beiträge für natur&land, so auch vor wenigen Jahren über die geheimnisvolle Welt der Pilze. Kontakt: mittelmeer@aon.at, robert.hofrichter@mare-mundi.org

DAS MITTELMEER Geschichte und Zukunft eines ökologisch sensiblen Raums Dieses unentbehrliche Nachschlagewerk eines internationalen Autorenteams unter der Leitung des ausgewiesenen Mittelmeerkenners und Herausgebers Robert Hofrichter erschließt in 12 Kapiteln alles, was es zum Mittelmeer und seinen Anrainerstaaten zu sagen und zu wissen gibt: Erdgeschichte, Biodiversität, Übernutzung in allen Facetten, Klimaphänomene und Klimawandel. Robert Hofrichter (Hrsg.) et al., Springer Verlag 2020, 2. Aufl. XXV, 1.246 Seiten, 1.000 Abb., in Farbe, Hardcover, € 99,99 (D) | € 102,79 (A) | sFr 110.50 (CH), ISBN 978-3-662-58928-1, auch als eBook verfügbar.

Literatur: Lewis SL, Maslin MA (2015): Defining the Anthropocene. Nature. Band 519, Nr. 7542, S. 171–180. Pinker S (2018): Aufklärung jetzt. Für Vernunft, Wissenschaft, Humanismus und Fortschritt. Eine Verteidigung. Fischer Taschenbuch Verlag. 736 S. ISBN-13: 978-3100022059 Randers J (2012): 2052 – Der neue Bericht an den Club of Rome: Eine globale Prognose für die nächsten 40 Jahre. Oekom, München. 432 S. Reichholf J (2007): Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends. Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-10-062942-5 Sherwood et al. (2020): An assessment of Earth‘s climate sensitivity using multiple lines of evidence. Review Article. Reviews of Geophysics. First published: 22 July 2020. Why the Mediterranean is a climate change hotspot. MIT analysis uncovers the basis of the severe rainfall declines predicted by many models. NEWS

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RELEASE 17-JUN-2020. https://www.eurekalert.org/pub_releases/ 2020-06/miot-wtm061720.php https://globalchange.mit.edu (Joint Program on the Science and Policy of Global Change) https://clubofrome.org https://www.spektrum.de/frage/wieviele-menschen-lebten-auf-dererde/1253576 https://www.klimafakten.de/behauptungen/behauptung-es-gibtnoch-keinen-wissenschaftlichen-konsens-zum-klimawandel https://skepticalscience.com/joint-statements-on-climate-changefrom-nas-around-world.html https://www.ametsoc.org/index.cfm/ams/publications/journals/ journal-of-climate/(Journal of Climate)

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FOTO: WOLFGANG SCHRUF

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Die Schönheit der Moore, deren Bedeutung zum Erhalt der Biodiversität und ihre Funktion als Wasserspeicher sind seit langem anerkannt. In den letzten Jahren wurde jedoch eine bisher unterschätzte Funktion in den Blickpunkt des öffentlichen Interesses gerückt: ihre Bedeutung für den Klimaschutz als Kohlenstoffspeicher. Warum es wesentlich ist, ob es sich dabei um naturnahe oder entwässerte Moore handelt, erfahren Sie hier.

BEDEUTUNG DER MOORE FÜR DEN KLIMASCHUTZ 26

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MOORE

Entwässerte Moore tragen zwischen 0,4 und 5 % zur Treibhausgasemission in Österreich bei. Das trifft auch auf das extensive Grünland auf Hochmoorboden im Ibmer Moos (Bezirk Braunau) zu. FOTO: STEPHAN GLATZEL

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och was ist ein Moor? Der Weltklimarat (IPCC) definiert Moore als von organischen Böden bedeckte Flächen, unabhängig von deren Nutzung(1). Das bedeutet, dass auch Flächen, die heute land- oder forstwirtschaftlich genutzt werden, als Moore anzusprechen sind, wenn ein organischer Boden vorliegt. Die relevante Definition des IPCC weist Böden, deren obere 10 cm, abhängig vom Tongehalt, 12–20 % Kohlenstoff beinhalten, als organisch aus(2). Dies führt dazu, dass unser Bild einer typischen von organischen Böden bedeckten Fläche von dem Bild eines naturnahen Moores oft stark abweicht. Während in dünn besiedelten Gebieten Kanadas oder Russlands die meisten Moorflächen natürlich und weitgehend ungestört sind, werden die meisten Moorflächen in Österreich land- oder forstwirtschaftlich genutzt. Demnach ergibt sich die Bedeutung von Mooren für den Klimaschutz aus der Moorfläche und der für den jeweiligen Moortyp typischen Aufnahme oder Freisetzung an klimarelevanten Spurengasen (Emissionsfaktor).

TREIBHAUSGASE UND MOORE Die Bedeutung der beteiligten klimarelevanten Spurengase ergibt sich aus der Verstärkung des Treibhauseffekts pro Molekül des Gases. Dies wird mit dem „Global Warming Potential“ (GWP) ausgedrückt. Das GWP eines Kohlendioxid (CO2)-Moleküls ist per Definition 1 und das GWP der beiden anderen in die Berechnung der Klimawirkung aufgenommenen Gase Methan (CH4) und Lachgas (N2O) wird in Bezug zu CO2 festgelegt. Dieser Wert ist abhängig von der Geschwindigkeit vom Abbau des jeweiligen Gases in der Atmosphäre und wird daher oft mit Zeithorizonten versehen (z. B. GWP 50 für 50 Jahre). Die GWP für 100 Jahre von Methan und Lachgas betragen derzeit 28 und 265, d.h. Methan verstärkt den Treibhauseffekt 28mal, Lachgas 265mal mehr als Kohlendioxid. Hieraus wird deutlich, dass die Bewertung der Klimawirkung von Mooren nicht nur CO2, sondern auch CH4 und N2O beachten muss. Der Strahlungsantrieb berücksichtigt die atmosphärische Verweildauer der jeweiligen Spurengase und bewertet daher CH4 aufgrund seiner kurzen atmosphärischen Verweildauer mit einem niedrigeren Wert. Diese Tatsache verursacht Diskussionen um die BewerHerbstausgabe | natur&land | 106. JG. – Heft 3-2020

Großes Bild: Zur Verbesserung der Treibhausgasbilanz denaturierter Moore können nach neuesten Forschungen Rohrkolben, Großseggen, Schilf und Torfmoose beitragen. Der Anbau dieser nässeliebenden Pflanzen ist nachweislich klimaneutral.

Autor: Univ.-Prof. Dr. Stephan Glatzel, Institut für Geographie und Regionalforschung, Universität Wien, Althanstr. 14, 1090 Wien, T 0043(0)1/4277-48660, stephan.glatzel@univie.ac.at

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THEMA

Artenvielfalt im Moor: Randring-Perlmuttfalter (Boloria eunomia) und Breitblättriges Knabenkraut (Dactylorhiza majalis) FOTOS: WOLFGANG SCHRUF

tung von erhöhten Methanemissionen im Zuge der Wiedervernässung von zuvor drainagierten Mooren(3). Die daraus abgeleitete aufsummierte Klimawirkung der beteiligten Spurengase wird als CO2-Äquivalente (CO2e) ausgedrückt. Generell sind naturnahe Moore Kohlenstoffsenken und speichern CO2e in einer Größenordnung von 750 kg pro Hektar pro Jahr(4). Subtrahiert man die eher geringen, aber lokal stark variablen Methanemissionen von diesen Speicherungsraten, sind naturnahe Moore weltweit Senken von ca. 0,33 Gt CO2e(5). Entwässerte Moore hingegen setzen große Mengen CO2e frei. Abhängig vor allem von der Drainagetiefe setzen genutzte Moore jährlich pro Hektar ca. 40 t CO2e frei; in Einzelfällen noch viel mehr(6) (Berechnung für deutsche Moore). Die Moornutzung in den Tropen führt teilweise zu noch höheren Emissionsfaktoren. Demnach setzen die genutzten Moore der Welt 1,91 Gt CO2e frei(7). Dies entspricht ca. 5 % der weltweiten CO2-Freisetzung im Jahr 2019. Bei der fachgerechten Wiedervernässung dieser drainierten Moore wäre diese Treibhausgasfreisetzung einzusparen. DIE BEDEUTUNG ÖSTERREICHISCHER MOORE In Österreich ist die Rolle der Moore für den Klimawandel mit ähnlichen Problemen behaftet wie die weltweite Einschätzung, denn es fehlen sowohl Messwerte zur Bestimmung von Emissionsfaktoren als auch verlässliche Werte zu den betroffenen Flächen. Es existieren verschiedene Studien zur Abschätzung der Moorbodenfläche in Österreich. Diese Schätzungen variieren zwischen 21.000 und 120.000 ha. Außerdem deckt die österreichische Bodenkartierung Waldflächen, unter denen sich große Flächen Moorböden befinden, nicht ab. Somit können keine vertrauenswürdigen Angaben über die Fläche organischer Böden in Österreich gemacht werden. Im Gegensatz zur Fläche naturnaher Moore variieren die Angaben zur Fläche bewirtschafteter Moore um den Faktor 10. Aufgrund des Mangels an Gasflussmessungen aus österreichischen Mooren wurde unter Verwendung von Durchschnittswerten verschiedener Moortypen in Europa und des österreichischen Moorkatalogs Emissionsfaktoren zwischen 0,50 und 18,33 t CO2e pro Hektar und Jahr berechnet(8). Dieser Studie folgend, würden die naturnahen Moore Österreichs ca. 0,02 Mio. CO2e und die genutzten Moore ca. 3,9 Mio t CO2e freisetzen. Da die in der Studie verwendeten Moorflächen am oberen Ende der Spannweite der möglichen Moorbodenfläche liegen, ist das Vertrauen für diesen Wert nicht sehr hoch. Aber selbst bei Verwendung des unteren Endes des Spektrums (12.954 ha genutzte Moorböden) wären die Moore Österreichs eine Quelle von 0,35 Mio t CO2e. LÖSUNGSANSÄTZE Somit ist davon auszugehen, dass die Moore Österreichs zwischen 0,4 und 5 % zur Treibhausgasfreisetzung Österreichs beitragen. Bei fachgerechter Wiedervernässung aller genutzten Moore könnten diese eingespart werden. Da das jedoch aus verschiedenen Gründen unrealistisch ist, bedarf es anderer Lösungen, die die Treibhausgasfreisetzung aus Mooren herabsetzen können. Die größte Einsparung wäre erreichbar, wenn der Grundwasserspiegel auf null cm (Geländeoberkante) eingestellt werden könnte. Dies ist nicht nur unter Naturschutzbedingungen möglich, sondern auch bei landwirtschaftlicher Nutzung ohne Entwässerung, also dem

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MOORE

Anbau von nässeliebenden Kulturen, den sogenannten Paludikulturen(9). Diese können in unterschiedlichen Moortypen etabliert werden. Bisher angebaute Kulturpflanzen umfassen beispielsweise Torfmoose, Sonnentau, Erlen, Schilf, und Rohrkolben. Für Rohrkolben, Großseggen und Schilf konnten einige Wissenschaftler(10) eine Treibhausgasneutralität in der Nutzung nachweisen, und später gelang dieser Nachweis auch für Torfmoose(11). Und tatsächlich existieren in Österreich bereits seit langer Zeit Nutzungen auf Flächen ohne Entwässerung, die das Moor erhalten, wie etwa Streuwiesen im Alpenvorland und dem Alpenraum sowie der Schilfschnitt am Neusiedler See. Würden die erheblichen Treibhausgaseinsparungen derartiger Kulturen honoriert, bliebe die Wertschöpfung im ländlichen Raum erhalten. Familienbetriebe wären gesichert und Treibhausgaseinsparungen in der Größenordnung von 30 t CO2e pro Hektar und Jahr ließen sich erzielen.

Wird Österreich das UN-Klimaziel noch erreichen?

Naturnahe Moore wie das Gstreikelmoos im Lungau binden große Mengen an dem Treibhausgas Kohlenstoff (Kohlenstoff-Senken). FOTO: STEPHAN GLATZEL

Literatur: (1) IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change), 2014: 2013 Supplement to the 2006 IPCC Guidelines for National Greenhouse Gas Inventories: Wetlands, In: Hiraishi, T., Krug, T., Tanabe, K., Srivastava, N., Baasansuren, J., Fukuda, M. and Troxler, T.G. (Eds.), IPCC, Switzerland. (2) IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change), 2006 IPCC Guidelines for National Greenhouse Gas Inventories, Prepared by the National Greenhouse Gas Inventories Programme, Eggleston, In: H. S., Buendia L., Miwa K., Ngara T., and Tanabe K. (Eds.), IGES, Japan. (3) Günther, A., Barthelmes, A., Huth, V., Joosten H., Jurasinksi, G., Koebsch, F., Couwenberg, J. (2020): Prompt rewetting of drained peatlands reduces climate warming despite methane emissions. Nature Communications 11: 1644. 5 S. https://doi.org/10.1038/s41467-020-15499-z (4) Yu, Z.C. (2012): Northern peatland carbon stocks and dynamics: A review. Biogeosciences 9, 4071–4085 (5) Leifeld, J., Wüst-Galley, C., Page, S. (2019): Intact and managed peatland soils as a source and sink of GHGs from 1850 to 2100. Nature Climate Change 9, 945–947. https://doi.org/10.1038/s41558-019-0615-5 (6) Tiemeyer, Bärbel, Annette Freibauer, Elisa Albiac Borraz, Jürgen Augustin, Michel Bechtold, Sascha Beetz, Colja Beyer, et al. 2020. ‘A New Methodology for Organic Soils in National Greenhouse Gas Inventories: Data Synthesis, Derivation and Application’. Ecological Indicators 109: 105838. https://doi.org/10.1016/j.ecolind.2019.105838.

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(7) Leifeld, J. & Menichetti, L. (2018): The underappreciated potential of peatlands in global climate change mitigation strategies. Nature Communications 9: 1071. 6 S. https://doi.org/10.1038/s41467-018-03406-6 (8) Essl., F. Dullinger, F., Moser, D., Kleinbauer, I. (2012): MoorClim: Moore in Österreich – zwischen Klimastress und Beitrag zum Klimaschutz. Bericht im Auftrag der Österreichischen Bundesforste GmbH und der Oberösterreichischen Akademie für Umwelt- und Naturschutz. 76 S. (9) Wichtmann, W., Schröder, Ch. , Joosten, H. Hrsg.) 2016. Paludikultur – Bewirtschaftung nasser Moore: Klimaschutz – Biodiversität – regionale Wertschöpfung. Stuttgart: Schweizerbart. 272 S. (10) Günther, A., Huth, V. , Jurasinski , G. , and Glatzel , S., 2015. ‘The Effect of Biomass Harvesting on Greenhouse Gas Emissions from a Rewetted Temperate Fen’. GCB Bioenergy 7 (5): 1092–1106. https://doi. org/10.1111/gcbb.12214. (11) Günther, A., Jurasinski , G. , Albrecht, K., Gaudig, G., Krebs, M., and Glatzel, S. 2017. ‘Greenhouse Gas Balance of an Establishing Sphagnum Culture on a Former Bog Grassland in Germany’. Mires and Peat, no. 20 (April): 1–16. https://doi.org/10.19189/MaP.2015.OMB.210. Grüning, A. (2010): Moore: Vom Aschenputtel zur Prinzessin? natur&land 96(1): 4–10. https://www.zobodat.at/pdf/nat-land_2010_1_0004-0011. pdf Letzter Zugriff 26.03.2020.

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FOTO: SVEN LACHMANN (PIXABAY)

THEMA

Die Natur und die von ihr erbrachten Ökosystemleistungen bilden die Grundlage für eine dauerhaft gute Lebensqualität der Menschen auf der Erde. Die Fähigkeit der Ökosysteme, diese Leistungen zu erbringen, verschlechtert sich jedoch weltweit. Ein Grund ist die Art und Weise, wie wir unser Land bewirtschaften. Ohne Gegensteuerung wird der Klimawandel immer stärkeren Einfluss bekommen.

Die Bestäubung ist eine Ökosystemleistung im Wert von mehreren hundert Milliarden Euro jährlich (weltweit).

BIODIVERSITÄTSVERLUST IN ZEITEN DES KLIMAWANDELS

EIN VERLUST FÜR DIE NATUR UND DIE LANDWIRTSCHAFT ÖKOSYSTEMLEISTUNGEN UND DIE VIELFALT DES LEBENS Materielle Ökosystemleistungen (zum Beispiel Energie, Nahrungs- und Futtermittel), kulturelle Ökosystemleistungen wie Bildung, Inspiration und regulierende Ökosystemleistungen (zum Beispiel Klimaregulation, Wasserqualität, Bestäubung, biologische Schädlingskontrolle) verändern sich unterschiedlich. Die Verbesserung einiger Ökosystemleistungen ist mit der Verschlechterung anderer verbunden. Viele Ökosystemleistungen sind für die menschliche Gesundheit unerlässlich. Ihr Rückgang bedroht die Lebensqualität der Menschen auf der Erde. Die meisten Ökosystemleistungen sind nicht vollständig ersetzbar, einige sind sogar unersetzlich. So wir nicht gegensteuern werden Landnutzungsänderungen und Klimawandel dazu führen, dass sich bis 2050 und darüber hinaus die negativen Trends im Hinblick auf den Zustand der Natur, der Ökosystemfunktionen und vieler Ökosystemleistungen weiter fortsetzen werden. Ein Kernelement zum Gegensteuern ist der Erhalt der biologischen Vielfalt, welche die genetische Vielfalt, die Vielfalt der Arten und die der Ökosysteme umfasst. IN DER GENETISCHEN VIELFALT LIEGT DAS EVOLUTIONSPOTENZIAL DER ARTEN Die genetische Vielfalt reduziert das Aussterberisiko einer Art, da es innerhalb einer Art immer auch Individuen gibt, die mit Veränderungen der Rahmenbedingungen wie z. B. dem Klimawandel besser zurechtkommen

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als der Durchschnitt. Das gilt dann genauso auf der Ebene der Arten. Je mehr Arten einer Gruppe wir haben, umso höher ist die Chance, dass eine für die andere unter veränderten Bedingungen einspringen kann. Beispiel Bienen. Das Vorgenannte ist wichtig bei der Betrachtung der Bienenarten jenseits der Honigbiene. Die Honigbiene ist bei uns ja nur eine von hunderten verschiedener Bienenarten. Während es der Honigbiene recht gut geht – das ist für ein Nutztier auch nicht so überraschend –, also ihre Bestände nicht gefährdet sind, ist die Lage bei den Wildbienen wesentlich kritischer. Etwa die Hälfte der Wildbienenarten ist im Rückgang begriffen und somit gefährdet. Je mehr Arten wir verlieren, umso geringer ist das Potenzial, dass bei veränderten Bedingungen eine geeignete Art einspringen kann. Dies ist bei praktisch allen Ökosystemleistungen relevant, ist aber bei der Bestäubung besonders offensichtlich. BIODIVERSITÄT IST WIE EINE VERSICHERUNG Bei der Sicht auf die Biodiversität als Versicherung geht es ja nicht so sehr um den direkten monetären Schadensausgleich durch die Solidargemeinschaft der (menschlichen) Versicherungsnehmer. Es betrifft bereits die Behebung einer Schadensursache bzw. die Minderung des Risikos beim Ausfall einer Art oder Varietät, wenn sie durch eine andere Art oder Varietät funktional zumindest in erheblichen Anteilen ersetzt werHerbstausgabe | natur&land | 106. JG. – Heft 3-2020


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den kann. Also wird der Schaden oder das Risiko durch den Eintritt einer Art für eine andere begrenzt – und zwar auch in seinen ökonomischen Folgen für den Menschen. Das hatte ich schon am Beispiel der Bienen angerissen, deren weltweiter Beitrag zur menschlichen Ernährung einen monetären Wert von mehreren hundert Milliarden Euro pro Jahr aufweist. Ein anderes Beispiel ist die Banane. Die heute sehr gängige Sorte „Cavendish“ war einst als Ersatz für eine andere von Pilzen betroffene Sorte, gewissermaßen zur Schadensabwendung im großen Stil angebaut worden. Doch jetzt ist sie selbst bedroht – wiederum durch einen Pilz, der sogenannten Panamakrankheit TR4. Lösungen für dieses Problem könnten resistente, genetisch veränderte Bananen sein. Häufig ist aber bei resistenten Sorten über kurz oder lang eine Anpassung des „Schadorganismus“ – hier also des Pilzes – zu beobachten, der diese Resistenzen dann überwindet, insbesondere wenn diese auf großen Flächen als Monokulturen angebaut werden. Ein diversifizierter Anbau mit einer größeren Sortenvielfalt ist viel weniger anfällig, da die Wahrscheinlichkeit größer ist, dass er Varietäten beinhaltet, denen der Schädling nicht so viel anhaben kann. Eben jene Varietäten stellen die Basis der Zukunftsversicherung dar. Die Vielfalt des Lebens ist Teil der Solidargemeinschaft, die in Schadensfällen eintritt, die durch Klimawandel, Parasiten oder Ackergifte verursacht wurden. Dieser Eintritt erfolgt durchaus auch zum Nutzen des Menschen als Forcierung einer Ökosystemleistung. Beispielsweise konnten wir in den letzten Jahrzehnten zeigen, dass bewässerter Reisanbau in Asien keine großen Schädlingsprobleme hat, solange – und das ist zunächst kontraintuitiv – nicht gegen Schädlinge gespritzt wird. Der Einsatz von Insektiziden zerstört die Vielfalt der Nützlinge. Zudem ermöglicht er den Schädlingen eine beschleunigte Erholung ohne Feinde und dadurch entsprechendes Wachstum. Dies führt erst zu gravierenden Ausbrüchen und dann zu Verlusten. Die Vermeidung von Insektiziden hat in diesem System die Bewahrung einer hohen Artenvielfalt zur Folge, die immer viele Arten umfasst, welche als Gegenspieler der Schädlinge aktiv werden können. Insofern also der Erhalt von Biodiversität eine Zukunftsversicherung darstellt, hat der Mensch die Option die Verpflichtung übernehmen, die Diversität des Lebens aktiv zu schützen und kann damit grundlegend sein Verhältnis zur und Verständnis von „Natur“ verändern. Letzteres ist eine zentrale Komponente des transformativen Wandels. Dieser ist die Basis für eine zukunftsorientierte Entwicklung auf der Erde – ein Ergebnis des Globalen Assessments, das der Weltbiodiversitätsrat 2019 erarbeitet hat und das sowohl von der wissenschaftlichen Community also auch der internationalen Staatengemeinschaft im Konsens 2019 verabschiedet wurde. INSEKTENTRENDS: ZWEI UNTERSCHIEDLICHE BETRACHTUNGEN Das Thema Insekten ist mittlerweile sehr breit in Medien und Öffentlichkeit angekommen, und dies fast ausschließlich in Verbindung mit ihrem Rückgang, also dem sog. „Insektensterben“. Dass es aber gleichzeitig auch ganz andere Trends gibt, wird spätestens dann klar, wenn man sich bewusst macht, dass beispielsweise Schwammspinner, Borkenkäfer und Prozessionsspinner ja auch Insekten sind. Der Herbstausgabe | natur&land | 106. JG. – Heft 3-2020

