5 minute read

2.3 Heilmitteltherapien

Bei der Zuzahlung wird unterschieden zwischen Hilfsmitteln, die zum Verbrauch bestimmt sind, und Produkten, die nicht zum Verbrauch bestimmt sind.

Hilfsmittel, die zum Verbrauch bestimmt sind: Produkte, die wegen ihrer Beschaffenheit, ihres Materials oder aus hygienischen Gründen in der Regel nur einmal ununterbrochen benutzt werden können und für den Wiedereinsatz nicht geeignet sind, z. B. Windelhosen oder InkontinenzEinlagen. Hier beträgt die Zuzahlung 10 % je Packung, höchstens jedoch 10 € im Monat.

Advertisement

TIPP

Inkontinenzartikel können als Kassenleistung verordnet werden, sofern die Inkontinenz direkt mit der Erkrankung zusammenhängt (z. B. Demenzerkrankung). Der behandelnde Arzt muss auf dem Hilfsmittelrezept die Erkrankung und die Schwere der Inkontinenz genau dokumentieren. Zudem muss er angeben, welches Produkt in welcher Menge und für welchen Zeitraum verordnet wird. Zum Beispiel: Windelhosen der Firma XY, Größe M, für den Zeitraum vom 01.02.–30.04.2022. Diagnose: schwerwiegende Reflexinkontinenz bei Alzheimer-Demenz. Hilfsmittel, die nicht zum Verbrauch bestimmt sind: Produkte, die mehrmals verwendet werden können, z. B. Beatmungsgeräte oder Duschstühle. Hier beträgt die Zuzahlung 10 %, mindestens 5 €, höchstens 10 €, jedoch nicht mehr als die eigentlichen Kosten. Diese Hilfsmittel können unter Umständen auch leihweise gegen eine Gebühr überlassen werden.

Hilfsmittel-Rechnungen sollten auf jeden Fall aufbewahrt werden, da Zuzahlungen nur bis zu einer bestimmten finanziellen Belastungsgrenze geleistet werden müssen. Für alle Kosten, die darüber liegen, können Patienten eine Zuzahlungsbefreiung beantragen.

2.3 Heilmitteltherapien

Heilmaßnahmen sind fester Bestandteil in der Rehabilitation von akuten und chronischen Erkrankungen. Bei zahlreichen angeborenen, erworbenen oder degenerativen Erkrankungen wird eine Heilmitteltherapie verordnet. Insbesondere bei neurologischen Schädigungen, aber auch bei Erkrankungen der inneren Organe und des Muskel- und Skelettapparates kommen Heilmittel zum Einsatz.

Heilmittelrichtlinien

Die Heilmittelrichtlinien des GBA regeln für gesetzlich Krankenversicherte die Versorgung mit Heilmitteln. Ein wichtiger Bestandteil der Richtlinien ist der Heilmittelkatalog. Er gibt Aufschluss darüber, bei welcher Diagnose/Diagnosegruppe welches Heilmittel in welcher Menge im Regelfall verordnet werden kann.

TIPP

Interessierte können die Heilmittelrichtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nachlesen.

Diese sind abrufbar unter: www.g-ba.de/informationen/richtlinien/12

Verordnung von Heilmitteln

Die Krankenkasse übernimmt die Kosten für Heilmittel, wenn diese notwendig sind, um

• eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern • eine Schwächung der Gesundheit, die in absehbarer Zeit voraussichtlich zu einer Krankheit führen würde, zu beseitigen • Pflegebedürftigkeit zu vermeiden oder zu mindern

Maßnahmen

Heilmittel sind Leistungen, die durch eine Person mit einer fachspezifischen Ausbildung erbracht werden. Es wird unterschieden zwischen:

• Physikalischer Therapie; hierzu gehören Maßnahmen wie

Massagen, Lymphdrainage, Krankengymnastik, Wärme-/

Kältetherapie oder Elektrotherapie • Podologischer Therapie; diese beinhaltet Maßnahmen wie

Hornhautabtragung, Nagelbearbeitung oder eine podologische Komplexbehandlung. Die genannten Maßnahmen kommen vorwiegend für Diabetiker infrage • Logopädie (Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie) • Ergotherapie (Beschäftigungs- und Arbeitstherapie), sowohl als motorischfunktionelle als auch als sensorischperzeptive Behandlung, als Hirnleistungstraining und psychischfunktionelle Behandlung • Ernährungstherapie für Patienten mit seltenen angeborenen Stoffwechselerkrankungen und Mukoviszidose

Verordnungsfähigkeit

Seit Januar 2021 gelten die neuen, vereinfachten Vorgaben bei der Heilmittelverordnung: Es wurde eine orientierende Behandlungsmenge eingeführt, die der Arzt im Bedarfsfall verändern kann. Dies bedeutet, dass es keine Erst- oder Zweitverordnung mehr gibt. Der Arzt kann sich bei einer Verordnung mit Heilmitteltherapien an dem Heilmittelkatalog orientierten, kann aber im medizinischen Bedarfsfall davon abweichen. Eine Verordnung, die die orientierende Behandlungsmenge übersteigt, muss nicht mehr von der Krankenkasse genehmigt werden.

WICHTIG

Für die podologische Therapie und Ernährungstherapie sind keine orientierenden Behandlungsmengen festgesetzt.

