Kleine Abstimmungsfibel

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Kleine Abstimmungsfibel Leitfaden f端r die Versammlung

Verlag Neue Z端rcher Zeitung

Wolfgang Ernst


Wolfgang Ernst

Kleine Abstimmungsfibel Leitfaden f端r die Versammlung

Verlag Neue Z端rcher Zeitung 2

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Inhalt

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2011 Verlag Neue Zürcher Zeitung, Zürich Gestaltung, Satz: unfolded, Zürich Umschlagillustration: Alina Günter Druck, Einband: Kösel GmbH, Altusried-Krugzell Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts. ISBN 978-3-03823-717-4 www.nzz-libro.ch NZZ Libro ist ein Imprint der Neuen Zürcher Zeitung

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Einführung

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1. Versammlung und Stimmrecht Aussprache und Beschluss Versammlung und Versammlungsleiter Beschlussfähigkeit Stimmrecht Stimmrechtsprüfung Stimmfähigkeit Vertretung von Stimmberechtigten Ausschluss vom Stimmrecht, Befangenheit und Ausstand JA, NEIN und Enthaltung

19 20 21 23 26 28 30 32

2. Der Antrag Antrag und Antragsteller Anforderungen an einen Antrag Die Einführung des Antrags in die Versammlung Ordnungsanträge und Sachanträge

39 40 42 46 49

3. Mehrheiten Das einfache Mehr Mehrheit wovon? Qualifiziertes (verstärktes) Mehr Der Antrag und das für ihn erforderliche Mehr

51 52 55 61 64

4. Der Abstimmungsvorgang Die Eröffnung der Abstimmung Stimmabgabe schriftlich, mündlich oder durch Körpersprache Offen oder geheim Namentliche Abstimmung

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34 36

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Stimmabgabe gleichzeitig oder nacheinander Die Stimmabgabe Abbruch und Neuvornahme Auszählung Die Eröffnung des Beschlusses Berichtigungen des Beschlusses (Nachzählung, Stimmwiederholung)

76 79 84 85 89 92

5. Antragshäufung 95 Anträge, die sich nicht berühren 97 Weiter gehender und weniger weit gehender Antrag 98 Alternativanträge (Gegenanträge) 101 Alternative Unteranträge verschiedener Stufen 105 Unteranträge, die sich nicht ausschliessen 109 Weiter gehender und weniger weit gehender Unterantrag 111 Änderungsanträge 112 Mehrere Hauptanträge gleicher Stufe 115 Verfahren zur Besetzung eines 1., 2. und 3. Platzes 120 Zusammentreffen von Alternativanträgen und Hauptanträgen gleicher und verschiedener Stufen 121 Der Abstimmungsplan 121

6. Schriftliche Abstimmung Einstimmiger Zirkulationsbeschluss Schriftlicher Mehrheitsentscheid Antragshäufung im schriftlichen Verfahren Schriftliche Doppelabstimmung mit Stichentscheid Schriftliche Prinzipienabstimmung Statutarische Regelung

124 125 127 128 129 132 133

7. Konsultativabstimmung

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8. Nach dem Beschluss Die Unverrückbarkeit des Beschlusses Rückkommen (Wiedererwägung) Gegenbeschluss Anfechtung von Beschlüssen Nichtiger Beschluss Schadenersatz bei Abstimmungsfehlern Strafbare Eingriffe in Abstimmungen

136 137 138 141 142 144 145 145

Möglichkeiten bei unerwünschten/ fehlerhaften Beschlüssen

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Wegweiser zu den Rechtsgrundlagen

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Statt eines Nachwortes: die häufigsten Fehler

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A bis Z der Abstimmung

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Der Autor

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Einführung

Ein Spiegel der Abstimmungskultur Demokratie lebt von der Abstimmung – im Grossen und im Kleinen, in Bundesversammlung und Landsgemeinde, in Schulpflege, Verwaltungsrat oder Verein. Das gute Abstimmen gehört zur Rechtskultur der Demokratie. Die Abstimmung ist ein Rechtshandeln. Dabei soll es mit rechten Dingen zugehen, sachlich und fair. Wie bei allen Rechtshandlungen muss man es bei Abstimmungen genau nehmen. Hierbei soll dieser Leitfaden helfen. Er ist von einem Juristen verfasst, richtet sich aber an jedermann. Diese Fibel will all diejenigen unterstützen, die als Leiter (Präsidenten, Vorsitzende) einer Versammlung Abstimmungen durchzuführen haben. Diejenigen, die an einer Versammlung teilnehmen, soll sie in den Stand versetzen, am Abstimmungsgeschehen verständig mitzuwirken und dieses kritisch auf seine Richtigkeit hin zu befragen. Man sollte wissen, welche Momente im Abstimmungsverfahren besonders heikel sind und welche Überlegungen hinter verschiedenen Verfahrensmöglichkeiten stehen. Hier wird nicht das Rad neu erfunden. Die folgende Darstellung zielt nicht auf eine innovative Abstimmungslehre, mit der das Abstimmungswesen revolutioniert würde. Geboten wird vielmehr ein «Code of Best Practice», geschöpft aus dem reichhaltigen Erfahrungswissen, das sich in einer langen geschichtlichen Entwicklung in immer neuem Umgang mit Abstimmungsfragen herausgeschält hat.

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Einführung

Die Abstimmung und ihre Rechtsgrundlagen

Einführung

Thema der folgenden Empfehlungen. Zur Orientierung sei indes kurz das Verfahren durchgespielt, in das die Abstimmung eingebettet ist.

Wie abgestimmt wird, ist in Gesetzen, Verordnungen, Statuten und Geschäftsordnungen geregelt. Diese Regeln sind im Einzelnen sehr unterschiedlich. Oft sind zugleich Rechtsgrundlagen verschiedener Stufen zu beachten: Für die Vereinsversammlung zum Beispiel gelten die Vorschriften des Zivilgesetzbuches, dazu Regelungen in den Statuten des Vereins und vielleicht noch eine Geschäftsordnung (Verfahrensreglement), die sich die Versammlung selbst gegeben hat. Soweit die Abstimmung durch Rechtsgrundlagen geregelt ist, sind diese zu befolgen. Die Empfehlungen in dieser Anleitung können und wollen massgebliche Rechtsgrundlagen nicht ersetzen. Es bestehen grosse Unterschiede zwischen Versammlungen im politischen Bereich und solchen im Privatrecht wie zum Beispiel der Generalversammlung von Gesellschaftern. Die folgenden Empfehlungen sind nicht speziell auf die eine oder andere Versammlung zugeschnitten; sie enthalten vielmehr eine allgemeine Abstimmungslehre. Für die spezielle Versammlung müssen stets die besonderen Reglemente und Übungen beachtet werden. Auf die wichtigsten dieser Rechtsgrundlagen wird am Schluss hingewiesen (Y S. 148).

Die Abstimmung im Gesamtablauf der Versammlung Die Abstimmung markiert das entscheidende Moment in einem Verfahren, das lange vorher begonnen hat. Das eigentliche Abstimmungsgeschehen als der Kern des Vorgangs bildet das 10

