Romano Cuonz: Der Hotelberg. Geschichte und Geschichten vom Bürgenstock Resort 1871 bis heute.

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Das Bürgenstock Resort – ein Leuchtturm mit Strahlkraft über die Landesgrenzen hinaus Die Geschichte des Bürgenstock Resorts beginnt mit den Obwaldnern Franz Josef Bucher-Durrer und Josef Durrer, die hier im 19. Jahrhundert mit Begeisterung, Geschick und Geschäftssinn die ersten exklusiven Hotels schufen. Bald wurde der Hotelberg auch wegen technischer Wunderwerke wie der Bürgenstock Bahn, dem Felsenweg und dem Hammetschwand Lift weltbekannt. Stars wie Sophia Loren, Sean Connery oder Audrey Hepburn und hochrangige Politiker wie Konrad Adenauer oder Jimmy Carter logierten oberhalb des Vierwaldstättersees. Nachdem die Hotelanlagen in den 199oer-Jahren Gegenstand von Spekulation geworden waren, konnte 2oo8 der Grundstein für das neue Bürgenstock Resort gelegt werden.

Romano Cuonz

Der Hotelberg

Romano Cuonz

Der Hotelberg Geschichte und Geschichten vom Bürgenstock Resort 1871 bis heute

Prachtvoll bebildert mit historischen Ansichten und aktuellen Fotografien führt das Buch auf eine Reise von Luzern aus ins Bürgenstock Resort und erzählt die bewegte Geschichte dieser Perle des Schweizer Tourismus.

ISBN 978-3-03810-338-7

9 783038 103387 www.nzz-libro.ch

NZZ Libro



«Die legendäre Hotelstadt auf dem Bürgenstock ist und bleibt ein magischer Ort.» Roman Hollenstein, Neue Zürcher Zeitung


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Anfahrt von Luzern über den See mit dem neuen Katamaran MS Bürgenstock der Schifffahrtsgesellschaft Vierwaldstättersee.

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2 Plakat der Tourismusregion Vierwaldstättersee aus den 1930er-Jahren.

Plakat vom Bürgenstock mit Hammetschwand Lift aus den 1940er-Jahren.

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4 Der neue Katamaran vor der Station Kehrsiten-B체rgenstock. Die Fahrg채ste haben dort direkten Anschluss an die B체rgenstock Bahn. 5 Trassee und Waggons der B체rgenstock Bahn wurden komplett erneuert, aber der historische Look der Waggons blieb auf Wunsch der Bauherrschaft erhalten. 6 Ansichtskarte der Schiffsstation Kehrsiten, um 1910.

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7 Die neu renovierte Bürgenstock Bahn kann 582 Personen pro Stunde befördern. Sie bewältigt die Gesamtlänge von 943 Metern und eine Steigung von bis zu 52,87 Prozent mit einer Geschwindigkeit von bis zu 5 Metern pro Sekunde.

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Selbst die Kabinen der Bahn sind nach historischem Vorbild gestaltet und in Holz gehalten.

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Billett der BĂźrgenstock Bahn vom 19. August 1995.

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Chromolithografie vom BĂźrgenstock mit Grand Hotel und Park Hotel, vermutlich um 1888.

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11 Bergbahnhof im heutigen Bürgenstock Hotel mit einer historischen Plakatsammlung im Hintergrund. 12 Lithographie des Hotels du Parc (Parkhotel Bürgenstock), um 1900. 13 Die nach Süden ausgerichtete Piazza mit dem Bahnhof der Bürgenstock Bahn und dem denkmalgeschützten Bazar wurde als Kernstück des Resorts erhalten.

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Romano Cuonz

Der Hotelberg Geschichte und Geschichten vom BĂźrgenstock Resort 1871 bis heute

NZZ Libro


Das neue BĂźrgenstock Resort kurz nach der Fertigstellung im FrĂźhling 2018.

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Inhalt

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Vorwort

2oo8 – 2o18

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Das Bürgenstock Resort in neuem Glanz

1873 – 19o6 77

Die Pioniere Bucher und Durrer

1885 – 19o5 121

Technische Meisterleistungen der Gründerzeit

19o6 – 1953

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Modernisierung und eine einzigartige Kunstsammlung

1953 – 1996 187

Internationale Prominenz in der «alpinen Märchenwelt»

1996 – 2oo8

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Verkauf und Unsicherheit

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Chronologie des Bürgenstock Resorts 1871 –2018

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Anhang


Vorwort

Liebe Leserinnen und Leser Der Hotelberg: Resultat visionärer Schaffenskraft über Jahrhunderte hinweg inmitten der einmaligen Zentralschweizer Seen- und Berglandschaft. Nach zehn Jahren intensiver Projekt- und Bauarbeiten ist der Traum Wirklichkeit geworden. Das Hoteldorf auf dem Bürgenberg hat den Sprung von einer unsicheren Vergangenheit in die Gegenwart geschafft. Das Bürgenstock Resort Lake Lucerne mit seinem vielfältigen Angebot ist bereit für die Zukunft. Mein besonderer Dank geht an unsere Besitzer Katara Hospitality unter der visionären Führung von Chairman of the Board H. E. Sheikh Nawaf Bin Jassim Bin Jabor Al-Thani und CEO Mr. Hamad Abdulla Al-Mulla. Sie erkannten das Potenzial dieses besonderen Orts und haben durch grosszügige Investitionen ermöglicht, dieses wichtige Erbe der Schweizer Tourismusgeschichte zu erhalten und wieder zu beleben. Ich danke allen, die am Konzept, Projekt und Bau mitgearbeitet haben und uns unterstützend zur Seite standen. Und ich danke allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die den Hotelberg beseelen und unsere Gäste verwöhnen. Wir freuen uns, wenn Sie, liebe Leserin, lieber Leser, bei der Lektüre dieses Buchs in die Geschichte und Geschichten des Hotelbergs eintauchen und unser einzigartiges Resort bald selbst besuchen. Sie werden unvergessliche Erinnerungen mit nach Hause nehmen. Danke, dass Sie Teil unserer Geschichte sind. Bruno H. Schöpfer, Managing Director The Bürgenstock Selection September 2o18

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Ansicht des neuen Bßrgenstock Hotels mit 102 SeesichtZimmern und -Suiten, dem aus dem Gebäude herausragenden Restaurant Spices Kitchen & Terrace und der Sky Terrace auf der Nordfassade.

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16 Palace Hotel (links) und Park Hotel (rechts), um 1910.

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Der südlich ausgerichtete Alpengarten über der Hoteleinfahrt mit ausgewählten einheimischen Sträuchern aus der Bürgenstock-Pflanzenwelt lädt ein zum Verweilen ohne Konsumzwang.

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Ansichtskarte des Gartens beim Park Hotel, um 1908.