FOTO: JUAN ZLAYA (PIXABAY)

BROSCHÜRE

BESTÄUBER: UNVERZICHTBARE HELFER FÜR WELTWEITE ERNÄHRUNGSSICHERHEIT UND STABILE ÖKOSYSTEME Eine Erläuterung zur Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger des Berichts zu Bestäubern, Bestäubung und Nahrungsmittelproduktion der zwischenstaatlichen Plattform für Biodiversität und Ökosystemleistungen (IPBES) Herausgeber: Deutsche IPBESKoordinierungsstelle DLR Projektträger | Heinrich-Konen-Straße 1 | 53227 Bonn | 2016; wissenschaftliche Beratung: Prof. Dr. Josef Settele, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) Halle; zum Download: https://www.de-ipbes. de/files/Bestaeuber-Broschuere_ ipbes_KS.pdf

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und der Häufigkeit einzelner Arten. Bislang war letzteres die Regel – wir hatten also vor allem die Trends einzelner Arten innerhalb bestimmter Insektengruppen im Fokus, die als Grundlage für die Einschätzung der Gefährdung von Arten an sich dienen und beispielsweise auch zur Beurteilung des Erfolges von Schutzmaßnahmen. Angaben zur Häufigkeit von Insekten sind aber essenziell, wenn es um Veränderungen von Ökosystemfunktionen und -leistungen durch Insekten geht. So sind die Anzahl adulter Tiere bei Bestäubung und biologischer Schädlingsbekämpfung wichtig wie auch die Biomasse aller Stadien, wenn es um die Zersetzung oder um Nährstoff-Zyklen sowie die Nahrungsgrundlage für insektenfressende Tiere geht. Neben den systematischen Erfassungen über die Biomasse und Artenzusammensetzung. Wenn wir von bislang noch vergleichsweise wenigen MonitoringTrends bei Insekten sprechen, gilt es zunächst zwei Projekte erfolgt die Einstufung der Gefährdung von grundsätzlich verschiedene Betrachtungsebenen zu Pflanzen und Tieren (inkl. Insekten) seit vielen Jahrzehnten über die Roten beachten, die in den letzListen, die nach wie vor ten Monaten gerne ver- Direkte und indirekte Treiber verändern die Ökosysteme Die Grafik zeigt den Anteil, den die verschiedenen direkten das Hauptinstrument für mischt wurden: Zum einen Treiber an den Veränderungen unserer Landökosysteme, die Einschätzung der die Biomasse, also das Süßwassergebiete und Meere haben. Anhand ausgewählGefährdung von Arten Gewicht einzelner bzw. ter Beispiele veranschaulicht sie das Ausmaß dieser Verdarstellen. Dabei handelt aller Individuen einer änderungen. Es wird deutlich, dass die direkten Treiber es sich um ExpertenGruppe oder auch aller In- alle Ökosysteme beeinflussen. Die veränderte Nutzung von Land und Meeren (dunkellila) sowie die direkte und Einschätzungen zur kurzsekten und zum anderen indirekte Ausbeutung der Natur (helles Lila) verursachen wie langfristigen Entdie Veränderung bei Ar- dabei mehr als 50 % aller globalen Auswirkungen auf die wicklung der Bestände. tenzusammensetzungen Ökosysteme. Grafik: ©IPBES/Übersetzung des UFZ Begriff Insektensterben dürfte vor allem durch die Ergebnisse der „Krefelder Studie“ im Herbst 2017 an Fahrt aufgenommen haben, die über einen Verlust von drei Viertel der Biomasse fliegender Insekten vor allem aus Naturschutzgebieten Nord-West Deutschlands berichtete . Die Arbeiten des Entomologischen Vereins Krefeld, der seit 1989 an zahlreichen Standorten v.a. in Nordrhein-Westfalen standardisiert Fluginsekten erfasst, haben hiermit überregional, wenn nicht sogar global, Aufsehen erregt; dies auch weil das Neue an der Studie war, dass sie über 27 Jahre ging und es bis dahin zur Biomasse, bzw. zur Gesamtzahl anwesender Insektenindividuen, weniger als eine Hand voll weiterer Arbeiten gab, die Ergebnisse aus mehr als 15 Jahren umfassten.

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Steuerungsmaßnahmen zur Gestaltung nachhaltiger Transformationen Diese Grafik zeigt fünf Steuerungsmaßnahmen („Hebel“) sowie acht Interventionspunkte, die sich aus dem jetzigen Stand der Forschung zur Gestaltung von nachhaltigen Transformationen ableiten lassen. Die Begriffe „Hebel“ und „Interventionspunkte“ werden dabei metaphorisch verwendet und tragen dem Sachverhalt Rechnung, dass komplexe Systeme nicht durch eine einzige Maßnahme nachhaltig verändert werden können. Grundlegende Veränderungen erfordern hingegen, dass mehrere Maßnahmen gleichzeitig eingeleitet und klug abgestimmt werden. Nur so können sie sich in ihren Wirkungen wechselseitig verstärken und Synergien nutzen. Zum Beispiel können Veränderungen von Gesetzen und politischen Maßnahmen einen Wandel der Ressourcenbewirtschaftung bewirken; die Veränderung von individuellem und kollektivem Verhalten kann wiederum die Umsetzung von politischen Maßnahmen und Gesetzen ermöglichen. Grafik: ©IPBES/Übersetzung des UFZ

Wie auch der im Mai 2019 veröffentlichte globale Bericht des Welt-Biodiversitätsrates (IPBES) belegt, ist die Landnutzungsänderung als Hauptursache für den Verlust von Arten und Ökosystemen zu betrachten. Dabei sind der Verlust von Lebensräumen und Verlust der Strukturvielfalt auf alle Fälle zentral. Der Klimawandel dürfte zudem in Zukunft ein schwerwiegenderes Problem darstellen. Gelingt es aber nicht, die Arten unserer Kulturlandschaften zu erhalten, bleibt auch für den Klimawandel nichts mehr übrig, das derselbe „vernichten“ könnte. Genauso ist es andersrum wichtig, dass wir dem Klimawandel entgegenwirken, damit die (hoffentlich erfolgreichen) Bemühungen um den Erhalt der Vielfalt dann nicht durch das Klima zunichte gemacht werden. Der Rückgang von Insekten ist ein Prozess, der vor allem in Mitteleuropa bereits seit mindestens einem Herbstausgabe | natur&land | 106. JG. – Heft 3-2020

halben Jahrhundert beobachtet wird. Das Phänomen ist also nicht neu und betrifft auch nicht alle Insekten gleichermaßen. Doch mindert es nicht dessen Wichtigkeit, da es unser Leben bereits jetzt beeinflusst und bei weiterer Fortsetzung noch mehr so in der Zukunft beeinflussen dürfte. Die Ursachen für diese Entwicklung sind weitestgehend bekannt: Verlust von Lebensräumen, strukturelle Verarmung von Wald-, Acker- und Gartenlandschaften, Einsatz von Düngern und Pflanzenschutzmitteln, invasive Arten, und vor allem die Interaktion dieser Faktoren. Der Klimawandel ist in zunehmendem Maße auch eine Ursache, weil aufgrund von Dürre die Nahrungsgrundlagen nicht mehr da sind. Auch weitere Ursachen sind nicht auszuschließen, denn beispielsweise für die häufig genannten Funkstrahlen gibt es bislang kaum Anhaltspunkte.

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TRENDWENDE Die Reduktion der bekannten Ursachen wäre also Ausgangspunkt für eine Trendwende. Voraussetzung dafür wäre, dass ein solches Ziel einen gesellschaftlichen Konsens darstellte und wir alle uns gemeinsam um Lösungen bemühen. Ebenso wichtig ist es aber auch stets den aktuellen Stand des Wissens zu berücksichtigen, denn das hilft auch für effiziente Gegenmaßnahmen. Während dem Rückgang der Arten und Artenvielfalt kaum Ergebnisse gegenüberstehen, die Zunahmen zeigen würden, ist das Bild bei der Betrachtung der Biomasse mittlerweile differenzierter. Insgesamt scheinen sich die negativen Trends auf dem Land zu bestätigen, wobei die Rückgänge aus der Krefelder Studie wohl die extremsten Werte zeigen. Bei Insekten, die im Wasser leben (also in Flüssen und Seen) wie z. B. Mücken oder Eintagsfliegen, zeichnet sich hingegen ein anderes Bild ab und wir können mehr Zunahmen als Abnahmen der Biomassen beobachten, wie z. B. eine Studie von Wissenschaftlern des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) zeigt, die vor Kurzem in der Zeitschrift Science erschienen ist . Konkrete Maßnahmen gegen den Rückgang von Insekten, von denen viele auch in engem Bezug zur Landwirtschaft stehen, umfassen u. a. verbesserte Bedingungen für Bestäuber und/oder Bestäubung, Verbesserung der Beziehung der Gesellschaft zur Natur und die Ökologisierung der Landwirtschaft mit stärkerer Berücksichtigung der Ökosystemleistungen. Zu Letzterem zählt z. B. die Förderung von Direktsaatverfahren (Aussaat ohne Bodenbearbeitung), Beteiligung von Landwirten und Gemeinden bei Planung, Gestaltung und Nutzung von Landschaften, Förderung des integrierten Pflanzenschutzes (bei dem natürliche Mechanismen prioritär genutzt werden und nur wenn diese nicht ausreichend wirksam werden, auf synthetische Mittel zurückgegriffen wird), Unterstützung traditioneller Fruchtfolgen und kleinstrukturierter Vielfalt von Lebensräumen, Stärkung existierender diversifizierter Anbausysteme (z. B. Unterstützung des Bioanbaus), Investitionen in ökologische Infrastruktur (z. B. Wiederherstellung naturnaher Lebensräume, Lebensraumverbund, großräumige Landnutzungsplanung für eine strukturelle und biokulturelle Vielfalt von Lebensräumen). Eine wichtige Voraussetzung für eine Trendwende besteht meines Erachtens aber vor allem im offenen Austausch und gegenseitigen Respekt der beteiligten Akteure, also von uns allen.

Autor: Prof. Dr. Josef Settele Ko-Vorsitzender des Globalen Assessments des Weltbiodiversitätsrates IPBES Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ Josef.Settele@ufz.de

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Diese Arten profitieren von der Klimaerwärmung: Segelfalter (Iphiclides podalirius) – hier bei der Paarung und die Gottesanbeterin (Mantis religiosa). FOTOS: WOLFGANG SCHRUF

Weiterführende Arbeiten: Hansjürgens, B., Schröter-Schlaack, C., Settele, J., (2019): Zur ökonomischen Bedeutung der Insekten und ihrer Ökosystemleistungen. Natur und Landschaft 94 (6/7), 230–235. • Settele J (2019): Insektensterben – beunruhigender Sinkflug. Spektrum der Wissenschaft 5/2019, 12–21• Settele, J., (2019): Bestandsentwicklungen und Schutz von Insekten : Analysen und Aussagen des Weltbiodiversitätsrats (IPBES). Natur und Landschaft 94 (6/7), 299–303. Literatur: Settele J, Settle WH (2018) Conservation biological control: Improving the science base. PNAS 115, 8241–8243.• IPBES. 2019. Summary for policymakers of the global assessment report on biodiversity and ecosystem services of the Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services. IPBES, Bonn.• Hallmann et al. (2017) More than 75 percent decline over 27 years in total flying insect biomass in protected areas. PloS one 12, e0185809. Vanbergen et al (2019). Science of the Total Environment 695 (2019) 133833.• Van Klink et al (2020). Science 368, 417–420.

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BIODIVERSITÄT

BIODIVERSITÄT IN ÖSTERREICH: WIE LEBENSRÄUME VERLOREN GEHEN In Österreich nimmt die Artenvielfalt weiter ab. Der Druck der intensiven Landwirtschaft lässt nicht nach und ist größer als die Erfolge der Agrarumweltmaßnahmen.

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ie biologische Vielfalt ist eine Voraussetzung für den Erhalt der Ökosysteme Österreichs und damit unserer Lebensgrundlagen. Als Tourismusland profitiert Österreich auch wirtschaftlich von der Attraktivität der traditionellen bäuerlichen Kulturlandschaft. Aber diese wurde und wird durch Monokulturen, starke Düngung und Pestizide intensiviert und einige ihrer Landschaftselemente verschwinden. Extensiv genutzte Wiesen, Hutweiden – Grünlandflächen, die nur beweidet werden –, Streuobstwiesen, blühende Feldraine, Hecken und Baumgruppen sind seit 1990 um mehr als die Hälfte geschrumpft. Die Agrarumweltpolitik der GAP versucht gegenzusteuern, erreicht aber weder die nötige Breitenwirkung noch eine ausreichende Ursachenbekämpfung. Im Ackerbau hat zusätzlich die verminderte finanzielle Förderung von Brachen seit 2007 zu deren Rückgang geführt. Zur sinkenden Artenvielfalt haben aber auch die intensive mechanische Flächenbearbeitung, auch im ökologischen Ackerbau, sowie allgemein die Bewässerung von Trockenstandorten beigetragen. Auch mit der Entwässerung von Feuchtstandorten zur besseren landwirtschaftlichen Nutzung gehen wertvolle und unersetzbare Lebensräume für seltene Tier- und Pflanzenarten verloren. Der darin gespeicherte Kohlenstoff geht wieder in die Luft und verstärkt den Klimawandel. Zu den Bedrohungen im Wiesenbau zählen vor allem das intensive Düngen, die Silage und die häufige und frühe Mahd. Zahlreiche Insekten werden getötet und wenige gutwüchsige Gräser, Löwenzahn und eine Handvoll weiterer Arten drängen alle anderen Pflanzen zurück. Damit fehlt den Insekten, die seltenere Pflanzen benötigen, und in weiterer Folge auch den Vögeln und anderen Tieren, die Nahrung. Daher gingen die Bestände einstmals häufiger typischer Wiesenvögel wie Braunkehlchen und Heidelerche in Österreich dramatisch zurück. Sogar Almen sind als extensive Weiden von zunehmender Düngung bedroht. In Almställen wird den Kühen zugefüttert und ihr Mist auf der Alm ausgebracht. Ein weiteres Problem ist die Konzentration schwerer und schlecht geländegängiger Rinderrassen auf kleinen Almflächen. Im Obstbau breiteten sich Niederstammkulturen aus, in denen mit Maschinen geerntet wird. Dies ging auf Kosten des traditionellen, arbeitsaufwendigen Hochstamm-Obstbaus in Streuobstwiesen und Alleen mit ihren alten und höhlenreichen Bäumen. Sie boten Insekten und Vögeln – etwa dem Gartenrotschwanz, dem Wiedehopf oder der Zwergohreule – den nötigen Lebensraum. Dieser fehlt nun, und in Niederstammkulturen ist außerdem der Pestizideinsatz intensiver. Er gefährdet die Bestäuber, vor allem die Honigbiene und zahlreiche Wildbienenarten. In Österreich wurden 2017 mehr als 4.600 Tonnen Pestizide verkauft. Diese Mengen werden auf Feldern und in Obstgärten eingesetzt, und über Abdrift gelangen sie auch in natürliche Ökosysteme. Zu den Folgen gehört der Rückgang von Wildkräutern, Bienen, Schmetterlingen,

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Viele charakteristische Brutvogelarten der Kulturlandschaft sind seltener geworden. Insgesamt sind die Bestände um etwa ein Drittel geschrumpft. Grafik: Bartz/Stockmar, CC BY 4.0

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Die meisten österreichischen Lebensraumtypen befinden sich in einem ungünstigen Zustand. Knapp die Hälfte der Lebensräume der kontinentalen Region befinden sich gar in einem schlechten Zustand. Grafik: Bartz/Stockmar, CC BY 4.0

Text: DI Christof Kuhn | BirdLife Österreich & Mag. Dominik Linhard | Global2000 Aus: Agraratlas 2019, österreichische Ausgabe, 2. Auflage, Download: www.global2000.at, www.boell.de

Amphibien, Vögeln und vielen anderen Lebewesen. Durch Düngereintrag in Gewässer kommt es zur Eutrophierung und zur Ausbildung sauerstoffarmer Milieus, das die meisten Wasserbewohner nicht vertragen. Im internationalen Vergleich ist Österreichs Landwirtschaft immer noch kleinteilig strukturiert. Aber der Zustand einiger Organismengruppen ist aus oben genannten Gründen mittlerweile in Siedlungsräumen besser als im Agrarland. Wie in der ganzen EU sind auch in Österreich die Bestände bisher häufiger Ackervogelarten – hier etwa Feldlerche, Rebhuhn oder Grauammer – stark zurückgegangen. Ungefähr die Hälfte der heimischen Falter gilt als gefährdet. Der Landwirtschaft kommt eine entscheidende Rolle dabei zu, die 2020-Ziele der nationalen Biodiversitätsstrategie Österreichs von 2014 zu erreichen. Seit vielen Jahren gibt es das Agrarumweltprogramm ÖPUL, das „Österreichische Programm zur Förderung einer umweltgerechten, extensiven und den natürlichen Lebensraum schützenden Landwirtschaft“, das zur einen Hälfte über die zweite Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU finanziert wird, zur anderen von Bund und Ländern im Verhältnis 60 zu 40. Recht wirksam ist die ÖPUL-Maßnahme „Naturschutz“ für extensive wertvolle Flächen. Bedauerlicherweise ist deren Akzeptanz besonders in der Steiermark und in Oberösterreich gering. Weiters konnte die Maßnahme „Umweltgerechte und biodiversitätsfördernde Bewirtschaftung“ (UBB) wichtige Akzente setzen. Weitere Maßnahmen sind zum Beispiel biologischer Landbau, Zwischenfrüchte und Winterbegrünung („Immergrün“), Erosions- und vorbeugender Gewässerschutz, Silageverzicht, späterer Mahd-Zeitpunkt, die Bewirtschaftung von Bergmähwiesen und die Erhaltung gefährdeter Nutztierrassen. Seit 2014 wird bei der Agrarförderung auch der Erhalt von Landschaftselementen wieder forciert, deren weiterer Verlust auf mittlerweile niedrigem Niveau nahezu gestoppt werden konnte. Jedoch haben die potenziell effektiven ÖPUL-Maßnahmen wegen der flächenmäßig unzureichenden Umsetzung noch keine Trendumkehr beim Verlust der Biodiversität bewirkt. Für Österreich gilt wie für die ganze EU: Der mit Abstand größte Teil der finanziellen Fördermittel wird immer noch für Flächenprämien gezahlt. An diese sind keine Maßnahmen geknüpft, um Ökologie und Biodiversität zu fördern. Mit dieser Konstruktion widersprüchlicher Zielsetzungen hat die GAP es bisher nicht geschafft, die Biodiversität in der Agrarlandschaft zu erhalten.

QUELLen: BirdLife Österreich, Monitoring der Brutvögel Österreichs, Bericht über die Saison 2017, S. 10 f., https://bit.ly/2LxItg8. Umweltbundesamt, Nationale Berichte, https://bit.ly/2LswX5E, hier https://bit.ly/2PSZXE0. • Grüner Bericht 2018, S. 16, https://bit.ly/2R9uUbH, Statista, Wirkstoffmengen in Verkehr gebrachter Pflanzenschutzmittel in Österreich von 2010 bis 2017, https://bit.ly/2V1x8Jj.

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BIODIVERSITÄT

Der Große Rabenhofteich in der Südsteiermark war im Winter 2018/19 bis auf wenige Reste ausgetrocknet. In der Folge wichen viele Moorfrösche und andere Amphibienarten in die angrenzenden kleineren Teiche aus. Moorfroschmännchen „färben“ sich nur während der Paarungszeit himmelblau. Außerhalb dieser sind sie ebenso unscheinbar gefärbt wie die Weibchen (re.). FOTO MOORFRÖSCHE: WALTER HÖDL

AUSWIRKUNGEN DES KLIMAWANDELS AUF DIE BESTÄNDE HEIMISCHER AMPHIBIEN IN DER STEIERMARK Dabei steht folgende Frage im Vordergrund: Ist eine ausreichende Fortpflanzung gewährleistet? Maßgeblich ist hier weniger die Temperaturerhöhung als vielmehr die jährliche Niederschlagsverteilung. Diese unterlag in den letzten Jahrzehnten erheblichen Schwankungen. Die Auswirkungen des Klimawandels lassen sich besonders gut anhand des Witterungsverlaufes im Jahr 2019 in der Steiermark beschreiben.

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ahlreiche Studien prognostizieren für den Südost-Alpenraum eine doppelt so hohe Temperaturzunahme im Vergleich zu den Durchschnittswerten für Europa sowie erhebliche Schwankungen jahreszeitlicher Niederschlagsmengen. Diese überdurchschnittlich hohe Temperaturzunahme wurde auch bereits für die letzten drei Dekaden dokumentiert. Zudem zeigt sich eine langfristige Abnahme der Jahresniederschlagssummen (über 60 mm Niederschlag, d. h. annähernd 10 % in den letzten 80 Jahren) in den südöstlichen Bereichen der Steiermark. Zahlreiche, nur von Niederschlägen gespeiste „Himmelsteiche“ leiden im Frühjahr zunehmend

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unter Wassermangel. Einhergehend mit diesen klimatischen Veränderungen nehmen erhebliche jährliche Abweichungen des Witterungsverlaufes zu. Während die Obersteiermark 2018/19 im Schnee versank, erwies sich der Winter im Süden der Steiermark als der trockenste seit Beginn der Aufzeichnungen. Von Dezember bis März gab es je nach Region nur 1–5 mm Niederschlag – mit dem Effekt, dass zahlreiche Teiche bzw. sämtliche Flachwasserzonen vollständig austrockneten. Vermehrte Niederschläge traten erst ab Anfang April auf – zu spät für die Fortpflanzung zahlreicher Amphibienarten.

