ADFC Radwelt

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Rundum lekker fietsen IJSSELMEER RUNDE. Die Runde um das Ijsselmeer in den Niederlanden begeistert mit einem Mix aus Natur und Kultur, zudem sind ihre ruhigen Wege vorbildlich beschildert. Eine Paraderoute durch die Polderlandschaft.

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ie von Künstlerhand geführt, malt das Licht der aufgehenden Sonne die Kulisse für den Museumplein. Hier schlägt das kulturelle Herz Amsterdams: Links strebt das Stedelijk Museum dem Himmel entgegen und daneben fällt der Blick auf das Van Gogh Museum. Der krönende Prachtbau ist das 1885 eröffnete Rijksmuseum, das sich in einer flachen Wasserfläche spiegelt. Hinter der reichdekorierten Fassade hängen über 8.000 Exponate, darunter eine Gemäldesammlung niederländischer Meister aus dem 17. Jahrhundert: Von Rembrandt van Rijns „Nachtwache“ wandert man zu Jan Vermeers „Dienstmagd mit Milchkrug“ und weiter zum „Fröhlichen Trinker“ von Frans Hals. Amsterdam ist auch für Radfahrer ein Volltreffer: Mehr als 400 Kilometer bestens ausgebaute Radwege durchziehen die 800.000 Einwohner zählende Stadt mit ihren Grachten. Sie wurden Anfang des 17. Jahrhunderts ausgehoben und 2010 von der Unesco zum Weltkulturerbe erklärt. Nach wenigen Kilometern treffen wir auf den als Zuiderzeeroute beschilderten Radfernweg. Ihm vertrauen wir uns in der kommenden Woche an. Kaum aus der Stadt raus, ändert sich die Umgebung schlagartig. Aus den dunkelroten Ziegelsteinbauten

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Das Rijksmuseum in Amsterdam.

werden prächtige Windmühlen, aus den Stadtparks grünes Deichland mit Schafen und Kühen. Verwöhnt vom strammen Südwestwind im Rücken gleiten wir mühelos über asphaltierte Dämme und durch die weit einzusehende Wiesenlandschaft. In ihren unzähligen Gräben paddeln schnatternde Wasservögel umher. Am Nachmittag erblicken wir über einer geschwungenen Bucht die Türme der Stadt Hoorn. In den gepflasterten Gassen mit ihren denkmalgeschützten Fassaden scheint die glorreiche Zeit der Niederländischen OstindienKompanie noch immer lebendig. Im Hafen schaukeln an der Mole stattliche Segler mit hölzernen Masten sanft auf und ab. Was heute ein beliebter Abenteuerausflug für Schulklassen und Freizeitkapitäne ist, blickt auf eine lange Tradition zurück: Als sich Europas Seefahrernationen ab dem 15. Jahrhundert aufmachten, um neue Schiffswege zu finden, kam den Niederlanden eine wichtige Rolle zu. Ihre Kapitäne trugen sich in die Geschichtsbücher ein: Willem Barents entdeckte 1596 Spitzbergen, zehn Jahre später betrat Willem Jansz als erster Europäer australischen Boden. 1616 umrundete der aus Hoorn stammende Willem Cornelisz Schouten Kap Hoorn. 1642 ließ Abel

Die „Magere Brug“ in Amsterdam.

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IJSSELMEER RUNDE

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Auch in den Häfen erinnert viel an das Goldene Zeitalter.

Tasman zunächst vor Tasmanien und später vor Neuseeland Anker setzen. Diese Zeit war für das kleine Land an der Nordseeküste das „Goldene Zeitalter“. Die Ostindiensegler brachten Gewürze aus Indien und von den Inseln der Molukken, aus China kamen Seide, Porzellan und Tee sowie Zuckerrohr und Kaffee aus Java. Der Handel blühte und mit ihm der Wohlstand der Bürger. Sie bauten sich prächtige Häuser und schmückten sie mit Gemälden der niederländischen Maler.

Idylle am

Keine 25 Kilometer entfernt erwartet uns mit Enkhuizen die nächste Seefahrerstadt. Auch ihre Einwohner profitierten vom einträglichen Geschäft mit den Kolonien, das zeigen die alten Giebelhäuser und stilvollen Villen dem Besucher heute noch. Wir übernachten in einem historischen Herrenhaus aus dem 19. Jahrhundert. Anderntags zieht es uns ins Zuiderzeemuseum, das idyllisch am Ijsselmeer liegt. Auf dem Freilichtgelände bestaunen wir original erhaltene Gebäude des ehemaligen Zuiderzee-Gebiets und schauen zahlreichen Handwerkern bei ihren traditionellen Aufgaben zu. Das dorfähnliche Ensemble präsentiert neben einer Kirche auch eine Fischräucherei, eine Mühle, eine Käserei mit Lagerhaus, Geschäfte und Wohnhäuser, zusammengestellt aus den umliegenden Fischerdörfern.

Ijsselmeer

Stufensiesta am Deich.

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Als wir gegen Mittag die Besichtigungstour beenden, hat der Wind aufgefrischt und bläst uns mit Stärke 5 ins Gesicht. Wir stemmen uns den ungemütlichen Böen entgegen und kriechen wie in Zeitlupe vorwärts. Stunden später dreht die Fahrradroute auf der Höhe des Dorfs Den Oever endlich nach Nordosten, und die Windrichtung stimmt wieder. Hochaufgerichtet brausen wir über den rund 30 Kilometer langen Abschlussdeich. 1932 wurde die Zuiderzee eingedeicht und verwandelte sich in ein Binnengewässer, das mittlerweile Ijsselmeer heißt. Der „Afsluitdijk“ wurde aus drei Gründen errichtet: zum Schutz vor Hochwasser, zur Landgewinnung und zur schnellen Verkehrsverbindung zwischen den Provinzen Nordholland und Friesland. Die Nordseeküste verdankt ihr heutiges Gesicht dem Wind und den Wellen. Immer wieder nagte der „Blanke Hans“, wie die Sturmfluten der Nordsee genannt werden, an der Küste und riss gewaltige Landmassen mit ins Meer. Die tobende See formte die ausgedehnten Meeresbuchten Zuiderzee, Dollart und Jadebusen. Jahrhundertelang kämpften die Friesen gegen die Fluten. Sie errichteten hohe Deiche, mit denen sie Haus und Hof schützten und kostbares Land zurückgewannen. Auf den nächsten Etappen radeln wir mitten hinein ins traditionsreiche Friesland, wie man es von vielen Bildern kennt: Verschlafene Landstraßen schlängeln sich durch die Wiesenlandschaft, durchqueren hier und dort eine kleine Stadt mit historischem Ortskern. Von allen Stationen der Rundreise ist das beschauliche Wasserdorf Giethoorn die charmanteste. Zeitig am Morgen schwingen

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Bildunterschrift

Giethoorn im Nationalpark Weerribben-Wieden.

wir uns auf die Räder und folgen einem schmalen Wassergraben, der die langgestreckte Siedlung in zwei Hälften teilt. In regelmäßigen Abständen überspannen weiß angestrichene Brücken die Gracht, in der kleine Holzboote an den Stegen vertäut liegen. Entlang des Ufers ziehen reetgedeckte Bauernhäuser mit bunten Blumenbeeten die Blicke auf sich und versetzen Reisende zurück ins 18. Jahrhundert, als hier noch fleißig Torf gestochen wurde. Hinter Giethoorn erreichen wir das größte zusammenhängende Niedermoorgebiet Nordwesteuropas und genießen den Wechsel aus lichten Waldstreifen, Tümpeln und Heuwiesen. Dort, wo heute Radfahrer entspannt in Richtung Westen rollen und auf die Binnen-

Viel Wasser bedeutet auch Fährverkehr.

seen Zwarte Meer, Drontermeer und Veluwemeer schauen, lag vor Jahrzehnten die große Meeresbucht Zuiderzee. Nachdem das heutige Ijsselmeer durch den Abschlussdeich vom Meer getrennt war, begann man mit dem Eindeichen und Trockenlegen riesiger Landflächen, die ab 1986 die neue Provinz Flevoland bildeten. Ein Stück weiter südlich wird die romantische Festungsstadt Elburg mit ihren Schachbrettmuster-Straßen von einem breiten Wassergraben umspült.

