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Neue Hochhäuser für München
DEM HIMMEL NAHE:
neue Hochhäuser für München
Berlin hat sie, Frankfurt hat reichlich davon, London auch und Chicago besonders viele - aber München kaum: Hochhäuser. Warum eigentlich? Manch einer mag dies mit dem Traditionsbewusstsein begründen, das in München ja auch immer eine Rolle spielt und Teil der Lebensqualität ist. Lange Zeit galt: Höher als das Wahrzeichen Frauenkirche darf man nicht. Doch das ändert sich gerade.
Bis vor kurzem galt in München die eiserne Regel: Neubauten dürfen maximal 100 Meter hoch sein, gerne deutlich kleiner. Denn kein Gebäude sollte das weltbekannte Wahrzeichen Münchens, die im gotischen Stil erbaute Frauenkirche in der Stadtmitte, überragen. Diese Entscheidung basiert auf einem Bürgerentscheid des Jahres 2004, den der ehemalige Bürgermeister Georg „Schorsch“ Kronawitter damals ins Leben rief.
Doch seit 2017 kommt Bewegung in das Thema „Bauhöhe in München“. Auslöser dafür ist das Wachstum der Stadt: ungewöhnlich dynamisch wird es weit überdurchschnittlich prognostiziert. So rechnet das Münchner Planungsreferat in seinem letzten Demografiebericht mit einem Bevölkerungswachstum bis 2030 auf über 1,8 Mio. Einwohner. Das entspricht einer Zunahme von 19% in knapp 20 Jahren.
Die daran gleich anschließende Frage lautet: Wo sollen und werden die Leute wohnen? Deutlich und klar ist, dass es einen hohen Zuwachs an Wohnungen geben muss, da auch die Nachfrage entsprechend steigen wird. Damit der schon seit langem unter Druck stehende Münchner Wohnungsmarkt nicht völlig „entschwindet“, heißt, in Sphären wie London, Paris oder Moskau abdriftet, wird weiterer Wohnraum benötigt.
Die in München aktuell diskutierte und auch praktizierte Nachverdichtung wird diese Nachfrage bei weitem nicht abdecken können. Fläche ist also knapp, Höhe jedoch endlos. Da das Wachstum in München vor allem durch eine überproportional hohe Zuwanderung junger, gut ausgebildeter Fachkräfte entsteht, gibt es eine sehr gute Perspektive für attraktive Neubauten, die vor allem die Höhe nutzen.
Diesen Lösungsweg hat inzwischen auch die Stadt erkannt. In anderen Worten: die 100 Meter Grenze wackelt. So steht aktuell zum Beispiel der Entwurf für die Bebauung des Areals der alten Paketposthalle ganz oben auf der Tagesordnung: zwei Türme, vermutlich 155 Meter hoch, Entwurf: Herzog/deMeuron, die auch für die spektakuläre Optik der Allianz Arena verantwortlich sind. Geplant ist hier eine gemischte Struktur aus Wohnungen, Büros, Hotel dazu lebendige Kulturveranstaltungen in der denkmalgeschützten Pakethalle.
Darüber hinaus hat die Stadt inzwischen ganze Zonen für Hochhäuser freigegeben - auch wenn nicht im-
mer gleich 100 Meter erreicht werden: Im derzeit spannendsten Neubauviertel Münchens, dem Werksviertel unweit des Ostbahnhofs, steht der 62m hohe Atlas-Turm. Sehr viel näher am Zentrum und somit deutlicher Ausdruck für den Sinneswandel im Umgang mit Hochhäusern, ist das geplante, 70 Meter Hochhaus auf dem Areal des sogenannten Starnberger Flügelbahnhofs.
Aber es geht noch mehr: am östlich gelegenen Vogelweideplatz entstehen gleich mehrere Türme mit bis zu 83 Meter Höhe. Ein neues Stadtquartier ist an der Achse Hauptbahnhof-Laim geplant, wo ein 80 Meter hoher Gebäudekomplex namens Kap West thront. Ebenfalls in die Höhe wachsen werden auch einige Gebäude im Bereich des Arabellaparks. Hier stockt einerseits der Konzern BayWa seine Hauptgebäude auf, zum anderen entsteht hier ein Wohnturm mit über 50 Metern mit stark begrünter Fassade. Dazu errichtet die Bayerische Versicherungskammer ein 96 Meter hohes Hochhaus.
Und selbst wenn man noch nicht gleich von Skyscrapern à la Manhattan sprechen kann, macht all dies deutlich, dass ein Paradigmenwechsel in München eingeläutet wird. Und so scheint es nur eine Frage der Zeit, wann Hochhäuser in München zum normalen Stadtbild gehören, ohne „die gute Stube“ der Innenstadt oder die viel geschätzte und hochgehaltene Tradition zu beschädigen. Im Gegenteil: Es zeichnet sich jetzt schon ab, dass die vielbeschworene hohe Lebensqualität durch eine kluge Hochhausplanung um eine weitere Facette bereichert wird. Denn wer einmal auf einem Rooftop bei Sonnenuntergang diniert oder nachmittags dort am und im Pool verbracht hat weiß, hier lässt es sich leben. München eben.