Seminarreise Schweiz Gr aub端nd en- Ur i- Wallis
ZHAW|Architektur|Master|Urban Project HS15
Inhaltsverzeichnis Wochenprogramm
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Aussichtsplattform il Spir|Corinna Menn|Flims
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Karte
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Kapelle St. Benedikt|Peter Zumthor|Sumvitag
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Graubünden
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Gymnasium Kloster Disentis|Gion A. Caminada|Disentis
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Fläsch
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Klosterhof Salaplauna und Sennaria Surselva|Gion A. Caminada|Disentis
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Weingut Gantenbein|Bearth & Deplazes|Fläsch
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Uri | Andermatt
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Primarschulhaus Fläsch|Pablo Horvath|Fläsch
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Hotel „The Chedi“ | denniston international | Andermatt
66
EFH Meuli|Bearth & Deplazes|Fläsch
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Haus Hirsch | Marazzi & Paul | Andermatt
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Chur
20
Villa | Hitz & Mozzetti | Andermatt
70
Wohn- und Atelierhaus Zumthor|Peter Zumthor|Haldenstein
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Wallis
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Zugang Grossratsgebäude Chur|Valerio Olgiati|Chur
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Wohnhaus in Brig | Märkli & Bellwalder | Brig
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Römische Ausgrabung Welschdörfli|Peter Zumthor|Chur
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Dreifach Turnhalle|Savioz Fabrizzi | Visp
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Verbindung Plessur- Halde|Esch Sintzel|Chur
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Tour Super Crans | Jean-Marie Ellenberger | Randogne-Vermala
80
Erweiterung Kunstmuseum|Estudio Barazzi Veiga|Chur
30
Sion
82
Würth Standort|Jüngling, Hagmann|Chur
32
Bonnard et Woeffray
84
GKP Standort|Jüngling, Hagmann|Chur
34
Bains de Géronde | NAU & Drexler, Guinard, Jauslin | Siders|
86
Bahnhof Chur|Conradin Clavuot|Chur
36
Katholische Kirche | Walter Maria Förderer | Hérémence
88
Gleis D, BGS Chur|maurusfrei|Chur
38
La Grand Dixence | Alfred Stucky | Hérémence
90
Lehrerseminar, Trakt Naturwissenschaft|Bearth& Deplazes|Chur
40
Ferienhaus Graber | Graber Pulver| Montana
92
Waldhütte Plong Vaschnaus|Gion A. Caminada|Domat/Ems
42
Abbey |Savioz Fabrizzi| Saint- Maurice
94
Viamala Raststätte Thusis|Iseppi & Kurath|Thusis
44
Group scolaire |Daniel Girardet| Saint- Maurice
96
Besucherzentrum Viamala Schlucht|Iseppi & Kurath|Zillis
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Adressen, Telefonnummern, Impressum
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Erster Traversiner Steg|Conzett & Bronzini|Zillis/Viamala
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Zweiter Traversiner Steg|Conzett & Bronzini|Zillis/Viamala
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Das gelbe Haus|Valerio Olgiati|Flims
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Wochenprogramm 1.-6. November 2015 Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
11:00 Treffpunkt Halle 180
8.00 Flims, Wanderung Wasserweg Trutg tal-Flem
9.00
8.00
8.00
Montana
8.00
Besichtigung Sion
12.00
Mittag
13.30 14.30
Fahrt nach Hérémence
10.00
Fahrt Richtung Winterthur mit Zwischenhalt in:
19.00
St. Maurice
19.00
Abendessen
12:30 Fläsch 15.30 Chur 19.00 Abendessen in Flims
Hotel einchecken bis ....
12.00
Mittag
13.30
Viamala-Schlucht
19.00 Gemeinsames Essen Ristorante Pomo doro im Waldhaus Flims
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Fahrt nach Andermatt mit Zwischenhalt in:
Disentis Ilanz, evtl. Capaul Blumenthal 19.00
Andermatt
Hotel einchecken bis 22.00 Uhr
Besichtigung Andermatt
10.00 Fahrt Richtung Sion mit Zwischenhalt in: Brig 14.00 Naters, Führung die rote Meile (Rita Wagner) Visp Gampel_Atelierhaus Wag ner Seiler
Besichtigung: Walter Maria Förderers La Grande Dixence
18.00 Feierabendbier mit Savioz Fabrizzi Architekten, Sion 19.00
Abendessen
Hotel einchecken bis 21.00 Uhr
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Long Table, party-time
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Graubünden_Chur
© swisstopo
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300m
Massstab 1: 10,000 Gedruckt am 27.10.2015 10:26 https://s.geo.admin.ch/67d3f9a5a3
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Graubünden
Graubünden und seine Hauptstadt Chur blicken auf eine über 11’000-jährige Siedlungsgeschichte zurück. Zeit genug, um Brauchtümer wachsen zu lassen. Ob “Chalandamarz” im Engadin oder „Pschuuri“ in Splügen: Alljährlich wiederkehrende historische Feste wie diese haben den kantigen Menschenschlag in der grössten Ferienregion der Schweiz ebenso geprägt wie die Sprachvielfalt: Als einzige Region der Schweiz ist Graubünden von drei Sprachkulturen beeinflusst: der deutschen, der rätoromanischen und der italienischen. Der Kanton Graubünden hat knapp 192’000 Einwohner und umfasst einen Sechstel des schweizerischen Territoriums. Die abwechslungsreiche Berglandschaft garantiert zwei Rekorde: Mit 7’106 km² ist Graubünden der grösste Kanton der Schweiz (17,2% der gesamten Landesfläche) und mit etwa 26 Einwohner pro km2 der am dünnsten besiedelte. Zum Vergleich: Im Kanton Zürich leben 736 Einwohner pro km2. Im Verlauf der Siedlungsgeschichte wurden Traditionen gefestigt und Brauchtümer bewahrt. Die noch heute gelebten Feste wie der „Chalandamarz“ im Engadin oder der „Pschuuri“ in Splügen bringen Einheimische und Gäste zusammen. Ein Grund für die
Graubünden ist die einzige Region der Schweiz, in der sich gleich drei Sprachkulturen verbinden: die deutsche, die rätoromanische und die italienische. Insofern heisst es bei uns: Willkommen! Beinvegni! Benvenuti! Der Kanton Graubünden trägt den Namen des ehemals politisch gewichtigsten der Drei Bünde, aus denen er entstanden ist. Der 1395 gegründete Graue Bund wurde 1442 erstmals genannt. Damals gebrauchten ihn vermutlich Zürcher und Österreicher als Spottnamen, vor 1486 wurde er von den Bundsleuten übernommen. Im 15. Jahrhundert erscheint der Name für die sonst Drei Bünde genannte Gesamtheit der Bünde. Im 16. Jahrhundert wurde von Humanisten der Name der römischen Provinz Rätia als Rätien auf das Gebiet der Drei Bünde übertragen. 1799 wurden die Bünde von Napoleon als Kanton Rätien der Schweiz eingegliedert. Die Bezeichnung ist heute noch für Institutionen wie die Rhätische Bahn (RhB) und das Rätische Museum in Chur üblich. Seit der Konstituierung des modernen Kantons der Schweizerischen Eidgenossenschaft 1803 ist der Name Graubünden offiziell. Das Kantonswappen setzt sich entsprechend aus den Wappen der Drei Bünde zusammen.
Unzählige Brauchtümer, Geschichten, Sagen und Legenden prägen bis heute das Bild Graubündens. Entstanden aus und mit den Landschaften mit den ruhigen, ursprünglichen Dörfer, kann ebenso auf eine hochstehende Architektur und Kunstgeschichte hingewiesen werden. Graubünden beheimatet somit auch zahlreiche, bekannte Gesichter in Architektur, Ingenieurswesen und Kunst. Künstler wie die Gebrüder Giacometti und Carigiet, Segantini, Murk, Indermaur, Not Vital. Architekten wie Rudolf und Valerio Olgiati, Zumthor, Caminada, Jüngling u. Hagmann, Bearth u. Deplazes. Ingenieure wie Conzett, Bronzini u. Gartmann, Menn, La Nicca. Um nur einige zu nennen, die die Geschichte und Gegenwart Graubündens prägen.
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01. Blick in die Surselva 02. Blick über Chur
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03. Chalandamarz, Engadin 04. “Mezzogiorno sulle alpi”, Segantini
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Fläsch
Das Weinbaudorf Fläsch ist die nördlichste Gemeinde der Bündner Herrschaft und grenzt an den Kanton St. Gallen und das Fürstentum Liechtenstein. Das Dorf liegt am Fuss des Fläscherberges, abseits der grossen Durchgangsstrassen. In guter Südlage wächst auf den Schuttkegeln des Berges ein hervorragendes Traubengut. Der “älteste Fläscher”, der Föhn, sorgt im Herbst für dessen optimale Reife. 16 Weinbaubetriebe bewirtschaften 48 ha Rebland und keltern daraus eigene Weine. Auf Gemeindegebiet liegen hinter dem Regitzerspitz (1135 m. ü. M.) der Übergang über die Luzisteig und auch der 2599 m hohe Grauspitz im Falknismassiv. Dort liegen auch die Fläscher Alpen. Der Schweizer Heimatschutz (SHS) zeichnete Fläsch mit dem Wakkerpreis 2010 aus. Das Weinbaudorf im Rheintal erhielt die Auszeichnung für seine innovative Ortsplanung. Dank Landumlegungen konnten die charakteristischen Wein- und Obstgärten im Dorfkern erhalten werden ohne die bauliche Weiterentwicklung zu verhindern. Zudem fördert die Gemeinde aktiv gute zeitgenössische Architektur, indem sie berät und mit gutem Beispiel voran geht. Die gelungenen Neubauten stärken das Ortsbild. Die offizielle Preisübergabe fand am 19. Juni 2010 im Rahmen einer öffentlichen Feier statt.
19. Juni 2010 im Rahmen einer öffentlichen Feier statt. Fläsch ist im karolingischen Reichsgutsurbar des 9. Jahrhunderts erstmals erwähnt. Die Pfarrkirche befand sich auf der Luzisteig, in Fläsch sind Weideland und Weinberge bezeugt. 1438 erhielt die Gemeinde einen Freiheitsbrief, worin die Rechte und Pflichten gegenüber der Herrschaft Maienfeld festgehalten war. In Fläsch wurde der reformierte Glaube früher als in Chur verkündet. Dies habe die altgläubigen Maienfelder so erzürnt, dass sie einen Protestzug nach Fläsch unternommen hätten. Der Pfarrer habe nur gerettet werden können, weil er von seinen Anhängern in einer Rübengrube versteckt worden sei. Besonders zu leiden hatte Fläsch während der Bündner Kiregswirren unter seiner Lage an der Grenze des bündnerischen Territoriums. So berichtet Anhorn, dass das Dorf 1622 geplündert und in Brand gesteckt wurde. Ein weiterer Brand verwüstete 1822 grosse Teile des Dorfes. Berühmt wurde das Dorf im 18. Jahrhundert wegen seiner schönen Lage, wegen seines guten Weines und wegen des kleinen Bades Fläsch. Dieses Bad war erst ein einfaches Bad für die lokale Bevölkerung. Es erlangte später einige Berühmtheit, als es in den Besitz der Familie von Salis aus Maienfeld kam. Das Bad Fläsch wurde nun in den grossen
Natur-Beschreibungen der Alpen als heilsam gelobt, so 1752 von Johann Jacob Scheuchzer in seiner ‘Natur-Geschichten des Schweizerlandes’. Auch in der Neuzeit blieb Fläsch ein rein landwirtschaftlich geprägtes Dorf. Bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts betrieben die Bauern auf kleinen, verstreuten Parzellen Rebbau, Viehzucht und Ackerbau. Nach markantem Bevölkerungsrückgang wurde 1966 die Gesamtmelioration beschlossen. In Zusammenhang mit dem Ausbau des Waffenplatzes auf der Luzisteig durch das Eidg. Militärdepartement wurden umfassende Güterzusammenlegungen vorgenommen. Der Grundstein für die aktuelle Entwicklung wurde gelegt: Die Melioration ermöglichte die Spezialisierung von Betrieben auf den Weinbau, das Überleben der landwirtschaftlichen Betriebe und die bauliche Entwicklung des Dorfkerns. Die Abwanderung konnte gestoppt werden. Nicht zuletzt trug die Brücke über den Rhein und der Anschluss an den Bahnhof Bad Ragaz und die Autobahn dazu bei, dass Fläsch auch verkehrsmässig attraktiv erschlossen wurde. Dadurch wurde der militärische und zivile Durchgangsverkehr um den Dorfkern herumgeleitet. Dieser ländliche Charakter hat sich bis heute erhalten: Fläsch ist immer noch ein ruhiger Wohnort inmitten von Weinbergen.
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01. Blick über Fläsch 02. Weingut inmitten von Weinbergen
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03. Weindorf 04. Luftbild
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Projekt: Weingut Gantenbein Ort: Ausserdorf 38, 7306 Fläsch Architekt: Bearth & Deplazes Architekten AG „Ein Weinkeller ist ein Arbeitsort und kein Schaustück“ (Zitat Martha & Daniel Gantenbein) Das Weingut Gantenbein befindet sich in der Schweiz in Fläsch. Der Ort ist der sogenannten Bündner Herrschaft zugehörig, einer Region welche für gute Weine bekannt ist. Das Weingut befindet sich seit langer Zeit in Familienbesitz und wurde von den heutigen Betreibern vor gut 25 Jahren innerhalb der Familie übernommen. Nach der Übernahme erfolgte eine kleine Revolution auf dem Weingut. Vieles wurde neu erdacht und ausprobiert. Das Weingut erlangt infolge dessen weltweite Bekanntheit für seine offenbar hervorragenden Weine. Mit der Zeit wurde es notwendig, das alte Gehöft mit einem Erweiterungsbau (Nutzbau) zu ergänzen. Mit dem Entwurf wurden Bearth & Deplazes Architekten aus Chur beauftragt. Und doch wurde es am Ende beides. Denn letztlich liegt hier die Aufgabe der Architekten: aus einem Arbeitsort eben auch ein bisschen Schaustück zu machen. Der Neubau sollte Gärhalle, Weinkeller und Degustierlokal in sich vereinen. Eine anspruchsvolle Aufgabe für die Architekten. Beim Neubau handelt es sich um eine reine Stahlbetonkonstruktion in Betonskelettbauweise.
Das Gebäude verfügt über ein Kellergeschoss und zwei Obergeschosse. Das Dach des Gebäudes Ist eine Stahlkonstruktion und wurde mit anthrazit farbigen Welleternitplatten gedeckt. Die Architekten entschieden sich für dieses Material, da die bestehenden Gebäude ebenfalls mit Welleternit gedeckt waren. Jedes der drei Geschosse hat seine klar definierte Aufgabe. Der Keller wurde als moderne Säulenhalle ausgebildet und beeindruckt mit beinahe sakraler Anmut. Schlanke weiße Säulen tragen eine bordeauxrote Deckenplatte. Die Säulen erfüllen statische Funktionen und dienen als Wasserkanäle. Das darüber liegende Erdgeschoss beherbergt die Gärhalle, in Weinkennerkreisen auch Cuvéerie genannt. Hierbei handelt es sich um einen offenen Raum mit 12 Kelterbehältern aus Eichenholz. Die Cuvéerie sollte über präzise klimatische Bedingungen verfügen, max. 20 Grad Celsius min. 0 Grad Celsius. Eine durchdachte Fassade musste her. Im Ergebnis gibt es eine Außen- und eine Innenfassade. Die Innenfassade besteht im Geschoss der Gärhalle aus transparenten Polycarbonatplatten. Die Außenfassade aus einem beeindruckend lichtdurchlässigen Mauerwerksgeflecht. Da der Wein nur einmal im Jahr über einen bestimmten Zeitraum gärt, steht der Raum das übrige Jahr leer.
Die ovale Treppe führt weiter in das Dachgeschoss. Hier befindet sich ein sog. Degustierlokal. Eine Küchenzeile aus Sichtbetoneinbauten und schwere Eichentische aus Handarbeit füllen den Raum. Die Dachgeschossräume wurden hinter die Außenfassade zurückgesetzt und gaben Fläche für eine umlaufende Terrasse frei. Die Außenfassade des Gebäudes ist ein kleines Kunstwerk aus Ziegelsteinen. Sie erfüllt mehr als nur ästhetische Ansprüche. Sie belichtet die dahinterliegende Cuvéerie mit indirektem, gefiltertem Licht. Aus der Ferne betrachtet, lassen sich auf der Fassade Muster und Formen ablesen. Je nach Blickwinkel zeigt sich ein Bild aus Licht und Schatten. Möglich wurde dies dadurch, dass jeder Ziegel versetzt auf dem darunter liegenden steht und sich zwischen den Ziegeln eine Lücke befindet. Gebaut wurde diese Fassade in 4mx2m Einheiten von einem Industrieroboter der ETH-Zürich. Die Außenfassade endet auf Brüstungshöhe, und der mit Glaswänden und Glasschiebetüren eingefasste Raum im gibt den Blick in die umgebende Berglandschaft frei. Ein textiler Sonnenschutz befindet sich hinter der Glasfassade und auch die Dachunterseite wurde mit Textil verkleidet.