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SÜDLICHE UND ÖSTLICHE STEIERMARK Das Wander- und Laichgeschehen gestaltete sich dabei je nach Region und Art höchst unterschiedlich. An den Neudauer Teichen im Lafnitztal, berühmt für ihre großen Moorfrosch-Bestände, fiel das Laichgeschehen der Moorfrösche in diesem Jahr erstmals vollkommen aus.

An weiteren, im Rahmen des Monitoring-Programmes erfassten Standorten kam es im selben Jahr ebenfalls zu einem abweichenden Laichgeschehen. So beispielsweise an einem kleinen, extensiv bewirtschafteten Fischteich ca. 5 km südöstlich der Rabenhofteiche. Am Rande des „Sugaritzwaldes“ gelegen, ist der Teich für seinen Bestand an BalkanMoorfröschen bekannt. Der im März 2019 stark gesunkene Wasserstand verursachte erheblich mehr Flachwasserzonen, worauf der Fischbestand ebenfalls sank und sich sowohl der Balkan-Moorfrosch als auch der Springfrosch besser vermehren konnten. FOTO GRASFROSCH: WOLFGANG SCHRUF

Gänzlich anders gestaltete sich die Laichperiode der Moorfrösche an den Rabenhofteichen in St. Veit in der Südsteiermark. Die Landesgruppe Steiermark der Herpetologischen Gesellschaft (ÖGH) stellt hier seit 2015 in Zusammenarbeit mit der Gemeinde und der Straßenverwaltung Amphibienschutzzäune auf einer Länge von einem Kilometer auf und betreut diese auch. 2018 wurden hier über 10.000 Amphibien über die Straße getragen, darunter 4.563 Moorfrösche, 665 Springfrösche, 418 Knoblauchkröten und 231 Alpen-Kammmolche. Im März 2019 war das Hauptgewässer, der je nach Wasserstand ca. 50 ha umfassende „Große Rabenhofteich“, bis auf wenige seichte Pfützen im Ausmaß von 1.000 m² ausgetrocknet. Die südwestlich angrenzenden kleineren Teiche wiesen jedoch einen ausreichen-

„flüchteten“ nachträglich von ihrem ursprünglichen Laichgewässer in die angrenzenden kleineren und weniger geeigneten Teiche. Zu erwarten war auch ein massiver Rückgang der an diesem Standort bereits ab Ende Februar beobachtbaren Alpen-Kammmolche (2018: 231 Individuen; 2019: 67 Individuen). Die ebenfalls früh wandernden Springfrösche reagierten überwiegend mit einer zeitverzögerten Reproduktion und mit einem mäßig hohen Rückgang des Wandergeschehens (2018: 665 Individuen; 2019: 439 Individuen). Nicht erklärbar ist der Rückgang wandernder Knoblauchkröten am Standort (2018: 418 Individuen; 2019: 87 Individuen). Möglicherweise fand ein weiteres Wandergeschehen dieser Art erst nach Abbau des Amphibienschutzzaunes Mitte April 2019 statt.

Niederschläge im April verleiteten Arten wie den Grasfrosch zu einem verspäteten Ablaichen – ohne Erfolg, denn der Laich vertrocknete.

den Wasserstand auf, um den Amphibien das Laichen zu ermöglichen. In der Folge wanderte insgesamt nur etwa die Hälfte der Amphibien (5.354 Individuen) im Vergleich zum Vorjahr (2018: 10.040 Individuen). Normalerweise erstreckt sich an diesem Standort das Laichgeschehen des Balkan-Moorfrosches auf etwa vier Tage. In diesem Jahr verteilte sich jedoch dessen Balz – und damit die Sichtung der blau gefärbten Männchen – auf drei Wochen! Offensichtlich irrten die Tiere wochenlang auf der Suche nach Wasser herum. Und viele Individuen

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ZENTRALE STEIERMARK Auch das mittlere Murtal zwischen Graz und Bruck/Mur unterlag im Winter 2018/2019 äußerst geringen Niederschlagsmengen. Bei einem der Monitoring-Standorte dieser Region handelt es sich um eine aktiv betriebene, ca. 40 ha große Schottergrube in Röthelstein, die zahlreiche seichte und jährlich stark veränderte Tümpel und Wagenradspuren aufweist. Der Laich von Grasfrosch, Springfrosch und Erdkröte vertrocknete 2019 fast zur Gänze. Auch hier „irrten“ Amphibien auf der Suche nach Wasser wochenlang durch das Areal. Der Witterungsverlauf kam jedoch der Gelbbauchunke zugute. In den niederschlagsreicheren Monaten ab Mitte April bis einschließlich Juli konnte sich diese Art nahezu konkurrenzlos in den Kleingewässern vermehren. Erhebliche Abweichungen zu bisherigen Beobachtungsjahren ergaben sich auch an einem Standort der Wechselkröte südlich des Grazer Stadtrandes, einem Herbstausgabe | natur&land | 106. JG. – Heft 3-2020

FOTO: WALTER HÖDL

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BIODIVERSITÄT

Die Gelbbauchunke profitierte an zahlreichen Fundorten durch die fehlende Konkurrenz früh laichender Arten.

der zwei größten steirischen Laichvorkommen der Art. Hier wird im Nahebereich des Autobahnknotens A2/A9 ein ehemaliges Schottergruben-Gelände verfüllt und ein zukünftiges Gewerbegebiet geschaffen. Der Baustellenbereich lag 2019 in der ersten Monatshälfte des von überdurchschnittlich warmen Temperaturen geprägten April trocken, stand in der 2. Monatshälfte unter Wasser, trocknete großteils wieder aus und wurde Mitte Mai wieder großflächig überschwemmt. Die in der Steiermark meist Ende April bis Anfang Mai ablaichende Wechselkröte reagierte auf diese Witterungsschwankungen mit einer verfrühten Laichphase Mitte April und einer zweiten und verspäteten Ende Mai. Die zu rasche Absenkung des Wasserspiegels führte allerdings nur zu einem geringen Laicherfolg in beiden Laichperioden. OBERSTEIERMARK Vollkommen konträr verlief der Frühling in der Steiermark nördlich des Alpenhauptkammes. Selbst die Talbereiche im steirischen Salzkammergut und im Ennstal versanken in meterhohem Schnee. Dieser schmolz in vielen Regionen erst im Laufe des Mai, zu spät für früh laichende Arten wie Erdkröte und Grasfrosch. Somit kam es hier für einige Arten zu einem Totalausfall ihrer Fortpflanzung. FAZIT In der südlichen Steiermark ist die Reproduktion bei Amphibien massiv eingebrochen und bei einzelnen Arten und an einzelnen Standorten ist es sogar zu einem Herbstausgabe | natur&land | 106. JG. – Heft 3-2020

Totalausfall gekommen. Außerdem hat sich das Reproduktionsgeschehen zeitlich deutlich verschoben und die Wanderungen der Männchen mehrerer Arten haben überproportional abgenommen. Je nach lokaler Situation hinsichtlich des Wasserregimes konnten offensichtlich einzelne Arten durchaus von den Wetterkapriolen profitieren. Auch nördlich des Hauptalpenkammes fiel die Fortpflanzung nicht ins Wasser, sondern „in den Schnee“. Die genannten Beispiele sollen verdeutlichen, dass sich die Witterungsschwankungen recht unterschiedlich auf einzelne Amphibienarten auswirken. Die Auswirkungen des Klimawandels auf Amphibienbestände werden sich wohl erst im Laufe der kommenden Jahrzehnte bei erheblichen regionalen Unterschieden feststellen lassen. Dazu wäre es aber erforderlich, ab sofort an möglichst vielen Standorten entsprechende Daten zu sammeln, zu dokumentieren und Schlüsse daraus zu ziehen. Schließlich nehmen die Amphibienbestände nahezu flächendeckend durch die zahlreichen negativen menschlichen Einflüsse auf die Natur seit Jahrzehnten ab.

Text & Fotos (wenn nicht anders vermerkt): Dr. Werner Kammel, Österr. Gesellschaft für Herpetologie (ÖGH), 8410 Wildon office@wernerkammel.at

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THEMA

KLIMAWANDEL UNTER WASSER Höhere Wassertemperaturen verschieben die Fischregionen und lassen invasive Arten wie etwa die Schwarzmundgrundel sprießen.

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er Klimawandel ist auch unter Wasser längst in vollem Gange und zeigt seine Auswirkungen auf verschiedenste Weise.

VERSCHIEBUNG DER FISCHREGIONEN Fließgewässer lassen sich bekannterweise in Abschnitte mit charakteristischer Fischfauna, die sogenannten „Fischregionen“ (Forellen-, Äschen-, Barbenund Brachsenregion) unterteilen. Dabei ist die Wassertemperatur eine entscheidende Einflussgröße. So unterscheiden sich die einzelnen Fischregionen in ihrer mittleren Temperatur nur um etwa 1,5 °C. Erwärmt sich ein Gewässer durchschnittlich um diesen Wert, kann es zu einer Ver­schiebung der Fischregionen und damit der Artengemeinschaften kommen. Modellberechnungen haben ergeben, dass es bis 2050 zu einer Flussaufwärtsverschiebung der einzelnen Fischregionen von 40 bis 50 km kommen könnte. Messdaten belegen, dass dieses Szenario durchaus realistisch ist. So hat die mittlere Lufttemperatur seit Mitte der 1970er-Jahre um fast 1,5 °C zugenommen. Bis 2050 wird ein weiterer Anstieg um ein Grad prognostiziert. Auch für manche Gewässer sind deutliche Erwärmungstendenzen dokumentiert. Datenanalysen von 76 Messstellen ergaben einen mittleren jährlichen Temperaturanstieg von insgesamt 1,23 °C in den Jahren 1984 bis 2004 in oberösterreichischen Gewässern. In der Donau stieg die Jahresmitteltemperatur innerhalb des letzten Jahrhunderts um ungefähr 1,5 °C. SALMONIDEN IN GEFAHR Besonders gefährdet durch den Temperaturanstieg sind heimische Salmoniden wie die Bachforelle, die Äsche, der Huchen oder auch der Seesaibling. Besonders im Osten Österreichs liegen die Sommertemperaturen in den Flüssen teilweise deutlich über den Optimalwerten

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Sommerliche Trockenheit führt zu lang anhaltenden Niederwasserperioden in den Flüssen.

für Bachforellen und Äschen. Längere Perioden mit Wassertemperaturen um die 28 °C sind mittlerweile nicht mehr selten. Zum Vergleich: In der wissenschaftlichen Literatur wird für adulte Äschen und Bachforellen meist eine Temperatur um die 25 °C als letale, also absolut tödliche Temperaturgrenze angegeben. Die Nahrungsaufnahme stellen beide Arten bereits bei Temperaturen über 19 °C ein. Außerdem steigt bei erhöhter Wassertemperatur die Anfälligkeit für temperaturabhängige Fischkrankheiten, wie der PKD (Proliferative Kidney Disease; siehe Infobox gegenüber), einer Nierenerkrankung, welche zum fast völligen Zusammenbruch von Bachforellenbeständen führen kann. Die häufiger werdenden Winterhochwässer, bedingt durch starke Regenfälle im Winter, tragen dazu bei, dass in manchen Jahren ein Großteil der Bachforellenbrut verloren geht. Jüngste Fischbestandsuntersuchungen zeigen bereits einen deutlichen Rückgang der Bachforelle in Gewässern des Alpenvorlands und der östlichen Flachund Hügelländer, wie dem Wienerwald und dem Weinviertel. Prognosen haben ergeben, dass die Bachforelle bis 2080 in weiten Teilen Osteuropas aussterben könnte. Wobei zu hoffen bleibt, dass sich einzelne lokale Stämme an die geänderten Bedingungen anpassen können. In Alpen- und Voralpenseen stellt sich die Problematik anders dar. Hier können sich durch den Temperaturanstieg die typischen Schichtungs- und Durchmischungsverhältnisse ändern, wodurch ebenfalls vor allem Kaltwasserarten bedroht sind. Kommt es aufgrund von längerer Sommerstagnation zur Ausweitung von sauerstoffarmen Zonen in der Tiefe, wird der Lebensraum für den Seesaibling eingeschränkt. In höhere Wasserschichten kann er nicht ausweichen, da hier konkurrenzstärkere Arten wie Renken (Reinanken), ihre bevorzugte Domäne haben. Herbstausgabe | natur&land | 106. JG. – Heft 3-2020


BIODIVERSITÄT

CYPRINIDEN ALS GEWINNER Überall dort, wo Salmonidenbestände zurückgehen, profitieren stattdessen karpfenartige Fische wie Karpfen, Barben und Nasen und vor allem das Aitel von den geänderten Bedingungen. Als wärmeliebende Spezies mit Laichzeiten im Frühjahr kommen sie besser mit den Folgen des Klimawandels zurecht. Die Barbenregion wird sich demnach deutlich flussaufwärts ausdehnen, die Äschenregion wird entsprechend kleiner. Äschen und Bachforellen bleibt nur der Rückzug in die kühleren Oberläufe der Flüsse. In etlichen Seeausrinnen, wie etwa der Traun bei Gmunden, zeigt sich schon jetzt eine deutliche Verschiebung der Fischartengemeinschaften von Salmoniden in Richtung Cypriniden. In großen Flüssen wie der Donau sind andere wärmeliebende Arten wie der Wels oder der Wolgazander auf dem Vormarsch. Und nicht zuletzt kann auch die explosionsartige Vermehrung der eingeschleppten Schwarzmundgrundeln mit der Erwärmung der Donau in Zusammenhang gebracht werden. AUSWEGE Im Hinblick auf mögliche Gegenmaßnahmen muss man den Klimawandel immer auch im Zusammenhang mit anderen Faktoren betrachten. So wirken in den meisten Gewässern, in denen die Fischbestände schrumpfen, mehrere Ursachen zusammen. Fischkrankheiten, Fraßdruck durch Prädatoren, übermäßige Wasserentnahmen, Gewässerregulierungen und Kraftwerksbauten sind nur einige davon. Fische suchen sich Bereiche mit optimalen Temperaturen selbst, wenn man sie lässt. Die Passierbarkeit von Sohlstufen, Wehranlagen und Kraftwerken ist also schon alleine darum von essentieller Bedeutung. An kleineren und mittelgroßen Fließgewässern ist eine ausreichende Beschattung durch Bäume und Ufergehölze wichtig. Dadurch kann die Wassertemperatur um mehrere Grade gesenkt werden. Leider scheitert der Erhalt der Ufervegetation meist an der Haftungsfrage im Hochwasserfall. Im Trend liegt dagegen bei regulierten Fließgewässern der Einbau von kurzen Buhnen, welche einen pendelnden Flusslauf mit Kolk-Furt-Strukturen hervorrufen. Untersuchungen haben gezeigt, dass in solchen Strukturen oft Grundwasserzutritte aus der Gewässersohle stattfinden und dadurch Bereiche mit kühlerer Wassertemperatur entstehen. Bei Hitzeperioden im Sommer kann so das eine oder andere Fischsterben verhindert werden.

Bachforelle aus der Region Wienerwald. Wegen des Klimawandels bald ein seltener Anblick?

Babywelse als Beifang werden in Zukunft häufiger an den Haken gehen.

Text und Fotos: Stefan Winna, watercraft@gmx.at www.gewaesserpaedagogik.at Erstmals erschienen in: Fisch Ahoi, Fischer Trend Report 2020, www.fischahoi.at INFOBOX Das ist PKD: Diese Nierenkrankheit wird durch Parasiten übertragen und führt beim Fisch (vorwiegend sind Salmoniden betroffen) zu inneren Entzündungen. Ab einer Wassertemperatur von etwa 15 Grad ist die Sterblichkeitsrate hoch. PKD kann auch über Besatzfische, Bekleidung (Wathose) und Fischereiausrüstung von einem Gewässer zum anderen übertragen werden. Daher bitte die Ausrüstung beim Gewässerwechsel desinfizieren! Das kann entweder durch gutes Trocknen (Ausrüstung am besten mehrere Tage in die Sonne hängen) oder durch den Einsatz von Desinfektionsmittel wie etwa „Virkon S“ erfolgen.

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Invasive Arten wie die Schwarzmundgrundel profitieren vom Klimawandel.

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THEMA

KLIMA UND LANDWIRTSCHAFT

TÄTER UND OPFER ZUGLEICH Die EU möchte die Emissionen der Landwirtschaft senken. Dafür hat sie große Ziele formuliert. Konkrete Maßnahmen und Förderprogramme fehlen aber genauso wie die Resonanz aus den Mitgliedsländern.

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er Klimawandel wirkt sich in vielfältiger Weise auf die Landwirtschaft aus. Während das wärmere Wetter in Nordeuropa durchaus förderlich für die Agrarproduktion sein mag, überwiegen in Mittel- und Südeuropa die negativen Folgen. Dürren, Überschwemmungen und höhere Temperaturen begünstigen Schädlingsbefall und Pflanzenkrankheiten und führen zu Ertragseinbußen bis hin zu Ernteausfällen. Allerdings trägt die Landwirtschaft auch selbst zum Klimawandel bei. Bei der Düngung werden große Mengen Lachgas freigesetzt, bei der Rinderhaltung entsteht Methan. Weltweit ist die Landwirtschaft für ein Viertel aller Emissionen von Treibhausgas verantwortlich. In Europa ist der Agrarsektor nach der Energieerzeugung und dem Verkehr die drittgrößte Quelle und trägt etwa

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zehn Prozent zu den Gesamtemissionen bei. Diese Emissionen kommen zu 38 % aus den Böden und dem Einsatz von Düngemitteln und zu 61 % aus der Tierhaltung – drei Viertel davon entstehen durch den Verdauungsprozess von Wiederkäuern und ein Viertel durch Mist und Gülle. Um das globale Klima zu stabilisieren und die Auswirkungen des Klimawandels zu minimieren, müssen diese Emissionen drastisch reduziert werden. Auf der Pariser Klimakonferenz 2015 haben sich 196 Länder darauf geeinigt, sich dafür nationale Ziele zu setzen. So hat sich die EU verpflichtet, ihre Emissionen bis 2030 um 40 % zu senken und die Landwirtschaft an den Klimawandel anzupassen, ohne die Produktion einzuschränken. Bei den Reformen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU gewann der Klimawandel zunehmend an Bedeutung. Durch die Reform von 2013 wurde der Schutz des Klimas sogar zu einem der Kernziele erhoben und in der zweiten Säule der GAP verankert. Dennoch gibt es bei der Förderung von Klimaschutzmaßnahmen große Unterschiede zwischen den EU-Staaten, und in vielen Ländern ist das Engagement eher marginal. Für alle Mitgliedsstaaten verbindlich sind nur die Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen. Durch sie werden ein integriertes Düngemittelmanagement, diversifizierte Fruchtfolgen und andere klimabezogene Maßnahmen gefördert. Es wurde aber nie ein konkretes Ziel formuliert, wie weit die Emissionen der EU-Landwirtschaft reduziert werden sollen. Bei den Verhandlungen über Reformen hat die Produktion von Nahrungsmitteln absoluten Vorrang. Sicherheit der Ernährung und Klimaziele können in Einklang gebracht werden, wenn in den Böden mehr Kohlenstoff gebunden würde. Dies ist das Ziel der 2015 in Frankreich gestarteten „Vier-Promille-Initiative“, durch die der Gehalt organisch gebundenen Kohlenstoffs im Boden um 0,4 % pro Jahr erhöht werden soll. Die Speicherung organischer Stoffe aus Pflanzen im Boden über Jahrzehnte oder Jahrhunderte hinweg könnte den Anstieg des CO2-Gehalts in der Atmosphäre zumindest teilweise ausgleichen. Erreicht werden könnte dies zum Beispiel, wenn der Boden ständig mit Kulturen bedeckt wäre, tief wurzelnde Pflanzen angebaut und Mist, Mulch und Kompost Herbstausgabe | natur&land | 106. JG. – Heft 3-2020


LANDWIRTSCHAFT

Zusammen ein Drittel: Französische und deutsche Agrarbetriebe tragen die Hauptverantwortung für die hohen Emissionen der EU-Landwirtschaft.

eingesetzt würden. Theoretisch hält die GAP Landwirtinnen und Landwirte schon jetzt dazu an, den Kohlenstoffgehalt des Bodens zu erhalten und möglichst zu erhöhen. Es werden jedoch weder Bilanzen oder Berichte verlangt noch konkrete Maßnahmen, um die Verluste von Kohlenstoff im Boden zu minimieren. Die GAP sollte nicht nur dazu anreizen ausreichend Lebensmittel zu produzieren, sondern auch dazu, die Fruchtbarkeit der Böden zu verbessern und dort für einen hohen Anteil organischer Substanz zu sorgen. In vielen EU-Regionen sind die Böden inzwischen an Kohlenstoff verarmt. Die GAP-Vorschriften sollten sich an der Bodenschutzgesetzgebung der EU orientieren und darauf bedacht sein, organische Bodensubstanz in verarmten Böden wieder anzureichern. Politik und Gesetze haben die Aufgabe, nachhaltige Produktionsmethoden zu fördern und den Ackerbau zu diversifizieren. Bessere Anbaumethoden, die das Ökosystem und die biologische Vielfalt schützen, machen die Landwirtschaft überdies widerstandsfähiger gegen extreme Schwankungen des Klimas. Der Boden kann vor allem geschützt werden, wenn weniger Dünger und Pestizide eingesetzt werden und für seine ständige Bedeckung gesorgt wird. So läuft er weniger Gefahr zu erodieren und damit organische Herbstausgabe | natur&land | 106. JG. – Heft 3-2020

Substanz zu verlieren. Bodenbedeckende Kulturen und Zwischenfrüchte sollten auch außerhalb ökologischer Vorrangflächen obligatorisch werden, ebenso wie zeitweilige Brachen oder Grünland in der Fruchtfolge vorkommen sollten. Zu fördern sind auch kombinierte Agroforst-Systeme, in denen Bäume mit Ackerkulturen und/oder Tierhaltung kombiniert werden, sowie Dauergrünland (Grünland, das älter als fünf Jahre ist) und der Einsatz von Leguminosen statt Mineraldünger. Tierhaltung und Ackerbau sind mittlerweile oftmals getrennt. Einige Betriebe aber verbinden Tier- und Pflanzenproduktion, indem sie einen Teil ihrer Nutzpflanzen an die Tiere verfüttern und mit deren Mist das Ackerland düngen. Die GAP sollte solche Betriebe unterstützen, um Tierhaltung und Ackerbau wieder zusammenzubringen.

