radikal normal broschüre fs 2015

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radikal normal Diskurs 端ber den Kritischen Regionalismus

FS 2015


Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW Architektur, Gestaltung und Bauingenieurwesen Institut Konstruktives Entwerfen IKE Masterstudio Konstruktives Entwerfen FS 2015

Leitung Masterstudio Konstruktives Entwerfen Begleitung

Beat Waeber, Alain Roserens Stefan Zopp

Atelierdiskurs „Annäherung an den Ort“ Atelierdiskurs „Proportion und Massstab“ Atelierdiskurs „Fenster und Türe“ Begleitung Tragstruktur Begleitung Forschung

Umschlag: Armin Linke, Villa Mairea, Noormarkku-Finnland Garten

Daniel Meyer Patric Furrer


Inhaltsverzeichnis Einleitung 4 5 6 7 8 8 10 11

Das Institut Konstruktives Entwerfen Constructive Project – Konstruktives Entwerfen Synchroner Entwurfsprozess Atelierdiskurse Nachbereitung Leistungsbewertung Constructive Research – Konstruktives Forschen Constructive Strategies – Konstruktion denken

Semesteraufgabe 12 16 29 39 45 51

Fragestellung Kenneth Frampton, kritischer Regionalismus: moderne Architektur und kulturelle Identität Der Ort Valendas (GR) Der Ort Teufen (AR) Der Ort Visp (VS) Der Ort Burgdorf (BE)

Texte und Referenzen 56 64 68 78

Juhani Pallasmaa, Sechs Themen für das nächste Jahrtausend (Beat Waeber) Alvaro Siza, Acht Stichpunkte (Alain Roserens) Jean Nouvel, Louisiana Manifest (Stefan Zopp) Elisabeth Blum, Atmosphäre (Patric Furrer)

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Literatur zum Thema

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Biographien Dozierende

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Semesterablauf, Termine und Anforderungen

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Themenmatrix

„In der Schweiz mit ihren verschiedenen Sprachbereichen und ihrer kosmopolitischen Tradition hat es stets regionalistische Tendenzen gegeben. Das Wechselspiel von Abweisung und Aufnahme hat die Entstehung außerordentlich dichter Ausdrucksformen innerhalb begrenzter Gebiete gefördert. Obwohl das Kantonalsystem die Erhaltung regionaler Kulturen begünstigt, erleichtert die Helvetische Föderation auch das Eindringen und die Assimilation fremder Ideen. Dolf Schneblis an Le Corbusier erinnernde Villa in Campione d‘ltalia nahe der italienisch-schweizerischen Grenze (1960) ist ein frühes Beispiel für den Widerstand der Schweizer Kultur gegen die Richtung Mies van der Rohes. Dieser Widerstand artikulierte sich bald darauf auch in anderen Teilen der Schweiz, etwa bei Aurelio Galfettis ebenfalls von Le Corbusier beeinflußten Haus Rotalinti. In Bellinzona oder bei der Version von Le Corbusiers.“

Kenneth Frampton, Die Architektur der Moderne. Eine kritische Baugeschichte. Deutsche Ausgabe 1. Auflage, Deutsche Verlags-Anstalt, München 2010.

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Einleitung Das Institut Konstruktives Entwerfen Baukunst heute Das ZKE versteht sich als Kompetenzzentrum für Baukunst heute. Die Aktualisierung des klassischen Begriffs der Baukunst verweist auf dessen ungebrochene Relevanz: Er benennt den Anspruch, gestalterisch kulturelle wie auch technisch ökonomische Fragen gesamtheitlich zu betrachten. Die Rolle des Architekten wird weiterhin als generalistischer Entwerfer und Koordinator verstanden, der die Prämissen des Bauens vor dem Hintergrund heutiger Normen und Vorschriften, aktueller Anforderungen an Nachhaltigkeit, Komfort und Bauphysik weiterentwickelt. Er lotet den Spielraum des von Halbfabrikaten beherrschten Baumarktes aus, setzt sich mit Fragen der Anwendungstechniken und Materialgerechtigkeit auseinander und reagiert angemessenen – innovativ bis widerständisch – auf die Veränderungen des Bauwesens der letzten Jahrzehnte. Baukunst heute ist eine Forschungsplattform für Themen, die materielle, strukturelle und allgemein konstruktive Fragen unter Berücksichtigung der Produktionsbedinungen auf allen Massstabsebenen systematisch behandelt und nach zukunftsorientierten Lösungen sucht.

trennbar miteinander verbunden: Aus dem Entwurf heraus stellen sich die Fragen, die Forschung notwendig machen. Entwurfsprozess: Der Entwurfsprozess ist der Vorgang der Lösungsfindung einer Bauaufgabe in Abhängigkeit der kulturellen, programmatischen, baustrukturellen, atmosphärischen, konstruktiven, bauphysikalischen sowie material- und fertigungstechnischen Bedingungen. Am Zentrum Konstruktives Entwerfen werden diese Bedingungen in einem synchronen Entwurfsverfahren bearbeitet. Dies bedeutet ein gleichwertiges und gleichzeitiges Betrachten aller Bedingungen und ihrer Wechselwirkungen während des ganzen Entwurfsprozesses. Dieses Verfahren steht im Gegensatz zum üblichen Verfahren, bei dem der Entwurf in verschiedenen Phasen vom grossen Massstab zum Kleinen entwickelt wird.

“Die materiellen Bedingungen der Architektur werden im Entwurfsprozess jederzeit mitgedacht.” Architektur: Unter Architektur verstehen wir die gebaute Umwelt als kulturelle Errungenschaft einer Gesellschaft. Materielle Bedingungen des Bauens: Konstruktion hat zu tun mit der korrekten und angemessenen Anwendung oder Verwendung von Materialien. Dabei kann unterschieden werden zwischen der technischen und der ästhetischen (ideologischen) Verwendung von Materialien. Die technisch-materielle Bedingung des Bauens beschäftigt sich mit der korrekten technischen und bauphysikalischen Anwendung verschiedener Konstruktionsprinzipien. Die ästhetische-materielle Bedingung des Bauens untersucht vor allem die ästhetischen und symbolischen Ausdruckseigenschaften des Materials. Dabei geht es um kulturelle, gesellschaftliche und wahrnehmungsbezogene Zusammenhänge und um die Bedeutungen von Materialien und ihrer Verwendung. Projekte am Zentrum Konstruktives Entwerfen führen die technisch-materiellen und die ästhetisch-materiellen Bedingungen des Bauens zusammen. Sie respektieren und nutzen die Eigenheiten der Stoffe und Bauweisen, sie lassen aber auch Raum für vorweggenommene Innovation. Neues kann durch das Ausloten noch unbekannter Möglichkeiten bekannter Stoffe und Konstruktionen entstehen oder durch die Suche nach angemessenen physischen Mitteln zum Erzielen erwünschter, neuartiger Wirkungen. Entwurf und Forschung sind un4

Tektonische Skizzee, Casa Povera

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Masterstudio Constructive Project – Konstruktives Entwerfen Das Modul Studio hat die Aneignung einer fundierten Entwurfskompetenz zur Entwicklung und Umsetzung von integralen architektonisch-konstruktiven Konzepten zum Ziel. Voraussetzung dafür ist die Förderung des Bewusstseins für die vielschichtigen Zusammenhänge von unterschiedlichen Ebenen und Aspekten innerhalb einer Entwurfsaufgabe. Konstruktives Entwerfen bezeichnet die spezifische Haltung im Entwerfen von architektonischen Projekten, bei der dem konstruktiven Bewusstsein eine bedeutende Stellung zugewiesen wird. Konstruktive Fragen werden im Entwurfsprozess von Beginn an gleichwertig mit anderen Faktoren thematisiert und bearbeitet. Das Entwurfsthema, bzw. das räumliche und formale Konzept bestimmen die Wahl von Bauweise und Material. Ebenso in umgekehrter Richtung: Tragwerkskonzept, Baukonstruktion und Materialien erzeugen ihrerseits zentrale Impulse für das Entwurfsthema und den Charakter des Raums und der Form.

Atelierdiskurse Der Entwurfsprozess soll durch parallel geführte Atelierdiskurse unterstützt werden. In diesen halten beigezogene Gäste kurze Referate, welche den Betrachtungsperimeter der Aufgabenstellung erweitern. Sie formulieren kurze Aufgaben, aus welchen Recherchen abgeleitet werden sollen, die den Studenten, Dozenten und Gästen als Grundlage für die Ateliergespräche im Plenum dienen und gleichzeitig eine konzeptionelle und vernetzte Arbeitsweise fördern. Die Themen der Atelierdiskurse unterstützen die Gliederung des didaktischen Aufbaus. Die konzentrierte Beschäftigung mit einem isolierten Teilthema der Architektur soll unvoreingenommene Schlüsse erlauben, die in der konkreten Bauaufgabe als wesentlicher und bestimmender Einfluss weiter bearbeitet und umgesetzt werden soll. Ein vielschichtiger Findungsprozess hin zum umfassenden Entwurf soll provoziert und ausgelöst werden, ohne dass bereits Bedingungen des Ortes und des Programmes Einfluss darauf nehmen.

Synchroner Entwurfsprozess Aufbauend auf den Erfahrungen der letzten Masterkurse des Zentrum Konstruktives Entwerfen unterscheidet sich der Masterkurs von den üblichen didaktischen Verfahrensweisen durch die Postulierung eines ‚synchronen Entwurfsprozesses’. Der konventionelle Prozess vom grossen Massstab zum kleinen, von der Situationslösung über die Erfüllung des Raumprogramms zur konstruktiven Detailbearbeitung soll zugunsten eines parallelen Verfahrens aufgelöst werden. Durch das gleichzeitige Bearbeiten unterschiedlicher Entwurfsaspekte und Massstabsebenen soll das Bewusstsein um die vielschichtige Vernetzung beim Entwerfen gestärkt und eine gegenseitige Befruchtung der Elemente schon zu Beginn der Entwurfsarbeit ermöglicht werden. Konkret sollen die Aspekte ‚Baukörper und Form, ‚räumliches Erlebnis und Raumstimmung’, ‚Bauweise und Materialität’ in allen Phasen des Entwurfes mitgedacht und bearbeitet werden. Das Vorgehen beinhaltet die Möglichkeit, einzelne Teilbereiche als Katalysator für die anderen zu verstehen und diese auch zu einem späten Zeitpunkt immer wieder hinterfragen und neu denken zu können. So kann zum Beispiel die Einbettung in eine städtebauliche oder landschaftliche Situation länger als üblich bearbeitet werden, weil die Arbeit auf den anderen Massstabsebenen schon weiter gedacht ist. Es ergibt sich im gesamten Ablauf eine ständige, sich gegenseitig befruchtende dialektische Parallelität von Analyse- und Entwurfsarbeit. Das Verfahren macht es notwendig, schon zu Beginn der Entwurfsarbeit zu verschiedenen Fragestellungen Thesen zu erarbeiten – eine Position zu beziehen – ohne dass klar ist, wo und auf welche Weise diese miteinander korrespondieren. Im Laufe des Prozesses sollen sich die Positionen aufeinander zu bewegen und sich schliesslich in einem kohärenten und ganzheitlichen Projekt finden. 6

Skizze Jean Prouvé

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Nachbereitung Anschliessend an das Semester erfolgt die Nachbearbeitung, welche eine kritische Selbstbeurteilung von Fragestellung, Prozess und Resultat der eigenen Arbeit darstellt und eine abschliessende, gewichtete Dokumentation (Portfolio) der einzelnen Projekte beinhaltet. Diese wird mittels einer Power Point Präsentation abschliessend vorgestellt.

Leistungsbewertung Die Modulnote setzt sich zusammen aus den Atelierdiskursen und der Bearbeitung des Projekts bis zur Schlusskritik und der Nachbearbeitung. Die Projekte werden nach folgenden Kriterien durch die Dozierenden bewertet: Atelierdiskurse · Eigenständigkeit und Tiefe in der Bearbeitung der gestellten Aufgabe. · Innovativer Gehalt und architektonische Qualitäten. · Darstellung und Präsentation des Resultates. Projektierungsphase bis zur Schlusskritik · Eigenständigkeit und Tiefe in der Bearbeitung der gestellten Aufgabe. · Schlüssigkeit der erarbeiteten Thesen und Strategien. · Kohärenz der Projektresultate im Hinblick auf die formulierten Ziele. · Innovativer Gehalt und architektonische Qualitäten. · Darstellung und Präsentation des Resultates. Nachbereitungsphase · Fähigkeit zur kritischen Selbsteinschätzung von Prozess und Resultat · Überzeugungskraft und Eigenständigkeit der Darstellung in Inhalt und Form

Tektonische Skizzen

Tektonische Skizze, Datscha

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Wahlpflichtmodule Constructive Research – Konstruktives Forschen I

Wahlmodul Constructive Strategies II – Konstruktion denken

Thema Mit der rückläufigen Erstellung traditioneller Landwirtschaftsbauten in der Schweiz, ist der Absatz von Faserzement Wellplatten in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken. Eternit ist bestrebt, für das hochwertige Faserzementprodukt neue Einsatzmöglichkeiten zu finden. Das Unternehmen, heute verknüpft mit dem führenden Dämmstoffproduzenten Swisspor, sucht gleichzeitig nach höherer Wertschöpfung im Bereich des Fassadenbaus. Das umfangreiche Angebot an Faserzementplatten soll durch präfabrizierte Fassadenelemente der Eternit (Schweiz) AG ergänzt werden. Die kleine Forschungsabteilung des Unternehmens aus Niederurnen sucht die Zusammenarbeit mit dem Departement Architektur der ZHAW für ein dahingehendes, längerfristiges Entwicklungsprojekt. In einer ersten Phase sollen mit Studierenden des Masterstudienganges Konzept-Ideen entwickelt werden, die später am Institut Konstruktives Entwerfen vertieft werden. Das CR-Semester wird durch Mitarbeiter der Swisspearl® Forschung begleitet. Zusammenhang «Constructive Research» untersucht das Verhältnis zwischen Materialität, Konstruktion und formalem Ausdruck in der Architektur. Das Modul sucht sich seinen Platz zwischen Lehre und Forschung und setzt sich zum Ziel, Themen aus der Forschung des IKE entwerferisch auszuloten oder Lösungsansätze zu vertiefen. Die Studierenden führen unter Anleitung kleinere Erkundungsarbeiten durch und erweitern dabei ihr konstruktives Wissen durch die Analyse bautechnischer Zusammenhänge und durch das Entwickeln individueller Lösungsansätze in der eigenen entwerferischen Arbeit. Erkenntnisse aus den Arbeiten der Studierenden können als Input zurück in die Forschung fliessen. Organisation Das Modul beansprucht einen Tag pro Woche. Die Untersuchungen sind als Gruppenarbeiten mit zwei bis vier Studierenden angelegt. Die Arbeiten werden durch ein Dozententeam aus Architekt und Bauingenieur betreut. Dozierende Alexis Ringli *1965, Architekt FH Winterthur, Architekturbüro mit Peter Gadola in Zürich; Matthias Schmidlin *1966, Bauingenieur und Architekt ETHZ, gemeinsames Büro in Zürich mit dem Architekten Thomas Berger.

Lehrinhalte und Methode Das Zitat von Viollet-le-Duc verweist auf die Bedeutung der Konstruktion als sowohl sinnliche wie auch intellektuelle Leistung: Räumliche Ideen müssen in eine baubare Struktur übersetzt werden, was Rückwirkungen auf die architektonische Erscheinung und Wahrnehmung hat. Diesen Wechselwirkungen und facettenreichen Abhängigkeiten wird im Wahlmodul nachgegangen. Konstruktion soll als kulturelles Phänomen begriffen werden. Das Wahlmodul vermittelt keine geschlossene Theorie der Konstruktion. Es fokussiert vielmehr auf die Erarbeitung eines theoretischen und praktischen Rüstzeugs, das erlaubt, Konstruktion in ihrer Vielschichtigkeit zu verstehen. Die Vorlesung bedient sich unterschiedlicher Betrachtungsebenen, die von übergeordneten Fragen über die Behandlung einzelner Bauteile und Materialien bis zu Thematisierung von Fügungs- und Fertigungstechniken reichen. Lernziel Die Studierenden verstehen Konstruktion in einem umfassenden Sinn als Mittel zur Erzeugung architektonischer Wirkungen und als Denkgerüst zu deren technischen Umsetzung. Grundlage dafür ist die Aneignung einer Terminologie, die das Nachdenken und Sprechen über Konstruktion unterstützt und hilft, konstruktive Strategien aller Epochen differenziert zu analysieren und kritisch zu beurteilen. Leistungsnachweise Das Wahlmodul ist als Kombination von Vorlesungen, Lehrgesprächen und Diskussionen angelegt. Die Unterlagen zur Vorlesung werden im Intranet des Departements A hinterlegt. Bedingung für die Erteilung der Credits ist die kontinuierliche und aktive Teilnahme am Unterricht sowie ein Kurzreferat mit dazugehöriger schriftlicher Vertiefung. Die Eigenleistung wird benotet. Dozent François Renaud, dipl. Architekt ETH SIA, Diplom an der ETHZ 1979, Mitarbeit bei Kolker-Kolker- Epstein Tel Aviv, Carl Nyrén Stockholm, Winter/Trueb/Ellenrieder Basel, Architekturbüro mit Franz Engler 1987 bis 1999, Assistent an der ETHZ bei Vincent Mangeat 1985-1990, Dozent Hochschule für Technik und Architektur BielBienne 1992-2003, Leitung Studiengang Architektur ZHAW 2003-2009

«Architektur und Konstruktion sollen synchron gelehrt und praktisch angewandt werden: Die Konstruktion ist das Mittel, die Architektur das Resultat. Es gibt jedoch architektonische Gebilde, die man nicht als Konstruktion bezeichnen möchte, ebenso Konstruktionen, die man kaum der Architektur zuordnen

Viollet-le-Duc, Eugène (1868): Dictionnaire raisonné de l'architecture française du XIe au XVIe siècle, Tome quatrième. Paris: Morel. Seite 1

Frank Lloyd Wright, Johnson Wax Buildings, 1936-39, Detailzeichnung der Stützen, Bleistift auf Skizzenpapier

Well-Eternit Handbuch 1955 Ernst Neufert, Architekt im Auftrag der Eternit AG, Bauverlag Wiesbaden

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Fragestellung radikal normal Diskurs über den „Kritsichen Regionalismus“ Der ‚Kritische Regionalismus’ definiert sich als eine späte Gegenbewegung der Architekten der 50er und 60er Jahre zum ‚International Style’ der Moderne. Der Begriff ’International Style’ wurde als Titel der Ausstellung im Museum of Modern Art in New York 1932 sowie in der begleitenden Publikation (The International Style: Architecture since 1922) zum ersten Mal verwendet. Diese neue Architektur der Moderne postulierte einen internationalen Stil, der losgelöst von örtlichen Kulturen und deren Einflüsse einen weltumfassenden architektonischen Anspruch besass. Hier finden wir gewisse Parallelen zur Situation in der aktuellen Architekturdebatte. Im Zuge der weit fortgeschrittenen Globalisierung erfährt die zeitgenössische Architektur eine enorme Nivellierung der Baukultur. Zudem gilt in der heutigen Architektur das Interesse der Ausnahme und nicht der Konvention bzw. dem Kontext. Dies zeigt sich besonders deutlich an den international tätigen Architekten, welche ihre ‚Brands’ gleichsam missionarisch in die weite Welt tragen. Nur wenigen dieser globalen Trendsetter gelingt es durch eine Lektüre des Ortes - mit der spezifischen Sicht von aussen - einen Mehrwert für die Architektur und den fremden Kulturraum zu generieren. Auch auf heimischem Terrain werden die Spuren dieser unreflektierten Architektur in allen Landesteilen sichtbar. Plakative Architekturmoden finden sich ungeachtet der regionalen Baukulturen mittlerweile in der ganzen Schweiz von der Stadt über die Agglomeration bis hin zur Provinz.

Kulturraum des Kinderdorfes Pestalozzi in Trogen, 1967, Ernst Gisel

MASTERSTUDIO IKE FS 2015und GeWettbewerbsentwurf Theater meindezentrum (Findling in der Stadt) Visp, 1984, Herzog und de Meuron

Vor diesem Hintergrund scheint es uns angebracht, auf der Grundlage des ‚Kritischen Regionalismus’ wie ihn Kenneth Frampton 1980 in seinem Buch ‚Die Architektur der Moderne’ 1980 definiert hat, eine Rückbesinnung zur Architektur des Ortes zu proklamieren. Dabei geht es nicht um eine Neuinterpretation oder eine Weiterentwicklung vernakulärer Architektur, sondern vielmehr um MASTERSTUDIO IKE FS 2015 architektonischen eine Symbiose verwurzelter Baukulturen mit dem modernen Erbe. Eine tragende Rolle beim Ergründen des ‚genius loci’ kommt dabei insbesondere dem Topos, dem Typos und der Tektonik zu. Auch gilt es Spuren der vorhandenen Baukulturen mit ihren handwerklichen Traditionen und deren Materialien bzw. Konstruktionsweisen zu verfolgen. Die Verfechter des Kritischen Regionalismus förderten neben der Adaption regionaler Konstruktionsweisen auch einen restriktiven Umgang beim Einsatz der Haustechnik. Die Themen der ortsüblichen Bauweisen mit den vorhandenen Baumaterialien und Ressourcen, verbunden mit kurzen Transportwegen und einer bewussten Beschränkung auf ein Minimum an Haustechnik, sind im Rahmen der 2000 Watt-Gesellschaft wieder vermehrt im Fokus der Architekten, der Planer und der Politik.

WETTBEWERBSENTWURF THEATER UND GEMEINDEZENTRUM VISP, 1984, HERZOG UND DE MEURON

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WETTBEWERBSENTWURF THEATER UND GEMEINDEZENTRUM VISP, 1984, HERZOG UND DE MEURON


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1866

Valendas

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15 © swisstopo

Situationsskizze mit dem Mehrfamilienhaus Vieli rechts der Kirche (Links),

http://map.geo.admin.ch, Zeitreise, Topografische Kartenwerke, 1864

Burgdorf

Visp

Wettbewerb Schulanlage „Prisma“ Schamserberg, 1976, Rudolf Olgiati

www.geo.admin.ch ist ein Portal zur Einsicht von geolokalisierten Informationen, Daten und Diensten, die von öffentlichen Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden

Wie bereits erwähnt, wird das Synchrone Entwurfsverfahren angewendet, bei dem unterschiedliche Massstabsebenen und Entwurfsaspekte in punktuell vertieften Aufgabenstellungen parallel und dialektisch zusammengeführt werden. Unterstützt wird der Synchrone Entwurfsprozess durch Atelierdiskurse, die den Betrachtungsperimeter zur Aufgabenstellung erweitern und gleichzeitig eine konzeptionelle und vernetzte Arbeitsweise fördern. Gemeinsame Atelierveranstaltungen und Seminare fördern Synergien. Die Ergebnisse unterschiedlichen Strategien der Studierenden werden vergleichend zueinander in Relation gesetzt und bewertet. Die Seminarreise wird uns zu den Exponenten des Kritischen Regionalismus nach Nordeuropa führen.

Haftung: Obwohl die Bundesbehörden mit aller Sorgfalt auf die Richtigkeit der veröffentlichten Informationen achten, kann hinsichtlich der inhaltlichen Richtigkeit, Genauigkeit, Aktualität, Zuverlässigkeit und Vollständigkeit dieser Informationen keine Gewährleistung übernommen werden.Copyright, Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 2007. http://www.disclaimer.admin.ch

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Massstab 1: 1,000,000 Gedruckt am 28.01.2015 15:54 http://s.geo.admin.ch/625c63f808

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Teufen

Die These, dass unterschiedliche kulturelle Identitäten auch Differenzierungen der Architektur evozieren, möchten wir exemplarisch an einem öffentlichen Gebäude untersuchen. An vier, bezüglich ihrer Baukultur unterschiedlichen Regionen in der Schweiz, planen wir vergleichbare öffentliche Bauten, welche auf Grund der lokalen Eigenheiten unterschiedliche Zusatznutzungen aufweisen. Auf einer umfassenden Analyse der spezifischen Bedürfnisse der einzelnen Ortschaften durch die Studierenden ist das spezifische Raumprogramm teil der Aufgabenstellung. Auf der Grundlage einer Themenmatrix sollen unterschiedliche Spuren im Sinne des Synchronen Entwurfsverfahrens parallel bearbeitet werden. Wir möchten im Rahmen der Fragestellung ‚radikal normal’ die Studierenden sensibilisieren für eine Architektur der Askese, der Konzentration und der Kontemplation, eine Architektur der Stille, wie sie Juhani Pallasmaa 1994 in Six Themes fort he Next Millennium treffend beschreibt.


Kritischer Regionalismus: moderne Architektur und kulturelle Identität Kenneth Frampton Kenneth Frampton, Die Architektur der Moderne. Eine kritische Baugeschichte. Deutsche Ausgabe 1. Auflage, Deutsche Verlags-Anstalt, München 2010.