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Die von Gönnern finanzierte Hängebrücke, konstruiert mit einem Tragseil der alten Bahn, führt Wanderer direkt von der Bürgenstock Bahn via Piazza auf die Flurstrasse und den Weg hinab nach Stansstad.

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32 Der Museumskorridor erzählt die Geschichte des Hotelbergs, seiner Gründer und berühmten Gäste. Das Museum unter dem Spa-Gebäude wurde von Gasser Derungs Innenarchitekten gestaltet und ist frei zugänglich.

Museumskorridor im Palace Hotel mit der alten Liftkabine des Palace Hotels im Vordergrund und einem vergrösserten, historischen Panoramabild des Resorts.

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Die Pioniere Bucher und Durrer

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Porträt des Fabrikanten und Hotelerbauers Franz Josef Bucher-Durrer, um 1900.

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100 Porträt des Fabrikanten und Erfinders Josef DurrerGasser, Geschäftspartner von Franz Josef Bucher-Durrer, um 1900.

Die Geschichte des legendären Hotelbergs beginnt mit zwei jungen Obwaldner Bauernsöhnen, die 1864 zusammen ein Unternehmen gründen: Franz Josef Bucher, geboren 1834 in Kerns, und Josef Durrer, geboren 184o in St. Niklausen, bilden zusammen die Firma Bucher & Durrer, die zum erfolgreichsten Obwaldner Unternehmen des 19. Jahrhunderts wird. Dass sie je einmal ein Hotel bauen würden, ahnen Bucher und Durrer zu Beginn ihrer Zusammenarbeit jedoch nicht. Vielmehr bauen sie nach der Firmengründung sechs Jahre lang Wohnhäuser und Ställe in Obwalden und bald auch in Luzern. Zu gerne möchten die initiativen Fabrikanten nun den Durchbruch schaffen und eine Art Meisterstück abliefern. Bertha Lina Stockmann-Durrer, die älteste Tochter von Josef Durrer, beschreibt später in ihrem Tagebuch, wie die beiden Fabrikanten dies planten. Die zündende Idee hat Franz Josef Bucher: Die junge Baufirma könnte doch in einem aufstrebenden Kur-

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ort ein Hotel platzieren, sozusagen als Visitenkarte. Er stelle nämlich fest, argumentiert Bucher, wie der Fremdenstrom über die Schweiz zum Mittelmeer stetig zunehme. Gerade kürzlich habe sogar die eng­ lische Königin Victoria inkognito in Engelberg übernachtet. Da lasse sich doch ein Geschäft machen! Inzwischen sind die beiden Geschäftspartner auch privat verbunden; denn 1868 hat eine Doppelhochzeit stattgefunden: Franz Josef Bucher, seit drei Jahren verwitwet und Vater von neun Kindern, heiratet Josepha Durrer, die Schwester von Josef Durrer, und wird mit ihr nochmals sieben Kinder haben. Josef Durrer aber vermählt sich mit Anna Maria Gasser aus Lungern; die beiden werden Eltern von sechs Knaben und vier Mädchen. Franz Josef Bucher gelingt es schliesslich, seinen eher zurückhaltenden Kompagnon und Schwager zu einem finanziellen Abenteuer zu überreden: Im August 1869 kaufen sie in Engelberg für einen günstigen Preis die sogenannte «Stirnrüthi», ein idealer Bauplatz für ein Hotel, wie Bucher findet. Die Kaufverhandlung führt allerdings Josef Durrer. Da der zuständige Gerichtsschreiber an diesem Tag am Heuen ist, ist Durrer auf sich allein gestellt, und es unterläuft ihm ein juristischer Formfehler. Zum ersten, aber nicht zum letzten Mal zeigt sich, dass er in rechtlichen Angelegenheiten über weniger Geschick verfügt als sein Partner. In der Folge wird er vom Gericht zu einer Geldbusse verurteilt. Eine Bagatelle, könnte man meinen, doch die Sache verfolgt ihn und wird, als er Jahrzehnte später in den Regierungsrat gewählt wird, nochmals an die Öffentlichkeit gezerrt: «Noch bei den Regierungsratswahlen 19o6 konnte sich Nationalrat Dr. Ming nicht enthalten, am Wirtshaustisch darauf hinzuweisen und nach 36 Jahren die Geschichte wieder in die Öffentlichkeit zu ziehen», hält Durrers Tochter in ihrem Tagebuch fest. Ein Jahr nach Kauf der «Stirnrüthi» nehmen die Arbeiter von Bucher & Durrer den Bau des Hotels Sonnenberg auf. Hans Bucher, ein Enkel Franz Josef Buchers, wird später beschreiben, wie sein Grossvater auf der Baustelle selbst mitanpackt: «Eigenhändig wurden Pläne gezeichnet. Eigenhändig wurde mitgezimmert und mitgearbeitet. Als Meister und Bauherr zugleich stund Herr Bucher in der Mitte der Arbeiter seines neu zu entstehenden Werkes.» Eigentlich haben die

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Zur Geschichte des Innerschweizer Tourismus im 19. Jahrhundert

Die Eröffnung des ersten Hotels auf dem Bürgenstock im

Tourismus ist der Zürcher Kartograf, Panaromazeichner und

Jahr 1873 fällt in eine Zeit, in der die Innerschweiz zu einer

Verleger Heinrich Keller (1778 – 1862), der 1804 die ersten

international beliebten Tourismusdestination wird. Diese

Panoramabilder der Rigi zeichnet. Drei Jahre später publi-

Entwicklung beginnt mit der Rigi, die bereits im 18. Jahrhun-

ziert er sie und macht damit die «Königin der Berge»

dert dank ihrer einzigartigen Lage am Vierwaldstättersee als

weitherum bekannt. Mehr noch: Heinrich Keller sammelt

Ausflugsziel bekannt ist. 1775 besucht beispielsweise der

Geld in Zürich, denn der Tuchschneider und Bergführer

junge Dichter Johann Wolfgang von Goethe die Rigi und

Joseph Martin Bürgi aus Arth, der das Hotel Krone in Rigi

schreibt später in einem seiner Tagebücher (Band II, 1)

Klösterli betreibt, soll auf Rigi Kulm ein neues Gasthaus

darüber: «… denn es war ein nie gesehener, nie wieder zu

errichten. 1815 ist es so weit: Mit 971 Franken Startkapital

schauender Anblick …» Ein wichtiger Förderer des Rigi-

nehmen Arbeiter den anspruchsvollen Bau in Angriff. Noch braucht es einen zweiten Spendenaufruf in Schweizer Städten, bis die beiden Tourismuspioniere am 6. August 1816 auf Rigi Kulm das erste Gipfelhotel der Schweiz eröffnen können. Ende der 1830er-Jahre fährt auf dem Vierwaldstättersee das erste Passagierdampfschiff von Luzern nach Weggis. Von nun an besuchen Touristen in grosser Zahl die Rigi. Zwar ist der Weg auf den Berg steil und beschwerlich, aber er entschädigt die Wanderer mit reizvollen, ständig wechselnden Ausblicken auf den Vierwaldstättersee. Wer reich ist, kann sich den anstrengenden Weg zu Fuss ohnehin ersparen und sich von einem einheimischen Sesselträger auf den Berg bringen lassen – für einen Lohn von 35 «Batzen», was etwa dem Wert von ein Paar Schuhen entspricht. Ein rentables Geschäft! Bald sieht sich Weggis gezwungen, eine strenge Verordnung zu erlassen. Im Frühjahr müssen sich alle Träger beim Gemeindeammann melden, und dieser verfügt: «Träger sind an die festgesetzten Tarife gebunden.

