EDITION: AUSLAND Das Heft der Nachwuchsjournalisten in Bayern e.V. Ausgabe vier | Oktober 2016
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EDITORIAL
Selbst vom dauernden Fernweh geplagt und von der journalistischen Neugier getrieben hat sich die edition-Redaktion dieses Jahr für das Thema „Ausland“ entschieden. Noch nie war der Weg dahin so einfach. Unser Leben noch nie so international geprägt. Das Reisen wird immer selbstverständlicher. Nachrichten aus der ganzen Welt tragen wir smart in der Hand. Für Korrespondenten wird ein fremder Ort zum neuen Zuhause – Elisabeth Kagermeier hat mit Ingo Zamperoni über seine Erfahrungen in den USA gesprochen. Andere reisen dahin, wo es wehtut: in Krisengebiete, bitterarme Länder oder zu Menschen, die vom Krieg gezeichnet sind. Ayse Sen spricht mit Till Mayer, Fotograf und Auslandsreporter, über seine Arbeit. Statt auf den Blick von außen setzen die Gründer der Plattform Journafrica auf Insider und lassen afrikanische Journalisten für uns berichten. Linda Jessen hat von Gründer Philipp Lemmerich mehr erfahren; auch über Repressalien gegen regimekritische Reporter. Die treffen unsere Kollegen in der Türkei oder Polen, wo die Freiheit der Presse derzeit schwer zu leiden hat – Marco Runge und Philipp Kreiter haben sich mit Experten von beiden Ländern unterhalten. Der Weg ins Ausland bietet aber auch die Chance, großartige Erfahrungen zu sammeln. So war Natalie Mayroth mit dem Medienbotschafter-Stipendium drei Monate in China. Andreas Rossbach taucht als Student der Globalen Kommunikation und Internationalen Journalismus in die russische Kultur ein. Außerdem erfahrt ihr von Ann-Kathrin Wetter, welche Stipendien es gibt und wie ihr sie bekommt. Für Particia Noboa aus Ecuador ist Deutschland das Ausland – sie schreibt über ihre Erfahrungen daheim und an der Deutsche Welle Akademie. Und Arani Basu aus Neu Delhi beleuchtet kritisch die Zusammenhänge zwischen Medien und Politik in seiner Heimat. Was Journalisten sonst noch im Ausland erleben, erfahrt ihr auf den folgenden Seiten. Gute Lesereise! Linda Jessen
+ Natalie Mayroth + Stefanie Witterauf 4
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INHALT
Studium in Russland: Trotz oder gerade deswegen (Andreas Rossbach) 10 Journafrica: Berichte aus afrikanischer Feder (Linda Jessen) 16 Journalisten unter Druck: Pressefreiheit in Polen (Marco Runge) 22 USA abseits von Urlaub und Popkultur: Interview mit Ingo Zamperoni (Elisabeth Kagermeier) 26 Bangladesch: Aufgeben ist keine Option (Thomas Berger) 32 Fünf Stipendien, die euch ins Ausland befördern (Ann-Kathrin Wetter) 36 Was der „Trump Effect“ für den Journalismus bedeutet (Elisabeth Kagermeier) 40
Im Land der großen Firewall: Erfahrungsbericht aus China (Natalie Mayroth) 48 Interview mit Kerem Schamberger: Pressefreiheit in der Türkei (Philipp Kreiter) 54 Ich habe nie aufgehört, Journalistin zu sein (Patricia Noboa) 60 Der Journalist für Konflikte, Krisen und Kriege: Till Mayer im Interview (Ayse Sen) 64 Corporatization of Print Media in India: How Media Manufactures News (Arani Basu) 70 Audio-Briefe in die Heimat (Matthias Kirsch) 74 Who is Who: Stefanie Witterauf Who is Who: Eva Werner
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Der NJB ist ein Netzwerk junger Journalisten und Starthilfe in den Journalismus. Unser Anliegen: Berufseinsteiger verknüpfen und Qualitätsjournalismus fördern. In seinem über 30-jährigen Bestehen hat der NJB e.V. zahlreiche Partnerschaften aufgebaut, von denen die Mitglieder bis heute profitieren. In Seminaren lernen NJBler zum Beispiel Interviewführung, Datenjournalismus oder Videojournalismus. Recherchereisen und Infoabende gewähren den Jungjournalisten Einblick in die Medienwelt. Beim Tutoratsprojekt in Kooperation mit dem PresseClub München können sich Berufseinsteiger ein Jahr lang von einem Profi begleiten lassen. Ein weiterer Vorteil des NJB: Für 15 Euro erhalten Mitglieder einen Presseausweis.
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STUDIUM IN RUSSLAND: TROTZ ODER GERADE DESWEGEN
VON ANDREAS ROSSBACH
Krim-Annektion, Ukraine-Konflikt, Sanktionen aus dem Westen, Wirtschaftskrise: Auf den ersten Blick liegen die Gründe für ein Studium in Russland nicht klar auf der Hand – zu viel Konflikt und Krise. Warum es sich trotzdem lohnt, erzählt der Autor aus persönlicher Erfahrung. 11
„NJET“
mittendrin. Untereinander und mit den Professoren diskutieren meine Kommilitonen und ich über Themen wie die Krim-Annektion, den Ukraine-Konflikt und die Russland-Sanktionen.
, sagt die alte Frau mit Brille und grauen Haaren hinter dem großen braunen Schreibtisch aus Holz. Sie schaut dabei todernst. Jeglicher Widerstand scheint zwecklos zu sein. Sie schickt mich einfach wieder nach Hause, und das, obwohl ich über eine Stunde in der Warteschlange gewartet habe. Dabei hatte man mir in der Universität versichert, dass ich problemlos ein Semesterticket bekomme. Ich weiß bis heute nicht genau warum – vielleicht weil ich etwas vergessen habe, sie schlechte Laune hatte, ich keine Blumen und Pralinen mitgebracht habe oder einfach so. „Ein kluger Mann widerspricht seiner Frau nicht“, lernen wir im Filmklassiker Casablanca mit Humphrey Bogart und Ingrid Bergman. Bezogen auf St. Petersburg: Ein kluger Mann widerspricht einer alten Frau nicht. Ohne die „Babuschkas“, den Bürokratie-Dschungel und andere Mysterien, wäre Russland nicht Russland.
Meine Mitstudenten kommen unter anderem aus Russland, dem Iran, Südafrika, den Niederlanden, Frankreich, Italien und Amerika – beworben haben sich etwa 300 Leute aus über 80 Ländern. Nicht nur verschiedene Länder, sondern auch Kompetenzen, Fachwissen und Erfahrungen. Mal ist man sich einig, ein anderes Mal sind die Meinungen unterschiedlich. Und meistens sind die Diskussionen wirklich interessant. Man weiß nicht nur voneinander, sondern sitzt sich oft gegenüber und lernt etwas dazu. Ja, der Horizont erweitert sich, wenn man aus der Komfortzone ausbricht.
Govurju po-russki Wer Russisch spricht, ist klar im Vorteil. Zwar werden im Studiengang alle Vorlesungen und Seminare auf Englisch gehalten und die Sprache bereitet dabei keinem besonders große Schwierigkeiten, aber bei Weitem nicht jeder außerhalb des akademischen Dunstkreises spricht Englisch. Die beste Strategie, um ins Gespräch zu kommen und kyrillische Zeichen auf Schildern zu entziffern, ist die Sprache zu lernen – zumindest Basiskenntnisse sind empfehlenswert. Wer ganz ohne Sprachkenntnisse nach Russland reist,
Ich studiere in St. Petersburg und Berlin Globale Kommunikation und Internationalen Journalismus. Und das ausgerechnet in Zeiten, in denen der Austausch zwischen Russland und dem Westen schwierig ist und darüber diskutiert wird, ob sich ein neuer kalter Krieg anbahnt. Aber trotz oder gerade deswegen. Isolation bringt nichts, was wir brauchen, ist Dialog. Ein Semester zwischen Ukraine-Konflikt und Wirtschaftskrise. Weit weg und nicht direkt davon betroffen, aber irgendwie doch
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te. In Kneipen gibt es meistens eine große Auswahl an Biersorten. Craft Beer und Cider sind angesagt. Wem es schmeckt, kann sich also freuen. Geheimtipp: Tanzen zu elektronischer Musik bis in die Morgenstunden kann man im „Stackenschneider“. Namensgeber ist Andrei Iwanowitsch Stackenschneider, ein berühmter Architekt des 19. Jahrhunderts, zu dessen Bauwerken unter anderem das berühmte Marinsky Theater gehört. Ein Besuch ist Pflicht.
sollte sich zumindest in Russland darum bemühen. Die Universitäten bieten Intensiv-Russischkurse zur Vorbereitung an und zudem gibt es Sprachkurse während des Semesters. Darüber hinaus gibt es viele weitere Möglichkeiten: Sprachschulen und -Cafés oder ein Sprach-Tandem.
Was man unbedingt gemacht haben muss
Weniger Geld für DAADStipendien
Sightseeing als Mutprobe. Wer sich traut, kann die Dächer in St. Petersburg erklimmen und wird dafür mit einem atemberaubenden Blick belohnt. Die Dächer scheinen wie gemacht für einen gemütlichen Spaziergang. Denn anders als in Moskau stehen die Palais, Residenzen und Bürgerhäuser dicht an dicht und der Höhenunterschied zwischen den Dächern ist gering. Über Agenturen kann man einen Guide buchen. Oft sind das Studenten, die auch Englisch sprechen. Die Stadt, auch bekannt als „Venedig des Nordens“, ist für Kunst und Literatur bekannt. Zahlreiche Museum mit Werken aus allen wichtigen Zeitepochen. Weniger bekannt, aber sehenswert ist das „Streetart Museum“, ein permanentes Zuhause für vergängliche Kunst. Für Museen, Kunstgalerien und Theater gibt es unschlagbare Studentenrabat-
Ausländische Studierende haben in vielfacher Hinsicht eine positive Wirkung auf die aufnehmenden Hochschulen und die Gastländer. Die Mobilität ausländischer Studenten nützt Deutschland und Russland, das belegen Studien. Und trotzdem wird es den Doppel-Master der Freien Universität in Berlin und der Universität in St. Petersburg in dieser Form vorerst nicht mehr geben. Dieses Jahr beginnt der letzte Jahrgang des zweijährigen Studiums. Es gibt jedoch noch andere Möglichkeiten, zum Beispiel kann man ein Auslandssemester mithilfe des Erasmus-plus-Programms machen. Eine gute Zusammenfassung aller Fördernetzwerke hat das Goethe-Institut auf seiner Internetseite zusammengestellt.
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Übrigens: Am Ende gab es doch eine einfache Lösung für das Studententicket. In der Universität wurde mir ein hochoffizielles Dokument mit Unterschrift und Stempel ausgestellt. Darauf stand jedoch nichts, was nicht auch auf dem Studentenausweis stand, den ich beim ersten Mal vorgezeigt hatte. Und zwar, dass ich an der Universität in St. Petersburg eingeschrieben bin. Im zweiten Anlauf, gute zwei Wochen später, habe ich dann also doch noch ein Studententicket bekommen.
Andreas Rossbach berichtet aus Russland über Politik, Wirtschaft und Soziales. Er glaubt, dass wir mehr konstruktiven Journalismus brauchen. Gerne schreibt er Reportagen und Longreads und experimentiert mit neuen Erzählformen. Andreas twittert unter @edelgruen.