Utzon, Bagsvaerd-Kirche, Kopenhagen,

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Mit der Bezeichnung kritischer Regionalismus ist nicht der regionale Stil gemeint, der einst spontan durch das Zusammenwirken von Klima, Kultur, Mythos und Handwerk entstand. Sie bezieht sich vielmehr auf jene neueren regionalen »Schulen«, deren Ziel es ist, die begrenzten Gesellschaften, in denen sie begründet sind, im kritischen Sinne zu repräsentieren und zu bedienen. Ein solcher Regionalismus hängt in gewissem Maße von dem Zusammenhang zwischen der politischen Identität einer Gesellschaft und dem Architektenberuf ab. Zu den Vorbedingungen für regionale Ausdrucksformen gehört nicht nur eine gewisse Prosperität, sondern auch eine dezentralistische Einstellung – ein Streben nach kultureller, ökonomischer und politischer Unabhängigkeit. Der Philosoph Paul Ricoeur vertritt die These, daß eine hybride »Weltkultur« nur durch eine gegenseitige Befruchtung von fest verwurzelter Kultur einerseits und universaler Zivilisation andererseits entstehen kann. Die paradoxe Vorstellung, regionale Kultur müsse auch eine Form der Weltkultur sein, beruht auf der Annahme, daß die Modemisierung bereits die hermetische Reinheit der eingewurzelten Kultur zerstört habe. In seinem Essay »Universal Civilization and National Cultures« von 1962 schreibt Ricreur, letztlich hänge alles davon ab, ob die regionale Kultur eine neue regionale Tradition zu schaffen und gleichzeitig kulturelle und zivilisatorische Einflüsse von außen zu verarbeiten vermag. Ein solcher Prozeß der Befruchtung oder Neuinterpretation prägt das Werk des dänischen Meisters Jorn Utzon, vor allem seine Bagsvaerd-Kirche bei Kopenhagen von 1976. Repetitive Produktionstechniken wie vorgefertigte Betonelemente, die in ein Stahlbetongerüst gesetzt sind, wurden hier mit frei geschwungenen Schalengewölben aus Stahlbeton kombiniert, die zwischen ein ähnliches Gerüstsystem gespannt sind. Eine solche Kombination modularer Trokkenmontage und nasser, handwerklicher Bauweise in situ kann man als bloße Ausnutzung unserer heutigen technischen Möglichkeiten betrachten. Und doch wollte Utzon offenbar wohl auch eine »Weltkultur« schaffen. Die präfabrizierte Ausfachung, die Dachverkleidung mit Asbest und die Treibhausverglasung erinnern zwar an die westliche Tradition landwirtschaftlicher Bauten, doch die Gewölbe, die den sakralen Hauptbereich überspannen, spielen nicht nur auf die abendländische

Gotik an, sondern auch auf die wolkenartige orientalische Pagodenform, die über einer erhöhten Plattform schwebt (vgl. Utzons grundlegenden Essay »The pagoda and the pyramid«, Zodiac 10/1959). Eine ähnliche Synthese abendländischer und orientalischer Elemente findet sich auch bei den hölzernen Fenstern, Türen und Details, die zugleich an die nordische Tradition der Stabkirche und an die traditionellen Holzarbeiten Chinas und Japans erinnern. Das schwierige Problem, wie ein religiöses Bauwerk in einem weltlichen Zeitalter darzustellen ist, löste Utzon in Bagsvaerd, indem er das Hauptvolumen als theatralischen Raum gestaltete: Er versah die schmalen Seitenschiffe mit Lichterketten, die Assoziationen zur Theaterbeleuchtung hervorrufen, und behandelte den Altar als dreiteilige Bühne. Wie Behrens bei der scheunenartigen AEG-Turbinenfabrik von 1908 hat Utzon eine agrarische Metapher gewählt, um die Bedeutung einer quasi- profanen, sozialen Institution zu betonen. Die Bagsvaerd-Kirche demonstriert, welcher Unterschied zwischen dem kritischen Regionalismus und einem sentimentalen Heimatstil liegt, der heute als längst überfälliger Rückgriff auf die Substanz der Populärkultur verstanden wird. Im Gegensatz zum Regionalismus hat der Populismus das Ziel, als instrumentales Zeichen zu wirken, als ein Bild, das nicht die kritische Wahrnehmung der Realität widerzuspiegeln sucht, sondern mangelnde Erfahrung durch Simulation und die bloße Vermittlung von Information sublimiert. Der Populismus will so ökonomisch wie möglich einen Grad sozialer Befriedigung erreichen, der rein behavioristisch definiert ist. Deshalb nähert er sich den rhetorischen Techniken der Reklame an. Der kritische Regionalismus ist dagegen eine dialektische Ausdrucksform. Er sucht den universalen Modernismus in Werte und Bilder zu zerlegen, die lokale Geltung besitzen, und reichert gleichzeitig autochthone Elemente mit Zitaten aus fremden Quellen an. Jeder Versuch, die Dialektik dieses schöpferischen Prozesses durch eklektizistische Verfahren zu umgehen, kann nur zu einer konsumorientierten Ikonographie führen, die sich als Kultur verkleidet. Ein typisches Beispiel für einen stark dezentralistischen Regionalismus war die nationalistische neue katalonische Bewegung, die in den frühen fünfziger Jahren von der neugegründeten Gruppe »R« ins Leben gerufen wurde. Diese Gruppe Die von J. M. Sostres und Oriol Bohigas angeführt wurde, fand sich von Beginn an in einer schwierigen kulturellen Situation. ,Einerseits mußte sie das rationalistische, antifaschistische Konzept von GATEPAC (dem spanischen CIAM-Fiügel der Vorkriegszeit) mit neuem Leben-erfüllen. Andererseits war sie sich darüber im klaren, daß sie die politische Verantwortung trug, einen realistischen Regionalismus zu schaffen, der dem Volk zugänglich war. Bohigas verkündete dieses Doppelprogramm zum erstenmal in seinem Essay »Possibilities for a Barcelona Architecture«, der 1951 erschien. Die unterschiedlichen Impulse, aus denen der heterogene katalonische Regionalismus entstand, zeugen vom hybriden Charakter einer authentischen modernen Kultur. Zum einen gab es die katalonische Backsteintradition, die auf die heroische Periode des Modernismo zurückging, zum anderen den Einfluß des Neoplastizismus, der von Bruno Zevis Buch La poetica dell‘ architettura neoplastica (1953) ausging, und schließlich den revisionistischen Stil des italienischen Neorealisten Ignazio Gardella, vor allem 17


Coderch, ISM-Appartementblock, Barcelona, 1951. Ansicht und typischer Geschoßgrundriß.

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seiner Casa Borsalino in Alexandria (1951-1953). Hinzu kam noch, vor allem bei Mackay, Bohigas und Martorell, der Einfluß des britischen New Brutalism (vgl. Mietshaus am Paseo de Ia Bonanova in Barcelona von 1973). Die Arbeit des Architekten J. A. Coderch aus Barcelona war insofern typisch regionalistisch, als sie bis vor kurzem zwischen der mediterran inspirierten Backstein-Moderne, etwa des achtgeschossigen Mietshauses am Paseo Nacional in Barcelona (1951) - einem nach dem Vorbild der Casa Borsalino konzipierten Bau mit geschoßhohen Fensterläden und dünnen auskragenden Gesimsen-, und der avantgardistischen, neoplastischen, an Mies erinnernden Komposition seiner Casa Catasus in Sitges (1956) schwankte. Die Unterschiede des katalonischen Regionalismus werden im Werk von Ricardo Bofill und Taller de Arquitectura deutlich. Denn während Bofills Mietshaus an der Calle Nicaragua von 1964 dem neuinterpretierten regionalen Backsteinstil Coderchs verwandt war, ging die Gruppe Taller in den siebziger Jahren zu einer stärker übertreibenden Rhetorik über. Mit ihrem Komplex Xanadu in Calpe (1967) verschrieb sie sich einem schwelgerischen Romantizismus. Dieser Burgenstil erreichte seinen Höhepunkt bei ihrem heroischen, prahlerischen, mit Fliesen verkleideten Komplex Walden 7 in Sant-Juste Desvem (1975). Mit seinen zwölf Geschosse hohen Lufträumen, den schlecht belichteten Wohnzimmern, den winzigen Balkonen und der sich bereits ablösenden Keramikverkleidung stößt Walden 7 an jene Grenze, wo ein ursprünglich kritischer Impuls zum Populismus degeneriert - einem Populismus, dessen Ziel es nicht ist, eine emanzipatorische Umgebung zu schaffen, sondern eine möglichst fotogene Szenerie. Walden 7 stellt trotz einiger Anklänge an Gaudi eine Architektur des Narzismus par excellence dar, denn die formale Rhetorik orientiert sich an der Raute Couture und an der Vermarktung von Bofills barocker Persönlichkeit. Die hedonistische mediterrane Utopie, zu der sich der Bau bekennt, bricht bei näherer Betrachtung zusammen, vor allem angesichts der Dachlandschaft, wo eine relativ vielseitige Umgebung sich in der Realität der Nutzung nicht bewährt hat (vgl. Le Corbusiers Dachlandschaft auf der Unite in Marseille von 1952). Nichts liegt Bofills Konzept ferner als die Architektur des portugiesischen Meisters Alvaro Siza y Viera, dessen Arbeiten - beginnend mit seinem Schwimmbad in der Quinta da Conceicao, Matosinhos, von 1965 - alles andere als fotogen sind. Das geht nicht nur aus dem fragmentarischen Charakter der veröffentlichten Fotos hervor, sondern auch aus einem Text, den er 1979 schrieb: »Die meisten meiner Bauten wurden nie veröffentlicht; einige wurden nur teilweise ausgeführt, andere wurden völlig verändert oder zerstört. Das ist nur zu erwarten. Ein architektonisches Konzept, das in die Tiefe gehen will . . . , ein Konzept, das mehr als eine passive Materialisierung anstrebt, kann nicht diese Realität reduzieren und jeden Aspekt einzeln analysieren. Ein solches Konzept kann sich nicht auf ein fixiertes Bild stützen, kann nicht einer linearen Entwicklung folgen . . . Jeder Entwurf muß mit äußerster Konsequenz einen präzisen Augenblick des schwankenden Bildes einfangen, . . . und je besser man diese Schwankungen in der Realität erkennt desto klarer wird der Entwurf.« Diese Hypersensitivität gegenüber einer fließenden und dennoch spezifischen

Umgebung macht Sizas Arbeiten vielschichtiger als die der Schule von Barcelona mit ihren eklektizistischen Tendenzen. Von Aalto ausgehend, gründete Siza seine Bauten auf der jeweiligen Topographie und der Feinstruktur des lokalen Kontexts. Deshalb sind seine Arbeiten direkte Reaktionen auf Stadt, Land und See im Gebiet um Porto. Andere wichtige Faktoren sind seine Vorliebe für Materialien der Umgebung, das Handwerk und die Besonderheiten der örtlichen Lichtverhältnisse, ohne daß er sich die Sentimentalität erlaubt, auf rationale Formen und moderne Technik zu verzichten. Wie Aaltos Rathaus in Säynätsalo sind alle Bauten Sizas eng in die Topographie eingebunden. Sie sind eher handfest und materialistisch als visuell und graphisch orientiert, von seinem Haus Beires in Povoa de Varzim (1976) bis zu dem Wohngebäude Bouça von 1977. Selbst seine kleineren städtischen Gebäude, deren bestes wohl die Zweigstelle der PintoBank in Oliveira de Azemeis von 1974 ist, sind von der topographischen Lage her entwickelt. Auch die theoretischen Arbeiten des in New York ansässigen Österreichischen Architekten Raimund Abraham können insofern als latente regionalistische Äußerungen angesehen werden, als er stets für die Schaffung von Orten und die topographischen Aspekte der gebauten Umgebung eintrat. Das »Haus mit drei Wänden« (1972) und das »Haus mit Blumenwänden« (1973) sind typisch für seine ontologischen, »avantgardistischen« Bauten aus den frühen siebziger Jahren. Der spezifische Charakter des Ortes wurde ebenso berücksichtigt wie die unvermeidliche Materialität der gebauten Form. Dieses Gefühl für den tektonischen Charakter des Bauens zeigt sich auch in Abrahams Entwürfen für die Internationale Bauausstellung in Berlin, vor allem in seinem Projekt für die südliche Friedeichstadt von 1981. Noch stärker regionalistisch orientiert sind die Arbeiten des mexikanischen Architekten Luis Barragan, dessen beste Häuser (viele von ihnen im Vorort Pedregal) eindeutig von der Topographie bestimmt wurden. Barragan ist ebenso sehr Landschaftsgestalter wie Architekt und hat stets eine sinnliche, erdgebundene Architektur bevorzugt- eine Architektur mit Umfriedungen, Stelen, Brunnen und Wasserläufen in vulkanischem Felsen und üppiger Vegetation, eine Architektur, die sich indirekt auf die mexikanische estancia bezieht. Als Barragan 1947 sein erstes Haus mit Studio in Tacubaya, Mexiko, baute, begann er sich bereits von der universalen Syntax des sogenannten Internationalen Stils zu entfernen. Dennoch blieben seine Arbeiten stets jener abstrakten Formensprache verpflichtet, die für die Kunst unserer Zeit charakteristisch ist. Barragans Vorliebe für große, schwer identifizierbare abstrakte Flächen, die in die Landschaft gesetzt sind, zeigt sich am deutlichsten bei seinen Gärten für Las Arboledas und Los Clubes von 1961-1964 und bei seinem Monument Satellite City Towers, das er 1967 zusammen mit Mathias Goeritz entwarf. Der Regionalismus trat natürlich auch in anderen amerikanischen Ländern auf: in Brasilien während der vierziger Jahre im Frühwerk Oscar Niemeyers und Affonso Reidys; in Argentimen im Werk von Amancio Williams, vor allem bei seinem Brückenhaus in Mar del Plata von 1945, und in neuerer Zeit bei Clorindo Testas Bank of London and South America, Buenos Aires (1959); in Venezuela bei der Ciudad

Coderch, Casa Catosus, Sitges, 1956. Grundriß Erdgeschoß.

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Siza, Haus Beires, Povoa de Varzim, 1973-1977. Ansicht und Grundriß des Obergeschosses und Grundriß des Erdgeschosses

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Universitaria, die zwischen 1945 und 1960 nach den Entwürfen von Carlos Raul Villanueva erbaut wurde; an der Westküste der Vereinigten Staaten zunächst in den späten zwanziger Jahren in den Arbeiten von Neutra, Schindler, Weber und Gill und danach bei der sogenannten Bay Area School, die von William Wurster begründet wurde, und bei den südkalifornischen Bauten von Harwell Rarnilton Harris. Niemand hat wohl die Idee eines kritischen Regionalismus deutlicher ausgedrückt als Harwell Harris in seinem Vortrag »Regionalism and Nationalism«, den er 1954 vor dem North West Regional Council des American Institute of Architects in Eugene, Oregon, hielt. Bei dieser Gelegenheit trug er zum erstenmal seine treffende Unterscheidung zwischen eingegrenztem und freiem Regionalismus vor: »Dem Regionalismus der Begrenzung steht eine andere Art von Regionalismus gegenüber - der Regionalismus der Befreiung. Es handelt sich hier um die Manifestation einer Region, die besonders eng mit dem Denken ihrer Zeit verbunden ist. Wir nennen eine solche Manifestation nur deshalb >regional<, weil sie anderswo noch nicht aufgetreten ist. Es liegt am Genius dieser Region, daß sie wacher und freier als gewöhnlich ist . . . Um diesen Regionalismus architektonisch auszudrücken, müssen möglichst viele Bauten zur gleichen Zeit entstehen. Nur dann wird die Ausdrucksform so allgemein, so vielfältig und so kraftvoll, daß sie die Phantasie der Menschen anregt und ein freundliches Klima fördert, in dem sich allmählich eine neue Schule der Architektur entwickeln kann. San Francisco war wie geschaffen für Maybeck. Pasadena war wie geschaffen für Greene and Greene. Keiner von ihnen hätte seine Leistungen an einem anderen Ort oder zu anderer Zeit vollbringen können. Beide benutzen die Materialien der Umgebung; aber ihr Werk wird nicht durch die Materialien bestimmt . . . Eine Region kann Ideen entwickeln. Eine Region kann Ideen aufnehmen. In beiden Fällen sind Phantasie und Intelligenz vonnöten. In Kalifornien begegneten in den späten zwanziger und dreißiger Jahren die modernen europäischen Ideen einem Regionalismus, der noch in der Entwicklung begriffen war. In Neuengland dagegen traf der europäische Modernismus auf einen starren, restriktiven Regionalismus, der zunächst Widerstand leistete und dann nachgab. Neuengland akzeptierte die europäische Moderne völlig, weil sein Regionalismus nur noch aus einer Ansammlung von Einschränkungen bestand.« Trotz scheinbarer Freiheit des Ausdrucks ist ein freier Regionalismus heute in Nordamerika kaum zu finden. Unter den äußerst individualistischen Arbeiten, die häufig eher zynisch, überheblich und eitel als kritisch sind, gibt es zur Zeit nur wenige, die sich einer regionalen amerikanischen Kultur verpflichtet fühlen. Ein Beispiel dafür sind die einfachen, auf die Umgebung bezogenen Häuser, die Andrew Batey und Mark Mack für das Napa Valley in Kaliformen entwarfen. Ein weiteres Beispiel ist das Werk des Architekten Harry Wolf, der sich bisher hauptsächlich in North Carolina betätigt hat. Sein Gefühl für die spezifische Eigenart des Ortes äußerte sich besonders polemisch bei seinem Wettbewerbsentwurf für die Riverfront Plaza in Fort Lauderdate (1982). Die Entwurfsbeschreibung zeugt von seinem Interesse sowohl an dem Ort selbst

Abraham, Projekt für die Südliche Friedrichstadt, Berlin, 1981. Detail mit der Hälfte des Geländes.

wie auch an der geschichtlichen Position Fort Lauderdales: »Die Anbetung der Sonne und die Zeitmessung nach ihrem Licht reichen bis in die Frühgeschichte der Menschheit zurück. Interessanterweise würde man im Falle Fort Lauderdales, wenn man dem 26. Breitengrad um die Erdkugel herum folgte, die Stadt in der Gesellschaft des alten Theben finden - wo der Thron des ägyptischen Sonnengottes Ra stand. Weiter im Osten stieße man auf Dschaipur in Indien, wo in alter Zeit die größte äquinoktiale Sonnenuhr der Welt gebaut wurde, hundertzehn Jahre vor der Gründung von Fort Lauderdale. Eingedenk dieser hervorragenden historischen Vorbilder suchten wir ein Symbol, das für Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft von Fort Lauderdale sprechen sollte . . . Um die Sonne als Symbol darzustellen, ist eine große Sonnenuhr in die Plaza graviert, und der Gnomon der Uhr teilt die Plaza in der Nord-Süd-Achse ... Auf dem großen Zeiger der Sonnenuhr sind alle wichtigen Daten aus der Geschichte Fort Lauderdales festgehalten. « In Europa kann man das Werk des italienischen Architekten Gino Valle insofern als regionalistisch bezeichnen, als sein gesamtes Schaffen sich auf die Stadt Udine konzentriert. Von Valle stammt eine der frühesten Neuinterpretationen des lombardischen Stils in der Nachkriegszeit: die Casa Quaglia, die er 1954 in Sutrio errichtete. Abgesehen von der Westküste der Vereinigten Staaten trat der Regionalismus nach dem Zweiten Weltkrieg zum erstenmal in einigen Ländern Europas auf. Zu den Architekten der Vorkriegsgeneration, die dem Regionalismus mehr oder weniger verpflichtet blieben, zählen Ernst Gisel in Zürich, Jorn Utzon in Kopenhagen, Vittorio Gregotti in Mailand, Sverre Fehn in Oslo, Aris Konstantinidis in Athen und schließlich der verstorbene Carlo Scarpa in Venedig. In der Schweiz mit ihren verschiedenen Sprachbereichen und ihrer kosmopolitischen Tradition hat es stets regionalistische Tendenzen gegeben. Das Wechselspiel von Abweisung und Aufnahme hat die Entstehung außerordentlich dichter Ausdrucksformen innerhalb begrenzter Gebiete gefördert. Obwohl das Kantonalsystem die Erhaltung regionaler Kulturen begünstigt, erleichtert 21


Barragtin und Goeritz, Sate/lite City Towers, Mexico City, 1957.

Williams, Brückenhaus, Mar del Plata, 1943-1945.

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die Helvetische Föderation auch das Eindringen und die Assimilation fremder Ideen. Dolf Schneblis an Le Corbusier erinnernde Villa in Campione d‘ltalia nahe der italienisch-schweizerischen Grenze (1960) ist ein frühes Beispiel für den Widerstand der Schweizer Kultur gegen die Richtung Mies van der Rohes. Dieser Widerstand artikulierte sich bald darauf auch in anderen Teilen der Schweiz, etwa bei Aurelio Galfettis ebenfalls von Le Corbusier beeinflußten Haus Rotalinti. In Bellinzona oder bei der Version von Le Corbusiers beton brut, die das Atelier 5 mit der Siedlung Halen bei Bem (1960) lieferte. Die Wurzeln des heutigen Tessiner Regionalismus gehen auf die Pioniere des italienischen Rationalismus in der Schweiz zurück, vor allem auf die Arbeit des Italieners Alberto Sartoris und des Tessiners Rino Tami. Sartoris‘ Hauptwerke waren im Wallis entstanden, darunter eine Kirche in Lourtier (1932) und zwei kleine Häuser in Stahlbetonskelett-Bauweise (zwischen 1934 und 1939 errichtet), von denen das Wohnhaus Morand-Pasteur in Saillon das bekanntere ist. Über die Vereinbarkeit von Rationalismus und ländlichem Bauen schrieb Sartoris: »Ländliche Architektur mit ihren im wesentlichen regionalen Zügen ist ohne weiteres mit dem heutigen Rationalismus in Einklang zu bringen. Tatsächlich verkörpert sie in der Praxis über jene funktionalen Kriterien, auf denen die modernen Baumethoden basieren. «Während Sartoris in erster Linie ein Polemiker war, der den Rationalismus während des Zweiten Weltkriegs und danach lebendig erhielt, interessierte sich Tami eher für die Praxis des Bauens. Die Tessiner Architekten der sechziger Jahre sahen in seiner Kantonalbibliothek in Lugano (1936-1940) ein exemplarisches Beispiel des Rationalismus. Um die Mitte der fünfziger Jahre orientierten sich die Tessiner Architekten mit Ausnahme Galfettis freilich eher an Frank Lloyd Wright als an den italienischen Rationalisten der Vorkriegszeit. Tita Carloni schrieb über seine Anfänge: »Unsere naive Zielvorstellung war ein >organisches< Tessin, in dem sich die Werte der modernen Kultur in natürlicher Weise in die lokale Tradition einflechten sollten.« Und über den Tessiner Neorationalismus der frühen Siebziger Jahre: »Die alten wrightianischen Schemata waren überwunden, das Kapitel der >großen Aufträge< für den Staat mit den guten reformistischen Vorsätzen geschlossen. Es war wieder von unten zu beginnen: Wohnungsbau, Schulen, kleine didaktische Restaurierungen, Teilnahme an Wettbewerben als Gelegenheit, die Inhalte und Formen der Architektur zu untersuchen und kritisch zu überprüfen. Inzwischen hatten die kulturelle Auseinandersetzung in Italien, das politische Engagement und die mühevolle Auseinandersetzung mit einigen einheimischen Intellektuellen, vor allem mit Virgilio Gilardoni, Geschichtsbücher und als wichtigstes die Forderung auf unsere Zeichentische gebracht, die Entwicklung der Moderne, vor allem der zwanziger und dreißiger Jahre, kritisch neu zu lesen.« Die Kraft der provinziellen Kultur beruht auf ihrer Fähigkeit, das künstlerische Potential der Umgebung zusammenzufassen und zugleich Einflüsse von, außen zu verarbeiten. Exemplarisch ist in dieser Hinsicht das Werk Mario Bottas, das sich direkt auf den spezifischen Ort bezieht, aber auch fremde Methoden und Konzepte verwertet. Botta hatte bei Carlo Scarpa gelernt und arbeitete, wenn auch nur kurz, für Kahn wie für Le Corbusier, als beide ihre monumentalen Pro-

jekte für Venedig entwarfen. Offenbar unter dem Einfluß dieser beiden Architekten wandte sich Botta dem italienischen Neorationalismus zu, bewahrte aber zugleich dank Scarpa eine ungewöhnliche Sensibilität für das Handwerkliche. Ein überzeugendes Beispiel dafür ist seine Verwendung von intonacolucido (poliertem Stuck) für die Kamingestaltung eines umgebauten Bauernhauses, die 1979 nach seinen Entwürfen in Ligrignano entstand. Zwei andere Züge in Bottas Werk können als kritisch-regionalistisch bezeichnet werden: seine ständige Beschäftigung mit dem, was er »das Gebäude ausbauen« nennt, und seine Überzeugung, daß der Verlust der historischen Stadt nur durch Städte en mirnature ersetzt werden kann. So ist Bottas Schule in Morbio Inferiore als mikrourbaner Bereich zu interpretieren- als kultureller Ausgleich für den offensichtlieben Verlust an Urbanität in Chiasso, der nächsten größereq Stadt. Assoziationen zur Tessiner Landschaft ruft Botta auch in typologischer Hinsicht hervor, etwa bei dem Haus in Riva San Vitale, das an das früher so verbeitete Sommerhaus auf dem Lande oder »rocoli« erinnert. Bottas Bauten sind zugleich auch Merkzeichen in der Landschaft - sie geben an, wo Grenzen sind. Sein Haus in Ligornetto bezeichnet zum Beispiel die Grenze, an der das Dorf aufhört und der landwirtschaftliche Bereich beginnt; die Hauptöffnung des Hauses wendet sich von den Feldern ab und dem Dorf zu. Bottas Häuser wirken oft wie eine Kombination von Bunker und Belvedere: Die Fenster öffnen sich auf ausgewählte Ausblicke in die Landschaft und lassen nichts von den architektonischen Verheerungen erkennen, die seit 1960 im Tessin angerichtet worden sind. Bottas Häuser sind nicht in die Landschaft eingegraben, sondern »bebauen das Gelände«, entsprechend Vittorio Gregottis These von 1966: l‘architettura è territoria. Sie zeigen sich als Primärformen, die gegen Topographie und Himmel abgesetzt sind. Daß sie mit dem teilweise landwirtschaftlichen Charakter der Region harmonisieren, liegt an ihrer analogen Form und Ausführung, das heißt, an ihren hellen Betonblöcken und ihren scheunen- oder siloähnlichen Gehäusen, die auf die traditionelle Agrarstruktur des Gebiets anspielen. Doch trotz seiner sensiblen Wohnhausbauten, die Moderne und Tradition vereinen, finden sich die kritischen Aspekte seines Schaffens eher in seinen öffentlichen Projekten, vor allem bei den beiden Großprojekten, die er zusammen mit Luigi Snozzi entwarf. Es handelt sich hier um »Viadukt« -Bauten, die an Kahns Entwurf für eine Kongreßhalle in Venedig von 1968 und an Rossis erste Skizzen für Gallaratese von 1970 erinnern. Bottas und Snozzis Projekt für das Centro Direzionale di Perugia (1971) ist als »Stadt innerhalb der Stadt «konzipiert und ließe sich auf viele großstädtische Situationen in der ganzen Welt anwenden. Wäre dieses Zentrum, das als riesige Galerie mit Arkaden geplant war, tatsächlich realisiert worden, so hätte es sich im städtischen Bereich behaupten können, ohne die historische Stadt zu beeinträchtigen oder mit dem Chaos der vorstädtischen Bebauung zu verschmelzen. Eine ähnliche Klarheit und Angemessenheit zeichnet auch ihren Entwurf für den Zürcher hauptbahnhof von 1978 aus. Diese vielgeschossige Brückenkonstruktion sollte nicht nur über vier

Wolf, Modell für die Riverfront Plaza in Fort Lauderdale, 1982.