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IJSSELMEER RUNDE KOMPAKT INFORMATIONEN

• Niederländisches Büro für Tourismus & Convention, Postfach 27 05 80, 50511 Köln, Tel.: 0221/925 71 70, www.holland.com • Amsterdam Tourist Information, Stationsplein 10, 1012 Amsterdam, Tel.: 0031/202 01 88 00, www.iamsterdam.com • www.hollandfahrradland.de • www.allefietserswelkom.nl • www.zuiderzeeradweg.com STRECKENPLANUNG

• Der lückenlos als LF21/22/23 Zuiderzeeroute beschilderte Rundkurs weist keine Das Muiderschloss.

Steigungen auf und eignet sich daher bestens für eine Familienreise. Die Strecke verläuft meist auf ruhigen Nebenstraßen, Wald- und Flurwegen sowie vorbildlich ausgebauten Radwegen.

AN˜ UND ABREISE

• Amsterdam verfügt über eine sehr gute Bahnanbindung. Die CityNightLine bietet Auch am letzten Tag weisen uns die kleinen Routenschilder zuverlässig den Weg Richtung Westen. Die asphaltierten Radwege säumen schilfbewachsene Wasserkanäle. Der makellose Himmel sorgt für beste Laune, und wenig später bietet die Zuiderzeeroute vom Fahrradsattel aus prächtige Ausblicke auf das Gooimeer. Kurz darauf grüßt aus der Ferne die Silhouette der Stadt Naarden mit einem komplett erhaltenen, sternförmig angelegten Festungswall. Sehenswert sind auch die malerischen Winkel der Stadt aus dem 14. Jahrhundert. Vor den Toren von Amsterdam hält die abwechslungsreiche Radtour mit dem mächtigen Muiderschloss noch eine Überraschung bereit. Dann tauchen die ersten Vororte der Fahrradmetropole auf. Später passieren wir ein modernes Wohngebiet mit schwimmenden Häusern und holpern schließlich über das Kopfsteinpflaster der historischen Handels- und Seefahrerstadt. Zurück am Museumplein zeigt das GPS-Gerät 410 Kilometer an, und jeder Kilometer hat sich gelohnt.

Verbindungen von verschiedenen Städten Deutschlands nach Amsterdam an, die Fahrradmitnahme ist hier möglich (www.bahn.de und www.citynightline.de).

LITERATUR UND KARTEN

• Radatlas Holland, ISBN: 978-3-8500-0242-4, Verlag Esterbauer, 12,90 Euro • Baedeker Reiseführer Niederlande, ISBN: 978-3-8297-1431-0, Baedeker Verlag, 24,99 Euro • Reise Know-How Holland, ISBN: 978-3-8317-2038-5, Reise Know-How Verlag, 14,90 Euro • Fettnäpfchenführer Niederlande, ISBN: 978-3-9431-7611-7, Conbook Medien, 10,95 Euro • Basiskaart netwerk LF-routes (22 topo kaarten) 1:100.000, ISBN: 978-9-0729-3048-4, Buijten En Schipperheijn, 24,95 Euro

Noorderhaaks

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NORDSEE

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Den Oever

Ijsselmeer

Friesland

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Amsterdam

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Lemmer

Text und Fotos: Thorsten Brönner

Medemblik Zuiderzeemuseum

Die Route endet, wo sie begann: in Amsterdam.

Hoorn

Türme

Markermeer

Drontermeer

Muiderschloss

Festung

Nunspeet

Harderwijk

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Hilversum

Veluwemeer

Zwolle

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20 km

Kampen Flevoland Elburg

Stedelijk Museum Gooimeer Van Gogh Museum Rijksmuseum Naarden 0

Meppel Zwarte Meer

Edam Volendam Amsterdam UNESCO

Giethoorn

Wasserdorf

Enkhuizen

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NordHolland

Köln

Ijsselmeer

Apeldoorn

Deventer © IDS 2014

Tipps zum Übernachten und GPS-Daten zur Tour auf www.adfc.de/10905.

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