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Journafrica! Berichte aus afrikanischer Feder INTERVIEW MIT PHILIPP LEMMERICH VON LINDA JESSEN
Ein neuer Ansatz für Berichterstattung aus dem Ausland: Das Nachrichtenportal JournAfrica! bringt Journalismus aus Afrika in den deutschsprachigen Raum und arbeitet dafür mit Journalisten aus mehr als 50 Ländern zusammen. Ein Netzwerk aus afrikanischen Korrespondenten liefert Berichte, das Team von Journafrica bereitet sie für die Leser in Deutschland auf. Damit soll der Nachrichtenbedarf von unserem Nachbarkontinent besser abgedeckt werden. Ein Interview mit Gründer Philipp Lemmerich. 17
NJB: Wo bist du gerade unterwegs? Philipp Lemmerich: Ich bin in Johannesburg, weil wir hier einen Workshop organisiert haben. Aber nur für eine Woche, dann geht‘s weiter nach Nairobi zum Netzwerken. Du hast selbst früher aus Afrika berichtet. Was hat dich damals dorthin gezogen? Ich habe aus Westafrika berichtet – Burkina Faso, Ghana, Mali, Benin und viel aus Togo. Es war eigentlich reiner Zufall, dass ich dorthin gekommen bin. Ich hatte mich für mehrere Praktika beworben, auch in Südamerika, und bin dann eben in Togo gelandet. Dann kam aber irgendwann die Idee, die afrikanischen Journalisten selbst berichten zu lassen. Damals habe ich mich zum ersten Mal auf theoretischer Ebene mit Medienberichten aus Afrika befasst. Ich hatte das Gefühl, dass mit einzelnen Reportagen letztendlich nicht viel bewirkt werden kann, weil sie Probleme nur punktuell aufgreifen. Es ging also zum einen darum, kontinuierlicher zu berichten und zum anderen darum, etwas in der Struktur zu verändern.
Würdest du das trennen? Ja, schon. Viele Reporter haben ein sehr reflektiertes Bild von afrikanischen Ländern und würden gerne anders berichten – das ist aber meist nicht gewünscht. Da gibt es zum einen die festangestellten Korrespondenten, die auf Bestellung ihrer Redaktion Themen aufgreifen müssen. Und die Freien müssen eben ständig sehen, wo sie ihre Geschichten unterbringen und dann ist einfach das Interesse der Medien nicht gegeben.
Haben westliche Journalisten ein verzerrtes Bild von Afrika? Journalisten oder Medien?
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Aber auch die Journalisten haben doch eine andere Sichtweise als Außenstehende. Definitiv ist die Außenansicht eine andere. Sie ermöglicht meist einen besseren Blick auf langfristige Entwicklungen und die Reporter wissen auch besser, was sie dem Leser erklären müssen. Allerdings ist weder die Innen- noch die Außenperspektive allein das Wahre. Am besten wäre also die Arbeit in Teams? Ja. Am Anfang haben wir viele Texte eins zu eins übernommen. Inzwischen entwickeln wir die Berichte aber weiter, fügen Erklärungen und Informationen hinzu. Wir helfen dem Leser also, die Dinge einzuordnen. Am besten wäre es natürlich, vor Ort gemeinsam zu recherchieren. Habt ihr schon daran gedacht, deutsche und afrikanische Journalisten gezielt zusammenzubringen? Zurzeit machen wir es noch so, dass wir Kontakte herstellen, wenn jemand aus unserem erweiterten Bekanntenkreis in ein Land fährt. Wir haben auch schon über ein journalistisches Austauschprogramm nachgedacht, aber das ist auch immer eine Frage der Finanzierung. Es wäre natürlich gut, wenn in so einem Rahmen auch afrikanische Journalisten nach Deutschland kommen könnten.
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Wie unterscheidet sich denn die journalistische Arbeit in Afrika von der bei uns?
Zum Abschluss noch eine Anekdote? Einer unserer Journalisten kommt aus Malawi und er kratzt wirklich am Existenzminimum. Er lebt in einem Dorf ohne Internet und hat selbst keine Elektrizität. Seinen Laptop muss er immer bei einem Freund aufladen. Wir haben das lange Zeit gar nicht mitbekommen, weil er immer sehr zuverlässig auf E-Mails geantwortet hat. Bis er uns irgendwann erzählt hat, wie er immer mit dem Fahrrad und dem Laptop im Gepäck zehn Kilometer weit fährt, um einen Internetzugang zu haben. Das Bild, wie er dort radelt und schon wieder seinen Freund fragt, ob er den Laptop aufladen kann – das fand ich schon sehr schön.
Bei dem Workshop, den wir gerade hatten, waren 20 Journalisten aus acht Ländern, die Bandbreite war riesig. Da gab es High-End-Professionals von BBC und Bürgerreporter vom Land. Vor allem in Südafrika, Nigeria und Kenia gibt es erstklassige journalistische Strukturen. Die Unterschiede sind also sehr individuell. Wie sieht es in der täglichen Arbeit aus? Natürlich gibt es Länder, in denen die Szene weniger ausgebaut ist. In manchen gibt es mehr Repressionen oder fast keine Redefreiheit. In Simbabwe gibt es die Staatsmedien, die sind gleichgeschaltet. Und alles andere ist sehr schwierig, da sind dann eben die Reporter dahinter, die es aus reinem moralischen Antrieb machen. In Deutschland klagen die Journalisten vor allem über die schlechte Bezahlung. Wie sieht es in Afrika aus? Ich war überrascht, denn in Südafrika ist das Einkommensniveau oft höher als in Deutschland – das gilt besonders für die Freien. Es gibt natürlich auch Probleme, aber die Honorarsätze sind noch besser als bei uns. In anderen Ländern gibt es fast keine Einkommensstrukturen – eben in solchen wie Simbabwe.
Linda Jessen ist 25 und kommt als Münchner Lokalreporterin wenig in Kontakt mit Afrika – am ehesten noch im südlichen Bahnhofsviertel. Wenn alles klappt, geht‘s nächstes Jahr nach Namibia und Angola. Linda twittert unter @eineLinda.
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JOURNALISTEN UNTER DRUCK : DIE PRESSEFREIHEIT IN POLEN Interview mit Michał Kokot von Marco Runge
Seit November 2015 regiert in Polen die nationalkonservative Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) mit absoluter Mehrheit und baut den Staat im Eiltempo um. Parteichef Jaroslaw Kaczynski kündigte eine grundlegende „Reparatur des Staates“ an. Das Verfassungsgericht wurde entmachtet. Auf der jährlichen Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen rutschte Polen um 29 Plätze auf Rang 47 von 180 Staaten ab. Der Journalist Michał Kokot von der Gazeta Wyborcza, der zweitgrößten überregionalen Tageszeitung und wichtigstes Organ der Meinungsbildung in Polen, weiß davon zu berichten.
Die Regierung hat das Gesetz bereits kurz nach ihrer Amtsübernahme verabschiedet. Warum die Eile? Die PiS hat das damit begründet, dass kritische Berichterstattung über die Tätigkeit der neuen Regierung unterbunden werden müsse. Eine klare Beschneidung der Meinungs- und Pressefreiheit.
NJB: Michał, seit der Wahl im vergangenen Herbst sind in Polen nach Angaben der Journalistengewerkschaft „Towarzystwo Dziennikarskie” 146 Journalisten entlassen, zur Kündigung gezwungen oder degradiert worden.
Das stimmt, aber die PiS sieht das komischerweise total anders. Sie nennt das Pluralismus und behauptet, in den letzten acht Jahren, als die Bürgerplattform unter Donald Tusk regiert hat, habe das Fernsehen nur Propaganda-Nachrichten zugunsten der damaligen Regierung gebracht. In Wahrheit aber ist es genau umgekehrt.
Michał Kokot: Das stimmt, vor allem im öffentlichen Rundfunk. Viele freie Journalisten haben freiwillig gekündigt, aber eigentlich hatten sie keine andere Wahl und wurden dazu gezwungen. Sie könnten gar nicht arbeiten und bekämen kein Gehalt, weil ihre Aufträge mittlerweile nur noch an regierungskonforme Journalisten vergeben werden.
Seit der Wende wurden die öffentlich-rechtlichen Medien nicht grundlegend reformiert. Liegt darin das Problem? Das Problem ist, dass sie nie vollkommen unabhängig und objektiv waren und keine Partei ernste Absichten hatte, das zu ändern. Aber im Vergleich zu dem, was jetzt abläuft, waren sie sehr neutral und haben nichts manipuliert. Sie haben kein verdrehtes Bild von dem gezeigt, was in der politischen Welt abgelaufen ist. Unter der PiS aber ist das der Fall. Ich kann mich an diese Zeit nicht erinnern, weil ich zu jung bin. Aber die älteren Kollegen in meiner Redaktion erzählen mir, dass die Hauptnachrichten im ersten Fernsehkanal sie an Kommunismus-Zeiten erinnern.
Sind das die Auswirkungen des „Kleinen Mediengesetzes“ vom Dezember 2015? Ja, damit hat die Regierung faktisch den Rundfunkrat entmachtet. Seither ernennt der Schatzminister die Senderchefs des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und kann diese jederzeit wieder entlassen. Die Regierung hat das öffentlich-rechtliche Radio und Fernsehen total unterworfen, indem sie die Journalisten ersetzt hat, die früher dort gearbeitet haben. Was man dort zu hören bekommt, ist reine Regierungspropaganda. Das war das Ziel. 23
Ein „Großes Mediengesetz“ sollte ursprünglich am 1. Juli in Kraft treten. Damit sollten der öffentlich-rechtliche Rundfunk und die Nachrichtenagentur PAP in staatliche Institutionen umgewandelt werden. Jüngsten Äußerungen der Regierung zufolge wird es nun aufgespalten.
Problem auch ein finanzielles. Die Regierung hat uns, der „Gazeta Wyborcza“, alle staatlichen Anzeigen gestrichen – Anzeigen, die die Regierung verpflichtet ist, in den großen Tageszeitungen zu veröffentlichen. Stattdessen schaltet sie diese bei sehr kleinen, regierungsnahen Zeitungen, die ihre Propaganda verbreiten. Die Anzeigenerlöse sind dort um 300 Prozent gestiegen. Ein Beispiel ist die „Gazeta Polska“, die eine Auflage von nur etwa 19.000 Zeitungen hat. Das ist die Strafe dafür, dass wir so regierungskritisch sind. Wir sind der Feind und anscheinend wollen sie uns damit fertigmachen. Aber das wird ihnen nicht gelingen.
Die Regierung hat das Gesetz verschoben, weil sie nicht weiß, wie sie den öffentlich-rechtlichen Rundfunk finanzieren soll. Der ist in einer sehr schlechten finanziellen Verfassung. Ein Drittel der Bürger bezahlt seit langem keine Rundfunkgebühr und es gibt keine wirkliche Strafe dafür. Eine der Ideen ist, es wie in Griechenland zu machen und die Gebühren von jedem Bürger zusammen mit der Stromrechnung einzuziehen.
Wie wird sich das deiner Einschätzung nach weiterentwickeln?
Findest du das gut?
Ich bin sehr pessimistisch, weil ich mich seit vielen Jahren mit Ungarn beschäftige. Und ich sehe, dass viele Dinge, die dort seit 2010 unter Orbán funktionieren, in Polen eins zu eins übernommen werden. Und ich glaube, die Regierung wird alles tun, um auch die privaten Medien zu unterwerfen. Sie will jetzt auch Nichtregierungsorganisationen schaffen, die von der Regierung finanziert werden, was ja eigentlich ein Widerspruch ist. Und ich glaube, dass sie erfolgreich sein wird, denn die Europäische Union hat zurzeit andere Probleme und keine wirklichen Mittel, Druck auf die polnische Regierung auszuüben.
Nein, ich würde nur sehr ungern zusätzlich für die Propaganda zahlen, die da verbreitet wird. Ich hätte aber kein Problem damit, wären Fernsehen und Radio wirklich so objektiv wie in Großbritannien oder Deutschland. Ist auch die Arbeit der Zeitungsjournalisten unter der neuen Regierung schwieriger geworden? Auf jeden Fall! Ich arbeite im Auslandsressort, aber die Kollegen im Politik- oder Wirtschaftsbereich haben große Probleme, an Informationen ran zu kommen. Da werden Antworten verschleppt oder sogar verweigert. Außerdem ist das 24
Die EU-Kommission hat doch Mitte Januar ein Verfahren gegen Polen eingeleitet. Das stimmt, aber im Endeffekt wird es da keine Konsequenzen geben. Die einzige Möglichkeit ist, Polen die Stimme im Europäischen Rat zu entziehen. Aber das ist wie eine Atomwaffe, das haben sich die europäischen Staaten bisher nie getraut. Außerdem muss die Entscheidung einstimmig getroffen werden und Ungarn würde das nicht zulassen. Die einzige Ausnahme wäre vielleicht, Polen die EU-Gelder zu kürzen, aber das wäre auch nicht so leicht. Außerdem würde das noch Monate dauern, vielleicht Jahre. Auf kurze Zeit würde das die Regierung nicht davon abhalten, auch die anderen Bereiche der Gesellschaft und des Landes zu unterwerfen. Michał Kokot arbeitet als Redakteur bei der Gazeta Wyborcza in Wrocław und schreibt über Ostund Südeuropa u.a. für ZeitOnline.
Marco Runge hat Politikwissenschaft studiert und die Freie Journalistenschule absolviert. Er schreibt unter anderem für die juna, die Jugendnachrichten des Bayerischen Jugendrings. Beim NJB kümmert er sich um die Seminarplanung.
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USA ABSEITS VON URLAUB UND POPKULTUR
INTERVIEW MIT INGO ZAMPERONI VON ELISABETH KAGERMEIER
Seit Februar 2014 hat Ingo Zamperoni als ARD-Korrespondent aus den USA berichtet und sich um Themen aus der Bevölkerung und abseits des harten Politikbetriebs gekümmert. Schon als Student hat er einige Zeit in Boston gelebt, in den 90ern als Producer der ARD in Washington gearbeitet. Doch nun heißt es Abschied nehmen: Am 24. Oktober kommt Zamperoni als Moderator der Tagesthemen nach Deutschland zurück.
NJB: Herr Zamperoni, die Vereinigten Staaten ziehen sich wie ein roter Faden durch Ihr Leben. Was hat Sie ursprünglich für das Land begeistert? Die Faszination hat schon als Jugendlicher angefangen, weil ich im Schatten einer amerikanischen Soldatensiedlung in Wiesbaden aufgewachsen bin. Immer wenn ich mit dem Fahrrad durch die Nachbarschaft fuhr, war es wie eine Zeitreise in eine andere Welt: Vorgärten ohne Zäune und mit Garagenauffahrten, große Autos, Baseballfeld – wie man das aus amerikanischen Vororten kennt. In meiner Fantasie war es das Land, in dem Cowboys und Indianer lebten. Die Eindrücke zeigen, dass Sie ein sehr romantisiertes Bild von den USA hatten. Wie hat sich das geändert, als Sie dort selbst gelebt haben? Die verträumte Faszination hat sich in eine nüchterne, realistische und deswegen letztlich bessere Betrachtung gewandelt. Mir hat sich im Alltag vieles offenbart, was hier auch schlecht läuft: marode Infrastruktur, noch bürokratischere Behörden als in Deutschland, viele Obdachlose und arme Landbevölkerung, Waffengewalt und Rassismus. Da habe ich mich schon öfter gefragt: Und das soll eine Weltmacht im 21. Jahrhundert sein? Vor allem bei der Waffengewalt habe ich den Eindruck, dass sie mehr geworden ist – wahrscheinlich auch, weil sie durch Handyvideos sichtbarer wird. 27
Was haben die besonderen Einblicke als Korrespondent zu dem „neuen Bild” beigetragen?
>>Wir glauben, das Land zu kennen, aber es ist mehr eine Union einzelner Staaten.<<
In meinem Büro hängt eine Landkarte der USA, in der überall eine Pinnadel steckt, wohin ich in der Zeit als Korrespondent gereist bin. Wenn ich die anschaue, sehe ich eine Abdeckung, die einen Zugang zum Land ermöglicht, den man sonst nicht hat. Man kommt nicht nur mit den Prominenten in Berührung, sondern auch mit der Bevölkerung – von den Bewohnern auf Alaskas letzter Insel über Einwanderer an der Grenze zu Mexiko bis zu den Millionären in Florida. Da ergibt sich eine Summe aus Puzzleteilen und Facetten, die man als Urlauber oder aus der Popkultur gar nicht mitbekommt. Hier merkt man erst, wie unterschiedlich die einzelnen Staaten sind. In Deutschland ist das vielen nicht bewusst, ich nenne das immer eine „Vertrauensillusion“. Wir glauben, das Land zu kennen, aber es ist mehr eine Union einzelner Staaten – wie die EU, nur mit derselben Sprache. Sie haben sich in den letzten Jahren immer wieder Themen abseits des harten Politikbetriebs gesucht. Warum? Als Nummer drei im Studio und Feature-Korrespondent hatte ich den Luxus, mich viel um die längerfristigen Themen zu kümmern und unterwegs zu sein. Die Position ist genau deswegen wichtig, weil die USA mehr sind als Washington und die Küsten. Wir haben eine Verantwortung dem Land gegenüber, über das wir berichten, weil wir damit das Bild der Deutschen von den USA beeinflussen. Deswegen sollten wir auch Geschichten aus Kansas oder South Dakota machen, wo man nicht in den Urlaub hinfährt. Mir hat mal ein Kollege gesagt: Gute Geschichten gibt es überall – und mit den Worten schickte er mich dann nach Alaska, um sie zu suchen. Mir gefällt die Kombination: Man hat den Bezug zur aktuellen Weltpolitik in Washington und 28
>>Was bringt mir das? Sehen das meine Wähler?<<
gleichzeitig ein sehr großes Gebiet, über das man berichten kann. Trotz Bemühungen der Korrespondenten hat die Berichterstattung über Anschläge wie in Nizza oder Würzburg eine Diskussion losgetreten. Ist man noch „nah genug dran“ als öffentlich-rechtlichen Korrespondent? Bei den reinen News wie zum Beispiel bei einem Anschlag laufen die Bilder schon über einen Feed ein und die Geschichten werden oft schnell vom Schreibtisch aus erzählt. Ein Problem ist auch, dass wir hier nicht den Zugang zu Regierungskreisen wie die Kollegen in Berlin oder unsere amerikanischen Kollegen in Washington haben. Wenn wir für ein Interview anfragen, fragt sich ein amerikanischer Politiker erst einmal: Was bringt mir das? Sehen das meine Wähler? Die zu überzeugen, ist eine Herausforderung. Wofür das große Korrespondentennetz aber vor allem eine Mehrwert bietet, sind Hintergrundberichte, Reportagen und Einschätzungen. Abseits vom Groben zeigt sich dann, wie wichtig es ist, hier zu leben und das Land zu kennen. Was zum Beispiel von Stefan Niggemeier angekreidet wurde, waren mehr die Routinen des Nachrichtenfernsehens und die Wichtigkeit der professionellen, fernsehgerechten Verpackung. 29
Richard Gutjahr hat von Nizza aus Interviews einfach mit der Handykamera bestritten. Es hat sich auch bei der ARD einiges verändert: Jeder Korrespondent hat die Reporter-App auf dem Handy. Wenn hier etwas passiert, könnte ich das sofort in Hamburg bei der Tagesschau auf den Server streamen. Wir haben mittlerweile auch einen Rucksack, mit dessen Inhalt wir von überall, wo Handyempfang ist, eine Schalte machen können. Früher war man da an den Satelliten-Truck gebunden, jetzt können wir oft wesentlich näher ans Geschehen. Aus Ferguson habe ich eine Schalte mit dem iPad gemacht. Das einzige Problem war: Ein Kollege dachte, ich mache gerade ein Selfie, kam auf mich zu und rief „Hey, alles klar?“ mitten in der Liveübertragung zur Tagesschau. Diese technischen Möglichkeiten und schnelleren Übertragungswege erweitern unser Spektrum. Die Weiterentwicklung darf aber kein Selbstzweck werden, gute Qualität und Mehrwert spielen eine Rolle. Wenn die schnelle Aufnahme nur wackelt und man nichts versteht, bringt es auch nichts. Wann ist es Ihnen schwer gefallen, Eindrücke so für den Zuschauer zu Hause zu transportieren, dass der die Stimmung oder Vorgänge in den USA begreift? Wenn man ein Thema aufbereitet, ist es eigentlich egal, ob das ein Dorf in Texas oder die Rentierjagd in Finnland ist. Eine Geschichte ist für mich in erster Linie eine Geschichte. Und die muss man gut erzählen. Das hat erstmal wenig mit dem Land zu tun. Nun geht es wieder zurück nach Hamburg. Was werden Sie an den USA vermissen – und was garantiert nicht? Fehlen werden mir vor allem das Wetter und das viele Licht hier in Washington. Selbst im Herbst kann man abends noch lange draußen sitzen. Auch die Freundlichkeit und Aufgeschlossenheit der
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Amerikaner, die von uns Deutschen oft als oberflächlich abgetan wird, werde ich vermissen. Ich finde, das macht den Alltag oft viel angenehmer. Und dass ich Footballspiele nicht mehr tagsüber gucken kann, sondern nur noch nachts. Nicht fehlen werden mir die Schlaglöcher auf der Wisconsin Avenue, die ich jeden Tag mit dem Fahrrad runterbrettere auf dem Weg ins Studio, und dass man hier in mehr als der Hälfte der Staaten offen mit Waffen durch die Stadt laufen darf. Wie ist es für Sie, nun wieder auf die „andere Seite“ in den Tagesthemen zu wechseln – vom Korrespondenten zum Moderator? Die letzten drei Jahre war ich viel unterwegs, das hatte ich davor vermisst. Jetzt habe ich mich ausgetobt, konnte als Korrespondent „in the trenches“ stehen und mir die Füße dreckig machen. In Hamburg bei ARD aktuell sitzt man dafür wie eine Spinne im Netz und kann auf das ganze Korrespondentennetzwerk inner- und außerhalb von Deutschland zugreifen. Es hat sich viel getan, seit ich in die USA gegangen bin, Stichwort „Flüchtlingskrise“. Da gibt’s viele Themen, die ich spannend finde. Außerdem freue ich mich auf die Bundestagswahl, nachdem ich dieses Jahr schon den Wahlkampf in den USA behandelt habe.
Ingo Zamperoni hat Amerikanistik, Jura und Geschichte studiert. Er arbeitet als Fernsehmoderator und Journalist. Er twittert unter @Ingo_Zamperoni.
Elisabeth Kagermeier, 24, besucht zurzeit die Deutsche Journalistenschule und arbeitet als freie Journalistin. Die Faszination für die USA teilt sie mit Ingo Zamperoni. An der Erkundung auch abseits der Küsten arbeitet sie noch – bisher stecken auf ihrer Karte in elf der 50 Staaten Pinnadeln.
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BANGLADESCH: AUFGEBEN IST KEINE OPTION
VON THOMAS BERGER
In Deutschland gilt es als selbstverständlich, seine Meinung frei äußern zu dürfen. So steht es im Grundgesetz Artikel 5. In vielen anderen Ländern der Welt ist das jedoch nicht so. Der Blogger Ananya Azad aus Dhaka in Bangladesch bekam dies am eigenen Leibe zu spüren. 33
„Master in Business Administration“ anfing. Denn die Angst, von einem tödlichen Überfall überrascht zu werden, war viel zu groß. Aus dem Haus ging er nur noch mit Motorradhelm auf dem Kopf. Er hoffte, so unkenntlich zu bleiben.
„Ich
Ende Juni 2015 entschied die Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte dafür, Ananya Azad in die Hansestadt zu holen. Sie sicherten ihm zu, ein Jahr bei ihnen bleiben zu dürfen. Kürzlich feierte die Stiftung ihr 30-jähriges Bestehen. In dieser Zeit unterstützte sie über 150 Menschen, die wegen ihres Einsatzes für Demokratie und Menschenrechte verfolgt wurden.
gehöre nicht zu irgendeiner Religion. Ich sehe mich im Wesentlichen als antirassistischen Anarchist, feministisch, sozialistisch, Atheist und vor allem als Humanist“, sagt der 26-Jährige über sich. Er schreibt in Facebook über Religionskritik, Rechte von Frauen und Meinungsfreiheit. Aus diesem Grund erhielt Anaya Azad tausende Todesdrohungen und steht seit 2013 auf einer Todesliste islamistischer Extremisten in seiner Heimat Bangladesch.
Letztes Jahr ist er zusammen mit Johannes von Dohnanyi, Ehrenpräsident der Stiftung, nach München auf die Medientage geladen worden, um in einem Panel vor Publikum für Meinungsfreiheit einzutreten und über sein Land Bangladesch zu sprechen. Im persönlichen Gespräch sagte Azad, dass er nun gut auf seinen Helm verzichten könne. In Hamburg fühle er sich sicher. Er könne sich dort frei bewegen, wie jeder andere Mensch auch, solange er seinen Standort nicht preisgibt. Das sei wichtig, damit ihn keine extremistischen Islamisten aufspüren können, die ihn immer noch auf dem Schirm haben. Die freundlichen und hilfsbereiten Leute, die er bis jetzt in dieser Stadt kennenlernen durfte, schätze er besonders. Unter
Viele Menschen in seinem Umfeld mussten bereits sterben, weil sie ihre Meinung frei äußerten. So auch sein Vater Humayun Azad. Er wurde 2004 mit einer Machete attackiert, nachdem er Kritik gegen den Fundamentalismus äußerte. „Er hatte immer gesagt, er werde seine Meinung nicht ändern. Auch ich mache weiter!“, gab Ananya Azad selbstsicher zu verstehen. Und ja, er hörte nicht auf mit dem Schreiben. Bis heute nicht. Das ließ er sich von niemandem nehmen. Allerdings traf der Blogger ein paar Vorsichtsmaßnahmen. In seiner Heimat Bangladesch mied er öffentliche Plätze. Sogar die Uni, an der er seinen 34
Ohne Meinungsfreiheit ist eine Partizipation der Zivilgesellschaft an Entwicklungen, an politischen Bedingungen nicht denkbar. Bangladesch hingegen steht auf Platz 144, da deren Regierung angesichts schwerer Gewalttaten gegen Medienschaffende weitgehend tatenlos bleibt. „Stell dir einen Ort vor, an dem du jederzeit umgebracht werden kannst. Das ist die aktuelle Wirklichkeit als Blogger in Bangladesch“, sagt Ananya Azad. Nichtsdestotrotz hatte er vergangenen Februar einen Versuch gewagt, wieder zurück in seine Heimat zu kehren, weil er dort sein zweites Buch veröffentlichen wollte. Doch er scheiterte. Ob er jemals wieder versuchen wird, nach Bangladesch auszureisen? „Na, klar!“, sagt er. Fragt sich nur wann.
ihnen seien viele Schreiber, mit denen er sich austauschen konnte. Um zukünftig mehr von seinen Mitmenschen zu verstehen und bald wieder studieren zu können, hier in Deutschland, lernt er Deutsch. Er gebe sein Bestes, auch wenn es eine schwere Sprache ist, meint er. „Es steht, wenn man Reporter ohne Grenzen glaubt, um die Meinungsfreiheit weltweit eigentlich sehr schlecht! Ohne Meinungsfreiheit ist eine Partizipation der Zivilgesellschaft an Entwicklungen, an politischen Bedingungen nicht denkbar. Insofern, man kann sie gar nicht hoch genug einschätzen“, sagte Johannes von Dohnanyi bei den Medientagen. Deutschland liegt dieses Jahr auf Platz 16 der Meinungsfreiheit-Weltrangliste und verschlechterte sich damit im Vergleich zum Vorjahr um vier Plätze. Verantwortlich hierfür wurden vor allem Gewalt und Anfeindungen bis hin zu Todesdrohungen gegen Journalisten gemacht, die massiv zugenommen haben. Die meisten davon spielten sich bei Demonstrationen der Pegida-Bewegung und ihren Ablegern, bei Kundgebungen rechtsradikaler Gruppen oder bei Gegendemonstrationen ab.
Thomas Berger begeistert sich für die Charts weltweit, aber auch für Themen außerhalb des Mainstreams. Stets vorn mit dabei ist seine Heimat München. Die Stadt, in der er groß geworden ist und in die er sich immer wieder neu verliebt. Sie hat ihn unter anderem vor das Mikro beim Radio und zum NJB geführt.
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5 STIPENDIEN, DIE EUCH INS AUSLAND BEFÖRDERN von Ann-Kathrin Wetter
REISE- UND RECHERCHESTIPENDIEN DER KARL-GEROLD-STIFTUNG Veranstalter: Karl-Gerold-Stiftung
Dieses Reisestipendium richtet sich gezielt an Berufsanfänger. Bewerben können sich Volontäre und junge Journalistinnen mit abgeschlossenem Volontariat innerhalb der ersten drei Berufsjahre; außerdem freie Journalistinnen innerhalb der ersten fünf Jahre nach Abschluss ihrer Ausbildung. Gefördert werden Reiseaufenthalte im In- und Ausland. Die maximale Aufenthaltsdauer beträgt vier Wochen und die maximale Förderung 5.000 Euro für die Reisekosten. Für die Bewerbung muss ein formloses Exposé eingereicht werden, in dem der Reise- und Rechercheplan vorgestellt werden. Stichtag für den Eingang der Bewerbungen ist jeweils Ende Februar und Ende August. Informationen zur Bewerbung und dem Stipendium findet Ihr unter www.karl-gerold-stiftung.de/bewerbung_reisestipendium.html.
ARTHUR F. BURNS FELLOWSHIP, DEUTSCH-AMERIKANISCHES JOURNALISTENSTIPENDIUM Veranstalter: Internationale Journalisten-Programme
Ein Stipendium für junge Journalistinnen im Alter von 21 bis 37 Jahren. Jedes Jahr dürfen 20 Journalistinnen aus Deutschland, Kanada und den USA ins jeweils andere Land reisen. Mindestens zwei Monate arbeiten die Stipendiaten in einer Gastredaktion ihrer Wahl und können gleichzeitig als Korrespondentinnen für ihre Heimatmedien berichten. Das Stipendium umfasst eine einmalige Zahlung von 4.000 Euro. Darin enthalten sind die Kosten für den Flug, Verpflegung und Unterkunft im Gastland. Die Arbeit vor Ort wird nicht vergütet. Bewerbungsschluss für die nächste Runde: 1. Februar 2017. Falls es nicht Nordamerika sein soll: Ein Blick auf die Seite der Organisation lohnt sich auf jeden Fall. Denn im Programm ist noch mehr Spannendes zu finden. Die Organisation vergibt zahlreiche Stipendien unter anderem nach Südafrika, Nordeuropa, in die Asia-Pazifik Region, den Nahen Osten, nach Lateinamerika oder Osteuropa. Nähere Informationen zu den einzelnen Stipendienprogrammen, den Bewerbungsfristen und Voraussetzungen findet ihr online auf www.ijp.org.
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GRENZGÄNGER – EUROPA UND SEINE NACHBARN Veranstalter: Literarisches Colloquium Berlin & Robert-Bosch-Stiftung
MEDIENBOTSCHAFTER
Das Richtige für alle, die für eine Recher-
INDIEN – DEUTSCHLAND
che nach Mittel-, Ost- und Südeuropa
Veranstalter: International Media Center Hamburg (IMCH) & Robert-Bosch-Stiftung
oder Nordafrika aufbrechen wollen und eine deutschsprachige Veröffentlichung
Journalistinnen mit einigen Jahren
planen. Dabei sind die Resultate nicht
Berufserfahrung und sehr guten
auf klassische journalistische Stücke be-
Englischkenntnissen können sich als
schränkt, auch Genres von literarischer
Medienbotschafter für einen dreimonati-
und essayistischer Prosa, Fototextbän-
gen Aufenthalt in Indien bewerben. Das
den, Kinder- und Jugendbuchliteratur
Stipendium umfasst monatlich 1.350
über Drehbücher für Dokumentar- und
Euro, außerdem mit dem Programm
Spielfilme bis zu Hörfunkbeiträgen sind
verbundene Reisekosten, journalistische
denkbar. Abhängig von Rechercheauf-
Kurse, eine Hospitanz in einer indischen
wand und Dauer können pauschale
Nachrichtenredaktion und ein intensives
Stipendien von 2.000 bis 12.000 Euro be-
kulturelles Programm. Bewerbungs-
antragt werden. Bewerbungsschluss ist
schluss ist der 31. März 2017.
jedes Jahr am 31. März und 31. Oktober.
Weitere Informationen zu diesem
Weitere Informationen gibt es auf
Programm findet ihr unter
www.lcb.de/autoren/grenzgaenger.
www.medienbotschafter.com.
FRIEDRICH VOGEL-PREIS FÜR NACHWUCHSJOURNALISTINNEN Veranstalter: Friedrich-und-Isabel-Vogel-Stiftung
Wenn ihr eine Affinität zu Wirtschaftsthemen habt und jünger als 36 Jahre seid, könnt ihr euch bei der Friedrich-und-Isabel-Vogel-Stiftung um ein Reisestipendium bewerben. Die Fördersumme ist für einen jeweils zweiwöchigen Aufenthalt vorgesehen und beträgt 2.000 Euro. Das Stipendium soll jungen Journalistinnen die Möglichkeit geben, zwei Wochen im Ausland das Wirtschaftsgeschehen zu beobachten. Das Reiseziel kann dabei völlig frei gewählt werden. Für die Bewerbung braucht ihr bereits einen konkreten Rechercheplan. Bewerbungsschluss ist jeweils der 15. Juli eines Jahres. Weitere Informationen findet ihr unter www.vogelstiftung.de/preise.
Ann-Kathrin Wetter ist Volontärin beim Bayerischen Rundfunk. Stipendien findet sie prima. Sie twittert unter @AK_Wetter.
Rechtes Erwachen: Was der „Trump Effect“ für den Journalismus bedeutet
von Elisabeth Kagermeier
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Donald Trump macht Rassismus und Islamfeindlichkeit in den USA salonfähig. Was das für die Minderheiten im Land bedeutet, bekommen auch Journalisten aus deren Reihen zu spüren.
S
challend tönen „Bau die Mauer!“-Rufe durch die Sporthalle der Andrean Highschool im US-Bundesstaat Indiana. An diesem Tag im Februar 2016 tritt das heimische Basketballteam gegen die Bishop Nolls aus dem Nachbarort an. Statt Fanartikeln der eigenen Mannschaft halten einige Studenten Plakate mit Bildern von Donald Trump in die Höhe. Hier wird mit politischen Mitteln angefeuert: Das gegnerische Team der Bishop Noll besteht größtenteils aus Latinos.
einen Widerhall im ganzen Land aus. Der Hass richtet sich hierbei nicht nur gegen Trumps Lieblingsopfer, die Muslime, sondern sämtliche Minderheiten. Ob „braun, gelb oder schwarz“ – Trump-Anhänger scheren viele Ethnien über einen Kamm, glaubt auch Sunni Khalid, kalifornischer Journalist und Muslim. Die Zahl der Hispanics, Asiaten und Schwarzen im Land steigt, während der Anteil der weißen Bevölkerung schrumpft. Etwa 61 Prozent der Amerikaner waren im Juli 2015 laut dem Volkszählungsbüro der amerikanischen Regierung weiß. Fünf Jahre zuvor waren es noch 63.
Ortswechsel, Bundesstaat Virginia. Zwei Drittklässler drohen im März einem Klassenkameraden, dass er als Einwanderer abgeschoben wird, sobald Trump Präsident ist. Beide Schulen bestätigten die Vorfälle. Der Hass der Wahlkampagne wird nachgeahmt – von Kindern wie Erwachsenen. Lee Ivory, amerikanischer Journalist und ehemaliges Vorstandsmitglied der National Association of Black Journalists, bezeichnet diese Ausbrüche von Diskriminierung als den „Trump Effect“. Trumps rassistische und islamfeindliche Rhetorik löse
Ob „braun, gelb oder schwarz“ „Das ist beunruhigend für Menschen, die Amerika lange für ein weißes, christliches Land gehalten haben“, glaubt Khalid. Viele fühlten sich vor allem von Zuwanderern mit höherer Bildung bedroht, die ihre 42
Halt und erschweren ihre Arbeit. Tina Vasquez, hispanische Reporterin aus L.A., schreibt im The Guardian von mehreren Anfeindungen auf offener Straße. So wurde sie beispielsweise beschuldigt, illegal im Land zu sein.
Chancen verschlechtern könnten – sie dienen oft als Sündenböcke für das Abrutschen der amerikanischen Mittelschicht. Khalid kritisiert, dass Donald Trump genau damit Stimmung macht. Trumps Populismus bietet mit Mauern und Einreiseverboten vermeintlich einfache Lösungen in einer komplexen, globalisierten Welt. Und das erfordere eben auch Feindbilder. Ein Großteil von Trumps Anhängern ist selbst weiß, kleinere Bewegungen wie „Latinos for Trump“ werden selbst im Land spöttisch belächelt.
Noch wesentlich härtere Beispiele hat Sunni Khalid parat. Der Afroamerikaner, der 1978 zum Islam konvertierte, berichtet, nach seinem Vorstellungsgespräch beim TIME Magazine habe die Chefin der Verwaltungsabteilung gesagt: „He’s a Muslim. Aren’t those people dangerous?“ Bei National Public Radio (NPR) ist seine Vorgesetzte laut Khalid davon ausgegangen, dass er im Gefängnis war. Der Grund: Er ist Schwarzer und Muslim – sie schloss daraus, Khalid muss hinter Gittern konvertiert sein. Tatsächlich gibt es immer wieder einzelne Fälle von Insassen, die dem Islam beitreten – eine Regel kann man daraus aber eindeutig nicht ableiten. Die besagte Chefin hat aufgrund ihrer Vorurteile eine Hintergrundprüfung zu ihm eingeleitet, berichtet Khalid. „Das hat meine Persönlichkeitsrechte verletzt“, sagt er.
„If black lives matter, then go back to Africa. We’ll see how much they matter there.“ – Donald Trump
Einige Medien stützen Trumps Rassismuswelle zusätzlich, glaubt Ivory. Auf dem Nachrichtensender CNN äußerte der Mitarbeiter Harry Houck beispielsweise im Juli, dass Schwarze allgemein einen Hang zur Kriminalität hätten. Dem Sender wird während des aktuellen Wahlkampfs immer wieder vorgeworfen, pro Trump zu berichten. Ivory und Khalid sind sich einig: Der wachsende Alltagsrassismus und die Islamfeindlichkeit machen auch vor Journalisten keinen 43
„Donald J. Trump is calling for a total and complete shutdown of Muslims entering the United States.“ – Donald Trump
Land seit den 50ern nicht gesehen hat”, berichtet Ivory. Die Journalisten glauben, dass der Hass seit den letzten großen Rassenkonflikten nie verschwunden ist. „Er war unterdrückt, blieb unter der Oberfläche“, sagt Khalid. „Aber Trump hat einen neuen Normalwert etabliert, wie exzessiv Rassismus ausgedrückt wird.“ Der republikanische Präsidentschaftskandidat macht Rassismus also wieder gesellschaftsfähig. Das ermutigt viele Menschen, ihre Vorurteile nun offen zu äußern – die Stimmung schaukelt sich hoch.
Viele Zugänge seien ihm als Muslim verweigert worden. So habe ein Mentor ihm verraten, er hätte mehr und früher Aufstiegschancen bekommen, wenn er keinen muslimischen Namen hätte. Der Kollege legte ihm nahe, sich wieder Karl Lee zu nennen, Khalids Geburtsname. Tatsächlich beobachtet Khalid, dass sowohl weiße als auch schwarze Amerikaner aufgrund seines Namens schnell misstrauisch werden – spätestens seit 9/11. Der 57-Jährige ist sich allerdings sicher, dass solche Fälle von Diskriminierungen gegenüber Journalisten durch das Schüren der Angst von Trump nun noch häufiger werden.
„When Mexico sends its people, they’re not sending the best. They bring crime. They’re rapists.”
Er tauscht sich mit anderen Muslimen aus der Branche aus, sie sprechen davon, dass sich die Atmosphäre im Land verändert, die Gesellschaft auseinander driftet. “Trumps Wahl zum offiziellen Präsidentschaftskandidaten hat einen Hass gegen sämtliche Minderheiten entzündet, wie ihn das
– Donald Trump
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„Trump hat persönlich eine Zielscheibe an den Rücken der schwarzen und braunen Bevölkerung angebracht“, wirft Ivory dem republikanischen Kandidaten vor. Das Problem liegt laut Khalid darin, dass die USA nie der „Schmelztiegel“ gewesen sind, als der sie oft bezeichnet werden. „Amerika bestand immer aus verschiedenen Zutaten, die sich selbst erhalten – sie verschmelzen nicht komplett. Es war immer ein Eintopf, keine Suppe.“ Durch mangelndes Vermischen sei Unwissen über andere Kulturkreise nach wie vor ein großes Problem der Vereinigten Staaten. „Sie wissen zu wenig über uns. Wer keinen Kontakt zu Muslimen hat, ist misstrauisch“, sagt er. Hinzu käme eine große Portion Ignoranz und der Unwille, etwas daran zu ändern. Wer an der Ignoranz festhält, macht es sich einfach und muss sich nicht mit komplexeren Problemen befassen. Diese Haltung beobachtet er besonders gegenüber dem Islam auch im Journalismus immer wieder – ob bei Vorgesetzten oder Kollegen. Dabei könnten muslimische Journalisten beispielsweise über Gewaltausschreitungen gegen muslimische Gemeinschaf-
ten mit größerer Sensibilität berichten oder einen besseren Zugang zu den Betroffenen finden. Die Chance, über „Insider-Berichte“ in den Medien auch der breiten Gesellschaft Probleme und Gefühle der Muslime nahezubringen, werde zu selten genutzt. „Um Vorurteile abzubauen, sind muslimische Journalisten aber ein wichtiger Teil der Gesellschaft“, so Khalid. Einen Abbau von Vorurteilen könnte man sich unter einem Präsidenten Trump abschminken. Anzeichen dafür, was dessen Wahl für den Journalismus bedeutet, sieht Lee Ivory bereits im jetzigen Umgang des Kandidaten mit der Presse. Reporter, mit denen Trump nicht einer Meinung ist, lässt er regelmäßig von seinen 45
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Wahlkampfveranstaltungen entfernen. Mehreren Medien, unter anderem der Washington Post, hat er Presseakkreditierungen entzogen und Klagen angedroht. Sunni Khalid überlegt bereits auszuwandern, sollte Trump im November zum Präsidenten gewählt werden – vielleicht zu Freunden nach Namibia oder nach Europa. Nicht, weil er befürchtet, Trump könnte seine Versprechungen umsetzen und tatsächlich Muslime an der Einreise hindern oder eine Mauer zu Mexiko bauen. Diese Aussagen nimmt er nicht ernst. Sorge macht ihm, dass Hass gegen Minderheiten weiter legitimiert wird. Er befürchtet mehr Gewaltausbrüche und Diskriminierungen. Mehr Rassismus am Arbeitsplatz oder schlechtere Jobperspektiven als muslimischer Journalist – dem will Khalid sich nicht aussetzen. Nur durch seine Worte hat Trump also schon viel angerichtet. Eigene Taten braucht er gar nicht mehr folgen lassen.
Lee Ivory, 57, ist ein ehemaliger Redakteur und Herausgeber bei der nationalen Tageszeitung USA TODAY sowie Vorstandsmitglied der National Association of Black Journalists. Er arbeitet als Journalismus-Dozent auf Universitätslevel in Washington, D.C., und schreibt weiterhin Meinungsartikel. Aufgewachsen ist er im Südstaat Arkansas.
Sunni Khalid, 57, lebt in Alameda in Kalifornien. Nach Stationen bei NPR, Voice of America und mehreren Lokalmedien in Baltimore arbeitet er heute als Radiojournalist bei einem Sender aus San Francisco. Ursprünglich kommt er aus Michigan.
Elisabeth Kagermeier, 24, besucht zurzeit die Deutsche Journalistenschule und arbeitet als freie Journalistin. Seit sie einige Zeit in den Vereinigten Staaten gelebt hat, sind USA-Themen ihr Steckenpferd. Ihre dortige Lieblingsstadt Washington, D.C., würde auch sie die nächsten vier Jahre nur ungern mit Donald Trump teilen.
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IM LAND DER GROSSEN FIREWALL
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von Natalie Mayroth Drei Monate China, drei Monate in einem Land, das nach seiner Tradition sucht, die nach der Kulturrevolution scheinbar verloren gegangen ist â&#x20AC;&#x201C; von einem Jobshadowing beim Staatsradio, Raven in Chengdu und Hutong-Kunst in Peking. Ein Erfahrungsbericht vom Medienbotschafter China-Stipendium. 49
Wie
Kultur gibt es, sobald Menschen ihr Handeln reflektieren. Das beginnt schon mit der Sprache – doch in den Jahren 1966 bis 1976 unter Mao Zedongs „Kulturrevolution“ wurde Religion unterdrückt, Professoren wurden beseitigt und Kulturdenkmäler zerstört. Die große Suche nach der chinesischen Identität ist bis heute nicht zu Ende. Auch wenn die Denkmäler wieder aufgebaut wurden. Die Kulturindustrie ist jung, denn erst seit der Öffnung in den 1970ern entstanden nicht nur private Unternehmen, sondern auch die Museen – Strukturen, die nicht so eingestaubt sind, wie es in Europa scheint, wo man auf eine Tradition blickt, die ab dem 16. Jahrhundert als Wunder- oder Kunstkammern dokumentiert ist.
tanzen, leben und denken junge Menschen in China? Zum Teil nicht viel anders als in Berlin oder München. Und das ist nur eine Erfahrung, die ich als Medienbotschafterin gemacht habe. Das mediale Bild von China, das ich bisher aus der deutschen Presse kannte, hat sich oft auf Wirtschaft und Politik versteift – Handelsbeziehungen, Besitzansprüche im südchinesischen Meer oder von „Chinas Appetit auf deutsche Firmen“ ist die Rede – doch über Subkultur, Musik und Kunst liest man außer über Ai Weiwei nicht allzu oft. Was sehr schade ist, denn es passiert viel in der Jugendkultur und Kunstszene Chinas. Zwischen freien Kunsträumen wie in Caochangdi oder dem Hutong-Projektraum i:project space, die entstehen, habe ich auf der anderen Seite den Pragmatismus von einer Generation gespürt, die sich nach Sicherheit sehnt und sich weitgehend aus politischen Fragen heraushält. Während meiner Zeit als Mitarbeiterin beim Staatsradio ist mir besonders der Unterschied zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland und in China klar geworden: Leider war es meinen Kollegen dort nicht möglich, so frei zu berichten, wie es in Deutschland der Fall ist. Vieles wurde aus dem Chinesischen oder Englischen übersetzt – als Sprachrohr der Regierung neben Meldungen um den Staatspräsident Xi Jinping oder Chinas wirtschaftlichen Bestrebungen garniert mit chinesischer Kultur.
Auch das Internet funktioniert in China anders. Wie sich die große Firewall Austricksen lässt, wie das Internetzensur-Programm, das Anfang der 2000er gestartet wurde, auch genannt wird, lernt man schnell – wenn man nicht auf Google, Facebook, Twitter oder Instagram verzichten möchte. Dabei helfen virtuelle private Netzwerke (VPN), die vortäuschen, man befinde sich nicht in China, sondern beispielsweise in Toronto oder Tokio. Ebenso nützlich sind die englischchinesische Übersetzungs-App Pleco und der Alleskönner-Messenger WeChat, der essentiell für die Kommunikation ist.
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Kultur gibt es, sobald Menschen ihr Handeln reflektieren.
Ganz ins kalte Wasser wurden wir als Medienbotschafter nicht geschmissen: Durch die Seminare an der Tsinghua-Universität hatten wir von Beginn eine Einführung ins Medien- und Politiksystem – ein nützliches Hintergrundwissen und durch Alumnitreffen ein Netzwerk, das man gut brauchen kann, wenn es um komplexere Recherchen geht. Besonders der Austausch mit den deutschen China-Korrespondenten Felix Lee, Johnny Erling und Axel Dorloff in Peking und ihren Shanghaier Kollegen Lea Deuber und Steffen Wurzel haben einen anderen Zugang zu Land und Leuten vermittelt.