Die Versammlung muss einberufen werden. Schon vor der Einberufung hat der Versammlungsleiter die bei ihm eingegangenen Anträge gesammelt und eine vorläufige Traktandenliste aufgestellt. Er berücksichtigt dabei die Anträge und bedenkt, welche anderen Geschäfte die Versammlung zu erledigen hat. Er sorgt dafür, dass für den gewünschten Versammlungstermin ein geeigneter Raum zur Verfügung steht. Bei der Einberufung achtet der Versammlungsleiter auf eine allfällige Einberufungsfrist. Die Einberufung gibt Ort und Zeit der Versammlung präzise an. Eine sehr wesentliche Vorarbeit des Versammlungsleiters besteht darin, dass er sich schon bei der Einberufung der Versammlung klar macht, wen er einladen muss. Er muss hierzu ein aktuelles Verzeichnis der stimmberechtigten Mitglieder haben oder jetzt erstellen. Es ist zweckmässig, wenn sich der Versammlungsleiter schon vor der Versammlung vergewissert, wer sich als Protokollführer zur Verfügung stellen könnte; auch mögliche Stimmenzähler mag man schon im Voraus ansprechen. Zu dem Versammlungstermin bringt der Versammlungsleiter die einschlägigen Rechtsgrundlagen mit (gesetzliche Bestimmungen, Statuten, Geschäftsordnung). Mit ihnen hat er sich hinreichend vertraut gemacht. Vorsorglich sollten auch stets die Hilfsmittel für eine geheime Abstimmung bereitgehalten werden (Urne, Stimmzettel). Bei jeder Versammlung, in der Beschlüsse gefasst werden sollen, muss eine Stimmrechtskontrolle stattfinden: Man muss sicherstellen, dass nur solche Personen mitstimmen, denen ein Stimmrecht zusteht. Die Stimmrechtskontrolle kann vor der Einberufung und/oder beim Zutritt zur Versammlung stattfinden. Bei grösseren Versammlungen kann den Personen, die als stimmberechtigt anerkannt werden, beim Zutritt ein Stimmausweis ausgehändigt werden, der dann beim späteren Abstimmen 11


Einführung

gezeigt werden muss. Bei der Stimmrechtskontrolle hält man zweckmässig fest, wie viele Stimmberechtigte erschienen sind. Der Versammlungsleiter eröffnet pünktlich die Versammlung. Dabei handelt es sich nicht bloss um die Höflichkeit einer freundlichen Begrüssung; vielmehr markiert die Eröffnung der Versammlung den Beginn eines Verfahrens, das von nun an nach genauen «Spielregeln» abläuft. Als Erstes sollte der Versammlungsleiter erklären, dass aus seiner Sicht eine gesetzesund statutengemässe Einberufung stattgefunden hat. Er sollte bekannt geben, wie viele Stimmberechtigte erschienen sind. Anhand des aktuellen Mitgliederbestandes hat der Versammlungsleiter vorab berechnet, wie viele Stimmberechtigte anwesend sein müssen, damit die Versammlung beschlussfähig ist (Anwesenheitsquorum). Er stellt nun anhand der Anwesenheitsliste fest, ob das Anwesenheitsquorum erreicht ist, und er gibt der Versammlung bekannt, ob sie beschlussfähig ist oder nicht. Wenn der Protokollführer nicht schon von vornherein feststand, macht der Versammlungsleiter für dieses Amt einen Personalvorschlag; durch Ordnungsbeschluss betraut die Versammlung den Vorgeschlagenen mit dem Protokoll. Der Protokollführer hält sogleich die schon vom Versammlungsleiter bekannt gegebenen Daten zur Einberufung und zur Beschlussfähigkeit fest. In einem nächsten Schritt wird die Traktandenliste für die Versammlung verabschiedet (lateinisch tractandum: zu Behandelndes; Tagesordnungspunkt). Ein Vorschlag für die Traktandenliste ist bereits mit der Einberufung verschickt worden. Nun kann noch eine Ordnungsdebatte über die Traktanden geführt und die Traktandenliste umgestellt, gekürzt und – in Grenzen – auch noch erweitert werden. Üblicherweise steht an der Spitze der Traktanden die «Abnahme des Protokolls» der vorangegangenen Versammlung. Als Nächstes folgen «Mitteilungen»; unter diesem Traktandum erhält die Versammlung wesentliche Informationen. Den Schluss bildet das Traktandum «Varia» (Verschiedenes).

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Einführung

Über die Traktandenliste wird ein Ordnungsbeschluss gefasst. Nun beginnt man, Traktandum um Traktandum abzuarbeiten.

Fehler und Fehlervermeidung im Abstimmungsgeschäft Beim Abstimmen unterlaufen Fehler. Damit ist nicht gemeint, dass man seine Stimme besser statt «für» einen Antrag «gegen» diesen abgegeben hätte. Vielmehr geht es um Fehler im Abstimmungsverfahren, die schliesslich dazu führen, dass der Beschluss, zu dem man gelangt ist, keinen gesicherten Bestand hat. Die Fehlerquote «im wirklichen Leben» ist wahrscheinlich erschreckend hoch. Nach der Erfahrung des Verfassers unterlaufen auch regelrechten Profis in der Hitze des Versammlungsgeschäfts Fehler. Schwierig ist die Fehlervermeidung besonders für diejenigen, die in einer Milizfunktion immer mal wieder eine Abstimmung leiten und für dieses Geschäft oft nicht hinreichend angeleitet worden sind. Wenn unsere Abstimmungsgeschäfte keineswegs in einem grossen Durcheinander enden, so ist dies vor allem zwei Faktoren zu verdanken. An erster Stelle hilft die Orientierung an der bewährten Übung des Verbandes: Man halte es als Versammlungsleiter so, wie man es in dieser Versammlung schon früher erlebt hat. Auch wenn man nicht vollständig versteht, warum so und nicht anders verfahren wird, ist es doch recht wahrscheinlich, dass das bewährte Verfahren seine Richtigkeit hat. Jedenfalls der Anfänger im Abstimmungsgeschäft wird vom bewährten Verfahren nur dann abweichen, wenn eine gründliche Nachprüfung ihn davon überzeugt hat, dass die bisherige Praxis mit dem geschriebenen Recht unvereinbar ist. An zweiter Stelle hilft es, dass die Rechtsordnung Fehler im Abstimmungsverfahren vergleichsweise nachsichtig behandelt. Ein fehlerhaft zustande gekommener Beschluss ist nicht schon als solcher 13


Einführung

unverbindlich. Vielmehr muss jemand die Initiative ergreifen und den Beschluss in aller Form anfechten. Diese Anfechtung ist typischerweise nur innerhalb einer bestimmten, kurzen Frist möglich. Wenn niemand fristgerecht gegen den Beschluss klagt, ist dieser – trotz des fehlerhaften Verfahrens – unangreifbar geworden. Auch im Übrigen ist eine erfolgreiche Anfechtung nicht so einfach; das Recht beschränkt den Personenkreis, der anfechten kann, und oft ist es auch erforderlich, dass der Fehler sich auf das Beschlussergebnis ausgewirkt haben muss. Ganz viele untergeordnete Fehler werden aufgrund dieser Regel «ausgebügelt». Man sollte es indes nicht darauf ankommen lassen, dass allfällige Fehler unbemerkt bleiben oder von niemandem zum Anlass einer Anfechtung genommen werden, oder dass eine spätere Anfechtung an den hohen Hürden, die das Recht aufstellt, scheitern wird. Dieser Fibel liegt die Philosophie zugrunde, dass es besser ist, Fehler von vornherein zu vermeiden, als sich hinterher um deren juristische Folgen zu streiten. Auch in Versammlungen sollte man mit der Zeit haushälterisch umgehen. Man strebt an, auf dem schnellstmöglichen Weg zu einem Beschluss zu kommen. Ein allgemeiner Ratschlag soll aber schon an dieser Stelle eingeschaltet werden: Die Abstimmungsökonomie darf nicht auf Kosten eines geordneten, rechtlich einwandfreien Verfahrens gehen. Lieber nimmt man sich etwas mehr Zeit und macht es richtig; man vermeidet Fehler und eine spätere Aufhebung des Beschlusses.

Die Hauptthemen im Überblick Damit abgestimmt werden kann, muss die Versammlung in gehöriger Form zusammengetreten sein. Die Versammlung besteht aus den erschienenen Stimmberechtigten; hier ist die Frage des Stimmrechts zu bedenken. Dies sind die Themen des 1. Kapitels, in dem es auch darum geht, wie die Versammlung ihr Verfahren 14

Einführung

durch Ordnungsbeschlüsse selbst regelt und welche Befugnisse dem Versammlungsleiter zukommen. Das Kapitel schliesst mit der Erörterung der Frage, was es eigentlich bedeutet, sich der Stimme zu enthalten. Keine Abstimmung ohne Antrag: Jede Abstimmung braucht einen Antrag als Abstimmungsgegenstand. Was erforderlich ist, um einen Antrag zur Abstimmung zu stellen, ist Thema des 2. Kapitels. Für jede Beschlussfassung ist es eine entscheidende Frage, mit welcher Anzahl von Stimmen der Antrag angenommen ist: Im 3. Kapitel geht es um das erforderliche Mehr. Man unterscheidet das einfache Mehr von verschiedenen Erscheinungsformen eines qualifizierten Mehr. Nochmals müssen Enthaltungen betrachtet werden, diesmal für die besonders umstrittene Frage, wie sie sich auf die Mehrheitsbestimmung auswirken. Nun kommt der eigentliche Abstimmungsvorgang in den Blick: Stimmt man offen oder geheim ab? Welches Abstimmungsmittel benutzt man? In welcher Reihenfolge kommen die Stimmberechtigten bei namentlicher Abstimmung zur Stimmabgabe? Auszählung und Beschlussfeststellung beenden für gewöhnlich den Stimmgang. Allenfalls stellt sich die schwierige Frage einer Beschlussberichtigung (4. Kapitel). Zur hohen Schule des Abstimmungsmanagements gehört der Umgang mit Antragsmehrheiten. Ihm ist das 5. Kapitel gewidmet. Hier wird erklärt, wie man zu einem durchdachten Abstimmungsplan kommt, den man dann in einer Abfolge von Einzelabstimmungen abarbeitet. Die Abstimmung im Zirkulationsverfahren (schriftliches Verfahren) wird im 6. Kapitel behandelt. Auch hier kommen Antragshäufungen vor, die auf etwas andere Weise bewältigt werden. Eine Sonderform der Abstimmung ist die Konsultativabstimmung, die keinen «echten» Beschluss hervorbringt (7. Kapitel). Schliesslich wird die Situation erörtert, die sich durch die Beschlussfassung ergeben hat. Das 8. Kapitel dreht sich um den wichtigen Grundsatz der Unverrückbarkeit des Beschlusses. Es geht um ein mögliches Rückkommen (Wiedererwägung) und 15


Einführung

die Gefahren einer späteren Anfechtung von Beschlüssen, bei deren Verabschiedung das Recht verletzt wurde.

Abstimmungsdesign Wer für einen Verband die Statuten oder ein Verfahrensreglement zu entwerfen hat, muss auch eine Regelung für die Abstimmung vorsehen. Hierbei muss man zunächst die Spielräume feststellen, die das übergeordnete Recht lässt. Anschliessend wird man sich fragen, wie man in diesem Rahmen die Abstimmung ausgestaltet. Man könnte vom Abstimmungsdesign sprechen. Nach der Lektüre dieser Fibel sollte der Leser wissen, woran er beim Design einer Abstimmung denken muss: Soll ein Anwesenheitsquorum aufgestellt werden? Wer soll antragsberechtigt sein? Wie müssen die Anträge in die Versammlung eingeführt werden? Soll das Anwesendenmehr oder das Abstimmungsmehr entscheiden, sollen also Enthaltungen ausser Betracht bleiben oder nicht? Soll dem Versammlungsleiter der Stichentscheid zustehen? Wie soll man das Vorgehen bei Antragshäufung regeln? Soll man ein schriftliches Abstimmungsverfahren (Umlaufverfahren) vorsehen und wie soll es ausgestaltet sein? Die folgende Abstimmungslehre kann auch als Sammlung von Empfehlungen zu diesen und anderen Fragen gelesen werden.

Urnenabstimmungen und Wahlen

Einführung

einer Volksabstimmung, hat man es viel einfacher: In aller Ruhe kann man die Abstimmungsfrage(n) formulieren, den Abstimmungsvorgang durchdenken und regelgerecht vorbereiten. Zweifelsfragen können im Vorfeld abgeklärt werden. Vor manchen Volksabstimmungen wurden schon juristische Gutachten dazu eingeholt, wie nun richtig abgestimmt werden sollte. Wer eine Urnenabstimmung vorbereitet, wird die Ratschläge dieser Fibel kaum benötigen; er hat alle Möglichkeiten, sich in Ruhe Zugang zu den einschlägigen Rechtsquellen zu verschaffen und alles genau zu durchdenken. Obschon die Urnenabstimmung hier nicht behandelt wird, können die Empfehlungen, die im 7. Kapitel für das Zirkulationsverfahren gegeben werden, auch bei der Urnenabstimmung bedacht werden. Von den Sachabstimmungen, um die es hier geht, unterscheidet man die Wahlen. Bei Wahlen geht es um kandidierende Personen, bei Sachabstimmungen um «Anträge». Der Antrag als Gegenstand der Sachabstimmung muss erst von einem Mitglied als ein «Kunstprodukt» erzeugt werden; der Antrag kann in der Beratung auch noch gestaltet und verfeinert werden, bevor man über ihn abstimmt. Sind durch Wahl zugleich mehrere Positionen zu besetzen, spielt es eine grosse Rolle, wie sich das Wahlergebnis in die Verteilung der zu besetzenden Positionen umsetzt (Sitzverteilungsverfahren). Diese Problematik besteht für Sachabstimmungen nicht, bei denen für jeden Antrag nur «binär» zu entscheiden ist, ob er angenommen oder abgelehnt wird. Vieles, was auf den folgenden Seiten angesprochen wird, hat man indes auch für Wahlen zu beachten, etwa die Frage der Wahlberechtigung (= Stimmberechtigung). Die spezifischen Probleme von Wahlen sind aber nicht Gegenstand dieser Fibel.

Diese Fibel will denjenigen unterstützen, der Abstimmungen in einer Versammlung durchzuführen hat. Er muss im drängenden Hier und Jetzt der Versammlung das Richtige tun, sogleich und mit sachlicher Autorität. Bei einer Urnenabstimmung, etwa bei 16

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Kapitel 4 Der Abstimmungsvorgang

Die Eröffnung der Abstimmung

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Die Aussprache (Verhandlung) und die Abstimmung sollten sauber geschieden werden. Hierfür sorgt der Versammlungsleiter. Er erklärt beispielsweise: «Es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Wir gehen nun zur Abstimmung über.»

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Der Schluss der Aussprache ist ein kritischer Moment, weil diejenigen, die noch nicht zu Wort gekommen sind, damit die Aussicht auf Verwirklichung ihres Rederechts verlieren. Die Rechtsgrundlagen enthalten oft ausführliche Regelungen dazu, unter welchen Voraussetzungen und auf welchem Wege der Beratungsschluss herbeigeführt werden kann.

129 Schluss der Aussprache

Die Mehrheit kann aufgrund eines Ordnungsantrags das Ende der Aussprache oder die Schliessung der Rednerliste beschliessen. Wenn sich eine Mehrheit für einen Sachantrag abzeichnet, könnte diese Mehrheit auch gleich zu Beginn den Schluss der Aussprache beantragen und beschliessen. Die Minderheit wäre dann ganz um die Möglichkeit gebracht, ihre Ansicht zu Gehör zu bringen. Dies wäre nicht nur taktlos, sondern ein Eingriff in die Rechte der Minderheit. Der Versammlungsleiter sollte über einen Ordnungsantrag auf Schluss der Aussprache daher erst abstimmen lassen, wenn das wesentliche Für und Wider zur Sprache gekommen ist. Manche Ordnungen sehen vor, dass ein Schluss der Aussprache nur mit einem qualifizierten Mehr (z. B. 2⁄3-Mehr) beschlossen werden kann.

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Mit dem Abstimmen beginnt das eigentliche Rechtshandeln. Daher ist nun der entscheidende Zeitpunkt, in dem es auf die Beschlussfähigkeit, die Stimmberechtigungen, die Urteilsfähigkeit und dergleichen ankommt. Die Protokollierung sollte den Abstimmungsvorgang mit allen Einzelheiten festhalten.

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Wenn der eigentliche Abstimmungsgang begonnen hat, sind Diskussionsbeiträge zu den Sachanträgen nicht mehr zuzulassen. Ordnungsanträge zu der anstehenden Abstimmung können

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Kapitel 4

noch gestellt sein und können auch noch neu gestellt werden; über sie kann noch eine Aussprache erfolgen. Zuerst wird über die hängigen Ordnungsanträge abgestimmt, bevor mit der Abstimmung über den Sachantrag/die Sachanträge begonnen wird. 133 Erläuterung durch den Versammlungsleiter

134 Abstimmungsfrage

Der Versammlungsleiter erläutert vor der Abstimmung, wie abgestimmt wird. Er gibt bekannt, welche Mehrheit für die Annahme des Antrags erforderlich ist. Er erklärt, wie sich Enthaltungen und ungültige Stimmen auf die Ermittlung der Mehrheit auswirken, falls dies der Versammlung nicht hinlänglich bekannt ist. Liegen mehrere Anträge vor, legt er dar, in welcher Reihenfolge er über diese abstimmen lassen wird (Y Kapitel 5). Schliesslich gibt er Weisungen technischer Art, etwa zum Ausfüllen von Stimmzetteln, den Urnengebrauch oder dergleichen. Der Versammlungsleiter sollte sich vergewissern, dass das erläuterte Vorgehen von der Versammlung gebilligt wird. Er sagt etwa: «Wenn sich kein Widerspruch erhebt, wollen wir jetzt so abstimmen.» Die Abstimmungsfrage muss so gestellt werden, dass darauf mit JA oder NEIN geantwortet werden kann. Eine Abstimmungsfrage wie «Wollt ihr X oder lieber nicht?» ist schlecht gestellt und verwirrt. (Zum Fall, dass mehrere Anträge zur Abstimmung zu stellen sind, Y Kapitel 5.) Man fragt etwa so: «Beantragt ist ... Wer dem Antrag zustimmen will, bezeuge dies durch Handaufheben (erhebe sich vom Sitz / schreibe JA auf seinen Stimmzettel).»

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Am besten wird ruhig abgestimmt; die einzigen Äusserungen sollten die Stimmabgaben sein. Jedenfalls darf kein Stimmberechtigter mehr zu der Versammlung sprechen; begleitende Erklärungen zur Stimmabgabe unterbleiben. 70

Der Abstimmungsvorgang

Ist mit der Abstimmung begonnen worden, wird die Versammlung bis zum Abschluss der Abstimmung nicht unterbrochen.

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Stimmabgabe schriftlich, mündlich oder durch Körpersprache Allen Formen der Stimmabgabe ist gemeinsam, dass der Wille, mit JA oder mit NEIN zu stimmen, ausdrücklich erklärt werden muss; dies kann, muss aber nicht durch Gebrauch von Worten geschehen. Die schriftliche Stimmabgabe erfolgt zumeist so, dass Stimmzettel von den einzelnen Stimmberechtigten beschriftet werden, am besten mit den Worten JA oder NEIN (Y 174, 177). Der Gebrauch von Stimmzetteln alleine bedeutet und gewährleistet indes noch nicht die geheime Abstimmung (Y 141); man kann unter Gebrauch von Stimmzetteln auch offen abstimmen. Die elektronische Abstimmung ist der Abstimmung durch Worte ähnlich, weil Schalter umgelegt oder Knöpfe gedrückt werden, denen das JA oder das NEIN zugeordnet ist.

137 Schriftliche Stimmabgabe

Mündlich wird in kleineren Versammlungen so abgestimmt, dass nacheinander jeder sagt, wie er stimmt. In grösseren Versammlungen kommt eine Abstimmung durch Zuruf vor: Die Befürworter des Antrags rufen alle gleichzeitig ihr JA oder klatschen oder klopfen. Die Lautstärke soll ergeben, dass eine klare Mehrheit zustimmt. Nur selten werden noch die NEIN-Stimmen aufgerufen; dann entscheidet die grössere Lautstärke. Diese Art der Stimmabgabe ist besonders unzuverlässig. Manche Versammlungen verfahren so, wenn man eine einfache und streitlose Beschlussfassung erwartet. Der Beschluss ist dann durch Zuruf (durch Akklamation; lateinisch per acclamationem) gefasst. In streitigen oder schwierigeren Geschäften verbietet sich dieses Verfahren. Mündliche Abstimmung ist immer offene Abstimmung.

138 Mündliche Stimmabgabe

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Kapitel 4 139 Stimmabgabe durch Körpersprache

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Sehr gebräuchlich ist die Abstimmung, bei der bestimmten Körperbewegungen die Bedeutung von Abstimmungssignalen beigelegt ist. Abgestimmt wird etwa durch Handzeichen, wobei manchmal die allenfalls vergebenen Stimmausweise (Y 157) hochgehalten werden müssen. Ein älteres Verfahren besteht im Einwurf eines vorher ausgeteilten Stimmobjekts (Kugel, Scherbe) in verschiedene Wahlurnen für JA und NEIN. Auch ein räumliches Auseinandertreten (lateinisch: discessio) oder ein Durchgang durch verschiedene Türen (im Freien: durch Drehkreuze) kommen als Stimmverfahren in Betracht. Aufstehen und Absitzen werden ebenfalls als Abstimmungssignal benutzt: Wer dafür stimmt, steht auf. Oder es werden, nachdem alle aufgestanden sind, diejenigen, die dagegen stimmen wollen, aufgefordert, sich zu setzen. Denen, die sich enthalten wollen, muss zuvor die Möglichkeit gegeben werden, zur Seite zu treten. Jede körpersprachliche Abstimmung setzt voraus, dass die Bedeutung der einzelnen Bewegungen durch den Versammlungsleiter festgelegt und erklärt wurde. Abstimmen mittels Körpersprache ist offene Abstimmung.

Offen oder geheim 141 Geheime Abstimmung

Geheim ist die Abstimmung dann, wenn kein Beteiligter (auch nicht allfällige Stimmenzähler) darüber Kenntnis erlangen kann, wie bestimmte Mitglieder gestimmt haben.

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Geheime Abstimmung erfordert Schriftlichkeit. Die Stimmberechtigten müssen eine Möglichkeit haben, die Stimmzettel so auszufüllen, dass andere davon keine Kenntnis nehmen können. Zur Gewährleistung einer geheimen Abstimmung werden gerne Abstimmungskabinen benutzt. Um eine Zuordnung eines Stimmzettels zu dem Mitglied, von dem er stammt, unmöglich zu machen, wird der abgegebene Stimmzettel sogleich untergemischt; die eingesammelten Stimmzettel werden üblicherweise vor der Aus72

Der Abstimmungsvorgang

zählung nochmals durchmischt. – Auch durch eine entsprechend konstruierte Stimmmaschine kann eine geheime Abstimmung bewerkstelligt werden. Bei einer Abstimmung mit gewichteten Stimmrechten (Y 22, 104) muss man eine Abstimmung ebenfalls geheim durchführen können; dies lässt sich mit einem gewissen Aufwand durchaus bewerkstelligen. Offen ist die Abstimmung dann, wenn keine besonderen Vorkehrungen getroffen werden, um die Stimmabgaben geheim zu halten. Will man darüber hinaus, dass die einzelnen Stimmabgaben individuell festgehalten und dokumentiert werden, stimmt man offen und namentlich ab; in diesem Fall kann man auch nachträglich feststellen, wer wie gestimmt hat.

143 Offene Abstimmung

Wenn keine besonderen Umstände vorliegen, sollte offen abgestimmt werden. Die geheime Abstimmung erlaubt, anders zu stimmen, als man gesprochen hat; sie begünstigt also die Unehrlichkeit. Wer bei offener Abstimmung seine Meinung nicht kundgeben will, muss sich enthalten, dabei aber – wenn Enthaltungen für die Ermittlung der Mehrheit nicht mitzählen – auf die Beeinflussung des Ergebnisses verzichten. Für die Versammlungsdemokratie erscheint die offene Abstimmung bei Nichtberücksichtigung der Enthaltungen (Y 109) als die ideale Abstimmungsform.

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Die geheime Abstimmung empfiehlt sich, wenn bei offener Stimmabgabe die Unbefangenheit gefährdet wäre. Dies ist insbesondere der Fall, wenn in einer Versammlung Stimmberechtigte zusammen sind, unter denen Abhängigkeitsverhältnisse bestehen.

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Wenn nach den Rechtsgrundlagen sowohl die offene als auch die geheime Abstimmung zulässig sind, macht der Versammlungsleiter einen Vorschlag, ob er offen oder geheim abstimmen lassen will; ohne besonderen Anlass wird er offen abstimmen lassen.

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Kapitel 4 147 Antrag auf geheime Abstimmung

Jeder Stimmberechtigte kann den Ordnungsantrag stellen, geheim abzustimmen. Wenn sich hiergegen kein Widerspruch regt, wird geheim abgestimmt. Sofern der Wunsch nach geheimer Abstimmung nicht ganz unvernünftig ist, sollten die anderen ihm nachgeben. Erzwingen kann man diese Rücksichtnahme jedoch nicht. Wird von anderer Seite auf offener Abstimmung bestanden, muss daher über den Abstimmungsmodus abgestimmt werden. Man kann erwägen, ob die Abstimmung über «offen oder geheim» ihrerseits geheim durchgeführt werden muss; es ist aber üblich, dass diese Abstimmung – wie Abstimmungen über Ordnungsanträge überhaupt – offen erfolgt. Entsprechend verfährt man, wenn jemand nach dem Vorschlag des Versammlungsleiters, geheim abzustimmen, die offene Abstimmung beantragt.

148

Wenn rechtlich eine geheime Abstimmung zwingend vorgeschrieben (obligatorisch) ist, kann auch dann nicht zur offenen Abstimmung übergegangen werden, wenn die Mehrheit dies will oder sogar alle damit einverstanden wären.

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Da es auch unerwartet zu geheimen Abstimmungen kommen kann, hält man am besten allzeit die dafür erforderlichen Hilfsmittel (Stimmzettel, Abstimmungsurne) bereit.

Namentliche Abstimmung 150 Namensaufruf

Namentliche Abstimmung bedeutet, dass die Stimmabgabe jedes einzelnen Stimmberechtigten protokolliert wird (Namensliste). Die Stimmberechtigten werden nacheinander zur Stimmabgabe aufgerufen (Namensaufruf); zur Reihenfolge Y 154. Die Stimmabgabe kann dann schriftlich, mündlich und körpersprachlich erfolgen; Letztgenanntes zum Beispiel so: Alle erheben sich und werden einzeln aufgerufen; der Aufgerufene setzt sich, wenn er mit NEIN stimmen will. Auch die elektronische Stimmabgabe kann so eingerichtet sein, dass sie jede einzelne 74

Der Abstimmungsvorgang

Stimmabgabe namentlich festhält. Namentliche Abstimmung muss nicht offene Abstimmung sein. Bei namentlich/geheimer Abstimmung wird nur festgehalten, wer gestimmt hat. Wird namentlich/offen abgestimmt, weiss man von jedem Einzelnen, wie er gestimmt hat. An dieser Information besteht vor allem bei politischen Versammlungen mit gewählten Mitgliedern ein erhebliches Interesse, weil Wähler erfahren wollen, wie ihr Repräsentant gestimmt hat. Da bei namentlicher Abstimmung alle Teilnehmer an der Abstimmung festgehalten werden, steht jedenfalls die Anzahl der Abstimmenden zweifelsfrei fest. Es lässt sich jetzt und zu jedem späteren Zeitpunkt rückblickend ermitteln, ob die Versammlung bei der Abstimmung beschlussfähig war. Die verschiedenen Stimmverfahren sind von unterschiedlicher Zuverlässigkeit. Am unzuverlässigsten ist die Stimmabgabe durch Zuruf, Handzeichen oder Ähnliches. Am zuverlässigsten ist die namentliche Abstimmung; sie ist freilich auch langwierig. Die namentliche Abstimmung ist die Königin unter den Abstimmungsarten. Daher ist die namentliche Abstimmung manchmal für Geschäfte von besonders grosser Tragweite vorgeschrieben. Die namentliche Abstimmung ist fast unvermeidlich, wenn die einzelnen Stimmrechte unterschiedlich gewichtet sind.

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Kann man kraft seines Stimmrechts auf einem Stimmverfahren bestehen, bei dem gewährleistet ist, dass die eigene Stimme keinesfalls übersehen wird? Diese Ansicht leuchtet ein, ist aber nicht allgemein anerkannt. Der einzelne Stimmberechtigte muss es hinnehmen, wenn das Stimmverfahren, das in seinem Verband rechtens in Gebrauch ist, von einer gewissen Unzuverlässigkeit ist. Dies gilt jedenfalls für Versammlungen, die von alters her bestehen (z. B. Landsgemeinde); bei der neuen Einrichtung einer Versammlung wird man strengere Massstäbe anlegen. Manchmal geben die Rechtsgrundlagen dem einzelnen Mitglied oder einer Mitgliedergruppe von einer bestimmten Grösse das Recht, auf namentlicher Abstimmung zu bestehen.

152 Anspruch auf verlässliches Verfahren?

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Kapitel 4 153 Offenes Handmehr

Gelegentlich ist in Rechtsgrundlagen vorgesehen, dass zunächst körpersprachlich abgestimmt wird; bei klarem Ergebnis wird dieses ohne Zählung bekannt gegeben, das heisst nur durch die Feststellung als «mehrheitlich angenommen» / «mehrheitlich abgelehnt» (offenes Handmehr). Für diese Feststellung können besondere «Stimmenzähler» zuständig sein (Y 173), die in diesem Verfahren aber nicht zählen, sondern schätzen. Fällt das Ergebnis indes nicht ganz klar aus, ist eine qualifizierte Wiederholung der Abstimmung vorgesehen, dies schriftlich und/oder durch Namensaufruf oder unter Beizug zusätzlicher Stimmenschätzer. Hier könnte man fragen, ob beim erneuten Stimmgang alle wieder so stimmen müssen wie im ersten; dies lässt sich indes praktisch nicht durchsetzen und wird daher nicht verlangt.

Stimmabgabe gleichzeitig oder nacheinander 154

Bei offener Abstimmung ist gleichzeitige (simultane) Stimmabgabe anzustreben.

155 Jüngste stimmen zuerst

Bei namentlicher Abstimmung kann nur nacheinander (sukzessiv) gestimmt werden. Wenn bei namentlicher, also sukzessiver Abstimmung offen gestimmt wird, zum Beispiel durch Handerheben, wissen die, die später abstimmen, wie die Vorangegangenen gestimmt haben. Die Beeinflussung, die dadurch möglich wird, ist unerwünscht. Daher wird hier die Reihenfolge bedeutsam, in der die Stimmberechtigten zur Stimmabgabe gelangen. In der geschichtlichen Entwicklung hat man viel Mühe darauf verwendet, die «richtige» Reihenfolge festzulegen. Es hat sich bewährt, mit denjenigen Stimmberechtigten zu beginnen, die nach Rang, Dienstalter oder ähnlichen Kriterien die geringste Autorität haben; diese werden so davor geschützt, durch die Stimmabgabe der ranghöheren Stimmberechtigten beeindruckt 76

Der Abstimmungsvorgang

zu werden. Dieses Verfahren bot sich besonders an, solange die Menschen verschiedenen Ständen angehörten, Standes- und Rangunterschiede auch rechtlich klar ausgeprägt waren. Heute wird es beispielsweise noch in kollegialen Exekutivorganen oder in gerichtlichen Spruchkörpern benutzt. Ansonsten sind wegen der allgemeinen Rechtsgleichheit ähnliche Unterschiede, etwa in der Amtsdauer (Anciennität), nicht so klar oder nur mit Umständen auszumachen; dann sollte es bei einer neutralen Ordnung, etwa nach den alphabetisch geordneten Namen, bleiben. Man kann von Abstimmung zu Abstimmung auch je von Neuem den Buchstaben auslosen, von dem aus der Aufruf beginnt. Sind die Stimmrechte gewichtet, so empfiehlt es sich, das Stimmrecht mit dem grössten Stimmgewicht zuerst, das mit dem geringsten Stimmgewicht als Letztes abstimmen zu lassen. Für den Fall, dass zur Vorbereitung der Aussprache für das Geschäft ein Sachbearbeiter bestimmt worden ist, ist bisweilen angeordnet, dass dieser zuerst stimmt. Der Versammlungsleiter sollte mit Rücksicht auf seine Neutralitätspflicht (Y 11) am besten als Letzter stimmen. Die unerwünschte Begleiterscheinung, dass später Stimmende bereits wissen, wie die früher Stimmenden sich entschieden haben, lässt sich auch durch geschickte Gestaltung der Abstimmung vermeiden. So kann man die Stimmberechtigten namentlich aufrufen und einen ausgefüllten Stimmzettel abgeben lassen; die Stimmzettel werden dann – durchaus unter Offenlegung – erst ausgewertet, wenn alle gestimmt haben. Will man Schriftlichkeit vermeiden, kann man die Befürworter auffordern, gleichzeitig aufzustehen und sich erst wieder zu setzen, nachdem ihre Namen notiert wurden; wer sich bei einem solchen Verfahren der Stimme enthalten will, muss dies während des Abstimmungsvorgangs (in einer vom Versammlungsleiter festgelegten Art und Weise) deutlich machen, etwa indem er sich an den Rand des Versammlungsortes begibt.

77

156


Kapitel 4

Vor der Abstimmung

Der Abstimmungsvorgang

Die Stimmabgabe

Merkliste für Versammlungsleiter

I.

Stimmberechtigungen geprüft? Stimmfähigkeit bei allen gegeben?

II.

Ausstandsgründe geprüft?

Wenn in einer Versammlung, in der ausser den Stimmberechtigten noch andere Personen anwesend sind, offen abgestimmt wird, zum Beispiel durch Handaufheben, muss der Versammlungsleiter diese deutlich darauf hinweisen, keine Abstimmungshandlungen vorzunehmen. Bei grösseren Versammlungen ist die Ausgabe von Stimmausweisen (Stimmkarten o. Ä.) beliebt und zweckmässig; sie kann mit der Stimmrechtsprüfung verbunden werden.

III.

Allgemeine Beschlussfähigkeit der Versammlung gegeben (Anwesenheitsquorum)?

Ein einzelnes, aber gewichtetes Stimmrecht kann nur einheitlich ausgeübt werden.

IV.

Wie wird abgestimmt: – Offen/geheim? – Namentlich? – Gleichzeitig oder nacheinander? – Falls nacheinander: in welcher Reihenfolge? – Mit welchem Abstimmungsmittel? – (Körpersprache, Stimmzettel o. Ä.)

Vor Eintritt in den Stimmgang bedenkt, klärt und erläutert der Versammlungsleiter die folgenden Fragen:

158

Beispiel: Ein Gesellschafter verfügt über einen Gesellschaftsanteil von 65⁄1000. In der Generalversammlung kann er nicht mit 35⁄1000 für und mit 30⁄1000 gegen den Antrag stimmen. Eine solche Stimmabgabe wäre ungültig. Verfügt jemand hingegen aufgrund zulässiger Stellvertretung über ein Doppel- oder Mehrfachstimmrecht, kann er die verschiedenen Stimmrechte unterschiedlich ausüben. Wird ein Stimmrecht von mehreren Personen gemeinschaftlich ausgeübt, müssen diese sich auf den Inhalt ihrer Stimmabgabe einigen; sonst wird ihr Stimmrecht nicht gültig ausgeübt (Y 24).

V. Besteht für diesen Antrag ein besonderes Beschlussfassungsquorum? VI.

157 Stimmausweise

Welches Mehr ist für den Antrag erforderlich?

II. Werden ungültige Stimmen und Enthaltungen V mitgerechnet? III. Falls mehr als ein Sachantrag gestellt ist: V Abstimmungsplan Y Kapitel 5.

78

Die Stimmabgabe in einer Versammlung kann gültig nur auf den Aufruf zur Stimmabgabe hin und im unmittelbaren zeitlichen Anschluss an diesen erfolgen. Es handelt sich um ein Rechtsgeschäft unter Anwesenden (Präsenzgeschäft). Zur Abstimmung im Zirkulationsverfahren Y Kapitel 6.

159 Abstimmung ein Präsenzgeschäft

Hat ein Stimmberechtigter an der Aussprache teilgenommen, sich aber vor dem eigentlichen Stimmgang entfernt, stimmt er nicht mit; er kann auch nicht seine Stimmabsicht durch einen anderen Stimmberechtigten kundtun lassen (ausser es wird

160

79


Kapitel 4

in aller Form von einer zulässigen Stellvertretung Gebrauch gemacht: Y 45). Beispiel: Es bringt nichts, wenn Müller erklärt: «Schnyder musste gehen, er hat mir aber noch gesagt, dass er dagegen stimmt.» 161

162 Briefliche Stimmabgabe?

163 Telefonische Stimmabgabe

Ist ein Stimmberechtigter erst während oder nach der Aussprache zur Versammlung hinzugekommen, sollte man ihn noch mitstimmen lassen. Es ist zwar unschön, wenn jemand in Unkenntnis von der vorangegangenen Aussprache abstimmt; dieser Umstand hat aber kein hinreichendes Gewicht, um den Stimmberechtigten um sein Stimmrecht zu bringen. Der Versammlungsleiter kann schliesslich auch kaum sicherstellen, dass jeder Anwesende der Aussprache mit geistiger Anteilnahme folgt. Mitstimmen kann aber nur, wer die Abstimmungsfrage mitbekommen hat. Wer erst während einer schon laufenden Abstimmung erscheint, stimmt nicht mehr mit. Es ist guter Stil, wenn ein verspätet hinzugekommenes Mitglied sich hinsichtlich des Traktandums, dessen Behandlung es nicht von Anfang an verfolgt hat, der Stimme enthält. Da die Stimmabgabe aufgrund des Eindrucks der Aussprache erfolgen soll, ist eine vorgängige briefliche Stimmabgabe durch einzelne Stimmberechtigte regelmässig nicht zugelassen; die nachträgliche Briefabstimmung ist nicht möglich, weil der Beschluss während der Versammlung gefasst werden muss. Anders verhält es sich, wenn die ganze Abstimmung für alle im schriftlichen Wege durchgeführt wird (Y Kapitel 6). Ist bei mündlicher Abstimmung eine Stimmabgabe durch einen Abwesenden derart möglich, dass der Stimmberechtigte durch Mittel der Fernkommunikation mit einem in der Versammlung Anwesenden oder mit dem Versammlungsleiter verbunden ist? Geht man von dem Leitbild aus, dass die in der Versammlung anwesenden Personen mit dem Ziel einer Gesamtwillensbildung zusammenwirken, wird man die Stimmabgabe durch 80

Der Abstimmungsvorgang

Abwesende nicht zulassen. Wenn aber eine passive und aktive Teilnahme an der gesamten Verhandlung mit technischen Mitteln ermöglicht werden kann (Videokonferenz), erscheint auch ein Mitstimmen denkbar. Die Versammlung muss diese Frage von vornherein geklärt und reglementarisch geregelt haben. Bei mündlicher Abstimmung und bei Abstimmung durch Handzeichen wird üblicherweise zunächst nach den JA-Stimmen gefragt. Das weitere Verfahren hängt davon ab, welches Mehr erforderlich ist: Wenn für die Annahme des Antrags das Anwesendenmehr (Y 107, 110) erforderlich ist, weiss man von vornherein, welche Anzahl von JA-Stimmen zur Annahme des Beschlusses erforderlich ist; daher steht das Ergebnis der Abstimmung bereits nach Abgabe und Auszählung der JA-Stimmen fest. Die Rechtsgrundlagen sehen dann oft vor, dass nicht mehr oder nur auf einen Ordnungsantrag hin nach den NEIN-Stimmen gefragt wird (Gegenprobe; Frage nach dem Gegenmehr). Kommt es nicht zur Gegenprobe, bleibt offen, wie sich der Rest der Stimmen zwischen NEIN-Stimmen und Enthaltungen aufgeteilt haben würde. Wenn dagegen das Abstimmungsmehr entscheidet (Y 107, 109), kennt man das Ergebnis erst nach Abnahme der JA- und der NEIN-Stimmen, deren Anzahl man vergleichen muss. Daher werden die JA- und gleich anschliessend die NEIN-Stimmen abgefragt. Beispiel: Von 37 Stimmberechtigten stimmen nur 4 mit JA. Wenn das Mehr der Anwesenden entscheidet (19 Stimmen), ist der Antrag klar abgelehnt. Wenn dagegen das Abstimmungsmehr entscheidet («Mehr JA als NEIN»), muss unbedingt noch nach den NEIN-Stimmen gefragt werden. Stimmen nun 3 mit NEIN, enthalten sich also 30, ist der Antrag doch noch angenommen.

81

164 JA-Stimmen zuerst

Gegenprobe


Kapitel 8 Nach dem Beschluss

Die Unverrückbarkeit des Beschlusses So wie ein Zug im Schach nicht einfach zurückgenommen werden kann, kann auch ein gefasster Beschluss nicht so einfach von der Versammlung wieder zurückgenommen werden, selbst wenn er nun den einen oder anderen reut und eine erneute Abstimmung deswegen zu einem anderen Ergebnis führen könnte. Dieser Grundsatz der Unverrückbarkeit von Beschlüssen (vote acquis) dient der Rechtssicherheit: Die Verabschiedung eines Beschlusses löst im Verband Aktivitäten aus, durch die der Beschluss in die Tat umgesetzt wird. Bei einer Beseitigung des Beschlusses müssen diese Aktivitäten gestoppt und nach Möglichkeit rückgängig gemacht werden, was oft nicht mehr oder nur noch mit grossen Kosten zu erreichen ist. Um Misslichkeiten zu vermeiden, erschwert das Recht die Beseitigung eines Beschlusses; dies selbst dann, wenn der Beschluss fehlerhaft zustande gekommen ist (Y 280). Da auch die Ablehnung eines Antrags einen Beschluss bildet (Y 2, 186), steht der Grundsatz der Unverrückbarkeit des Beschlusses auch einer erneuten Stellung des bereits abgelehnten Antrags entgegen. Wenn ein Antrag abgelehnt worden ist, ist die Lage daher nicht mehr ganz dieselbe wie vor dem ablehnenden Beschluss: Der bestehende Zustand hat eine gewisse, vorübergehende (Y 279) Stärkung erfahren, indem ein erneuter Anlauf, der die gleiche Änderung zum Ziel hat, in dieser Versammlung nicht mehr zugelassen wird.

136

137

273 vote acquis


Kapitel 8

Rückkommen (Wiedererwägung) 274 Rückkommensantrag und Rückkommensbeschluss

275

Man nimmt für die meisten Verbände an, dass ein gefasster Beschluss erst in dem Zeitpunkt unverrückbar wird, in dem die Versammlung geschlossen wird: Vor Schluss der Versammlung sind ja die Aktivitäten zur Umsetzung des Beschlusses noch gar nicht angelaufen. Übrigens kann sich ein und dieselbe Versammlung über mehrere Sitzungstermine/-tage hinziehen. Bis zu diesem Zeitpunkt kann die Versammlung den Beschluss noch einmal umstossen, ohne den Grundsatz der Unverrückbarkeit von Beschlüssen zu verletzen. Dazu bedarf es indes zunächst eines Rückkommens- oder Wiedererwägungsantrags. Dieser hat zum Inhalt, dass man erneut über das Geschäft sprechen und allenfalls auch erneut abstimmen möchte. Es handelt sich um einen Ordnungsantrag; das einfache Mehr entscheidet. Der Abstimmung kann eine kurze Aussprache vorausgehen, in der es aber nur darum gehen darf, ob man in eine Wiedererwägung überhaupt eintreten will oder nicht. Oft muss nach den Rechtsgrundlagen über das Rückkommen sogar ganz ohne Aussprache abgestimmt werden. Der Beschluss eines Rückkommens ist – anders als die vom Versammlungsleiter wegen Fehlerhaftigkeit angeordnete Neuabstimmung (Y 197, 199) – nicht davon abhängig, dass der Beschluss, auf den man zurückkommen will, unter offenbarer Verletzung des Verfahrens zustande gekommen war. Man kann das Verfahren eines Rückkommens mit Neuabstimmung aber auch beschreiten, um Zweifel an der Rechtmässigkeit der ersten Beschlussfassung auszuräumen. Sinnvoll kann der Einsatz von Rückkommensanträgen bei komplexen Geschäften sein, in deren Behandlung mehrere Beschlüsse zu fassen sind; am Ende stellt man fest, dass ein zu Anfang gefasster Beschluss nicht so recht zu den später gefassten Beschlüssen passt, und man will ihn ändern. Dies wird durch die Wiedererwägung ermöglicht. Wenn der weitere Verlauf 138

Nach dem Beschluss

der Versammlung dagegen keine sachliche Veranlassung gebracht hat, noch einmal auf den gefassten Beschluss zurückzukommen, ist es kein guter Stil, wenn man die Möglichkeit des Rückkommens vor dem Schluss der Versammlung für den Versuch benutzt, einen gefassten Beschluss doch noch einmal zu «drehen». Man sollte den einmal gefassten Mehrheitsentscheid respektieren. Nachdem der Rückkommensantrag angenommen worden ist, kann über den Gegenstand des Beschlusses nochmals verhandelt und abgestimmt werden. Um nach einer erneuten Sachaussprache den Beschluss, auf den man zurückgekommen ist, aufzuheben, ist ein hierauf gerichteter Antrag erforderlich. Für diesen gilt dasselbe Mehrheitserfordernis wie bei der ursprünglichen Beschlussfassung. War das einfache (überhälftige) Mehr (Y 99, 102) erforderlich gewesen, so muss für die Beschlussaufhebung ebenfalls das einfache (überhälftige) Mehr erreicht werden. Man kann sich ausrechnen, wie viele Stimmberechtigte die Seite wechseln müssten, damit das Rückkommen tatsächlich zu einer Aufhebung des Beschlusses führt. Auch in jeder anderen Hinsicht (z. B. Ausstandsgründe, Y 52; besonderes Abstimmungsquorum, Y 21) gelten dieselben Regeln wie für die Beschlussfassung, die man rückgängig machen will. Beispiel: Die Versammlung hat mit dem erforderlichen 2⁄3Mehr eine Statutenänderung beschlossen, wonach der Vorstand aus 7 statt aus 3 Personen bestehen soll. Im weiteren Verlauf der Sitzung fällt auf, dass man hierfür wohl gar nicht genug Kandidaten wird finden können. Man beschliesst mit dem einfachen Mehr ein Rückkommen. Um den Beschluss über die Statutenänderung aufzuheben, muss erneut das 2⁄3-Mehr erreicht werden. Durch die Verabschiedung des Aufhebungsbeschlusses – Juristen sprechen vom Konträrakt – gilt der ursprüngliche Beschluss als nicht gefasst. Er ist gleichsam gelöscht. Dies ist nur möglich, 139

276

Aufhebungsbeschluss


Kapitel 8

wenn der Beschluss noch keine Wirkungen gezeitigt hat. Eben deswegen besteht die Möglichkeit des Aufhebungsbeschlusses nur während derselben, noch fortdauernden Versammlung oder allenfalls solange sich die Verhandlung desselben Geschäfts noch unabgeschlossen über mehrere Sitzungen hinzieht. Wenn der Verband ein Verzeichnis der gefassten Beschlüsse führt, unterbleibt aufgrund der rechtzeitigen Aufhebung des Beschlusses jeder Eintrag. 277 Neubeschluss nach Rückkommen

Änderungsbeschluss

278

Im Zuge des beschlossenen Rückkommens soll oft auch ein Beschluss anderen Inhalts gefasst werden. Mit der Annahme eines darauf gerichteten Antrags gilt zugleich der ursprüngliche Beschluss als aufgehoben. Es müssen daher auch die Voraussetzungen erfüllt werden, wie sie für einen Aufhebungsbeschluss bestehen (Y 276). Es ist nicht unbedingt erforderlich, dient aber der Klarheit, wenn der auf einen neuen Beschluss gerichtete Antrag zugleich auf eine Aufhebung des ursprünglichen Beschlusses gerichtet wird. Wird der auf einen Neubeschluss gerichtete Antrag abgelehnt, bleibt der ursprüngliche Beschluss bestehen. Im Rahmen des Rückkommens ist es allenfalls auch möglich, den ursprünglichen Beschluss bestehen zu lassen, ihn aber abzuändern oder durch einen Ergänzungsbeschluss weiterzugestalten. Es ist indes besser, den ursprünglich gefassten Beschluss ganz aufzuheben, indem ein vollständig neuer, aus sich heraus verständlicher Beschluss verabschiedet wird. Es kann sein, dass der am Ende der Wiedererwägung gestellte Aufhebungs- oder Neuantrag nicht das erforderliche Mehr findet. Dann bleibt die Beschlusslage trotz des Rückkommens und der Wiedererwägung unverändert.