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01. Aufnahme Südfassade 02. Aufnahme Innen
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03. Isonometrie Wandelement 04. Detailansicht Wandelement
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Projekt: Primarschulhaus Fläsch Ort: Ob der Kircha 2, 7306 Fläsch Architekt: Pablo Horváth Nach einem Wettbewerb und einer sehr kurzen Planungs- und Bauzeit von knapp zwei Jahren ist in der Bündner Weinbaugemeinde Fläsch ein Schulhaus entstanden, in dem auf unspektakuläre Weise zwei Bebauungsmuster und zwei Formenvokabulare zu einem zeitgenössischen Ganzen verschmolzen sind. Der junge Churer Architekt Pablo Horváth versteht sich als Baumeister-Architekt und führt damit eine in der Region verwurzelte und einem sorgfältigen Handwerk verpflichtete Tradition weiter. Die Parzelle des neuen Schulhausesund der bestehenden Mehrzweckhalle liegt am Siedlungsrand zwischen zweien der erwähnten Strassenzüge. Die Mehrzweckhalle ist Mitte der siebziger Jahre zeittypisch als Solitär fast mitten in die Parzelle gesetzt worden. Horváth positioniert nun den Neubau - so weit es die Grenzabstände erlauben - traufständig an die Strasse, die aus dem Dorf herausführt. Diese Wahl und die damit gefundene Situationslösung hat sicherlich massgeblich zum Wettbewerbserfolg beigetragen. Sie ist aus verschiedenen Gründen ausseror- dentüch geschickt. Das Schulhaus ist so eindeutig und selbstverständlich auf die Strasse bezogen wie die alten Häuser im Dorf. Die Bebauungsstruktur des Dorfes wird am Siedlungsrand wieder aufgenommen;
so ist gleichzeitig der Rand eindeutig bestimmt und es entsteht eine Art äusserer Gegenpol zum Dorfkern. Durch die Ensemblebildung mit der bestehenden Mehrzweckhalle entsteht eine räumlich gefasste Platzsituation, die entfernt an die Höfe im Dorf erinnert. Gleichzeitig wird die isoliert gesetzte Halle in eine ablesbare Ordnung eingebunden. Eine verfehlte städtebauliche Situation wird so auf überraschend selbstverständliche Art korrigiert. Zwei konkurrierende Siedlungsmuster - die auf die Strasse bezogene Reihenbebauung und das seit den sechziger Jahren praktizierte neue Streumuster - werden im neuen Ensemble zu einer gelungenen Synthese gebracht. Beide Muster bleiben im Sinne der Transparenz’ ablesbar; der neu entstandene Ort hat Teil an zwei Systemen und passt in beide. Hinzu kommt, dass die gewählte Stellung des Neubaus einen grossen Teil der zur Verfügung gestellten Parzelle unbebaut lässt. Dieser sparsame Umgang mit dem Boden entspricht nicht nur den Zielen einer nachaltigen Entwicklung, sondern durchaus auch der ganz normalen Sparsamkeit der Bauern. «Die Art, wie ein Haus gestellt ist, sagt schon sehr viel über seine Qualität,» ist man mit Luigi Snozzi zu sagen geneigt.
Eine der Qualitäten des Schulhauses ist - wie bereits in der Situation angelegt - seine mehrfache Lesbarkeit. Es ist kein neomoderner Bau, aber es ist auch keine altertümelnde Anbiederung an historische Bauformen. Giebeldach und Lochfenster- Fassade mit Fenstergewänden binden den Bau in ein traditionelles Zeichensystem ein. Durch die formale Reduktion werden diese Elemente ausserordentlich stark und zeichnen schon fast den Archetyp Schulhaus. Gleichzeitig sprechen aber andere Elemente eine andere Sprache. Die für Fläsch unüblich flache Dachneigung, die verdeckte Dachrinne, die im Verhältnis 1:2 geteilten Fenster und der fehlende Sockel erinnern an das Formenvokabular einer gemässigten Schweizer Moderne der Nachkriegszeit.
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Die Volumetrie vor allem ist ein Verweis auf die hohen kompakten Häuser im Dorf; der Gebrauch von Fenstergewänden verweist auf die traditionelle Bauweise, wo die Rahmung der Fenster mit behauenem Stein oder Hok eine technische Notwendigkeit war. Die Dachneigung und die Ausbildung der Traufe dagegen entstammen der benachbarten Mehrzweckhalle. Sie sind das Instrument, alt und neu zu verschmelzen. 01. Aufnahme von Rebberg 02. Innenaufnahme Treppe
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03. Grundriss 2. Obergeschoss 04. Längsschnitt
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Projekt: EFH Meuli Ort: 7306 Fläsch Architekt: Bearth & Deplazes Architekten AG Fläsch ist ein Weinbauerndorf. Steinerne, mächtige Wohnhäuser und hölzerne, verlassene Ställe – Fläsch hat im Kern ein intaktes Ortsbild, das eine strenge Bauordnung schützen will. Dies erfuhren auch Claudia und Andrea Meuli, die ihr kleines Einfamilienhaus in langem Gefecht durchsetzen mussten. Aus dem spitzwinkligen Grundstück, den Erlassen der Baubehörde und dem Können der Architekten Valentin Bearth, Andrea Deplazes und Daniel Ladner ist schliesslich ein fünfeckiges Wohntürmchen entstanden: Im Gartengeschoss befinden sich die Küche und der Essraum, im ersten Stock die Schlafzimmer und im zweiten ein Wohn-, Studier- und Musikzimmer. Alle Räume sind in Dämmbeton gegossen und nur geschlämmt; die ungeschliffenen Überzähne der Schaltafeln bleiben als Dekorationen zurück. Die Mauern sind einen halben Meter dick, die Fenster weit eingelassen. Die Fassade zur Strasse aber weicht zweieinhalb Meter schräg ins Grundstück zurück. Hier wir das Privathaus öffentlich und schafft einen der schönen dörflichen Kleinräume. Anders gedacht und gebaut als seine alten Nachbarn, strickt das Wohnhaus das Siedlungsmuster
weiter. Es ist ein Beispiel für die neue Bauordnung, an der die Gemeinde arbeitet. Man will in Fläsch um 180 Grad umkehren – statt mit Verboten soll das Dorf mit Geboten weitergebaut werden, gewonnen aus dem Ortsbild und gestützt auf gute Architekten. Die stereotome Kunstruktionsweise aus Dämmbeton stellt eine Variation zum typischen Aufbau der umliegenden Wohnhäuser und Heuschober dar; Während bei jener traditionellen Bauweise die unteren Geschosse aus geschichteten Steinplatten bestehen, welche im Innern allenfalls verputzt werden, besteht das Einfamilienhaus aus einem Konglomerat von ebenfalls mineralischen, jedoch gegossenen Baustoffen. Diese beiden ähnlichen Wandaufbauten erlauben weitgehend identische Konstruktionsdetails: Die Öffnungen werden durch die homogene Aussenwand hindurchgestanzt, die Oberfläche der Laibung entspricht also der Fassadenoberfläche. Das Fenster- oder Türelement wird auf der Innenseite angeschlagen und erhält durch die Tiefe der Laibungen einen sinnvollen Witterungsschutz. Die Öffnungsbreite ist begrenzt durch die verhältnismässig tiefe Zugbelastung von Naturstein beziehungsweise Dämmbeton und generiert damit eindeutig eine Lochfassade.
Das Haus Meuli stellt auch einen wichtigen Beitrag zur Wiederentdeckung von Dämmbeton in der Schweiz für den Einsatz bei homogenen Sichtbetonwänden dar. So wurde durch die Optimierung der Rezeptur zum ersten Mal seit der Verschärfung der Wärmedämmvorschriften als Folge der Ölkrise von 1973 ein homogener Wandaufbau aus Beton angewendet.
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01. Strassenaufnahme 02. Grundriss
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03. Innenaufnahme mit Ausblick 04. Innenaufnahme Bibliothek
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Chur
Vor gut 2000 Jahren nahm mit dem Eroberungsfeldzug der kaiserlichen Stiefsöhne Drusus und Tiberius die römische Vergangenheit der heutigen Stadt Chur ihren Anfang. Die Siedlungsgeschichte Churs ist jedoch weit älter; Spuren reichen in die Zeit um 11 000 v. Chr. zurück. In ur- und frühgeschichtlicher Zeit war das Gebiet links (Welschdörfli) und rechts (Sennhof/Karlihof) der Plessur besiedelt, in spätrömischer Zeit entstand das Kastell auf dem Hof. Schon 451 wird mit Asinio zum erstenmal ein Bischof von Chur erwähnt; die Anfänge des Bistums reichen aber vermutlich bis ins 4. Jahrhundert zurück. Gegen Ende des ersten Jahrtausends nahm der Bischof auch in weltlichen Belangen eine immer bedeutendere Stellung ein. Er profitierte dabei von der Gunst der deutschen Kaiser, die ihm wichtige Privilegien wie etwa 952 den Churer Zoll schenkten. Ab 1299 war der Bischof im Besitz der hohen Gerichtsbarkeit über Chur und einige umliegende Dörfer. Als Landesherr hatte er auch das Recht, den Stadtrat und verschiedene Stadtämter zu besetzen. Mit dem Ausgang des Mittelalters begann seine weltliche Macht zu sinken. Die Stadt stand schon seit längerer Zeit auf gespanntem Fuss mit dem “Hof”; die vorwiegend gewerbliche Bürgerschaft versuchte, Stadtrechte und
-einkünfte vollständig an sich zu ziehen. Dabei kam es sogar zweimal zur Plünderung des bischöflichen Schlosses. Nach einem verheerenden Brand 1464, der grosse Teile der Stadt zerstört hatte, schickten die Bürger eine Gesandtschaft an den kaiserlichen Hof. Friedrich III. bestätigte nicht nur die wenigen alten Rechte, sondern bewilligte auch die fast vollständige Befreiung von der bischöflichen Herrschaft. Die damit möglich gewordene neue Stadtverfassung beruht im wesentlichen auf den neugegründeten fünf Zünften (Rebleute, Schuhmacher, Schneider, Schmiede, Pfister). Nur Stadtbürger konnten Zunftmitglieder werden, Nichtbürger sowie Leibeigene, unehelich Geborene und die Frauen waren ausgeschlossen. Durch die neue Zunftverfassung ging die politische Macht vom Bischof an die Handwerksverbände über; eine politische Karriere in Chur war nur noch als Zunftmitglied möglich. Deshalb traten auch Adelige und Patrizier den Zünften bei. Nicht nur 1464, sondern noch bis ins 19.Jahrhundert wurde Chur immer wieder von Grossbränden heimgesucht, so wurden 1574, 1576 und 1674 zum Beispiel ganze Stadtteile zerstört, 1811 verbrannten die Domherrenhäuser auf dem Hof sowie Turm und
Dach der Kathedrale. Während der Bündner Wirren im Zusammenhang mit dem 30-jährigen Krieg mussten die Churer die Einquartierung fremder Truppen erdulden. Nur gerade gut 160 Jahre nach den Bündner Wirren wiederholte sich für Chur die Besetzung durch fremde Truppen. Während der französischen Revolution und den napoleonischen Feldzügen wurde Graubünden ab 1798/99 zum Kriegsschauplatz und je nach Kriegsglück geriet die Stadt in französische oder österreichische Hand. Seit 1803 gehört Graubünden als weiterer Kanton der Eidgenossenschaft an, und Chur gelang es, sich nach anfänglicher Konkurrenz von Ilanz und Davos als Hauptstadt durchzusetzen. Im 20. Jahrhundert, vor allem nach dem zweiten Weltkrieg, wuchs die Stadt unaufhaltsam und beherbergt heute 15-mal mehr Einwohner und Einwohnerinnen als vor 200 Jahren. Das kleine, von Landwirtschaft und Transit geprägte Zunftstädtchen hat sich in eine moderne Verwaltungsstadt gewandelt, in der wegen ihrer Zentrumsfunktion eine ganze Anzahl nicht nur städtischer, sondern auch kantonaler Verwaltungszweige ihren Sitz gefunden haben.
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01. Blick über Chur 02. Chur um 1642
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03. Glasdach Postautodeck 04. Arcas
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Projekt: Wohn- und Atelierhaus Zumthor Ort: 7023 Haldenstein Architekt: Peter Zumthor Am ‹Süesswinggel› in Haldenstein stehen die zwei Atelier- und Wohnhäuser von Peter Zumthor. Das erste ist ein Zeugnis des Aufbruchs – Zumthors Atelierhaus ist ein Leitbau der neuen Bündner Architektur und des zeitgenössischen Holzbaus. Sein zwanzig Jahre später gebautes Atelier- und Wohnhaus ist eine Meisterleistung. Reif und abgeklärt. Selbstverständlich und ungezwungen. Sinnlich, akribisch kontrolliert und aus einem Guss. Die zwei unterschiedlichen Gebäude führen in gleicher Manier das gewachsene, disperse Dorf weiter. Und sie drücken dem Ort ihren Stempel auf – sie verleihen ihm ihren eigenen Zauber. Das erste Atelierhaus ist wie ein gewöhnliches, ländliches Ökonomiegebäude in Holz konstruiert, fein wie eine Möbelschreinerarbeit. Die Fassade aus dünnen Lärchenlatten mutet japanisch filigran an. Die grosse Fensterfront mit vorgestellter Laube weist zu einem kleinen Hain mit dicht gepflanzten Kirschbäumen. Das zweite Atelier- und Wohnhaus umgibt wie ein ‹u› einen Gartenhof. Der eine Schenkel ergibt den zweigeschossigen Wohnhausteil mit Satteldach, der andere Schenkel den eingeschossigen Büroteil mit Flachdach. Im Zentrum des Wohnhauses, ebenerdig zum Garten, befindet sich Peter Zumthors persönlicher Arbeitsraum.
Die silbern schimmernde Oberfläche der Betonwände wirkt weich, fast textil. Das Haus umarmt die Natur und fängt die weite Landschaft ein. Introvertiert konzentrieren sich alle Arbeitsräume auf den dicht, unter anderen mit Ahornbäumen bepflanzten Hof. Durch die in die Wand eingelassenen, raumhohen Fenster wirkt der Garten wie ein Terrarium. Die erhöhten privaten Wohnräume öffnen sich nach aussen. Die grossen Fenster mit Edelstahlrahmen richten den Blick auf die Tiefe des Rheintals und den Berghang mit der Burgruine. Massgeschneidert auf die Lebensund Arbeitsbedürfnisse des Architekten verschmelzen Arbeits- und Wohnräume in feiner Abstufung von öffentlich über privat zu intim. Kompakte Betonkörper, in denen sich kleine Kammern verbergen, gliedern die fliessende Verbindung der Räume im Erdgeschoss um den Hof herum. Die Tiefe und Weite des Hauses sowie die Komposition von grosszügigen, hohen Räumen und verborgenen Nischen erinnern an die Therme Vals. Ohne sichtbare Beziehung sind Erd- und Obergeschoss miteinander verzahnt. Mäandernd schmiegen sich die Räume im Obergeschoss um die hohen Atelier- und Wohnräume des Erdgeschosses wie deren Negativ.
Das Haus ist in handwerklich vollendetem Können, gewöhnlichen und edlen Materialien ausgebaut: glatte Betonwände, Täfer und Böden aus verschiedenen Hölzern, Böden mit Pietra Serana aus Italien und mit Terrazzo. In Haldenstein steht die Meisterleistung eines Architekten – sie konzentriert die Summe seines bisherigen Architektenlebens.
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01. Aussenaufnahme 02. Grundriss
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03. Innenaufnahme 04. Querschnitt
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Projekt: Zugang Grossratsgebäude Chur Ort: 7000 Chur Architekt: Valerio Olgati Mit drei Elementen definieren die Projektverfassenden den neuen Zugang zum Gross-ratsgebäude. Eine Rampe als Sockel, eine abgerundete Scheibe als tragendes Element und ein alles überspannendes Dach.
Das “Schutzschild” als tragendes Element schützt, stützt und ist auch symbolische Wappenscheibe. Es lässt sich unterschiedlich lesen und interpretieren. Das auf dem Schild ausbalancierte ruhende Dach vermittelt den Eindruck einer äusseren und vielEine zweiläufige Rampe führt vom Theaterplatz leicht auch inneren Ausgewogenheit. stufen- und schwellenlos zur bestehen-den Eingangstüre. Auf jegliche mechanische Einrichtungen wird Überzeugend werden die gestellten Anforderungen verzichtet. an Funktionalität, architektonischer Gestaltung und Durch eine Fuge ist der neue Zugangsbau vom Wirtschaftlichkeit integral umgesetzt. Auf das WesGrossratsgebäude freigestellt. Die Rampenanlage entliche reduziert und ausdrucksstark gibt die archiund Dachkonstruktion werden in Beton aus Weissze- tektonisch/künstlerische Komposition eine adäquate ment, weissem Ju-rasand und Kies aus Chur ausge- und selbstbewusste Antwort auf den Habitus des Geführt. Die Gehflächen sind geschliffen und gestockt. bäudes. Einheitliche Materialisierung und formale Einheit verleihen dem Vorbau objekthafte plastische Qualität.
Das Haus Meuli stellt auch einen wichtigen Beitrag zur Wiederentdeckung von Dämmbeton in der Schweiz für den Einsatz bei homogenen Sichtbetonwänden dar. So wurde durch die Optimierung der Rezeptur zum ersten Mal seit der Verschärfung der Wärmedämmvorschriften als Folge der Ölkrise von 1973 ein homogener Wandaufbau aus Beton angewendet.
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Auf einfachste, selbstverständliche Art erreichen alle Besucherinnen und Besucher auf dem exakt gleichen Weg das Parlamentsgebäude. Somit wird Gleichberechtigung zwi-schen gehbehinderten und unversehrten Menschen erreicht.
