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http://www.derwesten.de/region/niederrhein/eine-stadt-wird-zur-kulisse-fuer-hieronymus-boschid11628363.html Kunst

Eine Stadt wird zur Kulisse für Hieronymus Bosch 06.03.2016 | 22:28 Uhr

Der Mann auf seinem Markt: Hieronymus Bosch

Foto: Bosch500

Die Brabanter Provinzhauptstadt s’Hertogenbosch hat zum 500. Todestag ihres großen SohnesHieronymus Bosch ein spannendes Begleitprogramm zur Ausstellung auf die Beine gestellt Das Desaster geschah am Samstagabend gegen 23 Uhr. Aus bisher noch ungeklärter Ursache stürzten am 27. Februar an der Ostseite des historischen Marktplatzes von s’Hertogenbosch zwei Häuser ein, die direkt neben dem Haus des vor 500 Jahren gestorbenen Malers Hieronymus Bosch gestanden hatten. Wie durch ein Wunder kam niemand zu Schaden. Weder die Handwerker, die in den Gebäuden 30 Minuten zuvor Restaurierungsarbeiten durchgeführt hatten, noch die zahllosen Madonnenstatuen aus dem benachbarten Souvenirshop „De kleine Winst“ („Der kleine Gewinn“), der sich heute im ehemaligen Haus der mittelalterlichen Malerdynastie befindet. Und auch die vielen Jugendlichen und jungen Erwachsenen nicht, die samstagabends durch Bars und Kneipen rund um den Markt ziehen.

Lichtschau Die Fassaden der eingestürzten Häuser und der benachbarten Gebäude sollten ab Anfang März als Kulisse einer opulenten Lichtschau dienen, die die Stadt s’Hertogenbosch als Teil des Begleitprogramms zum Bosch-Jahr in Auftrag gegeben hatte.


„Man sieht es uns nicht an, aber wir sind traumatisiert“, bekennt Mo Assem, Regisseur der Beleuchtungsspezialisten Mr. Beam aus Utrecht bei der Premiere des Programms, die zunächst auf einer gewöhnlichen Kinoleinwand stattfinden musste. Sobald die Trümmer weggeräumt sind und eine provisorische Projektionsfläche gefunden ist, möchten die Organisatoren des Bosch-Jubiläumsjahres mit der spektakulären Schau beginnen, die während der Ausstellung (siehe Kasten) täglich, später dann donnerstags, freitags und samstags jeweils nach Sonnenuntergang stattfinden soll.

Himmel- und Höllenfahrt Eine andere Attraktion des Bosch-Jahres muss ebenfalls auf sich warten lassen: die Himmel- und Höllenfahrt. Auf den Wasserläufen der Stadt, „Binnendieze“ genannt, geht es auf einem Boot 3,6 Kilometer durch die Stadt bzw. unter die Häuser hindurch. Weil die Fledermäuse in den dunklen Tunneln Winterschlaf halten, starten die Rundfahrten erst im April. Unterwegs begegnen den Besatzungen zahlreiche Gestalten aus dem Werk des Meisters. Ein Schwein unter Nonnenhaube, ein Menschenfresser mit Kupferkessel auf dem Kopf, ein bootstragender Fisch und andere, wenig freundlich dreinblickende Gestalten tauchen auf und verschwinden wieder. An die Wände der zahlreichen Tunnel werden Visionen des Höllenfeuers geworfen. Die Boote legen zwischen 10 und 16 Uhr am Voldersgat ab, die 90-minütige Rundfahrt kostet 10 € für Erwachsene und 5 € für Kinder.

Dach der Kathedrale Erstmals in diesem Jahr können Einheimische und Touristen auch auf das Dach der ehrwürdigen Sint-Jans-Kirche klettern. Oben, in 25 Metern Höhe, sind auf den Querstreben der gotischen Kathedrale allerlei seltsame steinerne Figuren zu sehen. Mythische Tiere, Monster, Musiker, Drachen und Clowns. Im Gegensatz zu anderen Kathedralen richten diese aber nicht den Blick nach unten zur Erde, sondern aufwärts in den Himmel. Möglicherweise haben die steinernen Figuren Hieronymus Bosch einst zu seinen seltsamen Fantasiewesen inspiriert. Jedenfalls haben sie schon zu seinen Lebzeiten über den Dächern von Den Bosch gewacht. Der Aufstieg kostet sieben Euro.

Maltechnik des Mittelalters Das Zwanenbroederhuis, Hinthamerstraat 94, ist Sitz der 1318 gegründeten Bruderschaft „Unserer lieben Frau“, in der auch Hieronymus Bosch Mitglied war. Sie existiert noch heute und besteht jeweils zur Hälfte aus 40 katholischen und 40 protestantischen Mitgliedern. Im Erdgeschoss des Hauses arbeitet der Künstler Henk Groenendaal seit acht Jahren daran, mit den Maltechniken des Mittelalters eine Kopie des „Garten der Lüste“ entstehen zu lassen. Eintritt: 5 €, Kinder 2,50 €.

Repliken zum Schließen


Repliken der Werke sind auch im Jheronimus Bosch Art Center, Jeroen Boschplein 2, zu sehen. Die hochwertigen Nachbildungen lassen sich auch öffenen und schließen. So kann der Besucher die Werke in ihrer ursprünglichen Präsentationsform erleben. Eintritt: 7 € Erwachsene, Kinder: 3,50 € .

Skulpturen to Go In der ehemaligen Pilgerkirche Groot Tuighuis (Eintritt frei) sind zahlreiche Exponate zur Stadtgeschichte zu sehen. Darunter auch ein Messer mit einem eingravierten B, wie es auch auf den Bildern von Hieronymus Bosch zu sehen ist. Das war keine Vision, sondern Realität. Unterwegs zu all diesen Schauplätzen begegnen dem Besucher immer wieder Skulpturen aus dem „Garten der Lüste“, unter anderem die gehörte Giraffe und ein Mann auf einem Vogel. Vielleicht wird es in Zukunft noch eine weitere Bosch-Gedenkstätte in der Brabanter Provinzhauptstadt geben. Das wünscht sich jedenfalls Ad ‘s-Gravesande, Intendant des 27 Millionen Euro teuren Jubiläumsjahres: „Ursprünglich wollten wir erheblich mehr aus dem Haus der Familie machen. Aber die Räume sind zu klein, um dort zum Beispiel ein Dokumentationszentrum zu errichten. Vielleicht haben wir jetzt durch den Einsturz der benachbarten Häuser eine Chance, an einem zentralen Standort eine BoschGedenkstätte zu errichten.“

Die Jubiläumsausstellung Über 200 000 Karten sind für die Jubiläumsausstellung „Jheronimus Bosch - Visionen eines Genies“ schon verkauft worden. Der Andrang ist so groß, dass für März kaum noch Tickets zu bekommen sind. Auch im April sind nur noch Karten für die Tagesrandzeiten (morgens und abends) erhältlich. Um allen Interessenten einen Besuch zu ermöglichen, prüft „Het Nordbrabaantse Museum“ derzeit, die Öffnungszeiten in den Abend hinein auszuweiten. Tickets können über tickets.hnbm.nl für eine bestimmte Zeitschiene gebucht werden und kosten 22 Euro für Erwachsene und zwei Euro für Kinder, keine Reduktion für Senioren und Studenten. Es wird dringend abgeraten, ohne Ticket anzureisen. Die Ausstellung läuft noch bis zum 9. Mai. Ende Mai eröffnet eine weitere Bosch-Schau im Prado in Madrid, bei der aber einige Werke aus Venedig fehlen.

Markus Peters


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