Valle, Casa Quaglia, Sutrio, 1954-1956.

Scarpa, Kunstgalerie Querini Stampalia, Venedig, 1961-1963.

Schnebli, Haus Castioli, Campione d‘ltalia, 1960.

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Botta und Snozzi, Entwurf für die Bahnhofserweiterung Zürich, 1978, mit dem bestehenden Bahnhofsgebäude und der Brücke über die Gleise.

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getrennte Zugangsebenen mit Läden, Büros und Restaurants verfügen, sondern hätte auch ein neues Kopfgebäude am Ende der überdeckten Bahnsteige dargestellt, ohne die historischen Züge des alten Bahnhofs zu beeinträchtigen. Es ist kein Zufall, daß Tadao Ando, in Japan einer der Architekten mit dem stärksten regionalen Bewußtsein, nicht in Tokio, sondern in Osaka ansässig ist. Seine theoretischen Schriften formulieren deutlicher als die jedes anderen Architekten aus seiner Generation eine Reihe von Forderungen, die der Idee des kritischen Regionalismus nahekommen. So sieht er eine starke Spannung zwischen dem Prozeß der allgemeinen Modernisierung und den Besonderheiten der eingewurzelten Kultur. In einem Essay mit dem Titel »From Self Enclosed Modern Architecture toward Universality« schreibt er: »Ich bin in Japan geboren und aufgewachsen und arbeite hier. Und man könnte wohl sagen, daß meine Methode darin besteht, das Vokabular und die Techniken eines offenen, Universalistischen Modernismus auf einen begrenzten Bereich individueller Lebensstile und regionaler Differenzierung anzuwenden. Dennoch erscheint es mir schwierig, die Empfindungen, Gebräuche, ästhetischen Bedürfnisse, kulturellen Merkmale und gesellschaftlichen Traditionen eines Volkes in dem offenen, internationalistischen Vokabular der Moderne auszudrücken.« Für Ando hat eine begrenzte moderne Architektur zwei Bedeutungen. In erster Linie meint er ganz wörtlich die Schaffung von Enklaven oder, genauer gesagt, Hofhäusern, in denen der Mensch sich erholen und noch einen Rest seiner früheren Bindungen an Natur und Kultur bewahren kann. Bei Andos kleinen Hofhäusern, die oft in dichte Stadtstrukturen eingefügt sind, ist Beton so verwendet, daß der Akzent eher auf der straffen Homogenität der Oberflächen liegt als auf der Massivität. Beton ist für Ando das Material, das sich am besten eignet, »Um Flächen zu realisieren, die von Sonnenstrahlen geschaffen werden ... (und wo) ... die Wände abstrakt negiert sind und die äußerste Grenze des Raumes erreichen. Sie besitzen keine Präsenz mehr, und nur der Raum, den sie umschließen, gibt ein Gefühl wirklichen Existierens.« Die große Bedeutung des Lichts wird auch in theoretischen Schriften Kahns und Le Corbusiers hervorgehoben. Ando glaubt dagegen, daß das Paradoxon der vom Licht ausgehenden räumlichen Transparenz typisch für Japan ist. Daraus ergibt sich die zweite, weiter gefaßte Bedeutung, die er dem Konzept einer in sich selbst geschlossenen Modernität zumißt: »Räume dieser Art werden im Alltagsgeschäft übersehen und treten selten nach außen in Erscheinung. Trotzdem stimulieren sie die Erinnerung an ihre eigenen innersten Formen und rufen zu neuen Entdeckungen auf. Das ist das Ziel dessen, was ich >geschlossene< moderne Architektur nenne. Eine solche Architektur wandelt sich je nach der Gegend, in die sie ihre Wurzeln aussendet, und wächst in unterschiedlichen, individuellen Formen. Aber obwohl sie geschlossen ist, bin ich sicher, daß sie als Methode universal und offen bleibt.« Ando dachte dabei an die Entwicklung einer Architektur, bei der die Taktilität des Werkes über die ursprüngliche Auffassung seiner geometrischen Ordnung hinausgeht. Für die Enthüllung der Form unter der Einwirkung des Lichts sind Präzision und klare Details besonders wichtig. So schrieb Ando über sein Haus

Koshino von 1981: »Das Licht verändert seinen Ausdruck mit der Zeit. Ich glaube, daß die Materialien der Architektur nicht mit Holz und Beton aufhören, die greifbar sind, sondern darüber hinaus auch Licht und Wind einschließen, die an unsere Sinne appellieren ... Das Detail ist das wichtigste Element, das Identität ausdrückt . . . Deshalb ist für mich das Detail ein Element, das die physische Komposition der Architektur herbeiführt, zugleich aber ein Bild der Architektur entstehen läßt.« In ihrem Artikel über den kritischen Regionalismus der griechischen Architekten Dimitris und Susana Antonakakis mit dem Titel »The Grid and the Pathway« (Architecture in Greece, 1981) wiesen Alex Tzonis und Liane Lefaivre auf die zwiespältige Rolle hin, welche die Schinkelschule bei der Bebauung von Athen und der Gründung des griechischen Staates spielte: »In Griechenland war der historische Regionalismus in seiner neoklassizistischen Version bereits vor der Einführung des Wohlfahrtsstaates und der modernen Architektur auf Widerstand gestoßen. Er war durch eine Krise entstanden die gegen Ende des 19. Jahrhunderts ausbrach. Der historische Regionalismus ist hier nicht nur aus einem Befreiungskrieg hervorgegangen. Er erwuchs auch aus dem Interesse, eine städtische Elite zu entwickeln, die sich gegen die Welt der Bauern und ihre ländliche >Rückständigkeit< absetzen und eine Vorherrschaft der Stadt über das Land begründen sollte: Daraus erklärt sich die besondere Anziehungskraft des historistischen Regionalismus, der eher auf Theorien als auf Erfahrungen beruhte und dessen Monumentalität an eine andere ferne und verlorene Elite erinnerte. Der historische Regionalismus vereinte das Volk, aber er trennte es auch.« Die Reaktionen, die dem Triumph des griechischen nationalistischen, neoklassizistischen Stils im 19. Jahrhundert folgten, variierten von einem regionalen Historismus in den zwanziger Jahren bis zu dem engagierten Modernismus der dreißiger Jahre, der sich im Werk von Architekten wie Stamo Papadaki und J. G. Despotopoulos manifestierte. Wie Tzonis feststellte, faßte der kritische Regionalismus in Griechenland mit den frühesten Arbeiten von Aris Konstantinidis Fuß, mit seinem Haus in Eleusis von 1938 und der Gartenbauausstellung in Kifissia von 1940. In den fünfziger Jahren entwickelte Konstantinidis seine Ideen weiter, mit verschiedenen Wohnprojekten für niedrige Einkommensgruppen und mit den Hotels, die er zwischen 1956 und 1966 für die nationale Touristenorganisation Xenia entwarf. Bei allen öffentlichen Arbeiten zeigt sich eine gewisse Spannung zwischen der Rationalität des Stahlbetongerüsts und der Taktilität des einheimischen Steins, der als Ausfachung verwendet ist. Weitaus eindeutiger regionalistisch geprägt ist die Parkanlage, die Dimitris Pikionis 1957 für den Berg Philopappos in der Nachbarschaft der Athener Akropolis schuf. Tzonis schreibt darüber: »Pikionis‘ Werk ist frei von technologischem Exhibitionismus und künstlerischer Eitelkeit (die so typisch für die Architekturtendenzen der fünfziger Jahre waren), eindeutig und nahezu entmaterialisiert - eine Komposition von >Orten, die für diesen Zweck geschaffen wurden< und sich um den Hügel herum aneinanderreihen, für einsame Kontemplationen, für intime Diskussionen, für kleinere Treffen, für eine große Versammlung.

Ando, Haus Koshino, Osaka, 1981. Ansicht und Grundriß

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Pikionis, Pflasterung im Park auf dem Philopappos, Athen, 1957.

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Um diese ungewöhnliche Kette von Nischen, Passagen und Situationen zu verbinden, übernimmt Pikionis passende Elemente aus den Wohnbereichen der Volksarchitektur, doch diese Anknüpfung an das Regionale hat keine emotionalen Gründe. Diese Abläufe konkreter Vorgänge werden im Gegenteil mit kühlen empirischen Methoden untersucht, als habe sie ein Archäologe dokumentiert. Weder ihre Auswahl noch ihre Anordnung soll spontane oberflächliche Emotionen auslösen. Es sind Plattformen, die im alltäglichen Sinne genutzt werden sollen, aber zugleich liefern, was der Alltag in der modernen Architektur eben nicht bietet. Die Erforschung des Lokalen ist Voraussetzung dafür, daß man zum Konkreten und Realen gelangt und die Architektur wieder human macht.« Tzonis sieht die Arbeiten des Büros Antonakakis irgendwo zwischen dem autochthonen Prinzip von Pikionis und dem Universalismus von Konstantinidis. Auch hier spiegelt sich wieder die Dialektik zwischen Kultur und Zivilisation wider. Ein Beispiel für diese Dualität ist das Mietshaus in der Benakis-Straße in Athen von Antonakakis (1975), in dem eine von den griechischen Inseln inspirierte, labyrinthische Wegführung in den rationalen, regelmäßigen Raster eines Stahlbetongerüsts eingefügt ist. Wie ich aufzuzeigen versuchte, ist der kritische Regionalismus weniger ein Stil als eine kritische Kategorie, die sich an bestimmten gemeinsamen Merkmalen orientiert (auch wenn sie in den genannten Beispielen nicht immer erkennbar sind). Diese Merkmale lassen sich vielleicht am besten wie folgt zusammenfassen: 1) Der kritische Regionalismus steht zwar dem Prozeß der Modernisierung kritisch gegenüber, verzichtet aber nicht auf die emanzipatorischen und progressiven Aspekte des modernen architektonischen Erbes. Sein fragmentarischer und marginaler Charakter hält ihn von normativer Optimierung ebenso fern wie vom naiven Utopismus der frühen Moderne. Im Gegensatz zu der Linie, die von Haussmann bis zu Le Corbusier führt, zieht er den kleinen Plan dem großen Plan vor. 2) Der kritische Regionalismus manifestiert sich als bewußt begrenzte Architektur, die weniger das Gebäude als freistehendes Objekt betont als den Ort, der durch die Errichtung des Bauwerks entsteht. Diese »Platz-Form« bedeutet; daß der Architekt die physische Grenze seines Werks als eine Art zeitliche Begrenzung erkennen muß- der Punkt, an dem der Akt des Bauens aufhört. 3) Der kritische Regionalismus faßt das Bauen als tektonisches Faktum auf und nicht als Reduzierung der gebauten Umgebung auf eine Reihe schlecht zusammenpassender szenographischer Episoden. 4) Der kritische Regionalismus ist regional in dem Sinne, daß er für das Grundstück spezifische Faktoren berücksichtigt, von der Topographie.- einem dreidimensionalen Gefüge, in die das Bauwerk eingepaßt wird- bis zum Wechselspiel des Lichts am Orte. Das Licht gilt stets als das wichtigste Mittel, Volumen und tektonische Werte eines Gebäudes zu offenbaren. Damit ist zwangsläufig eine Einbeziehung der klimatischen Verhältnisse verbunden. Deshalb wendet sich der kritische Regionalismus gegen die Tendenz der »universalen Zivilisation«, die Verwendung von Klimaanlagen und so weiter an allen Orten zu propagieren. Alle Öffnungen sollen vielmehr als delikate Übergangszonen behandelt werden,

die den spezifischen Voraussetzungen des Grundstücks, des Klimas und des Lichts entsprechen. 5) Der kritische Regionalismus legt auf Taktilität ebenso viel Wert wie auf Visualität, denn er geht davon aus, daß die Umgebung sich nicht nur optisch erfahren läßt: Hinzu kommen Wahrnehmungen wie unterschiedliche Lichtverhältnisse, wechselnde Empfindungen von Wärme, Kälte, Feuchtigkeit und Luftbewegung, Gerüche und Geräusche, die je nach den Materialien und Volumen variieren, und sogar unwillkürliche Veränderungen der Körperhaltung und des Schritts beim Wechsel des Bodenbelags. In einer Zeit, die von den Medien beherrscht wird, wendet sich der kritische Regionalismus dagegen, daß Erfahrung durch Information ersetzt wird. 6) Der kritische Regionalismus steht zwar der sentimentalen Simulation einer lokalen Formensprache ablehnend gegenüber, verwendet aber gelegentlich neu interpretierte regionale Elemente als isolierte Episodeninnerhalb des Ganzen. Manchmal leitet er solche Elemente auch von Quellen anderer Länder her. Er will also, mit anderen Worten, eine zeitgenössische, am Ort orientierte Kultur pflegen, ohne hermetisch zu werden, weder auf formaler noch auf technologischer Ebene. Insofern tendiert er zum Paradoxon einer regional begründeten »Weltkultur«, als sei dies die Voraussetzung, relevante Formen für die heutige Praxis zu finden. 7) Der kritische Regionalismus floriert vor allem in jenen kulturellen Zwischenräumen, die sich in irgendeiner Weise dem Drang nach universaler Zivilisation zu entziehen vermögen. Die Existenz des Regionalismus macht deutlich, daß der Begriff eines dominanten kulturellen Zentrums, von abhängigen, untergeordneten Satelliten umgeben, letztlich kein adäquates Modell mehr darstellt, an dem sich der gegenwärtige Stand der modernen Architektur einschätzen ließe.

Antonakakis, Appartementhaus in der Benaki-Straße, Athen, 1975. Querschnitt und Ansicht.

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1 : 2‘000

Valendas Kanton Höhe Fläche Einwohner Einwohnerdichte

Graubünden 810 m ü. M. 22.70 Km2 288 13 Einw. pro km²

Nutzung Mehrgenerationenwohnen, Gemeindebibliothek mit Ortsmuseum

1 : 20‘000

1 : 10‘000

1 : 2‘000

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Der Ort Valendas

Surselva: Aufbruch im Dorf Neue Architektur, Landschaften und Dorfentwicklung von Disentis bis Valendas und Films im Bündner Oberland, Lumida Seifert, Themenheft von Hochparterre, Oktober 2014

Ein neuer Stammtisch Das „Gasthaus am Brunnen“ in Valendas soll wieder zum Treffpunkt werden. Es gibt einer bemerkenswerten Dorferneuerung ein einprägsames Gesicht. „Bim Brunna“ ist in Valendas ein unverwechselbarer Ort. Das Dorf liegt in der Gemeinde Safiental, auf der gegenüberliegenden Talseite von Laax. Inmitten stattlicher Häuser erstreckt sich eine freie Fläche, die von einem Wasserbecken beherrscht wird. Rund fünf Meter breit und acht Meter lang ist der Holzbrunnen. Auf seinem Stock thront höchst eigenwillig eine Meerjungfrau, die Replik einer 1760 geschaffenen Skulptur, deren Original sich im Museum befindet. Dieser Platz war einst mehr als bloss die geografische Mitte des Dorfes. Hier wurde das Wasser geholt, die Wäsche gewaschen und das Vieh getränkt; hier trafen sich die Menschen zum Zeitvertreib; hier konzentrierte sich auch die öffentliche Infrastruktur: Schule, Sennerei, Wirtshaus, Post und Laden. Zum Ende des 20. Jahrhunderts war vom Treiben auf dem Dorfplatz wenig übrig geblieben. Seit 1900 hatte sich die Zahl der Einwohner von 500 auf unter 300 verringert. Der einst stolze Ort mit seinen eindrücklichen Bürgerhäusern drohte zur Geisterstadt zu verkommen. «Valendas ist ein abgehendes Dorf», konstatierte 1977 ein alter Valendaser in einem Dorfporträt des Schweizer Fernsehen resigniert und die Kamerabilder der verwaisten, baufälligen Häuser rund um den Dorfplatz versinnbildlichten die Untergangsstimmung, die sich der Gemeinde bemächtigt zu haben schien. Zukunft suchen „Unser Dorf hat Zukunft“, rufen im Herbst 2003 die beiden Valendaser Walter Marchion und Regula Ragettli ihre Mitbewohnerinnen und -bewohner auf, die fatalistische Lethargie aufzubrechen und sich gemeinsam dem unaufhaltsam scheinenden Niedergang des Dorfes entgegenzustellen. Ihr ehrgeiziges Ziel: Das Ortsbild erhalten und eine nachhaltige Dorfentwicklung anschieben. Im Jahr zuvor hatte der Seminarist Donath Caduff die Siedlungsstruktur von Valendas analysiert -und damit das Bewusstsein für die besonderen Qualitäten des Dorfes geschärft. Nicht zufällig figuriert der idyllisch auf einer Terrasse über der Vorderrheinschlucht gelegene Ort im Isos, dem Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung. Das Isos hebt den «sehr dominanten, für die Region einmalig dichten Kern» hervor, die «besonderen räumlichen Qualitäten» des Dorfplatzes und die «grosse Zahl bedeutender Einzelbauten». Von baulichen Auswüchsen, wie sie die nahen Touristenhochburgen der „Weissen Arena“ zu gewärtigen hatten, blieb der Dorfkern aufgrund seiner peripheren Lage verschont und so präsentiert er sich bis heute in intaktem Zustand. Der Vorstoss vom Herbst 2003 mündete im Jahr darauf in die Gründung des

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Vereins Valendas Impuls, der heute die Geschicke des Dorfes massgeblich mitbestimmt. Dass die Bürgerinitiative breiten Rückhalt in der Gemeinde fand, ist ihrer Fokussierung auf die Bedürfnisse der Bevölkerung zu verdanken. Ortsbildpflege als zentrales Anliegen des Vereins beschränkt sich nicht auf den Erhalt von Einzelobjekten, sondern wird verstanden als Pflege des eigenen Lebensraums. Damit vermehrt sich das kulturelle, gesellschaftliche und wirtschaftliche Wohlergehen. Sie ist denn auch eingebunden in einen bunten Strauss weiterer Aktivitäten, die den Zusammenhalt und die Identifikation der Bewohner mit ihrem Ort stärken und Verdienstmöglichkeiten schaffen. Was tun mit den historischen Häusern? Die Fragen hiessen: Was mit den unbewohnten und verwitternden Häuser im Dorfkern tun? Wie kann die historische Bausubstanz vor dem Zerfall bewahrt und gleichzeitig so genutzt werden, dass sie zur Belebung des Dorfes wie auch zu einer Wertschöpfung vor Ort beiträgt? Zu ihrer Klärung holten sich die Valendaser den Bündner Heimatschutz ins Boot. 2006 erläuterte eine Machbarkeitsstudie der Illanzer Architekten Ramun Capaul und Gordian Blumenthal die Entwicklungspotenziale dreier historischer Häuser des „Grauhuus“ und des „Engihuus“, beide direkt am Dorfplatz gelegen, sowie des vom Platz etwas abgerückten „Türalihuus“. Das „Türalihuus“, ein siedlungsbaulich und baugeschichtlich ebenso wertvolles wie verwahrlostes barockes Bürgerhaus, sollte auf seine Eignung für die Stiftung Ferien im Baudenkmal untersucht werden. Diese hatte der Schweizer Heimatschutz 2005 gegründet. Ihr Ziel ist es, bedrohte Baudenkmäler zu übernehmen, sanft zu renovieren und als Ferienwohnungen zu vermieten. Für das der Gemeinde gehörende „Engihuus“ sah man quasi in Ergänzung zum „Türalihuus“ den Ausbau zu einem Begegnungsortmit Restaurant, Gemeindesaal und Gästezimmern vor. Und am „Grauhuus“ schliesslich, einem Repräsentationsbau des 17.Jahrhunderts in Privatbesitz, sollte exemplarisch aufgezeigt werden, wie ein historisches Haus unter Wahrung seiner denkmalpflegerischen Werte den Komfortansprüchen von heute angepasst werden kann.

Türaluhuus

Ferien im „Türalihuus“ Die Resultate waren vielversprechend die Studie wirkte. Die für die Umnutzung des „Türalihuus“ veranschlagten Investitionskosten von mehr als zwei Millionen Franken schreckten die Stiftung Ferien im Baudenkmal nicht vor einem Kauf des Objekts ab. 2007 ging das Haus in Besitz der Stiftung über. Ab 2010 wurde es vom Büro Capaul und Blumenthal sorgfältig renoviert, mit einem konservatorischen Ansatz, der in seiner Radikalität seinesgleichen sucht. Die Architekten zeigten grossen Respekt vor dem alten Gebäude, das dank sieben Jahrzehnten Stillstand so authentisch geblieben ist, wie man es heute kaum mehr antrifft. Ab diesem Spätherbst stehen im „Türalihuus“ zwei grosse Wohnungen zur Verfügung, die dem Gast Ferien in der Atmosphäre eines reichen Bürgerhauses aus dem 18. Jahrhundert ermöglichen.

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„Engihuus“ mit Stammtischfunktion Der Verkauf des zuvor allgemein als hoffnungslos beurteilten „Türalihuus“ gab die Initialzündung, auch beim „Engihuus“ anzupacken. Durch den Ausbau des Hauses zum Kleinhotel mit Festsaal und Restaurant hofften die Valendaser, auch ihren Dorfplatz zu revitalisieren. Zur Realisierung der ambitiösen Idee bildete der Verein 2007 die Stiftung Valendas Impuls, für die sich Martin Pfisterer, ein mit dem Dorf verbundener Nachfahre der Valendaser Familie von Marchion, als Präsident engagiert; ihr überliess die Gemeinde das Gebäude. Betriebswirtschaftliche Abklärungen ergaben: Rund vier Millionen Franken mussten durch Spenden und Darlehen aufgebracht werden. Auch die Suche nach einem geeigneten Architekten gestaltete sich schwierig. Neuer Schwung kam auf, als Gion A. Caminada sich 2011 bereit erklärte, ins Projekt einzusteigen. Ihn faszinierte die Atmosphäre des Ortes, der Impuls der Gemeinde, dem Dorf neues Leben einhauchen zu wollen «der Wille der Valendaser zur Gemeinschaft», wie er sich ausdrückt. «Einen guten Ort für die Gemeinschaft bauen» dies war denn auch das Leitmotiv seiner Arbeit am „Engihuus“. Im Sommer 2013 war die Finanzierung gesichert, und der Bau konnte beginnen. Es war ein sperriges Stück Architektur, das Caminada zu bearbeiten hatte. Das im Kern ins frühe 16. Jahrhundert zurückreichende Gebäude besteht aus zwei einst frei stehenden Bauernhäusern mit gemauerten und holzgestrickten Teilen, die 1674 erweitert und unter einem Dach vereint worden waren. Die äussere Erscheinung hat Caminada kaum verändert. Die einfach verglasten Sprossenfenster wurden beibehalten und durch neue Innenfenster ergänzt, die hölzernen Fensterstöcke farblich dem neu aufgezogenen Kalkputz der Aussenmauern angepasst. Die wiederverwendeten Jalousien erinnern daran, dass das Haus einst ein Wohnhaus war. Heute sind dort die Hotelzimmer untergebracht und die Gaststube, die direkt vom Dorfplatz her erschlossen ist. Dieser ursprünglich zweigeteilte Raum war früher schon eine Schankwirtschaft. Es galt, ihn atmosphärisch aufzurüsten. Die maroden Holzriemen sind durch Holzpflaster aus Eiche ersetzt, die Steinwände verputzt und weiss gestrichen. Eine schlanke Betonsäule in seiner Mitte bindet und teilt den Raum zugleich Spannung entsteht zwischen den zwei einander gegenüberliegenden Stammtischen; durch die verglaste Eingangstür lässt sich das Geschehen am Brunnen gut überblicken. Die Gästezimmer befinden sich in den beiden Obergeschossen. Hier wird die Vergangenheit spürbar in den übernommenen historischen Bau und Ausstattungsteilen. Die acht Zimmer sind individuell „weitergebaut“, angepasst an die neuen Bedürfnisse. Das Handwerk verbindet das Alte mit dem Neuen: Das reicht bis zu den auf Mass gefertigten Kacheln aus handgebrannter Keramik, mit denen die Nasszellen ausgekleidet sind. Alt und Neu zusammenbringen Der Hotelempfang, die Küche, ein kleines Restaurant für gehobene Ansprüche und der Saal sind in einem Neubau untergebracht. Er steht anstelle eines Stalls und schliesst seitlich ans „Engihuus“ an - ein lang gestreckter zweistöckiger Baukörper aus Beton unter flach geneigtem Satteldach, quer zum alten Haus 32

positioniert und aus der Flucht von dessen Platzfassade zurückversetzt. Längsseitig grenzt er nah an die Bauten der Nachbarparzellen, seine Giebelfront schliesst mit einem kleinen Aussenplatz an einen Baumgarten an. Die massive Struktur hat Caminada mit grossen, hochrechteckigen Öffnungen durchbrochen; im Erdgeschoss entsteht so eine Art Kolonnade, die den engen Zwischenraum zum nebenstehenden Haus zu weiten vermag. Die einheitliche Abfolge von geschlossenen und offenen Mauerflächen betont den öffentlichen Charakter der Anlage. Die Repetition des immer Gleichen entfaltet eine besondere Kraft. Herzstück des neuen Gebäudes ist der siebzig Quadratmeter grosse Saal im Obergeschoss. Seine Integration in den Neubau gab den Ausschlag für dessen steinerne Konstruktion - denn aus Stein ist in Valendas alles, was einen repräsentativen Anspruch hat. Der Neubau gleicht sich so auch dem „Engihuus“ an. Caminada wollte keinen plakativen Kontrast von Alt und Neu. Der Neubau sollte mit dem Altbau nicht nur in funktionaler, sondern auch in architektonischer Hinsicht zu einem Ganzen werden und sich so in den Dorfkern einfügen. Wenn Alt und Neu formal auch klar voneinander unterschieden sind, so verbindet sie die Präsenz der verwendeten Konstruktionen und Materialien. Wichtig ist der Kalk, der alte und neue Formen zu einer Einheit verschweisst. Eine Herausforderung war, den versteckt liegenden Neubau mit dem Dorfplatz zu verbinden. Hierzu dient eine markante, von unten nach oben sich verbreiternde Steintreppe, die die Schnittstelle von Alt- und Neubau zusammenfügt. Sie steuert, auf halber Höhe die Grenze zwischen innen und aussen durchbrechend, auf einen schmalen Gang zu, der den zum Garten orientierten Saal erschliesst. Die Treppe reicht über die Fassadenflucht des Altbaus hinaus. Der Raum wird nach vorne geholt, auf den Platz, und dieser seinerseits zum Haus geführt. Mit der geschickten Organisation des Weges zum Saal gelang es Caminada, den Platz übereck mit dem Baumgarten zu verzahnen und diesem die Bedeutung eines kleinen Parks zu verleihen. Der öffentliche Raum wird auch im ebenerdigen Bereich erweitert, wo die Pflästerung des Platzes nahtlos entlang der verglasten Kolonnaden weitergeführt wird. Atmosphäre aus Stein und Holz Im Saalinnern allerdings ist der Aussenraum bewusst zurückgedrängt. Anstelle eines Panoramafensters, das den Blick in die Surselva inszeniert hätte, setzte Caminada eine regelmässige Serie hochrechteckiger Fenster. Die Öffnungen dienen nicht dazu, die Aussicht freizugeben, sondern sollen das Geheimnis des Innenraums bewahren. Der Saal ist ein atmosphärisch dichter Raum, zentriert und klar gefasst durch die geschlossenen Ecken; die leichte Bauchung der mit Leinwand überspannten hölzernen Decke nimmt ihm die Härte seiner Geometrie. Weich erscheint auch der Beton der Wände: Die Oberflächen sind sandgestrahlt und mit einer Lasur überzogen, deren grünlicher Ton auf die Farben der Umgebung abgestimmt ist. Riemenböden aus massiver Eiche tragen das Ihre zur behaglich-warmen Ausstrahlung des Saales bei. Eiche bestimmt den Raumeindruck eines kabinettartigen Zimmers, das seitlich an den Saal anschliesst und sich durch das Aufdrehen eines Tores mit diesem verbinden lässt. Ein grosses 33


Fenster stellt den Bezug zum Dorfplatz her. Wird es geöffnet, verwandelt sich die Kammer in eine Loggia, das Geschehen rund um den Brunnen dringt so ins Innere des Gebäudes einund im Gegenzug werden die Ereignisse im Innern auf den Platz getragen. Als «kraftvoller Begegnungsort», so Caminada, soll das neue Gasthaus in Valendas die auseinanderdriftenden Kräfte an den Ort und sein Zentrum zurückbinden helfen und Leben und Arbeit ins Dorf bringen. Die Zeichen stehen auf Erfolg. Und so wird sich zeigen, dass sich den „alpinen Brachen“ durch eine Stärkung des Bestehenden Perspektiven eröffnen können und den Städtern eine neue Sicht aufs Berggebiet. (…) Die Frage bleibt: Wird die in den letzten Jahren entstandene Bewegung in Valendas von der Bevölkerung weitergetragen? Werden die privaten Hausbesitzer ihre leer stehenden Häuser nach dem Vorbild des fürs „Grauhuus“ erarbeiteten Konzepts instand stellen und fürs Wohnen wiederbeleben? Einen Anfang hat Walter Marchion zusammen mit dem Splügner Hotelier Hans Ruedi Luzi - auch er ein engagierter „Impülsler“ mit der Renovation des barocken „Bandlihuus“ am Dorfausgang gegen Ilanz gemacht. Zuversichtlich stimmt auch das anhaltend beharrliche Engagement des Vereins Valendas Impuls, der sich schon ins nächste Abenteuer stürzt: Es gilt, eine sinnvolle Lösung zu finden für das älteste (…) Bauernhaus der Region, das sogenannte „Jooshuus“. Der Verein hat es geschenkt erhalten mit der Auflage, «etwas Gutes damit zu tun».

Valendas Brunnen

Gion A. Caminadas Zettelkasten Bauernhöfe, Wohnhäuser, Saalbau, Sägerei, Alphaus und Totenstube in Vrin; Hotels in Vals, Siat und neulich auch in Valendas; Schulhaus in Duvin; Internatshaus, Landwirtschaftszerrtrum und Käserei in Disentis (…). Seit bald drei Jahrzehnten ist Gion A. Caminada an der Baukultur der Surselva beteiligt. Und je erfahrener er wurde, desto eleganter verknüpfte er seine Häuser mit ihrer sozialen und kulturellen Umgebung. Und je älter er wird, desto dichter strickt er Worte um seine Bauten - er konstruiert eine originelle, in der Erfahrung ruhende Theorie der Architektur. Annemarie und Lucius Burckhardt und Umberto Eco, Immanuel Kant, Michael Hampe und Henri Lefebvre sind unter anderen seine intellektuellen Quellen, die er auch für seine Arbeit als Professor für Architektur an der ETH Zürich braucht. Seine Theorie legt er dar in Interviews, Vorträgen und Projektberichten. So ist ein Zettelkasten entstanden, den wir bei einem köstlichen und langen Zmittag im „Caffe sil Plaz“ in Ilanz um ein paar Zettel ergänzt haben, die sich mit dem Ort, der Surselva und dem Handwerk des Architekten und der Bilderwelt des Gion A. Caminada beschäftigen. Zur Eigenart regionaler Architekturen «Baukultur als Resultat menschlicher Leistungen geht über die architektonische Gestaltung hinaus. Regionale Architekturen haben sich im Verlauf der Jahrhunderte aus klimatischen Verhältnissen, aus Ressourcenknappheit, aus den Materialien und Fähigkeiten vor Ort entwickelt. So entstanden Bauten, die sich in unterschiedlichen Klima- und Mikroklimazonen in Form, Geometrie und Material voneinander unterschieden. Kenntnisse des Gebäudes sowie der Produktionsverfahren, Wissen zu Form, Geometrie, Material, Eigenschaften des Materials, Art, Lage und Grösse der Öffnungen und ihr Verhältnis zur Raumgrösse waren grundlegende Kompetenzen der Bauleute, ebenso das Verständnis des Wetters, der Jahreszeiten und des Mikroklimas. Der Ort, seine besonderen Verhältnisse und die Fähigkeiten der Menschen, daraus eine Existenz zu formen, haben eine Vielfalt von Kulturen herausgebracht. Daraus können wir lernen, daraus entsteht auch heute ein nützliches Geländer für eine sinnvolle Architektur.» Zu Ort und Differenz «Es gibt keine Rezepte, wie man Orte herstellen kann, es gibt dafür eine Haltung. Ihr Motiv ist die Differenz, die aus einem Ort wächst. Dazu nützt eine Architektur, die auf den visuellen Effekt angelegt ist, nichts. Die Orientierung am Bild forciert nur die Konkurrenz zu anderen Orten. Das ist kein Weg, denn Differenz wächst aus Nähe zu den Dingen. Was ist da und nahe? Wie kann es gestärkt werden? Solche Fragen erforsche ich auch mit den Mitarbeitern und Studentinnen meines Lehrstuhls an der Architekturabteilung der ETH Zürich. „Orte Schaffen“ ist eines der Projekte, in dem es um den Dialog zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Politik, Handwerk, Architektur und anderen Disziplinen geht. Wir wollen als Architekten Kompetenzen zurückfordern. Wir wollen als

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Architektinnen und Architekten den Ingenieurwissenschaften auf Augenhöhe begegnen und nicht nur den ästhetischen Bezug zum Raum herstellen - ein Bild ist noch kein Ort. Und übrigens: Der Ort und die Differenz sind auch touristisch betrachtet eine Ressource der Surselva.» Zum Gewicht von Sinnlichkeit «Technische Errungenschaften versprechen, alle Probleme zu lösen. Die Technisierung macht das überlieferte, ursprüngliche Wissen obsolet. Die scheinbar endlose Verfügbarkeit von Material, Technik und Energie führte zur Nivellierung von kulturellen Unterschieden. Die Folgen: Vielfalt wird vernichtet. Die Technik leistet viel, und die Industrialisierung ist selbstverständlich eine wertvolle Errungenschaft der Zivilisation. Wir dürfen aber nicht verschweigen, dass diese Technisierung laufend die sinnliche Wahrnehmung verändert- nicht nur zum Guten. Die Temperaturunterschiede, verschiedene Luftfeuchtigkeiten, akustische Differenzen, unterschiedliches Tageslicht, verschiedene Gerüche sind nur einige Elemente für sinnliche Erfahrungen. Neugier und Wissen um solche Differenzen beeinflussen meine Entwürfe massgeblich.» Zum Umgang mit Energie «Der sparsame Umgang mit Energie und Ressourcen ist nötig, richtig und klug. Dennoch können wir das Energieproblem nicht mit der technischen Hochrüstung der Häuser lösen. Die Forschung meines Lehrstuhls untersucht die Grundelemente der Raumbildung, Form, Geometrie, Material und Konstruktion auf ihre physikalische Wirkung. Der präzise Einsatz von Technik und Elektrotechnik ist edler Zusatz - eine Folge und kein für sich alleinstehender Grund. Ich bin überzeugt, dass so mehr Raumqualität, höhere Wertschöpfung des Ortes und mehr Baukultur entstehen- und energievernünftige Bauten. Die Trennung der Gestaltung des Architekten von der Technik des Ingenieurs ist falsch, und wer nur energieeffizient baut, der baut unklug und alles andere als nachhaltig.» Zum Strickbau in Vrin «In Vrin wurden alle Häuser und Ställe auf eine bestimmte Art und Weise erbaut- im Strickbau, der weit über die Alpentäler hinaus verbreitet war. Holzbalken werden aufeinandergeschichtet und an den Ecken miteinander so verstrickt, dass sie sich gegenseitig halten. In den letzten Jahrzehnten wurde diese Holzkonstruktion von neuen Holzbauweisen verdrängt. Sie dennoch in die heutige Zeit zu tragen, ist eine bewusste Entscheidung, die jedoch auch die Weiterentwicklung der Konstruktion erfordert. In Vrin geht es nicht darum, ein malerisches Dorfbild zu er- halten. Der Strickbau will mehr. Um ihn versammeln sich Wissen und Kultur, er verdichtet sozioökonomische Zusammenhänge und leistet mit seiner langen Wertschöpfungskette einen Beitrag für das Leben abseits von ökonomischen Zentren. Der Strickbau trägt entscheidend zur Bildung des Ortes bei.»

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An der Architekturabteilung der ETH Zürich «Ich bin sicher, dass sich das Entscheidende im Leben jedes einzelnen Menschen weiterhin am konkreten Ort ereignet. Diese Überzeugung trägt die Lehre und die Forschung des Lehrstuhls Caminada. Ich lehre, und wir erforschen Architektur als eine interdisziplinäre Beschäftigung. Verknüpft führen unterschiedlichste Themengebiete zu einer originären Architektur, die dem Ort und dem Menschen dient und für beide Perspektiven zeigt - kulturelle, soziale und wirtschaftliche. Um das zu erreichen, hüte ich mich davor, den Studentinnen und Studenten eine bestimmte Art von Architektur zu lehren- seien es Methoden, Bilder oder Stilrichtungen. Meine Mitarbeiterinnen, Assistenten und ich vermitteln den Studierenden einzig Werkzeuge-wir bieten keine Lösungen an. Dieses pädagogische Anliegen stärkt die Autonomie des Einzelnen. Der autonome Mensch ist selbstbewusst, selbstkritisch und solidarisch.» Zum „Gasthaus am Brunnen“ in Valendas «Das Dorf als Träger von Gemeinschaft ist auf ein wirtschaftliches, soziales, ästhetisches und kulturelles Gleichgewicht angewiesen. Schwächelt eines dieser Glieder, werden nicht nur die inneren Beziehungen gestört, es verlieren auch die nach aussen an Bedeutung. Ohne das kraftvolle Innere ist eine wirkungsvolle und ernstzunehmende Partnerschaft mit dem Aussen unmöglich. Die Herausforderung in Valendas war, einen Ort entwickeln zu helfen, der verlorenen Gemeinschaftssinn zurückgewinnt. Eine Architektur mit einem solchen Anspruch ist keine Utopie, sie setzt Schritte für eine „bessere“ Welt innerhalb eines gegebenen Kontexts um. In ihr und mit ihr gilt es, die Nähe und die Distanz zu den Dingen dieser Welt neu zu vermessen. Den Orientierungen an einer globalisierten Architektur und nur auf Wirtschaft konzentrierten Dorfentwicklung fehlen Anschauung; sie stiften nur fiktive Beziehungen; sie sind für die Rückeroberung der Gemeinschaft genauso irrelevant wie das abgeschottete, individualistische Dasein. So auseinanderdriftende Kräfte können und sollen durch eine Institution wie das „Gasthaus am Brunnen“ in Valendas an den Ort und sein Zentrum zurückgebunden werden. Valendas ist ein Beispiel einer Gemeinschaftsbildung. Solidarität bedeutet hier mehr als die Existenzsicherung - das Andersartige als Wert»

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1 : 2‘000

Teufen Kanton Höhe Fläche Einwohner Einwohnerdichte

Appenzell Ausserrhoden 837 m ü. M. 15.25 Km2 6000 396 Einw. pro km²

Nutzung Jugenherberge mit Mehrzweckraum

1 : 20‘000

1 : 2‘000

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Der Ort Teufen

Erschliessungs- und Bebauungsstudie hörli/bächli in Teufen 2010, Staufer & Hasler Architekten

Thematischer Hintergrund

Landschaftsbild

In der Region Appenzell fallen dem Betrachter die Bauernhäuser, Ställe, Scheunen und andere ländliche Bauten auf. All diese Gebäude und deren typischen Siedlungsstrukturen haben sich aus einer Jahrhunderte alten Bautradition heraus entwickelt. Die Gebäude reagieren auf ihre topografische Lage und widerspiegeln die kulturellen, ökonomischen und sozialen Bedingungen der Region und der Zeit, in der sie erstellt wurden.

„Als unverwechselbares Markenzeichen der besiedelten Landschaft von Appenzell tritt die Streubauweise hervor. Die Wahl der Wohnplätze wurde durch verschiedene Faktoren beeinflusst. Im Rahmen des Rodungs- und Besiedlungsablaufes ging es darum, einen Platz zu wählen, der in der damaligen Zeit eine Existenzgrundlage für eine Familie versprach. Fruchtbares Landwirtschaftsland fand sich vor allem auf den Terrassen der sonnigen Südhänge des Hügellandes. An diesen bevorzugten Lagen entstanden die ersten Siedlungsplätze. Nicht nur das Landwirtschaftsland, sondern auch die Ausrichtung und die Besonnung des Hauses spielten eine wichtige Rolle. Die klassische Ausrichtung des Appenzeller Bauernhauses ist Süd-Südosten. Mit dieser Stellung kann eine optimale Einstrahlung und damit Erwärmung des Hauses sowie sein Schutz vor regenreichen West- und kalten Nordwinden erreicht werden. Neben dem Aspekt der Besonnung spielt die Aussicht eine nicht zu vernachlässigende Rolle.“1

Durch die lokale Zimmereihandwerkstradition wurde das Bauwesen in hohem Masse bestimmt; sie brachte den Typus des Bauern- und Bürgerhauses hervor. Die heutigen Wohnbedürfnisse einer industrialisierten und globalisierten Gesellschaft mit neuen, kostengünstigen Bauweisen sowie weltweit verfügbaren Baustoffen bringen die Baukultur und Tradition unserer Vorfahren immer mehr in Vergessenheit. Viele der ortsprägenden Bauten werden verkauft und durch Einfamilienhäuser, wie sie im der gesamten Schweiz üblich sind, ersetzt. Dadurch verlieren die regionalen Baustile und Strukturen ihre Einzigartigkeit, die Architektur wird austauschbar.

1 Strittmatter Partner AG, Weiterentwicklung der Ortsplanung, Planungsbericht Feuerschau AI, St. Gallen 2009, S. 18

Bebauungsstruktur / Entwicklung des Dorfes Doch die besondere Geschichte der Besiedlung in Appenzell Innen- und Ausserrhoden sowie die Bedeutung der Region als touristische Marke verlangen nach einer aktiven und zielgerichteten Steuerung eines hochwertigen Erscheinungsbildes von Landschaft, Dorf und Bebauung.

Teufen 1930, Ansichtskarte

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Das langgestreckte Dorf liegt 833 m.ü.M. am Südhang der Eggen und mit dem Kern um den Kirchplatz auf einer sonnigen Terrasse über der Schlucht des Rotbachs, der die Grenze zu Appenzell Inneroden bildet. Im Süden befindet sich der Alpstein und die liegenden, sanft gewellten und sattgrünen Hügelketten, die zu einer harmonischen Landschaft verschmelzen. Gemäss Eugen Steinmann dürfte Teufen - wie die übrigen Kirchdörfer von Ausserrhoden - inmitten zerstreuter Gehöfte im Anschluss an den Kirchenbau, also von 1479 an, entstanden sein. Ein grosser Teil der Bauten aus dem 18. Jahrhundert hatte mit entsprechender Neugestaltung des Fassadentäfers auch das 19. Jahrhundert überdauert: „Ihre Anordnung in der Vorzugslage um den Kirchplatz herum war bis 1837 wahrscheinlich das Ergebnis einer kontinuierlichen Entwicklung seit 1479. Durch die Neugestaltung des Dorfplatzes 1837 lag ein geschlossener, ungefähr rechteckiger, ostwestwärts gerichteter Platz an der Nordflanke der Kirche. An ihrer Westseite weitet er sich, wie noch jetzt, zu einem Vorplatz mit Brunnen. Der eigentliche Kirchplatz nördlich der Kirche war bis 1837 bedeutend schmäler. Durch tiefgreifenden Veränderungen der Bebbauungsstruktur mitte des 18. Jahrhunderts, welche durch die Strassenbau erfolgten, gingen Geschlossenheit und intimer Charakter, wie sie für die heimeligen Dorfplätze des Appenzellerlandes charakteristisch sind, verloren. Dafür verleihen ihm die beiden Grossbauten im Stil der Neurenaissance nach Plänen von Felix Wilhelm Kubly, 1837 errichtete Pfarr- und Gemeindehaus sowie das ausgeführte Schulhaus, einen Zug von Grosszügigkeit und Urbanität.“2

Ansichtskarte Flugaufnahme 1985

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Von Kirche und Dorfplatz entwickelte sich die Siedlung den durch die Niederungen ziehenden alten Landstrassen entlang zum weitverästelten Strassendorf. Die Entstehungsgeschichte widerspiegelt sich in den Zeilen oder kleinen Gruppen von Holzgiebelhäusern. Weiden und Wiesen erstrecken sich noch immer bis ins Kerngebiet, während Neubebauungen - vor allem längs der Ausfallstrassen in die Umgebung vorgestossen waren. Erst in den letzten Jahrzehnten entstanden flächendeckende, feldartige Einfamilienhausquartiere, die für die regionale Siedlungsstruktur untypisch sind.

Entwicklung Struktur

Bauherr und Bauhandwerker sind bestrebt, ein neues Haus möglichst bald „unter Dach“ zu haben. Ist es unter „Dach und Fach“, so sind die Räume im Haus geschützt und damit bewohnbar. Das ist vor Witterungseinflüssen wie Sonneneinstrahlung, Regen und Schnee abgeschirmt. Das Dach prägt das Erscheinungsbild des Hauses und damit den Charakter der Landschaft, vor allem die Landschaft eines Streusiedlungsgebietes wie die des Appenzellerlandes. Das Giebeldach entwickelte sich vom schwach geneigten Satteldach, dem „Tätschdach“, zum steilen Satteldach mit rechtem oder sogar spitzem Winkel des Giebels.

5 Eugen Steinmann, Die Kunstdenkmäler der Schweiz, in Kanton Appenzell Ausserrhoden Band II, Basel 1980, S. 2-21

Die grossen, ruhigen und tief auf den Bauern- und Bürger?häusern sitzenden Dächer sind für das bekannte Bild der Appenzellerhäuser und jenem der gesamten Siedlungslandschaft im Appenzellerland mitbestimmend. Schon im 18. und vermehrt im 19. Jahrhundert fanden, offenbar nach dem Vorbild städtischer Bauten, barocke und klassizistische Dachformen wie Mansardendach und gewöhnliches Walmdach auch im Appenzell ihren Niederschlag. Der Dachvorsprung ist ein willkommener Fassadenschutz. Das Dach ist über der dicht mit Fenstern besetzten Giebelfront weit vorgezogen. Die übrigen dem Wetter ausgesetzten Hausseiten verfügen nur über knappe Dachvorsprünge, da diese unerwünschte Angriffsflächen für den Wind bieten würden. Oft setzt sich der Dachvorsprung beidseits der Fassade in vorstehenden Wetterwänden oder -schildern fort.

oben u. unten: Bürgerhäuser

Situation MST 1:40000 Bebauungsstruktur

Typologie Bürger- und Bauernhäuser: Bau- und Dachform Fabrikantenhaus, Inv. Nr. 122

Eugen Steinmann deklariert die Dachform als ein wesentliches Kriterium für die Typenbildung der Bürger- und Bauernhäuser. Er ordnet die Vielfalt ihrer Erscheinungen in zwei Gruppen ein: die Häusertypengruppe mit Webkeller, der an der Vorderseite des Wohnhauses halb unterirdisch angelegt und an niedrigen Fenstern erkennbar ist, sowie die Häusertypengruppe ohne Webkeller mit gleich angelegtem halbunterirdischem Werkraum. Letztere besitzt ein eigentliches Erdgeschoss mit ebenerdigem Eingang, der oft als schmuckes Portal gestaltet und von Einzelnfenstern flankiert ist. Zu diesen als Bürgerhäuser verstandenen Bauten zählt Eugen Steinmann in Ausserrhoden neben Pfarr-, Gemeinde- und Schulhäusern sowie Gasthäusern und anderen Gewerbebauten vor allem die Fabrikantenhäuser, welche er folgendermassen charakterisiert: „In der Regel besitzen die Fabrikanten- oder Kaufmannshäuser ein Mittelportal und symmetrisch angeordnete Fenster, traditionelle Reihenfenster oder neuzeitlichere Einzelfenster nach dem Vorbild von Stadthäusern des 17./18. Jahrhunderts. Am meisten unterscheiden sich die Häuser durch mannigfaltige Dachformen voneinander, mit oder ohne Quergiebel, die ihrerseits unterschiedlich gestaltet sind.“5 42

Fabrikantenhaus, Inv. Nr. 121

Fabrikantenhäuser, Inv. Nr. 124

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1 : 2‘000

Visp Kanton Höhe Fläche Einwohner Einwohnerdichte

Nutzung Wallis 658 m ü. M. 13.20 Km2 7‘300 588 Einw. pro km²

Saal für Quartierzentrum, Ladenfläche und Ausstellungsräume, Büro- und Verwaltungsräume, Wohnen

1 : 20‘000

1 : 10‘000

1 : 2‘000

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Der Ort Visp

Erinnern Sie sich an Visp, Christian Fux, Rotten Verlag, 1996 Visp, ein Porträt in Variationen, Christian Fux, Rotten Verlag, 2005

Visp liegt an der Cisalpinen Bergkette zwischen dem Kanton Graubünden und dem Genfersee dem Ende vom Rhônetal, auf einer Meereshöhe von 650 Meter über Meer, auf der nord-östlichen Seite des Mündungsdelta, wo die Vispa in die Rhône fliesst. Der Ort mit seinen über 7'500 Einwohnern ist die Drehscheibe zwischen dem Ober- und Unterwallis und den Vispertälern.