Autor/Autorin: Dr. Abad Chabbi & Dr. Cornelia Rumpel aus: Agraratlas 2019, österreichische Ausgabe, 2. Auflage, zum Download: www.global2000.at, www.boell.de Grafiken: Bartz/Stockmar, CC BY 4.0 INTERNETQUELLEN:

Comisión Europea, Comunicación sobre el futuro de la PAC, Bild 15, https://bit.ly/2EpWxaG. • Eurostat, European Environment Agency, Greenhouse gas emission by source sector, code: env_air_gge, https://bit.ly/2GkAJPJ, https://bit.ly/2EkIaob. (Stand: Dezember 2018)

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THEMA

LANDWIRTSCHAFT – WICHTIGE AKTEURIN IM KLIMAWANDEL

BIOANBAU IST NACHWEISLICH KLIMAFREUNDLICH Der Biolandbau stellt eine Möglichkeit zur Anpassung der Landwirtschaft an den Klimawandel dar. Biologisch bewirtschaftete Böden geben weniger klimaschädliches Lachgas ab als konventionell bewirtschaftete Äcker. Mit der Humuswirtschaft können Biobetriebe den im Boden gespeicherten Kohlenstoff erhalten und steigern. Die vielfältigeren und aktiveren Mikroorganismen in den Bioböden können zudem zu einer besseren Anpassungsfähigkeit der Biokulturen an klimatisch bedingte Stresssituationen beitragen. Reduzierte Bodenbearbeitung kann zu einer zusätzlichen Anreicherung von Kohlenstoff im Boden führen.

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er Mensch kann nur die Kohlenstoffgehalte von Atmosphäre, Boden und Vegetation beeinflussen. In diesem Zusammenhang spielt die Landwirtschaft eine wichtige Rolle um den Klimawandel abzumildern. Durch die Anreicherung von Humus im Boden kann sie Kohlenstoff speichern. Kleine Änderungen der Kohlenstoffmenge im Boden haben große Auswirkungen aufs Klima. Darüber hinaus hält die Landwirtschaft aber noch weitere Optionen bereit, mit denen der menschengemachte Klimawandel gemindert werden kann. Dadurch könnte die landwirtschaftliche Produktion an den nicht mehr zu verhindernden Wandel angepasst werden.

KLIMAWIRKUNG DER BIOLOGISCHEN BODENBEWIRTSCHAFTUNG Langzeitversuche in der Schweiz sowie Literaturstudien und Ergebnisse aus dem EU-Horizon 2020-Projekt iSQAPER, ebenso wie Betriebsvergleiche von Agroscope/CH lassen bezüglich der Klimawirkung des Biolandbaus folgenden Schlüsse zu: Biologisch wirtschaftende Betriebe mit Kleegrasanbau, Mist und Gülle aus der Viehhaltung bieten gute Voraussetzungen für die Erhaltung oder Steigerung des Humusgehaltes im Boden. Reduzierte Bodenbearbeitung kann auch im biologischen Landbau die Humusmenge im Boden zusätzlich erhöhen.

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Auf den Pflug zu verzichten, erhöht den Humusgehalt des Bodens: Im direkten Vergleich: links traditionelle Bodenbearbeitung mit dem Pflug ...

Dank niedrigeren Stickstoffgaben und einer besseren Bodenfruchtbarkeit sind die Lachgasemissionen im Biolandbau um 40 % tiefer als im konventionellen Anbau. Dank vielfältigerer und aktiverer mikrobieller Gemeinschaften im Boden mineralisieren biologisch bewirtschaftete Böden bei Trockenstress Stickstoff effizienter und sind somit besser an den Klimawandel angepasst. HÖHERE KOHLENSTOFFBINDUNG IM HUMUS In einer umfassenden Literaturstudie konnte gezeigt werden, dass biologisch bewirtschaftete Böden 170 kg bis 450 kg mehr Kohlenstoff pro Hektar und Jahr im Humus speichern als konventionell bewirtschaftete Böden[3]. Der Unterschied resultiert vor allem aus dem mehrjährigen Anbau von Kleegras und der organischen Düngung. Ein höherer Humusgehalt im Boden erhöht die Wasserinfiltration und Speicherfähigkeit des Bodens sowie die Stabilität der Bodenaggregate, was auch der Erosion von Böden vorbeugt[4]. Außerdem verbessert der dynamische Teil des Humus über biologische Mechanismen die Pflanzengesundheit[5,6]. Analysen von 2.000 Bodenproben in der 40-jährigen Laufzeit des sog. DOK-Versuchs bei Basel, dem weltweit bisher längsten Vergleichsversuch zwischen biologischen und konventionellen Anbausystemen[7,8], zeigen, dass: Herbstausgabe | natur&land | 106. JG. – Heft 3-2020


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... und rechts reduzierte Bodenbearbeitung mit dem Grubber. FOTO: HANSUELI DIERAUER (FIBL SCHWEIZ)

der Humusgehalt bei biologisch-dynamischem Anbau mit Kompostanwendung leicht ansteigt. der Humusgehalt im konventionellen Anbau mit rein mineralischer Düngung deutlich abnimmt. die Humusgehalte im konventionellen Anbau mit gemischt organischer und mineralischer Düngung und im organisch-biologischen Anbau annähernd stabil bleiben. Die im biologisch-dynamischen System über sechs Fruchtfolgeperioden und alle Kulturen gemittelten und im Vergleich zum konventionellen System um 20 % geringeren Erträge werden mit deutlich geringerem Düngemitteleinsatz und ohne chemisch-synthetische Pestizide erzielt. REDUZIERTE BODENBEARBEITUNG ALS POTENZIAL FÜR DEN KLIMASCHUTZ Auf den Pflug zu verzichten ist nicht nur aus Gründen des Bodenschutzes gut, sondern hat auch Potenzial zum Klimaschutz. Ein weitgehender Ersatz des tiefen Pflügens durch flachere und meist nicht-wendende Bodenbearbeitung im Biolandbau kann den Humusgehalt deutlich über das Niveau der biologischen Bewirtschaftung mit Pflug heben[9]. Im 13-jährigen Bodenbearbeitungsversuch des FiBL in Frick konnte der Humusgehalt in den oberen 50 cm um 8 % erhöht werden. Über die gesamte Laufzeit des Versuchs stieg der Humusgehalt unter reduzierter Bodenbearbeitung bei gleichbleibenden Treibhausgasemissionen um rund 700 kg C pro Hektar und Jahr[10,11]. NIEDRIGERE LACHGASEMISSIONEN IM BIOLANDBAU Eine Auswertung der weltweit verfügbaren Literatur über Lachgas (N2O)-Emissionen im Feld zeigt, dass biologisch bewirtschaftete Herbstausgabe | natur&land | 106. JG. – Heft 3-2020

INFOBOX HOHE EMISSIONEN DER LANDWIRTSCHAFT Direkt verursacht die Landwirtschaft weltweit 11 % der THG-Emissionen[1]. Rechnet man aber die Emissionen, die für die Bereitstellung der landwirtschaftlichen Betriebsmittel wie chemische Düngemittel und Pflanzenschutzmittel, sowie die Emissionen, die durch Rodungen von Urwald zur Futtermittelerzeugung gebraucht werden hinzu, stammen 21 % bis 37 % der weltweiten THG-Emissionen aus der Landwirtschaft bzw. aus dem globalen Ernährungssystem[2]. DER BODEN IST EIN WICHTIGER CO2-SPEICHER Im Jahr 2018 wurden weltweit, vor allem durch die Verbrennung von fossilen Energieträgern, 34 Gt CO2-Äquivalente emittiert. Diese jährlichen Emissionen sind im Kontext des globalen Kohlenstoffkreislaufs eigentlich gering (siehe Abb. 1, S. 47). Insgesamt befinden sich nämlich 75 Mio. Gt Kohlenstoff auf der Erde. Davon ist jedoch der weitaus größte Anteil (99,94 %) in Kalkgesteinen gebunden. Nur 0,05 % sind in den Ozeanen und 0,0037 % in Böden gebunden. Atmosphäre und Vegetation beinhalten je 0,001 % des globalen Kohlenstoffs – zusammen weniger als die Hälfte des CO2 in den globalen Böden.

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Böden zwar pro Fläche weniger Lachgas ausstoßen als konventionell bewirtschaftete Böden, pro Ertragseinheit aber leicht mehr[12]. Der Metaanalyse zur Folge würde ein Mehrertrag von 9 % in der biologischen Produktion ausreichen, um die ertragsbezogenen Lachgas-Emissionen auf das Niveau der konventionellen Produktion zu reduzieren. Eine Studie des FiBL im 40-jährigen DOK-Versuch[13] zeigt, dass biologisch und biodynamisch bewirtschaftete Böden flächenbezogen im Mittel 40 % geringere Lachgas-Emissionen aufweisen als konventionell bewirtschaftete Böden. Die Gründe dafür waren eine geringere Stickstoff-Düngung und eine bessere Bodenqualität in den biologischen Anbauverfahren. Besonders niedrig sind die Lachgas-Emissionen im biodynamischen Anbau. Dort wurden im Vergleich zum konventionellen Anbau auch ertragsbezogen ein Drittel weniger Lachgas-Emissionen gemessen[14]. BESSERE ANPASSUNGSFÄHIGKEIT VON BIOBÖDEN Der Klimawandel bringt wahrscheinlich mehr Starkregenereignisse und Trockenperioden mit sich. Forschungsergebnisse des FiBL zeigen, dass biologisch bewirtschaftete Böden besser an diese Herausforderungen angepasst sind als konventionelle. So weisen die Bioböden im DOK-Versuch infolge der höheren Humusgehalte eine bessere Aggregatstabilität auf [15]. Dadurch sind diese Böden besser gegen Erosion infolge von Starkregenereignissen geschützt. In einer Literaturstudie wurde nachgewiesen, dass die mikrobielle Aktivität in biologisch bewirtschafteten Böden deutlich höher ist als in konventionell bewirtschafteten, unter anderem auch in Bezug auf die Pro-

FOTO: ELSE BÜHNEMANN-FIBL SCHWEIZ

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Bestimmung der Treibhausgasemissionen im Ackerbau. Mithilfe von Kammern können die vom Boden emittierten Treibhausgase gesammelt, nach einer kurzen Zeit mit einer Spritze entnommen und anschließend im Labor an einem Gaschromatographen gemessen werden.

teaseaktivität[16]. Die Protease ist ein Enzym, welches den ersten Schritt in der Mineralisierung von organisch gebundenem Stickstoff katalysiert. In einem Topfexperiment mit Böden aus dem DOK-Versuch konnten Forschende vom FiBL zeigen, dass die Böden aus dem biologisch-organischen Anbau bei Trockenheit 30 % mehr Stickstoff aus einer Gründüngung mineralisierten als die Böden im konventionellen Anbau[17]. Dabei konnte die bessere Mineralisierungsleistung auf eine erhöhte Vielfalt der Mikroorganismen in den biologisch bewirtschafteten Böden zurückgeführt werden. >>> S.48

Auswirkungen eines Starkregenereignisses – zum Vergleich zwei Bilder aus dem DOK-Versuch (weltweit bisher längster Vergleichsversuch zwischen biologischen und konventionellen Anbausystemen): links konventioneller Anbau ohne Mistgabe und rechts bio-dynamischer Anbau mit Kompostmistgabe. Bioböden mit einem höheren Humusgehalt können besser mit durch Klimawandel hervorgerufenen Extremwetterreignissen umgehen.

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LANDWIRTSCHAFT

Abb. 1: Vereinfachte Darstellung des globalen Kohlenstoffkreislaufs; Humusaufund -abbau spielen in den für das Klima relevanten Kohlenstoffflüssen eine wesentliche Rolle. Der CO2-Gehalt der ­Atmosphäre nimmt zurzeit jährlich um 3,3 Gt C zu. Der C-Austausch mit den Karbonatgesteinen, dem mit Abstand größten Kohlenstoffspeicher, geht wesentlich langsamer und ist deshalb hier nicht aufgeführt. Quelle: Grafik nach Heinz Flessa angepasst durch FiBL, Daten IPCC[2]

INFOBOX

TREIBHAUSGASE (THG) Die wichtigsten THG der Erdatmosphäre sind Wasserdampf, Kohlendioxid (CO2), Ozon (O3), Methan (CH4) und Lachgas (N2O). CO2, CH4 und N2O sind die THG, die durch menschliche Aktivitäten stark beeinflusst werden, wohingegen die Konzentrationen von Wasserdampf und Ozon langfristig stabil sind, bzw. nur indirekt durch den Menschen beeinflusst werden. Von den globalen THG-Emissionen aus der Landwirtschaft entfallen 46 % auf N2O, 45 % auf CH4 und 9 % auf CO2. Fluorkohlenwasserstoffe sind die einzigen THG, die nur durch menschliche Aktivität erzeugt werden. Sie kommen nur in geringen Konzentrationen in der Atmosphäre vor, haben aber aufgrund ihres extrem hohen Erwärmungspotenzials (bis zu 14.800 mal höher als CO2) einen deutlichen Einfluss auf das Klima. CO2 stammt aus Abbau- und Veratmungsprozessen der lebenden Biomasse, Kalkung sowie aus Verbrennungen im Rahmen der menschlichen Aktivität; CH4 vornehmlich aus Abbauprozessen in Böden unter Luftabschluss (Nassreisanbau und Moorgebiete) und aus anaeroben Prozessen

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in den Mägen von Wiederkäuern, und N2O entsteht insbesondere während und kurz nach der Ausbringung von stickstoffhaltigen (Hof)Düngern. CO 2 -Äquivalente (CO 2 -eq oder CO 2e): Die verschiedenen THG CO2, CH4 und N2O haben unterschiedliche Erwärmungspotenziale. Damit man die Wirksamkeit aller THG vergleichen kann und weil CO2, über alle Sektoren hinweg das mit Abstand bedeutendste THG ist, wird dessen Potential gleich 1 gesetzt. Demnach hat CH4 ein 24-fach und N2O ein 298-fach höheres Potenzial zur Erwärmung der Atmosphäre als CO2. Die unterschiedliche Lebensdauer der THG in der Atmosphäre wird in dieser Potenzialberechnung auch berücksichtigt. Gigatonne (Gt): Gigatonne ist eine weitverbreitete Einheit für THG-Mengen. Eine Gigatonne sind eine Milliarde Tonnen und entspricht 1×1.015 Gramm oder 1 Billiarde Gramm. Ein anderer Begriff für die gleiche Grössenordnung ist 1 Petagramm (Pg).

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FAZIT: KLIMAMINDERNDE POTENZIALE BESSER NUTZEN Als Schlussfolgerung ergibt sich, dass durch die biologische Bewirtschaftung der Böden die Auswirkungen der Landwirtschaft auf das Klima vermindert werden und dass biologische Anbausysteme besser an den Klimawandel angepasst sind. Reduzierte Bodenbearbeitung unter Biobedingungen (ohne Herbizide) ist eine Perspektive, um den Biolandbau noch klimaschonender zu machen. Intensive Forschung ist aber nötig, um die Unkrautregulierung noch effizienter zu gestalten[9,18). EIN GROSSES POTENZIAL LIEGT INSBESONDERE IN DEN TECHNIKEN DER PRÄZISIONSLANDWIRTSCHAFT. Der relative Vorteil der Biolandwirtschaft in Bezug auf die Klimawirkung hängt neben der Stickstoffdüngung stark von der Flächenproduktivität ab. Hier weist der Biolandbau aufgrund der geringeren Erträge einen höheren Flächenbedarf auf. Deshalb ist die Weiterentwicklung der Biolandwirtschaft durch verbesserte Sorten (Züchtung), einen effektiveren biologischen Pflanzenschutz und die Rezyklierung von Nährstoffen aus urbanen Gebieten wie Kompost und Biogärgut zentral. FiBL Forschende haben zudem gezeigt, dass eine Ausweitung der Biolandwirtschaft ökologisch große Vorteile bringt, weil bestehendes Ackerland besser vor Erosion geschützt wird. Weltweit gehen jährlich 10 Mio. ha Ackerland durch Wind- und Wassererosion endgültig verloren. Eine weitere Ausdehnung der Biolandwirtschaft ist deshalb auch wichtig für den Bodenschutz [19]. Für einen effektiven Bodenschutz braucht es aber weitere Maßnahmen, wie z. B. geringere Lebensmittelverluste und weniger Futterproduktion in Form von Getreide, Mais und Soja auf dem Acker (bzw. einen geringeren Fleischkonsum), um die globale Ackerfläche bei gesteigerter Biolandwirtschaft nicht ausdehnen zu müssen[20]. Insgesamt betrachtet leistet die biologische Landwirtschaft bereits jetzt einen wichtigen Beitrag zum Schutz des Klimas und ist zudem besser an den stattfindenden Klimawandel angepasst.

Text: Gekürzt aus dem FIBL-Faktenblatt „Boden und Klima“ Nr. 2517 (2020) – siehe Abbildung rechts; mit freundlicher Genehmigung durch das Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL – Dr. Markus Steffens (Bild), CH-5070 Frick

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FiBL-Faktenblatt (2020), zum kostenlosen Download: shop.fibl.org Autorinnen und Autoren: Paul Mäder, Markus Steffens, Maike Krauss, Andreas Fliessbach, Hans-Martin Krause, Colin Skinner, Martina Lori, Giulia Bongiorno, Matthias Klaiss, Christine Arncken, Hansueli Dierauer, Else Bünemann, Adrian Müller, Urs Niggli, Andreas Gattinger Herbstausgabe | natur&land | 106. JG. – Heft 3-2020


FOTO: TUMISU (PIXABAY)

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KLIMAWANDEL UND ERNÄHRUNGSSYSTEME Der Klimawandel ist Tatsache und wird stärker werden, unabhängig davon, was wir tun. Wir werden es kaum schaffen, die für das 1,5- oder 2-Grad-Ziel notwendigen Maßnahmen in der dafür nötigen kurzen Frist umzusetzen. Wir werden also mit einem eher starken als schwachen Klimawandel leben lernen und unsere Ernährungssysteme darauf einstellen müssen, um weiterhin Ernährungssicherheit garantieren zu können. Der Beitrag zeigt auf, wie das gehen kann.

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npassung an den Klimawandel im Ernährungssystem bedeutet zuerst, dass wir identifizieren, wo sich neue Möglichkeiten ergeben und diese dann ergreifen. Zum Beispiel werden sich in Europa die Anbaugebiete gewisser Kulturen nach Norden verschieben, was wir in den Anbauentscheiden berücksichtigen sollten. Dieses Wissen, wo welche Kulturen auch in Zukunft gut gedeihen werden, müssen wir bereitstellen. Zweitens müssen wir erreichen, dass die Kulturen und Tiere, auch wenn die klimatischen Bedingungen schwieriger werden, im Schnitt über mehrere Jahre und Regionen vernünftige Erträge liefern. Wichtigste Herausforderungen dabei werden Trockenheit, Wetter-Extremereignisse und Schadorganismen sein. ERKENNEN, WAS WO MÖGLICH IST Wir sollten deshalb wissen, wieviel Wasser wo wann und woher verfügbar sein wird. Regionalisierte Klimamodelle helfen abzuleiten, wie sich Niederschläge und die Durchflussraten der Fließgewässer verändern werden. Damit lassen sich grobe Abschätzungen machen, welche Kulturen wo und wann welchen Bewässerungsbedarf haben werden und wieviel Wasser dafür zur Verfügung stehen könnte. Dabei ist auch zu beachten, welche alternativen Nutzungen für das vielleicht knappe Wasser in derselben Region auftreten. So gibt es zum Beispiel den Frischwasserbedarf der Bevölkerung, die Kühlung thermischer Kraftwerke oder ökologisch bedingte Grenzwerte für minimale Durchflussraten, die eine Wasserentnahme einschränken können. Wetterextremen wie Starkregen begegnet man am besten mit gesunden Böden und Pflanzen. Dies heißt einerseits, dass die Pflanzen

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Autor: Dr. sc. nat. Adrian Müller Departement für Sozioökonomie am Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL, 5070 Frick, Schweiz, adrian.mueller@fibl.org

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nicht einseitig auf hohe Erträge hochgezüchtet sein sollten, sondern eher auf eine gewisse Robustheit. Also lieber stabilere Halme mit weniger schweren Ähren, die auch einen Starkregen oder Sturm gut überstehen. Andererseits müssen die Böden eine gesunde Struktur aufweisen, um Wasser gut aufnehmen und speichern zu können. So können sie Starkregen überstehen ohne zu erodieren, ohne dass das Wasser stehenbleibt oder nur oberflächlich abfließt ohne zu verschlämmen. Veränderungen bei den Schadorganismen können zum Beispiel das Auftreten neuer Schädlinge oder zusätzlicher Generationen von Schädlingen wegen längerer Vegetationsperioden sein. Um dem in ökologischer Weise zu begegnen, sind wir wieder auf gesunde Böden und gesunde Pflanzen sowie eine Pflanzenschutzstrategie, die Ökosystemaspekte und Nützlings-Schädlingsdynamiken optimal nutzt, angewiesen – sowie auf gewisse Pflanzenschutzmittel, wenn es nicht anders geht.

In vielen Regionen werden mit dem Klimawandel Trockenperioden und Hitzewellen und der damit einhergehende Bewässerungsbedarf zunehmen.

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KANN BIOLANDWIRTSCHAFT DIE WELT ERNÄHREN? Ja – wenn die Menschen zu verlässlichen Partnern werden und ihre Essgewohnheiten ändern: weniger Fleisch, weniger Nahrungsmittel im Müll. Wie kann das gehen?

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eute bedeutet „die Welt ernähren“, dass wir pro Kopf im globalen Durchschnitt etwa ein Drittel zu viel produzieren, das dann verschwendet und weggeworfen wird. Es bedeutet auch, dass wir etwa ein Drittel unseres Bedarfs aus tierischen Produkten decken. Es bedeutet, dass die Tiere, die diese Produkte liefern, große Anteile ihres Futters von Ackerland bekommen, auf dem wir eigentlich auch direkt Nahrungsmittel für die Menschen anbauen könnten. Und es bedeutet, dass die Umweltwirkungen pro Hektar oft weit über den Grenzen der Tragfähigkeit der lokalen Ökosysteme liegen, und dass die globalen Auswirkungen wie Treibhausgasemissionen bei Weitem nicht mit dem 1.5-Grad-Szenario vereinbar sind. Kurz gesagt, unser Ernährungssystem ist viel zu verschwenderisch für diese Welt. GESCHLOSSENE KREISLÄUFE Die vertretbare Grösse des Ernährungssystems können wir aus der Idee geschlossener Kreisläufe ableiten. Dabei sollten bezüglich sinnvoller lokaler und regionaler Ökosystemgrenzen keine Netto-Nährstoffflüsse auftreten. Dies ist heute nicht der Fall. Importierte Futtermittel und die Nutzung von Mineraldünger führen zu massiven Nährstoffzuflüssen, die keinen Bezug zur Fläche der lokalen Ökosysteme aufweisen und so auch

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innerhalb dieser nicht nachhaltig verarbeitet werden können. Mit dem Effekt, dass entsprechende Mengen verloren gehen und die Umwelt belasten. Durch Verzicht auf Mineraldünger und importierte Futtermittel können wir dies vermeiden. Der Gewinn ist eine tiefere Intensität pro Hektar und eine Reduktion der totalen Umweltbelastungen. Dies ist aber nur auf Kosten der landwirtschaftlichen Produktion möglich, denn die Erträge würden auch sinken – wie wir es aus der Biolandwirtschaft kennen. GENÜGEND NAHRUNG Müssten wir also mit Biolandwirtschaft die Flächen ausdehnen, um gleichviel zu produzieren? Ja, müssten wir. Aber kommen wir zurück zum Anfang: Müssen wir so viel produzieren wie heute und dann ein Drittel wegschmeissen oder verlieren, muss das Ernährungssystem so gross sein? Nein. Wir können die Abfälle und Verluste reduzieren und wir können den Flächenbedarf für die Futtermittelproduktion verringern. Die Folge – weniger Fleisch, Milch und Eier für unseren Konsum, aber nicht weniger Kalorien und Protein. Weniger Flächenbedarf, aber trotzdem keine erhöhte Intensität der Flächennutzung. Weniger lokale und globale Umweltbelastungen, aber trotzdem eine global gesicherte Ernährung. Herbstausgabe | natur&land | 106. JG. – Heft 3-2020


FOTO: FIBL

LANDWIRTSCHAFT

alle Vegetarier oder Veganer werden. So wie das Klimaproblem über Jahrzehnte durch Myriaden individueller Konsumentscheidungen entstand und weiter verschärft wird, so kann es gelöst werden. Unsere täglichen Entscheide bestimmen, ob sich etwas ändert oder nicht. Im Bereich Ernährung sähe es aus wie oben skizziert: weniger Fleisch und andere tierische Produkte konsumieren und weniger Nahrungsmittel wegwerfen.

Aus: FACTSHEET: DIE XXL-KLIMABILANZ DER FLEISCH- UND MILCHGIGANTEN (Heinrich-Böll-Stiftung, www.boell.de); Grafik: „Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)“

ESSGEWOHNHEITEN Tönt das zu schön um wahr zu sein? Nein – aber wir müssen uns bewusst machen, was es für unsere Essgewohnheiten bedeutet. In einem solchen System wäre noch ein Viertel der tierischen Produkte von heute verfügbar – entsprechend müssten wir unseren Menüplan umstellen. Das ist sehr wohl machbar, auch ohne dass Herbstausgabe | natur&land | 106. JG. – Heft 3-2020

BILLIGES ESSEN DES EINZELNEN KOSTET DIE GESELLSCHAFT Aber als Konsumenten haben wir doch nicht alles im Griff, oder? Wenn die Anbieter zum Beispiel nur eng normierte Ware verarbeiten können, wird alles andere zu Abfall. Stimmt – aber wenn wir bereit sind, mehr für Nahrungsmittel auszugeben, dann wird auch nicht-normierte Ware mit komplexeren Verkaufsketten verkauft. Generell ist unser Essen zu billig – was wir dadurch an individuellen Kosten einsparen, wird in Form der Umweltbelastungen an die Gesellschaft ausgelagert. HANDELN Wir können also täglich handeln, indem wir wenig wegwerfen und wenig tierische Produkte essen. Wir können im weiteren Rahmen handeln, indem wir uns für eine griffige Umweltpolitik einsetzen und entsprechend wählen und abstimmen.

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THEMA

Auch in den EU-Ländern mit bedeutender Fleischproduktion verlangt eine Mehrheit der Bevölkerung, das Tierwohl zu beachten. Grafik: Bartz/Stockmar, CC BY 4.0

WIR KÖNNEN DIE LÖSUNGEN BEREITSTELLEN Um unsere Ernährungssysteme an den Klimawandel anzupassen, müssen wir wissen, wie sich das Klima und insbesondere die Wasserverfügbarkeit – sowohl aus Niederschlägen wie über Fließgewässer und Grundwasser – regional entwickeln wird. Gegen die vielen Unsicherheiten genügt es dabei grobe, einigermassen robuste Richtwerte zu erhalten. Zweitens müssen wir viel mehr in die Züchtung investieren, in Sorten und Rassen, die mit den kommenden Herausforderungen besser umgehen können und den lokalen Gegebenheiten angepasst sind, und zwar ohne synthetisch-chemischen Pflanzenschutz. Eng damit zusammen hängt auch das Potenzial von derzeit nicht häufig genutzten Anbausystemen wie Agroforst (Mehrjährige Baumkulturen und einjährige Nutzpflanzen werden auf derselben Fläche angebaut, teils auch in Kombination mit Tierhaltung) und der Bedarf nach dafür geeigneten Sorten. Drittens müssen wir in den Pflanzenschutz – und auch in die Tiergesundheit – und entsprechende Forschung investieren. Dies muss abgestimmt auf die verwendeten Sorten, Rassen und Systeme und möglichst ohne Rückgriff auf synthetische Pflanzenschutzmittel oder Antibiotika geschehen, um die negativen Auswirkungen dieses Teils der Landwirtschaft nicht zu verstärken, sondern im Gegenteil zu vermindern. Und schließlich gilt es wieder gesunde Böden ins Zentrum zu stellen, als Grundlage einer nachhaltigen und anpassungsfähigen Landwirtschaft. Es muss unbedingt und überall darauf geachtet werden, organische Boden-

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substanz zu erhalten und aufzubauen und Erosion zu vermeiden sowie den fortlaufenden Verlust von fruchtbaren Landwirtschaftsflächen einzudämmen. RISIKOREDUKTION UND DIVERSITÄT Über die Böden kommen wir auf weitere allgemeinere Strategien zu sprechen: Erhöhte Diversität hilft mit den Risiken des Klimawandels umzugehen. Wir müssen deshalb die Vielfältigkeit in der Landwirtschaft erhöhen, in Kulturen, Sorten, Fruchtfolgen und Anbausystemen. Dabei können wir auch technologische Lösungen wie „vertical farming“ oder „Laborfleisch“ ins Auge fassen – soweit deren Nachhaltigkeit gewährleistet ist. Eine zweite allgemeine Strategie ist es, den „Zwang“ zu maximaler Produktion zu vermindern – wenn wir auf den gleichen Flächen weniger produzieren müssen, gewinnen wir Raum, um andere Aspekte als Erträge in den Vordergrund zu stellen, nämlich solche, die Anpassungsfähigkeit und Robustheit erhöhen. Dies kann nur gelingen, wenn wir die großen Verluste im Ernährungssystem in den Griff bekommen. Dies sind einerseits die hohen Abfallmengen, die ein Drittel der Produktion umfassen. Andererseits die großen Mengen an Produkten, die an Tiere verfüttert werden, von Flächen auf denen direkt Nahrung für die Menschen produziert werden könnte. Dies bedingt eine entsprechende Veränderung im Konsum hin zu viel weniger tierischen Produkten – aber es ist eine unabdingbare Komponente von klimaangepassten Ernährungssystemen. Herbstausgabe | natur&land | 106. JG. – Heft 3-2020


LANDWIRTSCHAFT

Fast ein Drittel aller Treibhausgasemissionen Österreichs stammen aus der Herstellung von Lebensmitteln. Die Klimabilanz von Bioprodukten ist dabei deutlich besser als von konventionell erzeugten Produkten.

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ie Treibhausgasemissionen, die bei der Produktion von Lebensmitteln entstehen, sind beachtlich – sie machen hierzulande 20 bis 30 % aller Treibhausgasemissionen aus. Sie entstehen von der Landwirtschaft (und ihren Vorketten) bis hin zum Supermarkt. Beim „CO2-Fußabdruck“ wird dieser ganze Herstellungsprozess betrachtet und erfasst alle wichtigen Treibhausgasemissionen von Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) bis zum Lachgas (N2O). Dabei werden diese drei Treibhausgase in ihrer verschiedenen Klimawirksamkeit gewichtet und als „CO2-Äquivalente“ (CO2-eq) dann aufsummiert (siehe auch „Moore“ S. 26). Die CO2-Bilanzierung erfolgt mithilfe von Datenbanken und Publikationen sowie mittels erhobener Daten von ProduzentInnen und Lebensmittelhandel. In Projekten des FIBL wurden über 400 österreichische 25

FOTO: GUILLERMO GAVILLA (PIXABAY)

DER CO2-FUSSABDRUCK VON LEBENSMITTELN – Wege einer klimafreundlichen Ernährung

Lebensmittel jeweils aus konventioneller und biologischer Landwirtschaft untersucht. ERGEBNISSE DES CO2-FUSSABDRUCKS VON LEBENSMITTELN Pflanzliche Lebensmittel sind deutlich klimafreundlicher als tierische Lebensmittel. Fleisch (Rinder-, Schweine-, Hühnerfleisch) hat dabei den höchsten CO2-Rucksack. Dieser liegt 8 bis 30-mal so hoch wie bei pflanzlichen Produkten wie z. B. Hülsenfrüchte, Gemüse oder Obst (siehe Abb. 1). Tierische Lebensmittel machen daher auch den Hauptteil an den Treibhausgasen am Ernährungssektor aus(1).

THG (CO2-eq/kg LM) KONV THG (CO2-eq/kg LM) BIO

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THG-Emissionen (CO2-eq)

16,1

Abb. 1: Treibhausgas-Emissionen (CO2-eq) ausgewählter pflanzlicher und tierischer Produkte aus konventioneller und biologischer Landwirtschaft (Lindenthal und Schlatzer 2020; basierend auf Daten des FiBL s. z.B. Lindenthal et al. 2010) Herbstausgabe | natur&land | 106. JG. – Heft 3-2020

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THEMA

KLIMAVORTEILE VON BIOPRODUKTEN Bio-Produkte verursachen bei allen der 400 untersuchten Lebensmittel in Österreich geringere Treibhausgasemissionen (CO2-eq) als vergleichbare konventionelle Produkte(2) (Abb. 1): Milchprodukte: 10–21 % weniger CO2-eq/kg Milch bzw. Milchprodukt Weizenbrot: 23–26 % weniger CO2-eq/kg Brot andere Brote und Gebäck: 17–45 % weniger CO2-eq/kg Brot bzw. Gebäck Freiland-Gemüse: 10–35 % weniger CO2-eq/kg Gemüse Geflügelfleisch: 30–50 % weniger CO2-eq/kg Fleisch

BEISPIEL 1: BIO-FLEISCH UND BIO-EIER HABEN EINE DEUTLICH BESSERE KLIMABILANZ Dies liegt hauptsächlich am (weitgehenden) Verzicht auf südamerikanisches Soja beim Füttern der Tiere. In Futtermitteln der konventionellen Tierhaltung in Österreich ist nach wie vor (trotz Donausoja-Initiative*) eine große Menge an Soja aus Brasilien, teils auch aus Argentinien enthalten. Durch den Sojaanbau in tropischen/subtropischen Regionen wird direkt oder indirekt die Zerstörung des Tropenwaldes und Savannenlandes vorangetrieben, was u.a. enormes Artensterben und riesige CO2-Emissionen verursacht (die Tropenwaldzerstörung ist für 15–20 % (!) der gesamten weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich). Hingegen werden im Biolandbau keine (oder nur geringe Mengen) südamerikanische Soja eingesetzt. Der Transport der Lebensmittel hat bei allen tierischen Produkten nur einen sehr geringen relativen Anteil (0,5–8%) am gesamten CO2-Rucksack. *Soja aus Staaten aus dem Donauraum hat zwar um rund 40 % geringere CO 2-Emissionen als Soja aus Brasilien (das einen sehr hohen CO 2-Rucksack aufweist). Das Soja aus dem Donauraum (u.a. aus Ungarn, Rumänien, Bulgarien) ist aber kein Bio-Soja und macht an den insgesamt 750.000 t Sojafuttermittel, die Österreich jährlich importiert, gegenwärtig (noch) einen sehr geringen Anteil aus.

Autor: Dr. Thomas Lindenthal Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL Österreich) und Zentrum für Globalen Wandel und Nachhaltigkeit der Universität für Bodenkultur Wien thomas.lindenthal@boku.ac.at

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BEISPIEL 2: KLIMABILANZ VON BIO-WEIZENBROT Die Produktion von 1 kg Bio-Weizenbrot verursacht 23–25 % weniger Treibhausgasemissionen als die von 1 kg konventionellem Brot. Die bessere CO2-Bilanz des Biobrotes ist v.a. auf den Verzicht von StickstoffMineraldünger im Biolandbau zurückzuführen. Denn zur Herstellung dieser Dünger werden große Mengen an Erdgas und Erdöl benötigt. Zum anderen verursacht der Stickstoff-Mineraldüngereinsatz deutlich höhere Lachgas (N2O)-Emissionen aus dem Boden als organische Dünger. Beim Brot stammen die meisten CO2-Emissionen aus der Landwirtschaft und der Bäckerei. Der Anteil des Transports beträgt auch bei Brot weniger als 10 %.

SCHLUSSFOLGERUNGEN – STRATEGIEN EINER KLIMAFREUNDLICHEN ERNÄHRUNG Die Ergebnisse und auch viele internationale Studien zeigen wie eine klimafreundliche (und damit auch gesündere) Ernährung aussieht: a) deutliche Reduktion des Fleischkonsums (in Österreich wird aus gesundheitlicher Sicht um mehr als das Doppelte zu viel Fleisch gegessen) b) deutliche Steigerung des Konsums von Bio Produkten c) deutliche Reduktion der viel zu hohen Lebensmittel abfälle (damit müssten deutlich weniger Lebens mittel produziert werden und somit würden erheblich weniger Treibhausgas-Emissionen anfallen(3 und 4)) d) saisonale und regionale Ernährung Literatur: (1) Schlatzer, M., Lindenthal, T. (2020): Einfluss von unterschiedlichen Ernährungsweisen auf Klimawandel und Flächeninanspruchnahme in Österreich und Übersee (DIETCCLU). Endbericht Forschungsprogramm StartClim2019, Wien, 51 S. (2) Lindenthal, T., Markut, T., Hörtenhuber, S., Rudolph, G., Hanz, K. (2010): Klimabilanz von Ökoprodukten Klimavorteile erneut nachgewiesen, Ökologie und Landbau 153, (1), 51-53.; Lindenthal, T. und Schlatzer, M. (2020): Risiken für die Lebensmittelversorgung in Österreich und Lösungsansätze für eine höhere Krisensicherheit - Wissenschaftliches Diskussionspapier im Auftrag von Greenpeace; BOKU und FiBL Österreich Wien, Juni 2020, 65 S. (3) Schlatzer, M., Lindenthal, T. (2018a): 100 % Biolandbau in Österreich – Machbarkeit und Auswirkungen einer kompletten Umstellung auf biologische Landwirtschaft in Österreich auf die Ernährungssituation sowie auf ökologische und volkswirtschaftliche Aspekte. Endbericht. Mutter Erde, ORF Wien. https://www.muttererde.at/motherearth/uploads/2018/05/FiBL_ gWN_-Bericht_-100P-Bio_Finalversion_21Mai18.pdf (4) Schlatzer, M. Lindenthal, T. (2018b): GESUND, BIO UND GÜNSTIG – GEHT DAS? Auswirkungen eines geänderten Einkaufverhaltens auf Kosten und Klimawandel. https://www.wwf.at/de/view/files/download/showDownload/ ?tool=12&feld=download&sprach_connect=3352

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FOTO: OEBF; W. SIMLINGER

FORSTWIRTSCHAFT

WALD DER ZUKUNFT D

er Wald stirbt nicht! Die Natur und damit auch der Wald kommen mit klimatischen Veränderungen, wie es sie in der Erdgeschichte immer wieder in kleinerem oder größerem Umfang gegeben hat, ohne weiteres zurecht. Es sind die Menschen und ihre Prozesse in Wirtschaft und Gesellschaft, die sich nicht so rasch anpassen können und wollen. Bilder von flächig abgestorbenen Nadelbäumen vermitteln oft den Eindruck, dass der Wald hier todgeweiht ist. In den meisten Fällen trifft das allerdings nicht zu: Der Wald verschwindet nicht, sondern er verjüngt sich und er verändert unter gewissen Umständen seine Baumartenzusammensetzung. Oft bildet sich ein Vorwald aus Pionierbaumarten, die darauf spezialisiert sind, Freiflächen zu besiedeln, und die sehr rasch große Flächen bedecken können. Dieser Prozess kann in wenigen Jahren ablaufen, aber auch Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Der Wald hat diese Zeit, die Menschen in der Regel nicht. Negative Auswirkungen auf vielfältige Interessen am Wald werden sehr rasch spürbar. Wird es allerdings zu warm und zu trocken, kann es auch in Mitteleuropa vorkommen, dass sich keine Waldgesellschaft mehr entwickeln kann. Die Natur hätte selbst dafür eine Lösung: Es bilden sich Strauch- oder Graslandgesellschaften, die anderen Tier- und Pflanzenarten Lebensräume bieten. HERAUSFORDERNDE ANSPRÜCHE DES MENSCHEN Wir Menschen wollen im Wald allerdings kontinuierlich den Rohstoff Holz gewinnen, von der Schutzwirkung profitieren, den Erholungsraum nützen, Ökosysteme erhalten und vieles andere mehr. Es sind diese Ansprüche, die uns vor riesige Herausforderungen stellen. Aufgrund des Schadholzanfalls kommt es zu einem Überangebot an Rundholz auf dem Markt mit negativen Auswirkungen wie sinkenden Preisen, schwindenden Absatzmöglichkeiten und hohen Lagerkosten. Meist sind es Fichten, die auf Grund der Trockenheit dem Borkenkäfer zum Opfer gefallen sind. Es ist aber nicht nur die Fichte, die vom Klimawandel betroffen ist. Alle anderen Baumarten sind das ebenso. Aber bei ihr wird es aus zwei Gründen augenscheinlich. Erstens ist die Fichte mit rd. 60 % die häufigste Baumart in Österreich, und zweitens wurde sie in den vergangenen Jahrzehnten und Jahrhunderten auch außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes angepflanzt. Jede Baumart hat ihre ökologische Nische, die im Wesentlichen zwischen der durchschnittlichen Temperatur und dem Jahresniederschlag auf-

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Klimafit in die Zukunft: ein artenreicher Mischwald

Mit dem Klimawandel zukunftsgerichtet umzugehen, bedeutet für die Waldbewirtschafter nicht nur Herausforderungen und Gefahren, sondern auch Chancen. Die Bundesforste lassen sich beim Waldumbau von ihren neuen Bestockungszielen leiten.

Autor: DI Dr. Norbert Putzgruber Leiter der Stabsstelle Wald-Naturraum-Nachhaltigkeit der Österreichischen Bundesforste AG, Purkersdorf, norbert.putzgruber@bundesforste.at

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gespannt wird. Weitere Parameter sind Früh- und Spätfröste, Extremwerte, die Dauer von Kälte und Hitzeperioden und anderes mehr. Durch den Klimawandel verschieben sich diese Nischen. Kommt eine Baumart dadurch außerhalb ihres möglichen Bereichs zu liegen, treten Probleme auf, allen voran Trockenstress und dadurch erhöhte Schädlingsanfälligkeit. Das gilt für die Fichte und – das sollte man nicht vergessen – auch für alle anderen Baumarten. Im Gebirgsland Österreich ist die Aufrechterhaltung der Schutzfunktion des Waldes von herausragender Bedeutung. Das gilt zunehmend auch im Bereich der unteren Waldgrenze im sommerwarmen Osten, wo der Baumbewuchs den Boden vor Erosion schützt und das Grundwasser positiv beeinflusst. Damit der Wald diesen Herausforderungen gerecht werden kann, ist ein Schulterschluss aller Beteiligten wie Waldbesitzer, Wissenschaft, Naturschutz, Jagd, Holzindustrie, Tourismus und Politik notwendig.

FOTO: JOHANNES WIMMER

THEMA

Beispiel einer Eichenwaldverjüngung mit und ohne Wildeinfluss (oben)

DIE ZEIT DRÄNGT – WENIGER FÜR DEN WALD ALS FÜR UNS MENSCHEN Die Temperaturen sind gestiegen, und es treten vermehrt Trocken- und Hitzeperioden auf. Nördlich der Donau sind das ideale Bedingungen für den Borkenkäfer, der innerhalb eines Jahres drei bis vier Generationen ausbilden kann. In Verbindung mit vielen Fichten, die unter dem Wassermangel leiden, kommt es zu den bekannten Massenvermehrungen und in weiterer Folge zur vorübergehenden Entwaldung großer Gebiete. Der Borkenkäfer ist also ein Sekundärschädling, der auch davon profitiert, dass nach dem Zweiten Weltkrieg viele Flächen mit Fichte aufgeforstet wurden. Aber es gibt noch weitere Gründe, warum in vielen Wäldern Baumarten wie Tanne und Eiche, die mit Trockenheit besser zurechtkommen als Fichte oder Buche, wenig vertreten

sind. In Altholzbeständen und auch als Keimlinge sind diese Baumarten oft ausreichend vorhanden, schaffen es angesichts mehrjährigen Verbisses durch Schalenwild aber nicht in den Bestand einzuwachsen. Dieser Umstand ist nicht neu und wird durch zahlreiche Monitoringsysteme belegt. Tanne und Eiche sind als Indikatoren anzusehen, da sie vom Wild besonders gerne verbissen werden. Können sich diese Baumarten natürlich verjüngen (Bild o.), ist das Ökosystem Wald, zumindest was die Wald-WildFrage betrifft, weitgehend in Ordnung. Darüber besteht auch grundsätzlich Einigkeit zwischen Vertretern der Forstwirtschaft und der Jägerschaft, wie in der Mariazeller Erklärung von 2012 festgehalten wurde (siehe Infobox). An der Umsetzung ihrer Ziele muss noch intensiv gearbeitet werden. Denn die Erreichung dieser Ziele ist eine Grundvoraussetzung für klimafitte Wälder:

Vielerorts Aufforstung mit Fichten nach dem Zweiten Weltkrieg – beste Bedingungen für Borkenkäfer – und Angriffsflächen für Stürme. FOTOS: JOHANNES GEPP

JEDE VERÄNDERUNG – AUCH DER KLIMAWANDEL – BIRGT GEWISSE CHANCEN Der Wald wird sich zweifellos verändern, auch auf natürliche Weise. Es besteht die Möglichkeit, diesen Veränderungsprozess in bestimmter Weise zu beeinflussen, nämlich gewünschte Entwicklungen zu fördern und unerwünschte zu verlangsamen. Die Baumartenvielfalt soll auf jeden Fall gefördert werden, das erhöht die Biodiversität sowie die Resilienz und verteilt das Risiko bei Schadereignissen. Es ist aber auch Ziel, aus dem zukünftigen Wald Erträge zu erwirtschaften. Pflegemaßnahmen sollen daher den ökonomischen Wert des Waldes laufend erhöhen. Als Ergänzung macht es durchaus Sinn, in anderen Regionen, die jetzt klimatische Verhältnisse aufweisen, wie wir sie in Zukunft erwarten, nach Baumarten zu suchen, die aktuell und künftig in begrenztem Rahmen am Waldaufbau beteiligt sein können.

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FORSTWIRTSCHAFT

Wald-Forschung am Zöbelboden Seit mehr als 25 Jahren werden u. a. Ökosystem und Luftgüte im Reichraminger Hintergebirge in OÖ (NP Kalkalpen) untersucht. Neueste Forschungen zum Einfluss des Klimawandels zeigen, dass bei Trockenheit der Stamm- umfang abnimmt, der Baum sich zusammenzieht und sich erst wieder ausdehnt, wenn der Flüssigkeitshaushalt wiederhergestellt ist. Innerhalb von zwanzig Jahren verringerte sich das jährliche Stammwachstum von 3.080 kg/ha aufgrund von Dürren auf 2.760 kg/ha (ca. –10 %). Dadurch verringert sich auch die Klimaschutzleistung, da weniger Kohlenstoff im Baum gebunden werden kann. Hinzu kommt noch, dass es durch hohe Bodentemperaturen in Trockenjahren zu einer stärkeren Bodenatmung kommt, d. h. durch Abbauvorgänge im Boden (z. B. Zersetzung) wird mehr Kohlenstoff freigesetzt. www.bundesforste.at Bäume der zukünftigen Wälder: Lärchen (l.), Tannen und Eichen vertragen Trockenheit besser. FOTO: ÖBF/W. SIMLINGER

INFOBOX Ziele der Mariazeller Erklärung zu Forst & Jagd (2012) Die Verjüngung der am Standort typisch vorkommenden Baumarten soll grundsätzlich dem natürlichen Potenzial entsprechend erfolgen können. Die Wildstände sollen derart gestaltet sein, dass Schutzmaßnahmen nicht die Regel, sondern die Ausnahme sind. Weitere Verschlechterungen der Wildlebensräume und weitere Beeinträchtigungen des Wildes und seiner Lebensweise durch Dritte sind hintanzuhalten. Die Regulierung der Schalenwildbestände ist die vordringliche Aufgabe der nahen Zukunft. Grundeigentümer und Jagdausübungsberechtigte sind in gleichem Maße aufgerufen, entsprechende Maßnahmen auf allen Ebenen im Rahmen eines ergebnisverbindlichen Dialogs zu setzen, um diese Ziele zu erreichen.

Dazu wurden bereits umfangreiche Forschungsprojekte gestartet. In Österreich wird der Wald auf vielen Standorten durch die Verlängerung der Vegetationsperiode besser wachsen als früher. Auch der schon spürbare Anstieg der Waldgrenze ist zumindest aus Sicht der Forstwirtschaft nicht als Nachteil zu sehen. NEUE BESTOCKUNGSZIELE In einem umfangreichen Projekt haben die ÖBf in Zusammenarbeit mit der Universität für Bodenkultur und dem WWF neue Bestockungsziele für ihre Waldflächen erarbeitet – unter der Prämisse, dass die Klimaziele von Paris erreicht werden. Sie orientieren sich sehr stark an der natürlichen Waldgesellschaft. Grundlage für das Projekt bildeten eine umfangreiche interne Datenbasis über die Standorte und den Wald sowie die Abgrenzung der Wuchsgebiete und deren Höhenstufen, denen jeweils die natürliche Waldgesellschaft zugeordnet Herbstausgabe | natur&land | 106. JG. – Heft 3-2020

wurde. Die Ergebnisse eines Projekts des Instituts für Waldbau der Boku über die Auswirkungen des Klimawandels auf die Waldflächen der Bundesforste wurden eingearbeitet. ERGEBNISSE Da die Waldflächen der Bundesforste von 150 m Seehöhe bis 2.200 m reichen, ist das Bild des klimafitten Waldes der Zukunft sehr unterschiedlich. In Summe wird der Anteil der Fichte von ca. 60 auf ca. 40 % reduziert. Zunehmen werden Lärche, Tanne und Laubbaumarten. Die Tanne soll ihren Anteil von 3 auf 6 % verdoppeln. Das mag zwar nach nicht sehr viel klingen, ist aber in Anbetracht der Verbissbelastung eine riesige Herausforderung. Für die nicht heimische Douglasie sind die möglichen Standorte begrenzt. Es sind vorwiegend die außeralpinen Gebiete im Waldviertel, wo sie auf trockenen Standorten oft sekundäre Kiefernbestände ersetzen und immer in Mischbeständen mit Laubbäumen vorkommen soll. Es gibt damit schon seit einigen Jahrzehnten gute Erfahrungen. Die Douglasie verhält sich nicht invasiv, hilft, das Risiko zu streuen, und lässt auch ökonomisch gute Ergebnisse erwarten. In Summe wird ihr Anteil nicht über 2 % hinauskommen. Eine Überprägung der heimischen Waldgesellschaften ist daher nicht zu befürchten. Die Eiche wird besonders im Wienerwald an Bedeutung gewinnen, auch wenn sie laufend forstliche Eingriffe braucht. Als ausgeprägte Lichtbaumart würde sie sonst im Schatten der sich üppig verjüngenden Buche ausgedunkelt. Ähnlich wie bei der Tanne muss die Verbissbelastung durch Schalenwild auf vielen Flächen deutlich reduziert werden. Besonderes Augenmerk wurde auch auf die nicht bestandesbildenden, sondern beigemischten Baumarten der einzelnen Waldgesellschaften gelegt. Diese sind besonders aus Sicht der Biodiversität und des Naturschutzes von großer Bedeutung für den Wald der Zukunft.

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FORSTWIRTSCHAFT

47,9 % Österreichs, also 4 Mio. ha sind mit Wald bedeckt. Es sind großteils Wirtschaftswälder, auch naturferne Forste in Reih und Glied und 30 % Schutzwälder. Insgesamt bestehen sie nur zu 20 % aus Laubhölzern, aber mit 57,4 % Fichten zu 80 % aus Nadelhölzern. Die Waldwirtschaft in Österreich wird seit Generationen als nachhaltig eingestuft – die Prognostik hat sich seit Jahrzehnten durch 38 % Forstanteil

Fichtenmonokultur

mit Fichtenreinbeständen oft gleichen Alters wesentlich geändert. 65 heimische Baumarten werden von 2 Mrd. Fichten verdrängt. Daher sind auch 57 % der 93 Waldtypen Österreichs gefährdet. Zwar wird ein Umdenken angekündigt und oftfach gefordert, dem steht aber die für alle beobachtbare Realität unzähliger Neuaufforstungen – auch talnah – wieder mit Fichten gegenüber. Die derzeitig hoffnungsvolle Verringerung der Fichtenanteile um 3 bis 4 % je zehn Jahre wird mit dem Intensivierungstempo des Klimawandels kaum Schritt halten. Außerdem ist der proaktive Anteil des Fichtenrückgangs gering, die Schadholzverwertung (2019 waren es 62 % des Gesamteinschlages) und das Fichtensterben sind überzeugender als die ökologische Realität. Auch die Jagd trägt große, ja übergroße Verantwortung für die zukünftige Waldentwicklung. Wildverbiss bei zu hohen Wilddichten verunmöglicht in 2/3 der Verjüngungsflächen eine artenreiche Waldentwicklung. Wenn es bei uns stellenweise zehnmal höhere Wilddichten gibt als in naturgemäßeren Waldgebieten Europas, wird ein radikales Umdenken

gegen althergebrachte Traditionen unausweichlich werden – möglichst sofort, denn die aktuellen Mastjahre der Bäume produzieren Jungbäume in Fülle – sofern das Wild ihr Aufkommen zulässt. Es gibt Forste, wo auf hunderten Hektaren kaum ein junger Laubbaum über Hüfthöhe anwachsen kann – all den feierlichen „Forst & Jagd-Dialogen“ zum Trotz! FOTO: JOHANNES GEPP

Seit Jahrzehnten warnt der Naturschutzbund vor der „Verfichtung“ der österreichischen Wälder. Jetzt, da standortwidrige Fichten-Monokulturen ausgelöst durch die Klimaveränderung in großem Ausmaß zusammenbrechen, ist von „schlecht beraten“, „war so nicht zu erwarten“ und „die Fichte ist ja unser Brotbaum“ zu hören. Die Dominanz einer produktionsorientierten Forstwirtschaft entwickelt sich in Österreich vielerorts zu einem vielschichtigen Umweltproblem. VON JOHANNES GEPP

FOTO: JOHANNES GEPP

DIE „ERBLAST“ DER FICHTENMONOKULTUREN

Fichtenaufforstung anstelle von Wiesen

UNSERE WÄLDER – ENTSCHEIDUNGEN FÜR JAHRHUNDERTE Wald ist die wertvollste Ressource Österreichs! Der Wirtschaftswald ist aber nicht nur Holzproduzent – das schätzt und weiß heute jede(r). Die Forstwirtschaft Österreichs ist ein gewichtiger Faktor, aber ihre Wege und die Zukunft betreffend Wald-

1974, also vor 45 Jahren, warnte Johannes Gepp in natur&land unter dem Titel „Die Problematik der standortwidrigen Fichtenforste“ vor den ausufernden Monokulturen einer einzigen Baumart – der Fichte – auch außerhalb ihrer natürlichen Vorkommen. Gegen den kritisch vorausschauenden Artikel wurden damals und über Jahrzehnte danach Breitseiten der Forstwirtschaft abgefeuert. Leider hatten auch einige hochdekorierte Größen der Forstwirtschaft allzu lange nur eine Maximierung der Forstökonomie durch Fichtenmonokulturen im Blickfeld – der Wald der Zukunft ist nicht hauptsächlich Holzproduzent, er wird im weltweiten Klimawandel zunehmend zur Überlebensfrage!

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entwicklungen sollten vermehrt Waldökologen überlassen werden. Wenn wir heute unsere Wirtschaftswälder alleinig als Holzproduzenten orientieren, werden wir uns als Mitverantwortliche absehbarer Waldkatastrophen weitreichende Vorwürfe gefallen lassen müssen. Das aktuell gepriesene „Umdenken im Wald“ ist bei großflächiger Betrachtung – durch jahrzehntelanges Ignorieren und in der Realität langfristiger Umtriebe – kaum oder nur dort erkennbar, wo die Fichten bereits sterbend gefällt werden mussten. Die Walddimensionen Österreichs und ihre multifunktionale Beurteilung brauchen ein ökologisch fundiertes Jahrhundertprogramm! Als solches wurde die „Waldstrategie 2020+“ entworfen. Im Aufbau dieser Wunschliste erkennt man zaghaft die Notwendigkeit eines Umdenkens, aber dominierend die Wünsche der totalen Vermarktung des Produktes Holz. Die Fichtenproblematik, ja nicht einmal das Wort Fichtenmonokultur kommt in dieser Zukunftsstrategie ausgeschrieben vor, dafür ist die Fichte der dominierende Star der Broschüre in den prächtigen Begleitbildern. Wer derzeit kritisch durch Österreichs Wälder wandert, sieht vielerorts vor lauter Fichtenforsten den eigentlichen Waldcharakter nicht mehr! Der Wunschtraum nach einem unproblematischen Brotbaum für alle Lagen ist auch bei Nutzung der genetischen Bandbreite längst ausgeträumt! Unsere Baumlandschaften auf die wir klimapolitisch stolz verweisen, betreffen halb Österreich, sie betreffen uns alle! Ihre Zukunft ist in Gefahr und unser aller Anliegen. Die Verantwortung dafür ist übergroß, die Klimazukunft der Wälder nur vage vorhersehbar! Es braucht mehr Naturnähe, mehr Vielfalt im Wald, mehr Zukunftsforschung, es braucht ein Überlebensministerium für unsere Wälder!

FOTO: JOHANNES GEPP

FORSTWIRTSCHAFT

Fichte im Ennstal mit rd. 11.000 Zapfen!

MASTJAHR 2020: JAHR DER BLÜTEN UND FRÜCHTE Alarmzeichen? Selektionsvorteil? Dieses Jahr gibt es österreichweit ein sogenanntes Mastjahr – ein Jahr der Baumvermehrung – in einem extremen Ausmaß, eine „Vollmast“ wie sie nur alle paar Jahrzehnte vorkommt – und das synchron in vielen Regionen und Höhenlagen Österreichs. Auch hier zeigt sich die Klimaerwärmung, denn derartige Blühjahre verdichten sich zunehmend.

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an konnte es nicht übersehen, im Frühjahr 2020 erblühten viele Bäume und Sträucher in voller Pracht, Pollenrekorde wurden gemeldet und im Sommer fruchtete vieles im Übermaß! Überall, vom Tal bis an die Waldgrenze sieht man die grellroten Früchte der Ebereschen, Fichten mit enormen Zapfenmengen, sich biegende Streuobstbäume, Linden und Ahorne, Rot- und Weißbuchen, verfärbt durch unzählige Blüten-, Frucht- und Samenansätze, Eichenkronen von abertausenden Eicheln erhellt, Sträucher voll von Beeren oder Nüssen. Für manche Bäume war es schon das dritte Mastjahr in Serie. Entscheidend für die Blüten-/Samenanzahl, zumindest bei Bäumen, sind ein bis zwei Vorjahre. Der April 2018 war in Österreich der zweitwärmste in 250 Jahren und das Jahr 2019 war europaweit das wärmste je gemessene Jahr. Vor allem der lang dauernde Sommer und der bis Weihnachten nicht enden wollende Herbst 2019 – vielerorts bis dahin ohne Frost – erlaubten den Pflanzen länger als sonst Energie zu sammeln und daher Vermehrungstriebe anzusetzen. Über den Winter gespeichert erwirkte die Herbstenergie 2019 das kräftige Erblühen im Frühling 2020 – ausgelöst durch einen überwarmen Vorfrühling 2020 um mehr als zwei Wochen früher als sonst. Zwar war das erste Jahresdrittel 2020 anfangs zu trocken, aber allmählich fiel ab Sommerbeginn regelmäßiger Regen, der einer Vielzahl von Samen, Beeren und Früchten zu wachsen erlaubte. BÄUME IM STRESS. Die Entfaltung von Mastjahren nimmt z. B. bei Rotbuchen seit 1990 stetig zu, sie stehen statistisch langfristig betrachtet mit bestimmten Großwettersituationen in Zusammenhang. Dadurch erklärt sich auch die großflächige Synchronizität des Massenblühens über ganz Österreich und große Teile Mitteleuropas hin-

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FORSTWIRTSCHAFT

weg. Von verschiedener Seite werden Blühjahre der Bäume auch als „Angstjahre“ gedeutet, als Folge vorangegangener Probleme. Mastjahre selbst sind für die Bäume ein enormer Stress, wobei manche Bäume die überschwere Last des Fruchtens nicht immer unbeschadet ertragen können. Vielerorts wurden Bäume beobachtet, die mehr Früchte tragen als Blätter, besonders Linden, Berg- und Feldahorne, Traubenkirschen und Ebereschen! In städtischen Bereichen tragen auch kränkelnde Stadtbäume überdurchschnittlich viele Fruchtansätze, manche davon sterben durch diese letzte Verausgabung. So finden sich an den Ausfallsstraßen von Graz braune, jüngst abgestorbene Fichten mit dichtestem und noch grünem Zapfenvorhang. In vielen Ortschaften sind es pilzgeschwächte Eschen, die trotz kränkelnd schütterem Blattwerk eine Unzahl von Früchten tragen. Auch die Traubenkirschen, heuer besonders stark von Gespinstmotten-Raupen befallen, haben mitunter abertausende Früchte, aber fast keine Blätter. Die Trockenjahre verändern insbesondere im Osten Österreichs unsere Wälder. Die Mastjahre in Serie versetzen manche Baumarten in bedrohlichen Stress – ein warnender Nebeneffekt des Klimawandels!

anlegten, was sie sonst nur mit fortgeschrittenem Alter tun. So fruchteten zwei Meter hohe Schwarzerlen, vier Meter hohe Junglinden, aber auch Blumen der Bergwiesen, obwohl nur wenige Millimeter hoch gewachsen. Manche Fichten, aber auch Lärchen zeigten Zapfenansätze vom Wipfel bis zum untersten Ast, wobei im Juli Fichtenwipfel wegen ihres hohen zusätzlichen Zapfengewichts schon bei leichten Stürmen brachen. Eine Rekordfichte im Steirischen Ennstal trug rund eine Tonne an grünen Zapfen. Selbst jüngste Linden blühen üppig.

SYNCHRONE MASSENVERMEHRUNG AUCH BEI WIESENPFLANZEN. Auch sonstige Pflanzengruppen zeigten ein Übermaß an Blüten und Früchten. Beispielsweise entwickelten im Frühjahr 2020 viele heimische Orchideenarten überdurchschnittlich hohe Blütenstände mit mehr Blütenansätzen als üblich und auch mit größerer Samenanzahl als in Normaljahren. Jene der Sibirischen Schwertlilien im Ennstal erreicht Rekordwerte und auch seltenste Pflanzen wie das Schmalblättrige Lungenkraut im äußersten Südosten Österreichs verzeichnen Samenrekorde. Beachtenswert unter den holzigen Pflanzen war auch, dass selbst Jungpflanzen Blüten

SELEKTIONSVORTEIL. Die Natur produziert in Mastjahren eine Unmenge an Samen. Das eröffnet die Chance, dass unter den Milliarden Nachkommen die fittesten überleben, insbesondere jene, die den sich wandelnden Umweltbedingungen besser widerstehen. Schon vor drei Jahren hat die Eichenmast lokal bis zu 100 keimende Jungeichen je Quadratmeter Waldboden hervorgebracht, das Vorjahr besonders viele Rotbuchenkeimlinge. Die Widerstandsfähigsten sollten überleben. Bei dem enormen Samenangebot eine Chance, auch klimaresistentere Baumindividuen zu selektieren. Offen bleibt die Frage, ob die Forstverantwortlichen und die hohe Wilddichte das Hochkommen der „Fittesten“ erlauben.

Texte und Fotos: Univ.-Doz. Prof. Dr. Johannes Gepp, Vizepräsident | naturschutzbund | Österreich

Blumenmeer in Hanglage

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Der Autor hat das Massenfruchten der vergangenen Jahre in Österreich dokumentiert und bereitet dazu eine umfassende Publikation vor. Herbstausgabe | natur&land | 106. JG. – Heft 3-2020


FOTO: GABRIELE MOSER (ONB-ARCHIV)

ENERGIEWENDE & BIOMASSENUTZUNG

Holzernte im Waldviertel

BIOMASSE IM KONTEXT EINER NATURVERTRÄGLICHEN ENERGIEWENDE Unter den erneuerbaren Energieträgern kommt der forstlichen Biomasse in Österreich aufgrund des mengenmäßigen Einsatzes sowie des vorhandenen Ausbaupotenzials große Bedeutung zu. Bioenergie ist Nebenprodukt und integrierter Teil der Wertschöpfungskette Forst-Holz. Bei der Ausweitung der Nutzung ist auf einen umwelt- und naturverträglichen Umgang zu achten. Nur so kann Biomasse weiterhin einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen und klimawandelangepassten Waldbewirtschaftung und zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Holzverarbeitung leisten. Dieser Beitrag gibt Einblick in einen mehrjährigen Stakeholderprozess.

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Wald kommt aufgrund seiner Funktionen für den Klimaund Naturschutz sowie als Ressource für die stoffliche und energetische Nutzung enorme Bedeutung zu. Gleichzeitig gerät der Wald aufgrund der Auswirkungen der Klimakrise (verursacht durch zügellose Verwendung fossiler Rohstoffe), wie zunehmende Hitze, Trockenheit und die Verbreitung von Schadorganismen, immer mehr unter Druck.

GRAFIKEN: © ÖBMV

ine zukunftsfähige, auf erneuerbaren Energieträgern basierende Energieversorgung Österreichs bedarf umfassender Maßnahmen. Die zentralen Hebel sind die massive Senkung (etwa Halbierung) des Bruttoinlandsverbrauchs an Energie und der Ausbau erneuerbarer Energieträger, der unter Berücksichtigung von Aspekten des Umwelt-, Natur- und Biodiversitätsschutzes erfolgen soll. Dem heimischen

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MEHR SCHADHOLZ DURCH KLIMAWANDEL Die Klimaerwärmung macht sich in Österreich immer deutlicher bemerkbar. Vor allem im Nordosten Österreichs (Waldund Mühlviertel) führten Hitze und Trockenheit seit 2015 zu einem katastrophalen Anstieg der Borkenkäferschäden. Mit 5,2 Mio. Festmeter erreichte die Käferholzmenge in Österreich 2018 eine nie dagewesene Größenordnung. 2019 waren es mit 4,7 Mio. Festmeter nur geringfügig weniger (Dokumentation der Waldschädigungsfaktoren des Instituts für Waldschutz, BFW). Der Großteil der Schäden entstand an der Fichte, aber auch viele andere Baumarten leiden unter Trockenstress.

GRAFIKEN: © ÖBMV

THEMA

In den letzten 30 Jahren ist die Produktion fossiler Energieträger um die Hälfte gesunken, während sich jene der Erneuerbaren fast verdoppelt hat.

Extreme Trockenheit führte in den letzen drei Jahren zu einer Rekordmenge an Käferholz – in Summe fast 15 Mio. Festmeter.