Doch selbst eine Firewall kann die Vernetzung nicht aufhalten. Und Off- wie Online-Zensur schlägt sich in Kreativität um: Ich war bei einer Pop-Oper, die statt in einem Theater in einer Galerie stattfand. Ich habe mit jungen Frauen gesprochen, die ihr eigenes Musiklabel gegründet haben und ein Musikfestival initiierten. Sprachforscherinnen haben mich in ihr Wissen über die Frauenschrift „Nushu“ eingeweiht, einem Schriftsystem, das aus der Not heraus im 17. Jahrhundert entstanden ist. Frank Yang, Rapper und Promoter, hat mir Einblicke in die Pekinger Clubszene gewährt. Ich habe die Hutong-Projekträume in der Pekinger Oststadt für mich entdeckt und bin durch die Kunstviertel, die außerhalb der Innenstadt liegen, spaziert. Auch sind mir Stereotypen wie die „übrig geblieben Frauen“ begegnet – von denen sich viele selbst nicht so sehen, nur weil sie dem chinesischen Gesellschaftsbild, mit Ende zwanzig verheiratet und Mutter zu sein, nicht entsprechen wollen. Und ich habe Journalistinnen kennengelernt, die es verstanden haben, brisante Veröffentlichung so geschickt zu timen, dass sie durch das Zensurraster fallen.
Ich habe China nicht nur als das Land der übermäßigen Stahlproduktion in Erinnerung, es ist auch das Land, in dem Menschen (manchmal auch im Pyjama) auf den Straßen tanzen, von alt bis jung jeder ein Smartphone nutzt und neue Technologien herzlich begrüßt werden. Ein Land, das aufbricht und hungrig ist. In dem junge Menschen zum Teil gar nicht so viel anders tanzen, leben und denken wie wir.
Natalie Mayroth hat Kulturwissenschaften und Iranistik studiert und arbeitet als freie Journalistin in Berlin. Den Sommer über hat sie in China nach Geschichten gesucht. Ermöglicht hat ihr das die Robert-Bosch-Stiftung. Natalie twittert unter @netizenmay.
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PRESSEFREIHEIT IN DER TÃ&#x153;RKEI: DIE HOFFNUNG LIEGT IM INTERNET
INTERVIEW MIT KEREM SCHAMBERGER VON PHILIPP KREITER 54
Kerem Schamberger (30) engagiert sich seit Jahren für die Rechte von marginalisierten Minderheiten in der Türkei. Obwohl Kerems Familie selbst Türken sind, sagt er, dass er
die Türkei erst als wirkliche Demokratie ansieht, wenn alle Ethnien, die in dem Land leben, dieselben Rechte haben. Sein Augenmerk gilt dabei insbesondere der kurdischen Minderheit in der Türkei. 55
Reporter ohne Grenzen listet die Türkei weltweit auf Platz 151, was die Pressefreiheit betrifft, zwischen Tadschikistan und der Demokratischen Republik Kongo. Wie ist die sich stetig verschlechternde Entwicklung der letzten Jahre einzuordnen?
kritisch über die Regierung berichtet – und dafür sofort die Quittung bekommen. Bedeutet das, dass die türkische Presse vor diesen Protesten weniger kritisch über die Regierung berichtet hat als danach?
Es gibt eine tendenzielle Kurve nach unten. Man kann das an einer Zahl festmachen, denn es gibt in der Türkei momentan mindestens 115 inhaftierte Journalisten. Diese Zahl ist so hoch wie in keinem anderen Land der Welt, sowohl im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung als auch absolut. Diese Zahlen sind insbesondere nach dem gescheiterten Putschversuch im Juli in die Höhe geschnellt. Dabei sind besonders viele Journalisten festgenommen worden, die echte oder angebliche Kontakte zur sogenannten Gülen-Bewegung haben. Es hat aber auch kritische und kurdische Journalisten getroffen.
Momentan ist meiner Ansicht nach die Hochphase des unkritischen Journalismus. Das liegt aber hauptsächlich daran, dass kritische Presse immer mehr unterdrückt wird. Und gleichzeitig hat sich die AKP einen sogenannten Medienpool geschaffen, der aus absolut regierungstreuen Medienorganen besteht und die Presselandschaft in der Türkei dominiert. Dieser Pool macht mittlerweile knapp 90 Prozent aller Medien aus. Was geschah mit den anderen Medien des Landes, die nicht Teil des Pools sind? Der Großteil der unabhängigen Presse ist mittlerweile geschlossen worden. Besonders erwähnenswert ist dabei die Schließung der Zeitung Zaman, die bis dahin die auflagenstärkste in der Türkei war. Auch die türkisch-kurdische Tageszeitung Özgür Gündem wurde erst vor wenigen Wochen verboten, aufgrund angeblicher PKK-Propaganda. Dazu sitzen viele Journalisten in Haft oder mussten ins Ausland fliehen. Ein Beispiel ist die bekannte Schriftstellerin Aslɩ Erdoğan, die seit der Schließung von Özgür Gündem in Haft sitzt.
Ab welchem Punkt begann die Regierungspartei, die “Partei für Gerechtigkeit und Ordnung” (AKP), systematisch gegen eine unabhängige Presse vorzugehen? Ein wichtiger Zeitpunkt war, als das erste Mal massiver gesellschaftlicher Protest gegen die Erdogan-Regierung aufgeflammt ist. Konkret geht es um die sogenannten Gezi-Proteste 2013, als zehntausende Bürger gegen die Regierung auf die Straße gingen. Gleichzeitig dazu haben auch immer mehr Journalisten 56
Immer wenn es in Deutschland massive Konflikte zwischen Medien und Politik gab, stellten sich die Medien meist hintereinander, etwa in der SPIEGEL-Affäre oder im Fall Netzpolitik. Gibt es keinen Widerstand von anderen Medien, wenn eine Zeitung geschlossen wird oder Journalisten inhaftiert werden?
Sie hatte am Anfang nur nicht genug Macht, um ihre Ideen umzusetzen. Diese Macht hat sie jetzt konsolidiert und dann ihr wahres Gesicht gezeigt. Diese Erzählung vom Paulus zum Saulus finde ich falsch. Die einzige Institution, die die Möglichkeit gehabt hätte, Erdogan zu stoppen, wäre die Dogan-Gruppe gewesen. Doch als Erdogan an die Macht kam, präsentierte er ihr erst mal eine Steuerrechnung über mehrere Milliarden türkischer Lira – da war der Widerstand ganz schnell dahin. Und jetzt als Erdogan sich nach dem Putsch im Fernsehen meldete, geschah das beim Sender CNN Türk, der auch zur Dogan-Gruppe gehört. Man kann dies als endgültiges Zeichen der Versöhnung zwischen ihm und der Dogan-Gruppe sehen.
Im Gegenteil – insbesondere die Erdogan-treuen Medien propagieren eine solche Schließung aktiv. Kritische, linke oder kurdische Journalisten werden regelmäßig als Volksverräter oder gar Schlimmeres bezeichnet. Es ist unglaublich, was in manchen Leitartikeln gefordert wird, wer sich da alles Journalist nennt. Ein Beispiel: Als Journalistinnen Polizisten vorwarfen, sie hätten sie in der Haft sexuell belästigt, schrieb ein einflussreicher Journalist, dass sich die Journalistinnen schämen sollten anzunehmen, sie seien so attraktiv, dass ein türkischer Polizeibeamter sie belästigen wollte.
Welche Rolle spielt das Ausland im Hinblick auf die Pressefreiheit in der Türkei? Meiner Ansicht nach haben nur die westlichen Regierungen die Macht, dort etwas substanziell zu verändern. Aber spätestens seit Beginn der Flüchtlingskrise ist die Türkei als strategischer Partner zu wichtig, da wird in anderen Bereichen gerne mal ein Auge zugedrückt.
Gab es während der Schaffung des Medienimperiums der AKP-Regierung keinen Widerstand von Seiten der etablierten Medien? Oder gingen diese auch davon aus, dass mit Erdogan ein liberaler Führer an die Macht gekommen war? Die Einschätzung, dass die AKP ursprünglich eine liberale Partei war, ist meiner Ansicht nach falsch. Ich glaube, dass sie schon immer islamisch/islamistisch autokratisch war.
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Aber auch schon vor der Flüchtlingskrise hielten sich westliche Regierungen auffallend zurück, was die Türkei betrifft, etwa im Hinblick auf die Gezi-Proteste. Woran liegt das?
Aber auch hier gilt: Der türkische Staat ist allgegenwärtig. Etwa wenn in sozialen Medien kurdische Accounts mit mehreren zehntausend Followern einfach verschwinden – hier liegt wohl eine unrühmliche Zusammenarbeit von Facebook und Twitter mit den türkischen Behörden vor. Beweisen lässt sich natürlich nichts, aber auffällige Zusammenhänge gibt es schon. Beide Netzwerke waren schon häufiger in der Türkei gesperrt, klar, dass sie dann lieber ein paar unliebsame Konten sperren, als ihre Dienste gar nicht anbieten zu dürfen. Und generell gilt wohl, dass die Pressefreiheit nur durch massiven Druck aus dem Ausland besser wird, besonders die Bundesregierung sehe ich hier in der Pflicht. Die aktuelle Situation macht mir aber wenig Hoffnung.
Die Türkei ist NATO-Mitglied. Und das ist ja nicht nur ein Militärbündnis, sondern wird gerne als Wertegemeinschaft dargestellt. Dies würde komplett konterkariert werden, wenn ein Mitglied Missstände in einem anderen Mitgliedstaat anprangern würde. Deshalb kam auch schon vorher nichts. Sie malen ein ziemlich düsteres Bild von der Zukunft der türkischen Presse, gibt es denn keine Aussicht auf Besserung? Wenn es irgendwo Hoffnung gibt, dann liegt diese wohl im Internet. Dort gibt es noch einige unabhängige Medien, auch weil einige Zeitungen ins Internet wechseln mussten.
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Kerem Schamberger studiert Kommunikationswissenschaften in MĂźnchen. Er twittert unter @KeremSchamberg.
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Philipp Kreiter studiert Politikwissenschaften und schreibt im Lokalteil der SĂźddeutschen Zeitung. Philipp twittert unter @philkreiter.
ICH HABE NIE AUFGEHÃ&#x2013;RT, JOURNALISTIN ZU SEIN
VON PATRICIA NOBOA
UM JOURNALISTIN ZU WERDEN, MUSS MAN NICHT UMSONST ARBEITEN. EIN ERFAHRUNGSBERICHT UNSERER AUTORIN PATRICIA NOBOA, DIE IN ECUADOR MIT DEM JOURNALISMUS ANFING.