Vallées de Zermatt et de Saas-Fée

Die Entwicklung von Visp Am 05. Juli 1913, nach dem Durschlag des Lötschbergtunnels wurde die Lötschbergbahn eröffnet. Seither bietet die Anreise an den sonnigen Lötschberghalden einen einzigartigen Ausblick. Bereits bei Ausserberg zeichnet sich der Zusammenschluss der Vispertäler mit dem Tal der Rotten deutlich ab. Die Wasserläufe des Rottens und der Vispa, die Bahnlinie und die Strassen setzen

Luftaufnahme 1993

Noch im Jahre 1778 wurde der Hintergrund der Vispertäler als das “schweizrische Grönland” und die “scheusslichste Wildnis” bezeichnet. 1865 gelang dem Engländer Edward Whymper unter dramatischen Umständen die Erstbesteigung des Matterhorns. Damit schuf sich die Region einen weltweit bekannten Namen. Das Reisen dahin wurde immer beliebter. (Bis vor der Eröffnung des Lötschberg - Basistunnels sind im Jahr ca. 350‘000 Reisende in Visp ein und ausgestiegen. Heute verzeichnet Visp mehr als 4.5 Mio. Reisende pro Jahr.)

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05. Juli 1913 Eröffnung der Lötschbergbahn

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Im Jahre 1926 legte Visp einen Entwicklungsplan vor, welcher das Motto: Licht und Arbeit trägt. Dieser Plan widerspiegelt die gesellschaftlichen Vorstellungen. Villen-, Beamten- und Arbeitsviertel wurden sogar in offiziellen Plänen klar gtrennt. Hanglagen in den Baumgärten waren für eine Bebauung kaum gefragt, der Saum längs dem Gebreitenweg und der Mühlackerstrasse sollten Ställe und Scheunen aufnehmen. Reserven für Markt-, Stadt und Spielplätze wie für öffentliche Gärten bezeugen den bereits damals regen Anspruch an die Öffentlichkeit nach Infrastrukturen für Erholung und Freizeitbeschäftigung. den bereits damals regen Anspruch an die Öffentlichkeit nach Infrastrukturen für Erholung und Freizeitbeschäftigung.

Luftaufnahme ca. 1940

Die untenstehende Flugaufnahme aus dem Jahre 1957 zeigt das überraschende Bild eines Spinnennetzes. Der Bahnhof bildet mit der Unterführung den zentralen Knoten, von hier aus strahlen die tragenden Stränge in alle Himmelsrichtungen, um sich in der nahen Umgebung an unscheinbaren Fixpunkten zu verankern. Dazwischen verbinden und stabilisieren Querstränge aus Strassen und Gassen, Flüssen und Bächen, Waldrändern und Ackersäumen das grosse Netz. Wer Musse hat, kann sich an dieser Vielzahl von Linien orientieren und freuen.

Entwicklungsplan von Visp: „Licht und Arbeit“ 1926

Während des Zweiten Weltkrieges (1939 – 1945) übernahm das Lonzawerk in Visp grosse Aufgaben zur Sicherstellung der Landesversorgung. Der Lonzadünger leistete einen wichtigen Beitrag an die damalige „Anbauschlacht“. Mit der 1941 aufgenommenen Produktion von Vinylchlorid und Vinylazetat gelang die Herstellung von Gummiersatzstoffen. Paraldehyd diente der Armee und der Landwirtschaft als Treibstoffersatz.

Flugaufnahme von Visp, 1959

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1 : 2‘000

Burgdorf Kanton Höhe Fläche Einwohner Einwohnerdichte

Nutzung Bern 533 m ü. M. 15.60 Km2 16‘000 965 Einw. pro km²

Generationenwohnen, Kinderkrippe, Gewächshaus

1 : 20‘000

1 : 10‘000

1 : 2‘000

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Der Ort Burgdorf

Die Stadt Burgdorf, Die Kunstdenkmäler des Kantons Bern.; Landband 1 Die Kunstdenkmäler der Schweiz; Band 75, Jürg Schweizer, Basel, Birkhäuser, 1985 Ein Führer durch die Stadt Burgdorf, Alfred G. Roth; F. Vogt, Burgdorf, Verkehrs- und Verschönerungsverein, 1947 http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/ D241.php?topdf=1

Burgdorf von Südwesten. Stich von J.U. Kraus 1685

Flugbild von Burgdorf im Landschftsrahmen, von Nordwesten gesehen. In Bildmitte von oben nach unten der Emmelauf, von rechts nach links die Trockentäler. Zustand 1971.

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Stadt als Ganzes Burgdorf verdankt seine Entstehung wie zahlreiche andere hochmittelalterliche Gründungsstädte der besonderen topographischen Lage: Das Schloß und später die Stadt wurden an der Stelle erbaut, wo die Süd-Nord fließende Emme die Grenzlinie zwischen tieferem und höherem Mittelland schneidet (Abb. 2). Dieser topographisch markante Wechsel - touristisch für Burgdorf als «Tor zum Emmental» ausgewertet- ist auch siedlungsgeschichtlich und -morphologisch eine wichtige Grenze. Das Gebiet unterhalb von Burgdorf ist altes Siedlungsland mit kompakten Dörfern, das Tal oberhalb scheint alemannisches Kolonialland zu sein, vorherrschend ist hier die Streusiedlung. Geologisch ist es die Grenzzone zwischen den tertiären Sandsteinablagerungen im Silden und der während der letzten Eiszeit vom Rhonegletscher bedeckten, fluvioglazialen Schotterebene Norden. Der ältere historische Stadtkern, die Oberstadt, und das Gsteigquartier liegen auf einem gewellten Moränenhügel, der gegen Osten an die Sandsteinfluh des Schlossbergs stößt und gegen Westen im Gebiet des Meienmooses sanft ausläuft. Er ist Teil einer langen, von Südwesten nach Nordosten verlaufenden Randmoräne des Rhonegletschers und verengt den ihr bogenförmig ausweichenden Talboden der Emme. Oberstadt und Gsteig erheben sich zwischen 25 und 35 m, der Kirchhof 40 m und der Schloßhof 55 m über das Flußbett; die Unterstadt, die letzte mittelalterliche Erweiterung, bloß noch 2 bis 6 m. Die Stadt wird eingefaßt von bewaldeten, sie um 60-150 m überragenden Molasseerhebungen, dem Gyrisberg im Norden, dem Schneiteberg, der Rothöchi und der Rappenflue im Südwesten sowie den landschaftlich stark in Erscheinung tretenden, senkrecht abfallenden Flühen auf der Ostseite der Emme, von

der Eiflue, den vier Gisnauflüe übet das Tubeflüeli zum Lochbach. Die Höhen bilden den nördlichen Abschluß des bergigen unteren Emmentals; nordwestlich der Stadt beginnt der Unterlauf, die sog. Untere Emme, mit ihren breiten Schwemmebenen. Die Flühe und der Schloßberg kanalisierten bei Burgdorf die bis weit ins 19.Jh. stark mäandrierende Emme, und der Gsteig-Oberstadt-Hügel ermöglichte einen bis hart an den Fluß geschützten Zufahrtsweg zum einzigen trockenen Flußübergang des Mittelalters.

Burgdorf, Übersichtskarte 1:50000 über das Gemeindegebiet mit Gewässern, Wäldern, Verkehrswegen, Siedlungsflächen (= hellgrau) und den Gemeindegrenzen von Burgdorf im Zustand 1982. Norden oben. Dunkelgrau = stadtische Siedlungsfläche 1868. Mittelgrau = städtische Siedlungsfläche 1929.

Stadtentwicklung Städtebauliche Konzepte (u.a. von Bauinspektor Robert Roller 1840) wurden wenige realisiert. Erst nach 1850 dehnte sich die Stadt den Ausfallachsen entlang über Mauerring und Gürtelzone aus; ihre Entfestigung vollzog sich zwischen 1807-65. Während sich Gewerbe und Industrie längs der Bachläufe ansiedelten, entstanden neue Quartiere an den Ausfallstrassen und seit 1857 im Umfeld des Bahnhofs; einzig Gsteig, mit Gymnasium, Technikum und kath. Kir53


che von grösserer Bedeutung, erhielt 1901 einen Strassenplan. Der Stadtbrand von 1865 zerstörte den grössten Teil der westl. Oberstadt. Nach dem Wiederaufbau konzentrierten sich Bauvorhaben für hundert Jahre auf die Neuquartiere im Talboden (Meiefeld, Neumatt, Ey, Felsegg, Einungerquartier), auf der oberen Allmend (Schlossmatt, Einschlag), 1910-30 auf Genossenschaftssiedlungen (u.a. Lerchenbühl). Ab den 1960er Jahren entstanden längs der Zubringer der neuen Autobahn und beidseits der Emme ausgedehnte Gewerbezonen. Beim Ausbau der städt. Infrastruktur war die durch B.s Hügellage erschwerte Wasserversorgung zu sichern (Quellfassung Tannen 1898, Pumpwerke Einschlag und Fernstall 1919, 1953, 1971). 1862 wurde B. mit Gas, ab 1899 mit Elektrizität versorgt. Gsteig Der von Bern- und Lyssachstrasse eingefasste Hügel in der Fortsetzung der Oberstadt ist bereits im 14. Jh. als Gsteig erwähnt. Er wurde hauptsächlich vom inneren Gsteigweg, der der heutigen Pestalozzistrasse entspricht, erschlossen. An diesem einzigen Fahrweg erbaute ROLLER II 1860 und 1877 zwei Villen. Auch nach der modernen Erschliessung 1892/1894 (siehe hienach) schritt die Bebauung nur zögernd voran. Bis zur Jahrhundertwende galt der Hügel – trotz Aussicht gegen Jura und Alpen, guter Besonnung und ruhiger Lage – noch nicht als bevorzugtes Baugebiet; die Anziehungskraft der alten Ausfallstrassen war ungebrochen. (...)

Gsteig. 1901 ausgearbeiteter Strassenplan des Quartiers. Norden Unten. Quartiertangente im Südosten ist die Bernstrasse, im Norden die Lyssachstrasse. Auf dem Gsteig steht bereits das Technikum.

Erschliessung des Gsteigs. Eine neue Ära des Gsteigs begann 1891, als Burgdorf zur Sitzgemeinde des Kantonalen Technikums und der Nordrand des Gsteigs als dessen Standort ausgewählt wurde. Dieser bedeutende Neubau musste von der Stadt her erschlossen werden. Das 1892/1894 ausgeführte Projekt schuf die an die Staldenschleife anschliessende, diagonal über die Nordflanke geführte Technikumstrasse und sah vor, den inneren und äusseren Gsteigweg auszubauen und z.T. rechtwinklig zu verbinden (Abb.394). Rechtzeitig auf die Eröffnung der Schule, die damit Initiant der Gsteigerschliessung und –bebauung wurde, war die Strasse fertiggestellt. Technikum Geschichte. Mit dem Gesetz vom 26. Oktober 1890 beschloss der Kanton Bern die Gründung einer «Kantonalen höheren Gewerbeschule unter dem Namen Technikum». Trotz der belastenden Regelung, wonach die Sitzgemeinde die Hälfte der Bau- und Einrichtungskosten und einen Drittel des Betriebsaufwandes zu tragen habe, bewarben sich Bern, Biel und Burgdorf um den Sitz. Burgdorfs Gemeindeversammlung billigte den befürwortenden Antrag des Gemeinderates einstimmig. Im Bewerbungsschreiben der Stadt wurden der Industriereichtum, die Arbeitsamkeit und die bescheidene Lebensweise der Stadtbewohner nebst der guten Verkehrslage hervorgehoben. 1891 bestimmte der Grosse Rat Burgdorf als Sitz. Bereits am 20. April 1892 konnte der Unterricht aufgenommen und am 8. Januar 1894 der Neubau bezogen werden. Der Ausbau der Schule

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und der starke Zustrom der Studenten führten schon im Herbst 1913 zum Bezug eines ersten Erweiterungsbaus. (...) Der Strassenplan von 1901. Im Rahmen einer Baureglementsrevision erhielt Geometer F. LUDER 1898 den Auftrag, einen Alignementsplan für das Gsteig zu entwerfen; 1901 überarbeitete die Baukommission – u.a. Architekt A. STÖCKLIN – seine Vorschläge und legte den Plan auf; 1902 wurde dieser genehmigt (Abb. 404). Er sah vor, die bestehenden Feldwege auszubauen und um ein Netz von Strassen zu ergänzen. Ein Teil der neuen Verkehrsflächen setzt bestehende Strassen fort, so verlängerte man die Technikumstrasse geradlinig. Andere Achsen – so die Alpenstrasse und ihre nie realisierten Parallelen – folgen der südlichen und westlichen Hangkante. Zur Hauptsache begnügte man sich aber mit einem eher schematischen Orthogonalnetz. Man sah lediglich eine Strassenkategorie mit beidseitigem Trottoir und Vorgartenstreifen vor. Mit der Realisierung in den folgenden vierzig Jahren wurde vor allem das Strassennetz der Westhäfte stark modifiziert. Die Überbauung nach dem neuen Strassenplan wurde in den folgenden Jahren zuerst von öffentlichen Bauten – katholische Kirche und Gymnasium – gefördert. (...)

Bernstrasse 19, ehem. Bauernhaus, Heute Wirtschaft Freischütz

Bernstrasse 13, Gartenfassade

Bernstrasse Der früh genannte Name der Bernstrasse, Bestandteil des Burgdorf durchziehenden Hauptstrassenzugs, bedarf keiner Erklärung. Die Ausfallstrasse ist abschnittsweise bereits im 17.Jh. gepflästert und oft ausgebaut worden. Sie war bis ins 3. Viertel des 19. Jh. im Ostabschnitt von unmauerten Gärten mit kleinen Sommerhäusern gesäumt, im mittleren begleitet von Speichern und einer Scheunenreihe, die sich rechtwinklig in die Querverbindung zur Oberburgstrasse , die entsprechend seit 1865 Scheunenstrasse heisst, fortsetzte. Räumlich gliedert sich die stadtnahe Bernstrasse heute in zwei klar gesonderte Abschnitte, einen inneren, der durch den Riegbau des «Freischütz», und einen äussern, der durch den Gasthof Steinhof begrenzt und geschlossen wird. Der Wiederaufbau nach dem Brand vieler der genannten Ökonomiebauten 1871 und die etwa ab 1840 zaghaft, dann ab 1870 stärker einsetzende Bebauung schufen das fast unveränderte Vorstadtensemble der inneren Bernstrasse, das von Einzelvolumen – Wohn-, Gewerbe- und Lagerbauten verschiedenster Art, bald städtischen, bald ländlichen Zuschnitts – und den reichlichen, im Strassenraum wirksamen Gärten getragen wird. Auf eine den Strassenzug eng säumende erste Gruppe von reinen Satteldachbauten der Jahrhundertmitte folgen Villen und Gewerbebauten der zweiten Jahrhunderthälfte. Der Wert der inneren Bernstrasse – des letzten intakten Vorstadt-Strassenzugs von Burgdorf – liegt in der grossen formalen und typologischen Vielfalt bei spätklassizistischer Grundhaltung, der ausgezeichneten Qualität mehrer Einzelbauten und der starken Durchgrünung. – Die Station Steinhof entstand der EBT entstand 1899 und wurde seither mehrfach erweitert.

Bernstrasse 55, Hofgut, Villa Schnell, 1867, Eingangsfassade

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Sechs Themen für das nächste Jahrtausend, 1994 Juhani Pallasmaa

Juhani Pallasmaa, Sechs Themen für das nächste Jahrtausend, aus dem Englischen übersetzt von Cornelia Groethuysen, in Baumeister, 3/1995, S.37-43. Englischer Erstabdruck: Six Themes fort he Next Millenium, in: Architectural Review, Bd.196, H.1169, Juli 1994, S.74-79.

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„Viele haben das Gefühl, dass sich die westliche Art des Sehens, Wissens und Darstellens in jüngster Zeit unwiderruflich verändert hat, aber es gibt nur wenig Einigkeit darüber, was dies bedeuten könnte oder welche Richtung die westliche Kultur heute einschlägt“, schreibt Jon R. Snyder in seiner Einleitung zu Gianni Vattimos aufschlussreicher philosophischer Betrachtung unseres Zeitalters mit dem Titel „The End of Modernity“.(1) Der sich abzeichnende neue Horizont oder, vielleicht richtiger, das völlige Verschwinden eines Horizonts scheine auch die Grundlage für die Ideale und Ambitionen der Moderne zerstört zu haben. Das Weltbild und mit ihm die Aufgabe der Architektur, die so fraglos in Begriffen wie Wahrheit und Moral sowie in einer gesellschaftlichen Vision und sozialem Engagement zu wurzeln schienen, sind zerschlagen. und das Gefühl von Sinn und Ordnung ist verschwunden. Es ist bezeichnend für unsere Zeit, dass die heutige Architektur-Avantgarde die Themen Planung, Wohnungsbau. Massenproduktion und Industrialisierung, die alle zentrale Fragen für die Moderne waren, praktisch aufgegeben hat. Warum aber wendet sich die Architektur von der gesellschaftlichen Realität ab und scheint sich nur noch auf sich selbst zu beziehen und aus sich selbst heraus zu motivieren? Warum werden Einfühlungsvermögen und soziales Gewissen ersetzt durch Narzissmus und Masslosigkeit? Die Vorstellung einer Totalität, die für das Denken der Moderne noch zentral war, und das damit einhergehende Verständnis von Epoche und Fonschritt haben ihre Gültigkeit verloren. In dem Maße, wie sich die Geschichte in eine Vielzahl alternativer, heterogener Geschichten aufgespalten hat, ist gegen Ende unseres Jahrtausends eine universelle Geschichte unmöglich geworden, und gleichzeitig ist die Perspektive der Erlösung verschwunden. Die große Hoffnung auf Erlösung durch die moderne Architektur, wie sie von Sigfried Giedion und anderen beschrieben wurde, hat ihre Glaubwürdigkeit verloren. „Seit einiger Zeit gibt es in der Architektengemeinschaft eine außergewöhnliche Aufnahmebereitschaft für Theorie. insbesondere Philosophie“, schreibt Karsten Harries. „Eines lässt dies ... vermuten, nämlich dass die Architektur sich ihrer selbst nicht mehr sicher ist“.(2) Das verblüffende lnteresse am Theoretisieren und verbalen Erläutern von Bedeutungen und Intentionen der Architektur heute enthüllt eine Unsicherheit über ihre Rolle und ihr Wesen. Vereinnahmt vom Konsumverhalten, das sie zur Ware und zur Kulisse machen will, sucht die Architektur aufgeregt nach Selbstbestimmung und Autonomie. Heute werden wahrhaft besorgniserregende Bauten als Manifestationen einer neuen ästhetischen Sensibilität gesehen und akzeptiert. Die alles billigende Ideologie des Konsums akzeptiert und benutzt jede neue ästhetische oder moralische Richtung, noch ehe sie genügend kritische Distanz schaffen kann, um als wirkliche Gegenposition funktionieren zu können. Mit dem Untergang unserer bisherigen Auffassung von Geschichte ist eine wahre Avantgarde unmöglich geworden.

Seit den sechziger Jahren ist eine zunehmende Verstrickung der Künste mit ihren philosophischen Grundlagen offensichtlich geworden, und diese Entwicklung spiegelt ich auch in der gegenwärtigen Neigung wider, die Architektur immer mehr mir ihrer eigenen Theorie und Rationalisierung gleichzusetzen. Die Kunst hat sich von der Aufgabe, die Realität darzustellen, abgewandt, um einerseits das Problem der Darstellung an sich und andererseits das Wesen ihres speziellen Mediums zu erforschen. Der Logozentrismus heuriger Architektur spiegelt aber auch einen Verlust der Unschuld wider. Das stillschweigende Wirken der Architektur innerhalb der Kontinuität der Baukultur hat sich in ein bewusstes intellektuelles Erfinden verwandelt. Und das zwanghafte Streben nach Originalität hat die Möglichkeit kumulativen Wissens ausgeschaltet. Ich glaube, dass wir die derzeitige Unsicherheit der Architektur besser verstehen können, wenn uns die kulturellen Bedingungen klar werden, in denen wir am Ende unseres Jahrtausends leben. Dann können wir vielleicht begreifen, warum „das Horoskop der Architektur“ nicht gut aussieht, wie Alvar Aalto bereits 1958 prophezeite. Das zentrale Thema in der Architekturtheorie der Moderne war die Darstellung des Kontinuums Raum-Zeit. Architektur wurde als Darstellung des Weltbilds und Ausdruck der Raum-Zeit-Struktur der physischen und empirischen Realität gesehen. Die Raum-Zeit-Dimension ist ein zentraler Punkt in allen Gedanken und Aktivitäten der Menschheit von der versteckten Geometrie der Sprache bis hin zu Formen der Produktion und der Politik. Eine Analyse der posthistorischen Zeit-Raum-Erfahrung bringt um aber zum Kern der gegenwärtigen Frustrationen in der Architektur. David Harvey verwendet in seinem Buch „The Condition of Postmodernity“ im Zusammenhang mit den prinzipiellen Veränderungen in der Qualität von Raum und Zeit den Begriff „Zeit-Raum-Verdichtung“. Er ist der Meinung, dass wir gezwungen seien, unsere Darstellung der Weit ganz radikal zu ändern. Nach Harveys Ansicht ist „die Erfahrung der Raum-Zeit-Verdichtung spannend. aufregend, voller Stress und manchmal zutiefst beunruhigend und somit in der Lage, eine Vielzahl gesellschaftlicher, kultureller und politischer Reaktionen hervorzubringen. Wir haben in den letzten zwanzig Jahren eine intensive Phase der Zeit-Raum-Verdichtung erfahren, die eine desorientierende und zutiefst spaltende Wirkung auf politisch-ökonomische Handlungsweisen, die Machtbalance zwischen den Klassen und das kulturelle und gesellschaftliche Leben gehabt hat.“ Früher hat der Mensch das ewige Leben durch Überwindung der Beschränkungen der Zeit gesucht, während wir heute die Erlösung von der Überwindung der Beschränkungen des Raumes erwarten. Die Verdichtung von Zeit und Raum und die resultierende Flachheit der Erfahrung hat zu einer merkwürdigen Verschmelzung dieser beiden Dimensionen geführt - zur Verräumlichung der Zeit und der 57


Verzeitlichung des Raums. Auch die Warenproduktion legt den Schwerpunkt auf den Augenblick, den Wegwerfartikel, neu und modisch, und diese Entwicklung hat sich auch auf den Bereich der Werte, Lebensstile, Kulturprodukte und der Architektur ausgedehnt. Die Ursache für den Rückgriff der Architektur auf Bilder einer verlorenen Vergangenheit liegt in der Strategie der kapitalistischen Wirtschaft. Die gesamte Geschichte wird zum Marktplatz gemacht, lokale und ethnische Traditionen und historische Schauplätze werden unter dem Mantel der Suche nach den Wurzeln erfunden. Thematisierung ist die neueste Strategie der Überzeugung, der Lenkung und Kontrolle emotionaler Reaktionen durch die Lösung der Bilder aus ihrer spontanen Autonomie. Man gestattet den Bildern nicht mehr, sich aus dem Inneren zu bilden, sondern zwingt sie in eine vorgefertigte Interpretation. In der posthistorischen Erfahrung wird die Wahrheit durch ästhetische und rhetorische Erfahrung ersetzt. ln dem Masse, wie der Boden der Wahrheit verlorengeht, übernimmt die Ästhetik die Macht, und alles verwandelt sich schliesslich in reine Ästhetik: Technik, Wirtschaft, Politik ebenso wie - der Krieg. Der überraschende Erfolg der High-Tech-Architektur in unserem eklektizistischen und revisionistischen Zeitalter lässt sich so zurückführen auf ihre Fähigkeit, eigene Qualitätskriterien und Ziele in einem selbstbestimmten Reich festzulegen, indem sie Fragen der Darstellung durch die innere Logik technologischer Rationalität ersetzt. Das Kriterium der Leistung, welches die HighTech-Architektur in den Vordergrund stellt, scheint eine objektive Grundlage zu haben; metaphysische Fragen sind zur Logik der Technik geworden. Nach Heidegger ist ja die Technik des zwanzigsten Jahrhunderts die geschichtlich fortgeschrittenste Form westlicher Metaphysik, weil die Technik die Objektivierung des Denkens auf ein historisches Extrem gebracht hat. Italo Calvino, der Autor von „Die unsichtbaren Städte“, hat in seinem literarischen Testament „Sechs Vorschläge für das nächste Jahntausend“ die Verwirrtheit und Oberflächlichkeit unserer Zeit eingeräumt.(3) Dennoch: „Mein Vertrauen in die Zukunft der Literatur beruht auf dem Wissen, dass es Dinge gibt, die einzig die Literatur mit ihren spezifischen Mitteln zu geben vermag.“ Calvino gab den sechs geplanten Vorlesungen an der Harvard-Universität, die er wegen seines plötzlichen Todes nicht mehr halten konnte, die folgenden Titel: 1. Leichtigkeit, 2. Schnelligkeit, 3. Genauigkeit, 4.·Anschaulichkeit, 5. Vielschichtigkeit, 6. Beständigkeit. Es wurde kein Manuskript für die sechste Vorlesung gefunden, Calvino hat also fünf poetische und kluge Essays über die Möglichkeit literarischer Kunst in der Postmoderne hinterlassen. Er stellt darin wesentliche Kriterien für Iiterarische Qualität vor, welche die Selbstverteidigungskräfte der Literatur gegen die verflachenden Auswirkungen der post-historischen Kultur stärken können. Vertrauen in die Zukunft der Architektur kann meines Erachtens auf demselben Wissen aufbauen: Nur die Architektur als Kunst kann die existentielle Bedeutung des Bewohnens von Räumen herausarbeiten. Die Architektur hat für uns Menschen auch weiterhin die grosse Aufgabe, zwischen der Welt und uns selbst zu vermitteln und den Horizont unserer Weltanschauung zu bilden. Verteidigung der Architekturqualität 58