KONFLIKTE UND SPANNUNGSFELDER STIMMUNGSBILD IN ÖSTERREICH. Die Umsetzung der Energiewende in Österreich unter Berücksichtigung der Naturverträglichkeit birgt zahlreiche Konflikt- und Spannungsfelder, die am Beispiel der forstlichen Biomasse ausgearbeitet wurden. Grundsätzlich herrscht unter Expert*innen aus den Bereichen öffentliche Verwaltung, Interessenvertretung im Bereich Land- und Forstwirtschaft, Naturschutz-NGOs (darunter auch der Naturschutzbund), Biomassenutzung sowie Wissenschaft & Forschung Einigkeit, dass der alleinige Ausbau der erneuerbaren Energieträger in Österreich den heimischen Energiebedarf nicht decken kann. Diverse Ausbauszenarien gehen daher von einer massiven Einsparungsnotwendigkeit aus. Skepsis gibt es, wie diese Energieeinsparungen erzielt werden sollen. Wesentliche Barrieren für den Ausbau der Erneuerbaren sind fehlende Investitionen und Bankenfinanzierung, lange gewerblich-behördliche Verfahren, unzureichende

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technologische Entwicklung (z. B. Speichertechnologie) sowie fehlende Kostenwahrheit bei fossilen Energieträgern. POTENZIALE FORSTLICHER BIOMASSE. Der Holzvorrat ist seit den 1960ern um 50 % auf eine Rekordmarke von fast 1,2 Mrd. Festmeter gestiegen – vor allem im Kleinwald bis 200 ha. Die Holznutzung liegt in Österreich langfristig deutlich unter dem Zuwachs. Mit der Umsetzung der Bioökonomiestrategie – sie soll die Holzmobilisierung aus den heimischen Wäldern forcieren – wird die Nachfrage nach dem Rohstoff Holz in Zukunft weiter steigen. NGO-Vertreter*innen plädieren für einen behutsamen Ausbau. Bedenken bestehen auch hinsichtlich der Aktivierung der Potenziale (z. B. im Kleinwald). Die gesteigerte Nutzung kann Nutzungskonflikte zwischen den Industriezweigen (stofflich, energetisch) intensivieren, aber auch Synergien erzeugen. Herbstausgabe | natur&land | 106. JG. – Heft 3-2020


ENERGIEWENDE & BIOMASSENUTZUNG

Bioenergie wird in Österreich zu etwa 80 % aus holzartigen Sortimenten (Holzabfall, Brennholz, Pellets, Laugen) gewonnen. GRAFIK: © ÖBMV

BEDENKEN SEITENS DES NATURSCHUTZES. Die Ausweitung des Holzeinschlags in Österreich und die intensivere Nutzung der heimischen forstlichen Biomasse für stoffliche und energetische Zwecke lösen bei NGO-Vertreter*innen Bedenken hinsichtlich der damit verbundenen Auswirkungen vor allem auf die Biodiversität, aber auch die CO2-Speicherfähigkeit des Waldes und die österreichische Klimabilanz als Ganzes aus. Ebenso sorgt das Thema der CO2-Neutralität für Kontroversen zwischen den Stakeholder*innen. Große Vorbehalte bestehen weiters über die Verwendung nicht heimischer Baumarten, z. B. als Anpassungsmaßnahme an den Klimawandel.

LÖSUNGSANSÄTZE UND HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN ZUKÜNFTIGE WALDBEWIRTSCHAFTUNG. Mit den klimatischen Veränderungen in Österreich steht die Waldbewirtschaftung vor neuen Herausforderungen. Es wird angenommen, dass Nadelholz (vor allem Fichte) in Österreich langfristig zurückgehen wird. Die heimische Säge- und Holzindustrie ist auf die Verarbeitung von Nadelholz, insbesondere auf die Fichte, spezialisiert. In Bezug auf zukünftige Baumarten werden klimafitte, resiliente Mischwälder gefordert. Uneinigkeit herrscht, welche Baumarten dafür die geeignetsten sind. Vertreter*innen des Umwelt- und Naturschutzes setzen dabei mit Nachdruck auf heimische, standortgerechte Baumarten. Waldbesitzer*innen kämpfen nicht nur gegen die Auswirkungen des Klimawandels, sondern auch mit einem oft nicht mehr kostendeckenden Holzpreis. FORCIERUNG DER KREISLAUFWIRTSCHAFT. Technologische Entwicklungen müssen weiter vorangetrieben werden, sie reichen aber aufgrund von Rebound-Effekten allein nicht aus, um unseren Energieverbrauch zu senken. Neben individuellen Verhaltensänderungen sind strukturelle Änderungen – wie wir leben, arbeiten und konsumieren – notwendig. Im Rahmen der Umsetzung der Bioökonomiestrategie ist auch die Entwicklung hin zu einem regionalen, kreislauforientierten System anzustreben. Dadurch sollen nicht nur EmissioHerbstausgabe | natur&land | 106. JG. – Heft 3-2020

nen aus dem Verkehr (weniger und kürzere Wege) reduziert und die regionale Wertschöpfung (Sicherung bzw. Schaffung von Arbeitsplätzen und Einkommen) erhöht werden, sondern es soll auch der Ressourcenverbrauch entschieden gesenkt werden. BIOMASSE ERSETZT FOSSILE ROHSTOFFE. Der verstärkte Einsatz von Biomasse in der stofflichen und energetischen Nutzung bietet große Einsparpotenziale an Treibhausgasemissionen. Technologisch betrachtet kann Biomasse auch in der stofflichen Nutzung fossile Materialien ersetzen. Die für einen 1:1-Ersatz fossiler Ressourcen nötige Menge ist jedoch selbst unter Einbeziehung der weiteren Erneuerbaren weder heute noch künftig verfügbar. Daher erfordert auch die Bioökonomiestrategie einen Wertewandel in der Gesellschaft mit Verhaltensänderungen. SINNVOLLE MEHRFACHNUTZUNG. Holz sollte mehrfach genutzt werden. Für eine stoffliche Verwertung geeignetes Holz sollte einer solchen zugeführt werden, soweit dies kosteneffizient und mit angemessenem Aufwand erfolgt sowie mehr Treibhausgase eingespart werden als bei energetischer Nutzung. Die langfristige CO2-Speicherung (z. B. Holzbau) ist gegenüber kurzlebigeren Verwendungen (z. B. Papier, Verpackungen, Energie) zu bevorzugen.

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ENERGIEWENDE & BIOMASSENUTZUNG

FOKUS AUF REGIONALE HOLZVERSORGUNG. Der Einsatz von regional verfügbarem Rohstoff und kurze Transportwege sind für Biomasseheizwerke und Holzkraftwerke selbstverständlich. Das eingesetzte Holz sollte möglichst bei Durchforstungen und aus schwächer dimensionierten Sortimenten bei der Endnutzung gewonnen werden. Bei der Errichtung neuer Holzkraftwerke sollte deren Leistung an Holzressourcen und Wärmeabnahme angepasst werden.

INFOBOX Der Folder „Energiewende & Biomassenutzung“ ist ein Ratgeber für alle, die sich mit Forstwirtschaft, Naturschutz und Biomassenutzung befassen. Als Zielgruppen sind vor allem Vertreter*innen aus Forst- und Landwirtschaft, Biomassebranche, Naturschutz, Umweltverbänden, Wissenschaft, Politik und Verwaltung, Bildungseinrichtungen sowie Medien angesprochen. Der Folder ist im Rahmen des vom BM für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus und der EU geförderten Projekts „BIOKONAT – Biomasse im Kontext einer naturverträglichen Energiewende: Rolle, Chancen und Optionen“ entstanden. Durchgeführt hat das Projekt der Umweltdachverband mit seinen Kooperationspartnern Umwelt Management Austria (UMA), Österreichischer Biomasse-Verband (ÖBMV) und Forum Wissenschaft & Umwelt (FWU). Die übersichtliche Publikation im A4-Format hat acht Seiten und enthält zahlreiche Farbbilder. Der Folder ist in gedruckter Form kostenlos bestellbar: office@ biomasseverband.at. Digitale Version zum Download: www.biomasseverband. at/wp-content/uploads/Folder-Energiewende_Biomassenutzung.pdf bzw. www.umweltdachverband.at/ assets/Umweltdachverband/Publikationen/EigenePublikationen/Broschuere-BIOKONAT-fin.pdf

WEITERER LINK: www.bmlrt.gv.at/umwelt/energiewende.html

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GANZHEITLICHE LÖSUNG FÜR BIOMASSE. Um steigenden Ansprüchen an die Biomasseversorgung gerecht zu werden, ist die Entwicklung einer übergeordneten gemeinsamen Strategie anzudenken, die auf der österreichischen Bioökonomie-, Biodiversitäts- und Waldstrategie basieren sollte. Dabei gilt es sowohl die stoffliche und energetische Nutzung, als auch Funktionen des Waldes für Klimaschutz und biologische Vielfalt zu berücksichtigen. Der Erhalt der Bodenfruchtbarkeit durch Sicherstellung eines langfristigen Gleichgewichts zwischen Nährstoffentzug und -nachlieferung ist Grundvoraussetzung. LEITLINIEN FÜR KLIMAFITTE WÄLDER. Um die Wälder klimafit zu machen, sollten sich Waldbesitzer*innen verstärkt an den künftigen klimastabilen, natürlichen Waldgesellschaften orientieren. Beim Standort (Relief, Boden, fortschreitende Klimaänderung) ist eine dynamische Betrachtung notwendig. Es gilt, naturnähere Waldbewirtschaftung und Vielfalt sowohl bei der Baumartenwahl als auch bei Genetik, Strukturen und Lebensräumen zu fördern. Angepasstes Schalenwildmanagement ist zwingend nötig, um die Naturverjüngung von Mischbaumarten sicherzustellen. UNTERSTÜTZUNG DER WALDBESITZER*INNEN. Die notwendigen Änderungen der Waldbewirtschaftung stellen für die Waldbesitzer*innen zum Teil große Herausforderungen dar. Ihnen ist Hilfe anzubieten – von einschlägiger Beratung und Betreuung bis zu finanzieller Unterstützung von Leistungen, die über gesetzlich vorgeschriebene Maßnahmen hinausgehen. UMSETZUNG VON BIODIVERSITÄTSZIELEN. Um Biodiversitätsziele zu erreichen, ist – nachhaltige Waldwirtschaft vorausgesetzt – weniger die Menge des genutzten Holzes als die Qualität eines regional angepassten Naturraummanagements (z. B. Altholzinseln, Totholz, Förderung gefährdeter Biotoptypen und Arten) und der Ausbau des Naturwaldreservate-Programms relevant. Gekürzte Fassung des Folders „Energiewende & Biomassenutzung“ (siehe Infobox), Herausgeber: ÖBMV. Textkürzung: Ingrid Hagenstein Herbstausgabe | natur&land | 106. JG. – Heft 3-2020


FOTO: ANDREAS (PIXABAY)

POSITION ZUR PHOTOVOLTAIK

NUTZUNG VON SONNENENERGIE ZUR STROMERZEUGUNG Position des Naturschutzbundes Österreich

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er Naturschutzbund Österreich setzt sich mit Nachdruck für eine naturverträgliche Energiewende ein. Dazu gehört den Energieverbrauch zu reduzieren, die Effizienz zu steigern (Ausbeute erhöhen, Verluste senken, Beratung verbessern, Steuerreformen einführen) sowie eine Abkehr von der Nutzung fossiler Energieträger oder von Atomstrom durch den Umstieg auf Energie aus Erneuerbaren Quellen. Klimaschutz und Naturschutz müssen Hand in Hand gehen, denn die Klimaerwärmung und der Biodiversitätsverlust sind die zwei größten Bedrohungen für Umwelt und Mensch. Deshalb muss ein Ausbau erneuerbarer Energieträger möglichst naturschonend erfolgen, ein weiterer Verlust der Biodiversität vermieden werden. Auf dem Weg zur Energiewende spielt die dezentrale Stromerzeugung mit Photovoltaik (PV) eine wichtige Rolle. Sie ist jene erneuerbare Energiequelle, die am ehesten naturverträglich gestaltbar ist. Ob ihr Einsatz aber naturverträglich ist, hängt vor allem vom Standort ab: VORRANGIG SIND PV-ANLAGEN AUF VERSIEGELTEN UND VERBAUTEN FLÄCHEN ZU INSTALLIEREN Hausdächer, Fassaden, Dachflächen öffentlicher Gebäude, Flächen auf und an Gewerbebauten, Einkaufszentren und Großbauten für landwirtschaftliche Nutzung, Überdachungen von Großparkplätzen sowie straßen- und schienenbegleitende Flächen wie Lärm-

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schutzwände, bei allen Genannten sollte die Nutzung von Photovoltaik von vornherein mit eingeplant und verpflichtend vorgeschrieben werden. Derzeit ist auf vielen für PV geeigneten Flächen die Wirtschaftlichkeit nicht gegeben, da der Eigenbedarf meist nicht so hoch wie die Energieproduktion ist und die Netzeinspeisung von Strom nicht ausreichend vergütet wird. Um möglichst viele bestehende Dachflächen für eine dezentrale Stromversorgung verfügbar zu machen, muss die Einspeise-Vergütung unbürokratisch erfolgen und in einer Größenordnung sein, die eine Refinanzierung in einem angemessenen Zeitraum gewährleistet. Zudem sollten Förderungen Anreize setzen, die zu einer optimalen Nutzung der zur Verfügung stehenden Flächen führen. Durch eine Kombination von PV mit begrünten Dächern kann Überhitzung (auch) der Anlagen vermieden, die Effizienz gesteigert und sogar Lebensraum für Kleinlebewesen wie Insekten und Vögel geschaffen werden. Und noch ein Aspekt: PV-Überdachung von Supermarktparkplätzen bzw. Parkplätzen von Fachmarktzentren bietet nicht nur sehr ergiebige Flächen im Sinne der Nutzung des Potentials, sie kommt auch der steigenden Nachfrage seitens der E-Autobesitzer nach Stromtankstellen entgegen – mit hohem Effizienzgrad aufgrund einer fast deckungsgleichen Kurve von Erzeugung und Verbrauch während der Öffnungszeiten an sechs Tagen pro Woche.

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SONNENENERGIE

PV–ANLAGEN IN DER LANDSCHAFT SIND DIFFERENZIERTER ZU BETRACHTEN. Sie stellen eine umfassende Veränderung der Landschaft (und des Landschaftsbildes) dar, können Tiere und Pflanzen beeinträchtigen und zum Verlust von Lebensräumen führen. Die Anlagen verursachen zum Beispiel eine (mindestens) punktuelle Versiegelung. Es werden Flächen verschattet und überschirmt, was durch eine Änderung der Wasserversorgung des Bodens einerseits eine oberflächliche Erosion oder auch Überschwemmung zur Folge haben kann, andererseits in immer heißeren Sommern (Klimaerwärmung!) unter Umständen auch Vorteile für die Bodenfeuchtigkeit bringt. Schon während der Bauphase kann es allerdings zu Beeinträchtigungen und Belastungen für die (Boden-)Biodiversität kommen. Der für die Errichtung notwendige Bau von Wegen, Stellflächen und technischen Einrichtungen sowie Zäunen kann auch eine Landschaftszerschneidung bewirken. Außerdem ist zu erwarten, dass die regelmäßige Überprüfung und Wartung der Anlage durch Personal die Tiere beunruhigt und stört. Eine naturverträgliche Standortwahl und Ausgestaltung der Anlage ist daher notwendig, so können viele negative Auswirkungen von Naturhaushalt und Landschaftsbild von vornherein verringert bzw. im Idealfall kann sogar Biodiversität gefördert werden. Auf naturschutzfachlich bereits stark beeinträchtigten Flächen wie Deponien oder Industriebrachen, genauso wie auf landwirtschaftlich intensiv bewirtschafteten Flächen (Acker- oder Intensiv-Grünlandnutzung) gibt es sogar ein Potential für Naturraumverbesserung: Solche Freiflächenanlagen, bei denen Monokulturen (etwa von Energiepflanzen) oder landwirtschaftliche Überschussflächen in eine Solarfläche in Kombination mit extensiver landwirtschaftlicher Nutzung umgewandelt werden, können die Fläche sogar ökologisch aufwerten und einen Beitrag für die regio-

nale Artenvielfalt leisten. Daher ist aus Sicht des Naturschutzbundes eine Doppelnutzung von Intensivflächen sowohl zur Energiegewinnung als auch zur landwirtschaftlichen Produktion sinnvoll. Naturschutzgebiete, Landschaftsschutzgebiete und Nationalparks sind von PV-Anlagen freizuhalten. Ebenso naturschutzfachlich hochwertige Flächen wie Trockenrasen (bzw. -böschungen), Moorwiesen, Ackerrandstreifen, denn es ist zu erwarten, dass der ökologische Wert dieser für die Biodiversität sehr wichtigen und oft als Trittsteinbiotope dienenden Flächen durch eine Photovoltaikanlage gemindert wird. SOBALD EIN GEEIGNETER STANDORT GEFUNDEN WURDE, HÄNGEN DIE AUSWIRKUNGEN AUF DEN NATURHAUSHALT AUCH VON DER AUSGESTALTUNG DER PV-ANLAGEN AB. Die Auswahl der Solarzellen (Standard, transparent oder bifacial) ist nicht nur für die Wirtschaftlichkeit, sondern auch für Bodenbeschattung und Landschaftsästhetik entscheidend. Ein Zaun um die Anlage soll vermieden werden. Wenn das nicht möglich ist, ist die Einzäunung so zu gestalten, dass sie für Kleintiere keine Barrierewirkung entfaltet (durch angemessenen Bodenabstand des Zaunes oder ausreichende Maschengrößen in Bodennähe). Anlagen mit Zaun sind nur dann zulässig, wenn regionale und überregionale Wanderkorridore für Großsäuger frei bleiben. Darüber hinaus ist auch der Einfluss auf das Landschaftsbild bzw. die Landschaftsästhetik zu berücksichtigen. PV-Anlagen sollen möglichst geringen landschaftsprägenden Charakter haben, Standorte auf weit sichtbaren Anhöhen müssen vermieden werden. Es sollen objektive Kriterien entwickelt werden, um den Einfluss von PV auf das Landschaftsbild zu bewerten. Um Akzeptanz in der Bevölkerung zu finden, ist eine rechtzeitige Bestandsaufnahme der für PV potenziell geeigneten Flächen in einer Gemeinde generell hilfreich.

Beschlossen am 4. Juni 2020

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BUCHBESPRECHUNGEN IN ZUKUNFT HITZEFREI Das Jugendbuch zum Klimawandel Die Welt wird heißer und die Diskussionen darüber auch. In seinem Jugendbuch erklärt der Ingenieur und Physiker Tim Schulze den Klimawandel auf verständliche Weise: Wie entsteht er? Welche Rolle spielt der Mensch dabei? Und wieso ist es in politischen Prozessen so schwierig, Klimaschutz auf die Agenda zu bringen? Tim Schulze, Vater von drei Kindern, hat die Antworten: Sein Jugendbuch liefert Grundlagenwissen zum Thema Klimakrise und Handlungsmöglichkeiten für Jung und Alt. Tim Schulze. oekom Verlag, 2020, 192 Seiten, Softcover, ISBN 978-3-96238-219-3, € 19,00, E-Book € 14,99.

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VOM KLEINEN EISBÄREN, DEM ES ZU WARM GEWORDEN IST Sehnsüchtig wartet der kleine Eisbär auf den Winter. Denn erst, wenn das Meer zugefroren ist, kann seine Mama auf Robbenjagd gehen – und er endlich wieder Schneefußball spielen. Doch der Winter will einfach nicht kommen. Als Mama Eisbär ihm erklärt, dass es immer später kalt wird, weil die Lebewesen auf der ganzen Welt zu viel warme Luft machen, beschließt der kleine Eisbär, den anderen Tieren Briefe zu schreiben. Vielleicht wissen sie ja gar nichts davon? Christina Hagn & Julia Patschorke (Illustration). Oekom Verlag 2020, Hardcover, 36 Seiten, ISBN 978-3-96238-174-5, € 14,00 (D), E-Book € 10,99; für Kinder ab 5 Jahren.

KLIMAWANDEL: FLUCH ODER CHANCE? Erfahrungen & Lösungen aus naturgärtnerischer Praxis Der Klimawandel ist da. Ob wir wollen oder nicht. Die alten Rezepte funktionieren nicht mehr. Brauchen wir neue Strategien oder sogar neue Pflanzen? Welche? Was müssen wir ändern? Gibt es hilfreiche Erfahrungen aus der Vergangenheit? Woraus erwachsen Lösungen für die Zukunft? Mit solchen Fragen beschäftigt sich das Buch und richtet sich dabei besonders an Entscheidungsträger im öffentlichen Raum, Planer, Garten- und Landschaftsbauer, Gärtner – und nicht zuletzt an alle Gartenbesitzer*innen. Reinhard Witt & Katrin Kaltofen. Verlag Naturgarten, 2020, 188 Seiten, 539 Fotos, Softcover, ISBN 978-3-98-185733-7, € 27,00 (D), € 30,00 (EU), SFr 35,00 (CH). Bestellung nur über Buchshop: www.reinhard-witt.de und per E-Mail: buchshop@naturgartenplaner.de (nicht im Buchhandel. erhältlich). Herbstausgabe | natur&land | 106. JG. – Heft 3-2020

WANN HÖREN WIR AUF, UNS ETWAS VORZUMACHEN? Gestehen wir uns ein, dass wir die Klimakatastrophe nicht verhindern können Jonathan Franzen, der sich seit vielen Jahren mit Themen des Umweltschutzes beschäftigt, meint in seinem Essay, dass wir den Klimawandel nicht mehr kontrollieren, die Katastrophe nicht verhindern können werden. Aber das ist kein Grund zum Aufhören und schon gar nicht das Ende von allem. Wir sollten uns vielmehr neu darauf besinnen, was uns wichtig ist. Deshalb, so Franzen, wird es jetzt Zeit, sich auf die Folgen vorzubereiten, zum Beispiel auf Brände, Überschwemmungen und Flüchtlingsströme. Es geht auch darum, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um unsere Gesellschaften, unsere Demokratien zu festigen. Dieses Buch ist ein kämpferisches Plädoyer dafür, die Grenzen unserer Möglichkeiten nicht zu Lasten dessen zu leugnen, was sich erfolgreich verändern lässt. Jonathan Franzen. RoRoRo Rowohlt Verlag, 2020, Essay, 64 Seiten, Hardcover, ISBN 978-3-499-00440-7, € 8,30, E-Book € 6,99.