Zu
Recht wird Journalismus viel mehr als eine Lebensweise als ein Beruf betrachtet. Es ist die Verantwortung, verschiedene Geschichten in der Welt zu verbreiten, und die Möglichkeit, unterschiedlichen Realitäten näher zu kommen. Während des Studiums lernt man, wie man sich besser ausdrücken kann oder wie man technische Prozesse für das Publikum vereinfacht; aber nur durch den Kontakt mit den Leuten im Verlauf des alltäglichen Abenteuers lernt man, menschlicher zu sein – diese Art von Empathie, um sich an unterschiedliche Kontexte anzupassen und die Leute zu verstehen. Nein, nicht nur zu verstehen, sondern auch aus ihrer Sicht die Welt zu sehen und zu fühlen. Als Journalistin in Ecuador zu arbeiten ist nicht einfach, gerade in dieser Zeit, wo die Entwicklung der politischen Situation nicht vorhersehbar ist. Ich habe mit 20 Jahren, 2010, als Praktikantin für Investigativjournalismus beim Fernsehen angefangen. Damals dachten die Leute noch, dass man umsonst arbeiten müsse oder wie in meiner Heimat gesagt wird „pagar piso“ – die härteste Arbeit übernehmen und ein bisschen leiden, um sich seine Position in den Medien zu verdienen. Gott sei Dank habe ich diese Aussage in den letzten Jahren immer seltener gehört. Seit 2013 haben wir in Ecuador ein neues Kommunikationsgesetz, das erste in Wirklichkeit, wenn man ehrlich ist. Trotz vieler Beeinträchtigungen und aller Kontroversen darüber, wie es angewendet wird, werden heutzutage alle Journalisten für ihre Arbeit mit mindestens 854,26 US-Dollar monatlich entlohnt. Einen Job in den 61
JOURNALISMUS IST DIE VERANTWORTUNG, VERSCHIEDENE GESCHICHTEN IN DER WELT ZU VERBREITEN, UND DIE MÖGLICHKEIT, UNTERSCHIEDLICHEN REALITÄTEN NÄHER ZU KOMMEN. Medien zu finden ist immer schwieriger, und viele Absolventen müssen in anderen Branchen suchen, die nicht viel mit Journalismus zu tun haben; meistens handelt es sich um Unternehmenskommunikation und PR. Nach meinem Praktikum, wo ich tatsächlich sehr viel gelernt habe, arbeitete ich für den öffentlichen Fernsehsender Ecuadors als TV-Produzentin für ein Jugendmagazin. Die Chance, junge Talente in den Schulen und Universitäten aus dem ganzen Land jeden Tag zu entdecken, sie in Szene zu setzen und den Massen präsentieren zu dürfen, hat mich sehr glücklich gemacht. Dagegen sprach, dass die Sendung in einer Co-Produktion entstand, durch eine Firma und den Fernsehsender, und die Verträge sehr kurzfristig waren. Von daher gab es kaum Stabilität für die Mitarbeiter. Diese Situation wiederholt sich immer wieder in Ecuador – nicht nur im Journalismus, sondern auch auf dem ganzen Arbeitsmarkt. Zuletzt habe ich als Journalistin für das Radio auch einige Erfahrungen sammeln können, als Nachrichtenproduzentin und Moderatorin bei einem Lokalradio in der Hauptstadt Quito. Oft musste ich über schwere Ereignisse berichten, aber immer einen Kompromiss schließen zugunsten der Förderung der Meinungsfreiheit als Grundlage der Demokratie. Der Weg ist sehr aufwendig, jeden Tag stand ich um 4 Uhr morgens auf, um Nachrichten zu lesen und die erste Sendung für 6 Uhr vorzubereiten. Von 7 bis 9 Uhr war ich vor dem Mikrofon und hatte auch die Chance, direkt mit unseren Hörern zu sprechen. Jeden Morgen ein neues Abenteuer voller Emotionen; meine Arbeitstage endeten immer um 21 Uhr abends. Nach zwei Jahren meines Masterstudiums in Deutschland sehe ich die Medien als eine größere Macht, die ganz stark die öffentliche Meinung beeinflussen kann. Als Plattformen, wo sich heutzutage jeder einen Raum zur Meinungsäußerung 62
suchen kann – und das ist, klar, immer ein Vorteil. Die Verantwortung ist nur für uns Journalisten größer, die Debatte gerecht zu führen, alle Stimmen gut zu hören und sie innerhalb des Möglichen objektiv zu analysieren. Jedes Land hat seine eigenen verschiedenen Probleme; gerade mit der Einwanderungskrise in Europa befindet sich Deutschland in einer komplexen Situation. Aber wir Leute hier sollten erst mal lernen, dies zu schätzen, in der Vielfalt liegt der Reichtum. Als Studentin in Bonn hatte ich die Gelegenheit, jeden Tag in einer internationalen Umgebung zu verbringen, und das bedeutete für mich eine Bereicherung in Bezug auf Toleranz, Menschlichkeit und Völkerverständigung. Diese andere Fähigkeit, über die ich am Anfang geschrieben habe. Deswegen ist es natürlich unsere Verantwortung, aber nicht nur als Journalisten, sondern auch als Bürger, die Medien immer kritischer zu gebrauchen und mehr zu hinterfragen, damit die Qualität des Journalismus sich verbessert und er nicht nur lauter oder attraktiver wird. Journalismus ist kein Beruf, in dem man urteilt – am wenigsten über Dinge, die nicht bewertbar sind, wie die Staatsangehörigkeit, die in keinem Fall schlecht, gut oder besser als eine andere ist. Dieser Beruf ist die Gelegenheit, Brücken zu bauen, um unterschiedliche Denkweisen zu verstehen und zu verknüpfen. Wir alle können diese Chance nutzen. Der perfekte Raum, um Journalismus auszuüben, ist überall und immer.
Patricia Noboa lebt zwischen Ecuador und Deutschland. Sie twittert unter @PatyeNoboa.
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Der Journalist fĂźr Konflikte, Krisen und Kriege Interview mit Till Mayer von Ayse Sen
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Till Mayer ist seit vielen Jahren Journalist und Fotograf und arbeitet oft mit dem Roten Kreuz und anderen Hilfsorganisationen wie Handicap International zusammen. Mit seinen Teams bereiste er bereits zahlreiche Kriegs- und Krisenländer. Im Interview spricht er über seine Erfahrungen mit traumatisierten Menschen und darüber, was ihm diese Gespräche bedeuten.
NJB: Wie viele Visa-Stempel hast du schon in deinem Pass?
bedeutet. Als Volontär bin ich dann auf einen Hilfsgüterkonvoi gestiegen. Da gab es sehr viel Hilfe, und mit der Geschichte hab ich mich dann beim Roten Kreuz beworben und mehr Aufträge erhalten.
Till Mayer: Über die Jahre sind es schon ganz viele geworden, also einmal war wirklich ein Pass voll, da ging gar nichts mehr. Ich besitze zwei Pässe. Einen fürs Reisen und den anderen, wenn ich ihn irgendwo einschicken muss. Der ist etwas sauberer.
Dass man einfach so mitfahren darf auf einem Konvoi ist aber ungewöhnlich, oder? Das war eine kleine private Kirchengemeinde und mit denen bin ich dann nach Mostar (in Bosnien-Herzegowina, Anm. d. Red.) gefahren. Diese Stadt hatte der Krieg sehr mitgenommen. Damals war ich 21 Jahre alt, ganz genau weiß ich es aber nicht mehr.
Was hat dich dazu motiviert, ins Ausland zu gehen? Es ging schon los, als ich so acht, neun Jahre alt war und Dokumentationen sah – das wollte ich auch machen. Als damals der Bosnienkrieg war, wollte ich wissen, was Krieg 66
Du hast ja ein halbes Jahr im Irak gelebt. Wann war diese Erfahrung?
Vergleich zu dem, was die Leute durchmachen, die ich interviewe. Ich bin am Abend daheim und in Sicherheit und muss mir keine Gedanken um die Menschen machen, die ich liebe. Ich habe keine Geschwister oder Eltern, die in Krisengebieten leben. Man baut eine Distanz auf. Man fühlt mit den Leuten mit, aber man muss die Tür abschließen können.
Das war 2003, als die Amerikaner in den Irak einmarschiert sind. Kurz darauf hab ich dann einen Beitrag gemacht für die Internationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Föderation. Wie unterscheidet sich das Leben zu dem in Deutschland? Es gibt Ausgangssperren am Abend. Andere Kollegen vom Roten Kreuz durften nur von ihrer Übernachtungsmöglichkeit, was zum Beispiel ein Hotel oder ein Haus war, ins Büro fahren. Ich hatte Glück, auch wegen der eingeschränkten Sicherheitsvorkehrungen. Ich musste dauernd Fotos machen und Geschichten einliefern und deshalb war ich viel unterwegs in Bagdad. Dadurch habe ich einen sehr guten Kollegen bekommen, er ist Iraker und leitet ein Flüchtlingslager im Irak.
Wie ist es für dich, einem Menschen gegenüber zu sitzen, der Schreckliches erlebt hat? Zuerst einmal ist es eine riesige Ehre. Diese Menschen vertrauen mir ihr Leben an. Ich habe auch mit KZ-Überlebenden gesprochen und ich wusste beim Verlassen des Interviews, dass sie die Nacht nicht schlafen können würden, da durch das Erzählen der Erlebnisse das Geschehene in ihnen erneut hochkommt. Es ist ein Geschenk, das sie einem machen.
Inwieweit wirst du von den Erlebnissen deiner Interviewpartner beeinflusst?
Du machst deine Fotos selbst. Wie gehst du dabei vor?
Jeder Mensch, der den Krieg miterlebt hat, nimmt etwas mit. Dann ist man natürlich davon betroffen. Im Vietnamkrieg haben sich beispielsweise mehr Leute im Nachhinein umgebracht als die, die im Krieg an sich gefallen sind. Die brauchen alle psychologische Hilfe.
Unterschiedlich, je nachdem, wie die Aufträge sind. Bei mir stehen die Interviewpartner von vornherein fest, bevor ich losfliege. Meist habe ich ein kleines Geschenk aus Bamberg dabei. Wenn man die Leute mit Respekt behandelt und ihnen zeigt, dass es um mehr geht als um eine Geschichte, dann öffnen sie sich auch. Und wenn das Vertrauen da ist, dann mache ich die Fotos.
Hast du ein Ventil, um mit diesen Berichten umzugehen? Ich habe gute Freunde. Und das, was ich erlebt habe, ist nichts im 67
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Hat sich deine Wahrnehmung der Erlebnisse verändert und wenn ja, wie ist das vonstatten gegangen?
Hast du noch etwas, dass du Jungjournalisten mit auf den Weg geben möchtest?
Als junger Mann war es mehr ein Abenteuer für mich; ich bin mit dem Schiff gefahren, wir haben uns betrunken und Poker gespielt. Dann kamen irgendwann die ersten Toten und Verwundeten und da war der Fokus dann ein anderer. Wer fragt eigentlich in Syrien danach, wie das zustande kam? Das interessiert die Medien offenbar nicht und darüber mache ich mir Sorgen.
Schaut euch die Hintergründe an! Schnappt euch die Kamera und zeigt, wieso es sich lohnt, Europa zu retten! Sollten jedoch keine Hilfsorganisationen vor Ort sein, sollte man nicht losziehen.
Hast du weitere Krisengebiete aus deiner Liste, aus denen du noch berichten möchtest? Till Mayer arbeitet seit vielen Jahren als Journalist und Fotograf eng mit Hilfsorganisationen wie dem Roten Kreuz/ Roten Halbmond und Handicap International zusammen
Syrien würde ich schon mal gerne besuchen, aber einfach auf eigene Faust runterziehen würde ich nicht. Man braucht eine Infrastruktur und gute Leute, und wenn ich die habe, dann wird das auch gut. Ansonsten endet das in einem Fiasko. Wohin geht deine nächste Reise? Mein nächstes Ziel ist Kolumbien. Das Thema ist, wie Umweltverschmutzung Menschenleben fordert. Eine andere Geschichte im Dezember ist Pakistan, wie Frauen in einer männerdominierten Welt stark gemacht werden können. Im Januar drehe ich dann mit guten Freunden eine Dokumentation von rund 20 Minuten. „Winter“ wird sie heißen. Wir porträtieren vier Frauen in Lwiw, in der Ukraine, die von dem Konflikt betroffen sind.
Ayse Sen interessiert sich besonders für Weltgeschichten und interessante Persönlichkeiten. Ihr Ziel ist es, einmal eine Weltreise zu machen und viel Neues zu entdecken, um es später mit der Welt zu teilen.