Fotochrom-Ansichtskarte vom Luzerner Quai mit zwei Dampfschiffen, um 1905.

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Jene Träger, welche sich ungebührlich gegen Fremde benehmen oder sich so betrinken, dass sie den Dienst nicht gehörig versehen können, sollen gemahnt oder aus dem Verzeichnis der Träger gestrichen werden.»

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Ansichtskarte von Rigi Kulm mit dem Grandhotel Schreiber, um 1900.

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Rund 30 Jahre später werden diese Trägerdienste

Ansichtskarte von Rigi Kulm mit Glärnisch und Mythen, um 1912.

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Nur ein Innerschweizer «Tourismuspromoter» ist ähn-

obsolet, denn in Olten tüftelt der Ingenieur und Lokomotiv-

lich erfolgreich wie die «Königin der Berge»: Wilhelm Tell.

bauer Niklaus Riggenbach (1817 – 1897) an der Konstruktion

Und dies, obwohl es ihn – historisch gesehen – gar nicht

von Leiterzahnstangen und einer Gegendruckbremse für

gibt. Tells Siegeszug ist im internationalen Kontext zu

eine Bahn, die – wie er verspricht – auch die steile Rigi

verstehen: Das 19. Jahrhundert ist in Europa geprägt von

hinauffahren kann. Sein Vorhaben gelingt: 1871 nimmt die

Revolutionen, Gegenrevolutionen und aufkommendem

erste Zahnradbahn Europas zwischen Weggis und Rigi-

Nationalismus. Unter solchen Vorzeichen sind viele Men-

Kulm ihren Betrieb auf. Vier Jahre später folgt die Arth-

schen empfänglich für die Geschichte von den tapferen

Rigi-Bahn. In der «Hotelstadt» auf Rigi Kulm stehen nun

Urschweizern, die jedes fremde Joch abschütteln. Der frühe

630 Betten bereit, und in Rigi Kaltbad nochmals 431.

Innerschweizer Tourist Johann Wolfgang von Goethe hört

Bis zu 600 Personen werden in den grossen Gasthöfen

von der Sage um Wilhelm Tell und trägt sich anlässlich

gleichzeitig verköstigt. Der französische Dichter Alphonse

seiner dritten Schweizer Reise 1797 mit dem Gedanken,

Daudet schildert dies in seinem Werk Tartarin in den Alpen

darüber ein klassisches Werk zu schreiben. Schliesslich

von 1886: «Der Speisesaal auf Rigi Kulm ist ein wahres

verwirft er die Idee, erzählt aber seinem Weimarer Freund

Schauspiel. Sechshundert Gedecke auf einem ungeheuren

Friedrich Schiller davon, und dieser leidenschaftliche Frei-

Tisch in Hufeisenform, auf welchem Schalen mit Reis und

geist ist Feuer und Flamme für die Geschichte. Mit einzig-

gekochten Pflaumen in langer Reihe mit Blattpflanzen

artigen Versen zaubert Friedrich Schiller die Figur des

abwechselten, während in den hellen oder braunen Saucen

Wilhelm Tell herbei, der mit der Uraufführung des Dramas

die Flämmchen der Kronleuchter und die Vergoldungen

1804 in Weimar zum klassischen Freiheitshelden aufsteigt.

der getäfelten Saaldecke sich wiederspiegelten.» Mit dem

Ganz nebenbei sorgt Schiller mit Regieanweisungen und

Bau der Rigi-Bahnen und dem Ausbau von Hotels und

Ortsangaben auch für einige «Gedenkstätten»: Keinem

Gasthöfen beginnt ein eigentlicher Rigi-Boom, der jahr-

anderen «Unheiligen» sind je so viele Kapellen geweiht

zehntelang anhalten wird.

worden wie dem Tell. In Bürglen, Küssnacht oder auf der

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Tellsplatte locken sie fortan Reisende in Scharen an, und

heit um sieben schöner war. Wenn diese weissen Berge

1895 erhält der Held in Altdorf auch sein wohlverdientes

vor einem Himmel von reinstem Azurblau wie Marmor

Denkmal.

funkeln, ist das eine eher himmlische denn eine irdische

Besonders wichtig für die Entwicklung des Tourismus in der Innerschweiz sind aber auch die Engländer, die im

Herrlichkeit.» Heinz Horat, Kunsthistoriker und langjähriger Direk-

19. Jahrhundert einen grossen Teil der Feriengäste ausma-

tor des Historischen Museums in Luzern, betont in 2oo

chen. Dies ist nicht zuletzt dem Tourismuspionier Thomas

Jahre Gastfreundschaft Zentralschweiz die Bedeutung, die

Cook zu verdanken, der das gleichnamige Reiseunter-

diese Naturbegeisterung der frühen Reisenden für die

nehmen gründete und als Erfinder der Pauschalreise gilt.

gesamte Entwicklung des Zentralschweizer Tourismus hatte:

1863 bereist Cook erstmals mit einer Reisegruppe die

«Dabei waren es keineswegs die Innerschweizer, welche

Schweiz. Die Eisenbahn steht zu dieser Zeit erst in ihren

besonders innovativ gewirkt hätten. Erst als die in der

Anfängen, und viele Strassen sind nicht ausgebaut. So

Gegend weilenden Engländer ob der Kulisse von Seen,

müssen die teilnehmenden Touristen holprige Kutschen-

Bergen und der schönen Aussicht in Ekstase gerieten,

fahrten und anstrengende Fussmärsche auf sich nehmen,

öffneten die Einheimischen die Augen und passten ihre

um die Sehenswürdigkeiten der Schweiz zu besuchen.

indifferente Haltung gegenüber dem immer schon Dage-

Zu Thomas Cooks Reisegruppe gehören vier Männer und

wesenen an. Sie reagierten also auf die an sie heran-

– für die damalige Zeit aussergewöhnlich – vier Frauen;

getragenen und von Fremden formulierten Bedürfnisse

denn Cook ist überzeugt: «Es ist ein grosser Irrtum zu

schnell, tatkräftig und mit Mut zu sehr viel Risiko.»

glauben, dass das Reisen in der Schweiz eine so schwierige Angelegenheit sei, dass es nicht von Damen oder von Personen unternommen werden könne, die nicht ausserordentliche starke physische oder psychische Kräfte hätten.» Der Weg der Reisegruppe – heute noch als Via Cook bekannt – führt von Genf über Chamonix und das Wallis ins Berner Oberland, von dort über den Brünig in die Innerschweiz und weiter zum Jurasüdfuss und in die Dreiseenregion. Da die acht reisefreudigen Leute auch Luzern besuchen und nach einer Dampferfahrt über den Vierwaldstättersee zu Fuss die Rigi bezwingen, betrachtet man dieses Ereignis gerne als die Geburtsstunde des Pauschaltourismus in der Innerschweiz. Das stimmt zwar nicht ganz, eines jedoch ist gewiss: Die amüsanten Beschreibungen, die eine Teilnehmerin dieser Reise – die 31-jährige Pfarrerstochter Miss Jemima Morrell (1832 – 1909) – mit spitzer Feder und feinstem englischen Humor in ihr Tagebuch notiert, geben einen spannenden Einblick in die damalige touristische Infrastruktur und gelten als erster ausführlicher Bericht einer Schweizer Reise. Wie Mark Twain in seiner berühmten, 15 Jahre später entstandenen Beschreibung, schwärmt auch Jemima Morrell vom Sonnenaufgang auf der Rigi: «Unser Sonnenaufgang auf der Rigi war, wie wir fanden, herrlich. […] Es war schwer zu entscheiden, ob die frühe Pracht um drei Uhr morgens oder die kristallene Klar-

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Grosser Erfolg des neuen Hotels

Am 8. Juni 1873 ist es so weit: Inmitten von Alpmatten findet die feierliche Eröffnung des Hotels Bürgenstock statt. Besonders eindrücklich sind die breiten, kühn über dem Abgrund errichteten Aussichtsterrassen auf der Nord- und Ostseite des Hotels. So schreiben Louis Gaulis und René Creux in Schweizer Pioniere der Hotellerie über das Hotel und seinen Erbauer: «Bei der Eröffnung ist sich jedermann einig: Dieses Hotel ist währschaft, kühn und harmonisch in den Proportionen und fügt sich viel besser in die Landschaft ein als viele andere. Ein Meisterstück. Ein Dilettant ohne Erfahrung und Bildung bemächtigt sich eines ganz und gar ausgefallenen Ortes.» Der Nidwaldner Autor Franz Odermatt hebt in seinem Gedenkbuch zum 75-jährigen Bestehen des Kurorts Bürgenstock, das er 1948 gemeinsam mit Friedrich Frey-Fürst verfasste, besonders die damalige Inneneinrichtung hervor: «An Parkettböden, der Spezialität der Firma Bucher & Durrer, wurde nicht gespart. Die schönsten Parkettböden kamen ins neue Hotel. In Paris hatte Franz Josef Bucher die ursprünglich für den Salon der Kaiserin Eugénie bestimmt gewesenen Seidentapeten gekauft. Während Jahren stellten sie in den öffentlichen Räumen des Hotels Bürgenstock eine Sehenswürdigkeit dar.» Franz Josef Bucher hat ein feines Gespür für die Zeichen der

Mit seinem Kompagnon Josef Durrer streitet Franz Josef Bucher ein Leben lang. Bei einem stürmischen Prozess im Sarner Rathaus schreit Bucher so laut, dass die Leute auf dem Dorfplatz stehen bleiben und erschrocken jedes Wort mitbekommen. In der Mittagspause trifft es sich, dass die Prozessgegner nebeneinander die Rathaustreppe hinuntersteigen. Da sagt Bucher zu Durrer: «Dui, ich chumä etz grad mid Diär cho zmittagnä. Nid miär zanggid midänand, bloss yysi Gschäft!» (Ich komme gleich mit dir zum Mittagessen! Nicht wir streiten miteinander, bloss unsere Geschäfte.)

Zeit: Mit der Krönung Wilhelm Friedrich Ludwig von Preussen 1871 zum ersten Deutschen Kaiser und dem Ende des Deutsch-Französischen Kriegs kehrt in Europa wieder Ruhe ein. Der immer noch blühende europäische Adel, aber zunehmend auch Neureiche aus bürgerlich-industriellen Kreisen reisen wieder. Der Vierwaldstättersee wird zu einer beliebten Destination und schon bald nach der Eröffnung des

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Hotels Bürgenstock ist die Nachfrage riesig. Nicht nur die Ambiance und die einmalige Aussicht sind begehrt, auch der gepflegte Tabled’hôte-Service und die französische Spitzenküche machen weit herum von sich reden. Der Erfolg des neuen Hotels ist gemäss Schweizer Pioniere der Hotellerie so gross, dass die Gäste in Luzern manchmal wochenlang warten müssen, bis sie ein Zimmer auf dem Bürgenstock erhalten. In Obwalden aber verstummen jene Leute, die während der Bauzeit behauptet haben, die Firma Bucher & Durrer stehe kurz vor der Liquidation. Die beiden Unternehmer sind jetzt wieder kreditwürdig. Franz Josef Bucher nützt dies sogleich aus und errichtet neben dem Grand Hotel eine Dépendance. Damit steigt die Bettenzahl auf 22o. Nach und nach entstehen eine Wäscherei, eine Gärtnerei, ein Sägewerk sowie eine Schlosserei und eine Schreinerei. Mit der Erstellung eines eigenen Kraftwerks 1887 an der Engelberger Aa gilt der Hotelerbauer auch als Pionier der aufkommenden Elektrifizierung. Zwei ungleiche Geschäftspartner

Der Erfolg von Bucher & Durrer hat viel mit Charakter und Temperament der beiden Geschäftspartner zu tun. Der Sarner Arzt Julius Stockmann beschreibt sie in seiner 1919 erschienenen Gedenkschrift als sehr gegensätzlich: «Bucher, der Mann ungemessener Initiative, titanenhafter Schaffenskraft, jedes Hindernis im Sturm nehmend […] Durrer, nicht minder weitblickend, nicht weniger energisch, aber alles ruhig berechnend und prüfend, alle Hindernisse klug umgehend oder mit zäher Ausdauer überwindend.» So unterschiedlich die beiden Unternehmer sind, so gut ergänzen sie sich im Geschäftsleben: Während der temperamentvolle und initiative Bucher zunehmend ein Talent fürs Verhandeln, Kaufen und Verkaufen entwickelt, wird der besonnene Durrer zum eigentlichen Erfinder zahlreicher technischer Innovationen. Aber selbst der Erfolg der Firma kann nicht verhindern, dass es zwischen den ungleichen Partnern zu Spannungen kommt. Immer wieder funkt es. Streitereien über Geschäftsstrategien sind an der Tagesordnung. Schliesslich lässt sich der impulsive Franz Josef Bucher zu ­einer Kurzschlusshandlung hinreissen: Am 13. August 1877 macht er Josef Durrer einen ebenso überraschenden wie unüberlegten Vorschlag:

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Angespannte Atmosphäre auf dem Stanserhorn 1904: Die ehemaligen Geschäftspartner Josef Durrer (links) und Franz Josef Bucher (rechts) sind zerstritten.

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Er verspricht seinem Kompagnon, ihm 5oo ooo Franken auszubezahlen, wenn er und seine Brüder aus dem Geschäft ausscheiden und alles ihm allein überlassen. Josef Durrer willigt ein, und so wird die Firma Bucher & Durrer auf ihrem ersten Höhepunkt aufgelöst. Doch ohne den vorsichtigen Handwerker und Denker Josef Durrer gerät Bucher in eine Sackgasse: Die Arbeitsbelastung ist für ihn zu gross und er will die Trennung rückgängig machen. Zuerst behauptet Bucher, dass er sich beim Trennungsvertrag um 1oo ooo Franken verrechnet habe. Der Vertrag müsse aufgelöst werden. Doch in Geldfragen bleibt Josef Durrer hart. Nun versucht es der gerissene Franz Josef Bucher mit andern Mitteln: Er gibt vor, aus Kummer krank geworden zu sein, und schickt als Vermittler den einflussreichen Kernser Pfarrer zu seinem früheren Teilhaber. Sogar seinen Onkel – Landammann Niklaus Durrer – beauftragt er, während eines Kuraufenthalts in Schwendi Kalt-

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142 Die Fassadenansicht des Palace Hotels mit seiner grandiosen Lage Ăźber dem See.

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143 Hotel Palace mit Rigi. Doppelkarte schwarz-weiss, um 1905.


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Internationale Prominenz in der «alpinen Märchenwelt»

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Ab 1953 leitet Fritz Frey, der Sohn von Friedrich Frey-Fürst, das Bürgenstock Resort. Er empfängt und beherbergt in den 195oer- und 196oerJahren zahllose prominente Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Kultur auf dem Hotelberg, darunter Filmstars wie Audrey Hepburn, Sophia Loren, Sean Connery oder Charlie Chaplin. Ein Gästebuch wollte Fritz Frey jedoch, wie er 1967 in seinem Buch Bürgenstock schreibt, nie führen: «Ich habe in diesen Jahren viele berühmte Menschen bei mir auf dem Bürgenstock zu Gast gehabt, Wissenschaftler und Schriftsteller, Staatsmänner und Stars, Künstler und Generäle und

Ein Zürcher Taxichauffeur soll Audrey Hepburn vom Flug­ hafen Kloten nach Gstaad im Berner Oberland fahren. Unterwegs bittet ihn die Schauspielerin, fürs Mittag­ essen an einem schönen Ort anzuhalten. Dem Taxifahrer fällt der Bürgenstock ein. Gerne macht er den Umweg. Und Audrey Hepburn? Ihr gefällt es dort oben so sehr, dass sie binnen 48 Stunden Mieterin eines Chalets wird. Der Taxifahrer kassiert für die brillante Idee später ein Trinkgeld von 50 Franken.

andere, die jeder Zeitungsleser kennt, aber ein Gästebuch führe ich nicht und habe auch nicht die Absicht, es je zu tun. Menschen zu treffen, und hie und da einmal einen Freund entdecken, ist eine der grossen, unbezahlbaren Freuden unseres schweren Handwerks.» Wer aber war dieser Mann, der sich gerne salopp und bescheiden gab und den Hotelberg zu einem der beliebtesten Destinationen für die internationale Prominenz machte? Zur Welt kommt Fritz Frey am 2o. Juni 1916 in Luzern. An diesem Tag, so wird ihm sein Vater später erzählen, habe der Kanonendonner des Ersten Weltkriegs vom Elsass her bis nach Luzern gedröhnt. Fritz Frey besucht in Luzern die Primar- und Kantonsschule, die er aber kurz vor der Matura verlässt. Stattdessen absolviert er eine Lehre als Elektromonteur. Danach folgen Sprachaufenthalte in Neuenburg, Paris und London. Fritz Freys grosse Leidenschaft gehört schon früh dem Amateurfunk: Er leistet als Rekrut Militärdienst bei den Funkern und errichtet später im Elternhaus eine eigene Funkstation. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs, in dem er über 1ooo Aktivdiensttage leistet, heiratet er Irma Dreyer aus Luzern. Die Hochzeit findet am 26. August 1943 in der Kapelle auf dem Bürgenstock statt. Im Grand Hotel wird – jeder Rationierung zum Trotz – ein üppiges Festmahl serviert. Derweil ist im benachbarten Palace Hotel der Stab der 5. Division einquartiert. Kurz nach dem Krieg verliert Fritz Frey seine Eltern. Seine Mutter stirbt 195o. Friedrich Frey-Fürst zieht sich nach dem Tod seiner Frau immer mehr aus den Geschäften zurück. Nun beginnt Fritz Frey leitend an den Unternehmungen mitzuarbeiten. Drei Jahre nach seiner Frau stirbt auch Friedrich Frey-Fürst im Alter von 71 Jahren. Fritz Frey ist nun, nachdem er seine einzige Schwester früh an Kinderlähmung ver-

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loren hat, Alleinerbe der Bürgenstock-Unternehmungen. Zu diesem Besitz gehören die drei grossen Hotels, die millionenschwere Kunstsammlung und mehrere Restaurants von Kehrsiten bis zur Hammetschwand. Dazu kommen zahlreiche Zweckbauten: die Gärtnerei, eine Bäckerei, eine Wäscherei und eine Sägerei, ja gar einige Einkaufsläden mit exklusivem Angebot. Von Bedeutung für den Hotelberg sind auch die infrastrukturellen Einrichtungen: Das Elektrizitätswerk, die eigene Wasserversorgung sowie Strassen und Wege von über 1o Kilometern Länge. Dem Freizeitvergnügen der Gäste dienen zu dieser Zeit der Golfplatz und Tennisplätze oder das Strandbad in Kehrsiten. Schliesslich wollen auch die Bürgenstock Bahn, der Hammetschwand Lift und das Motorschiff gewartet sein.

198 Fritz Frey anfangs der 1950er­Jahre auf der Baustelle seines exklusiven Clubs mit Schwimmbad.

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Internationale Prominenz in der «alpinen Märchenwelt»

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Generalist und Selfmade-Architekt

Als frischgebackener Hotelbesitzer steht Fritz Frey vor grossen, ja schwierigen Aufgaben, denn nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich vieles verändert. Allein für die normalen Unterhalts- und Erneuerungskosten bezahlt Frey nun alljährlich gleich viel, wie sein Vater 4o Jahre zuvor für den Kauf des ganzen Bürgenstocks bezahlt hat. Ein anderes Beispiel zeigt den Wandel «bildlich»: Friedrich Frey-Fürst hatte in seine gesamte Kunstsammlung weniger investiert, als sein Sohn nun für die moderne Wasserversorgung des Hotelbergs ausgeben muss. Oder: Eine mittelgrosse Geschirrspülmaschine kostet jetzt mehr, als sein Vater für ein Bild von Jan Brueghels bezahlt hatte. Vor allem eines muss Fritz Frey als neuer Unternehmer auf dem Hotelberg bald erkennen: Finanzielle Reserven, um Aufträge für neue Idee an namhafte Architekten und aussenstehende Unternehmen zu

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Neubau des Pools und des dazugehörenden Pavillons mit Restaurant, Terrasse und Garderoben, 1952. Auf der Ter­ rasse wurde bei guter Witterung täglich ein Lunchbuffet serviert, vorbereitet von der Küchen­ brigade des Grand Hotels. Der Besuch von Bad und Restaurant war den Hotelgästen und einem auserlesenen Personenkreis (Courtesy Card Holders) vor­ behalten.

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vergeben, besitzt er nicht. Und so macht er aus der Not eine Tugend: Fritz Frey wird, wie er selbst sagt, zum Generalisten: «In all den verschiedenartigen Geschäften und Aufgabenkreisen, die ich betreuen musste, wurde ich bald gezwungen, Generalist zu sein. Generalist ist ein weiter Begriff, der recht schwierig zu beschreiben ist. Er wandert über Textilien, Farben, Formen bis zur Weinkunde, sicher auch in den Bereich der Küche. In Bereiche, wo es abgesehen von Fachkönnen auch Gefühl und Herz braucht.» Während Jahren führt Fritz Frey ein Baubüro auf dem Bürgenstock, in dem er tage- und nächtelang zeichnet. Eine Idee nach der anderen kommt aufs Blatt und wird umgesetzt. Die Handwerker – eine ganze Baugruppe – sind dem Unternehmer treu. Mit ihnen erstellt Fritz Frey alle Hoch- und Tiefbauten. Möbel und Einrichtungen für die Hotels werden in den Werkstätten auf dem Hotelberg geschreinert.

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Internationale Prominenz in der «alpinen Märchenwelt»

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Berühmte Persönlichkeiten auf dem Hotelberg

202 Audrey Hepburn auf dem Bürgenstock. Die Aufnahme aus dem Jahr 1954 stammt von Hans Gerber.

Hochzeit von Audrey Hepburn und Mel Ferrer am 24. September 1954 in der Bürgenstock­Kapelle.

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204 Sophia Loren und Carlo Ponti auf der Piazza des Bürgen­ stock Resorts, zwischen 1955 und 1960.

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Internationale Prominenz in der «alpinen Märchenwelt»

Die italienische Filmschau­ spielerin Sophia Loren und ihr Ehemann, der Filmproduzent Carlo Ponti, ziehen ins Chalet neben Audrey Hepburn ein. Lebhaft an sie erinnern kann sich ein Nidwaldner Polizist und Fotograf, der später international bekannt wurde: Arnold Odermatt. In den 1950er­Jahren wird er von der Kantonspolizei oft auf den Bürgenstock abkommandiert. Zivil und in tadellosem Anzug soll er dort die prominenten Gäste vor lästigen Gaffern und Bildreportern schützen. Wenn das berühmte Paar auf dem Hotelberg ankommt, herrscht dort grosser Rummel. Arnold Odermatt eskortiert die Stars ab Stansstad auf dem Motorrad. Er hält die Menge zurück, geleitet die Diva sicher in die Hotelhalle. Sophia Loren begrüsst alle, die sie kennt, mit einem Küsschen. Als sie vor Arnold Odermatt steht, macht sie eine Bewegung auf ihn zu. Doch der scheue, junge Polizist zuckt zurück. Nun aber – in seinen alten Tagen – wirft sich Arnold Odermatt noch und noch vor, damals eine einmalige Chance verpasst zu haben.

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Der spätere US­Präsiden­ ten Jimmy Carter auf dem Bürgenstock, vermutlich 1960 anlässlich einer Bilderberg­ Konferenz. Links im Bild sein Polizeischützer und spätere Fotograf Arnold Odermatt.

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Konrad Adenauer auf dem Bürgenstock, 1950.

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Bundeskanzler Konrad Adenauer erklärt Ministern, die ihn besuchen, das Bergpanorama. Da wendet er sich ganz plötzlich an seinen Bewacher, den 21­jährigen Nidwaldner Polizisten Arnold Odermatt. «Wissen Sie, wie der kleinere Berg neben dem grossen dort heisst?», fragt er prüfend. Der Polizist hat keine Ahnung. Nennt einen Namen, der ihm gerade einfällt. Doch da macht er die Rechnung ohne den Bundeskanzler: «Aber nein, junger Mann, das ist nicht das Buochser Horn, das ist der Laucherenstock!»

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Hotelier Fritz Frey verzichtete darauf, ein Gästebuch zu führen, aber er trug die Namen seiner berühmten Gäste in sein Tagebuch ein. Da sind zahlreiche Filmstars, Produ­ zenten, Musiker und Schriftsteller wie: Audrey Hephurn, Mel Ferrer, Sophia Loren, Carlo Ponti, Walt Disney, Charlie Chaplin, Yul Brynner, Sean Connery, Shirley McLaine, Joan Fontaine, Olivia de Havilland, Marcel Marceau, Nadja Tiller, Sam Spiegel, Clara Haskil, Lys Assia, Vladimir Horowitz, Sergei Rachmaninow, Nathan Milstein, George Gershwin, Sir Georg Solti, Herbert von Karajan, Richard Wagner, Joseph Wechsberg, Frederic Morton, Georges Simenon, Archi­ bald Joseph Cronin, Marcel Reich­Ranicki. Nicht weniger gross ist die Zahl der Politiker, Staatsmänner und Adligen: Konrad Adenauer, Ludwig Erhard, Helmut Schmidt, Theodor Heuss, Walter Scheel, Heinrich von Brentano, Louis Barthou, David Lloyd George, Bischof Fulton Sheen, Kurt Wald­ heim, Jimmy Carter, Rose Kennedy, James Harold Doolittle, Hubert Horatio Humphrey, Henry Kissinger, Walter Mondale, Chaim Weizmann, David Ben­Gurion, Golda Meir, Habib Bourguiba, Jawaharlal Nehru, Indira Gandhi, Prinz Hassan ibn Talal, Hafis Königin Ingrid von Dänemark besucht in den 1950er­Jahren den Bürgenstock.

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al­Assad, Javier Pérez de Cuéllar, König Carl Gustav von Schweden, Königin Mar­ grethe von Dänemark, Königin Beatrix der Niederlande, Prinz Bernhard der Nieder­ lande, Prinz Claus von Amsberg. Schliesslich verbringen auch Persön­ lichkeiten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Industrie ihre freien Tage auf dem Hotel­ berg: Wernher von Braun, John Glenn, Giovanni Agnelli, Tex Feldmann, Henry John Kaiser, Soichiro Honda, Henry John Heinz, Karim Agha Kahn, Edwin McAlpine, Helena Rubinstein, David Rockefeller, Josef Acker­ mann, Stephan Schmidheiny, Klaus Schwab.

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Der 1928 gebaute Golfplatz verfügte über wenig Humus, war über Karstgebirge gebaut und gefährlich angelegt. Die steigende Popularität des Platzes und des Sports an sich machte eine Renovation un­ umgänglich. Diese konnte mit 25 000 Kubikmetern besten Aushubmaterials aus nächster Nähe günstig realisiert werden.

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233 Audrey Hepburn beim Golfen auf dem Bürgenstock, 1950er­Jahre. 234 Das neu renovierte Golf­ restaurant ist gut im Gelände eingebettet.

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Jawaharlal Nehru (im weis­ sen Regenmantel) mit seiner Tochter Indira Gandhi (rechts) 1953 auf dem Steg beim Aus­ gang des Hammetschwand Lifts.

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Der Hammetschwand Lift aus dem Jahr 1905, auf 1132 Meter gelegen, ist der höchste Aussenlift Europas. Er bewältigt 152 Meter Höhen­ unterschied in weniger als einer Minute und bietet dazu eine grossartige Aussicht. Geschwindigkeit: 3,15 Meter pro Sekunde, Hubhöhe: 152,81 Meter, Nutzlast: 900 Kilo­ gramm / zwölf Personen.

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237 Sicht über das Tal vom Aussichtspunkt Hammet­ schwand aus. 238 Felsenweg auf dem Bür­ genstock mit dem Eingang zum Hammetschwand Lift bei der Eröffnung 1905, mit Arnold Bucher und einem Liftboy.

Erlebnis Felsenweg mit atemberaubender Aussicht.

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Bildnachweis Luzerner Zeitung, 1991 – 2014. Zeitungsarchiv. Obwaldner Volksfreund, 1870 – 1906. Staatsarchiv / Kantonsbibliothek Obwalden. Nidwaldner Volksblatt, 1866 – 1923. Staatsarchiv / Kantonsbibliothek Nidwalden. Tages-Anzeiger, Zürich, 1893 – 2014. Zeitungsarchiv. Neue Zürcher Zeitung, 1873 – 2014. Zeitungsarchiv. Das Schweizer Wirtschaftsmagazin Bilanz, 1970 – 2014. Zeitungsarchiv. Der Spiegel. Zum Kaviar wird gejodelt, A. J. Cronin über den Bürgenstock, 36 / 1963. Die Region – Unabhängige Wochenzeitschrift für die Zentralschweiz. Die Bürgenstock-Story, 10 / 1982. IV Interviews Alle Transkripte, die die Interviews wortgetreu und in vollem Umfang wiedergeben, sind im Besitz des Autors Romano Cuonz. Hess, August. Das Dorforiginal «Rössli Gusti» (1901 – 1983) erzählte die überlieferten Anekdoten zu Franz Josef Bucher, Kerns, 3.3.1981. Seiler, Josef, Nachkomme von Franz Josef Bucher, Sarnen, 20.1.1995. Egger, André, Sammler und Lokalhistoriker, Kerns, 10.6.1995. Ziegler, Paul, privater Sammler von Quellendokumenten zu Bucher & Durrer, Kerns, 20.8.1995. Frey, Peter, Sohn von Fritz Frey, Bürgenstock, 9.4.2014. Odermatt, Arnold, Polizist und Fotograf, Stans, 14.2.2014. Odermatt, Walter, Verantwortlicher für Bahn und Lift, Bürgenstock, 25.4.2015. Müller, Jo, ehemaliger Hoteldirektor und heutiger Konservator auf dem Bürgenstock, 25.4.2015. Schöpfer Bruno H., Managing Director, Katara Hospitality Switzerland AG, Zug, 1.2.2016. Jann, Anton, Elektriker EW an der Engelberger Aa und auf dem Bürgenstock, Oberdorf, 18.3.2016. Zumbühl, Walter, Polizeikommandant NW, Stans, 24.3.2016. Ammann, Max, Generalunternehmer, Stansstad, 6.8.2016. Egli, Franz, ehemaliger Küchenchef auf dem Bürgenstock, Stans, 14.10.2016. Joho, Ronald, Presseverantwortlicher für Publikationen über den Bürgenstock, Akomag, Stans 12.3.2017. Falls nicht anders vermerkt, stammen die in diesem Buch publizierten Anekdoten aus den oben aufgeführten Interviews.

Anhang

Die Ziffern beziehen sich auf die Abbildungsnummern. Emanuel Ammon, Luzern: 14, 34, 36, 37, 38, 39, 40, 41, 43, 44, 45, 46, 47, 50, 51, 59, 65, 66, 67, 68, 69, 70, 71, 72, 73, 74, 75, 76, 77, 78, 79, 80, 237, 239 Emanuel Ammon, Luzern; Robert Miller, New York: Einband unten, 1, 7, 13, 15, 31, 91, 96, 160, 168, 185, 236 Archiv Bürgenstock Resort: Einband oben, 2, 3, 6, 9, 10, 12, 16, 30, 92, 93, 101, 102, 103, 104, 105, 106, 107, 108, 109, 110, 113, 114, 115, 117, 118, 119, 120, 121, 122, 123, 124, 125, 127, 128, 129, 131, 132, 143, 144, 145, 146, 147, 148, 149, 150, 151, 152, 153, 154, 155, 159, 169, 170, 171, 172, 173, 174, 175, 176, 177, 178, 180, 181, 183, 184, 186, 188, 198, 199, 200, 201, 204, 205 (Arnold Odermatt, Stans), 206 (Arnold Odermatt, Stans), 207 (Arnold Odermatt, Stans), 208 (Arnold Odermatt, Stans), 209 (Arnold Odermatt, Stans), 210, 211, 212, 213, 214, 215, 216, 228, 229, 230, 231, 235 (Arnold Odermatt, Stans) 238, vorderer und hinterer Vorsatz John Athimaritis, London: 32, 33 ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv: 179 (Stiftung Luftbild Schweiz / Friedli, Werner / LBS_H1-009915 / CC BY-SA 4.0), 182 (Comet Photo AG, Zürich / Com_F6506393 / CC BY-SA 4.0), 202 (Gerber, Hans / Com_X-H061-014 / CC BY-SA 4.0), 203 (Gerber, Hans / Com_X-H061-014 / CC BY-SA 4.0), 233 (Gerber, Hans / Com_X-H061-001 / CC BY-SA 4.0)