Zu den wesentlichen Fragen des Architektenberufs gehören heute: Kann sich die Architektur selbst ein glaubwürdiges gesellschaftliches und kulturelles Ziel setzen? Kann die Architektur soweit in der Kultur verwurzelt sein, dass sie das Erlebnis von Ort und Identität erzeugt? Kann die Architektur eine Tradition wiedererschaffen, eine gemeinsame Grundlage, auf der sich Kriterien für Authentizität und Qualität aufbauen lassen? In Anlehnung an Calvinos Schema möchte ich sechs Themen vorschlagen, die der Architektur zur Jahrtausendwende wieder neuen Zauber verleihen können. Ich glaube fest, dass die Architektur auch weiterhin eine Mission hat und die Möglichkeit schaffen kann, uns Menschen in der Kontinuität der Zeit und der Besonderheit des Orts zu verankern. Die sechs Themen, die ich für die Stärkung der Architektur für wesentlich halte, sind: 1. Langsamkeit, 2. Plastizität, 3. Sinnlichkeit, 4· Authentizität, 5. Idealisierung. 6. Stille. 1. Langsamkeit „Bei der Architektur geht es nicht nur um die Domestizierung des Raums“, schreibt Karsten Harris, „sondern sie ist auch eine tiefgreifende Verteidigung gegen den Terror der Zeit. Die Sprache der Schönheit ist im wesentlichen die Sprache zeitloser Realität.“ Wir erfahren den langsamen, heilenden Fortgang der Zeit in den grossen russichen, deutschen und französischen Romanen des 19.Jahrhunderts mit der gleichen angenehmen Nostalgie und Faszination, mit der wir die architektonischen Überreste glorreicher Kulturen der Vergangenheit betrachten. Grosse Architektur versteinert die Zeit; noch heute können wir in der leeren Weite der grossen Kathedralen die Langsamkeit der Zeit im Mittelalter erfahren. Die Architektur verfügt über eine stillschweigende Weisheit, die sich in der Geschichte und der Tradition angesammelt hat. Eine Weisheit, die das geistige Wesen der Baukunst erstrahlen lässt. Aber die Architektur braucht Langsamkeit, um wieder in Verbindung mit dieser Quelle schweigenden Wissens zu treten. Die Architektur braucht Langsamkeit, um wieder ein kumulatives Wissen zu entwickeln, das Gefühl der Kontinuität wiederzugewinnen und wieder Wurzeln in der Kultur zu entwickeln. Wir brauchen eine Architektur, die Schnelllebigkeit und Moden zurückweist. Statt einer Beschleunigung des Wechsels und des Gefühls der Unsicherheit muss die Architektur unsere Erfahrung der Realität verlangsamen, um einen Erfahrungshintergrund für das Erfassen und Verstehen von Veränderung zu schaffen. Statt dem heutigen Zwang zum Neuen muss die Architektur die biokulturellen und archaischen Dimensionen der menschlichen Psyche anerkennen und aufnehmen. 2. Plastizität Die Architektur ist zu einer Kunst des gedruckten Bildes geworden, festgehalten vom geherzten Blick der Kamera. Die dominierende Rolle des fotografierten Abbilds in der heutigen Architekturkultur sowie die neuen elektronischen Mittel zur Erzeugung architektonischer Bilder haben zur Flachheit und zur Beschrän59


kung auf eine Wahrnehmung durch die Netzhaut beigetragen. Mit dem Verlust der Ertastbarkeit und der auf den menschheben Körper und die menschliche Hand abgestimmten Masse und Details wird die Architektur abstossend flach, scharfkantig, unkörperlich und unwirklich. Flachheit, der Mangel an Dreidimensionalität, wird teilweise auch durch die technisch- wirtschaftliche Forderung nach Schlankheit, Leichtigkeit und Temporärem verursacht; Gebäude werden nur noch als·visuelle Bilder gebaut, und ihre Oberfläche wird immer dünner und gewichtsloser. ( ... ) Der Beruf des Architekten an sich ist zu einem Papierberuf geworden, der eher in Linien auf Papier denkt und kommuniziert als durch körperliche und physische Teilnahme. Das Gefühl der Flachheit wird ausserdem verstärkt durch die abnehmende Rolle des Handwerks am Bau, durch nicht-tektonisches Bauen und die breite Verwendung synthetischer Materialien, die es dem Blick nicht mehr gestatten, ihre Oberfläche technischer Perfektion zu durchdringen. Die Architektur muss also wieder lernen, von Körperlichkeit, Schwerkraft und der selbst geschaffenen tektonischen Logik zu sprechen. Die Architektur muss wieder zu einer bildenden Kunst werden und unsere volle körperliche Teilnahme erfordern. 3. Sinnlichkeit Die Architektur ist dem Wesen nach eine Kunstform des Körpers und aller Sinne. Aber die Augenblicklichkeit des „Regens der Bilder“, wie Calvino sagt, har die Architektur vom Reich der anderen Sinne losgelöst und sie zu einer reinen Kunst des Auges werden lassen. Aber sogar der Blick impliziert ein unbewusstes Berühren; wir streicheln die Kanten, Oberflächen und Details von Gebäuden mit unseren Augen. Wir leben in einer Zeit frustrierender Diskrepanz und Entfernung zwischen der sinnlichen Erfahrung der Welt und des dadurch erzeugten Bewusstseins auf der einen und den biokulturellen Antworten, die sich über die Jahrtausende in unseren unbewussten Reaktionen angesammelt haben, auf der anderen Seite. Unsere Beziehung zur physischen Realität wird immer schwächer. Wir leben in zunehmendem Masse in einer Traumwelt, in einem Strom nicht miteinander in Beziehung stehender sinnlicher Eindrücke. Es ist nun die Aufgabe der Architektur, zwischen der äusseren und der inneren Realität zu vermitteln, die sonst eher auseinanderdriften. Es ist die Aufgabe der Architektur, eine stabile und zuverlässige Grundlage für die Wahrnehmung der Welt zu liefern, den Boden für eine Heimkehr. Und eine solche Heimkehr kann nicht in einer sentimentalen Rückwendung zur Vergangenheit begründet sein; sie muss durch ein tiefes Verständnis des phänomenologischen Wesens der Baukunst und des Zustands der Menschheit geschaffen werden, und dies durch Mittel, die radikal genug sind, den geistigen Kräften des dadurch bedingten Begehrens zu widerstehen. Rainer Maria Rilkes Beschreibung der Lebensspuren in „Häusern, die man abgebrochen hatte“, sichtbar an den Mauern der Nachbarhäuser, in „Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge“ ist ein erstaunliches Zeugnis der empha60

tischen Fähigkeit eines Dichters und des epischen Widerhalls seines Werkes: „Am unvergesslichsten aber waren die Wände selbst. Das zähe Leben dieser Zimmer hatte sich nicht zertreten lassen. Es war noch da, es hielt sich an den Nägeln, die geblieben waren, es stand auf dem handbreiten Rest der Fussböden, es war unter den Ansätzen der Ecken, wo es noch ein klein wenig Innenraum gab, zusammengekrochen . . . ( ... )“ Die Architektur von uns Architekten ist sicherlich steril und schematisch im Vergleich zur Sensibilität des Dichters. Das Spektrum der von der heutigen Architektur übermittelten Emotionen ist auf die visuelle ästhetische Erfahrung verengt, und es mangelt ihm sowohl am Extrem der Melancholie und Tragik als auch an dem der Ekstase. Aber bei wirklich grosser Architektur geht es nicht um einen ästhetischen Stil, sondern um verkörperte Bilder authentischen Lebens mit all seinen Widersprüchen und Gegensätzen. Authentische Architektur vermittelt ihre existentielle Bedeutung durch unsere gesamte körperliche und geistige Verfassung. Die Architektur liefert die Grundlage für die Wahrnehmung und das Verständnis der Welt als eine Kontinuität von Zeit und Kultur. 4. Authentizität Die philosophische Schwierigkeit der Unterscheidung zwischen Wesen und Erscheinung ist mir durchaus bewusst, ebenso die Mehrdeutigkeit des Begriffs Authentizität. Unabhängig davon, und von dem etwas modischen Klang des Begriffs selbst, möchte ich mich jedoch für die Möglichkeit und Bedeutung der Authentizität in der Architektur stark machen. Authentizität wird oft mir der Vorstellung von künstlerischer Autonomie und Originalität gleichgesetzt. Ich verstehe unter Authentizität jedoch eher die Eigenschaft des tiefen Verwurzeltseins in den Schichtungen von Kultur. Gefühle und Reaktionen sind in der Welt des Konsums in zunehmendem Masse gesteuert. Wir brauchen daher Werke der Kunst und der Architektur, um die Autonomie der emotionalen Reaktion zu verteidigen. In der Welt des Unauthentischen und der Simulation brauchen wir Inseln der Authentizität, die unsere Reaktionen in autonomer Weise in uns wachsen lassen und es uns ermöglichen, uns mit unseren eigenen Gefühlen zu identifizieren. In dem Masse, wie unsere existentiellen Erfahrungen durch das Mosaik aus ortlosen und zeitlosen Informationen ihren Zusammenhang verlieren, sind wir immer mehr abgeschnitten von den traditionellen Quellen der Identität. Es ist daher die Aufgabe der Architektur, einen Horizont für das Verstehen unseres Seins in dieser Welt und schliesslich unser selbst zu liefern. Die Authentizität eines Baukunstwerks unterstützt das Vertrauen in die Zeit und die menschliche Natur; sie liefert die Grundlage für die Identität des einzelnen. Die Architektur ist eine konservative Kunst. Konservativ in dem Sinne, dass sie die Geschichte der Kultur verkörperlicht und konserviert. Gebäude und Städte liefern Spuren der Kontinuität der Kultur, wo wir uns einordnen und durch die wir unsere Identität erkennen. So wie ich das Wesen dieser Konservativität der Architektur verstehe, wird dabei aber Radikalität nicht ausgeschlossen. Im Gegenteil, die Architektur muss auf radikale Weise unsere existentielle Erfahrung 61


gegen die Kräfte von Entfremdung und Distanz stärken. Die Architektur lässt uns, wie jede Kunst, unser Sein mit außergewöhnlichem Gewicht und grosser Intensität erfahren. Sie ermöglicht uns, in Würde zu leben. 5. Idealisierung Ich bin durchaus nicht der Meinung. dass wir in unseren problembeladenen Zeiten mir Hilfe der Architektur ein Arkadien schaffen können. Aber wir können Bauwerke schaffen, welche den Wert der Menschen bestätigen, die poetischen Dimensionen des täglichen Lebens aufzeigen und damit als Keime der Hoffnung in einer Welt dienen, die Zusammenhang und Bedeutung zu verlieren scheint. In dem Masse wie die Kontinuität der Architektur verlorengeht, zerfällt die Welt der Architektur in losgelöste und isolierte Werke. Die Tatsache. dass ich einen Konflikt zwischen Architektur und gegenwärtigen Zustand der Kultur sehe, könnte mir vielleicht als Argument dafür ausgelegt werden, der Architekt habe sich genau nach den ausdrücklichen Wünschen des Bauherrn zu richten. Ich möchte hier ganz klar sagen. dass ich diese populistische Ansicht in keiner Weise teile. Eine kritiklose Akzeptanz der vox populi oder der Vorstellungen des Bauherrn führt nur zu sentimentalem Kitsch. Es liegt aber in der Verantwortung des Architekten, hinter die Fassade der Kommerzialität, des gesellschaftlichem und vom Augenblick geprägten Begehrens zu blicken. Der authentische Künstler und Architekt muss in einer idealen Welt handeln. Die Architektur konkretisiert eine ideale Sicht des Lebens. Die Architektur geht dort verloren. wo diese Vision und dieses Streben nach einem Ideal aufgegeben wird. Meiner Ansicht nach kann nur derjenige Architekt Gebäude schaffen, welche der Menschheit Hoffnung und Richtung geben, der beim Entwurf von einem idealen Bauherrn und einer idealen Gesellschaft ausgeht. Ohne die Meisterwerke der Moderne wäre unser Verständnis des modernen Lebens, und unser selbst, wesentlich weniger weit gediehen als dies tatsächlich der Fall ist: Diese Werke verkörpern Möglichkeiten des menschlichen Denkens und der menschlichen Existenz. Die Architektur kann lndividualisierung entweder tolerieren und sogar ermutigen oder sie ersticken und zurückweisen. So können wir unterscheiden zwischen einer Architektur der Akzeptanz und einer Architektur der Zurückweisung. Erstere erleichtert den Einklang, letztere versucht sich durch ihre arroganten Formen und Gesten aufzudrängen. Erstere beruht auf Bildern, die in unserem kollektiven Gedächtnis verwurzelt sind, also im phänomenologisch authentischen Boden der Architektur. Letztere manipuliert Bilder, durchaus auffallend und modisch vielleicht, die nicht unsere Identität. Erinnerungen und Träume enthalten. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass auf diese Weise mehr imposante Bauwerke entstehen, die auf den Hochglanzseiten der den Architekturmoden gewidmeten Zeitschriften abgedruckt werden können, erstere aber ermöglicht das Heimkommen. Wir brauchen heute eine Architektur, die nicht nach Schwanzwedeln oder Bombast, Effekt oder Bewunderung sucht. Wir brauchen eine Architektur der Einfühlsamkeit und Bescheidenheit. 62

6. Stille Wollte ich Calvinos Schema folgen, könnte ich mein sechstes Thema als reinen Titel stehen lassen, besonders da ich schon früher ausführlich über die Architektur der Stille geschrieben habe. Ich möchte jedoch meinem Ietzten Thema noch einige Bemerkungen hinzufügen. (4) „Nichts hat“, so der Schweizer Philosoph Max Picard, „so sehr das Wesen des Menschen verändert als der Verlust des Schweigens.“(5) Grosse Kunst hat immer mir Stille zu tun. Die Stille der Kunst ist nicht einfach nur das Nichtvorhandensein von Geräuschen, sondern ein unabhängiger Gefühls- und Geisteszustand, eine beobachtende, zuhörende und wissende Stille. Eine Stille, die das Gefühl der Melancholie und der Sehnsucht nach dem nicht vorhandenen Ideal hervorruft. Auch große Architektur bewirkt Stille. Das Erfahren eines Gebäudes ist nicht nur eine Frage des Ansehens seiner Räume, Formen und Oberflächen - nein, es ist auch eine Frage des Horchens auf seine charakteristische Stille. Eine machtvolle Architekturerfahrung schaltet den Lärm aus und wendet mein Bewusstsein auf mich selbst. Ich höre nur noch meinen eigenen Herzschlag. Die inhärente Stille einer Architekturerfahrung, so scheint es, entsteht daraus, dass sie unsere Aufmerksamkeit auf unsere eigene Existenz richtet - ich stelle plötzlich fest, dass ich meinem eigenen Sein zuhöre. Die Aufgabe der Architektur ist es daher, Stille zu schaffen, zu bewahren und zu schätzen. Wenn das Dröhnen und der Lärm der Bauarbeiten verstummt sind, wird das Gebäude zu einem zeitlosen Monument der Stille. Und welche Treue und Geduld ist in einem solch grossen Werk der Architektur zu spüren! In der Architektur sehnen wir uns heute nach einem Ausdruck, der auf Spontaneität und Authentizität der individuellen Erfahrung abzielt. Wir sehnen uns nach einer Architektur, die Lärm, Effizienz und Moden zurückweist, einer Architektur, die nicht nach dem Dramatischen strebt, sondern eher das Lyrische in den realen Dingen des täglichen Lebens hervorbringen will. Wir sehnen uns nach radikaler Normalität, einer natürlichen Architektur, wie sie uns so wohltuend überkommt, wenn wir ein kleines Bauernhaus betreten. Wir brauchen eine Architektur der Askese, der Konzentration und der Kontemplation, eine Architektur der Stille.

1 Gianni Vattimo, The End of Modernty, Baltimore, 1991. 2 Karsten Harries, Philosophy and Architectural Education in: Arktitehtuurin tutkijakoulutus ja tutkimus (Research Education in Architecture), TU Helsinki, Publikationen der Architekturfak. 6/1994. S.13-40. 3 ltalo Calvino, Six Memos for the Next Millennium. New York. 1988 (Deutsch unter dem Titel: Sechs Vorschläge für das nächste Jahrtausend, HarvardVorlesungen, München, 1991). 4 Juhani Pallasmaa, Die Grenzen der Baukunst – Zu einer Architektur der Stille, Deutsch in: Baumeister 3/1992 5 Max Picard, Die Welt des Schweigens. Erlenbach-Zürich, 1948

Textauswahl: Beat Waeber

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Acht Stichpunkte Alvaro Siza

Stadtskizzen = City sketches / Alvaro Siza, Hrsg. von Birgitte Fleck; Birkhäuser, 1994

Ich werde gebeten meine Berufstätigkeit zu beschreiben. Ich fasse sie, eher zufällig, in acht Punkten zusammen. 1 - Ich beginne ein Projekt zu erarbeiten, wenn ich mir den Ort ansehe (in dieser Phase existieren zunächst fast immer nur ein vages Programm und ungewisse Voraussetzungen). Manchmal aber setze ich bereits bei der Vorstellung an, die ich von einem Ort habe (anhand einer Beschreibung, einer Fotografie, einem Text, den ich gelesen habe, einem unscheinbaren Detail). Häufig ist es zunächst nicht mehr als eine erste Skizze. Aber es ist ein Anfang. Der Wert eines Ortes lässt sich dadurch bemessen, was er darstellt, was ihm vorbehalten ist und was er selber erstrebt - das mag gegensätzlich sein, aber nicht zusammenhangslos. Häufig fliesst Vieles aus früheren Zeichnungen (auch das, was andere zeichneten) in die erste Skizze mit ein. Wahllos. Das kann soweit gehen, dass die Skizze nur wenig mit dem Ort gemeinsam hat, der das Projekt auslöst. Kein Ort ist unbewohnbar. Ich kann immer einer der Bewohner sein. Die Ordnung ist die Annäherung an die Gegensätze. 2 - Die Leute sagen über mich, dass ich in Cafés zeichne, dass ich ein Architekt

degeneriert eine Bewegung zu einem bequemen Alibi, einer verfremdenden Mäss-

kleiner Werke bin (da ich mich auch an die Anderen heranwagte, denke ich: hof-

gung, verhält sich widerstrebend, wenn es darum geht in die Neuformulierung der

fentlich nicht, das sind die schwierigsten). Es stimmt, dass ich in Cafés zeichne.

Sehnsucht einzutauchen- nicht nur die unsrige, sondern auch die der anderen.

Nicht wie Toulouse Lautrec in den Kabaretts, oder wie ein „Prix de Rome“ -Preisträger inmitten von Ruinen. Das Caféambiente inspiriert nicht, es versetzt einen

4 - Über meine Werke, sowohl ältere als auch solche aus jüngerer Zeit wird

auch nicht in eine besondere Stimmung. Es ist eines der wenigen - hier in Porto

gesagt, sie gründeten auf der traditionellen Architektur der Region. Auch diese

- in dem Anonymität und Konzentration gewährleistet sind. Es handelt sich nicht

Werke stiessen auf den Unmut von Bauarbeitern, den Zorn eines Vor bergehenden,

um eine Flucht etwa vor dem Besprechungstisch, der Zusammenarbeit mit Ande-

der ein Urteil abgibt. Die Tradition fordert die Erneuerung heraus. Sie besteht aus

ren, dem Telefon, den Vordrucken mit Vorschriften, den Katalogen über Fertigbau

Abfolgen von Überpflanzungen. Ich bin konservativ und der Tradition verbunden.

oder Handwerkzeug zur Arbeitserleichterung, dem Computer oder der Versamm-

Das heisst ich bewege mich zwischen Konflikten, Zugeständnissen, Begegnungen

lung mit dem Einwohnerverband. Vielmehr geht es mir darum, die Grundlagen zu

und Wandlungen.

erobern- ja, „erobern“ ist der richtige Ausdruck- um damit umgehen und darauf hinarbeiten zu können (Ich arbeitete bereits in sehr vielen Cafés; ich wechsle das

5 - Einige (Freunde) behaupten, dass sich meine Arbeit weder auf eine Theorie

Café, wenn ich spüre, dass mir, über den Tee und Buttertoast hinaus, auch beso-

noch auf eine Methode stützt. Dass nichts, was ich erarbeite, auf einen Weg

dere Aufmerksamkeit zuteil wird).

hin deutet. Dass es keinen pädagogischen Charakter besitzt. Vielmehr lässt sich meine Arbeit wie ein Boot beschreiben, das sich mit den Wellen treiben lässt

3 - Einigen meiner letzten Projekte gingen ausführliche Gespräche mit Einwoh-

und erstaunlicherweise nur selten Schiffbruch erleidet (behauptet man zumin-

nerverbänden oder zukünftigen Bewohnern voraus. Nicht viel Neues. So arbei-

dest). Die Schiffsplanken unserer Schiffe kommen nicht allzu klar zum Vorschein,

tete ich bereits unter anderen Voraussetzungen, bzw. so hätte ich es mir gerne

zumindest nicht auf hoher See; zu oft wurden sie zerbrochen. Ich beschäftige

gewünscht. Nach der Aprilrevolution von 1974 ging es in Portugal jedoch nicht

mich eingehend mit Strömungen, Strudeln; bevor ich Risiken eingehe, suche ich

um die eigenen Wünsche. Der Kampf um den Wohnungsbau, ob in Porto, in Lis-

zuerst Buchten. Manchmal sieht man mich alleine auf dem Deck spazieren gehen.

sabon oder in der Algarve, ging nach Öffnung der Gefängnisse über die Konzepte

Aber die Besatzung und alle Instrumente sind da. Der Kapitän lebt nur im Geist.

Wohnstätte, Wohnviertel oder Wohngenossenschaft hinaus. Er ergriff Besitz von

Ich wage es nicht, das Steuerrad in die Hand zu nehmen, und begnüge mich mit

der ganzen Stadt. Eine Episode von kurzer Dauer. Wenn als Methode aufgefasst

der Betrachtung des Polarsterns. Ich zeige auch keinen eindeutigen Weg auf. Die Wege sind nicht klar vorgezeichnet.

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6 - Ich würde keinen Gefallen daran finden, meine Zeichnungen mit eigenen Händen auszuführen, oder allein zu zeichnen. Das entspräche einer Sterilisierung. Der Körper, das heisst die Hand, der Geist und überhaupt alles, gehen über den jeweligen Körper hinaus. Kein einzelner Körperteil funktioniert für sich allein. 7 - Meine unvollendeten, oder auch unterbrochenen oder veränderten Werke haben nichts mit der Ästhetik des Unvollendeten gemein, auch nicht mit dem Glauben an das offen gelassene Werk. Vielmehr sind sie auf das ärgerliche Unvermögen zurückzuführen, etwas zu beenden, auf meine Unfähigkeit, bestimmte Hindernisse zu überwinden. 8 - Mit einem Bauarbeiter diskutiere ich, wie ein Mosaikstein mit dem Ausmaß 30x30 auf einem nicht geometrischen Boden verlegt werden muss: entweder diagonal (so lautet mein Vorschlag) oder parallel zu einer Wand. Er sagt: ln Berlin machen wir es nicht so, wie Sie es sich vorstellen. Am darauffolgenden Tag kehre ich zur Baustelle zurück. „Sie haben Recht. So gestaltet sich die Ausführung leichter“ (sagt der Bauarbeiter) . Wir teilen dieselben Interessen: Bauen auf die praktischste und rationellste Art, wie bereits in der Vergangenheit geschehen, zum Beispiel im Parthenon, in Chartres oder in der Casa Mila. Und heute: Ich entdeckte aufs Neue die wundersame Befremdung, die Einzigartigkeit des Offensichtlichen. Porto, im September 1983 Alvaro Siza

Textauswahl: Alain Roserens

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Louisiana Manifesto Jean Nouvel

Louisiana Manifest, Jean Nouvel, Humlebaek, 2008

2005 ist ein Jahr, in dem die Architektur die Orte mehr denn je aufhebt, banalisiert, vergewaltigt.

und die herrschende Architektur fordert mit Nachdruck die Dekontextualisation.