01. Strassenaufnahme 02. Strassenaufnahme
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03. Modellaufnahme 04. Nahaufnahme Schutzschild
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Projekt: Römische Ausgrabungen Welschdörfli Chur Ort: 7000 Chur Architekt: Peter Zumthor Im Churer Welschdörfli gab es einst, wie archäologische Funde be¬weisen, eine ausgedehnte römische Siedlung. Die Schutzbauten von Peter Zumthor sichern die freigelegten Ruinen der drei Häuser und sind zugleich ein kleines Museum. So entstanden drei leichte Hallen und eine Passerelle. Die Hallen erheben sich über den alten Fundamenten als Abstraktionen der römischen Funde. Die Holzkonstruktionen folgen den unregelmässigen Grundrissen; alle Stützen und Balken sind auf die speziellen Winkel zugeschnitten. Die Hülle aus Holzlamellen verbirgt das Besondere wie ein Schleier. Die Eingänge, fassbar in vorspringenden Mauerteilen, sind Guckkästen – man kann hineinsehen, nicht aber hineingehen. Hinein gehts über eine Stahlpasserelle. Der Weg über den Steg führt auf den römischen Boden hinunter. Schwarze Oblichter lassen mildes Licht eindringen. Durch die Lamellen ist von Ferne der Klang der Stadt zu hören. Man spürt, wo die Sonne steht, fühlt den Wind und ist von einem mit Erinnerung aufgeladenen Raum eingehüllt. Die Formen des Eingangs und der Verbindungsstücke zwischen den Hallen erinnern an die Übergänge zwischen Zugwaggons oder an den Balg eines Fotoapparates – zwei Objekte der Zeitreise.
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01. Strassenaufnahme 02. Innenaufnahme
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03. Schnitt 04. Grundriss
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Projekt: Verbindung Plessur - Halde Ort: 7000 Chur Architekt: Esch Sintzel GmbH Der Fussweg zwischen den beiden Teilen der Kantonsschule in Chur führte bisher über die St.Luzistrasse und war lang und umständlich. In einem Wettbewerb wurde daher nach einer neuen kurzen Verbindung gesucht.Überzeugt hat der Vorschlag von Esch. Sintzel Architekten aus Zürich. Sie haben nicht nur eine schnelle Verbindung und einen behindertengerechten Lift geschaffen, sondern auch ein neues räumliches Erlebnis inszeniert. Der Verlauf der Treppe mag auf den ersten Blick zufällig anmuten, folgt jedoch genauen Überlegungen zur Einbettung ins Relief und zur Lichtführung und inszeniert faszinierende Ausblicke. Beim Abstieg bleibt der Passant so lange, wie das Relief dies zulässt, auf dem Berg, bewegt sich dann entlang der Böschungsmauer der Strasse abwärts und begibt sich erst knapp vor der Unterführung der Strasse in den Felsen hinein. Die Anlage erinnert an überdachte Kreuzwege, wie sie mitunter zu Wallfahrtskirchen führen. Esch.Sintzel verweisen auf Beispiele in Oberitalien, wie dem Portico die San Luca in Bologna. Szenografisch verwebt die Treppe die Kathedrale, die St.LuziKirche, den Friedhof und den bischöflichen Rebberg zu einer spannenden räumlichen Dramaturgie.
Der grösste Teil des Bauwerks berührt den Felsen, ist aus ihm gehauen, liegt auf ihm oder ist ihm wie angegossen. Hier kam Beton zur Anwendung. Die Dächer über diesem mineralischen Sockel sind dagegen aus wetterfestem Stahl. Sie wurden von der Firma Tuchschmid hergestellt und montiert. Die Architekten suchten nach einer Dachform, die den steinernen Por tikus von St. Luzi auf zeitgemässe Art fortschreibt. Von aussen wirkt das Bauwerk solide und schwer. Dabei ist das Dach lediglich aus Stahl blechen von wenig mehr als 1 cm Stärke gefügt. Von innen weiss gestrichen, wirkt die Hülle hingegen papierdünn. Die Sequenz der sechs eckigen Öffnungen erinnert einerseits an Arkaden, andererseits wirken sie technoid und erinnern an die Aussparungen bei Stahlwabenträgern, bei denen zur Materialersparnis und zur Gewichtsreduktion Löcher eingeschnitten werden. Die physische Präsenz des rohen Werkstoffs und seine prekäre Filigranität bei bloss 12 mm Materialstärke bauen eine optische Spannung auf. Die raffinierte Bauweise der Decke lässt den Betrachter nicht erahnen, dass es sich um eine Kastenkonstruktion handelt. Diese garantiert die Steifigkeit des Bauwerks. Die Befestigung des gesamten Gefüges bleibt für den Betrachter unsichtbar.
So wurden bei den Betonbau arbeiten 23 Stahlkonsolen eingebaut und 50 Distanz halter gesetzt. Für den Aufbau wurden Cortenstahlplatten mit verschiedenen Dicken verwendet. Die seitlichen Wandelemente wurden aus mehreren, 12 mm starken Stahlblechen zusammengefügt. In der Axonometrie erkennt man jeweils das obere, untere und das kleine vertikale Teilstück. Sämtliche Stösse wurden von Handvoll verschweisst. Die aneinandergereihten Fensterelemente wurden mit aussen liegenden vertikalen Rippen verstärkt. Für den luft und wasserdichten, maximal 5,1 m breiten Dachkasten wurden für die untere Platte 8 mm starke Bleche (S355) verwendet. Oben kamen 10 mm starke Elemente zur Anwendung. Zwischen den bei den Dachblechen wurden Rippen in 8 mm und 5 mm Dicke eingeschweisst. Für die Entwässerung wurde auf den Dachelementen eine integrierte Rinne mit seitlichem Ablauf erstellt. Diese wurde mit einem speziellen Oberflächenschutz behandelt und mit einem Farbanstrich versehen, der dem Rostton des Cortenstahls ähnelt. Auch eine Schneefangkonstruktion aus Cortenstahl wurde in Abständen von 2 bis 3 m auf dem Dach befestigt.
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01. Aussen- und Innenaufnahmen 02. Situation
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03. Schnitt 04. Treppenaufnahme
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Projekt: Bauliche Erweiterung Kunstmuseum Chur Ort: 7000 Chur Architekt: Estudio Barozzi Veiga S.L.P. Der Beitrag besticht durch die präzise und klare Setzung des Neubaus in sein architektonisches Umfeld. Die einzelnen Bauten bilden als Solitäre eine gesamtheitlich gedachte Neuinterpretation der bestehenden städtebaulichen Situation. Diese Neubestimmung nimmt eine klare Haltung ein. Der Bau setzt einen markanten Eckpunkt in die parkähnliche Anlage. Der Neubau stellt sich in angenehmer Distanz neben die Villa Planta und das Verwaltungsgebäude der Rhätischen Bahn. Es entsteht eine raffinierte Ensemblewirkung, in der zugleich jeder Baukörper seine Eigenständigkeit wahrt, die auf eine eigene Bautradition verweist. Der Beitrag versteht das Weiterbauen als Transformation der Geschichte und schafft ein sinnstiftendes Neues. Die Klarheit und Präzision der städtebaulichen Setzung findet im Inneren ihren Fortgang. Dem Besucher erschliesst sich ein geschickt gesetztes, räumliches Koordinatensystem, welches den Dialog mit der Umgebung fortsetzt. Das hohe Eingangsportal, das nochmals die Eigenständigkeit des Neubaus unterstreicht, führt in eine Halle, von der aus die Villa bildähnlich gerahmt in Erscheinung tritt. Die Blickachsen definieren den Raum und laden zum Durchschreiten ein.
Aus betrieblicher Sicht besticht das Projekt durch ein klares Funktionsschema. Eine einfache Wegführung führt die Besucher vom Foyer in die beiden Bereiche für die Sammlung und die Wechselausstellungen. Das erste Untergeschoss mit gut proportionierten Räumen für die Sammlung steht einer flexibel unterteilbaren Raumstruktur im zweiten Untergeschoss für Wechselausstellungen gegenüber. Der Verbindungsgang ist mit einer minimalen Untertunnelung in den Bestand konzipiert und mündet in der bestehenden zentralen Treppenanlage der Villa. Im Wintergarten des historischen Gebäudes sind Räume für die Sammlung reserviert, die nicht dafür genutzt werden können. Dies mindert die gemäss Raumprogramm geforderte Ausstellungsfläche. Für Kunstvermittlung, Atelier und Werkstätten stehen grosszügige und ansprechende Räume, sinnvoll in den Obergeschossen angeordnet, zur Verfügung. Die im Raumprogramm verlangte gedeckte Anlieferung ist in den Plänen und im Text nur angedeutet. Diese muss aber zwingend realisiert werden.
Die Grundrissgestaltung und die Tragstruktur des Neubaus sind bestechend effizient. Als massive Tragpfeiler ausgebildet beinhalten die «Wände» Funktionseinheiten wie Treppen, Lifte etc. und spannen gleichzeitig wohlproportionierte Räume auf. Die räumliche Logik und die Eigenständigkeit des Baus setzt sich so in den Untergeschossen fort. Die Tragkonstruktion besteht aus einer konventionellen Stahlbetonskelettstruktur mit vorgespannten Decken. Die Decken sind schlank geplant und mit Hohlkörpern versehen. Die Einlagen für die Lüftung erschweren die konstruktive Ausbildung der Vorspannung und die Ausführung, die Leitungsführungen in den Decken sind auf die Statik auszulegen. Der offene Durchgang von der Zeughausstrasse Richtung Villa Planta und der Zugang für Anlieferungen im Erdgeschoss erschweren die Stabilisierung des Gebäudes parallel zur Zeughausstrasse. Das als Flachrelief bezeichnete Fassadenmotiv aus gegossenen Betonelementen ist eine raffinierte Referenz an die orientalische Motivik der Villa Planta. Das Fassadenbild unterstreicht jedoch einmal mehr die Eigenständigkeit des Baus.
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01. Aussenaufnahme 02. Innenaufnahme
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03. Grundriss 04. Fassadenschnitt
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Projekt: Würth Chur Ort: 7000 Chur Architekt: D. JÜNGLING UND A. HAGMANN Am Rande von Chur bildet die durchgrünte Siedlung Lacuna mit ihren Punkthochhäusern, mehrgeschossigen Wohnblöcken und Infrastrukturbauten einen markanten landschaftlichen Bezugspunkt. In Zuge einer baulichen Verdichtung entlang der Ringstrasse errichteten die Churer Architekten Dieter Jüngling und Andreas Hagmann für die Würth Holding ein bemerkenswertes Bürogebäude (1999-2002), welches die vorgefundenen Qualitäten des Ortes weiterspinnt und einen neuen Bezugspunkt schafft. Der Bauherr wollte ein modernes Bürogebäude errichten, in welchem er zugleich seine Kunstsammlung einer breiten Öffentlichkeit zeigen kann. Jüngling und Hagmann vereinten diese beiden Teilbereiche zu einer Art «Kollegiengebäude» mit zentralem Innenhof. Der Solitär unterstützt die im Quartier bestehenden räumlichen Durchblicke. Durch eine präzise Setzung des Baukörpers und des Versatzes der einzelnen Stockwerke übereinander erhält jede Seite eine spezifische Aufgabe.
Mittels rundum angebrachten gläsernen Sonnenlamellen, welche automatisch dem Stand der Sonne nachgeführt werden, ist das Gebäudeinnere vor Sonneneinstrahlung geschützt. Auch wandelt sich hierdurch laufend die Ansicht des Baus. Der Innenraum bleibt durch den Sonnenschutz von fremden Blicken abgeschirmt, die Aussicht wird aber nicht eingeschränkt. Das Bürogebäude erhält hierdurch eine in einem Wohnquartier notwendige Privatheit. Die von Aussen rot gekennzeichnete Lage der Stützen in den Fassaden geben dieser eine Tiefe, sind aber auch ein spielerisches Element, da das Rot nur je nach Standpunkt hinter den Sonnenblenden sichtbar ist. Zwei Kerne, welche Treppen, sanitäre Einrichtungen und Nebenräume beherbergen, tragen zusammen mit den in der Fensterebene integrierten Stützen das gesamte Gewicht. Hierdurch sind die Nutzflächen je nach Bedürfnis frei einteilbar. Durch die Dichte und die visuelle Integrierung des lasttragenden Stützenrasters in die Fensterleibungen, meinte Walter Zschokke in der empfehlenswerten Monografie über die Architekten,1 entstehe der Eindruck eines fliessenden Raumes, als ob die Fenster stützenfrei seien. Verstärkt würde dieser Eindruck durch die Verschiebung der einzelnen Geschosse übereinander.
Die einzelnen Arbeitsplätze wurden rund um den zentralen Innenhof angeordnet und bestehen aus flexiblen Arbeitslandschaften und wenigen verglasten Kleinbüros. Im Galeriebereich befinden sich die gemeinschaftlichen Arbeitszonen der Büros wie Besprechungsbereiche und eine Bibliothek. Im öffentlichen Innenhof wird in wechselnden Ausstellungen die Kunstsammlung von Reinhold Würth gezeigt, wodurch Kunst zum eigentlichen Zentrum des Baus wird. Hierdurch begründet sich auch die Einkleidung der Decke des Innenhofes, der Brüstungen und des Bodens der Gemeinschaftsbereiche mit einer Art Täfer aus geöltem Eichenholz, wodurch dieser zentrale Bereich bildlich zu einem begehbaren Möbel wird und räumlich eine konzentrierte Ruhe erhält. Jüngling und Hagmann suchen in ihren Arbeiten nach einem passenden kulturellen Ausdruck für eine gestellte Aufgabe. Das Würthgebäude besitzt gerade durch die räumliche Komplexität der Konstruktion und der angestrebten räumlichen Wirkung eine gedankliche Raffiniertheit, die dem Gebäude zu einer professionellen und sehr angenehmen Arbeitsstimmung verhilft.
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01. Aussenaufnahme 02. Innenhof
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03. Grundriss Obergeschoss 04. Quer- und Längsschnitt
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Projekt: GKB Chur Ort: 7000 Chur Architekt: D. JÜNGLING UND A. HAGMANN 1911 baute die Graubündner Kantonalbank ihren Hauptsitz am Postplatz. Er ist ein Schlüsselwerk des Bündner Heimatstils. Architekten waren Otto Schäfer und Martin Risch. Die Fassade gegen den Platz und die beiden Seitenflügel sind malerisch komponiert und reich geschmückt. Den Gebäudeflügel entlang der Poststrasse ergänzt nun ein Neubau. Er setzt räumlich, geometrisch und tektonisch die Gestalt des Altbaus fort. Dieter Jüngling und Andreas Hagmann interpretieren die Formen der Heimatstilarchitektur, sie vereinfachen und abstrahieren sie. Die Wände sind aus mächtigen sandgelben Betonelementen zusammengesetzt. In Umkehrung des Altbaus sind nicht die Gesimse und Gewände verziert, die Dekoration überzieht die Wandflächen. Die ineinander gewobenen Rosetten haben die Architekten den Steinhauerarbeiten des Altbaus entnommen; sie stammen ursprünglich aus der Bündner Holzschnitzerei. Das Muster mutet textil, ja orientalisch verspielt an. Den Hof auf der Rückseite besetzt nun eine mächtige Halle in einer ganz anderen Architektur. Sie ist das Zentrum der Bank. Geschosshohe Stahlfachwerkträger überspannen stützenfrei eine imposante Schalterhalle.
Die Glas-Stahl-Konstruktion wendet sich dem Park des barocken ‹Alten Gebäu› zu. Sie erinnert an ein Gewächshaus, und die Rouleaus aus feinen Metallstäben sind wie Bambusrohrmatten über die Glasflächen gelegt.
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01. Aussenaufnahme Poststrasse 02. Aussenaufnahme Fontanapark
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03. Ornament, Fassadenübergang 04. Quer- und Längsschnitt
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Projekt: Bahnhof Chur Ort: 7000 Chur Architekt: Conradin Clavuot Veränderte Bedingungen verhinderten den Weiterbau der gläsernen Halle über die Gleislandschaft. Nach einigem Hin und Her und erfolgreicher Intervention des Bündner Heimatschutzes schrieb die Bauherrschaft einen weiteren Wettbewerb aus. Conradin Clavuot fand die städtebaulich und räumlich richtige Lösung für den Bahnhofplatz: Lang gestreckt bleibt er in seiner ganzen Ausdehnung offen. Zwei spitzwinklige Geschäfts und Wohnhäuser ergänzen die Bauten an seinem Rand. Die Haltestellen der Arosabahn und des Churer Stadtbusses bestimmen das Platzleben. Die Architektur des neuen Annexgebäudes und der schützenden Dächer auf dem Bahnhofplatz setz die langen Perrondächer des Gleisfeldes fort. Der Neubau führt die schmale, lang gezogene Bauform des alten Aufnahmegebäudes weiter, kehrt aber die Tektonik des alten Baus um. Die flachen Betondächer sind massive, schwere Platten, gleichfarbig verputzt wie die historischen Fassaden und exakt auf die Gesimshöhen abgestimmt; und im Gegensatz zu den muralen tragenden Wänden des Altbaus erscheint die Metall-Glas-Fassade transparent und leicht. Die Fenster stossen sperrig wie Vitrinen hervor und bilden Nischen mit hölzernen Sitzbänken. Dieses Prinzip, konstruktive Elemente mit weiteren Funktionen zu überlagern,
benutzen zum Beispiel auch die runden Betonstützen der Unterführung. Ihre pilzförmig verputzten Deckenfelder sind auch Lampenständer. Die Unterführung erschliesst die Perrons und dient als zentrale Fussgängerverbindung zwischen den Stadtteilen. Im neuen Aufnahmegebäude schafft eine Halle mit Galerien grosszügig Raum. Ein Fehler ist, dass die Bauherrschaft die Anlage nicht aus einem Guss gestalten liess. So tritt man von der zurückhaltenden, dem Material vertrauenden Anmutung eines Architekten in die grellfarbige Unterführung des anderen. 03
01. Aussenaufnahme Gleis 2 02. Situationsplan
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03. Aussenaufnahme Bahnhofplatz 04. Innenaufnahme Halle
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Projekt: Gleis D, BGS Chur Ort: 7000 Chur Architekt: maurusfrei Architekten AG Mit der neuen Überbauung „Gleis D“ auf der nördlichen Seite des Churer Bahnhofs in Richtung Rheinquartier wurde eine neue städtische Dichte produziert. Durch diese städtebauliche Massnahme rücken die Gleisfelder des Bahnhofes prominent ins Stadtzentrum von Chur und das Gebiet wird aufgewertet. Die fein gegliederte Anlage mit attraktivem Zugangsplatz und Patio im Innenhof ist als flexibles Dienstleistungsgebäude konzipiert. Durch die optimale Lage direkt beim Bahnhof geradezu ideal für öffentliche Dienstleister (Büros, Arztpraxen) und schulische Institutionen. Ein grosses öffentliches Parkhaus liegt im Untergeschoss.
Eingefärbte, glatt geschalte Betonelemente an der Fassade vorgehängt und am Boden verlegt verleihen der Anlage den edlen und kompakten Gebäudeausdruck. Die Innenräume haben den Charakter eines Edel-Rohbaus mit grossen Öffnungen und offenen Raumfolgen.
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Angrenzend an Personenunterführung und Bahngleise produziert das moderne Dienstleistungszentrum auf der nördlichen Seite des Churer Bahnhofs eine neue städtische Dichte. Die fein gegliederte Anlage mit attraktivem Zugangsplatz und Innenhof ist ein flexibles Dienstleistungsgebäude mit optimalen Voraussetzungen für Schulen, Büros, Arztpraxen und Gewerbe.Als statisches System wurde ein durchgehendes Platten-Stützen-System gewählt.
01. Aussenaufnahme Innenhof 02. Aussenaufnahme Veloparking
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03. Innenaufnahme 04. Fassadenplan
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Projekt: Lehrerseminar, Trakt für Naturwissenschaften Ort: 7000 Chur Architekt: Bearth & Deplazes Architekten AG Der naturwissenschaftliche Trakt des Bündner Lehrerseminars ist dem Altbau als Erweiterung im Norden vorgelagert. Die klare Struktur des Neubaus aus vier übereinander gestapelten Betontischen und die räumliche Gliederung in Unterrichts- und Vorbereitungs-räume folgt betrieblichen, technischen und ökonomischen Kriterien. Eine vielschichtige Ausstrahlung des Baus entsteht vor allem durch die ausgefeilte Fassadenlösung. Die weitgehende Transparenz der großflächig verglasten Fassaden und der Trennwände legt die wissenschaftliche Nutzung im Inneren offen. Lediglich Teile der Stirnfassaden besitzen eine zweite, undurchsichtige Schale hinter der Verglasung. Die durchgängige Bündigkeit aller Fassadenelemente und die gläsernen Vertikalkanten unterstreichen die rationale Struktur des Glasquaders, die auf die präzise Klarheit kristalliner Gitter in der Naturwissenschaft verweist. Das von außen bis an die Haut des gläsernen Quaders heranreichende dichte Grün der umgebenden Bäume und Sträucher kontrastiert mit der Künstlichkeit des als naturwissenschaftliches Laboratorium grau in grau gehaltenen Inneren.
Das durch die transparenten Oberflächen mögliche Wechselspiel zwischen Beobachter und Beobachtetem wird je nach Standpunkt und Lichtverhältnissen durch die Reflexion der Umgebung überlagert. Werden die Fallarmmarkisen des präzise integrierten Sonnenschutzes ausgefahren oder die ausstellbaren Lüftungsgitter geöffnet, verwandeln sich die Fassaden grundlegend.
Exemplarisches Beispiel, dass engagierte Architektur exakt, kostengünstig und termingerecht ausgeführt werden kann. Kennzeichnend für diesen Erweiterungsbau ist die ausgefeilte Fassadenlösung. Fallarmmarkisen und ausstellbare Lüftungsgitter sind präzise in die umlaufenden, großflächigen Verglasungen integriert. Das Gebäude wirkt durch seine gläserne Haut sehr leicht. Es reflektiert wie ein spiegelnder Quader die umliegende Natur. Bewusst wurde darauf verzichtet dem Gebäude eine eigene Farbe zu geben, sodass sich der Baukörper bestens in die die intensive umliegende Bepflanzung einfügt.
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01. Aussenaufnahme 02. Grundriss EG
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03. Fassadenaufnahme 04. Fassadendetail
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Projekt: Waldhütte Plong Vaschnaus Ort: 7013 Domat/Ems Architekt: Gion A. Caminada «Nur solches, was selber ein Ort ist, kann eine Stätte einräumen», schreibt Martin Heidegger in seinem Aufsatz «Bauen, Wohnen, Denken» (1955). Um heimisch zu werden, um ein Gefühl der Geborgenheit einzuräumen, bedarf es also zunächst eines Ortes. Plong Vaschnaus heisst so viel wie «Ebene der Nachbarschaft». Die Wiese am Bergwald südlich von Domat/Ems, wie sie der Bündner Architekt Gion A. Caminada vorgefunden hat, war zunächst ein Naturraum. In der Annäherung zeigt sie sich als kleine Lichtung im Wald, überschaubar in ihrer Grösse, nach Norden hin leicht abfallend. Ruhe und Abgeschiedenheit erfährt man hier, und der Architekt erkannte darin die Herausforderung, diese Stelle im Wald mit seinem Entwurf der Waldhütte als Ort zu begründen. So liegt nun in einer Lichtung des Waldes, wie um Schutz zu suchen unter den Bäumen, die neue Tegia da vaut, die Waldhütte. Die Hütte wurde vom Gemeinderat von Domat/Ems in Auftrag gegeben, sie ist zu sehen als ein «Geschenk an die Bevölkerung», als Anziehungspunkt für Schulklassen, für Auszubildende in den verschiedenen Waldberufen, aber auch als Veranstaltungssaal für private Gruppen. Es ist kein grosser Bau, der den Ankommenden hier begrüsst, es ist ein Bau, der schlicht zum Ort und zu seinem Umfeld «passt» – so scheu und geduckt,
wie er sich unter die Bäume des Waldrandes zurückzuziehen scheint. «Geduckt» – das ist wohl der treffendste Begriff, der den Eindruck beschreibt, welchen die Hütte auf den Besucher macht. Geduckt meint nicht, dass die Hütte einem Tier zu gleichen versucht; geduckt meint vielmehr, dass die Hütte nicht Wald und Wiese vereinnahmt, die vorgefundene Natur sich nicht unterwirft, sondern eine selbstverständliche Relation zu dieser sucht; sie akzeptiert die Umgebung in ihrem natürlichen Sein, in ihrer naturgegebenen Grösse und schätzt diese. Und darüber hinaus erfüllt Caminada mit der Waldhütte für den Besucher eine grundlegende, ursprüngliche Erwartung oder Sehnsucht, wie sie der Architektur seit je eingeschrieben ist: Er lässt den Menschen hier einen Ort finden, an dem das Konkrete von Holz, Beton und Kupfer zur Form findet, und in dieser spezifischen Form empfängt den Menschen auch das Nichtkonkrete, d. i. Heim und Schutz. Nicht das formal Unerwartete hat Caminada in diesen Naturrahmen hinein erdacht, kein Ufo, keine Maschine, kein Als-ob; vielmehr ein Haus im Wald, wie man es sich vorstellen kann und wie es sich auch mit Worten gut und nachvollziehbar beschreiben lässt. Versuchen wir also zunächst eine Beschreibung des Baus: ein Gebäude auf rechtwinkligem Grundriss, dessen Dach eine der Hanglage
entgegengesetzte Neigung aufweist und das zudem in einer leicht konkaven, d. h. bergenden Krümmung ausgebildet ist. Die talseitige Fassade, der höchste Teil des Gebäudes, nimmt das Motiv der konkaven Krümmung auf und bildet eine auskragende Krümmung zum Dachfirst hin aus – in einer schmalen, geradezu zart anmutenden Kupferverblechung treffen hier Trauflinie der Fassade und Dachfläche aufeinander. Im Grundriss dagegen ist das Gebäude streng rechtwinklig geschnitten, die Raumgliederung lässt Assoziationen aufkommen zu sakralen Bauten: Wie ein Mittelschiff ist die Stuba grond, der grosse Saal, von zwei längs laufenden Pfeilerreihen eingefasst. Seitlich daran schliesst sich zur Eingangsseite nach Osten ein Gang an, der die Nebenräume bedient. Nach Westen liegt dagegen in gleicher Grösse eine grosszügige gedeckte Terrasse, die einen gebauten Aussenraum zwischen den Kulturraum der Hütte und den Naturraum des Waldes legt.
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01. Aussenaufnahme 02. Aussenaufnahme
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03. Grundriss 04. Innenaufnahme
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Projekt: Viamala Raststätte Thusis Ort: 7430 Thusis Architekt: Iseppi/Kurath GmbH Für den Verwaltungsrat der Viamala Raststätte Thusis AG war es von Anfang an wichtig, dass die Viamala Raststätte kein gesichtsloser Bau sein darf, sondern eine Visitenkarte für die Region darstellen muss. Zudem sollte der Bau den zukünftigen Kunden nicht nur durch sein Äusseres einladen, sondern auch über «innere Werte» verfügen. Der Verwaltungsrat führte unter vier ausgewählten Büros einen Architekturwettbewerb durch, aus welchem das im vergangenen Juni eröffnete Projekt als Sieger hervorging. Während der Wettbewerb gegen Ende des Jahres 2005 entschieden wurde, verging ein Jahr für die Finanzierungssicherung. Rund zwei Millionen des Aktienkapitals wurde in der Region, die restlichen rund zwei Millionen von weiteren Investoren gezeichnet. Die Gesamtkosten der Anlage mit Gebäude, Parkierung und Zufahrt beliefen sich auf rund 9,5 Millionen Franken. Über den Anschluss Thusis Nord erreicht man über Rampen das eigentliche Raststätten-Areal. Damit die Lastwagen möglichst wenig Fahrweg zurücklegen müssen, werden sie unmittelbar im Rückbereich des Raststättengebäudes parkiert. Die Busse befinden sich an attraktivster Lage, am nächsten bei der Rast-
stätte gelegen, die PKW östlich davon in unmittelbarer Nähe. Der Fussgängerverkehr der PKW- und Busparkierung wird über Mittelinseln sicher durch die Parkanlage und über einen Fussgängerstreifen in den Vorbereich des Raststättengebäudes geführt. Durch diese Konzeption können sämtliche Überlagerungen von Fussgängerverkehr mit motorisiertem Verkehr sowie mit Funktionalräumen wie Tankstelle vermieden respektive reduziert werden. Der östlich gelegene Vorbereich des Raststättengebäudes führt zum eigentlichen Eingangsbereich. Der architektonische Auftakt des Gebäudes beginnt mit dem expressiv ausgestalteten Tankstellendach. Dieses verweist auf den Eingang ins Gebäude. Durch die funktionale Anforderung an die internen Abläufe ist im Gebäude ein zentraler Bereich entstanden. Er bildet den inneren Eingangs- und Kassabereich. Von diesem Bereich greifen Räume tentakelähnlich in unterschiedliche Richtungen aus. Im östlichen Arm befinden sich WC-Anlagen, Konferenzraum, im südlichen Arm Restaurant, im östlichen Arm Shop und Küche, im nördlichen Arm der Tankstellenbereich. Die ausgreifenden Räume beziehen sich auf bestimmte Punkte in der Landschaft. An den jeweiligen
Raumenden befinden sich strukturelle Öffnungen in Form von Fensterfronten. Die dadurch gebildete bildhafte Inszenierung der Landschaft im Innenraum stellt den angestrebten Bezug zum übergeordneten Entwurfsthema «Fenster zur Region» her. Die Dachform und damit Raumform steht im Bezug zur umgebenden Landschaft. Die Fassade ist in ihren Konturen den Linien der umgebenden Bergkämme nachempfunden. Durch die Fassade werden die umgebenden, prägenden landschaftlichen Komponenten in Architektur transformiert.
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01. Aussenaufnahme 02. Situation
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03. Innenaufnahme 04. Grundriss
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Projekt: Besucherzentrum Viamala Schlucht Ort: 7432 Zillis Architekt: Iseppi/Kurath GmbH Die Viamala Schlucht ist ein Naturschauspiel, ihre historische Erschliessung einzigartiges Kulturgut. Diese beiden Fakten waren und sind Ausgangspunkt für die touristische Erschliessung der Schlucht. Heute ist sie Aushängeschild und Visitenkarte einer ganzen Region. 2012 beauftragte der Verwaltungsrat der „Viamala Infra Betriebsgenossenschaft“ die Architekten Ivano Iseppi und Stefan Kurath die Anlagen in der Schlucht zu sanieren und ein neues Besucherzentrum zu erstellen. Den rund 40 m2 grossen Raum des Besucherzentrums mit Kassabereich und Verkaufsfläche überspannt ein leicht asymmetrisches Giebeldach. Während der Bau zur Strasse und zur Schlucht hin geschlossen wirkt, ist die Süd- und Nordseite des Gebäudes mit grossflächigen Fenstern versehen. Diese raumhohen, strukturellen Öffnungen rahmen die eindrückliche Landschaft. Ein schmales Trichterfenster ermöglicht die Einsicht in das Besucherzentrum von der Strasse her. Das Materialkonzept mit Beton, Holz und Stahl reagiert auf die archaischen Umgebung der Schlucht. Die Besucher gelangen durch das Besucherzen-
trum hindurch über eine ausgesetzte Treppe in die Schlucht. Der Weg führt durch einen zusätzlichen Ausstellungsraum, der sich unter dem Kassabereich befindet. Von dort gelangt man auf die bestehende Treppenanlage aus dem Jahre 1903, die schliesslich in die Schlucht selber führt. Nach der Besichtigung der Schlucht führt der Weg auf der Südseite des Besucherzentrums zurück ins Gebäudeinnere. Eine an das Besucherzentrum angegliederte Terrasse bietet Sitzplätze für diejenigen, die den steilen Weg in die Schlucht nicht auf sich nehmen können und/oder einen Kaffee mit Sicht in die Schlucht geniessen wollen.
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01. Aussenaufnahme 02. Grundriss
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03. Innenaufnahme 04. Schnitt
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Projekt: Erster Traversiner Steg Ort: 7432 Zillis / Viamala Architekt: Conzett Bronzini Partner AG Schon bei der Gründung des Vereins KulturRaum Viamala in den frühen 1990er Jahren wurde beschlossen, dass die Wiederherstellung des römischen Fusswegs durch die Viamala das Rückgrat des «Ecomuseums Viamala» bilden sollte. Im nördlichen Teil der Viamala führten die Spuren der «Veia Traversina» Spuren von der Carschenna-Ebene oberhalb Hohen Rätien bis zum «Nesselboden», einen knappen Kilometer vor dem Viamala-Kiosk. Eine Schlüsselstelle dieser «Veia Traversina» ist die Durchquerung des Traversiner Tobels, eines Seitentals der Viamala. Zwar waren hier die Wegspuren auf beiden Talflanken bis weit ins Tobel hinein noch gut erkennbar, aber zuhinterst im Tal war der ehemalige Weg zerstört. Eine Rekonstruktion des abgegangenen Teils erwies sich als schwierig, da das nasse und rutschige Gelände in diesem Bereich keine dauerhafte Weganlage ermöglicht hätte. So entstand die Idee, die erhaltenen Wegspuren auf beiden Seiten des Tobels mit einer Brücke zu verbinden und damit die problematischen Geländepartien zu umgehen. Im Jahr 1996 wurde
diese Idee mit dem Bau des Ersten Traversiner Stegs verwirklicht. Wegen der abgelegenen Lage wurde der Unterbau der Brücke vorgefertigt und mit dem damals stärksten Helikopter der Schweiz an seinen Bestimmungsort geflogen. Dieser unterbau bestand aus einem 47m langen und 4.2 Tonnen schweren Dreigurtfachwerk aus Lärchenholz, Edelstahlseilen und Stahlstangen. Diese filigrane Tragkonstruktion wurde durch einen Gehweg mit vollwandigen Brüstungen ergänzt. Am 16. März 1999 wurde der Steg durch einen Felssturz vollständig zerstört. Nach diesem tragischen Ereignis wurden verschiedene Möglichkeiten diskutiert, die zerstörte Brücke an der gleichen Stelle wieder aufzubauen und die Brückenstelle durch aufwändige Steinschlagverbauungen zu sichern. Mit der Zeit reifte jedoch die Einsicht, dass dieser Standort dennoch zu gefährlich blieb und dass eine neue Brückenstelle gesucht werden musste.
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01. Aussenaufnahme 02. Schnitt
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03. Detailaufnahme 04. Aussenaufnahme
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Projekt: Zweiter Traversiner Stegg Ort: 7432 Zillis / Viamala Architekt: Conzett Bronzini Partner AG Der Zweite Traversiner Steg befindet sich ungefähr 70m rheinwärts des Ersten Traversiner Steges in einem Seitental der Viamala. Südseitig des Tobels besteht das Terrain aus einer etwa 40° steilen Flanke einer Moräne, nordseitig aus einer kleineren Moräne, die auf einer senkrecht abfallenden Felswand gelagert ist. Der neue Standort ist nicht felssturzgefährdert. Angesichts dieser Topographie ist eine Hängebrücke aus einem über die beiden Kuppen gelegten und dahinter verankerten Seil mit einem angehängten Gehweg eine vernünftige Konstruktion. Ein möglichst kurzer Gehweg hat tiefere Kosten versprochen und daraus entstand die Idee, eine hängende Treppe zu bauen. Sie überwindet bei einer horizontalen Spannweite von 56m eine Höhendifferenz von 22m.
und die Feuerverzinkung der Stahloberflächen trägt Materialseitig zu einer hohen Lebensdauer bei. In erdnahen Bereichen wurde wo immer möglich nur Stahlbeton eingesetzt.
Einen hohen Stellenwert ist dem konstruktiven Witterungschutz durch den Verzicht auf horizontale Flächen und Vertiefungen in den Holzbauteilen beigemessen, in denen Wasser liegen bleiben könnte. Ebenso sind die Kontaktstellen zwischen den Hölzern oder zwischen den Hölzern und den Stahlteilen minimiert und gut mit Luft umspült, damit eine gute Austrocknung möglich ist. Der Einsatz von witterungsbeständigen Materialen wie Lärche und Föhre
Die Tragkonstruktion des Zweiten Traversiner Steges besteht aus einem vorgespannten Seilfachwerk, das in zwei vertikalen Ebenen angeordnet ist. Die Form des Rautenfachwerkes führt unter maximaler Belastung (Schnee) zu einer konstanten Kraft in den Hauptseilen. Die Geometrie der Seile wurde mit den Methoden der grafischen Statik bestimmt. An allen drei Widerlagerstandorten liegt verdichtetes, gut abbaubares Moränenkies vor, das mit einer dünnen
Gegenüber den mechanischen Beanspruchungen wird durch eine massive Bauweise und den Verzicht auf empfindliche Bauteile eine hohe Robustheit erreicht. Die Abnutzung von Bauteilen beschränkt sich hauptsächlich auf die Treppentritte, die durch das Begehen verursacht wird. Ein Auswechseln der Tritte wird hier nach gegebener Zeit erforderlich sein. Bei Beschädigungen irgend-welcher Ursache werden alle Bauteile mit mehr oder weniger Aufwand auswechselbar sein.
Waldbodenschicht überdeckt ist. Der Kies ist mit Findlingen durchsetzt, die teilweise abgebaut werden mussten. Die beiden Hauptseile sind Spiralseile mit aufgepressten Gabelköpfen, die durch die Öffnungen in den Betonstützen eingefahren worden sind. Rückwärtig sind die Gabelköpfe mit Kopfplatten durch einen Bolzen verbunden und je nach Vorspannkraft mit 10mm starken Stahlschiftplatten unterlegt. Die Spiralseile sind oben mit zweiteiligen Seilklemmen an den Hauptseilen befestigt. An ihrem unteren Ende sind sie mit einem Gabelspannkopf zur Befestigung am Gehweg ausgerüstet. Im Abstand von 3,60 m sind Querträger angeordnet, an denen die Hängeseile befestigt sind. An diesen Trägern sind auch Anschlussbleche für die Diagonalstäbe des Windverbandes und die Bohrungen für die Verschraubung der Geländerpfosten vorhanden.Auf den Querträgern sind die zehn parallel geführten Brettschichtholzträger 140/220 mm aus Lärchenholz mit Bauschrauben und Halbringdübeln befestigt. Der Stoss dieser Träger besteht aus eingeschlitzten Blechen, Stabdübeln und einer Montageschraube.
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01. Aussenaufnahme 02. Schnitt
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03. Aussenaufnahme 04. Modellaufnahme
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Projekt: Das Gelbe Haus Ort: Via Nova 60, Flims Architekt: Valerio Olgiati Der Architekt Rudolf Olgiati vermachte kurz vor seinem Tod 1995 einen Teil seiner Kulturgütersammlung der Gemeinde Flims mit der Auflage, das mitten im Dorf stehende «Gelbe Haus» nach seinem Geschmack umzubauen, insbesonders «es von zuoberst bis zuunterst weiss anzustreichen». 1997 erhielt sein Sohn, Valerio Olgiati, von der Gemeinde Flims den Architekturauftrag zur Neugestaltung des Hauses.
es sich dem Blick der Passanten in beiden Richtungen unausweichlich darbietet, hatte seit Jahrzehnten leer gestanden und früher einen Gemüseladen und Wohnungen beherbergt. Um dieses für Ausstellungen dienlich zu machen, war im Inneren ein radikaler Umbau notwendig. Valerio Olgiati hat das Haus bis auf die Hülle ausgekernt, den Eingang von der Strassen- auf die östliche Seitenfassade verlegt und auch das Dach neu konzipiert.In die ausgekernte Hülle setzt Olgiati eine für alle Geschosse identische Die Architektur des Gelben Hauses hat beim FachBoden-/Deckenstruktur, die die Räume auf der publikum für nationales und internationales Aufseh- Grundlage des tragenden Balkenkreuzes und durch en gesorgt. 1999 wurde das Haus mit dem Goldenen die wechselnde Laufrichtung der Riemen bzw. Hasen für die beste Schweizer Architektur bedacht, Balken in vier unterschiedlich grosse Felder gliedert. einer Auszeichnung des Architekturmagazins ... Die dergestalt geometrische Innenstruktur wird Hochparterre in Zusammenarbeit mit der Nachselbst jedoch von einem Element des Zufalls gerichtensendung 10 vor 10 des Schweizer Fernsehprägt: die Verbindung des Balkenkreuzes und damit ens. Jüngst wurde das Gelbe Haus zusammen mit auch die Position des stützenden Holzpfeilers ist frei weiteren Objekten von einer Fachjury mit dem Preis gewählt. Im Dachgeschoss mutiert das nicht mehr Gute Bauten in Graubünden 2001 ausgezeichnet. tragende Balkenkreuz im Verein mit dem schräg zur Dachspitze abgewinkelten Pfeiler zu einer expres«Das kleinbürgerliche Haus, mitten im Ort und am siven Raumplastik, welche die innere Struktur des Scheitelpunkt einer leichten Kurve situiert, so dass Hauses offenlegt und gleichzeitig irritierend über-
höht. Damit entstehen Innenräume, die mit der ursprünglichen Gestalt des Hauses und seiner damaligen Nutzung vollkommen gebrochen haben. Die entschiedenste Umformung freilich hat die eigentliche Epidermis des Hauses erfahren. Der sehr glatte, flächig in Erscheinung tretende Verputz, wie er früher für einen Grossteil der gewöhnlichen Bauten aus dem 19. Jahrhundert charakteristisch war, ist vollständig abgeschlagen. Die zu schliessenden Öffnungen sind mit Ortsbeton gefüllt; auch die neuen Fensterlaibungen und über der obersten Fensterreihe ein das ursprüngliche Haus überhöhendes Band bindet schliesslich diese neuen Flicken in die alte Substanz aus grob gemauertem Bruchstein ein.» (Heinrich Helfenstein)
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Das Gelbe Haus dient als Ausstellungsstätte und Tagungsort zu Themen alpiner Architektur. Für den Betrieb und die Ausstellungen verantwortlich ist der Verein «Das Gelbe Haus».
01. Hauptfassade 02. Strukturmodell 03. Ansicht innen
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04. Ursprungliche Gebäude 05. Gebäude nach Umbau
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Projekt: Aussichtsplatform Il SPir Ort: Riun Aulta, 7017 Flims Architekt: Corinna Menn Die Rheinschlucht vom Bahnhof Valendas-Sagogn bis hinab nach Reichenau ist ein Naturspektakel. Das Vorhaben «Natur-Monument Ruin Aulta» will die über Jahrtausende gewachsene, malerische Landschaft an präzis gesetzten Ausschnitten inszenieren.
Der Stahl- und Holzbau wurde im Werk gefertigt und in nur drei Stunden auf das Fundament montiert. Die Architektin setzt ein prägnantes Zeichen in der Landschaft – und wir lernen: Der Landschaftsblick ist das Geschäftsgeheimnis des Tourismus.
Corinna Menn hat für einen Aussichtspunkt bei Conn eine Plattform entworfen, die den Schluchtraum aus der Vogelperspektive zeigt. Wie ein Mauersegler schwebt die Konstruktion über dem Abgrund, die Flügel gespreizt und zum Flug bereit. Über eine Treppe steigt man durch den Wald zur Plattform hinauf. Von der 12 Meter hohen Terrasse blicken wir 380 Meter in die Tiefe auf die Flusskurve und weit hinauf in die Surselva. Erstaunlich, dass sich die Besucher trotz der überhängenden Lage auf der filigranen Plattform sicher fühlen. Die Verankerung des Pylons und der Zugseile sind die einzigen Eingriffe in den Boden. Die Druck- und Zugglieder sind aus Stahl, die Plattform aus Lärchenholz.
Der Rückzug der letzten Eiszeit löste vor 13000 Jahren den gewaltigen Flimser Bergsturz aus. Die Kraft des Rheins begann die Gesteinsmassen zu durchbrechen und schuf das Naturschauspiel der Ruin Aulta. In die unter nationalem Schutz stehende Schluchtlandschaft wird dem Menschen bei Conn gezielt ein Fenster geöffnet, ohne dass er aber selbst die Bühne betritt. An der äussersten Kante der Waldebene verankert, ragt die Aussichtsplattform zwischen die Föhren und spreizt die flügelartige Holzplattform über den Schluchtraum. Die stabförmigen Grundelemente der Konstruktion und ihre linearen Verbindungen spannen eine räumliche Figur auf, die auf ihre statisch und konstruktiv notwendige Materialität reduziert ist. 03
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01. Ansicht rechts 02. Ansicht links 03. Ansicht hinten 04. Ansicht unten
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Projekt: Kapelle Sankt Benedikt Ort: Sumvitg, Graubünden Architekt: Peter Zumthor Die Caplutta Sogn Benedetg (Kapelle des Heiligen Benedikt) steht oberhalb des Dorfes Sumvitg in der Surselva im schweizerischen Kanton Graubünden.
Stützen wird durch das von oben einfallende Licht erhellt und vermittelt dem Raum die spezielle Stimmung.
Als 1984 eine Lawine die alte Kapelle zerstörte, beschloss das Kloster Disentis als Eigentümer, eine neue Kapelle zu errichten. Der Gewinner eines Architekturwettbewerbes war Peter Zumthor, der 1989 die neue Kapelle erbaute.
1992 Peter Zumthor wurde anlässlich des Architekturpreises “Neues Bauen in den Alpen” für die Caplutta Sogn Benedetg mit dem ersten Preis ausgezeichnet
Die «Caplutta Sogn Benedetg» wächst aus der Tradition einer historischen Ordnung heraus, welche viele Ortsbilder in der Surselva prägen. In einem Punkt verlässt sie die Tradition: Die Caplutta ist aus Holz gebaut. Durch das Sonnenlicht wird sie dunkel werden, schwarz im Süden, silbergrau im Norden, wie die alten Bauernhäuser. Die blattartige oder tropfenförmige Grundform beruht auf einer klaren geometrischen Ordnung. Die Raumform, abgehoben vom Gelände, erinnert an ein Boot in Bewegung. Im Innern erscheint die Einheit von Dach und Stützen als grosser Baldachin. Die silberne Wand hinter den
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01. Aussenansicht 02. Aussenansicht 03. Aussenansicht 04. Innenansicht
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Schnitt
nicht nur für die Feuerpolizei. Das Haus ist dabei, man darf dies durchaus wörtlich und symbolisch verstehen,
über dem Fundament des grossen Gemeinschaftsrau¬ mes gebaut. Und der grosse gemeinschaftliche Eichen¬ tisch in den Wohngruppen gehört programmatisch Treppenturm
4 Tanizaki
Jun'ichiro (Übers
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Klopfenstein),
Lob des Schattens, Zürich 1987,
S 41.
dazu, aber eben auch die kleine Briefschublade im gut abgeschirmten Zimmer. Eigentliche Zwischenbereiche zwischen Rückzug
und Sozialisierung sind die Fensternische im Zimmer und ihre Entsprechung im Gemeinschaftsraum der Wohngruppen: die Ofenbank. Im steinernen Rück¬ grat des Hauses ist eine Nische eingelassen, die gross 2.0Geine kleine Gruppe hineinsitzen kann. genug ist, dass dies ein eigentlicher Ort der Freundschaft, und Es ist 02
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es
Im Inneren generiert Caminada mit einer einfachen, aber effektvollen Regel maximale räumliche Vielfalt: Indem er die Grundrisse jeweils um neunzig Grad dreht, bekommt jeder Stock einen eigenen Charakter und folgt doch immer demselben Prinzip. Rund um den zentralen Treppenhaus- und Liftkern sind die Zimmer entlang drei Seiten wie am Schnürchen aufgereiht. Gegen die vierte Seite hin öffnet sich der Raum nach aussen und wird vom knappen und
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Pour une communaute de jeunes personnal¬ ites Internat pour jeunes filles ä Disentis, de Gion Caminada
Gion Caminada
jusqu'ä present surtout construit en bois.
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reste egalement fidele
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architecture. Elle degage une impression de puissance et a
une forte plasticite. Mais surtout, eile est proche de la vie,
marquee par des reflexions precises sur le programme, par un
engagement social et, Le
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titre, aussi politique.
nouveau bätiment de l'internat heberge des jeunes filles
ägees de 14 ä 18 ans qui vont ä l'ecole conventuelle de Di¬
sentis. Independance et, en meme temps, pratiques commu-
nautaires sont caracteristiques de la vie en internat et sont
3-OG aussi le
leitmotif de l'architecture.
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maison se trouve 4.ogau
centre du village et est orientee aussi bien sur la place que sur le couvent situe ä l'arriere. Elle est integree au village, mais en
meme temps, sa Volumetrie puissante, massive, revendique gefasst ist: massive Messingplatten decken die Wärme¬ ä la is located etin affirme Elle intermediaires. des the village Ä the village definition et the heart d'espaces autonomie. looking onto ab lassen Sie die erstrahlen. Nische gülden genere une es¬ uneof certaine und place particuliere quellen ä ä la la aussi mais Cela retraite and the socialisation. it is inte¬ the rear. at communautaire Although propices dass abrite monastery dabei paces hellen un Licht square l'interieur, logement weit genug vom chaque etage entfernt, liegt
Projekt: Gymnasium Kloster Disentis Ort: Via Sogn Sigisbert 1, 7180 Disentis Architekt: Gion A. Caminada Das Unterhaus ist ein mächtiger, auf seine Grundform reduzierter Kubus mit flachem Zeltdach. Er füllt präzis und selbstbewusst die Nische zwischen den Nach¬ barhäusern. Es ist ein von der Strasse zurückversetzter So- litär, der Anschluss sucht. Er hat weder einen Hauptein¬ gang noch eine Hauptfassade. Die vier Seiten sind alle gleich gestaltet, ausser auf der Ostseite gibt es überall ei¬ nen Hauseingang - bergseitig sogar zwei. Das Verhältnis zwischen Öffnung und Mauer erinnert an die lange Klosterfassade. Ein erster Hinweis, dass die beiden Häuser zu¬ sammengehören. Dem reduzierten Kubus ist die innen¬ räumliche Vielfalt nicht anzumerken.
ist kein Zufall, dass gerade dieser besonders kostbar
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dunklen Erschliessungs- zum grosszügigen und hellen Begegnungsraum. Die Fenster dieser gemeinBauherrschaft: Benediktinerabtei Kloster schaftlichen Wohnzimmer schneiden immer neue Disentis Bilder aus der Umgebung. Sie heissen Tal, Hinterhof, Architekt: Gion A Caminada, Vrin Projektleitung Bauführung: Michael von Arx Kloster und Dorfausgang beziehungsweise -eingang. Ingenieur: Serafm Rensch, Trun Das Haus erinnert an einen Fuchsbau: Jeder Stock Bauzeit: hat - zusätzlich zur zentralen Erschliessung - seinen2001 (Wettbewerb) - 2004 eigenen Eingang. Möglich machen die Schleichwege die Lage im steilen Hang. Kleinste Einheit sind die 31 fast quadratischen Zimmer. Die Möbel im Ziml8 werk,bauen +wohnen 6|2004 mer selbst sind einfach und zurückhaltend: Schreibtisch, Stuhl, Bettsofa und zwei Korpusse - mehr gibt es nicht. Die Fensternische neben dem Lüftungsflügel ist derzeit der beliebteste Schlupfwinkel. Unter dem Fenster¬ brett hat Caminada die Heizung platziert. Das macht die bevorzugte Leseecke der Schülerinnen komfortabel. Die Fensternische ist aber noch viel mehr. Sie ist auch Raumschleuse zwischen innen und aussen: Sie ist ein Raum im Raum und ermöglicht, aus dem Zimmer herauszutreten be¬ ziehungsweise draussen zu sitzen, ohne es zu verlassen. Am unteren Ende der kantigen Treppenhausskulptur liegt der Gemeinschaftsraum. Es ist ein fast sakral anmutender Raum mit dunkelrotem
vol¬ les espaces in the and embedded communautaires ä village, vaut pour dans foismassive-looking de grated qui dass mandes dies nicht ordinär hierlogements chaque its son propre sejour Oriente wirkt. Gut möglich, disposant le theme du suler des«machtvoll and unusual maisons claim certain autonomous a quality. de to traditionnelles, lays differents ume Au direction. centre ces der Dämmerung autre «apparte¬ im Zwielichtreinterpretent une sogar jenen les jene has abrun each storey In the d'entrees et,Schönheit» niches se trouve secteurs de of Disentis» en particulier, living premises with erle¬ en «beton tiefen Glanz» und un interior, pour group pour les ments» «ergreifende noyau massif ä la fenetre des chambres. face a different and common les dif¬ their own la maisonroom trouvent correspondant das et liethat dies Tanizaki traverse toute ben kann, wie traite plastiquement qui entrance Jun'ichiro bezogen aufCelles-ci
les espaces la etages, in each etcase. dans of each of these communautaires. Dans direction But in the heart Chacune equivalent ferents Tiefe Gold Kalkspachtelboden. in der undunklen physiquement symboliquement. Tempelbauten japanischer Nur ein grosses blindes Fenster vertebrale de la Sakralität minerale fois there les est ist deisretraite a massive, abrite dont bienplastically core of a designed desmechambres chaqueHier beschreibt4. est enfin un lieu oder Ehrfurcht Allzu gegencolonne dieviel Strasse lässt Tageslicht sind "apartments" gar maison hinein. which continues brown concrete" "Disentis assez grande pourqu'un puisse une traitement petit assurent une nichtnagee nur derniche Treppenhauskörper, sondern auch «habitables» diematerial aucalled nicht specifique im Unterhaus groupe fenetres allerdings angesagt. Die ausstaffie¬ aus wenn dem samtweich anmutenden Beton. Er throughout de l'amitie de fourneau. C'est the whole building and physically and symboliä l'exterieur. un banc et ce relation un s'y asseoir: intense doch auch rendenWände Kissen nicht geplant, sind, so lieu hat seinen hellbraunen Farbton durch Verwendung hasard The Single ait n'est the individual traitement investisLa recu connects un de elements rooms are wellun wie die particuliere-plasticite qu'il Genauso cally l'architecture avec ces floors. mitgedacht und pasgehören dazu.
von Stein aus der Region. Die spiegelglatten Wändeprotected Des plaques massives en laiton fönt briller ces Windows that perwith specially des differentes l'imbrication designedparties l'espace contribue äretreats hat der Ar¬ chitekt mit Öl lackieren lassen,sant dessen niches comme de l'or. mit intensive contact with the outside world. Oberfläche beim Eintrocknen Haarrisse bekommt, die sich wiederum zu dekorativen Krakeleien aus- The plasticity of the architecture with its extensive ele¬ wachsen. Der an Lehmwän¬ de erinnernde Beton ments helps to dovetail the different sectors and form inter¬ verspricht ein Sinneserlebnis - eine geheimnisvolle A Community mediate Spaces, thereby creating areas between retreat and of young personalities Boarding 03 Landkarte, man berühren will. school fordie This is true ofthe common rooms ofthe groups of socialising. young women in Disentis, by Gion Caminada
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ment precieux. Geräuschkulisse.
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Gion Caminada has built primarily in
living premises which represent
new interpretation of the
now, up Gion A. Caminada hat in Disentis ein Wohlfühlhaus wood, he also remains true to his architecture when he builds für junge Mäd¬ chen entworfen. Er selbst nennt die traditional suler houses, as well as ofthe entrance areas and, in stone, architecture that is powerful and plastic, and above Zimmer darum auch «Nester für Nestflüchtlinge». above all, ofthe window niches in the bed rooms. These have all characterised Qua¬ reflections true-to-life,sinnlichen by precise on the Neben seinen litäten hat das Haus a counterpart in the common rooms, forthe stone backbone aber auch grosse räumliche: Durch die geschickte and and thus the social, ofthe house hasa niche on each floor large enough to seata on political, responsiProgramme Organisation des Grundrisses ermöglicht der Archiinvolved. small group of people: a fireside bench. This is a place for bility tekt den Schülerinnen Nähe und Distanz selbst zu friendship, and it is no coincidence that these niches are clad The new building for a boarding school is designed for kontrollieren. Durch die labyrinthische Erschlieswomen between the ages of 14 and 18 who are pupils sungyoung mit ihren Schleichwegen finden unerwartete in solid brass panels that give the area a golden glow. in Disentis.The leitmotif ofthe architecture atthe monastery Begegnungen statt, die Mädchen können aber auch is the compromise between independence communal life zu erwartenden Begegnungen aus and dem Weg gehen.
that
is
characteristic of life in
a
a
boarding school. The building
01. Ansicht von Südwesten mit Kloster 02. Grundrisse
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03. Ansicht Zimmer 04. Ansicht Gemeinsamer Wohnraum
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werk,bauen + wohnen
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Projekt: Klosterhof Salaplauna und Sennaria Surselva Ort: Via Lucmagn, Disentis Architekt: Gion A. Caminada An Ostern 2006 brannte der grosse Stall des Klosters Disentis auf der Ebene Salaplauna vor dem Dorf lichterloh. Was tun mit der Brandruine? Die Benediktiner Mönche gingen den Architekten Gion A. Caminada aus Vrin um Rat an. Sie fragten sich und ihn, ob sie die Versicherungssumme, die aus dem Brand zurückblieb, wieder in die Landwirtschaft investieren sollten, ob und wie Berglandwirtschaft eine Zukunft habe. Zur Arbeitsgruppe gehörten auch Vertreter der Gemeinde, der Region Surselva sowie des kantonalen und nationalen Amts für Landwirtschaft.
Ausdünnen der Milch- und Landwirtschaft in der Surselva.»
Für den Wiederaufbau sprachen zwei weitere Gründe. Erstens spielte die Landwirtschaft in der Geschichte des 1300 Jahre alten Klosters immer eine bedeutende Rolle. Zweitens galt, was das Kloster tat, immer als Vorbild — und als solches will es weiterhin gelten. So entstand die Idee, nebst dem landwirtschaftlichen Betrieb auch eine Begegnungsund Bildungsstätte zu bauen, in der sich Bauern wie Laien über die Vieh- und Landwirtschaft informieren und austauschen. Denn die neue Zeit hat auch Die Gruppe legte dem Kloster nahe, den Stall wieder im Alpenraum dazu geführt, dass der heutigen aufzubauen. Falls die Milch des Klosterstalls, die Generation das Verständnis und daraus abgeleitet etwa ein Fünftel der Milch des Ortes ausmacht, die Wertschätzung für die Landwirtschaft und die wegfiele, wäre die geplante regionale Käserei in der Lebensweise ihrer Vorfahren fehlt. Diesem WissensRegion unmöglich zu bauen. Bruder Niklaus: «Der verlust will der neue Klosterhof entgegentreten. Druck von aussen, den Stall wieder aufzubauen, Ein riesiges Volumen Man schritt zur Tat, und so wuchs beständig. Es ging so weit, dass man die steht zwischen der Lukmanierstrasse und der steil Zukunft der Milch- und Landwirtschaft des Tals abfallenden Geländekante seit Frühjahr 2009 der quasi an unseren Entscheid knüpfte: Falls wir bauen, neu erstellte Klosterhof. Der L-förmige Stall und die überlebt die Landwirtschaft, falls nicht, deuten das frei stehende Remise spannen ei- nen Raum auf, der öffentliche Stellen und Bauern als ein langsames einen Platz und einen Eingang schafft. Hier stehen
die Kühe herum und freuen sich an der Sonne. Der Architekt Gion A. Caminada hat einen Freilaufstall für behorntes Vieh entworfen — zuvor war es ein Anbindestall für Kühe ohne Hörner. Behornte Kühe brauchen mehr Raum, damit sie einander nicht verletzen. Quer zumlangen Stallriegel steht das Begegnungszentrum mit Saal und Büroräumen, das vom Center Sursilvan d’Agricultura betrieben wird. Hier werden Käse, Würste und andere landwirtschaftlicheProdukte vermarktet, hier begegnen sich Tourismus, Landwirtschaft und Gewerbe. Durch die grossen Fenster des Saals sieht man auf der einen Seite die weiss schimmernde, mächtige Anlageder Benediktinerabtei, auf der anderen die Wand- und Dachstruktur der Stallanlage sowie, wenn sie draussen stehen, die Kühe. Der Stall ist aus Fichte konstruiert, gewachsen in den Wäldern der Surselva. Ein Grossteil des Rundholzes wurde vor Ort geschnitten und in sägerohem Zustand verbaut.
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01. Ansicht innen Stall 02. Ansicht Aussen Sennaria
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03. Ansicht innen Stall 04. Ansicht innen Stall
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Uri_Andermatt
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Einwohner: 36‘000 (Stand 2014) Fläche: 1077 km2 Einwohnerdichte: 33 Einwohner pro km2 Kanton Uri. Der Hauptort und zugleich einwohnerstärkste Ort ist Altdorf. Der Name des heutigen Kantons Uri ist in seiner lateinischen Gestalt seit dem 8./9. Jahrhundert belegt; die älteste erhaltene Original-Urkunde, die das pagellum uroniae erwähnt, stammet aus dem Jahre 853. Ab dem 13. Jahrhundert ist die Form Ure(n) belegt, die bald auch in deutschsprachigen Urkunden erscheint, spätestens seit dem frühen 16. Jahrhundert die heutige Form Uri. Der Name, der zunächst für die Gegend um Altdorf gilt, mag auf eine Ableitung zu lat. ora/orum ‹Rand› oder zur indogermanischen Wurzel über Wasser, Regen, Fluss› mit einem nachaltigen Suffix zurückgehen, das wohl noch in dem Zugehörigkeitsadjektiv Urner sichtbar ist. In beiden Fällen wäre die Lage am Ufer der Reuss oder des Urnersees als Benennungsmotiv anzunehmen. Vom Vierwaldstättersee bis zu den alpinen Gipfeln im Gotthardgebiet ist in Uri eher ein sanfter Tourismus realisiert. Laut Bundesamt für Statistik (BFS) im Jahr 2006 zählt der Kanton Uri insgesamt rund 100 Hotelbetriebe, die jährlich 220’000 Logiernächte (2005) generieren. Zudem weist der Kanton eine hohe Seilbahndichte auf, rund 39 Bergbahnen führen auf die Berge.
Gemeinde Andermatt. 1203 wurde Andermatt erstmals urkundlich erwähnt. Walser aus dem früheren germanischen Stammesverbund der Alemannen gründeten im Urserntal Kolonien, so auch in Andermatt (An der Matte). Bereits seit dem Jahre 800 hatte das Benediktinerkloster Disentis hier Grundrechte, diese wurden erst 1649 abgelöst. In den Jahren 1818 bis 1830 wurde der Gotthardpass fahrbar gemacht, später der Oberalp- und der Furkapass. Andermatt lebte als Handels-, Ferien- und Kurort auf. Die Eröffnung des Gotthard-Eisenbahntunnels 1882 war dann allerdings ein «wirtschaftlicher Tiefschlag» für den Ort. Seit 1885 ist Andermatt Waffenplatz. In den Jahren 1920 und 1946 wurden von der Bevölkerung Stausee-Projekte erfolgreich bekämpft: das ganze Hochtal sollte in einen einzigen Stausee verwandelt werden Einwohner: 1393 Fläche: 62.15 km2 Einwohnerdichte: 20 Einwohner pro km2
Mit dem Tourismusprojekt des ägyptischen Multimilliardärs und Investors Samih Sawiris hofft man auf eine starke touristische Entwicklung. Mit seiner Firma Orascom Hotels and Development baut Sawiris in Andermatt auf einer Fläche von 1,46 Quadratkilometern ein Tourismusresort mit mehreren Hotels, Ferienhäusern und Ferienwohnungen, einem 18-Loch-Golfplatz, Geschäften sowie einem Sport- und Freizeitzentrum mit Eissporthalle und Hallenbad. Der Bundesrat als Besitzer des Waffenplatzgeländes, die Urner Regierung und die Gemeinde Andermatt stimmten dem Projekt zu.
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Für die Planung und Realisierung gründete Sawiris 2007 die Andermatt Alpine Destination Company AADC. Der Spatenstich fand am 26. September 2009 statt. Am 31. August 2010 wurde im Rahmen eines Festaktes auf dem Baugelände ein Grundstein einbetoniert. Im Dezember 2013 nahm das The Chedi Andermatt seinen Betrieb auf.
01. Andermatt 1900 gegen Hospental
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02. Andermatt 2010 mit Swiss Alp (Sawiris) 03. Karte
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Projekt: Hotel The Chedi (2008 - 2013) Ort: Gotthardstrasse 4, 6490 Andermatt Architekt: Denniston International Architects Konzept: Swiss Alps Andermatt Tradition und Moderne halten die Balance und bilden im Zusammenspiel mit der atemberaubenden Bergkulisse den perfekten Rahmen für Entspannung und Ruhe. Eine Ausgewogenheit, die sich auch in der Architektur widerspiegelt. Wir bieten Ihnen zeitgenössische Architektur, vereint mit dem Charakter eines traditionsreichen Schweizer Bergdorfs. Jedes neue Haus wurde von einem der über 30 ausgewählten Schweizer und internationalen Architekturbüros individuell geplant. Der Bezug zum historischen Ortsbild ist allgegenwärtig – traditionelle und ortstypische Materialien wie Holz, Naturstein und Glas setzen die modernen Akzente des „Alpine Chic“.
Es erfolgte kein Wettbewerb. Das Architektur Büro Denniston (Kuala Lumpur) bekam den Auftrag ohne architektonisches Konkurrenzverfahren. Kritik gab es wegen dem Mangel an regionalen Kentnissen. Innenräumlich wurde viel mit Holz, Stein und Fell gearbeitet. Der sogennante Alpine Chic Stil. Ein weiteres Konzept war die überhöhten Räume. Zimmer wie auch Korridore wurden mit einer Höhe von 3.70m ausgeführt. Empfangsbereiche bis zu 5 Meter.
Speziell das Dach wurde aus einer Bogenbinderkonstruktion erstellt um die Hohen Schneelasten aufzunehmen. siehe Bild 03 Die Fassade ist eine vorgehängte Fassade aus Putz, Holz und Naturstein. Zwischen 30-85 Zentimeter Ob als Wohn- oder Feriendestination, ob als Erstbeträgt der Abstand zwischen der tragenden Betoder Zweitwohnsitz: Andermatt Swiss Alps wird die onwand und der vorgehängten Verschalung. Der perfekte Adresse für einen ausgeglichenen LebensRaum dazwischen wirkt isolierend: einerseits durch stil. Gäste werden zwischen sechs neuen Hotels im Isolationsmaterial, anderseits durch Lufträume. 4- und 5-Sterne-Segment wählen können. AusserDie vorgehängte, vertikale Holzverkleidung wird dem entstehen rund 500 unterschiedliche Wohnunspeziell behandelt, damit die Charakteristik des gen in 42 Häusern. Hinzu kommen circa 25 Deluxe- Holzes bestehen bleibt und die Holzalterung gleichChalets. mässig erfolgt. Für den Rohbau werden insgesamt Investor: Samih Sawiris ,Stand 460 mio. 4’000 Tonnen Stahl und 31’800 Kubikmeter Beton Quelle: Andermatt-Swissalps.ch benötigt.
Das Hotel The Chedi Andermatt bildet als 5-SternSuperior-Hotel das Wahrzeichen des neuen Tourismusresorts. Auf über 50’000 Quadratmetern befinden sich 50 Hotel-Gästezimmer, 64 Zweieinhalb-Zimmer-Wohnungen, 6 Maisonette-Penthouses sowie 49 Residenzen mit 7 Lofts. Das Hotel beherbergt unter anderem zwei exklusive Restaurants, verschiedene Bars und Lounges, einen umfassenden Wellness-Bereich mit Spa und modernem FitnessCenter. Das Hotel hat bereits sehr hohe internationale Beachtung gefunden und mehrere Auszeichnungen erhalten.
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Ausführung von Germann und Archermann AG. Für das Projekt mussten alleine von G&A ca. 4’800 Pläne erarbeitet und koordiniert werden.
01. Aussenansicht Hauptgebäude 02. Residence Beispiel (Arealplan)
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03. First / Dachbereich 04. Lounge
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Projekt: Haus Hirsch (2011) Ort: Eibodenstrasse, 6490 Andermatt Architekt: Marazzi Paul Architekten Die dreiteilige Gliederung ist inspiriert vom «Stadel», der typischen Gebäudeform aus dem benachbarten Goms. Ein Natursteinsockel bildet die Basis, auf dem der Hauptkörper aus Lärchenholz sitzt. Im Gebäudeinneren erschliessen sich über den zentralen Treppenkern je drei Wohnungen, deren Wohn- und Essbereiche sich westlich Richtung Reuss oder östlich zum Dorfkern hin orientieren. Die Innenräume lehnen sich in der Materialisierung an den traditionellen, ortsüblichen Chaletstil an. Kosten 8.3 mio
Kritik Hochparterre: Das Haus Hirsch gründet auf dem Typ des Stagels aus dem benachbarten Goms, ein Strickbau auf einem Steinsockel schwebend. Doch da schwebt nichts. Der vorgeblendete Naturstein am Sockel wurde sorgfältig, das gläserne Geschoss darüber aber so klobig profiliert, dass es hervorsticht, statt zu verschwinden. Darauf türmt sich ein fünfgeschossiger Holzbau, an dem wuchtige Balkonbrüstungen schwer hängen. Wie eine Karikatur wirkt der meterdick verschalte Dachrand. im Inneren wartet ein Banales Treppenhaus ohne Platz und Licht.
01. Aussenansicht Hauptgebäude 04
02. Grundriss 2.OG
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03. Fassade 04. Strickbau Goms
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Projekt: Villa (2012 - 2015) Ort: Eibodenstrasse, 6490 Andermatt Architekt: Matti Ragaz Hitz / Baserga Mozzetti Arch. Der Keller und das Erdgeschoss sind aus Beton gebaut, der erste Stock und das Dachgeschoss bestehen aus einer Holzkonstruktion. Zu den Highlights der Villa z채hlen das Kino und der Wellnessraum im Kellergeschoss.
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01. Aussenansicht Hauptgeb채ude 02. Innenskizze
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03. Fensterdetail 04. Innenvisualisierung
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Wallis_Sion
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Kanton Wallis
Das Wallis, amtlich Staat Wallis und État du Valais, ist ein Kanton im Südwesten der Schweiz mit einer französisch und deutschsprachigen Bevölkerung.
Im Val d’Anniviers wird der Gletscherwein produziert, ein oxidativer Wein aus der Rebsorte Rèze. Durch deren hoher Säurehalt wird der Wein lange gelagert um einen angenehmen Geschmack zu kriegen.
Der Hauptort ist Sitten. Der frankophone Teil des Wallis zählt zur Romandie, das deutsche Sprachgebiet zur Deutschschweiz. Im Wallis werden in grossem Stil Früchte angebaut, Wie der grösste Schweizer Kanton Graubünden liegt etwa 95 % der Schweizer Aprikosen und die Hälfte das Wallis als drittgrösster Kanton vollständig im der Birnen kommen aus dem Kanton. Gebiet der Alpen. Die Gemüsesorten mit den grössten Anbauflächen Am Südhang des Rhonetals herrscht im Unterwallis sind in absteigender Reihenfolge Lagerkarotten, und im Mittelwallis Rebbau vor, stellenweise auch Blumenkohl, Frühkarotten und Zwiebeln. in den Seitentälern. Besonders der Spargelanbau hat in den letzten zehn Neben der Leitsorte Fendant wird in neuerer Zeit Jahren stark an Bedeutung gewonnen, weisser und wieder vermehrt auf alte, ortstypische Sorten wie grüner Spargel zusammen haben heute die drittHumagne (weiss und rot), Petite Arvine, Amigne, grösste Anbaufläche unter den Gemüsesorten. Rèze oder Malvoisie zurückgegriffen. In Mund wird seit dem Mittelalter Safran angebaut, In Visperterminen befindet sich der höchste Weinman vermutet dass er durch Pilger oder Söldner in berg Europas, auf einer Höhe von 650 bis 1’150 m ü. die Schweiz kam. M.
In der Viehzucht geniesst neben klassischer Milchwirtschaft die Schaf- und Ziegenhaltung einen bedeutenden Stellenwert. Die hochalpinen Rahmenbedingungen werden zunehmend als Gelegenheit wahrgenommen seltenen und bedrohten Arten eine Chance zum Überleben zu bieten, zum Beispiel Walliser Schwarzhalsziege und Kupferhalsziege sowie Schwarznasenschaf. Allerdings bestehen zwischen Viehzucht und Artenschutz auch Konflikte, etwa im Zusammenhang mit der Wiederansiedlung des Wolfes.
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Dieser wandert seit den 1980er Jahren von Frankreich und Italien in den Kanton Wallis ein, durch Bauern die um ihre Tiere fürchten und die Jagdlobby ist er jedoch weiterhin stark gefährdet.
01. Dorf Zermatt und der Matterhorn 02. Rhônetal
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03. Lötschentaltal 04. Stadt von Sion
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Projekt: Wohnhaus in Brig, 1995 Ort: Brig Architekt: Peter Märkli, Stefan Bellwalder Vom Briger Stadtzentrum durch den Fluss Saltina abgetrennt, liegt die Parzelle eingekeilt zwischen den in den Boomjahren hochgezogenen Appartementblöcken und älteren, am Ufer aufgereiht liegen den Wohnhäusern. Der Raum scheint knapp, die erst kurz vor dem Grundstück abgebogene Strasse erhöht diese fast physisch spürbare Enge noch. Dem von aussen auf den Bau einwirkenden Druck steht eine von innen herausstrahlende Ruhe entgegen. Durch das Gleichgewicht dieser Kräfte scheint der Block zu schweben; mehr Dichte würde ihn - zu schwer geworden - auf Grund sinken lassen, weniger Messe ihn an die Oberfläche treiben. So gehalten zwischen Ort und Reaktion darauf, fügt sich der prismatische Körper des Neubaus dank seiner Grösse elegant in das heterogene Gefüge der umliegenden Gebäude.
anschliessenden Fassaden und deren Kanten betont, als selbst eine Ansicht zu sein. Die kontinuierliche Fassadenabwicklung wird zur eigentlichen Ansicht des Hauses, die Fassaden werden in Bewegung versetzt. Die Hülle (der Bau ist mit grauen Eternitplatten verkleidet) tritt zugunsten der volumetrischen Erscheinung in den Hintergrund. Am ganzen Bau wurde für alle Räume dasselbe Fensterformat verwendet, einzige Ausnahme bilden dabei die nach Süden liegenden, tief eingeschnittenen Terrassen, die zu den Wohnräumen hin vollständig verglast sind. Sie ziehen die Bewegung der Fassaden nach hinten zum breitesten, unbebauten Teil der Parzelle. Von hier aus ist das fein gegliederte Dachgeschoss sichtbar, das dem Bau trotz seines repetitiven Aufbaus nach oben einen klaren Abschluss gibt. Der Block nimmt seinen Platz mit einer SelbstPlastizität verständlichkeit ein, die ein Wohnhaus an dieser Das anfängliche Erstaunen über die ungewöhnliche engen Stelle haben muss. Hilfreich sind hierbei die Form des Baus schwindet mit dem Wechsel der Pers- nüchterne Farbe der Plattenverkleidung und die pektiven; erst durch die Bewegung beginnt man das vielfache Wiederholung der Fenster. Beides verleiht Gebäude zu erfassen. dem Gebäude ein städtisches Gesicht, im Gegensatz Dem vom Zentrum der Stadt kommenden Bezur näheren Umgebung, die mit einer Kombination trachter erscheint der Block als querliegende Mauer, von Pastell- und Grelltönen verspielte Balkongitter die auf grössere Zusammenhänge verweist; der Bound geschwungene Treppenbrüstungen selbstreflekgen scheint ve Fensterreihe übrig, die viel stärker die tierend akzentuiert.
Innenraum In einer fast heroischen Geste überwindet der Eingangsblock den von der Einfahrtsrampe geschlagenen Graben zwischen Benutzer und Gebäude. Diese Gross- zügigkeit findet im Treppenhaus ihre Entsprechung. Durch den nach aussen geschobenen Eingang wird die Grenze des Privaten bis an die Fassade gelegt, die Treppe wird zur Wohnungsvorzone. Prinzipiell gibt es drei Typen von Wohnungen. Die grössere behandelt Bad und Küche wie weitere Zimmer, so dass der Wohnraum durch die räumliche Subtraktion der Zimmer vom zur Verfügung stehenden Grundvolumen entsteht. Dieses Prinzip wird auch beim zweiten Wohnungstyp eingehalten, mit dem Unterschied, dass sich die Küche hier - auf den minimalen Funktionsraum beschränkt- in den Wohnraum hineinschiebt und ihn in zwei Zonen unterteilt. In dieser Wohnung wird die Aussen- form des Baus am deutlichsten spürbar. Die stumpfwinklige Abdrehung der Südseite wird nicht in einem Zimmer aufgelöst, sondern bleibt beidseitig im fliessenden Wohnraum sichtbar. Diese Spannung zwischen Hülle und Innenraum wird schon beim Eintritt in die Wohnung erzeugt.
01. Ansicht von Nordwesten 04
02. Ansicht von Westen 03. Küchenseite grosse Wohnung 04. Dachgeschoss, Typisches Obergeschoss, Erdgeschoss
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Projekt: Dreifach-sporthalle Ort:Visp, Wallis Architekt: Savioz Fabrizzi Architectes Der Kanton Wallis und die Beruffschule Visp haben den Bau einer Sporthalle lanciert, die sich am Rande der bestehenden Schulanlage befindet. Das Gebäude zeigt sich in einem einzigen Volumen und einer kompakten Bauform, bestehend aus dem orthogonalen Teil der Sporthalle und dem Dienstbereich, der niedriger ist und sich an der bestehenden Bebauung orientiert. So verstärkt und dynamisiert die Positionierung den Dialog zwischen dem Gebäude und seiner Umgebung ; die Zwischenräume werden zu alleen, Plätzen, Eingängen. Die verwendete Grundfläche erlaubt es, möglichst viel Freiraum für den Aussen-sportplatz beizubehalten.
Geschosse unterteilt : Die Geräte auf dem Geschoss der Sportplätze und die Umkleiden im Obergeschoss. Das kompakte Volumen, die leistungsstarke thermische Hülle und die kontrollierte Belüftung haben zum Erhalt des Minergie-Labels geführt. Das Dach ist flächenbündig Photovoltaik Anlagen bedeckt, die 1200m2 bedecken und für 145kw Leistung sorgen. 03
Die Sporthalle wurde im wesentlichen für den Schulgebrauch geplant, also wie eine Aneinanderreihung von 3 autonomen Hallen. Jede verfügt über eigene Umkleiden, eine Tribüne und einen separaten Eingang. Das Sheddach verstärkt diese funktionelle Besonderheit : es zeichnet volumetrisch die Grenze zum nächsten Saal auf. Zudem profitieren die Räume dank der Nord-Ost-Orientierung der Dachfenster von einem für dia Ausübung von Sport optimalen Tageslicht. Der Dienstbereich ist in zwei
01. Innen von Gebäude 02. Plan von dem Pavillon
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03. Beziehung mit dem Umgebung 04. Das
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Projekt: Tour Super-Crans Ort: Route de la tour, randogne-vermala Architekt: Jean-Marie Ellenberger Am Ende des Jahre 1950 gibt es viele Sanatorium und Gebäude für die Gesundheit. Diese verliert sein Bild von Kurort, infolge des Rückgangs der Tuberkulose, zugunsten derjenigen der Weltstation. Dieser Periode ist einer Wirtschaftlicher Boom in Kanton Wallis. Jean-Marie Ellenberger empfangt in eines natürlich Standort ein Hochhaus mit siebzig Wohnungen. Die Gebäude hat eine kleine Grundriss und 19 Stocke. Das Projekt ist von der Bevölkerung schlechte Aufnahme gewesen.
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Der Hotelkomplex liegt in Montana. Es gibt eine Hochhaus und eine andere niedriges Gebäude. In Untergeschoss gibt es eine grosse Garage für 110 Autos. Das Gebäude verstehe ein Restaurant und eine Schwimmbad in Erdgeschoss. Es gibt zirka 50 Privat Wohnungen auf 19 Stockwerken. Die Treppen und der Lift sind in Zentrum.
01. Hotelkomplex 02. Grundriss
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03. Sudfassade 04. Detail Nordfassade
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Auszeichnung: Wakkerpreis, 2013 Ort: Sitten, Konaton Wallis Institution: Schweizer Heimatschutz
im Vorfeld stattfindenden Projektbegleitung durch die Behörden, der fallweise angepassten Anwendung des Reglements und einer aus Experten zusammengesetzten Architekturkommission. Sensibilisiert durch die wiedererlangte Lebensqualität in der Altstadt, richteten die Behörden ihr Augenmerk auf das gesamte Gemeindegebiet. Konkrete Projekte, auch kleine, bringen Verbesserungen in den Quartieren, zum Beispiel die Neugestaltung der Schulhausplätze, eine stärkere Begrünung und die Sanierung von Bauten der Moderne.
Die Walliser Kantonshauptstadt erhält die Auszeichnung für den erfolgreichen Wandel, den sie einleitete, indem sie die Landschaft und die Baukultur ins Zentrum der Entwicklung stellte. Im Zuge der vorbildlichen Neugestaltung der öffentlichen Plätze im Stadtzentrum wurde die Art und Weise überdacht, wie die Stadt gestaltet werden sollte. In der Folge begann Sitten, sein baukulturelles Erbe der Moderne, eines der bedeutendsten der Schweiz, verstärkt in Wert zu setzen.
verbessert werden. Instrumente und Vorgehensweise wurden dieser neuen städtebaulichen Vision angepasst. Geht man durch die Altstadt von Sitten, kann man die Sorgfalt, mit der die öffentlichen Räume gestaltet wurden, nur bewundern: Ein sensibles Vorgehen und Zurückhaltung bei der Materialwahl und dem städtischen Mobiliar verleihen dem Ort neue Kraft. Die räumlichen Qualitäten der verschiedenen Plätze werden zur Geltung gebracht, und auch in ihren Funktionen ergänzen sie sich sinnvoll. Das etapDie Stadt Sitten mit ihren 31’000 Einwohnern und 25 penweise Aufwerten der Place du Midi (2003), des km2 Fläche stellt ein Kondensat der raumplanerisch- Espace des Remparts (2005), der Rue du Grand-Pont en Herausforderungen in der Schweiz dar: Zersie(2008), der Rue de Lausanne (2010) und der Place delung, demografischer Druck, Bewältigung des Maurice Zermatten (2011) trug zu einer NeubelePendlerverkehrs, Konzentration der Aktivitäten. bung des in den 1990er-Jahren vernachlässigten Auf vorbildliche Weise und in kurzer Zeit – in etwas historischen Zentrums bei. weniger als zehn Jahren – haben die Behörden von Sitten ihre Haltung im Bereich der Stadtplanung In der Folge überdachten die Behörden Ihre Praxis geändert. Auslöser für dieses neue Bewusstsein bezüglich Bau, Restaurierung und Unterhalt von waren die Neugestaltung des öffentlichen Raums Gebäuden in der Altstadt. Die beim Renovieren und die im historischen Zentrum wiedergefundene angewendete Sorgfalt ist das Resultat eines vorbildLebensqualität. Diese soll nicht nur im historischen lichen Vorgehens dank Instrumenten wie der obligaKern, sondern auf dem gesamten Gemeindegebiet torischen Erfassung in Aufnahmeplänen der bereits
In grösserem Massstab und als starke politische Geste stellt der 2012 angenommene, neue kommunale Richtplan die Landschaft ins Zentrum der strategischen Planung. Wie zwei Klammern, die die Stadt im Osten und Westen umfassen, legt er klar die zu schützenden grünen Zonen fest. Um die Zersiedelung ausserhalb der Stadtgrenzen zu bekämpfen, beschloss Sitten, die Bauzone trotz demografischem Druck nicht auszudehnen. Dieser radikale Grundsatz vermag der Dynamik der Stadt nichts anzuhaben.
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http://www.heimatschutz.ch
01. Ausserordentliche landschaftliche Qualitäten © G. Bally/Keystone 02. Neugestaltung Place du Midi, 1995 © G. Bally/Keystone
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03. Verschiedene Platztypologien, Espace des Remparts © D.Gross/Stadt Sitten 04. Perlen aus den 1950er-Jahren, Galeries du Midi © G. Bally/Keystone
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Bonnard et Woeffray Ort: clos-donroux 11870 Monthey Architekt: Bonnard et Woeffray Geneviève Bonnard architekt EPF
Denis Wœffray architekt HES
1961
Geburtsort Lausanne Suisse
1959
Geburstsort Les Evouettes Suisse
1986
Diplom architekt EPF Lausanne
1979
CFC Hochbauzeichner
1990
Architekturbüro BW arch
1983
Diplom architekt HES Bienne
1999 / 2000
EPF Lausanne, Assistenzprofessor
1990
Architekturbüro BW arch
2000
BSA/FAS
2000
BSA/FAS
2004 / 2005
EPF Lausanne, Professor
2004 / 2005
2006
Kommission Bundesamt für Kultur
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EPF Lausanne, Professor
01. Berufsschule, Visp/Viege, 2009 02. Kindergarten, Monthey, 2008
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03. Grundschule, Fully, 2001 04. Grundschule, Bovernier, 2010
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Projekt: Bains de Géronde, 2014 Ort: Siders, Kanton Wallis Architekt: NAU Architecture, Zürich & Drexler Guinand Jauslin Architekten AG, Zürich Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Als zweite Inspirationsquelle dient das halbkreisförmige Garderobengebäude von Hans Biéri und Die sensible Integration des Projektes in der dessen Einbindung im Projekt. Das Terrassenprinzip malerischen Landschaft vom Lac de Géronde und wird am Eingang sowie am nordöstlichen Hang der Umgang mit dem denkmalgeschützten, halbkre- als Promenade entlang der Felsen erweitert. Die isförmigen Garderobengebäude von 1932 stellten die dadurch neu entstehenden Terrassen ermöglichen grössten Herausforderungen dar. Das Projekt «Côte die harmonische Integrierung des neuen Raumprosauvage» steht im Sinne einer Renaturierung des gramms, sowie die Benützung der Dachpromenade Ufers und der Stärkung des Bezuges der Badeanlage als Seerundgang ausserhalb der Badesaison. Die zum See. Das Projekt entwickelt sich mit geschwun- modernistische Anlage wird sorgfältig saniert, ihre genen Linien aus der Topographie der Landschaft Wirkung verstärkt. Die Materialpalette der Neuund inszeniert vorhandene Felsen, Bäume und die bauten beschränkt sich auf Beton, Aluminium und Wasserflächen. Die neuen Schwimmbecken erschein- Holz als zeitgenössisches Pendant zur historischen en als schwebende Flächen über dem See und bieten Substanz. Die vom Pioniergeist der Sportarchitekden Badenden einmalige Blicke in die Landschaft. tur der Moderne geprägte sanfte und nachhaltige Der sensible Bezug zum Wasserspiegel vom Lac Erweiterung stellt den malerischen Standort von de Géronde steht im Vordergrund. Holzstege und Géronde in den Vordergrund. Flosse ermöglichen dem Schwimmer einen direkten Zugang zum See. Das Ufer wird mit einheimischen Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zuaquatischen Pflanzen ... renaturiert. Die naturnahe grunde? Landschaftsgestaltung umfasst den Schwimmbereich, und schafft somit einen idyllischen Rahmen Der Pioniergeist der modernen Sportarchitektur für das Badeerlebnis. hat uns durch das ganze Projekt geführt. Im diesen Sinn war das Projekt Entdeckung und Herausfor-
derung. Einerseits ist es anspruchsvoll die einfache, zweckmässige Architektursprache mit den heutigen Anforderungen in Einklang zu bringen; andererseits zwingt uns diese Übersetzung des modernen Vokabulars, neu über Details und Konstruktion nachzudenken. Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt? Der malerische Ort vom Lac de Géronde war immer ein Wahrzeichnen von Sierre, sowie eine Inspirationsquelle für Maler und Liebhaber des Pittoresken. Man findet zahlreiche Malereien und grafische Abbildung auf Postkarten, zum Beispiel jene für die Simplon Linie, die den Geist des Projekts prägt. Im Schatten einer südländischen Pinienlandschaft liegen schmachtend zwei Badegäste, im Hintergrund erblickt man die malerischen Konturen des Lac de Géronde unter der Sonne, das Baden wird zelebriert. Unser Bestreben lag darin, diese JungendstilAtmosphäre und die Verehrung des Badeerlebnisses wieder aufleben zu lassen.