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HOW MEDIA MANUFACTURES NEWS: CORPORATIZATION OF PRINT MEDIA IN INDIA
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von Arani Basu Der Journalist und Medienwissenschaftler Arani Basu erklärt die Wechselbeziehung zwischen Medien und Politik in Indien. Seine Schilderung stellt er in Bezug zu Deutschland und versucht die Herausforderungen und Veränderungen seit der Privatisierung der Verlagshäuser aufzuzeigen. 71
The
In Germany the growing usage of the internet has shrunk the volume of television and print media operations. However, unlike in Germany, in India, print media is highly popular since the literacy is lower than in many of the developed countries. The Indian media market differs from that in Germany. Since India is a developing country, all sectors of media are still growing. Therefore, India stands at a crossroad. Also, given India’s multicultural and multi-linguistic social fabric, the media market is highly fragmented among vernacular language newspapers and English dailies.
relationship between media and politics in India, like in any other democracy, has been a space for contestation for a long time: It propelled after the introduction of New Economic Policy in 1990. With Liberalization-Privatization-Globalization, privatization of media houses started taking place giving rise to further debate between media ownership, editorial policies, and overt or covert political assertions of media houses. Other than in Germany, where media houses are open about their political preferences and support, Indian media is rather secretive about their political stands.
However, the Indian ‘mediascape’ is driven by a common motto of profit maximization. In view of the growing merger between big corporates owning media houses and the political class, monetary prerogatives often lead to corruption within media houses, and eventually compromise on the role of media as an adversarial to establishment. Media as a constant scrutinizer of the government is turning into a party to the state machinery. One such feature of corporatization of media, both print and electronic, is paid news. It refers to dissemination of news against monetary payment. Paid news pose as independent and objective, but are actually not.
Fundamental to the understanding of Indian media structure is the question of ownership and how the powers of ownership are exercised. Political and economic elites comprise two separate categories which merge as their vested interests are common and create the ‘media elite’. In India, it is the media elite that rule the roost – from owning newspaper houses to the selection of news items. Also, there is a close association between political parties and media insofar as political parties or people with political affiliations own and control increasing sections of the media in India. Also, the growing corporatization of the Indian media is reflected in the way in which large industrial conglomerates are engaging in gainful associations with media groups, in both direct and indirect ways.
Today, large media corporations are dominating the political economy strictly driven by capitalistic profit 72
Noam Chomsky differs between elite media (balanced worldviews) and quality press (populist). In India due to lack of literacy and lack of general awareness among the citizens, they fail to understand this difference. Given the tacit influence of politics and economy on news disseminated by Indian media, the issue of autonomy of the media is eroding. With indications of close relations between media, politics and economy, the media in India is slowly turning itself into a puppet in the hands of the other two.
making motive. The existence of free and independent media is almost a romantic idea. Privatization or corporatization of media houses brings in the concomitant problematic of editorial freedom vs. profit maximization. Preference and economic interests of the media houses can potentially compromise the dissemination of news, which may translate into denial of full information to the electorate.
Arani Basu lebt in Neu Delhi und Berlin. Als Journalist arbeitet er fßr die Times of India. In Berlin hat er als Doktorand am Institut fßr Asien- und Afrikawissenschaften an der Humboldt Universität in Berlin gearbeitet. Basu twittert unter @AraniBasuTOI.
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AUDIO-BRIEFE IN DIE HEIMAT VON MATTHIAS KIRSCH
Als mich am Abend des 22. Juli
Seit einem guten Jahr bin ich München-Korrespondent für den luxemburgischen öffentlich-rechtlichen Radiosender 100komma7. Mein Auftrag ist dementsprechend in erster Hinsicht, über die Ereignisse in und um München zu informieren. Am Abend des Amoklaufs waren viele Informationen so unklar, dass ich mich mit der Chefredaktion auf eine Live-Schaltung in den Nachrichten um 8 Uhr morgens am Tag darauf einigte. Ich konnte die ganze Nacht nicht nach München zurück, dementsprechend verließ ich mich auf die Informationen der Polizei und des Innenministeriums. Als ich im Laufe des nächsten Tages wieder in der Stadt war, wanderte ich in dieser seltsamen
2016 die ersten Tweets, SMS und push notifications erreichten, war ich wütend. Die Meldungenüber den Amoklauf im OEZ häuften sich und ich war in einem Zug aus München raus. Und mein erster Gedanke war: Ich habe mein Aufnahmegerät nicht dabei, meinen Laptop auch nicht. Ich kann keinen Radiobeitrag aufnehmen, keine Korrespondenz abschicken. Ich wollte wieder zurück in die Stadt, meine Sachen holen. An der nächsten Haltestelle sagte man mir, ich könnte nicht kehrtmachen – der Münchner Hauptbahnhof war soeben gesperrt worden. Ich war – zum Entsetzen meiner Freunde – wütend, dass ich nicht zurück nach München kam. 74
Atmosphäre umher. Ich hatte mein Aufnahmegerät sofort geholt, fragte Passanten nach ihrer Laune, nach ihren Gefühlen, versuchte die Stimmung einzufangen. Für die Abendnachrichten sollte ich einen Folgebeitrag machen – ich fand es angebrachter, die Münchner sprechen zu lassen.
sind für Münchner zwar brandaktuell, haben aber (quasi) keinen Luxemburg-Bezug. Wenn also die CSU wieder für Lärm in Berlin sorgt, der Auswirkungen auf die deutsche Außenpolitik mit sich bringen könnte, berichte ich darüber. Auf Siege des FC Bayern München gehe ich nicht ein. Der Amoklauf war so ein Thema mit Heimat-Bezug – viele Luxemburger studieren und arbeiten in München. Den Abend über haben zuhause viele den Atem angehalten.
Im Nachhinein war ich überzeugt davon, den Luxemburger Radiohörern ein besseres Bild über die Stimmung in der Stadt übermitteln konnte – ohne auf die wichtigsten Informationen zu verzichten. Dieses Gefühl versuche ich immer zu haben, wenn ich einen Korrespondenzbeitrag aufnehme. Mit dem gleichen „Mindset“ habe ich die „Flüchtlingskrise“ im vergangenen Herbst in München begleitet, über die Sicherheitskonferenz berichtet, sowie über viele andere Themen. Manchmal klappt es auch nicht so wie gewünscht – während dem NSU-Prozess war ich an der Uni ziemlich stark eingespannt und konnte nicht vielen Prozesstagen so folgen, wie ich es für einen Korrespondenten angemessen finde. Ich musste also lernen, Prioritäten zu setzen – manche Themen
Seit ich Korrespondent bin, hatte ich mich bei jedem Anschlag in Belgien oder Frankreich gefragt, wie ich reagieren würde. Wäre ich auf der Straße unterwegs und würde mit den Leuten reden? Würde ich mit vielen anderen Journalisten bei einer Pressekonferenz auf Pressesprecher und Politiker warten? Ich dachte nie daran, dass ich vielleicht in einem Zug festsitzen könnte. Eine Sache habe ich am Abend des 22. Juli auf jeden Fall gelernt, vielleicht die wichtigste für jeden Auslandskorrespondenten – ich gehe nicht mehr ohne Aufnahmegerät aus dem Haus.
Matthias Kirsch, 23, München-Korrespondent für radio 100komma7 in Luxemburg
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WHO IS WHO
In jeder Ausgabe steht euch ein NJBler Rede und Antwort: Stefanie Witterauf, 24, Mitglied des NJB e.V.
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war beim Stammtisch in meinem Lieblingscafé im Glockenbachviertel. Eine halbe Stunde habe ich über unbezahlte Praktika geschimpft. Am Ende habe ich für das nächste NJB-Magazin darüber geschrieben. Seitdem sind Workshops, Stammtische, Reisen, Konferenzen und Freundschaften gefolgt. In zehn Jahren möchte ich... alle europäischen Hauptstädte bereist, einen Süßigkeitenladen, der abends eine Bar ist, mit dem Namen „Pfefferminza” eröffnet und einmal an der Seite von dem Kommissaren-Duo Batic und Leitmayr einen Fall geklärt haben. In der Themenkonferenz kämpfe ich für... Geschichten, die sich jenseits des Tellerrandes abspielen. Wenn ich nicht als rasende Reporterin unterwegs bin, trifft man mich... immer auf Reisen oder dort, wo was los ist. Mit Neologismen im Gepäck, Dadaismus im Herzen, in gute Gespräche verwickelt, Kaffee trinkend auf dem Balkon, durch die Straßen der Stadt spazierend, mit offenen Augen und Ohren. Meine aufregendste Reportage war… oder ist immer die, an der ich gerade arbeite. Am liebsten will ich werden wie... ich bin – „immer strebend sich bemüht”. Mein Plan B zur Journalisten-Karriere... wäre in der Getränkeherstellung. Ich sehe ein großes Potenzial für Maracuja-Bier. Falls sich 500 Jahre Reinheitsgebot nicht so leicht stürzen lassen, dann sehe ich mich als Hula Hoop-Künstlerin durchs Land ziehen.
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„Ich habe über unbezahlte Praktika geschimpft und am Ende darüber geschrieben“
Mein erstes Mal beim NJB…
WHO IS WHO
In jeder Ausgabe stellen wir einen Medienprofi aus dem NJB-Universum vor: Eva Werner, 41, Presse- und Bildungsreferentin beim Deutschen Journalisten-Verband (DJV). 78
Ich bin damals zum NJB gekommen, weil...
Mein größter Erfolg war… 2004 für mein Engagement im NJB mit dem Vorsitz belohnt zu werden und heute das, was ich damals beim NJB gemacht habe, beim Deutschen Journalisten-Verband tun zu können, nämlich mich mit angehenden Journalisten für die Zukunft des Journalismus einzusetzen. Ich liebe meinen Job, weil… er mir die Freiheit gibt, mich dafür einzusetzen, woran ich glaube, dazu auch selbst Vorschläge einzubringen und meine Ideen umzusetzen. Wenn ich nicht arbeite, dann… kümmere ich mich um meine zwei Kinder, gehe joggen, setze mich für Geflüchtete ein und gehe auf Medienevents, vorwiegend in Berlin. Manchmal schlafe ich auch einfach. Auf meinem Weg in den Journalismus prägte mich… der NJB, das Augsburger Studentenradio Kanal C, meine Zeit als freie Journalistin bei diversen Zeitungsredaktionen und beim BR sowie mein Volontariat beim Münchner Merkur. Nachwuchsjournalisten rate ich… an sich selbst zu glauben und langen Atem zu beweisen. Selbst die prominentesten Journalisten Deutschlands berichten immer wieder, dass sie irgendwann einmal zu hören bekommen haben, sie hätten kein Talent. Wichtig ist, sich dann nicht entmutigen zu lassen, sondern weiterzumachen und dazuzulernen. Meine größte Panne war… das Lehramtsstudium aufgegeben zu haben – sagen manche Freunde. Ich allerdings habe nie bereut, Journalistin geworden zu sein. Es ist der schönste Beruf der Welt, allen Problemen zum Trotz. Der Job wandelt sich gerade so sehr wie noch nie zuvor, seit der Buchdruck erfunden wurde. Ich darf dabei sein und mitgestalten. 79
„Wichtig ist, sich dann nicht entmutigen zu lassen, sondern weiterzumachen“
ich nach ein paar Semestern Lehramtsstudium beschlossen habe, doch nicht Lehrerin, sondern Journalistin werden zu wollen. Als der Entschluss feststand, wollte ich sofort Seminare besuchen und andere angehende Journalisten kennenlernen. Das ermöglichte der NJB. Ich fühlte mich gleich wohl.
Impressum Herausgeber Nachwuchsjournalisten in Bayern e.V. Der NJB ist eingetragen unter VR München 10 080 und als gemeinnützig anerkannt vom Finanzamt München. www.njb-online.de Redaktionsleitung Linda Jessen, Natalie Mayroth, Stefanie Witterauf Autoren Arani Basu, Thomas Berger, Linda Jessen, Elisabeth Kagermeier, Matthias Kirsch, Philipp Kreiter, Natalie Mayroth, Patricia Noboa, Andreas Rossbach, Marco Runge, Ayse Sen, Ann-Katrin Wetter Schlussredaktion Isabel Steffens Art Direction & Layout Hannah Wiesner, David Melzer (Abel&Stone) Vorstand Linda Jessen Natalie Mayroth Marcel Vogt Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder. Die Zeitschrift, alle in ihr enthaltenen Abbildungen und Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Jeglicher Nachdruck, auch auszugsweise, ist nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages gestattet.
Ausgabe: Nr. 01/2016 Erscheinungsdatum: Oktober 2016
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