Manchmal ersetzt sie die Landschaft, sie allein erschafft sie, mit anderen Worten, sie eliminiert sie. Louisiana ist ein emotionaler Schock,

Folglich findet eine Debatte über den Sinn dieser rasenden Situation nicht statt: die Architekturkritik begnügt sich im Namen disziplinärer

der offensichtliche Beweis einer schnell vergessenen Wahrheit:

Grenzen mit vagen ästhetischen und stilistischen Betrachtungen,

Architektur hat die Macht der Transzendenz...

verwirft die Analyse der Wirklichkeit und ignoriert die entscheidende

Sie offenbart Geographien, Geschichten, Farben, Vegetationen, Horizonte, Spielarten des Lichts. Unverschämt und selbstverständlich ist sie auf der Welt, sie lebt. Sie ist einzigartig. Sie ist louisianisch. Sie ist ein Mikrokosmos, eine Blase. Kein Bild, keine Rede kann ihre Tiefe ermessen. Man muß es sehen, um es zu erfahren und zu glauben.

historische Frage, die tagtäglich zwei Architekturtypen gegenüberstellt: die globale Architektur der situationsbedingten Architektur (die sich also mit Ort, Lage, „Situation“ des Bauwerks bewußt auseinandersetzt), die „generische“ (d. h. allgemeingültige, unterschiedslose Architektur, die die Umgebung außer acht läßt) der spezifischen Architektur. Ist die jedes kritischen Geistes entblößte Modernität von heute die

Sie erweitert unsere Welt in einer Zeit, in dem diese Welt immer kleiner wird. In einer Zeit, in der wir sie immer schneller durchqueren, in der wir alle ihre Gegenden kennen,

direkte Erbin der Modernität des 20. Jahrhunderts? Erschöpft sie sich schlicht darin, den Erdball mit alleinstehenden Objekten zu pflastern? Sollte sie nicht im Gegenteil die Gründe, die Korrespondenzen, die

in der wir, global vernetzt, dieselben Informationen hören und sehen

Übereinstimmungen und Unterschiede suchen, um eine

in der wir zu denselben Hits tanzen,

Ad-hoc-Architektur vorzuschlagen, hier und jetzt?

in der wir Tränen über dieselben Katastrophen vergießen,

Louisiana wurde als Symbolort gewählt, um diesen neuen Kampf

in der wir dieselben Spiele sehen,

zwischen David und Goliath zu führen, der die Anhänger

in der wir von denselben Filmen überflutet werden,

der situationsbedingten Architektur den Profiteuren einer

in der die Stars weltweit berühmt sind,

dekontextualisierten Architektur entgegenstellt.

in der der Präsident eines Landes die Welt beherrschen will, in der wir in geklonten Shoppingcentern einkaufen, in der wir hinter Vorhangmauern arbeiten ... und in der die paar Vorteile, die dabei zumindest abfallen sollten, nicht zu den globalen Prioritäten gehören. Warum also erreicht die Schule den Analphabeten nicht schneller und sicherer? Warum kommen die Medikamente, die die Betroffenen von Pandemien retten könnten, nicht rechtzeitig? Die Architektur wird von diesen neuen Bedingungen einer effizienten und rentablen Welt keineswegs ausgenommen, einer Welt, die mehr und mehr von einer Ideologie geprägt ist, die die Wirtschaft im Gepäck hat.

Dieser Gegensatz ist zweifellos tiefer und komplexer als der zwischen dem Globalen und dem Lokalen. Das Spezifische ist an die Aktualisierung unserer Kenntnisse geknüpft. Das architektonische Wissen ist von Natur aus vielfältig und steht mit allen Zivilisationen in Verbindung, Reisen sind ein wesentlicher Teil der Kultur des Baumeisters. Reisen nach Griechenland, Rom und Ägypten haben sich in fast allen Ländern niedergeschlagen. Louisiana ist die Folge einer Reise nach Kalifornien. Auch in Louisiana mußte man Informationen von weither miteinander verbinden, um imstande zu sein, eine einzigartige Lage zu interpretieren. Natürlich, die generische Architektur gedeiht auf fruchtbarer Erde, auf den funktionalistischen Exkrementen der modernen einseitigen Ideologie des 20. Jahrhunderts. Die Charta von Athen wollte

Die Auswirkungen der Globalisierung werden von Tag zu Tag stärker,

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genauso human sein wie der Moskauer Kommunismus, aber ihre dogmatischen, von Fanatikern, Zynikern und korrupten Leuten

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realisierten Karikaturen hinterlassen ein niederschmetterndes

Geschichte und die Spuren ihrer vergangenen Leben zu verlängern,

politisches und städtebauliches Erbe.

bedeutet, die Atemzüge eines lebenden Ortes, seinen Pulsschlag zu

Im Namen der Freude, auf dieser Erde zu leben, müssen wir gegen den Urbanismus der Zonen, der Netzwerke, der zerschnittenen Gebiete kämpfen, gegen den automatischen Dreck, der die Identität der Städte aller Kontinente, aller Klimazonen zerstört und von geklonten Bürogebäuden, Wohn- und Geschäftshäusern lebt, die nach Vorgedachtem und Vorgesehenem lechzen, um das Denken und Sehen zu vermeiden.

beachten, bedeutet, diese Rhythmen zu deuten, um sein Streben nach Zukunft zu verstehen. Die Architektur muß als Modifikation eines physischen, atomischen, biologischen Kontinuums angesehen werden. Als Modifikation eines Fragments inmitten unseres unermeßlichen Universums, wo uns die Entdeckungen der Makro- und Nanophysik zunehmende Schwindelanfälle bereiten.

Diese territorialen generischen und architektonischen Regeln - ja, auch

Welchen Umfang die Umgestaltung einer Gegend, einer Architektur

architektonischen, weil die Architektur in jedem Massstab existiert

auch immer hat: wie läßt sich diese Ungewißheit der Mutation eines

und der Urbanismus nicht existiert, der ist nur die schlecht

lebenden Fragments übertragen?

geschminkte Travestie einer unterwürfigen Architektur in höchstem

Dieses Mysterium, das mit unserem menschlichen Dasein verbunden ist?

Maßstab, die Myriaden generischer Architekturen den Weg bereitet

Können wir die sichtbaren Bestandteile mikro-verbinden, zähmen, die

- diese blinden Regeln also müssen von Regeln ersetzt werden,

Wolken, die Vegetation, Lebewesen jeder Größe durch Zeichen,

die auf der strukturalistischen Analyse einer erlebten Landschaft

Spiegelungen, Anpflanzungen?

gründen. Wir müssen sensible, poetische Regeln aufstellen, Tendenzen, die von Farben, Essenzen, Charakteren, noch zu erschaffenden

Wie eine Vibration erschaffen, die eine verborgene Tiefe, eine Seele hervorruft? Es ist natürlich eine poetische Arbeit, denn nur die Poesie kann eine

Partikularismen sprechen, von Besonderheiten, die mit dem Regen,

„augenblickliche Metaphysik“ herstellen,

dem Wind, dem Meer, dem Gebirge verbunden sind.

eine Arbeit über die Grenze des Beherrschbaren, über das

Regeln, die vom zeitlichen und räumlichen Kontinuum sprechen, die

Mysterium, das Zerbrechliche, das Natürliche, über den Zahn der

einer Mutation, einer Modifikation des ererbten Chaos den Weg

Zeit, die Patina, die sieb verändernden Materialien, die edel altern,

weisen und die sich mit allen fraktalen Ebenen unserer Städte

eine Arbeit über die Unvollkommenheit, die die Grenze des

auseinandersetzen.

Erreichbaren offenbart.

Diese sensiblen Regeln fordern die generische, allgemeingültige Ideologie heraus, die eine starke Zunahme herrschender

Nicht louisianisch sind die gefühlstötenden Architekturen,

hegemonialer Techniken anstrebt, um Abhängigkeiten zu schaffen,

Architekturen der globalen Künstlerarchitekten, Königen der

und sämtliche Transport-, Energie- und Abwassersysteme

Wiederholungen,

aufzublähen versucht.

dieses perfekten, trockenen, beständigen Details, wahrhaftiges

Die spezifsiche Ideologie hingegen strebt Autonomie an, will die Ressourcen des Ortes und der Zeit nutzen und bevorzugt das Nichtmaterielle. Wie sieb dessen bedienen, das sich dort befindet und nicht woanders?

Die Wiederholung des „beherrschten“ Details ist ein Beweis der Gefühllosigkeit gegenüber der möglichen Natur einer Weltarchitektur. „Beherrschung“ als Irrtum.

Wie differenzieren, ohne zu karikieren?

Schwere und Emphase als Vektoren architektonischer Pedanterie.

Wie vertiefen?

Das Detail wie das Ensemble ist die Möglichkeit, die Welt zu

Architektonisch in großen Dimensionen gestalten bedeutet nicht, etwas ex nihilo zu erfinden. Architektonisch gestalten bedeutet umzuformen, Mutationen dessen zu organisieren, das schon da ist, das schon da war. Es bedeutet, die Orte in der Landschaft einzubetten,

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Eingeständnis emotionaler Ohnmacht.

erfinden, zu verlagern, zu bereichern, Begegnungen von Texturen, Licht, unwahrscheinlichen Techniken neu zusammenzustellen, aneinanderzufügen, hervorzurufen. So wie das generische Detail ist die generische Architektur gleichbedeutend mit dem Vorgefertigten, der Abwesenheit des Zweifels, dem Gefahrlosen, weit entfernt von

Orte, die dahin tendieren, sich selbst zu erfinden,

den Grenzen des Machbaren und Empfindsamen. Sie will überall

es bedeutet Offenbarung und Orientierung,

existieren, sich überall verkaufen, vereinheitlichen, die Unterschiede

es bedeutet, die Naturgeschichte, die Geographie, die erlebte

ausmerzen, alles überwuchern.

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Sie führt uns in eine Welt des einseitigen, systemischen, beruhigenden Denkens.

von der Hinzufügung zur Abweichung, von der Kalljgraphie zur Schramme, zur Streichung ...

Damit sind wir weit entfernt vom Natürlichen, unabdingbarer Voraussetzung der Verführung. Louisianisch ist die Architektur, die eine Einzigartigkeit in der Zweiheit erschafft, im Zwiegespräch, das sie im Angesicht einer bestimmten Lage ersinnt. Sie steht im Gegensatz zur Haltung dieser Künstlerarchitekten, die alle dasselbe Rezept verwenden, nämlich die Wiederholung einer

Anstelle des archaischen architektonischen Ziels, der Beherrschung, der ewiggültigen Markierung, ziehen wir Heutigen das Vergnügen vor, an einem bestimmten Ort zu leben. Aber die Architektur ist auch ein Mittel der Unterdrückung, der Konditionierung des Verhaltens. Niemals dürfen wir irgend jemandem erlauben, diese hedonistische

formalen Ordnung, was zu ihrer „Künstlersignatur“ geworden ist;

Suche zu zensurieren, besonders nicht auf dem Gebiet des Familiären

sie sind einsetzbar zu jeder Gelegenheit, an jedem Ort.

und Intimen, das für die Entwicklung unseres Körpers und unseres

Dieses globale Phänomen setzt die Kunst des 20. Jahrhunderts fort, die

Geistes so notwendig ist.

autonom, unheimisch, delokalisiert ist, geschaffen, um auf direktem

Erkennen wir uns!

Wege den mathematischen weißen Kästen der Museen anzugehören.

Jeder trägt eine potentielle Welt in sich.

Im Gegensatz zu den isolierbaren Kunstwerken sind die autonomen

Werden wir uns unserer Möglichkeiten bewußt, die jedem einzelnen

Architekturen zur Interferenz verurteilt, sie erscheinen wie skurrile

gleichermaßen zur Verfügung stehen, und zwar weitgehend

Collagen, wie kleine peinliche Zwischenfälle, und leider ist die

unerforscht, oft poetisch, also beängstigend.

Surreaustische Sensibilität nur selten daran beteiligt ...

Weg mit der Zwangsjacke, mit dem Korsett, mit dem Leben von der Stange!

Architektonisch gestalten bedeutet, zu gegebener Zeit den Zustand eines Ortes durch Willen, Verlangen und Wissen bestimmter Menschen zu verändern. Wir tun dies nie allein. Wir gestalten immer an einem bestimmten Ort, und zwar für jemand bestimmten, immer aber auch für alle. Wir müssen aufhören, die Architektur auf die Aneignung eines Stils zu begrenzen. Unsere Zeit braucht Architekten, die zweifeln, die suchen und nicht

Weg mit den geklonten Städten, den global einheitlichen Büros, den vorgetesteten Wohnungen! Wir wollen weiterhin reisen dürfen, um spontane Musik zu hören, bewohnte Landschaften mit ihren Menschen zu erleben, Männern und Frauen zu begegnen, die ihre Kultur erfinden, nie gesehene Farben entdecken. Die Architektur ist das Sammelbecken der Variationen, eine durch das

meinen, sie hätten schon gefunden, Architekten, die kein Risiko

Leben und die Ereignisse durchdrungene und erneuerte

scheuen, die die Werte des Empirismus wiederbeleben, die die

Beständigkeit.

Architektur erfinden, indem sie sie bauen, die sich selbst verblüffen können, die den Schimmel auf ihren Fenstern entdecken und ihn zu deuten wissen. Die Architekten, die sich für Ästhetiker halten, dürfen sich dann um die Kosmetik eitler Städte kümmern. Ab sofort wird die Architektur ihre Aura wieder im Unsagbaren und Unruhigen finden. Denn was sich erfindet, ist unvollkommen. Dem Architekten wird bewußt, in seiner Arbeit nur dann das äußerste

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Weg mit der numerischen Architektur, die uns Nummern macht!

Eine unveränderliche und hingepflanzte Architektur kennt keine Solidarität mit dem Ort und dessen Bewohnern. Architektur muß durchdringen und sich durchdringen lassen. Beeindrucken und sich beeindrucken lassen. Aufnehmen und ausstrahlen. Laßt uns die Architekturen lieben, die die Lage überprüfen und sich anpassen können. Durch die wir das Licht lesen und spüren,

gegeben zu haben, wenn er ins Schleudern gerät, wenn er rutscht:

aber auch die Topographie, die Tiefen der Landschaft, den Wind,

von der Schöpfung zur Modifikation,

den Himmel, die Erde, das Wasser, das Feuer, die Gerüche, die

von der Behauptung zur Andeutung,

Bäume, die Kräuter, die Blumen, das Moos ...

von der Errichtung zur Eingliederung,

Die sich an Sitten und Gebräuche erinnern und gleichzeitig mit den

von der Konstruktion zur Infiltration,

Informations- und Datenterminalen unserer Welt verkabelt sind.

von der Lage zur Überlagerung,

Die die Epochen offenbaren und die Menschen, die sie durchqueren.

von der Klarheit zum Nebulösen,

Die Architekturen entstehen in Harmonie mit ihrer Zeit: Die

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Ewiggestrigen, die noch die Archetypen des 20. Jahrhunderts

Wir denken mit unseren Sinnen, wir fühlen mit unseren Ideen.

entwerfen, halten krampfhaft an der Diachronie fest und weigern

Widersprüche erzeugen Funken.

sich, ihre eigene Zeit wahrzunehmen.

Gefühle erzeugen Emotionen, Emotionen Liebe, und die Liebe erzeugt das Verlangen zu leben, zu teilen, zu geben, unser Leben

Architektur ist datiert. Wir wissen, daß sie sterblich ist, fragil, wir haben sie in Verdacht, lebendig zu sein. So sehen wir sie aus dem Dunkel hervortreten und stellen uns vor, daß sie eines Tages wieder dorthin zurückkehrt. Die situationsbedingten, spezifischen, louisianischen Architekturen verweben Vergangenheit und Zukunft, Mineralisches und Pflanzliches, Augenblick und Ewigkeit, Sichtbares und Unsichtbares,

im Leben anderer zu verlängern. Architektonisch gestalten beißt verbinden, angehören, eingreifen, sprechen und widersprechen. Es heißt auch harmonisieren, denn Harmonie ist nicht immer ein Weichmacher, sie kann Quelle unvorstellbarer Freude sein, einer Überhoffnung, einer Steigerung unserer Vorstellungskraft. Optimismus ist das unwahrscheinliche, doch unerläßlicbe Teilchen, um

sie sind Orte des Hervortretens und des Verschwindens, die

den intelligenten Zweifel, die ehrliche Verzweiflung in erobernde

zeitweise an ihren mählichen, pathetischen Untergang denken lassen.

Kraft zu verwandeln.

Zu diesem Bewußtsein der Zeit kommen die Überraschungen der Menschen, die diese Orte bewohnen, der besungene Rhythmus

Laßt uns den Resignierten, den Traurigen, den Spekulanten den Mut

von Morgengrauen und Abendrot, die Gleichgültigkeit der

nehmen, Depressionen zu produzieren, sich ständig zu wiederholen!

unvermeidlichen Stunden der Trägheit und des Verfalls.

In der Architektur wie in der Psychoanalyse ist die Wiederholung

Die louisianischen Architekturen sind erträumte Architekturen, Ruinen, Orte der Stille und des Vergessens, aber auch der Archäologie. Sie werden zum Vorwand einer neuen Sicht auf eine mehrdeutige Vergangenheit. Die louisianischen Architekten berühren uns, weil in ihnen das Leben geträumt ist, die Verunsicherung, die Widerstandsfähigkeit,

morbid, nur im Wechsel ist Leben. Bauherrnneulinge, Architektenlehrlinge, ergreift dies gefährliche Metier nur, wenn ihr differenzieren und nicht Stereotypen erschaffen wollt, wenn ihr erbauen und nicht zerstören wollt, wenn ihr euern Lebensunterhalt nicht auf Kosten anderer verdienen wollt! Wenn ihr eine Stadt nicht liebt, wenn ihr einen Ort nicht versteht,

zuweilen die Hoffnungslosigkeit, Untergang oder Ermordung, aber

zieht Leine!

sie werden nie vergessen, denn sie sind wie der Phönix, der untergeht,

Verschont sie! Verschont ihn!

damit er umso glänzender auferstehe, die louisianischen

Wenn ihr nicht geben, sondern immer nur nehmen wollt, spekuliert

Architekturen berühren uns, weil sie uns an eine undeutliche Ewigkeit denken lassen ... Die Unsicherheit, die Einfachheit, selbst die Kargheit der louisianischen

auf andere Sachen! Denn mit Verlaub, auch der Zynismus hat seine Grenzen.

Materialien und Mittel wecken die Hoffnung, daß diese Architektur auch in wirtschaftlich schwachen Gebieten der Erde möglich ist. Aus

Die Architektur ist eine Gabe aus den tiefsten Tiefen des Selbst.

diesem Grund kann sie überall eindringen, selbst in die schandhaften

Sie bringt etwas auf die Welt, sie erfindet Welten, Mikrovergnügen,

Elendsviertel unserer globalen Politik ... Und in äußerster Not Schönheit zu sehen heißt nicht, den Ursprung der Hoffnungslosigkeit zu vergessen, sondern lediglich, die Kraft und die Würde des Lebens in

Mikrogefühle, flüchtiges Eintauchen. Die Architektur, sie möge vibrieren, ein stetes Echo des sich wandelnden Universums sein! Einrichten möge sie sich an vergänglichen Zufluchtsorten für

Extremsituationen zu erkennen.

Nomaden auf der Suche nach Tropismen und Gelüsten, von

Es ist bewegend, wie sich hier die unermeßliche menschliche

denen sie ein Leben lang geformt werden!

Tiefe offenbart. Wir fangen an zu verstehen, warum die Bewohner der „Ranchos“, der „Favelas“ ihre spontan errichteten, kostbaren, auf Zufall

Wie nutzen, prägen, umkreisen wir unsere Lebenszeit? Aber auch: Wie lassen wir Gelassenheit, Ruhe, Wollust oder auch Wahn, Trunkenheit, Euphorie, Jubel zu Stein werden?

beruhenden, sich wandelnden Hütten den formatierten

Meiden wir also für immer die bitterkalten Wohnmaschinen!

Betonklötzen der Wohnmaschinen vorgezogen haben.

Wir befinden uns in Abgründen, die auszuloten, auf Höhen, die

Untersuchen ist eine Pflicht, Verstehen ein inneres Bedürfnis,

einzuatmen, in Landschaften, die zu verzieren sind!

Einspruch erheben eine Voraussetzung der Evolution.

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Prangern wir die automatische Architektur an, die unsere Produktionssysteme klont! Greifen wir sie an! Verschlingen wir sie! Diese Architektur ist dazu berufen, Widerspruch zu erfahren, sie will in jeder Hinsicht erledigt sein. Zufälle führen zu Begegnungen, die genutzt, zu Situationen, die erfunden werden müssen! Die seelenlosen Architekturen müssen die Träger, die Ausgangspunkte einzigartiger, umfunktionierter, gesprengter, umgekehrter Strategien sein! Aufgabe louisianischer Architektur ist es zu ergänzen, eine andere Richtung zu geben, vielseitig zu machen, umzugestalten, was die generischen Architekturen gar nicht kennen: das Leben der Menschen, die sie beherbergen. Seien wir Lo uisianer! Leisten wir Widerstand! Fordern wir die Architekturen des Unwahrscheinlichen! Die Praxis und Poesie verbinden, um einen Ort zu prägen, ihr Schicksal mit diesem Ort zu verknüpfen. Seien wir Louisianer mit all diesen Kleinstterritorien! Louisianer wie alljene, die sie sich gewünscht oder die sie besucht und sich gefühlt haben wie im Herzen eines poetischen Paradoxons, Schocks der Zeitlichkeit und des Lichts ... Und dies vom Kazura-Palast bis Louisiana ... von Petra bis Sanaa ... von Venedig bis Manhattnan ... von Chartres bis Ronchamp ... von den Fischerhütten bis zu den Zelten der Wüste ... von den Favelas von Rio zu den Industrieruinen der Ruhr ... Dies Paradox, das Paul Valery, Dichter des Unaussprechlichen, wunderbarerweise in wenige Worte zu fassen verstand, ein wahrer Leitsatz, Kennzeichen louisianischer Architekturen und Lagen, an diesen Orten „glänzt die Zeit und Traum wird zur Gewißheit“ .

Textauswahl: Stefan Zopp

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Atmosphäre Hypothesen zum Prozess der räumlichen Wahrnehmung Elisabeth Blum Atmosphäre, Hypothesen zum Prozess der räumlichen Wahrnehmung, Elisabeth Blum, Design2context ZHdK, Lars Müller Publishers, Zürich, 2010

VOM ORT AN SICH ZUM ORT FÜR SICH

sind“, schreibt Hermann Lübbe in seinem Vorwort zu Wilhelm Schapps Buch In

Um Jean Baudrillards in der Einleitung dieses Buches zitierte Frage, ob Architektur

Geschichten verstrickt. Jenseits von, in Geschichten verstrickt sein‘ existieren wir

noch jenseits ihrer eigenen Realität existiere, jenseits von Funktion, Programm

nicht. Verstrickt sind wir über Leidenschaften, Triebe, Charakter, Liebe, Hass, Trau-

und Konstruktion, vorweg zu beantworten: Längst nicht alle Wirkungswesen archi-

er, Freude, Vernunft, Verstand, Wissen, Kenntnisse.

tektonischer Objekte und städtischer Räume gehören in die Welt des Sichtbaren.

(...)

Zu jedem Ort gehören neben materiellen Tatsachen auch immaterielle Wissens-

„Es genügt also nicht, einfach eine Aussage über ein Phänomen zu machen“, sagt

formen: Vergangenes, Erinnertes, Mythen wie Mythologisierungen- Unsichtbares,

Wilhelm Salber, „wir müssen vielmehr versuchen, dieses Phänomen in verschie-

das nur wirken kann, wenn wir etwas darüber wissen. Wissen wie Nicht-Wissen

denen Zusammenhängen zu sehen.“ Es ist genau das, was in dialogischen Prozes-

färben Erfahrungen und Ereignisse. Das zeigt uns bereits der Gebrauch eines

sen geschieht: Wir betrachten ein Phänomen, versuchen es zu ergründen, das Wie

Stadtreiseführers: Seine Texte entscheiden mit darüber, wie sich ein Ort für uns

und Warum siner Erscheinungsform zu verstehen und die Art und Weise, auf uns

entfaltet, was von ihm zum Vorschein kommt, was unerwähnt bleibt. Ihnen zu

zu wirken. Wir lesen Theorien, hören Geschichten, bemerken Eigenschaften und

folgen heisst spezifische Bewegungen auszuführen- im Kopf und mit den Füssen.

Veränderungen. Antrieb für diesen Umgang mit Orten, Räumen und Objekten ist

Jeder Text und jede andere Form des Wissens zu einem Ort produziert besondere

der immer wiederkehrende Wunsch, sich in räumlichen Situationen zu verorten,

Einschätzungen und Erfahrungen, die sowohl uns selber als auch die Wirkungen

sei es in der Realität oder in der Imagination: der Trieb, uns an fremden Orten

eines Ortes auf uns verändern.

einzurichten. Um dieses dialogisch geprägte Geschehen, das einzelne Phänomene ebenso betreffen kann wie kulturelle, politische, geologische, gesellschaftliche,

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Die einem Ort oder Objekt zugehörigen Wissensformen entstammen ungezählten

sprachliche Aspekte eines Ortes oder Objekts, besser zu verstehen, sind wir vom

Schichten seiner Realität: historischen, ästhetischen, politischen, geographi-

Denkbild Wissensarchiv ausgegagen. Das erste Wissensarchiv ist dasjenige des

schen, geologischen, realen wie mythologischen, sichtbaren und unsichtbaren,

Ortes oder Objekts. Es enthält alles, das je zu einem Ort oder Objekt gehört hat:

erinnerten, vergessenen, verdrängten, tabuisierten. Wenn zwei Personen einander

Geschichten seiner Entstehung, Erinnerungen, die Menschen an sie haben, Ereig-

an ein und demselben Ort begegnen, können unterschiedliche Wissensformen

nisse, räumliche Veränderungen et cetera. Das andere Archiv gehört dem einzel-

miteinander in Konflikt geraten, einander ergänzen oder ausschliessen. So kon-

nen Individuum, das in Kontakt zu einem Ort oder Objekt gerät. Wie das erst-

struiert sich die Atmosphäre eines bestimmten Ortes nicht nur aus dem Zusam-

genannte Archiv besteht es aus viele Schichten, in denen Wissen, Erfahrungen,

menspiel zwischen dem, was einem Ort zugehört und dem, was hinzukommt. Sie

Erinnerungen abgelegt sind. Wir haben nur eine sehr unbestimmte Vorstellung

besteht auch in den Wirkungen und Veränderungen, die dieses Zusammenspiel bei

davon, was weiter dazugehört. Der Begriff Archiv könnte allerdings zu einem

Subjekt und Ort bewirkt.