Roger Grütter, Hergiswil: 4 (Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees, SGV), 5 (Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees, SGV) Reto Guntli, Zürich: 85, 87, 88, 89, 97, 98, 130, 141, 190, 191, 192, 193, 195, 196, 197 Ulrich Haldimann, Uster: 52, 53, 54, 55, 56, 57 Christof Hirtler, Altorf: 99 (André Bucher, Genf ), 100 (Archiv Parquet Durrer AG, Alpnach), 111 (Archiv Parquet Durrer AG, Alpnach), 112 (Archiv Parquet Durrer AG, Alpnach), 116 (Robert Bucher, Genf), 126 (Palace Hotel, Luzern), 156 (Zentralbibliothek Luzern), 157 (Archiv Parquet Durrer AG, Alpnach), 158 (Arnold Odermatt, Stans), 161 (Zentralbibliothek Luzern) Robert Miller, New York: 8, 11, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 81, 82, 83, 84, 86, 90, 94, 95, 133, 134, 135, 136, 137, 138, 139, 140, 142, 162, 163, 164, 165, 166, 167, 187, 189, 194, 217, 218, 219, 220, 221, 222, 223, 224, 225, 226, 227, 232, 234 Archiv Bruno H. Schöpfer, Zug: 35, 48, 49, 58, 60, 61, 62, 63, 64, 240 Susanne Zehnder, Zug: 42 Herausgeber und Verlag haben sich bemüht, die Urheberrechte der Abbildungen ausfindig zu machen. In Fällen, in denen ein exakter Nachweis nicht möglich war, bitten sie die Inhaber der Copyrights um Nachricht.

Ein Schachtdeckel mit dem Logo des Resorts. Sorgfältig gestaltete Details in Konzept und Design zeichnen das ganze Bürgenstock Resort aus.

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Autor

Widmung und Dank Dieses Buch ist allen gewidmet, die mich während der letzten zehn intensiven Jahre persönlich begleitet und unterstützt haben – allen voran meiner Frau Laura, die mich mit viel Verständnis und auch in schwierigen Zeiten ermutigt und bekräftigt hat.

Romano Cuonz wurde 1945 in Chur geboren und lebt heute in Sarnen. Ursprünglicher Beruf: Sekundar- und Berufsschullehrer. Von 1978 bis 2010 Redaktor und Moderator bei Radio DRS I. Schriftsteller und Kolumnist. Veröffentlichungen in Mundart und Hochdeutsch. Lyrik: u. a. Wenn d Sunnä durä Näbel schynd. Kurzgeschichten: u. a. Schräg in der Landschaft (Verlag Martin Wallimann). Hörspiele und Theaterstücke: u. a. Z’ Läid und z’ Trotz (Radio DRS) und Häxä machä (Theater Giswil). Essays: Franz Josef Bucher – Josef Durrer (Brunner Verlag); Viktor Röthlin Marathonläufer. Auszeichnungen: u. a. Federer Buchpreis 1988. Schweizerischer Preis für Mundartliteratur 1999. Kulturpreis des Kantons Obwalden 2013.

Ein herzliches Dankeschön auch an alle, die zum Entstehen des Buchs beigetragen haben: Emanuel Ammon, Gabriel Ammon, Nina Baumgartner, Beate Becker, Urs Bernet, Katharina Blarer, Romano Cuonz, Roland Flückiger, Carola Galliker, German Grüniger, Reto Guntli, Ueli Haldimann, Christoph Hirtler, Urs Hofmann, Thomas Humm, Ronald Joho, Martina Kessler, Evelyne Lüthi-Graf, Robert Miller, Jo Müller, Claudia Neuenschwander, Ruth Rybi, Christina von Flüe, Katharina Wehrli, Paul Ziegler. Und last, but not least gilt mein besonderer Dank Susanne Zehnder, die sich neben unzähligen anderen Aufgaben auch für dieses Buchprojekt ausserordentlich engagiert hat. Bruno H. Schöpfer

Impressum Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: //dnb.d-nb.de abrufbar. © 2018 Bürgenstock Hotels AG und NZZ Libro, Schwabe AG Textredaktion: Katharina Wehrli, Zürich Gestaltung, Bildauswahl und Layout: Urs Bernet, Die Büchermacher GmbH, Zürich; Nina Baumgartner und Claudia Neuenschwander, Atelier werkk., Zürich Bildbearbeitung: Thomas Humm, Humm-dtp, Matzingen Druck: Druckerei Odermatt AG, Dallenwil Einband: Bubu AG, Mönchaltorf Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksen-

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dung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werks oder von Teilen dieses Werks ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts. ISBN 978-3-03810-338-7 Dieses Buch erscheint bei NZZ Libro auch in englischer Übersetzung: The Bürgenstock Resort ISBN 978-3-03810-339-4 www.nzz-libro.ch NZZ Libro ist ein Imprint der Schwabe AG.


Das Bürgenstock Resort – ein Leuchtturm mit Strahlkraft über die Landesgrenzen hinaus Die Geschichte des Bürgenstock Resorts beginnt mit den Obwaldnern Franz Josef Bucher-Durrer und Josef Durrer, die hier im 19. Jahrhundert mit Begeisterung, Geschick und Geschäftssinn die ersten exklusiven Hotels schufen. Bald wurde der Hotelberg auch wegen technischer Wunderwerke wie der Bürgenstock Bahn, dem Felsenweg und dem Hammetschwand Lift weltbekannt. Stars wie Sophia Loren, Sean Connery oder Audrey Hepburn und hochrangige Politiker wie Konrad Adenauer oder Jimmy Carter logierten oberhalb des Vierwaldstättersees. Nachdem die Hotelanlagen in den 199oer-Jahren Gegenstand von Spekulation geworden waren, konnte 2oo8 der Grundstein für das neue Bürgenstock Resort gelegt werden.

Romano Cuonz

Der Hotelberg

Romano Cuonz

Der Hotelberg Geschichte und Geschichten vom Bürgenstock Resort 1871 bis heute

Prachtvoll bebildert mit historischen Ansichten und aktuellen Fotografien führt das Buch auf eine Reise von Luzern aus ins Bürgenstock Resort und erzählt die bewegte Geschichte dieser Perle des Schweizer Tourismus.

ISBN 978-3-03810-338-7

9 783038 103387 www.nzz-libro.ch

NZZ Libro


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