DIE PLASTIKVERSCHMUTZUNGSLOBBY: Eine Koalition gegen die Einführung eines EinwegPfandsystems in Österreich Dieser Bericht erklärt, warum ein Pfandsystem die einzige rechtlich und wirtschaftlich vernünftige Methode zur Umsetzung der EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Einwegplastik ist. Er widerlegt falsche Behauptungen der Anti-Pfand-Kampagne und zeigt, warum andere Optionen zur Zielerreichung einer getrennten Sammlung von Plastikflaschen nicht funkionieren. Hintergrund: Jährlich werden 1,6 Mrd. Plastikflaschen in Verkehr gebracht. Das entspricht 181 Plastikflaschen pro Österreicher*in. Das Umweltministerium erwägt die Einführung eines Pfandsystems zur Erreichung der neuen EU-Ziele (Sammelquote von 90 % Einweg-Plastikflaschen etc.). Eine mächtige Koalition von Unternehmen (Einzelhandelsriesen, Getränkehersteller) versuchen die Entscheidung der Regierung gegen ein Pfandsystem zu beeinflussen. Diese Lobbyarbeit wird über die ARA (Altstoff Recycling Austria) betrieben, unter deren Dach jedoch Unternehmen versammelt sind, die für ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen arbeiten lassen. Changing Markets Foundation & Break Free From Plastic Movement (Hrsg.), Mai 2020, Informationsbroschüre, 32 Seiten, zum kostenlosen Download: www.changingmarkets.org, www.breakfreefromplastic.org

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ADRESSEN + IMPRESSUM BUNDESVERBAND Museumsplatz 2, 5020 Salzburg Mo–Do 8–17, Fr 8–12 Uhr T 0662/64 29 09 bundesverband@naturschutzbund.at

BURGENLAND Josef-Haydn-Gasse 11, 7000 Eisenstadt Mo–Fr 8.30–12.00 Uhr T 0664/845 30 48, F 02682/622 82-80 burgenland@naturschutzbund.at

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rungen einzuleiten. Im gesamten

Jahr 2016 stand das Thema umTIROL NIEDERÖSTERREICH welt und Nachhaltigkeit im Mit-

telpunkt. Mit beginn des Jahres esordnung Im Alpenzoo, Weiherburggasse 37a Mariannengasse 32/2/16, 1090 Wien

2017 wurden zusätzliche inhaltliche Schwerpunkte wie Partner6020 Innsbruck, Bürozeiten variabel Mo–Do 9–13 Uhr schaft oder Willkommenskultur aufgenommen. Die heurigen akder Beschlussfähigkeit tionszeiträume sind: lebendige Partnerschaft09 / Einfach essen, T 0664/443 59, F 0512/26 00 87 T + F 01/402 93 94 icht durch den Geschäftsführer einfach trinken / Herzlichkeit verschenken / Tief durchatmen / tirol@naturschutzbund.at noe@naturschutzbund.at assiers Den Sonntag feiern / zeiten der besinnung echnungsprüfer ntlastung des Vorstandes SALZBURG OBERÖSTERREICH Gutes Leben – on Vorstand, Fachbeirat und Museumsplatz einfach und einfach trinken2, 5020 Salzburg Knabenseminarstraße 2,essen 4040 Linz üfern f Tätigkeiten und Fr 8–12 Uhr Mo, Mi, Do 8–13 Uhr auchMo–Do geht es Ihnen manchmal so, dass 8–17, Sie amm von Tder Fülle und92 Vielfalt 0662/64 29 09-11 0732/77 79 derTKonsumwelt erung fast erschlagen werden? Je bewusster Sie ung über denoberoesterreich@naturschutzbund.at Voranschlag salzburg@naturschutzbund.at genießen, desto weniger brauchen Sie. ung über Mitgliedsbeiträge „Weisheit und Einfachheit ung über Anträge gesellen sich gerne.“ NATURSCHUTZJUGEND önj ÖSTERREICHISCHE (Russisches Sprichwort)

Bundesleitung

Kurze Pause

on Bundesgeschäftsführerin irgit Mair-Markart:

Aktionswoche: 3. bis 44, 9. April Eustacchiogasse 80102017 Graz Aufgabe: Eine Woche lang bewusst einfach essen und trinken susanne.plank@naturschutzjugend.at

In dieser WocheTladen wir Sie ein, 0650/802 02einfache 00 Speisen zu kochen. am Montag oder Dienstag werden die lebensmittel für die ganze restliche Woche eingekauft. zu den Mahlzeiten wird möglichst nur Wasser aus dem Wasserhahn getrunken. als positiver Nebeneffekt dieser aktionswoche werden sich Ihr Haushaltsmüll und wahrscheinlich auch die Einkaufswege reduzieren. Weitere Details https://www.familie.at/site/salzburg/ SIE SUCHEN ARTIKEL ODERunter: AUTORINNEN UND AUTOREN? angebote/projekte/gutesleben

am mehr erreichen – ojekte des Naturschutzbundes rbeobachtung, Naturfreikauf, lfaltleben u. a. m.

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elliger Ausklang

›› Artikelübersicht (tabellarisch): www.naturschutzbund.at/naturundland/Archiv/ rschutzbund wünscht den Mitgliedern und Freunden Frohe Ostern ›› natur&land-Ausgaben im pdf-Format:

mäß § 25 Mediengesetz für NATUR und UMWELT; Vorstand | naturschutzbund | Salzburg: Stv. Vorsitzender: CHNER, Geschäftsführer/Schriftführer: Dr. Hannes AUGUSTIN, Stv. Schriftführerin: Mag. Kassier: MMag. Dr. Johann NEUMAYER, Stv. Kassierin: Gabriele ESTERER; Redaktionssplatz 2, 5020 Salzburg; E-Mail: salzburg@naturschutzbund.at

http://tinyurl.com/ArchivausgabenDanke für die unterstützung: (archiviert über das OÖ Landesmuseum)

(Crocus vernus

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Gedruckt nach der Richtlinie „DruckerzeugGedruckt nach der Richtlinie „Druckerzeugnisse“ nisse“ des Österreichischen Umweltzeichens, des Österreichischen Umweltzeichens, Salzkammergut Druck Mittermüller GesmbH, UW-Nr. 784 Druck & Medienwerk GmbH, UW-Nr. 1193

IMPRESSUM Bezugsbedingungen: Abo-Jahresbezug ab 2020 (einschließlich Postzustellung): € 29,00 für Österreich, € 33,00 für das Ausland; Abobeginn jederzeit (mit Zusendung aller bis dahin erschienen Ausgaben d. laufenden Jahres); Einzelhefte € 6,50 + Versand (wenn nicht anders angegeben). Bestellungen nehmen der Naturschutzbund sowie alle Buchhandlungen entgegen. Abbestellungen werden bis 31. 12. eines laufenden Jahres für das nachfolgende Jahr berücksichtigt. Danach automatische Verlängerung um ein Jahr. Bei Nichtlieferung der Zeitschrift ohne Verschulden des Herausgebers besteht kein Anspruch auf Entschädigung. Bei Fragen zur Nutzung Ihrer personenbezogenen Daten lesen Sie bitte unsere Datenschutzbestimmungen auf www.naturschutzbund.at/ datenschutz.html oder wenden sich telefonisch an +43/(0)662/64 29 09-20. Herausgeber, Eigentümer, Verleger: | naturschutzbund |, Museumsplatz 2, 5020 Salzburg, T +43(0)662/64 29 09 Präsidium: Univ.-Prof. i. R. Dr. Roman Türk (Präsident), Hildegard Breiner, Prof. Univ.-Doz. Dr. Johannes Gepp, Univ.-Prof. Dr. Walter Hödl (Vizepräsidentin/en), Wolfgang Maislinger (Finanzreferent); Dr. Friedrich Schwarz (Schriftführer), Univ.-Prof. Dr. Walter Kofler (Mitglied) Redaktionsleitung: ChefR Ingrid Hagenstein (HA) T +43(0)662/64 29 09-13 E-mail: natur-land@naturschutzbund.at Redaktionsmitarbeit: Mag. Birgit Mair-Markart, Mag. Christine Pühringer Aboverwaltung/Bestellungen: Gudrun Sturm, natur-land@naturschutzbund.at, DW -50 Anzeigenmanagement: Ingrid Hagenstein DW 13 Bankverbindung: Salzburger Sparkasse, 5020 Salzburg, IBAN AT342040400000018069, BIC SBGSAT2SXXX Satz, DTP, Druckvorstufe: Elisabeth Kisters Media Druck: Salzkammergut Druck Mittermüller, 4810 Gmunden; gedruckt auf chlorfrei gebleichtem, zertifiziertem Papier. Offenlegung laut Mediengesetz: natur&land ist eine konfessions- und parteiungebundene Zeitschrift, die seitens des Naturschutzbundes herausgegeben wird. Redaktionelles Ziel: Kritische Information zu Fragen des Natur- und Umweltschutzes. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Autors wieder und decken sich nicht unbedingt mit der der Redaktion und des Herausgebers. Im Sinne der Vereinfachung können u. U. geschlechtsspezifische Endigungen weggelassen werden. Selbstverständlich sind immer beide Geschlechter angesprochen.

ISSN: 0028-0607 DVR 0457884 Der | naturschutzbund | ist Mitglied der Weltnaturschutzorganisation „International Union for Conservation of Nature“

Herbstausgabe | natur&land | 106. JG. – Heft 3-2020


MITGLIEDSCHAFT + ABO

UNTERSTÜTZEN SIE UNSERE ARBEIT MIT IHRER MITGLIEDSCHAFT... Ich möchte Mitglied in folgender Landesgruppe werden: ❒ Kärnten ❒ Oberösterreich ❒ Burgenland ❒ Salzburg ❒ Steiermark ❒ Niederösterreich ❒ Vorarlberg ❒ Wien ❒ Tirol A-Mitgliedschaft: € 36,00/Jahr, Mindestbeitrag für Wenigverdienende: € 24,00 /Jahr, Familienmitgliedschaft: ab € 40,00 (je nach Landesgruppe). Für Mitglieder der Landesgruppen ist das natur&land-Abo in der Mitgliedschaft enthalten. Details auf www.naturschutzbund.at (Bundesländer)

… ODER EINEM ABONNEMENT VON natur&land Jahresbezug ab 2020: Inlandsabo € 29,00/Jahr, Auslandsabo € 33,00/ Jahr. Erscheint 4x pro Jahr: Mitte März, Juni, September, Dezember. Für Vollmitglieder der Naturschutzbund-Landesgruppen ist das Abo in der Mitgliedschaft enthalten. Abo-Beginn jederzeit (mit Erhalt aller erschienenen Ausgaben des Jahres). Abbestellungen bis 31. 12. gelten ab dem Folgejahr. Anschriftänderungen, die die Mitgliedschaft in einer Landesgruppe betreffen, richten Sie bitte dorthin.

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Schwerpunkt-HEFTE/NR. ❒ KunterBund, 2-20 6,5 ❒ Natur des Jahres, 1-20 6,5 ❒ Natur freikaufen, 4-19 6,5 ❒ Trendw. im Tourism. 3-19 6,5 ❒ Flüsse, Länder, ..., 2-19 6,5 ❒ Arten des Jahres, 1-19 6,5 ❒ Säugervolkszählg., 4-18 6,5 ❒ Heim. Reptilien, 3-18 6,5 ❒ Bestäuber-Krise, 2-18 6,5 ❒ Naturschutzaktiv., 1-18 6,5 ❒ Bunte Säume, 4-17 6,5 ❒ Invasive Pflanzen..., 3-17 6,5 ❒ Welt der Pilze, 2-17 6,5 ❒ Lust auf Molch?, 1-17 6,5 ❒ Fischotter&Wolf, 4-16 6,– ❒ Artenkenntnis? 2-16 6,– ❒ Raumplanung, 4-15 6,– ❒ Naturfreikauf, 3-15 6,– ❒ Neobiota u. a., 1-15 6,– ❒ Business&Biodiv., 4-14 5,– ❒ Auenschutz-wohin, 2-14 5,– ❒ 10 J. Grünes Band, 4-13 5,–

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BÜCHER – SHOP

natur&land-SCHWERPUNKTHEFTE ›› KunterBund, 2-20

6,5

›› Die Natur des Jahres 2020, 1-20 6,5 ›› Natur freikaufen, 4-19

6,5

›› Trendwende im Tourismus, 3-19 6,5 ›› Flüsse, Länder, Menschen, 2-19 6,5 ›› Die Arten des Jahres, 1-19

6,5

›› Säugervolkszählung, 4-18

6,5

›› Heimische Reptilien, 3-18

6,5

›› Bestäuber in der Krise, 2-18

6,5

›› Naturschutzaktivitäten, 1-18

6,5

BAND 1: Wanderund Hüttenurlaub in Bayern, Österreich, Südtirol Von Hütte zu Hütte. Mit Sonderteil: knieschonende Wege. 296 S., € 18,90

BAND 2: Abenteuer Natur Wien, NÖ, Burgenland 55 Outdoor-Tipps für 1-6-jährige Entdecker und Entdeckerinnen, 170 Seiten, € 15,20

BAND 3: Kinderwagen- und Tragetouren Tirol 47 Wanderungen für das Baby- und Kleinkindalter + 7 extreme Touren, 176 S., € 15,20

BAND 4: Nachhaltige Pflanzungen und Ansaaten Kräuter, Stauden und Sträucher. Reinhard Witt. 297 S., ISBN 978-3-00021048-8, € 55,00

BAND 5: Natur für jeden Garten 10 Schritte z. NaturErlebnis-Garten – das Einsteiger-Buch. Reinhard Witt. 479 S., ISBN 978-3-00041361-2, € 27,00

BAND 6: Österreichs Jahrhundert des Naturschutzes Von der Gründung 1913 bis heute. J. Gepp (Hrsg.) et al. Unipress Verlag, 408 S., € 34,80

W W W.WA NDAV ERL AG. AT

S H O P – W W W. N AT U R S C H U T Z B U N D . AT

›› Bunte Säume. Lebensräume, 4-17 6,5 ›› Invasive Pflanzen und Pilze, 3-17 6,5 ›› Geheimnisv. Welt d. Pilze, 2-17

6,5

›› Lust auf Molch & CO?, 1-1

6,5

›› Akzeptanz f. Wolf & Otter, 4-16

6,–

›› Artenkenntnisverlust? 2-16

6,–

›› Raumplanung & RO, 4-15

6,–

›› Naturfreikauf mit Strategie, 3-15 6,– ›› Neobiota und anderes, 1-15

6,–

›› Business & Biodiversität, 4-14 5,– ›› Auenschutz - wohin? 2-14

5,–

›› 10-Jahre Grünes Band, 4-13 5,–

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BESTELLKARTE TONTRÄGER

FAMILIENWANDERBÜCHER

❒ ..St. CD Vogelst.-Trainer 29,95 ..St. Audioversion / ..St. PC-Version ❒ ..St. CD Vogeltipps 14,95 ❒ ..St. DVD Vogelwelt Gärten 14,95 ❒ ..St. DVD Vogelwelt Wald 14,95 ❒ ..St. CD Tierstimmen 9,95 ❒ ..St. CD Vogelstimmen Rätsel à 9,95 ❒ ..St. CD1 ❒ ..St. CD2 ❒ ..St. CD3 ❒ ..St. CD-Rom Stimmen Säuget. 49,99 ❒ ..St. CD Der Wald/Konzertsaal 14,95 ❒ ..St. CD Wasser 9,95 ❒ ..St. CD Erlebnis Bauernhof 14,95 ❒ ..St. CD Erlebnis Wald 14,95 ❒ ..St. CD Erlebnis Zoo 14,95

❒ Band 1 Wander- und Hüttenurlaub in Bayern,

Alle Tonträger erhalten Sie frei Haus direkt vom Musikverlag, die Rechnung erhalten Sie vom Naturschutzbund.

Österreich, Südtirol

❒ Band 2 Abenteuer Natur Wien, NÖ, Burgenland ❒ Band 3 Kinderwagen- und Tragetouren Tirol

18,90 15,20 15,20

SONSTIGE BÜCHER ❒ Band 4 Nachhaltige Pflanzungen und Ansaaten 55,00 ❒ Band 5 Natur für jeden Garten 27,00 ❒ Band 6 Österreichs Jahrhundert des Naturschutzes 34,80

Notizen:

Alle Preise (in Euro) von Broschüren, Büchern und Postern verstehen sich zuzügl. Versandkosten.

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{siehe auch Vorderseite}


TONTRÄGER – SHOP

S H O P – W W W. N AT U R S C H U T Z B U N D . AT

Vogelstimmen-Trainer

Vogelstimmen erkennen Gesänge und Rufe von 175 heimischen Vogelarten ohne Umgebungsgeräusche. 68-seitiges Begleitheft mit Farbfotos und Steckbriefen. CD in Audio- oder PCVersion, 79 Min., € 29,95

Stimmen der Säugetiere (Schwerpunkt Europa) Mit 1.132 Tonaufnahmen von über 300 Säugetieren. 2 CDRom (MP3), 60-seitiges Begleitbuch (u. a. Register deutscher und wissenschaftlicher Namen), K.-H. Dingler, K.-H. Frommolt, U. Westphal. 12:18 Stunden, € 49,99

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Vogelstimmen Rätsel-CDs Tierstimmen

Die Vogelwelt in Gärten und Parks Die Vogelwelt des Waldes

Vögel beobachten und erkennen Jede Vogelart ist einzeln abrufbar und wird in einem eigenen Kurzfilm vorgestellt. Fachkundige Begleittexte liefern hilfreiche Hintergrundinformationen über Brutverhalten, Nahrungssuche etc.. Ein Schnelldurchlauf sämtlicher Vögel ermöglicht ein leichtes und sicheres Bestimmen. Auch für Einsteiger geeignet. DVD-Filme, Susanne Hoffmann, Gesamtlänge: 77 bzw. 85 Min., à € 14,95

Der Wald als Konzertsaal

Die wichtigsten Vogeltipps

Gesänge und Rufe heimischer Vögel im Fichten-, Au-, Laubwald, in den Jahreszeiten, am frühen Morgen bis in die späte Nacht. Audio-CD mit Naturkonzerten zum Entspannen! K.-H. Dingler. 79 Min., € 14,95

Ob Fragen zu Nistkästen, Winterfütterung, verlassenen Jungvögeln oder vogelfreundlicher Gartengestaltung – diese CD hilft mit fachlich fundierten Antworten. Audio-CD, 32- seitiges Beiheft, Uwe Westphal, 76 Min., € 14,95

Erlebnis Bauernhof

Erlebnis Wald

Froschlurche

Tierstimmen und Geräusche des Landlebens; Fernand Deroussen Audio-CD, inklusive Beiheft mit Informationen, Memory. 71:43 Min., € 14,95

Audio-CD inklusive 32-seitigem Beiheft mit vielen Informationen, Zeichnungen und Fotos, Pflanzenführer, Spurensuche und Rätselspiel. 78:53 Min., € 14,95

Die Stimmen aller heimischen Arten. Audio-CD inklusive Beiheft, Tonaufnahmen aller 14 heimischen Froschlurche von Immo Tetzlaff, 63 Min., € 19,99

24 Rätselvögel CD 1: Wald | CD 2: Auwald | CD 3: am Wasser Inkl. Lösungsschlüssel. Ohne gesprochenen Text – eignen sich deshalb auch zur Entspannung. Spieldauer je Audio-CD 67 Min., à € 9,95

Säugetiere, Lurche, Insekten Mit den Tierstimmen von 31 bekannten Säugetieren, Lurchen und Insekten Mitteleuropas. Die Audio-CD wird mit einem Begleitheft geliefert (Abb. der Tiere, Beschreibung). Für alle Altersgruppen, 73 Min., € 9,95

Erlebnis Zoo Tierstimmen und Geräusche im Zoo; Karl-Heinz Dingler, Christian Fackelmann Audio-CD, inklusive Beiheft mit Infos und Rätselspiel. 79:03 Min., € 14,95

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FOTO: WOLFGANG SCHRUF

VORSCHAU

Stockenten-Ballett auf dem Eis

Schwerpunkt: Tiere im Winter

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chon ein Spaziergang im Park bringt uns auf die Spuren von Wildtieren: Findet man in einer breiten Baumspalte braune Eicheln angehäuft, zeugen sie vom Eichelhäher. Zerhackte Baumstümpfe sind das Werk des Schwarzspechtes, der Insektenlarven im Holz ortet und dieses gezielt zerlegt. Auf einer frischen Schneedecke zeigen sich Abdrücke von Pfoten und Vogelfüßen besonders deutlich. Und wie schützen sich Wildtiere vor der Winterkälte? Warum erfrieren die Beine von Wasservögeln im Winter nicht? Worauf kommt es bei der Vogelfütterung in der kalten Jahreszeit an, und muss das Wild in Notzeiten gefüttert werden oder nicht? Welche Erkenntnisse brachte die Einstellung der Winterfütterung in einem Kärntner Forstgebiet? Fragen über Fragen, zu denen wir einiges an Aufklärung beitragen wollen.

➔ HEFT 4/2020 „WINTERHEFT“ ERSCHEINT MITTE DEZEMBER

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Spuren hinterlassen

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eit über 100 Jahren verstehen wir uns als „Anwalt der Natur“ und übernehmen in diesem Sinne Verantwortung für viele, oft bedrohte Tiere, Pflanzen und Lebensräume. Mit Ihrem Vermächtnis oder Ihrer Kranzspende helfen Sie uns, Österreichs Naturschätze für die nachfolgenden Generationen zu erhalten und unsere Schutzprojekte fortzusetzen.

Zugunsten der Natur

Mit Ihrem Letzten Willen

E

in Testament zugunsten des | naturschutzbund | hilft der Natur, unseren Kindern und Kindeskindern. Wenn Sie mehr über die Arbeit des | naturschutzbund | wissen wollen, steht Ihnen die Geschäftsführerin Mag. Birgit MairMarkart gerne zur Verfügung. Rufen Sie uns an oder vereinbaren Sie ein Treffen, persönlich und unverbindlich. Kontakt: Tel +43(0)662/64 29 09-12 birgit.mair-markart@naturschutzbund.at Zu erbrechtlichen Fragen steht Ihnen der Rechtsanwalt unseres Vertrauens, Dr. Stefan Hornung, für ein kostenloses Erstgespräch zur Verfügung. Kontakt: Tel: +43(0)662/84 16 16-0 stefan.hornung@lawconsult.at • www.lawconsult.at


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ISSN: 0028-0607 | Heft 3-2020

Österreichische Post AG MZ 02Z 031442 M | naturschutzbund | Österreich, Museumsplatz 2, 5020 Salzburg VORTEILSTARIF

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