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Auszug aus Interview auf swiss-architects.com
01. Einbettung in die Landschaft © Roger Frei, Zürich 02. Grundriss © NAU Architecture, Zürich & Drexler Guinand Jauslin Arch. AG
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03. Garderobengebäude © Roger Frei, Zürich 04. Schwimmbecken und Lac de Géronde © Roger Frei, Zürich
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Projekt: Eglise catholique, 1960-61 Ort: Rue de l‘Eglise, Hérémence, Kanton Wallis Architekt: Walter Maria Förderer, Thayngen Gebäude wie Skulpturen
sion sein könnte von all dem Gebauten, welchem es künftig ‘Mitte’ zu bedeuten hätte und das rundum Der skulpturale Ausdruck seiner Entwürfe verweist neu entstehen sollte [...].» ebenso stark auf Bildhauerei wie auf Architektur – Diese Mitte im städtebaulichen Sinn ist bei der schliesslich lernte Förderer zunächst an der KunstKirche St-Nicolas in Hérémence auf eindrückliche gewerbeschule in Basel Bildhauerei, ehe er sich der Art erlebbar. Zwischen Chalets und kleinmasstäbliArchitektur zuwandte. Überliefert ist, dass seine chen Häusern steht die wuchtige Kirche wie ein Frau Ursula ihn darauf gebracht hat, im Gespräch übergrosser Felsblock, der scheinbar mitten im Dorf über seine gestalterischen Visionen habe sie gesagt: eingeschlagen hat. Zunächst unübersichtlich präsen«Das ist keine Bildhauerei mehr, das ist Architektiert sich die mehrfach gefaltete und mit streng tur.» geometrischen, dabei unregelmässigen Löchern Einem Volontariat im Büro von Willi Gossweiler durchdrungene Betonhülle. Zur Klärung der Funkfolgte alsbald 1957 die Gründung des eigenen Büros tion wächst der Kirchturm empor. Auf der Suche zusammen mit Rolf Otto. Später stiess Hans Zimpfer nach dem Eingang begibt man sich auf einen Rundals Dritter hinzu. Zu den wichtigsten Erfolgen des gang um das massige Volumen und wird von allerBüros zählt der Bau der Hochschule St. Gallen. Kurz lei Treppen, kreuzgangartigen gedeckten Passagen darauf folgten die eingangs erwähnten Kirchen als und Plätzen geführt. Diese Architektur des äusseren Wettbewerbserfolge. Die Fokussierung auf Kirchen- Raumes verbindet ganz nebenher die beiden Ebenen bauten ist auffällig und mag zunächst verwundern. der höher liegenden Hauptstrasse und des tiefer Doch für Förderer bilden gerade Kirchen ein ideales liegenden Platzes vor dem Gemeindehaus. Feld für die Umsetzung seiner Vision von «Gebilden von hoher Zwecklosigkeit». Im Text «Kirchenbau von heute für morgen?» führt er weiter aus: « […] ein Gesamtkunstwerk, das seinen Gehalten nach Vi-
Kirche als Stadtbaustein Im Inneren der Kirche setzen sich die Faltungen und die Vielschichtigkeit fort: Ein die beiden Eingänge verbindender Chorumgang, geschmückt mit der Bilderserie «Der Kreuzweg» aus dem Jahr 1774, fasst den Kirchenraum. Die dunkle, gedrungene Atmosphäre des Umgangs kontrastiert stark mit dem hohen, lichtdurchfluteten Kirchenschiff. Dessen Opulenz zieht ihre Kraft aus den scheinbar unzähligen sicht- und unsichtbaren Öffnungen, die Tageslicht ins Innere lassen, das von den Betonflächen reflektiert wird, die in ihrer Vielschichtigkeit und Tektonik beinahe zum Leben erwachen. Die Brutalität des Baustoffes Beton und der an sich groben Bretterschalung wird durch das Lichtspiel überlagert, übrig bleibt nur der Eindruck der Solidität und erinnert unweigerlich an den sprichwörtlichen Fels.
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http://www.swiss-architects.com
01. Aussenansicht von Unten © http://schoenstebauten.heimatschutz.ch 02. Innenansicht Kirchenschiff © http://schoenstebauten.heimatschutz.ch
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03. Grundriss © Schweizer Architekturführer 3, Werk Verlag, 1996 04. Querschnitt © http-//kirchbau.de
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Projekt: La Grande Dixence, 1950-61 Ort: Hérémence, Kanton Wallis Ingenieur: Alfred Stucky, Lausanne Staumauer Grande Dixence (Höhe ü. M. 2365 m)
Daten zur Gewichtsstaumauer:
Als höchste Gewichtsstaumauer der Welt, die ganz hinten im Val des Dix gelegen ist, ist Grande Dixence in jeder Hinsicht eine Staumauer der Rekorde! Die Höhe der Mauer, 285 Meter, ist unübertroffen. Ihr Gewicht, rund 15 Millionen Tonnen, ist höher als das der Cheops-Pyramide. Um die über 400 Millionen m3 Wasser aufzustauen, die hier jedes Jahr gespeichert werden, wurden nicht weniger als 6 Millionen m3 Beton zwischen den Bergen verbaut. Mit der gleichen Menge Beton könnte man eine Mauer von 1,5 Meter Höhe und 10 Zentimeter Breite rund um die Erde auf der Höhe des Äquators bauen. An ihrer Sohle besitzt die Staumauer eine Breite von 200 Metern. An ihrer Krone „verjüngt“ sie sich und erreicht dabei 15 Meter. Um die Dichtigkeit des Untergrunds sicherzustellen, reicht der Dichtungsgürtel, der die Staumauer umgibt, bis in 200 Meter Tiefe. An jedem Talufer steht er 100 Meter über.
Bauperiode 1950-1961 Inbetriebnahme ab 1961 Höhe 285 m Mauerkrone 15 m Breite 700 m von einem Ufer zum anderen Stauvolumen 400 Mio. m3 Fläche 4,04 km2 Länge 5,3 km Einzugsgebiet 46,3 km2
Mit dem Auge des Dichters „Und plötzlich sah ich La Dixence. Sie kann sich mit den Bergen messen lassen (…). Ich war davon ganz ergriffen und sagte mir, mit den Blumen in der Hand: Geniesse es! Dieses Bauwerk muss ich auf jeden Fall wiedersehen – es ist das Fundament, der Eckstein, der Prüfstein, der Stein des Anstosses für ein neues Land.
Der Nabel des Wallis ist gefunden, und der Roman des Steins nimmt seinen Anfang: gebrochen und zerkleinert, wird er zu anderen Einrichtungen verbracht und endet schliesslich als Beton einer grossen Mauer. Ich betrat den Berg am Ende eines mit Krokussen übersäten, von Lawinen erschütterten Tales und kam bei einem anderen heraus, sehr weit weg. Von Cheilon zur Baustelle von Hohwäng, gegenüber dem Matterhorn, sind es zwanzig Kilometer über den grossen Hauptstollen, der alles Wasser der Vispa auffangen muss, alle kleinen Verzweigungen der Quellen, alle Wasserfälle, alle Sturzbäche, die aus den Eisfeldern entstehen, welche Zermatt am weiten Horizont umschliessen. Der grosse Hauptstollen hat seine Nebenverzweigungen, seine Schächte, seine Siphons; die gesamten Abflüsse der Gletscher, die zur Dixence hin fliessen.“
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Maurice Chappaz, Journal intime d’un pays, Treize Etoiles, September 1960. http://www.grande-dixence.ch
01. Flugaufnahme Mauer mit See © http-//art-architecture.ru 02. Seitenansicht Mauerkrone © http://www.grande-dixence.ch
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03. Die Mauer im Bau © http://www.grande-dixence.ch 04. Besichtigungsstollen © http://www.grande-dixence.ch
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Projekt: Ferienhaus Graber Ort: ?/ Montana Architekt: Graber Pulver “Das Projekt konstituiert sich in seinem räumlichen Aufbau um einen Kern, welcher das Gebäude in verschiedene, teilweise zweigeschossige Bereiche gliedert.
Die Gliederung der Hülle entwickelt sich aus dem Gebäudevolumen, bindet die Öffnungen sowie die schiebbaren Fensterläden in ein Ordnungsprinzip und verleiht über ihre Proportionierung dem Haus eine ruhende Gesetztheit.”
Im mittleren Geschoss erweitert eine über die ganze Gebäudelänge eingeschnittene Veranda zum Tal hin Wohnraum, Essbereich und Küche und etabliert ein- http://graberpulver.ch/projects/ferienhaus-montana/ en schönen Bezug zum näheren Landschaftsraum. http://hausideen.haus.de/community/hausideen/ Im Dachgeschoss gibt eine über die ganze Tiefe des holzhaus-wohnen-wie-andere-urlaub-machen.htm Hauses aufgespannte Galerie, welche auf beiden Seiten grosszügig befenstert ist, einen attraktiven Blick frei auf die imposanten Viertausender über dem Val d’Anivier auf der gegenüberliegenden Talseite.
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Die tragende Struktur des Holzbaues aus vorfabrizierten Elementen findet in der Ausformulierung der örtlich angebrachten, rohen Lärchenholzverschalung einen Ausdruck, welcher an die traditionellen Holzbauten der Region erinnert.
01. Gebäude aus Holz 02. Empfangszimmer
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03. Detail Fassade 04. Sud Fassade
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Projekt: Abbey St. Maurice Ort: avenue d’Agaune 19, 1890 Saint-Maurice Architekt: ? / savioz fabrizzi Die Abtei Saint-Maurice ist ein Kloster der Augustin- zuerst als Behausung einer religiösen Gemeinschaft er-Chorherren in Saint-Maurice, Kanton Wallis, interpretiert, Untersuchungen von 2001 deuten aber Schweiz. auf einen ersten sakralen Bau. Diesen zwei ersten Bauten folgte eine Reihe von neu erstellten Kirchen Sie gilt als ältestes Kloster des Abendlandes, das und Kapellen, die zunächst parallel zur Felswand ohne Unterbrechung besteht. 2014/2015 feierte die errichtet wurden. Abtei ihr 1500-jähriges Bestehen. Archäologisch erfasst sind die Fundamente der Die ältesten Fundamente in Martolet datieren aus sogenannten Sigismund-Kirche, die vermutlich aus römischer Zeit. dem frühen 6. Jahrhundert stammt. Nicht geklärt ist die Funktion der, im Vergleich zu Die sogenannte Gontran-Kirche lässt eine deutliche den jüngeren Bauten, mit einer auffallend schrägen Vergrösserung des Gebäudes erkennen; erhalten haAusrichtung errichteten Bauten, ebenso der Bezug ben sich die polygonale Apsis und der Zugang, der zu der weiter im Westen liegenden antiken Quellfas- mit einer monumentalen Treppe zum Westeingang sung. führte. Am Felsfuss wurde ein kleiner, nach Süden orientierter Bau errichtet, in dem Bestattungen erfolgten. Denkbar wäre ein durch Bischof Theodor gegen Ende des 4. Jahrhunderts veranlasster Bau, um die Gebeine der Märtyrer zu bestatten.
Im 8. Jahrhundert entstand wiederum eine neue Anlage mit zwei gegenüberliegenden Chören. Unter dem Westchor befand sich eine Krypta, in der die Reliquien des heiligen Maurizius aufbewahrt wurden.
Daneben lag ein rechteckiger Bau mit einem Annex auf der einen Kurzseite. Dieses Gebäude wurde
Den Ostchor ersetzte man in romanischer Zeit durch den Glockenturm, der noch heute das Kloster
überragt. Zwischen diesem Eingangsturm und dem Felsen entstanden in gotischer Zeit zwei Kapellen. 1148 weihte Papst Eugen III. die neue Kirche. Wegen häufiger Felsstürze wurde die Kirche 1627 an den heutigen Standort verlegt, wobei das neu erstellte Schiff von Norden nach Süden, rechtwinklig zur Klosteranlage verläuft. 1693 verwüstete ein Brand zahlreiche Gebäude der Abtei, die Anfang des 18. Jahrhunderts wieder aufgebaut wurden.
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1942 zerstörte ein Felssturz den Kirchturm und die Vorhalle, und nach deren Erneuerung wurde die Kirche 1948 zur Basilica minor erhoben und 1949 geweiht.
01. Abtei Saint-Maurice 02. Umbau, Savioz Fabrizzi
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03. Klosters 04. Abteikirche
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Projekt: Groupe scolaire de Saint-Maurice, 1959-60 Ort: Ch. De Tuilerie, Saint-Maurice Architekt: Daniel Girardet, Sion Locker an Hang und Strasse entlangkomponiert, werden die 1-2 geschossigen Volumina durch eine starke horizontale Betonung zusammengehalten. Regionale Materialien wie Naturstein aus Bagnes und Kalpetran, Lärchenholz und Aluminium aus Chippis werden frei mit dem “internationalen” Beton kombiniert, sind jedoch, ihrer Funktion entsprechend, klar voneinander abgesetzt und differenziert. Zur Rohneebene hin scheint die Turnhalle mit ihren orientierbaren Vertikallamellen auf dem Negativesockel as Beton zu schweben. Schweizer Architekturführer 3, Westschweiz, Wallis, Tessin Werk Verlag AG, 1996
A St-Maurice, la montagne est proche. Elle s‘eleve en masses de roches grises aux reflets bleutes de chaque cöte de la vallee oü le soleil en hiver ne s‘attarde que deux ou trois heures par jour. C‘est lä qu‘en venant des bords du Leman, on entre brusquement en Valais, pays rüde, sous un ciel qui laisse dejä pressentir les contrees du sud. L‘architecte avait a sa disposition une belle surface de prairies descendant en pente douce vers le midi et jouissant de la vue dans Taxe de la vallee: magniflque Situation pour une ecole. II fallait creer lä une ensemble de bätiments bien aeres, large¬ ment ouverts ä la lumiere, adaptes a l‘echelle des enfants - qui est petite - mais egalement faits pour leur äme. Cela est une affaire de proportions, de rythmes, de structures. Les Sou¬ venirs de l‘ecole vont loin dans la vie: c‘est donc lä aussi occa¬ sion de verite - meme architecturale - et c‘est pourquoi de toute maniere les materiaux sont bruts: de la pierre, du beton, du bois, du verre. La pierre vient des carrieres des environs, tantöt gris bleu, tantöt verte. C‘est la couleur et la force du pays. Le beton, c‘est le travail de l‘homme, produit du sol mis en ceuvre par ses mains et son intelligence: voilä des
planchers qui se tendent librement devant la lumiere. Le bois et le verre sont des clötures.opaques ou transparentes suivant les neces- sites. Les locaux sont repartis en quatre bätiments relies par des portiques assurant la circulation ä couvert complete de tout l‘ensemble. C‘est d‘abord, vers le haut du terrain, les six classes de filles avec une salle speciale, la salle des maitres et un petit service medical, puis legerement plus bas le bätiment des classes de garcons, plus une salle speciale egalement. L‘appar¬ tement du concierge est situe dans une construction indepen- dante non loin de la salle de gymnastique dans le bas du ter¬ rain. Les acces se fönt par la petite route au Nord. On entre ä demi-niveau, tandis que l‘on monte ou descend aux classes par des rampes recouvertes de caoutchouc. Bien qu‘orientee au sud, chaque salle possede un eclairage bilateral pour le rez-de-chaussee superieur ou a deux degres pour les deux classes du rezde-chaussee interieur. ... Daniel Girardet
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Werk, Band 48 (1961), Heft 3: Schulhaus und Klassenzimmer
01. Blick auf die Nordseite des Schulhauses mit den Eingängen 02. Situation 03. Eingang zur Knabenabteilung und Aufgang zum Lehrerzimmer
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04. Querschnitt durch Klassentrakt Abbbildungen © Werk, Band 48 (1961), Heft 3: Schulhaus und Klassenzimmer
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Telefonnummern: Andreas Jud Stephan Kurath Alain Roserens
+41 79 778 79 30 +41 78 746 67 58 +41 79 205 27 46
Guillem Oliver Aulet Marc Bölsterli David Eichenberger Joao Silva Fernandes Ion Kohler Aliesch Martin Piero Parini Julia Riebel Richa Mehta Wyss
+34 660 11 49 19 +41 76 595 83 19 +41 79 282 92 61 +35 1916 361 024 +41 76 597 23 38 +41 79 587 43 75 +41 76 400 30 39 +41 78 624 71 25 +41 76 563 37 86
Unterkunft: 1.-3.11 3.-4.11 4.-6.11
Impressum
Sportzentrum Prau la Selva, 7018 Flims, T +41 81 920 91 91 Gasthaus Skiclub, Gotthardstrasse 94, 6490 Andermatt, T +41 887 03 30 Hôtel Elite, Av. du Midi 6, 1950 Sion, T +41 27 322 03 27
Restaurant: Montag: Waldhaus Flims, Via dil Parc, 7018 Flims, T +41 81 928 48 48
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Master Studio Urban Project HS 15 Studiengang Architektur Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften Auflage: 20 Exemplare Druck: rüegger wirz Buchmanufaktur, Winterthur 27.10.2015