Missverständnis führen, solange wir damit nur Geordnetes meinen, Kontrollier-

(...)

bares, etwas, worin man gezielt suchen kann. Archiv ist hier weiter gefasst. Darin

Der Wunsch, sich an einem Ort, an dem man sich aufhält, einzurichten, setzt

enthalten sind nicht allein wissenschaftliche Erkenntnisse, die uns zugänglich

einen dialogischen Prozess in Gang, der mit dem Ort beginnt, jedoch über diesen

sind, sondern darüber hinaus alles für uns schwer Durchschaubare, kaum Kontrol-

hinausgeht. Wir suchen Fragmente und Verbindungsstücke aus diversen Wissensar-

lierbare. Archive ohne ersichtliche Grenzen, ohne erkennbare Ordnung, Archive,

chiven mit denen wir Lesarten des Ortes erkunden und ausprobieren. Wir entwer-

die Dinge preisgeben, welche man weder erwartet noch gesucht hat. Wichtig an

fen und verwerfen Versuche, Fragmentarisches zu ergänzen, Unerklärliches einzu-

diesem Prozess ist, dass nicht nur wir uns verändern sowie unsere Sicht auf die

ordnen oder einen Ort in einem gestaltersichen Projekt zu verändern.

jeweilige Situation sondern auch die Situaton selber sich plötzlich anders zeigt:

(...)

in ihren Abschattungen und Mehrdeutikeiten, als Produkt von Geschichte und

WISSENARCHIVE IM DIALOG

Geschichten.

Atmosphäre steckt weder ausschliesslich in einem Objekt oder an einem Ort noch

(...)

ist sie irgendwo im Subjekt verborgen. Atmosphäre, wenn wir sie als Wirkung

Wenn Architekten ein Projekt für einen Ort entwickeln, wollen sie sich vergewis-

verstehen, ist das, was sich im Zusammenspiel von Subjekt und Ort oder Objekt

sern, dass ihr Vorschlag den Ort in einer nachvollziehbaren Weise umgestaltet.

entwickelt. Atmosphäre ist darum auch etwas Flüchtiges, etwas, das sich in einem

Zugleich möchten sie dem Ort etwas Einmaliges, nur auf ihn zugeschnittenes

bestimmten Moment in diesem Zusammenspiel als Wirklichkeit konstruiert. „Was

Unverwechselbares hinzufügen. Immer stellt sich ihnen die Frage, welche Dialo-

und wer wir jeweils sind, sind wir durch die Geschichten, in die wir verstrickt

ge sie provozieren möchten, welche Assoziationen sie einem Ort einzuschreiben

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versuchen, woran sie zu erinnern beabsichtigen. Und wie sie es machen möchten. /13

Wollen sie mit ihrem Entwurf Gesellschaftliches reflektieren? Geschichtliches,

ASSOZIATIVE BRÜCKEN

Aktuelles, Ästhetisches? Was wollen sie fernhalten? Mit welchen gestalterischen

Es ist seltsam, schreibt Gaston Bachelard in seinem Buch Poetik des Raumes, dass

Mitteln? Ob die intendierten Dialoge in Gang kommen, ist eine ganz andere Frage.

Räume, die man liebt, nicht immer eingeschlossen bleiben wollen, dass sie sich,

Was jedoch für einen Ort zählt, ist sein Potential an Lektüremöglichkeiten. Ver-

ganz im Gegenteil, leicht anderswohin übertragen lassen. Wie soll man sich das

suche von Entwerfenden sind einflussreich auch dann, wenn sie nicht im Sinne

vorstellen? Beispielsweise so: Ein Ding, ein Ort, eine sinnliche Erfahrung erin-

der Absicht nachvollzogen werden. Dabei können die beabsichtigten Beziehungen

nert uns an etwas. Wir stellen Verknüpfungen her, sehen Verwandtes oder Unter-

sinnlicher oder intellektueller Art sein, sie können sich physisch aufdrängen oder

schiede und konstruieren währenddessen Einsichten, die sich mit jeder weiteren

auf Erinnern angelegt sein, auf staunende Beobachtung oder nachvollziehende

Verknüpfung ändern. Ein alltäglicher Vorgang, dem wir meist keine besondere

Reflexion. Das hängt auch von der Verführungskraft der eingesetzten gestalt

Aufmerksamkeit schenken. Andreas Speer erinnert an eine ähnliche Schilderung

rischen Strategien ab. Davon, wie sie zwischen Sinnlichkeit und Verstand oszillie-

bei Aristoteles: „Mit der Wahrnehmung (aisthesis) [...] hebt die Erkenntnisdyna-

ren.

mik an, von der Aristoteles eingangs seiner ,Metaphysik‘ sprach, um sodann über

(...)

Erinnerung und Gedächtnis (mneme) - hierhin gehört auch die Phantasie (phantasfa)- und Erfahrung (empeiria zu kunstfertigem Wissen (techne) und schließ-

AUSLÖSSENDE MOMENTE

lich zu Wissen im eigentlichen Sinne (episteme) zu gelangen, das nach Art des

Auslösendes Moment für einen dialogischen Prozess kann alles sein: von einem

demonstrativen Wissens verstanden wird und die Wissenschaft als Modell hat.“

unauffälligen Detail einer Fassade bis zur überragenden Höhe eines Wolken-

Den Vorgang des Verknüpfens und des mit ihm einhergehenden anderen Blicks auf

kratzers, von einem plötzlich hörbaren Insektengeräusch in der Nacht oder dem

dasselbe Phänomen beschreibt Ludwig Wirtgenstein in seinen Philosophischen

Schatten von etwas noch nicht Sichtbarem, der unvermittelt erscheint. Ein Was-

Untersuchungen so: „Ich betrachte ein Gesicht, auf einmal bemerke ich seine

sergeräusch aus der Kanalisation, eine grelle Lampe, ein Streit auf offener Strasse,

Ähnlichkeit mit einem andern. Ich sehe, dass es sich nicht geändert hat; und sehe

die Erinnerung an den Zoccalo, den grossen leeren Platz im Zentrum von Mexiko

es doch anders. Diese Erfahrung nenne ich, das Bemerken eines Aspekts“, nehme

City- alle Phänomene, die wir in einem bestimmten Moment wahrnehmen, können

man nicht die Eigenschaften eines Objekts wahr sondern eine interne Relation

unser Raumgefühl blitzschnell verändern. Bilder tauchen auf, verknüpfen gegen-

zwischen ihm und anderen Objekten.

wärtiges Geschehen mit ähnlichen oder gegenteiligen Situationen. Deterritorial sierung- Reterritorialisierung. Auch die Verneinung einer blassen Vorstellung kann

Mit unseren Strategien der Wahrnehmung, mit dem assoziativen, oft blitzschnell

dialogische Prozesse auslösen: eine verriegelte Tür, die man offen erwartet, die

und unbemerkt vor sich gehenden Verknüpfen unterschiedlichster Wissensarchive,

Innenstadt von Sao Paulo ohne Reklameschilder, eine plötzlich leere Strasse, die

mit dem Transport passender Wissensfragmente versammeln wir Bruchstücke, die

je nach räumlichem Kontext Genuss bringen oder Furcht erregen kann. Ein Echo

Zusammenhänge herstellen, mit denen wir Räume verstehen, nutzen, verzaubern,

von ganz nah, Ausgesetztsein, wie auf der Bühne.

ändern. Stets finden wir uns in einer bereits begonnenen räumlichen Erzählung wieder, die wir begreifen und weitererzählen wollen, die wir vielleicht - wenig-

Auslösende Momente können äussere Phänomene sein oder ihren Ursprung in

stens für uns - zu einem vorläufigen Ende bringen möchten. Eine begonnene

der aktuellen Wahrnehmungsdisposition des Subjekts haben. Anlass für einen

räumliche Erzählung weiterspinnen, ein Geschehen im Raum vervollständigen, das

bestimmten Blick auf eine räumliche Situation kann ein Satz auf der letzten Seite

Vorher und Nachher einer Situation mitsehen, Entspannung schaffen. So gebrau-

eines Romans sein ebenso wie die gerade abgelegte Prüfung in Farbenlehre oder

chen wir nicht nur viele Formen von Texten, wir gehen Verweisen auf Fassaden,

Materialtechnik. Spuren sind deswegen von besonderem Interesse, weil sie auf

Böden, Wänden nach, suchen das Flüchtige in einem Projekt zu verfestigen,

zwei ganz unterschiedliche Art Auslöser sein können: Sprechen sie von etwas Ver-

Stabilität anstelle von Instabilität herzustellen. Einer der Gründe dafür, warum

gangenem, haben sie den Status von etwas Authentischem, werden sie eine ganz

Geschichten zum Unfertigen immer ein wichtiger Teil architektonischer Entwürfe

andere, meist fürsorgliche Haltung hervorrufen, auch wenn, wie Valentin Groebner

sind: Sie füllen Leerstellen, machen Verluste wett, schaffen über die jeweiligen

zu bedenken gibt, beim Begriff Authentizität Skepsis angebracht ist.

konzeptuellen Verknüpfungen für die Vernunft zufriedenstellende Bedeutungen. Manchmal kann es einem Projekt nutzen, sich an vergangene Szenen zu erinnern.

Sind Spuren hingegen schlicht Überreste, Hinterlassenschaften alltäglicher Hand-

Manchmal zeigt die Praxis der Rekonstruktion untergegangener historischer Bau-

lungen, werden sie getilgt. Die verbreitete Sucht nach der Sauberkeit von Orten

ten, dass der Versuch, die architektonische Authentizität eines Ortes wiederherzu-

mag Anlass dafür sein, dass zu gestalterischen Eingriffen so oft gehört, Spuren zu

stellen, nicht unbedingt Ergebnis einer genauen Lektüre ist, sondern die Implan-

tilgen ausser ihre dramatische Herrichtung liesse sich für eine besondere Inszenie-

tation blassen Scheins.

rung gebrauchen.

(...) RE-LEKTÜREN

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Re-Lektüren können individuell oder kollektiv erfolgen. Sie sind meist Produkte

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unserer Sozialisierung: Als Architekten, Planer oder Kunsthistoriker haben wir

weiterer Übertragungshintergrund könnten die Emotionen selbst sein. Sie stehen

spezifische Methoden der Wahrnehmung von Räumen anzuwenden gelernt. Doch

in einer merkwürdigen Entsprechung zu meteorologischen Erscheinungen. Wie

wenn wir uns im Umgang mit Räumen genauer beobachten, bemerken wir, wieviel

diese werden sie ebenfalls als Änderungen in einem konstanten Bezugsrahmen in

komplexer unsere Wahrnehmungen und Interpretationen inspiriert, beeinflusst

gewissen Abständenund über gewisse Zeiträume erlebt.“ Dass hier zwei grundle-

und gesteuert sind. Städtebauliche Wettbewerbe sind ein besonders faszinierendes

gende Lebenserfahrungen der Aussen-und Innenwelt korrespondieren, die fallwei-

Untersuchungsfeld dafür, Entwurfsprozesse zu beobachten, die von einer belie-

se auch noch kausal verbunden seien, sei womöglich ein Grund für die Übertra-

bigen Ausgangssituation über viele Zwischenschritte zu einem Projektvorschlag

gung dieses Begriffs aus dem naturwissenschaftlichen Kontext auf ein Phänomen

führen. Oft verführerisch, gut begründet und ausführlich dargelegt, können desen

der Grenzauflösung zwischen wahrnehmendem Subjekt und seinem Kontext.

Etappen und Wege hier minutiös beobachtet werden. Es sind jene Warum Darum-

(...)

Geschichten eines Entwurfs, die erstens die assoziierten Referenz-Materalien aus anderen Archiven darlegen, zweitens ihre Art der Verwendung, ihr Eingebunden-

Geschehnisse in Räumen sind fast ausnahmslos flüchtig. Flüchtiges begegnet uns,

sein im Projekt sowie ihren Nutzen bei der zukünftigen Lektüre der Situation

wenn unser Erinnerungskarussell in Bewegung kommt. Wenn Licht und Schatten

erläutern und drittens das so entstandene Surplus herausstreichen, den Gewinn an

unseren Weg durch die Hitze der sommerlichen Stadt dirigieren. Wenn ein Sarg in

Präsenz für einen Ort. Erläuterungspläne zeigen oft sehr schön, wie ortsfremdes

ein Grab gelassen wird. Wenn Hotelangestellte einen Körperabdruck auf dem Bett

Archivmaterial für den eigenen schöpferischen Prozess fruchtbar gemacht wird,

beseitigen ... Dass dem Flüchtigen ein geheimer Schrecken innewohnt, liegt an

welche Stufen der Anverwandlung es im Entwurfsprozess durchläuft und wie es

seiner Unberechenbarkeit. Diese kann sich dramatisch gegen einen selbst wenden:

sich schliesslich in den Ort einschreibt. Dieser wichtigste Plan eines Wettbewerbs

Berührungen mit Formen des Transitorischen können einem die Trägheit des eige-

ist der Ort, wo die unterschiedlichen Re-Lektüren von Territorien gegeneinander

nen Körpers oder Geistes bewusst machen. Wenn in einem bestimmten Moment

antreten und die Jury zu bezirzen versuchen.

eine angemessene Bewegung oder entschiedenes Handeln gefragt ist, kann das Nicht-Gelingen einen Sturz, ein Sich-Verlaufen oder einen unwiederbringlichen

Re-Lektüren sind stets Zeugnisse der Lust oder der Not, sich und anderen die

Verlust bewirken. Oft wird das Flüchtige dem Räumlichen erst gar nicht zugerech-

Welt der Orte und Räume zu erklären, Instrumente und Situationen aufzuwerten,

net. Und so ist Flüchtigkeit ein Aspekt, mit dem sich Architekten vorrangig nicht

zu verändern, zu metaphorisieren. Entwürfe, gestalterische Eingriffe, Wahrneh-

beschäftigen.

mungen eines Ortes oder einer räumlichen Situation als Re-Lektüren von Territorien zu verstehen, heisst auch, sie als Instrumente anzusehen, mit denen wir uns einrichten, uns zurechtfinden, mit denen wir uns öffentlichengagieren oder uns

Textauswahl: Patric Furrer

ins Private zurückziehen. Re-Lektüren sind schliesslich Instrumente im gesellschaftspolitischen Kampf um Stadträume. Sie bestimmen also nicht nur unsere Erfahrungen im Raum, sondern auch mit denen, die sich in ihm bewegen. In Räumen sein, Räume wechseln, sie verändern, in Räumen eingesperrt sein oder aus ihnen fliehen- alle uns betreffenden Tätigkeiten, selbst das Träumen, sind Verräumlichungen. PROVOKATION DES FLÜCHTIGEN Wie der Kleistsche Gedanke sich weiterentwickelt, präzisiert und verändert, so verändern sich auch räumliche atmosphärische Erfahrungen. Buchstäblich wie beim Wetter: Blitz und Donner, aufreissendet oder sich verdunkelnder Himmel, ein plötzlicher Regenguss, ein kontinuierlich sich änderndes Wolkenbild. Das könnte der Grund dafür sein, dass es zu einer Entlehnung des griechischen Wortes Atmosphäre aus dem metereologischen Bedeutungszusammenhang kommt. Atmosphärische Erscheinungen seien aus zwei Gründen seit jeher einprägsame Stimmung auslöser, schreibt Timo Bautz. „Zunächst sehen dieselben Orte und Landschaften bei unterschiedlichen Licht- und Wetterlagen anders aus, so dass die Aufmerksamkeit für diese Änderungen empfindlich wird. Das besondere Tempo dieser Änderungen erlaubt es, sie in den Übergangsphasen gut zu beobachten. [...] Ein

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Literatur zum Thema Janne Ahlin: Sigurd Lewerentz, architect 1885-1975. Byggförlaget, Stockholm 1987. Mack, Gerhard: Herzog & de Meuron 1978-1988. Das Gesamtwerk. Band 1. Birkhäuser, Basel 1997. Martin Steinmann / Hrsg. v. Jacques Lucan u. Bruno Marchand: Forme forte. Écrits/Schriften 1972-2002 Berlin: Birkhäuser, 2003. Vitra Design Museum: Alvar Aalto. Second Nature, 2014. Kenneth Frampton, Die Architektur der Moderne. Eine kritische Baugeschichte. Deutsche Ausgabe 1. Auflage, Deutsche Verlags-Anstalt, München 2010. J. A. Coderch de Sentmenat 1913-1984. Editorial Gustavo Gili, Barcelona 1990. August Sarnitz. Gustav Peichl (Hrsg.): Lois Welzenbacher Architekt 1889 - 1955, Monographie und Werkverzeichnis. Residenz Verlag, Salzburg und Wien 1989. Sylvia Claus, Dorothee Huber, Beate Schnitter (Hrsg.): Lux Guyer 1894-1955 Architektin. Gta Verlag ETH Zürich. Martin & Werner Feiersinger: Italomodern Architektur in Oberitalien 1946-1976. SpringerVerlag, Wien 2012. Architect Sigurd Lewerentz (Vol. I), Photographs oft he work. Byggförlaget, Stockholm 1997. Architect Sigurd Lewerentz (Vol. II), Drawings. Byggförlaget, Stockholm 1997. Luis Barragán. Autor y fotografo. Yutaka Saito. Noriega Editores, 1994. Richard Weston: Uzton. Nieswand Verlag, Kiel 2001. Elisabeth Blum: Atmosphäre. Hypothesen zum Prozess der räumlichen Wahrnehmung. Lars Müller, Baden 2010 Brigitte Fleck: Stadtskizzen = City sketches / Alvaro Siza, Hrsg. Birkhäuser. Basel 1994 Jean Nouvel: Louisiana-Manifest. Humlebaek. 2008 Martin Steinmann / Hrsg. v. Jacques Lucan u. Bruno Marchand: Forme forte. Écrits/Schriften 1972-2002 Berlin: Birkhäuser, 2003. Arnheim Rudolf: Kunst und Sehen. Eine Psychologie des schöpferischen Auges. Walter de Gruyter, 2000. Drach Ekkehard: Architektur und Geometrie. Zur Historizität formaler Ordnungssysteme. Transcript Verlag, Bielefeld 2012. György Doczi: Die Kraft der Grenzen. Harmonische Proportionen in Natur, Kunst und Architektur. Dianus-Trikont Verlag, München 1981. Annette Spiro / David Ganzoni (Hrsg.): Der Bauplan. Werkzeug des Architekten. Park Books AG, Zürich 2013. ZHAW, ZKE, Zürich (Hrsg.): Barbara Burren / Martin Tschanz / Christa Vogt: Das schräge Dach. Ein Architekturhandbuch. Niggli Verlag, Sulgen 2008. ZHAW ZKE, Zürich (Hrsg.): Christoph Wieser et al.: Literatur zur Baukonstrukion. ausgewählt und kritisch betrachtet. 2.Auflage, Mattenbach AG, Winterthur 2011. ZHAW ZKE, Zürich (Hrsg.): Lando Rossmaier / Christoph Wieser: Methode synchrones Entwerfen. Winterthur 2013.

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Dozierende Beat Waeber 1962 1985 - 1990 1990 1991 1991 - 1992 1993 1996 - 1998 2000 - 2002 2006 Alain Roserens 1967 1996 1996- 1998 19981998 - 2003 2003 2005 2010 Stefan Zopp 1957 1983 1985- 1987 1988- 1989 1987 - 1993 1993 1994 1994 - 2000 2001 - 2004 20042010

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geboren in Lachen Atelierausbildung bei Ernst Gisel, Architekt BSA/BDA Studienaufenthalt in Japan Eigenes Architekturbüro, ab 1993 mit Daniel Dickenmann Assistent an der ETH-Zürich bei Prof. Karljosef Schattner Assistent an der EPF-Lausanne bei Prof. Ueli Zbinden Assistent an der ETH-Zürich bei Prof. Axel Fickert Dozent für Entwurf und Konstruktion an der ZHAW Dozent Masterstudio ZHAW ZKE

geboren in Zürich Diplom ETH Zürich bei Prof. Flora Ruchat Bürogemeinschaft mit Samuel Bünzli und Simon Courvoisier Architekturbüro in Zürich mit Lorenz Baumann Diplomassistent bei Prof. Adrian Meyer, ETH Zürich Mitglied Kommission SIA 142 (Arch/Ingenieurwettbewerbe) Vorstand Architekturforum Zürich Dozent für Entwurf und Konstruktion ZHAW

Daniel Meyer 1962 1983 - 1988 1989 1989 - 1993 1993 - 1994 1995 1995 - 2003 2003 2006 -

geboren in St. Gallen Studium an der Abteilung für Bauningenieurwesen, ETH-Z Fachhörer an der Abteilung für Architektur, ETH Zürich Mitarbeiter bei Weanweser + Wolfensberger AG, Zürich Mitarbeiter bei Dr. Bollinger + Grohman, Frankfurt a. M. Firmengründung Dr. Lüchinger + Mayer Bauingenieure AG Dozent an der Bauingenieurabteilung FHZ Dozent an der HTA Luzern für konstruktiven Glasbau Dozent für Tragwerk ZHAW ZKE

Patric Furrer 1980 2000 2008 2008 2008 - 2010 2010 -

geboren in Bern Eidg. dipl. Hochbauzeichner, Matti Ragaz Hitz Architekten Master Diplom Architektur, ZHAW Selbständige Tätigkeit, Furrer Jud Architekten, Zürich Wissenschaftlicher Assistent am ZKE, ZHAW Wissenschaftlicher Mitarbeiter am ZKE, ZHAW

geboren in Bürglen (Uri) Diplom als Architekt HTL Assistent bei Michael Alder an der Ingenieurschule beider Basel Assistent bei H.E. Kramelan der ETHZ Mitarbeiter bei Benno Fosco, Jacqueline Fosco- Oppenheim und Klaus Vogt Eigenes Architekturbüro Unterrichtsassistent bei H.E. Kramelan der ETHZ Freischaffender Mitarbeiter im Ateliers Jean Nouvel, Paris Freischaffender Mitarbeiter im Studio Daniel Libeskind Freischaffender Mitarbeiter im Ateliers Jean Nouvel, Paris (Partner seit 2006) Dozent Masterstudio ZHAW ZKE

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Semesterablauf, Termine und Anforderungen KW Datum

Veranstaltungsart

Themen

Dozierende / Abgabeanforderung

KW Datum

Veranstaltungsart

Themen

Dozierende / Abgabeanforderung

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Einführung Input Dozenten

Einführung /Aufgabe „Annäherung an den Ort“

Beat Waeber, Alain Roserens Stefan Zopp

17

20.04. Mo 21.04. Di

Atelierbetrieb Atelierdiskurs Input Dozenten

„Massstab und Proportonen“ „Fenster und Türen“

Beat Waeber, Alain Roserens Stefan Zopp

Besichtigung

Alvar Aalto Ausstellung, Vitra Design Museum

27.04. Mo 28.04. Di

Atelierbetrieb Tischbesprechung

19

04.05. Mo 05.05. Di

Atelierbetrieb Atelierbetrieb

20

11.05. Mo 12.05. Di

3. Zwischenkritik 3. Zwischenkritik

21

18.05. Mo 19.05. Di

Atelierbetrieb Atelierdiskurs

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25.05. Mo 26.05. Di

Unterichtsfreie Zeit Unterichtsfreie Zeit

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01.06. Mo 02.06. Di

Unterichtsfreie Zeit Unterichtsfreie Zeit

24

08.06. Mo 09.06. Di

Atelierbetrieb Tischbesprechung

Beat Waeber, Alain Roserens

15.06. Mo 16.06. Di

Schlusskritiken Schlusskritiken

Gäste, Dozenten Gäste, Dozenten

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11

12

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16.02. Mo

17.02. Di

Atelierbetrieb

Study Week 23.02. Mo 24.02. Di 25.02. Mi 26.02. Do 27.02. Fr

Atelierbetrieb Besichtigung Besichtigung Besichtigung Besichtigung

02.03. Mo 03.03. Di

Atelierbetrieb Tischbesprechung

09.03. Mo

Textseminar „Annäherung an den Ort“

10.03. Di

1. Zwischenkritik Atelierdiskurs Atelierbetrieb

16.03. Mo 17.03. Di

Input Dozenten Constructive Research

„Massstab und Proportionen“

Teufen Visp Burgdorf Valendas

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Beat Waeber, Alain Roserens Stefan Zopp

Beat Waeber, Alain Roserens Beat Waeber, Alain Roserens Stefan Zopp Beat Waeber, Alain Roserens Stefan Zopp

23.03. Mo 24.03. Di

Atelierbetrieb Tischbesprechung

14

30.03. Mo 31.03. Di

Atelierbetrieb Atelierbetrieb

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07.04. Di 08.04. Mi

2. Zwischenkritik 2. Zwischenkritik

Beat Waeber, Alain Roserens Stefan Zopp

16

Seminarreise 12.04. So 18.04. Sa

Südschweden

Beat Waeber, Alain Roserens Stefan Zopp

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25 Beat Waeber, Alain Roserens

Beat Waeber, Alain Roserens

Beat Waeber, Alain Roserens Stefan Zopp

„Fenster und Türen“

Beat Waeber, Alain Roserens Stefan Zopp

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Themenmatrix

radikal normal

Kritischer Regionalismus

Study Week

Atelierdiskurse genius loci Proportionen / Massstab T체ren/ Fenster

Region und Ort Skizzen Collagen Texte Photo Film

Spuren Typos Topos Tektonik Massstab Proportionen Material Konstruktion

Projektentwicklung

2.3. SW 4

9.3. SW 5

16.3. SW 6

23.3. SW 7

30.3 SW 8

6.4.

SW 9

13.4.

SW 10

20.4

SW 11

27.4

SW 12

4.5.

SW 13

11.5.

SW 14

18.5.

SW 15

25.5.

SW 16

1.6.

SW 17

8.6.

Semesterbeginn 16. Februar

SW 3

3. Zwischenbesprechung 11./12. Mai

23.2.

2. Zwischenbesprechung 7./ 8. April

SW 2

1. Zwischenbesprechung 9. M채rz

16.2.

Seminarreise

SW 1

Vier Orte

15.6.

Besprechung 15./16. Juni

SW 18

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