Zuvor wurden neue Erstverordnungen für dasselbe Heilmittel nach 12 Wochen erneut ausgestellt. Dieses Intervall entfällt, künftig wird nach mehr als 6 Monaten ein neuer Verordnungsfall ausgelöst. Liegen noch keine 6 Monate zurück, wird die bisherige Verordnung fortgeführt. Der behandelnde Arzt kann gleichzeitig mehrere Heilmittel verordnen. Hierfür ist allein 1 Formular für die Heilmittelverordnung erforderlich. Die zuvor vorhandenen 3 unterschiedlichen Formulare werden zu einem Formular vereinfacht.

Hinweis: Die Schlucktherapie wurde als eigenes Heilmittel aufgenommen (§ 33a SGB V).

Beginn der Heilmittelbehandlung

Der späteste Behandlungsbeginn muss 28 Tage nach Verordnung erfolgen. Wenn ein dringlicher Behandlungsbedarf besteht, wird ein Behandlungsbeginn innerhalb von 14 Tagen festgesetzt und auf der Verordnung notiert. Wird die Heilmitteltherapie nicht in den bestimmten Zeiträumen aufgenommen oder länger als 14 Tage ohne angemessene Begründung unterbrochen, verliert die Verordnung ihre Gültigkeit. Heilmittel können als Einzel oder Gruppentherapie verordnet werden.

Voraussetzungen für eine langfristige Heilmittelbehandlung

Menschen mit einer schweren, dauerhaften funktionellen/ strukturellen Schädigung, die aus medizinischen Gründen eine fortlaufende Heilmittelbehandlung benötigen, können von ihrer Krankenkasse eine langfristige Genehmigung für Heilmitteltherapien erhalten. Der Genehmigungszeitraum kann befristet werden, soll aber mindestens ein Jahr umfassen.

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) definiert in einer Diagnoseliste (Anlage 2 der Heilmittel-Richtlinie), bei welchen Diagnosen von einem langfristigen Heilmittelbedarf auszugehen ist. Für diese Diagnosen ist kein Antrags und Genehmigungsverfahren bei der Krankenkasse erforderlich. Ist die zu behandelnde Krankheit nicht in Anlage 2 der Heilmittel-Richtlinie aufgeführt, kann zusätzlich die „Diagnoseliste über besondere Verordnungsbedarfe“ des KBV und des GKV-Spitzenverbandes eine kontinuierliche Heilmittelversorgung begründen.

TIPP

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung stellt eine zusammenfassende Diagnoseliste zum langfristigen Heilmittelbedarf und zum besonderen Verordnungsbedarf bereit.

Online abrufbar unter: www.kbv.de/media/sp/Heilmittel_Diagnoseliste_ Druckversion.pdf

Ist die Erkrankung auf keiner der beiden Diagnoselisten genannt und es besteht dennoch langfristiger Heilmittelbedarf, kann der behandelnde Arzt eine entsprechende, begründete Verordnung ausstellen. Damit kann ein Antrag auf Genehmigung eines langfristigen Heilmittelbedarfs bei der Krankenversicherung gestellt werden.

Hinweis: Die Krankenkasse muss innerhalb von 4 Wochen auf den Antrag für eine langfristige Heilmittelbehandlung reagieren. Versäumt sie dies, gilt die Genehmigung nach Ablauf der Frist als erteilt.

Benötigt die Krankenkasse für ihre Entscheidung weitere Unterlagen oder muss der Medizinische Dienst involviert werden, wird die 4-Wochen-Frist unterbrochen. Patienten können die Therapie dann trotzdem beginnen. Die Krankenkasse übernimmt solange die Kosten, bis eine Ablehnung oder Genehmigung vorliegt.

TIPP

Der Gemeinsame Bundesausschuss bietet online eine Patienteninformation mit allen wichtigen Informationen sowie einem Musterantrag zur Genehmigung eines langfristigen Heilmittelbedarfs.

Online abrufbar unter: www.g-ba.de/downloads/17-98-3382/2021-04-01_ G-BA_Patienteninformation_langfristiger-Heilmittelbedarf_bf.pdf

Heilmitteltherapie im häuslichen Umfeld

Heilmittelmaßnahmen können in Ausnahmefällen auch beim Patienten zu Hause durchgeführt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass ein Hausbesuch aus medizinischen Gründen zwingend erforderlich ist. Der behandelnde Arzt muss in diesem Fall auf der Heilmittelverordnung „Hausbesuch“ ankreuzen.

Zuzahlungen bei Heilmitteln

Für Heilmittel müssen erwachsene Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen eine Zuzahlung in Höhe von 10 % der Kosten sowie 10 € pro Verordnung entrichten (gilt auch für Hausbesuche).

Dies gilt auch dann, wenn Massagen, Bäder und Krankengymnastik Bestandteil der ärztlichen Behandlung sind oder in Zusammenhang mit einem ambulanten Aufenthalt in Krankenhäusern, Rehabilitations oder anderen Einrichtungen erbracht werden.

Von der Zuzahlung befreit sind:

• Kinder und Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr • Schwangere, sofern die Heilmittelbehandlung in

Zusammenhang mit der Schwangerschaft erforderlich ist • Versicherte der Unfallversicherung • Versicherte, die die Belastungsgrenze zur

Krankenversicherung erreicht haben

This article is from: