edition: aufbruch
Das Heft der Nachwuchsjournalisten in Bayern e.V. Ausgabe drei | Oktober 2015
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edition: aufbruch Das Heft der Nachwuchsjournalisten in Bayern e.V. Ausgabe drei | Oktober 2015
Medienkrise? Ich lach dir ins Gesicht! Die Wehklagen über das digitale Damoklesschwert, mit denen sich vor allem die Zeitungsbranche in den letzten Jahren ins Grab geredet hat, klingen ab. Die digitale Welt, die so lange als Bedrohung für die klassischen Printmedien gesehen wurde, bekommt nun endlich den Ruf, den sie verdient. Die Medienbranche ist sich einig, hier entsteht eine neue Welt. Doch sie ist bereits entstanden. Die Aufbruchstimmung, die jetzt herrscht, das Kribbeln, das man überall spürt, haben wir zum Thema unserer Ausgabe gemacht. Statt neue Medien als Gefahr für den Journalismus zu sehen, erkennen wir sie als Bereicherung: Wir haben jetzt interaktive Karten, Videosequenzen, Storytelling und Scrollytelling. Umfangreiche Inhalte können wir übersichtlicher darstellen. Und all das auch ohne Spezialkenntnisse. Wie sich der Datenjournalismus in Zukunft auf die Recherche auswirken wird, können wir uns noch gar nicht ausmalen. Tools machen uns die Arbeit leichter. Ein paar Beispiele hat Datenjournalistin Katharina Brunner für dieses Heft zusammengetragen. Auch für den journalistischen Nachwuchs ergeben sich neue Chancen und Wege in den Beruf: Junge Redaktionen werden gegründet und Social Media hilft uns bei der Vernetzung. Davon erzählt Storyhunter Jaron Gilinsky. Die etablierten Medienmacher sind nicht mehr in gläsernen Bürotürmen verschanzt, sie sind virtuell greifbar geworden. Wir haben uns für die edition: aufbruch bewusst mit Blogs und Vlogs beschäftigt. Darüber können Journalisten sich heutzutage leichter selbständig machen. Sie bieten die Möglichkeit, den Start in den Beruf selbst in die Hand zu nehmen und eigene Erfahrung zu sammeln, ohne auf die Gunst eines Auftraggebers angewiesen zu sein. Allerdings müssen wir auch lernen, damit umzugehen. So sehr wir über #Neuland lachen – wir lernen die Netzwelt tatsächlich erst kennen. Wie gehen wir mit Hasswellen in unseren Kommentarspalten um? Können wir umstrittene Beiträge einfach aus der Mediathek löschen? Und auch mit dem Urheberrecht müssen wir uns auf neuen Ebenen befassen. Darauf geht Gero Himmelsbach, Medienanwalt und NJB-Mitbegründer, in unserem Interview ein. Der NJB geht diese neuen Wege mit. Unsere Mitglieder sind schließlich die Generation, die diese Art des Journalismus gestalten wird. Linda Jessen, Geschäftsführerin Natalie Mayroth, Vorsitzende 3
Was ist der NJB? Der NJB ist ein Netzwerk junger Journalisten und Starthilfe in den Journalismus. Unser Anliegen: Berufseinsteiger verknüpfen und Qualitätsjournalismus fördern. In seinem 31-jährigen Bestehen hat der NJB e.V. zahlreiche Partnerschaften aufgebaut, von denen die Mitglieder bis heute profitieren. In Seminaren lernen NJBler zum Beispiel Podcasting, Rhetorik oder Videojournalismus. Recherchereisen und Infoabende gewähren den Jung journalisten Einblick in die Medienwelt. Beim Tutoratsprojekt in Kooperation mit dem PresseClub München können sich Berufseinsteiger ein Jahr lang von einem Profi begleiten lassen. Ein weiterer Vorteil des NJB: Für 15 Euro erhalten Mitglieder einen Presseausweis.
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Mitglied werden! Möchtest du dich journalistisch weiterbilden? Neue Medien kennenlernen? Dich mit Journalisten austauschen? Einen Presseausweis? Interessante Medienmacher kennenlernen? Recherchereisen unternehmen? Dann ist der NJB das Richtige für dich! Die Mitgliedschaft kostet jährlich 30 Euro für unter 26-Jährige und 50 Euro ab 26 Jahren. Auf www.njb-online.de kannst du dich anmelden. Newsletter? Im regelmäßigen NJB-Newsletter erhältst du alle Termine und Neuigkeiten. Zum Abonnieren schick uns eine Mail an: njbnewsletter+subscribe@googlegroups.com Mitschreiben? Hast du Lust, für die NJB edition zu schreiben? Nur zu. Wir sind gespannt auf enthüllende Berichte, aufregende Reportagen und deine Textideen! Melde dich bei: natalie.mayroth@njb-online.de
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Inhalt edition: aufbruch von Seite eins bis fünfunddreißig
Die Jagd nach der Lebenseinstellung Journalismus — Thomas von Eichhorn
06-07
Ausdauer ist gefragt — Natalie Mayroth
08-10
Vorbildlich — Linda Jessen
12-13
Intimsphäre darf nicht Gegenstand von Berichterstattung sein — Lisa Maria Albrecht
14-17
Service: Fünf Apps, die den Alltag für Journalisten vereinfachen — Katharina Brunner
18-19
Brüllen gehört zum Geschäft — Marco Runge
20-21
Managerinterviews und Diktaturdiskussionen — Caroline von Eichhorn
22-23
Bayern bloggt — Andreas Rossbach
24-25
Identität und Massenmedien sind Zwillinge — Veronika C. Dräxler
26-29
Die neue Macht des Lesers oder die alte Angst der Verlage? — Natalie Mayroth
30-31
Ich will eure Geschichten hören — Linda Jessen
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Einen eigenen Weg gehen, nicht hinterherlaufen — Markus Kaiser
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Impressum
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Die Jagd nach der Lebenseinstellung Journalismus von Thomas von Eichhorn
Thomas von Eichhorn hat ein Faible für Selbstversuche, diesmal teilt er seine Erfahrungen vom PresseClub-Mentoring mit uns.
Als ich nach meinem Studium etwas ziellos durch das Internet streifte, um passende Jobangebote zu finden, stieß ich auf dieses Programm, organisiert vom Münchner PresseClub zusammen mit dem NJB. „Lernen von den Profis” hieß es da. Ein junger Journalist sollte ein Jahr lang einen erfahrenen Kollegen zur Seite bekommen, um sich von ihm gezielt fördern und unterstützen zu lassen. Das klang interessant, und so bewarb ich mich, wurde genommen und bekam als Starthilfe für meine ungewisse berufliche Zukunft den Erfolgsblogger und Journalisten Karsten Lohmeyer zugeteilt. Eine der ersten Erkenntnisse, die ich durch Karsten Lohmeyer bekam, war, dass ich kein „Digital Native“ bin. In seinem beliebten Blog „Lousy Pennies“ formulierte er es sogar in einem Artikel aus:
Was soll das Ganze bringen? Lohmeyer gefällt vor allem das Persönlich-Freundschaftliche an dem Projekt: „Jeder macht sein eigenes Ding, aber man kennt sich.“ Er betont die Möglichkeit, als Mentor seinem Schützling eine wichtige Einschätzung zu geben. „Und auch mal eine Tür zu öffnen.“ Mittlerweile hat mir der erfahrene Journalist Lohmeyer in seiner Funktion als mein Mentor noch mehr hilfreiche Erkenntnisse aus seiner mehr als zwei Jahrzehnte währenden Laufbahn mit auf den Weg gegeben. Zu verdanken habe ich das dem Mentoringprogramm 2014/15 und gerade auch seinen Seminaren und Infoveranstaltungen. Elsbeth Föger, Maria Stöhr und Jean-Marie Magro aus meiner Mentoringklasse, zugleich allesamt Redakteure des Ausbildungsradios M94.5, freuen sich, durch eine große Tür geschritten zu sein. Sie haben es an eine der höchstangesehenen Journalistenschulen Deutschlands, die DJS, geschafft. Jean-Marie, der im November in der Kompaktklasse anfängt, hatte letztes Jahr noch eine Absage bekommen. Aber er hat es noch einmal probiert – diesmal mit seinem Mentoren Florian Meyer-Hawranek an der Seite – und geschafft. Euphorisch sagt er über das Mentoringprogramm: „Da können die Verantwortlichen schon stolz auf sich sein.“ Für Günther Elia Treppner, Leiter des Mentoringprogramms, ist es eine tief befriedigende Aufgabe, seinen Nachwuchsjournalisten „wenigstens ein klein wenig auf ihren Lebenswegen Unterstützung anzubieten – und das in einer so spannenden Phase, in der sich die beruflichen Lebenspläne immer sichtbarer herauskristallisieren.“
Da war dieser „Diplom-Journalist“, den traf er einmal, suchte ihn im Web – und fand ihn nicht. Bei Facebook nur unter einem Pseudonym zu finden, bei Xing gar nicht. Da fragte Lohmeyer sich, wie der Kerl in der heutigen digital vernetzten Zeit ernsthaft an Berufskontakte herankommen wollte… Die Rede war von mir. „Wenn er sein Xing-Profil hat, kann er sich gerne wieder melden. Ich bin dann gerne sein erster Kontakt. Und wenn ich ihn zum Jagen tragen muss, dann werde ich das tun.” (Quelle: www.lousypennies.de/2014/05/11/ ich-dachte-diese-jungjournalisten-waeren-digitalnatives)
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Dass seine Mentees ebenso Freude an dem Projekt haben, daran lässt er keinen Zweifel: „Journalismus ist halt kein Beruf, sondern eine Lebenseinstellung. Da ist eine ganz besondere Art Leidenschaft, ein ‚Brennen‘ für etwas ‚Größeres‘.“ Diese Art von Begeisterung kann man auch bei Treppners Assistentin Anne Hinder wahrnehmen. Sie war vor ein paar Jahren noch selbst als Mentee im Mentoringprogramm und hat bekommen, was sich viele andere wünschen: ein Volontariat beim Bayerischen Rundfunk. Danach wurde sie als Feste Freie übernommen. Sie schwärmt: „Das Programm hat mir so viel Spaß gemacht und so viel gebracht.“ Jean-Marie freut sich jedenfalls schon sehr auf die DJS – er ist jetzt den ersten großen Schritt für seine Ausbildung gegangen. Und seinen Traum für später kann er auch leicht formulieren: „Ich arbeite gerne mit meiner Stimme. Daher würde ich am liebsten Sportkommentator werden.“ Früher saß er mit Aufnahmegerät vor dem Fernseher und nahm Live-Kommentare von Fußballspielen auf. Einen Schritt näher an ihre Traumvorstellung ist auch Daniela Rothgang aus meinem Jahrgang gekommen. Ihre beste Erfahrung hat sie ihrer Mentorin Sibylle Bassler zu verdanken: Dank ihr durfte sie vier Wochen lang beim ZDF in der Redaktion des Magazins „ml Mona Lisa“ hospitieren und schließlich ihren eigenen Beitrag erstellen. „Das macht sich nicht nur gut in Bewerbungen, sondern auch die Erfahrung an sich war überaus wertvoll.“ Und ich? Ich habe dann doch wieder eine andere Richtung als Schriftdolmetscher eingeschlagen. Interessante Sachen zum Ausprobieren gibt es immer noch sehr viele. Mein Mentor Lohmeyer hat mit dem Ende des Programms nicht sein Interesse an mir verloren. Aber: Mein eigenes XingProfil habe ich tatsächlich erstellt – mit KL als erstem Kontakt und einigen weiteren im Lauf der Zeit. Und vielleicht hat er mich irgendwann auch mal überzeugt, mich überall anzumelden, um online sichtbar zu sein. Schließlich hat er mich für die Lebenseinstellung Journalismus auch zum Jagen getragen.
Du bist neugierig geworden? Anmeldeschluss für das nächste Mentoringprogramm des NJB e.V. in Kooperation mit dem PresseClub ist der 15. März 2016. Die Teilnahme ist kostenlos. Weitere Informationen unter: info@presseclub-muenchen.de und www.presseclub-muenchen.de/mentoring.html.
Thomas von Eichhorn ist mittlerweile stolzer Besitzer eines Xing-Accounts. Auf seinem Weg zum Ziel hat er in Eichstätt und Chile Journalistik, Sozialpsychologie und noch so einiges anderes studiert, was man im Leben braucht. 7
Jaron Gilinsky: „Ausdauer ist gefragt“ von Natalie Mayroth
Video-Journalisten aus der ganzen Welt vernetzen sich auf Storyhunter, um Abnehmer für ihre Stücke zu finden. Initiator Jaron Gilinsky verspürt Fernweh, doch sein Start-up fordert noch zu viel Aufmerksamkeit.
Wie kann man heute als Journalist erfolgreich sein? Sich zusammenzuschließen ist eine Möglichkeit. Jaron Gilinsky und Alex Ragir, beide Auslandskorrespondenten, haben in New York die weltweit agierende Freelancer-Plattform Storyhunter.tv gegründet. Ende 2014 wurde Storyhunter, das sich auf Videojournalismus spezialisiert hat, gelauncht. Journalisten können dort ihre Arbeitsproben und Ideen veröffentlichen, um so neue Auftraggeber zu finden. Ein Interview mit dem Mitbegründer und Geschäftsführer Jaron Gilinsky. Jaron, du arbeitest seit zehn Jahren als Videojournalist. Wie bist du dazugekommen, mit Alex Ragir die Plattform Storyhunter zu gründen?
Hast du dein Ziel erreicht? Heute verdienen Journalisten ihren Lebensunterhalt über Storyhunter. 30 Spitzen-Medienpartner nutzen unsere Vermittlung. Ein Traum ist damit für mich wahr geworden.
Ich habe Alex zu Beginn meiner Karriere als Journalist kennengelernt. Wir haben 2004 gemeinsam einen Film über Politik in Miami gedreht. Danach trennten sich unsere Wege: Er war als Journalist für Bloomberg in Brasilien und ich war als Backpack-Journalist unterwegs und blieb letztendlich als Korrespondent für die New York Times in Jerusalem. Unabhängig voneinander hatten wir die Idee, etwas wie Storyhunter zu gründen. Acht Jahre später machen wir das, was wir damals planten.
Du warst in Gaza, Irak oder Nordkorea auf Geschichtenjagd. Vermisst du das nicht? Ich denke darüber nach, wieder als Journalist ins Feld zu ziehen und unsere Plattform selbst zu nutzen. Doch ein Start-up fordert volle Aufmerksamkeit. Du musst es leben und atmen, wenn du möchtest, dass es funktioniert. Wir haben noch einiges vor uns und ich bin gespannt, was wir künftig noch aufbauen können.
Als Mitarbeiter von großen Redaktionen wie der New York Times müsste man doch genügend verdienen. Warum habt ihr trotzdem eine Freelancer-Plattform aufgezogen? Ich war damals freier Mitarbeiter und dachte mir, ich könnte meine Kapazitäten besser nutzen und durch eine Plattform natürlich auch mehr verdienen und mich mit Auftraggebern vernetzen.
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War es schwer, Investoren zu finden? Tatsächlich ist es am schwierigsten, Auftraggeber zu finden. Du musst herausfinden, was deine Eckdaten sind: Welche Zahlen willst du knacken? Wie viele Auftraggeber müssen bezahlen? Wie viele Nutzer brauchst du? Wenn du das herausfindest und die Interaktion steigern kannst, hast du viel bessere Chancen, Investoren zu gewinnen. Investoren kommen, sobald sie sehen, dass du etwas machst, das wächst und einzigartig auf dem Markt ist. Nutzer, Aufmerksamkeit und sein Kerngeschäft zu erkennen ist viel mühsamer.
Ihr bietet diesen Service nicht nur Medienhäusern, sondern auch Firmen als „Branded Content“ an. Das stimmt. Wir lassen Firmen wie Airbnb genauso Geschichten in Form von authentischen Videos erzählen. Wir betreiben aber keine Meinungsmache. Ein Start-up aufzubauen ist nicht leicht. Wie hast du das zustande gebracht? Jeder, der darüber nachdenkt, sollte wirklich Leidenschaft für das haben, was er macht, sich auf ein Problem fokussieren, das er löst, und aus Zurückweisungen lernen. Ausdauer ist gefragt.
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Wo liegt euer Fokus? Ich habe als Journalist im Mittleren Osten VideoStorytelling gemacht. Und darauf haben wir uns spezialisiert. Jedes Medienunternehmen weltweit, das eine Geschichte, ein Video möchte, kann unsere Plattform nutzen, einen Auftrag erstellen und Journalisten für die Umsetzung finden. Wir sehen uns aber auch als offene Plattform für Journalisten, um darüber nachzudenken, was sie machen wollen und welchen Teil der Welt sie sehen möchten. Videos aus Konfliktgebieten gehören auch dazu. Wie kümmert ihr euch um die Storyhunter?
Wie ist das Feedback für die Zusammenarbeit?
Wir haben eine Definition für Krisengebiete. Wenn du für uns dort arbeitest, versichern wir dich unentgeltlich für die Dauer des Auftrags. Das ist das Mindeste, wenn man für ein Medienunternehmen im Einsatz ist. Es wird vieles abgedeckt, bis auf Lösegeldforderungen – keine Versicherung übernimmt das. Das heißt aber nicht, dass wir Journalisten ermutigen, in solche Gebiete ohne eine Form von Training wie Erste Hilfe und Selbstverteidigung zu gehen. Wir leben in einer gefährlichen Welt. Freelancer bringen Geschichten mit, das ist wichtig. Jemand muss diesen Job tun. Deshalb ist für sie Storyhunter kostenlos. Unternehmen zahlen hingegen für die Vermittlung.
Ich bekomme oft E-Mails, in denen sich für die Arbeit, für die Vermittlung bedankt wird. Leute treffen auf neue Kunden. Carlos Beltran, ein Reporter aus Miami, der regelmäßig auf der Plattform arbeitet, kam durch uns zum Beispiel zu Discovery Digital und Al Jazeera. Discovery macht eine Serie mit auf dem Globus verteilten Städten. Und das ist für sie einfacher, da sie nicht 20 Journalisten finden müssen, sondern Storyhunter als zentralen Ort nutzen,, wo Journalisten auf sie zukommen.
Natalie Mayroth hat Kulturwissenschaften studiert und arbeitet als freie Journalistin in Berlin und München. Sie bloggt auf Selbstdarstellungssucht.de und hat selbst eine Sucht fürs Fotografieren mit dem Handy, digital und analog. Natalie twittert unter @blogmaedchen.
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Vorbildlich von Linda Jessen
Junge Frauen haben zu wenig Vorbilder, die ihnen Mut zur Eigeninitiative machen, findet die Medientechnikerin Susanne Harnisch. Zusammen mit der Journalistin Frauke Vogel hat sie deshalb eine Video-Plattform gegründet. Auf „RoleUp“ werden Frauen vorgestellt, die einfach mal ihr Ding durchziehen.
Die Debatte um eine gendergerechte Arbeitswelt konzentriert sich gerne auf ein Kräftemessen. ProQuote – welches Geschlecht hat die besseren Führungsqualitäten? Wer versucht hier wen, ins Abseits zu drängen? Und dann kommen sie: die Listen von Frauen, die sich in der Männerwelt durchsetzen. Die Überfrauen, die Großkonzerne leiten und Chauvinisten das Fürchten lehren. Marissa Mayer, Angela Merkel, Angelina Jolie. Alles Beispiele dafür, dass Frauen heutzutage durchaus Macht, Erfolg und die obersten Sprossen der Karriereleiter erreichen können. Aber macht mir das Mut? Oder sind diese Frauen so weit gekommen, weil sie ungewöhnlich stark, talentiert und selbstbewusst sind, quasi Superkräfte haben? Hab ich Normalo da überhaupt eine Chance?
Rückblende: Susanne Harnisch ist auf zahlreichen IT-Veranstaltungen unterwegs. Dabei fällt ihr auf, dass Frauen erst spät den Berufseinstieg wagen. Das führt sie darauf zurück, dass es den Jungen an Rollenmodellen fehlt. Sie startet ein Crowdfunding-Projekt, lernt darüber Frauke Vogel kennen. Ganz stolperfrei läuft es nicht bei RoleUp, mit dem Geld ist es schwierig. Aber die Videoplattform steht. Gerade läuft die erste Staffel, die die Kultur- und Kreativszene in den Fokus nimmt. Zusätzlich zu den Videobeiträgen schreiben die beiden Gründerinnen und Gastautoren im Blog, der „Wall of Fem“, über ihre persönlichen Vorbilder. Für Frauke Vogel ist das die Journalistin Carolin Emcke, die acht Jahre lang für den Spiegel in Krisengebieten unterwegs war. Susanne Harnisch schreibt hier über die amerikanische Dokumentarfilmerin Ellen Kuras, deren Team das erste war, das nach dem Krieg in Kambodscha drehen durfte. „Sie ist mein Vorbild, weil sie mich unglaublich beeindruckt hat. Mit der Ausdauer, mit der sie 20 Jahre an einer Geschichte und den Menschen dazu dran geblieben ist“, begründet Susanne.
Frauke Vogel spricht nicht gern davon, dass sie auf RoleUp „starke Frauen“ präsentiert. „Es ist sehr individuell, was man als stark empfindet“, erklärt sie. Tatsächlich geht es in den rund sechsminütigen Videos nicht um Superfrauen. Es geht um Frauen, die in die Offensive gehen und sich trauen, ihre Ideen zu verfolgen. Es geht um Katrin Lange, die dem Fatshaming die kalte Schulter zeigt und einen Plus-Size-Modeblog betreibt, weil sie eben will. Es geht um die Berliner Filmemacherin Joey Steffens, die ihre Leidenschaft als Kind entdeckt hat, als man ihr sagte, eine Regisseurin wäre die Bestimmerin am Filmset.
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Die Ausdauer, an einer Sache dranzubleiben, das Durchhaltevermögen, auch wenn der Erfolg vielleicht noch auf sich warten lässt. Das eint die RoleUp-Frauen. „Wenn du eine Sache machen willst und deine Idee selbst gut findest, dann trau dich. Pack es an“, ist Fraukes Tipp für alle, die noch am Anfang ihrer Laufbahn stehen. „Just do it“, brüllt uns Shia LaBeouf aus seinem YouTube Video entgegen. Oder um es mit den Worten von Joey Steffens zu sagen: „Vielleicht liegt der Film ja mal bei einem DVD-Verleih, wer weiß. Aber jetzt müssen wir erstmal drehen!“
Linda Jessen sucht bei jedem Menschen die Facette, die für sie vorbildlich ist. Ihre erste Heldin war Pünktchen. Die hatte einen Dackel und hat Antons Schuh mit einem Kaugummi geflickt. Linda twittert unter @eineLinda.
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„Intimsphäre darf nicht Gegenstand von Berichterstattung sein“ - Exklusivstorys aus der Pressemitteilung von Lisa Marie Albrecht
„Topf voll Gold – Geschichten vom Ende des Regenbogens“ heißt das Berliner Blog, auf dem Moritz Tschermak gemeinsam mit seinem Freund und Kollegen Mats Schönauer die teilweise absurden Promi-Geschichten der deutschen Regenbogenpresse unter die Lupe nimmt – und untersucht, was dahintersteckt. In vielen Fällen lautet die Antwort: nichts. Außerdem sind die beiden für den „Bildblog“ verantwortlich, in dem die größte Boulevardzeitung Deutschlands regelmäßig kritisiert wird. Im Interview erzählt Tschermak, wie er das Regenbogenvokabular lernte, was der Kioskverkäufer seines Vertrauens damit zu tun hat und welche Schlagzeile ihn besonders schockiert hat.
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Wie kann man sich das vorstellen: Zieht ihr los und kauft euch ganz viele Klatschhefte oder geht das auch über das Internet? Diese Titel haben eine klare Zielgruppe, die vergleichsweise alt ist. Dementsprechend sind das Leute, die nicht so viel im Internet surfen. Dadurch gibt es die Blätter kaum online abrufbar. Der Bauer Verlag hat inzwischen ein paar E-Paper, aber da hört es dann schon auf. Wir müssen uns tatsächlich alles in Papierform besorgen. Der Gang zum Kiosk ist unumgänglich. Wir hätten uns natürlich auch jedes Heft abonnieren können, das wäre aber teuer. Da ist es für uns von Vorteil, dass wir den Kioskbesitzer bei uns um die Ecke kennen. Der weiß, dass wir am Ende 5 bis 15 Hefte mitnehmen und er mit uns ein gutes Geschäft macht. Im Gegenzug lässt er uns am Kioskregal schon in die Hefte reinlesen. Dadurch können wir abschätzen, welches sich zu kaufen lohnt.
Moritz, die typische Zielgruppe für PromiKlatschhefte repräsentierst du eigentlich nicht. Wie kamst du darauf, ausgerechnet zu diesem Thema ein Blog zu starten? Moritz Tschermak: Mats und ich haben beide in Dortmund im gleichen Semester Journalismus studiert und haben nah beieinander gewohnt. Manchmal waren wir zusammen im Supermarkt. Wenn wir an den Zeitschriftenregalen stehen geblieben sind, haben wir uns die üblichen Verdächtigen angeguckt, die größeren Tageszeitungen oder Magazine. Die große bunte Wand der Regenbogenpresse haben wir uns gespart. Aber irgendwann war uns danach, da reinzugucken, weil wir schon immer mit einem halben Blick gesehen haben: Die heißen irgendwie alle gleich und da lächelt immer Helene Fischer vom Cover runter. Wir haben relativ schnell gemerkt, dass es viele verschiedene Titel gibt und wirklich jeder verbreitet ziemlichen Quatsch. Große Versprechen auf der Titelseite in skandalösen Überschriften, und wenn man dann den Artikel dahinter liest, fällt alles in sich zusammen.
Wonach wählt ihr die Themen aus? Es gibt bestimmte Codes: Wenn die Zeitschriften zum Beispiel von exklusiv schreiben, ist es meistens nicht exklusiv, sondern von einer Pressemitteilung abgeschrieben. Das kann man gut dechiffrieren. Wenn unheilbare Krankheiten von Kindern thematisiert werden, weiß man, das ist meistens Heuschnupfen, Legasthenie oder so was in der Art. Wortwörtlich genommen stimmt es, die Krankheiten sind unheilbar, aber es wird suggeriert, dass das Kind in Lebensgefahr schwebt. Man legt sich sozusagen ein kleines Regenbogenvokabular zu. Viele Perlen stecken aber auch erst im Heftinneren.
Und wie ging es dann weiter? Der zweite Schritt war zu schauen, wie groß der Markt tatsächlich ist. Wir haben festgestellt, dass das ein ganz schönes Volumen am Print-Markt in Deutschland ausmacht: Alle Regenbogenverlage zusammen drucken mehr als 500 Millionen Hefte pro Jahr. Und niemand kritisiert das regelmäßig. Es war naheliegend zu sagen: Dann machen wir das. Die ersten Ideen dazu kamen im Februar 2013. Dann hat es ein paar Wochen gebraucht. Am 11. April 2013 sind wir dann online gegangen. 15
Gibt es eine Berichterstattung oder Schlagzeile, die dich besonders geschockt hat?
Wenn ihr über die Regenbogenpresse bloggt, gibt es sicher auch den ein oder anderen Mitarbeiter, der euch kennt. Gab es schon mal Hass-E-Mails?
Was uns überrascht, ist mit welcher Konstanz diese Hefte das Schicksal von Michael Schumacher begleiten. Sein Skiunfall war Ende Dezember 2013. Doch sie schreiben jede Woche eine neue Geschichte. Abgesehen davon gab es eine Schlagzeile, die ich nach wie vor unglaublich finde: Eines der kleineren Hefte zeigte auf dem Cover die Fürstin Charlène von Monaco. Dazu wurde getitelt: Unfruchtbar! Mit einem Ausrufezeichen dahinter und der Unterzeile: Sie zerbricht daran, dass sie keine Kinder bekommen kann. Hintergrund ist, dass das Fürstentum, der Staat Monaco, oder vielleicht auch nur die Regenbogenredakteure, lange darauf gewartet haben, dass der Nachwuchs bei Albert und Charlène von Monaco ins Haus steht. Sie wurde und wurde nicht schwanger. In der Welt der Regenbogenpresse und der Adelsfamilien heißt es, wenn eine Frau nicht schwanger werden kann, dass sie nicht viel Wert für die Krone hat, weil dann natürlich kein Thronfolger vorhanden ist. Alles überholt, aber dieses Frauenbild wird von der Regenbogenpresse immer noch hochgehalten. Dieses Heft hat behauptet, dass sie unfruchtbar sei. Das ist, unabhängig vom Wahrheitsgehalt, ein immenser Eingriff in die Persönlichkeitsrechte, da ihre Intimsphäre betroffen ist. Da sieht das Presserecht vor, dass das eine völlige Tabuzone ist. Es muss also nicht zwischen öffentlichem Informationsinteresse und Persönlichkeitsrecht abgewogen werden. Die Intimsphäre darf nicht Gegenstand von Berichterstattung sein. Zumal sich gezeigt hat, dass sie nicht unfruchtbar ist, weil sie dann mit Zwillingen schwanger wurde. Es war also auch noch eine falsche Berichterstattung, was eher Regel als Ausnahme bei den Regenbogenheften ist.
Wir werden von ein paar Leuten aus der Regenbogenwelt gelesen. Es ist aber nicht so, dass ständig böse E-Mails ankommen. Da sind wir auch nicht besonders scharf drauf. Es gab aber schon ein paar Mails, die ein bisschen schärfer im Ton waren, oder ein paar Kommentare bei uns auf der Seite, in denen gefragt wird, ob wir noch alle Latten am Zaun haben. Das ist zwar nicht mehr besonders sachlich, aber eine Art der Kritik, mit der wir noch leben können. Die Fronten sind geklärt: Wir finden nicht besonders toll, was die machen, und die finden nicht besonders toll, was wir machen. Aber es melden sich ab und an auch Redakteure oder Verlagsmitarbeiter dieser Zeitschriften, die sagen: Ich finde gut, dass ihr das macht. Oder: Wenn ihr wüsstet, was sonst noch so passiert. Und die Leser selbst? Da gibt es selten Reaktionen, denn die Leserschaft der Regenbogenpresse ist wie gesagt seltener im Internet unterwegs. Manchmal schreiben uns aber Leute und erzählen, dass sie die Hefte hauptsächlich wegen der Preisrätsel kaufen und sich über den Wahrheitsgehalt der Geschichten wundern.
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Euer Blog beziehungsweise die Organisation, die dahinter steckt, ist mittlerweile als gemeinnützig anerkannt. Wie kam es dazu?
Ähnlich wie der „Topf voll Gold“ funktioniert auch der „Bildblog“. Was ist schlimmer: Regenbogenpresse oder Bild-Zeitung?
Das muss man sauber trennen: Der „Topf voll Gold“ selbst ist nicht gemeinnützig. Das wäre eine Sensation, denn dann wären wir das allererste gemeinnützige journalistische Medium Deutschlands. Das ist einfach noch nicht möglich. Also haben wir eine Unternehmergesellschaft gegründet, eine Art Mini-GmbH. Davon ist der „Topf voll Gold“ sozusagen ein Projekt. Diese UG kann man unter bestimmten Umständen vom Finanzamt als gemeinnützig anerkennen lassen. Geregelt ist das durch die so genannte Abgabenordnung. Die sagt relativ genau, was in Deutschland gemeinnützig ist und was nicht. Journalismus gehört nicht dazu, also konnten wir den „Topf voll Gold“ nicht als gemeinnützig anerkennen lassen. Aber wir konnten glaubhaft darlegen, dass wir mit unserer Arbeit einen Bildungsaspekt ansprechen. Dazu gehört allgemeine Volksbildung, Erwachsenenbildung und so weiter. Wir mussten also zurück in die analoge Welt gehen: In Zukunft werden wir zum Thema Medienkritik zum Beispiel Podiumsdiskussionen und Kneipenabende veranstalten.
Ohne Frage die Bild-Zeitung. Die Regenbogenpresse ist größer als Bild, zumindest zusammengenommen. Es gibt etwa 70 bis 80 Hefte mit verschiedenen Titeln, die Verlage selber sprechen von acht bis neun Millionen verkauften Heften pro Woche. Das ist eine ganze Menge. Wenn zum Beispiel der Bauer Verlag oder Burda, die alle mehrere Hefte rausgeben, eine konzertierte Aktion gegen einen Promi oder eine andere Person fahren wollen, dann könnten sie ziemlich schnell ein Leben zerstören – oder jemanden zum Star machen. Es besteht also eine große Meinungsmacht, aber auf einem eher seichten Gebiet. Das ist der wichtige Unterschied zur Bild-Zeitung. Wenn die Bild-Zeitung Stimmung in einer wichtigen politischen Frage machen will, dann macht sie es. Sie weiß, wie man Kampagnen fährt. Man muss sich nur die Griechenland-Berichterstattung angucken und sie mit Stammtischparolen abgleichen. Dementsprechend ist Bild gefährlicher.
Dafür werden dann auch die Spenden verwendet, die man auf eurem Blog machen kann? Unter anderem. Das heißt aber nicht, dass wir davon nicht auch etwas in den „Topf voll Gold“ stecken dürfen. Im Unternehmenszweck steht, dass wir diese Podiumsdiskussionen auf dem „Topf voll Gold“ dokumentieren werden, so ist dann auch die Rückverknüpfung gegeben. Das entspricht dann noch einem weiteren Bildungsaspekt, denn durch das Digitale machen wir das Ganze einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich.
Lisa Marie Albrecht ist Redaktionsvolontärin, führt gerne Umfragen und hört vor Interviews gerne Musik mit viel Bass - das nimmt die Anspannung.
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Fünf kostenlose Dienste, die den Alltag für Journalisten vereinfachen von Katharina Brunner
Manchmal sieht man das Web vor lauter Apps nicht - deshalb hat Katharina Brunner, unter den diesjährigen „Top 30 bis 30“-Journalisten und Datenexpertin, eine hilfreiche Liste zusammengestellt.
1. Tweetdeck
2. Tabula
Twitter ist die neue Nachrichtenagentur. Folgt man genügend Leuten, liefert der Stream im Sekundentakt neue Links mit mittelguten Scherzen, Links zu spannenden Texten oder Fotos zu Großereignissen. Um Twitter wirklich effektiv für die Recherche nutzen zu können, muss der Stream gefiltert werden. Ein praktisches Tool dafür ist Tweetdeck: Den einen großen Nachrichtenfluss teilt man in mehrere kleine auf, nach Hashtag oder Listen, die selbst erstellt oder von anderen Nutzern übernommen werden. Aktuelle Beispiele für meine Einzelstreams: #ddj – für Datenjournalismus, Economists – meine Liste für Ökonomen, Greece – übernommene Liste zur Wirtschaftskrise in Griechenland.
Vor allem staatliche Organisationen stellen ihre Informationen gerne als PDFs ins Internet, zum Beispiel Daten aufgeschlüsselt nach Bundesländern. Das ist ziemlich blöd für Journalisten, denn Tabelle markieren und in Excel einfügen klappt nur in seltenen, glücklichen Fällen. Das OpenSource-Tool Tabula hilft. Installieren, PDFs hochladen, Tabellen markieren, Rohdaten herunterladen. Nicht immer funktioniert das perfekt, dann muss man Hand anlegen. Die Fehler haben jedoch meist System, zum Beispiel immer nach einer bestimmten Anzahl an Zeichen. Mit klugem „Suchen und Ersetzen“ können diese Fehler einigermaßen schnell behoben werden. Vorsicht! Tabula funktioniert nicht bei eingescannten PDFs. Eingescannte PDFs sind der Albtraum jedes Datenjournalisten. Um daraus Informationen zu ziehen, braucht es mehr bessere, kostenpflichtige Tools, Programmierer oder arme Praktikanten, die die Zahlen händisch übertragen.
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3. Datawrapper
4. Workflowy
Das Programm Datawrapper macht es möglich, interaktive Grafiken zu erstellen. Der Arbeitsablauf: Daten, die zum Beispiel mit Hilfe von Tabula geerntet wurden, in ein Feld kopieren. Danach auswählen, welches von mehreren Diagrammen daraus werden soll. Überschrift, Quellenangaben, Farben anpassen – und fertig. Datawrapper funktioniert einfach und macht deshalb klar: Die Schwierigkeit besteht nicht darin, aus Daten eine bunte Grafik zu basteln, sondern darin, sich zu überlegen, welche Daten wie optimal visualisiert werden. Drei einfache Regeln: Erstens nie die vertikale Achse abschneiden, sie muss immer bei Null starten. Zweitens: Mengen als Balkendiagramme. Drittens: Zeitverläufe als Liniendiagramme.
Wie organisiert man Recherchen? Man hat Links, Textfetzen, Zitate, To-Do-Listen, Telefonnummern. Eine Methode: irgendein Textdokument. Eine andere: an verschiedenen Orten – je nach Art – speichern. Beides irgendwie nicht ideal. Mein aktuelles Tool dafür, Recherchematerial an einem Ort zu speichern: Workflowy. Der Cloudbasierte Dienst ist im Grunde ein einzelnes Textdokument, hinter dem sich mit einem Klick viele, viele Seiten verbergen können. Ein bisschen wie das Kaninchenloch von Alice im Wunderland.
5. Digg Reader RSS-Feeds, für die jüngeren unter den Lesern, sind das Print-Abo des Internets. Von jeder Seite bekommt man jeden einzelnen Beitrag geliefert – ohne befürchten zu müssen, der wirklich spannendste von allen jemals gelesenen Texten geht im Twitter- oder Facebook-Stream unter. Vor allem Blogs haben einen RSS-Feed, oft auch andere Online-Medien oder die News-Abteilungen in Ministerien. Mit Hilfe eines Programms können alle Beiträge verfolgt werden. Besonders sinnvoll ist das bei Fachblogs zum eigenen Thema. Mein Dienst der Wahl: der Digg Reader. Digg aggregiert nicht, sondern zeigt in einer Liste alle Posts ohne Gewichtung an.
Als Katharina Brunner etwa zehn Jahre alt war, hat sie – analog und händisch – aus einem dreibändigen Brockhaus herausgesucht und als Top-10Listen in ein Heft geschrieben: die größten Länder, die längsten Flüsse, die größten Städte. Ganz verkehrt ist sie im Datenjournalismus wohl nicht. Auf Twitter findet ihr sie unter @cutterkom. 19
„Brüllen gehört zum Geschäft.“ von Marco Runge
Gero Himmelsbach war 1984 Mitgründer der Nachwuchsjournalisten in Bayern. Seit 1994 ist er Rechtsanwalt bei der Münchner Medienrechtskanzlei Romatka & Collegen. Im Interview gibt er angehenden Journalisten Tipps, worauf sie im Presserecht achten müssen.
Herr Himmelsbach, was sind die drei größten presserechtlichen Fehler, die Journalisten begehen können?
Worauf müssen Journalisten achten, um diese Fehler nicht zu begehen? Sie sollten ein gewisses rechtliches Grundwissen haben. Es gibt Bildungseinrichtungen, Berufsverbände, Gewerkschaften oder den MedienCampus Bayern, bei dem auch der NJB Mitglied ist. Diese Einrichtungen bieten Schulungen für Journalisten im Presse- oder Urheberrecht und zu speziellen Themen wie etwa Onlinerecht an. Natürlich empfehle ich auch die Teilnahme an unserem NJB-Medienrechtsseminar im November.
Fehler Nummer eins: Sie missachten das Urheberrecht. Sicherlich ist es verlockend, aus dem Internet Fotos, Grafiken oder Texte zu übernehmen. Doch die sind meist urheberrechtlich geschützt. Selbst bei kostenlosen Angeboten muss man das Kleingedruckte genau lesen. Häufig gibt es detaillierte Vorgaben, wie der Rechteinhaber bezeichnet werden muss. Fehler Nummer zwei: Sie verletzen das Persönlichkeitsrecht. Promis im Urlaub zu fotografieren, Unfallopfer abzulichten, private Details auszuplaudern, persönliche Daten wie den Kontostand preiszugeben – all das verletzt meist das Persönlichkeitsrecht. Fehler Nummer drei: Sie lassen sich einschüchtern. Brüllen gehört zum Geschäft. Nicht jeder, der von einer Recherche betroffen ist, ist davon begeistert. Gerne wird dann mit „seinem Anwalt" gedroht. Oder der Anwalt schickt ein „Warnschreiben" an die Redaktion. Dadurch sollte man sich aber nicht von der Recherche abbringen lassen. Vor allem dann nicht, wenn man ein ernsthaftes Informationsinteresse hat und das Thema für die Öffentlichkeit von Bedeutung ist.
Welche juristischen Folgen einer Presserechtsverletzung gibt es? Denkbar sind Unterlassungsansprüche, Ansprüche auf Gegendarstellung, Berichtigung (etwa Richtigstellung und Widerruf) und auch Schadensersatzansprüche. Bekannt ist vor allem der „Schmerzensgeldanspruch", der juristisch richtig als „Geldentschädigung" bezeichnet wird. Mit dem Unterlassungsanspruch will der Betroffene erreichen, dass die Veröffentlichung zum Beispiel eines Fotos oder eines Textes nicht wiederholt wird. Stellt eine Zeitung ihre Inhalte auch ins Internet, muss die entsprechende Passage aus dem Internetangebot entfernt werden.
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Was sind die Voraussetzungen, damit eine Zeitung oder ein Blog eine Gegendarstellung abdrucken muss?
reagiert. Es ist wenig sinnvoll, sofort Zugeständnisse zu machen. Ebenso wenig ist es vernünftig, eine Abmahnung nicht zu beachten. Das führt im Zweifel zu einem Gerichtsverfahren und löst damit nicht unerhebliche weitere Kosten aus. Wer nicht weiß, wie er sich bei einer Abmahnung verhalten soll, sollte rechtlichen Rat in Anspruch nehmen. Der kostet zwar etwas, hilft aber, weiteren Ärger zu vermeiden.
Zunächst: Im Printbereich sind nur Zeitungen und Zeitschriften, also periodische Druckwerke, verpflichtet, eine Gegendarstellung zu veröffentlichen. Ein Blog muss eine Gegendarstellung nur dann veröffentlichen, wenn es sich um ein journalistisch-redaktionelles Angebot handelt. Wer seinen Blog nur alle paar Wochen aktualisiert, muss also keine Gegendarstellung veröffentlichen, möglicherweise aber eine Richtigstellung oder einen Widerruf. Eine Gegendarstellung ist nur zu einer unrichtigen Tatsachenbehauptung möglich. Bei Meinungsäußerungen – etwa: etwas ist „gut" oder „schlecht", „teuer" oder „billig", „groß" oder „klein" – gibt es keine Gegendarstellung. Dann gibt es für die Gegendarstellung noch zahlreiche formelle Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen: zum Beispiel eine Unterschrift, die Gegendarstellung darf nicht zu lang sein, die Entgegnung darf sich nur auf die falsche Tatsachenbehauptung beziehen und so weiter. Es ist selbst für Profis nicht immer einfach, eine Gegendarstellung zu formulieren, die auch gerichtlich durchsetzbar ist.
Unter welchen Bedingungen darf ich einen von mir verfassten, veröffentlichten Artikel nochmals an anderer Stelle veröffentlichen, also zweitverwerten? Zunächst kommt es darauf an, welche Vereinbarung man mit seinem Auftraggeber getroffen hat. Ist nichts vereinbart worden, erlaubt zwar das Urhebergesetz zum Beispiel bei der Veröffentlichung in einer Zeitung sofort auch die Zweitverwertung des Beitrags durch den Autor. Wer einer Zeitschrift einen Artikel zur Verfügung stellt, kann diesen „im Zweifel", wie es im Gesetz heißt, ein Jahr nach dessen Erscheinen woanders veröffentlichen. Trotzdem sollte man immer daran denken, dass man von seinem Auftraggeber weiterhin Aufträge erhalten möchte. Meistens gehen die Verleger wohl davon aus, dass Beiträge nicht gleichzeitig in mehreren Medien erscheinen.
Und für eine Berichtigung? Hier gilt Ähnliches: Auch eine Richtigstellung oder ein Widerruf sind nur bei unrichtigen Tatsachenbehauptungen möglich. Außerdem muss die Äußerung für den Betroffenen noch eine Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts darstellen, wenn er die Berichtigung fordert. Hat die Redaktion von sich aus eine ausreichende Korrekturmeldung gebracht, gibt es keinen Anspruch mehr auf eine Richtigstellung.
Herr Himmelsbach, vielen Dank für das Gespräch! Ihr möchtet mehr über Presserecht erfahren? Der NJB e.V. veranstaltet am 28.11.2015 in München ein Medienrechtsseminar mit Gero Himmelsbach. Infos und Anmeldung unter: marco.runge@njb-online.de.
Presserechtliche Auseinandersetzungen beginnen üblicherweise mit einer Abmahnung. Wie soll ich mich als Journalist verhalten, wenn ich abgemahnt werde?
Marco Runge hat Politikwissenschaft studiert und die Freie Journalistenschule absolviert. Unter anderem schreibt er für die Junge-Leute-Seite der Süddeutschen Zeitung. Beim NJB e.V. kümmert er sich um die Seminarplanung.
Hier gilt vor allem Regel Nummer drei von oben: Ruhe bewahren. Erst nachdenken, wie man darauf 21
Managerinterviews und Diktaturdiskussionen von Caroline von Eichhorn
Was bedeutet es, Journalist in China zu sein? Mit Hostwriter habe ich zwei chinesische Kollegen kennengelernt, mit ihnen kooperiert und Bier getrunken. Meine erste Erfahrung mit Hostwriter.
Couchsurfing für Journalisten. Das war die erste Information, die ich über das Netzwerk Hostwriter gehört hatte. Mehr wusste ich darüber lange nicht. Als ich meine Chinareise plante, erinnerte ich mich an das Netzwerk und dachte mir: Vielleicht finde ich hier einen chinesischen Kollegen. Also meldete ich mich an: Name, Foto, Interessen, Schwerpunkte, Arbeitgeber. Es dauerte einen Tag, bis ich eine Bestätigungs-E-Mail erhielt und zugelassen wurde. Bei Hostwriter werden nur Journalisten, Filmemacher und Journalistikstudenten aufgenommen. Ich suchte nach Mitgliedern in China und fand nur zwei angemeldete Nutzer. Von 1,4 Milliarden Chinesen waren nur zwei bei Hostwriter. Einer in Shanghai, einer in Peking. Ich schrieb beide an, und zu meiner Überraschung meldeten sich beide zurück.
In Shanghai lerne ich also Lu kennen. Er wartet bereits auf uns am Straßenrand und erkennt meinen Kollegen und mich sofort, als wir mit dem Taxi vorfahren. Wir stehen mitten in einem Industriegebiet, in das sich selten Ausländer verirren. Stolz wie Oskar, dass wir in der riesengroßen Stadt die richtige Straße gefunden haben, begrüßen wir Lu. Gemeinsam gehen wir ins Gebäude. Die Dame am Empfang erwartet uns bereits und führt uns ins Büro der Managerin, die sich riesig darüber freut, dass sich Besuch aus Deutschland für ihre Arbeit interessiert. Zwei Stunden lang unterhalten wir uns, Lu übersetzt. Wir treffen Lu auch noch am nächsten Tag für einen weiteren Interviewtermin. Danach gehen wir gemeinsam essen und in eine Bar. Dort teilt er mit uns sein Wissen über die chinesische Musikszene, das uns noch bei einer anderen Geschichte sehr behilflich sein wird. Lu erzählt uns, wie schwierig es ist, in China einen Job als Journalist zu finden. Er wird wohl demnächst bei einem Telekommunikationsunternehmen anfangen zu arbeiten, nebenbei bloggt er über die Stadt- und Landentwicklung Chinas.
Lu (27) hat Journalistik studiert. Bevor wir uns zum ersten Mal treffen, schreiben wir uns ein paar E-Mails. Mein Kollege und ich erzählen Lu, dass wir gerne die sogenannte Timebank in Shanghai besuchen möchten – ein Projekt, in dem junge Leute alten Menschen helfen und damit „Pflegepunkte“ erhalten, die sie später einlösen können, wenn sie selbst alt und pflegebedürftig sind. Ich frage Lu, ob er das Thema gemeinsam recherchieren möchte. Wir vereinbaren, dass jeder seine eigene Geschichte aus dem gesammelten Material schreiben kann. Lu hat Zeit und Lust, und stellt einen Kontakt sowie einen Interviewtermin mit der Managerin für uns her.
In Peking treffe ich Rem (26). Rem begleitet einen Kollegen und mich zu einem Interview mit jungen Filmemachern, das er für uns übersetzt. Anschließend gehen wir in eine Craftbeer-Bar und stellen fast: Rem und ich haben zur selben Zeit an der Goldsmiths Universität in London studiert. Was für ein Zufall! Rem arbeitet nun
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als investigativer Journalist für das chinesische Nationalradio. So steht es in seinem Hostwriter-Profil. Unter investigativem Journalismus versteht man in China allerdings etwas anderes als bei uns, erfahre ich bei unserem Treffen. Rems Arbeit findet mit und letztlich für die Regierung statt. Rem deckt Wirtschaftskorruption auf; als ich ihn traf, war er mit der Berichterstattung über die App Uber beschäftigt. Das ist auch in China ein großes Thema. Es ist spannend zu sehen, wie sich unsere Arbeit in vielen Punkten ähnelt und an einigen Stellen doch wieder von Grund auf unterschiedlich ist. Wir haben so viel zu besprechen, dass unser Tisch am Ende mit vielen verschiedenen CraftbeerSorten aus der ganzen Welt vollgestellt ist. Per WeChat bin ich immer noch in Kontakt mit Lu und Rem und hoffe, dass ich eines Tages die gleiche Hilfe für ausländische Journalisten in Deutschland bieten kann. Rem und Lu haben mich in Kontakt zu Menschen gebracht, an die ich sonst nie herangekommen wäre, sie haben mir ein paar echte chinesische Eindrücke und Gespräche ermöglicht. Eine enorme Hilfe. Und noch viel schöner war es, gleichaltrige Chinesen kennenzulernen, mit dem man über fast alles reden kann und bei vielen Dingen auf der gleichen Wellenlänge ist: Musik, Filme, Essen, Reisen und Kultur. Nur in puncto Politik kamen wir ganz und gar nicht auf einen Nenner. Für Rem und Lu ist die Diktatur die optimale Staatsform. Etwas anderes können sie sich für China nicht vorstellen. Dass junge Leute eine Diktatur verteidigen, wird für mich ein ewiges Rätsel bleiben.
Caroline von Eichhorn ist Journalistin und MultimediaAutorin in München. Sie arbeitet für den Bayerischen Rundfunk, die Süddeutsche Zeitung und schreibt momentan eine Kolumne über Profilneurosen für den Blog selbstdarstellungssucht.de, den sie mit herausgibt. Caroline twittert unter @linsch.
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Bayern bloggt von Andreas Rossbach
Radsport, Mode, Politik, Kultur, Satire – über diese und viele andere Themen schreiben Blogger in Bayern. Täglich gibt es Neues zu entdecken und zu berichten. Die Blogosphäre ist bunt – neben privaten Blogs gibt es Themenund reine Unterhaltungsblogs. Im Netz verstecken sich einige Schätze mit individuellem Charme, die ich mir für euch genauer angeschaut habe.
Herzenssache „Es macht mir wahnsinnig viel Spaß zu bloggen, es ist einfach eine hervorragende Spielwiese, um sich an verschiedenen journalistischen Darstellungsformen auszuprobieren”, erzählt Bloggerin Carolyn (26) aus Rosenheim. Auf ihrem persönlichen Blog ciclista.net dreht sich alles um Radsport: Sie sammelt Tipps, schreibt Reportagen und Kommentare. Der Fashionblog The3rdvoice.net von Angela (25) aus München ist eine Herzenssache, schreibt sie. Am liebsten bloggt sie über Mode, aber es gibt auch Fotografie, ein bisschen Wohnen und Katzen.
„Bayerns Blogger schreiben über KuchenRezepte, Kirchengeschichte und Reiseziele” – eher bodenständig, schreibt die Tageszeitung „Die Welt“. Von wegen! Schaut man genauer hin, stellt man fest, dass das nur die halbe Wahrheit ist. Die Themen sind vielschichtiger, die Autoren stoßen Debatten an, kommentieren das Geschehen oder sprechen den Menschen einfach nur aus der Seele. Zwar ist Bloggen für die wenigsten ein lukratives Business, das ist aber ohnehin zweitrangig. Viel entscheidender sind andere Motive. Mit seinem eigenen Blog hat man zum Beispiel die Möglichkeit, sich als Experte in einem bestimmten Themengebiet zu präsentieren oder zu entwickeln. Viele Blogger schreiben über persönliche Geschichten aus dem Alltag. Nicht selten werden sie zu absoluten Cracks auf ihrem Gebiet. Sie sind gut vernetzt und profitieren vom Wissen des Einzelnen und der Community. Matthias, 47 Jahre, aus Maisach, der unter anderem als Textchef bei PC Professionell und redtec publishing tätig war, bloggt seit 2008 auf seiner Seite redaktion42.de und ist mittlerweile erfolgreich und über die Grenzen des Freistaates hinaus bekannt. Sein Hauptmotiv zu bloggen ist „sich selber zu vermarkten und den Drang zu befriedigen, Geschichten zu erzählen”. Und der vielleicht wichtigste Grund ist, dass Blogger länger leben. Echt? Nein! Aber Bloggen macht Spaß und das soll ja angeblich einem langen Leben dienlich sein.
Geh los Jeder, der mit dem Gedanken spielt, sollte losziehen. So oder so ähnlich könnte das Motto von Journalistin Jessica (27) aus München gewesen sein, als sie beschlossen hat, so wie Handwerksgesellen auf die Walz zu gehen und darüber zu bloggen. Auf wortwalz.de berichtet sie über ihre Reise durch Deutschland und bietet ihre journalistische Arbeit gegen Kost und Logis und – wie bei Gesellen üblich: nach Tarif – in Lokalredaktionen an. Für Killian ist Bloggen neben Instagram die entspannteste Art, seine Fotos im Internet zu präsentieren – die Benutzeroberfläche ist schnell durchschaut und funktioniert auch an den entlegensten Orten der Welt, wie zuletzt im Pamir-Gebirge in Tajikistan. Man findet auf dem Blog wine-and-jazz.blogspot.de Fotos und kleine persönliche Anekdoten, die auf Reisen entstehen.
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Wir brauchen Blogs Thomas Gerlach (47) ist unter anderem Foodblogger und arbeitet beim Verlag Nürnberger Presse in der Abteilung elektronische Medien. „Für mich ist ein eigener Blog für Journalisten unverzichtbar, als unabhängige Plattform, wo man die Themen selber bestimmen kann.” Insbesondere für junge Journalisten ist ein eigener Blog eine gute Spielwiese, um sich journalistisch auszuprobieren und den Umgang mit ContentManagement-Systemen zu lernen. „Deswegen hört mir zu, ihr schreibbegeisterten Menschen da draußen: Wenn ihr Lust aufs Bloggen habt, dann solltet ihr es tun. Versucht es zumindest mal! Klappt es nicht oder verliert ihr die Lust, könnt ihr am Ende wenigstens sagen, dass ihr es versucht habt.“ In der Blogosphäre, auch in Bayern, ist es völlig egal, ob jemand ein zertifizierter Meinungsträger ist – was zählt ist allein, ob die Meinung stichhaltig, originell und klug ist.
Politischer Diskurs Auf dem Blog actuallynot.net soll die politische Kultur in Deutschland wieder belebt werden. Die Autoren Christoph, Dennis (27), Linda (26) und Nina (24) aus München wollen einen politischen Diskurs schaffen. Streiten ist erlaubt, es soll aber sachlich und argumentativ zugehen. Die Leser und Autoren können sich auf der Plattform über internationale politische Konflikte austauschen. Junge Kunst, Kultur und digitale Identität „Ich blogge, weil ich den Drang habe zu erzählen. Ich bin oft unterwegs, treffe spannende Menschen”, sagt Natalie (29), eine der vier aktiven Autorinnen des Blogs selbstdarstellungssucht.de. Hier steht der Wandel von Identitätsfindung und -stiftung durch das Internet und die sozialen Medien sowie aktuellen Strömungen in der postdigitalen Kunst- und Kulturszene im Fokus. Das Autorenteam, das neben Natalie aus Veronika, Caroline und Sonja besteht, stellt interdisziplinär arbeitende Kunst- und Kreativschaffende, ihre Arbeiten, Arbeitsräume, Ideen und Veranstaltungen vor und gibt Einblick in den eigenen Arbeitsalltag.
Der Autor Andreas Rossbach, Mitglied beim NJB e.V., ist ebenfalls Blogger. Er schreibt gerne Reportagen und Glossen.
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Lene Vollhardt: „Identität und Massenmedien sind Zwillinge“ von Veronika C. Dräxler
Auf dem Studiodach der Staatlichen Hochschule für Gestaltung (HFG) liegt ein weißer Staubfilm: Magnesium. Es stammt von Studierenden, die hier Performances einüben. Mit Lene Vollhardt (31), Filmemacherin und Studierende an der HFG, bin ich die Stufen bis in den dritten Stock gestiegen und wir bemerken den Staub erst, nachdem wir weiße Abfärbungen auf der Kleidung entdecken. Lene performt selbst auch in ihren Filmen, die sich oft mit weiblichen Rollenbildern beschäftigen wie „Registraturfragmente eines vagen Krieges“, für den sie und Seraphine Meya erst ausgezeichnet wurden. Ihr Werk ist ein filmischer Essay, in dem historische, mythologische und aktuelle Frauenrollen collagiert werden.
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Lene, in deinem Film „Registraturfragmente eines Vagen Krieges“ hast du das Thema Frauen im Ersten Weltkrieg aufgearbeitet. Warum diese Thematik?
Mein Film heißt „Vage Kriege“, weil man typische Gewalttaten an Frauen gar nicht sehen kann. Zum Beispiel eine Vergewaltigung. Wenn eine Frau vergewaltigt wurde, ist sie danach nicht unbedingt blutüberströmt. Da ist sehr vieles unsichtbar geblieben, weil geschämt und nicht öffentlich erinnert wird.
Tatsächlich hatte die Stadt Karlsruhe geplant, eine Arbeit zu diesem Thema in Auftrag zu geben. Aber an die Rolle der Frau im Ersten Weltkrieg haben sich wohl nicht viele herangetraut. Es ist auch schwer zu bearbeiten. Zum einen, weil Frauen nicht im Fokus der medialen Aufarbeitung stehen, und zum anderen, weil es ein sehr aufgeladenes Thema anvisiert.
Du betonst die deutsche Erinnerungskultur, wobei in Bezug darauf die Rolle der Frau doch auch eher unbedeutend und klar männerbezogen ist? Absolut ja. Die Amerikanerin Susan Sontag schreibt viel dazu in „Das Leiden anderer betrachten“. Es gibt diesen Helden-Pathos im Krieg und da hat eine Frau erst einmal nichts verloren. Obwohl Frauen in Kriegen sehr wichtige Rollen hatten.
Dich hat das nicht eingeschüchtert? Das hat mir nichts ausgemacht. Krieg und Frauen – da gibt es viele historische Verknüpfungen. Eines der ältesten Symbole der Gesellschaft ist die Doppelaxt. Sie ist sowohl die Axt der Amazone, als auch die der großen Göttin. Ich interessiere mich für Mythologie, Archäologie, woher Rollenbilder ursprünglich kommen und welchen Weg diese dann durch die Gesellschaft gegangen sind. Ich finde es interessant, wie Erinnerungskultur funktioniert. Wo ist denn der Zusammenhang zwischen Erinnerungskultur und deinem Film?
Wie sehen diese Rollen aus? Frauen sind zum Beispiel „Krankenschwester“ oder „Etappenhelferin“. Die Krankenschwester war im Ersten Weltkrieg das Idealbild einer Frau. Auf Feldpostkarten wurde sie oft wie eine Marienfigur in Szene gesetzt. Diese Frau wurde verehrt, weil sie sich ganz dem Dienst an den Kriegsopfern verschrieben hatte und damit auch aufgab, eine Familie zu haben. Denn beides war zu der Zeit nicht vereinbar. Dagegen wurde die Etappenhelferin – sie arbeitete im administrativen Apparat, organisierte, plante Essen und andere lebensnotwendige Dinge – als Prostituierte geächtet.
Gerade in Deutschland ist Erinnerungskultur sehr wichtig und leistet viel Aufklärungsarbeit. Die Art und Weise, wie das Erinnern institutionalisiert wird, finde ich sehr interessant, aber auch irreleitend, denn wir schaffen dadurch Erinnerungen an Erinnerungen. Es ist eigentlich nicht möglich, kollektiv zu erinnern, weil Geschichte persönlich ist und jeder sie anders erlebt. Und doch gibt der Kulturbetrieb sehr viel Geld dafür aus, um repräsentative Bilder für eine gemeinsame Erinnerung zu schaffen.
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Wie kann man sich diese gegensätzlichen Stereotype erklären?
Volkszüchtung? Ja, das war ein großes Thema. Generell war zwischen Frankreich und Deutschland schon immer ein Konkurrenzkampf da. In Deutschland gab es ein ganz anderes Verhältnis zur Erziehung von Kindern als in Frankreich. Und das ist immer noch so. Die deutsche Mutter soll sich immer noch idealerweise zu Hause um die Kinder kümmern, während es in Frankreich normal ist, dass man zwei Wochen sein Kind stillt und danach wieder arbeiten geht.
Über die idealisierte Rolle der Krankenschwester habe ich hauptsächlich im Deutschen Volksliederarchiv in Freiburg recherchiert und dort auch Interviews geführt. Aus anderen Quellen habe ich gehört, dass es auch ein zweischneidiges Schwert war, Krankenschwester zu sein. Dass auch dieser Beruf sexualisiert wurde. Da gibt es unterschiedliche Ansichten. Dass Etappenhelferinnen schlecht angesehen wurden, lag wohl an der strikten Rollenverteilung: Die Frau gehört zu Hause an den Herd… …ist Mutter und gebärt Kinder? Richtig. Die Gebärende hat im Zweiten Weltkrieg eine wichtige Rolle gespielt. Aber das Gebären von Kanonenfutter war auch schon im Ersten Weltkrieg ein wichtiges Thema. Vor allem in Frankreich, weil die Deutschen sehr geburtenstark waren und somit für Soldaten-Nachschub gesorgt war. Das hat die Franzosen unter Druck gesetzt. Deswegen versuchte die Regierung, ihre Bürger mit Kampagnen zu motivieren, mehr Kinder zu zeugen. Das führte zu surrealen Theaterstücken.
Mussten während der Kriege Frauen nicht sehr oft Männerarbeiten verrichten, weil die Männer an der Front waren? Das stimmt. Es gab zum Beispiel viele Kriegsberichte und Gedichte, die von Frauen geschrieben wurden. Das ist ein Fakt, den ich besonders außergewöhnlich finde und der mir nicht in den Sinn gekommen wäre. Zu der Zeit wurde besonders viel von Frauen publiziert. Gibt es eine Frau, die man in diesem Kontext kennen sollte? Sehr aktiv war Marie Fesche. Sie gab eine Anthologie mit düsteren romantischen Gedichten heraus, die von Frauen verfasst wurden, sie sprechen mich sehr an. Darum habe ich wohl auch diesen besonderen Zugang zu ihrer Anthologie gefunden.
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Kannst du auch was dazu sagen, wie sich die Selbstdarstellung der Frau seit 1914 verändert hat? Heute ist Selbstdarstellung ja sehr wichtig. Identität und Massenmedien sind Zwillinge, die sich im Unterleib materiell verloren haben, jedoch nie ihre Symbiose vergessen werden. Im Ersten Weltkrieg war es das auch schon. Vor 1950 haben sich Frauen vor allem über Treue definiert. Die treue, goldene Frauenseele – da gibt es unheimlich viele Postkarteninszenierungen und Gedichte. Ich glaube, dass zur Zeit des Ersten Weltkriegs diese zwei Medien hauptsächlich zur Selbstdarstellung genutzt wurden. Zum Zweck der Affirmation und Identitätsbestätigung. Und die Feldpost wurde auch gesammelt und in Zeitungen veröffentlicht. Der Bürger als Produzent und nicht nur als Adressat von Kultur. Also war die Feldpostkarte ein wichtiges soziales Medium? Früher waren Postkarten sehr wichtig. In den Karten steckte viel Hoffnung und Ikonographie. Die Frau war das aktive Opfer – es ging darum, selbst ein Opfer zu bringen, nämlich den Ehemann oder den Sohn, das machte eine gute Frau aus. Die selbstständig geben kann. Filme waren noch nicht für die breite Masse zugänglich, aber Theaterstücke natürlich. Und Gedichte. Der Frau von nebenan war zwar der große Ruhm vorenthalten, welcher heute die Bloggerinnen-Kultur potentiell antreiben mag. Die Selbstdarstellung wurde während des Ersten Weltkrieges demokratisiert, jedoch erst seit der Bloggerkultur individualisiert. Im 18. Jahrhundert ging es um das Finden einer deutschen Nationalkultur, aus der dann diese Bürger-Kulturproduktionslust entsprang. Veronika C. Dräxler ist NJB-Mitglied und Gründerin des Blogs selbstdarstellungssucht.de. Sie sucht gerne nach den richtigen Fragen und führt am liebsten Interviews. Auf Twitter findet ihr sie unter @v_draexler.
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Die neue Macht des Lesers oder die alte Angst der Verlage? - Gedanken zum Reporter-Forum 2015 von Natalie Mayroth
Im Tageslicht schimmert die Glasfassade des 13-stöckigen Hochhauses in kühlem Blau. Über 60 Meter hoch ist das Verlagshaus des Spiegel. Ein Vorzeigebau an der Hamburger Ericusspitze, in dem Online-, Print- und Entwicklungsredaktion in verschiedene Etagen getrennt sind. Einfluss, Kapital und Relevanz sind beim Betreten zu spüren. Eine Stellung, die es für die großen Verlage zu halten gilt. Das ist der Ort, an dem das Reporter-Forum (RF) zum neunten Mal stattfindet.
Über 300 Teilnehmer kommen im Juni zusammen, um mit Kollegen von „Zeit”, „Spiegel”, „Süddeutsche Zeitung”, aber auch von neuen Zusammenschlüssen wie „Deine Korrespondentin“, „Correctiv“ oder „Freischreiber“ zu diskutieren. Das Aufbrechen der journalistischen Vielfalt durch das Netz fordert ein Umdenken, ein Anpassen, ein. „Die Kritik am Journalismus, die neue Macht der Leser“ heißt deshalb in diesem Jahr der Leitspruch, unter dem der gemeinnützige Verein zur Konferenz einberuft. Eine Thematik, der sich Cordt Schnibben, Mitbegründer des RF, bereits Anfang des Jahres im Spiegel-Magazin widmet. Er sieht die Zeiten, in denen Redaktionen als Gatekeeper alleine Schwerpunkte setzen, verstrichen. Das mag 2015 nicht unbedingt eine frühe Einsicht sein, doch eine relevante. „Es ist nicht wichtig, wie oft ein Artikel geklickt wird, sondern wie oft er geteilt wird”, zitiert er im Workshop die Buzzfeed-Philosophie.
eingespannt. Sie habe dafür keine Zeit. In der Tat ist es nicht ihr Job. Viele Redaktionen haben eigene Social-Media-Redakteure und Community-Manager, deren Arbeit oft unterschätzt wird. Ist es das, was Blogger anders als einige Journalisten machen, wenn sie sich selbst als Marke in den sozialen Medien vermarkten? Auf dem RF sind aber auch Journalisten mit anderer Meinung. Die „Krautreporter” zum Beispiel setzen darauf, in Interaktion mit ihren Lesern zu treten. Beim Workshop, der fast zu einem Offenbarungsgespräch wird, räumen sie aber auch Anlaufschwierigkeiten ein. Sie versuchen, den Erwartungen ihrer 18.400 Unterstützerinnen gerecht zu werden, was aber nicht möglich sei, sagt Sebastian Esser. Sie wissen, dass der erste Hype abgeklungen ist: In ihrem zweiten Jahr hoffen die Krauts, die Hälfte ihrer Mitglieder erneut zu gewinnen. Das Team distanziert sich von manchen Formaten. Und sie probieren weiter: Krautreporter soll in eine Genossenschaft umgewandelt werden und die Artikel künftig hinter eine Paywall kommen.
Die große Angst vor der Digitalisierung scheint überwunden, doch das Problem, wieder mehr Leser zu erreichen, bleibt. Wo und wie sind sie abzuholen? – Eine Frage, die Journalisten die Stirn runzeln lässt, doch längst nicht alle. Denn nicht jeder möchte seine Artikel „promoten“. „Artikel auf Facebook zu posten ist immer noch Sache des Verlags“, sagt eine junge Frau während des Vortrags „Die unterschätze dritte Halbzeit einer Story“ von Christian Fuchs. Sie ist der Meinung, Journalisten seien schon genug
Einem ganz anderen Thema widmen sich Ezra Eeman und Tim Verheyden: Ihr Storytelling- beziehungsweise Storytooling-Seminar gibt keine konkrete Antwort darauf, seine Reichweite zu steigern. Die Dozenten liefern hingegen Beispiele, in denen Informationen spannend aufgearbeitet werden: Infotainment umschreibt es am treffends30
ten. Selbst bei einem ernsten Thema wie der Seuche Ebola ist der Unterhaltungsfaktor gegeben. Und das ist es: Wer will sich immer nur Leid ansehen? Erfahren wir nicht lieber vom Alltag des Krankenwageneinsatzleiters, der uns mit auf seine gefährliche Safari durch die Straßen nimmt, der die Ängste der Menschen erklärt und mehr darbietet als eine Zurschaustellung von unschönen Lebensverhältnissen? Aber wo führt es hin, wenn wir nur noch konsumieren, was uns unterhält? Wenn im Netz nicht geklickt wird, ist das Marketing zu überdenken oder liegt es vielleicht doch mehr an den Inhalten und deren Aufarbeitung? „The Medium is the Message“ – vielleicht sollten wir uns das ein wenig mehr zu Herzen nehmen. Nichts gegen hochgestochen schön geschriebene Feuilleton-Artikel, doch als Journalistin sehe ich mich als Mittler: Ich erzähle komplexe Sachverhalte in verständlichen Worten, finde Geschichten, die es wert sind, weitererzählt zu werden, und widme mich Persönlichkeiten, um ihr Schaffen zu dechiffrieren – das ist mein Selbstbild. Wer nur auf seiner Festanstellung sitzt und Angst vor Experimenten hat, kommt nicht weiter.
Weder auf dem RF noch auf dem nächsten Medienkongress lässt sich ein Ausweg aus der „Medienkrise“ finden, deshalb müssen wir ihn selbst erfinden. Dennoch lohnt sich ein Besuch, um sich zu vernetzen, seine Meinung zu äußern, aber auch um alte Konzepte zu hinterfragen. Diskussionen auf Augenhöhe sind möglich. Mir ist dadurch um so mehr klar geworden, dass das Jammern in der Medienbranche nicht weiterhilft. Neue Erfahrungen bringen nur das Ausprobieren und damit vielleicht auch Scheitern. Die Bedeutung von sozialen Medien, die zur weiteren Personalisierung des Internets beitragen, wird wachsen: Von Facbeook sollten wir uns aber nicht in den Wahnsinn treiben lassen. Das Reporter-Forum findet seit 2007 in Hamburg statt. Viele der Workshops sind online dokumentiert (abrufbar unter: reporter-forum.de).
Bei Yassin Musharbash, Redakteur im Ressort Investigativ der „ZEIT”, gibt es „keine große Lösungsshow oder 15 Ratschläge, wie werde ich ein besserer Terror-Reporter”. Die Suche nach Wahrheit sei schon extrem schwierig. Es ist ein Austausch von Erfahrungsberichten und Hinweisen für das eigene Arbeiten – was sich über fast alle Panels zieht. An diesen zwei Tagen finden 44 dieser Workshops statt, die Anregungen vom Selbstmarketing, Recherchetechniken bis hin zu journalistischem Bloggen lieferen. Wie jedoch mit der neuen Macht der Leser zu verfahren ist, bleibt im Raum stehen. Die vorgestellten Modelle, Techniken und Tools funktionieren in kleinen Nischen, die kein allgemeingültiges Erfolgsrezept versprechen. Der Trend im Digitalen geht in Richtung Jugendredaktion wie „ze.tt“ vom Zeit-Verlag oder „Bento“ vom Spiegel-Verlag, die sich an „Vice“ orientieren. Ob diese Neugründungen die Lösung sind – lassen wir es auf uns zukommen.
Natalie Mayroth hat Kulturwissenschaften studiert und arbeitet als freie Journalistin in Berlin und München. Sie bloggt auf Selbstdarstellungssucht.de und hat selbst eine Sucht fürs Fotografieren mit dem Handy, digital und analog. Natalie twittert unter @blogmaedchen.
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„Ich will eure Geschichten hören“ In jeder Ausgabe steht euch ein Mitglied aus dem NJB Rede und Antwort: Linda Jessen (24) Geschäftsführerin des NJB e.V. Mein erstes Mal beim NJB… …war beim Stammtisch im Glockenbachviertel. Seit dem Abend bin ich NJBlerin und heute mit fast allen, die ich damals kennengelernt habe, privat gut befreundet.
In zehn Jahren möchte ich... … alle Kontinente bereist und überall einen Freund fürs Leben und ein bisschen Weisheit gefunden haben.
In der Themenkonferenz kämpfe ich für... … die Schwachen. Ich will mehr über die Außenseiter der Gesellschaft in den Zeitungen sehen. Drogensüchtige, vereinsamte Alte und „Problemteenager“, ich will eure Geschichten hören.
Wenn ich nicht als rasender Reporter unterwegs bin, trifft man mich... … beim Sport oder beim Kaffeetrinken. Viele denken ja, Erdöl wäre das schwarze Gold. Nein. Das ist ein frisch gebrühter Americano.
Meine aufregendste Reportage war... … eigentlich unspektakulär, aber ich war noch ein Journo-Küken (so ein nacktes mit geschlossenen Augen und einem offenen Schnabel). Kaum ein Moment ist so hängen geblieben wie der, in dem ich einen Hai-Embryo in seinem Ei habe zucken sehen. Mein Plan B zur Journalisten - Karriere... … wäre wohl im Bereich Deutschunterricht und Integrationshilfe. Oder Ziegenzüchterin. Der schlausten Ziege würde ich dann beibringen, die Zeitung zu holen.
Am liebsten will ich werden wie... … Pippi Langstrumpf. Unvoreingenommen, integer, mit einem unbeugsamen Sinn für Gerechtigkeit. Sophie Scholl hat gesagt, man müsse einen harten Geist und ein weiches Herz haben. Mit Pippi kommt dann noch eine kräftige Portion Frechheit dazu. 32
„Einen eigenen Weg gehen, nicht hinterherlaufen” In jeder Ausgabe stellen wir einen Medien-Profi aus dem NJB-Universum vor: Markus Kaiser (37), Geschäftsstellenleiter des MedienCampus Bayern.
Ich engagiere mich beim NJB, weil... … ich als Student selbst sehr viel vom NJB profitiert habe, vor allem als NJB-Geschäftsführer habe ich viel fürs Berufsleben gelernt.
Mein größter Erfolg... … war die wöchentliche Hochschulseite der Nürnberger Zeitung und das MedienNetzwerk Bayern aufgebaut und den MedienCampus Bayern weiterentwickelt zu haben. Meine schönste Reportage habe ich für „Die Welt" geschrieben.
Ich liebe meinen Job, weil... … nichts schöner ist, als die bayerische Medienbranche voranzubringen und bei den derzeitigen rasanten Medieninnovationen mit dabei zu sein. Wenn ich nicht arbeite, dann... … reise ich am liebsten nach Rom, heuer mal nach Südamerika. Und ich schaue viel Fußball.
Und meine größte Panne... … war ein Interviewpartner vom Asta der Fachhochschule Nürnberg, der mir einen falschen Namen gegeben hatte. Ich habe mir den Perso nicht zeigen lassen und das Interview mit dem Fake-Namen abgedruckt. Aber: Eine Woche später habe ich die Panne transparent gemacht.
Auf meinem Weg im Journalismus prägte mich... … unsere Schülerzeitung „Kraftwerk", der NJB, 13 Seminare der Hanns-Seidel-Stiftung und die Amateurfußball-Berichte für die Nürnberger Zeitung. Nachwuchsjournalisten rate ich... … Praxis, Praxis, Praxis. Und einen eigenen Weg gehen, nicht dem Schwarm hinterherlaufen. Denn nur so findet man die besonderen Storys.
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n e t s i l a n r Jou g n u d l i b s u a ariat oder dium als Volont als Stipen e d n e r ie d f端r Stu
www.journalistenschule-ifp.de
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Impressum
Herausgeber: Nachwuchsjournalisten in Bayern e.V. Der NJB ist eingetragen unter VR München 10 080 und als gemeinnützig anerkannt vom Finanzamt München. www.njb-online.de Redaktionsleitung: Natalie Mayroth Linda Jessen Autoren: Lisa Marie Albrecht Katharina Brunner Veronika C. Dräxler Caroline von Eichhorn Thomas von Eichhorn Linda Jessen Natalie Mayroth Andreas Rossbach Marco Runge
Schlussredaktion: Isabel Steffens Art Direction & Layout: Georg-Christoph Maria Stadler Vorstand: Linda Jessen Natalie Mayroth Marcel Vogt Fotos: Cover, S. 7, 11, 16, 23, 28, 29 - Georg Stadler S. 9 - Natalie Mayroth S. 13 - RoleUp S. 14 - Topf voll Gold S. 21 - Manuel Stark S. 26 - Heidi Herzig S. 32 - Linda Jessen S. 33 - Markus Kaiser
Ausgabe: Nr. 01/2015 Erscheinungsdatum: 19.10.2015
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder. Die Zeitschrift, alle in ihr enthaltenen Abbildungen und Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Jeglicher Nachdruck, auch auszugsweise,
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