140

Nach dem Beschluss

Gegenbeschluss Von einem Rückkommen während noch andauernder Versammlung (Y 274) muss man den Fall unterscheiden, dass der Verband in irgendeiner späteren Versammlung einen neuen Beschluss fasst, um von dem früheren Beschluss abzugehen. In diesem Fall liegen zwei Beschlüsse vor (Beschluss und Gegenbeschluss), wobei der zweite Beschluss die Geltung des ersten Beschlusses beendet und allenfalls auch noch seine Auswirkungen neutralisiert, soweit dies noch möglich ist. Die Verabschiedung eines Gegenbeschlusses kann nichts mehr daran ändern, dass im Zeitraum zwischen den beiden Beschlussfassungen der ursprünglich verabschiedete Beschluss gegolten hat. Hierdurch unterscheidet sich der nachfolgende Gegenbeschluss vom regelrechten Aufhebungsbeschluss (Y 276): Der Aufhebungsbeschluss im Rückkommen verhindert die Geltung des Beschlusses, der Gegenbeschluss beendet sie. In ein allfälliges Verzeichnis der gefassten Beschlüsse war der ursprünglich gefasste Beschluss eingetragen worden; nun erhält auch der in die Gegenrichtung zielende Beschluss seinen Eintrag. Wie es in einer späteren Versammlung möglich ist, die Geltung eines früher gefassten Beschlusses durch Verabschiedung eines Gegenbeschlusses zu beenden, so kann in einer späteren Versammlung auch ein Antrag, der in einer früheren Versammlung abgelehnt worden war (und in derselben Versammlung nicht nochmals gestellt werden durfte Y 273), erneut zur Abstimmung gebracht werden. Der Respekt vor dem einmal gefassten Mehrheitsentscheid gebietet, dass man nicht gleich bei erster Gelegenheit den Versuch unternimmt, einen Gegenbeschluss zu verabschieden. Bei knappen Mehrheitsverhältnissen ist es leicht möglich, dass von Versammlung zu Versammlung ein anderer Beschluss gefasst werden könnte; es tut einem Verband aber nicht gut, wenn er durch Beschluss und Gegenbeschluss (und dann Gegengegenbeschluss und so fort) unbeständig hin und her schwankt.

141

279


Kapitel 8

Anfechtung von Beschlüssen 280 Rechtsverstoss

Anfechtungsfrist

281 Rechtsbruch ursächlich für den Beschluss

Nach dem Beschluss

gelegentliche Rechtsverletzungen, die sich in der Praxis nie vollständig vermeiden lassen, häufig folgenlos.

Wie für jedes Rechtshandeln kann man auch für den Beschluss fragen, ob es bei seinem Zustandekommen, also bei der Abstimmung und bei der Feststellung ihres Ergebnisses, mit rechten Dingen zugegangen ist oder ob Rechtsverletzungen vorgekommen sind. Wie die Abstimmung rechtlich durch Gesetze und Statuten geregelt wird, kommen als Rechtsverletzungen die Verstösse gegen das Gesetz oder gegen die Statuten des Verbandes in Betracht. Wenn ein Beschluss unter Rechtsverletzung zustande gekommen ist, kann der Beschluss den Verband an sich nicht binden. Es bestehen aber sehr unterschiedliche Regelungen dazu, wie man einen Beschluss mit der Begründung angreift, die Beschlussfassung sei unter Verletzung rechtlicher Bestimmungen erfolgt. Teilweise bedarf es einer besonderen Anfechtung. In diesem Fall muss man den Beschluss unter Umständen innerhalb einer bestimmten, kurzen Frist und in einem besonderen Verfahren anfechten. Hierzu sind typischerweise nur diejenigen Mitglieder berechtigt, die bei der Abstimmung mit der unterlegenen Minderheit gestimmt haben. Macht niemand fristgerecht von der Möglichkeit der Anfechtung Gebrauch, wird der bei der Beschlussfassung unterlaufene Rechtsverstoss gleichsam «geheilt». – Weiterhin können die bei der Beschlussfassung unterlaufenen Rechtsverstösse unterschiedlich schwerwiegend und dementsprechend rechtlich von unterschiedlicher Wirkung sein. Eine immer wiederkehrende Frage geht dahin, ob eine bei der Abstimmung unterlaufene Rechtsverletzung die Anfechtbarkeit des Beschlusses auch dann nach sich zieht, wenn bei rechtmässigem Verfahren dasselbe Endergebnis (Annahme oder Ablehnung des Antrags) herausgekommen wäre. Eine für alle Verbände gleichermassen gültige Antwort lässt sich nicht geben; im Allgemeinen wird der Beschluss nur dann anfechtbar sein, wenn er bei korrektem Verfahren anders ausgefallen wäre: Die Rechtsverletzung muss also eine (mögliche) Ursache für das Abstimmungsergebnis sein. Aufgrund dieser Regel bleiben 142

Ist die spätere Anfechtung des Beschlusses davon abhängig, dass man eine Rechtsverletzung sogleich gerügt hat? Die Frage wird für verschiedene Verbände etwas unterschiedlich beantwortet. Teilweise ist ein frühestmöglicher Protest (noch in der Versammlung) zur regelrechten Voraussetzung der Anfechtung bestimmt. Auch wo dies nicht der Fall ist, wird erwogen, dass jemand, der stillschweigend einem – wie er bemerkt – fehlerhaften Verfahren beiwohnt, sein Anfechtungsrecht verwirkt (Rechtsmissbrauch). Es ist daher sehr zu empfehlen, dass man auf erkannte Rechtsverletzungen sogleich aufmerksam macht. Bei der späteren Anfechtung eines Beschlusses kann es wichtig werden, dass man den Umstand, der die Rechtsverletzung ausmacht, beweisen kann. Als Mittel hierzu bietet sich insbesondere das Protokoll an. Zweckmässig ist es daher, wenn der fragliche Umstand im Protokoll festgehalten wurde. Wer befürchtet, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugeht, sollte beantragen, der entsprechende Umstand sei im Protokoll festzuhalten.

282 Rechtzeitiger Protest

Wegen der Möglichkeit, dass ein Beschluss angefochten wird, empfiehlt es sich, die Abstimmungsunterlagen wenigstens für die Dauer einer allfälligen Anfechtungsfrist aufzubewahren.

283

Wenn die gerichtliche Anfechtung Erfolg hat, ist der angefochtene Beschluss damit von Anfang an unverbindlich gewesen. Dagegen führt die erfolgreiche Anfechtung nicht dazu, dass nun allenfalls der Beschluss, so wie er richtig hätte lauten müssen, gilt. Juristen sagen: Die Anfechtung wirkt nur kassatorisch. Die Versammlung kann bei nächster Gelegenheit in dieser Angelegenheit neu Beschluss fassen. Nur in Ausnahmefällen kann die erfolgreiche Anfechtung dem an sich richtigen Beschluss zur Geltung verhelfen, zum Beispiel wenn der Versammlungsleiter den Antrag als abgelehnt festgestellt hat, weil er zu Unrecht das 2⁄3-Mehr für erforderlich hielt; das einfache Mehr war erreicht worden.

284 Anfechtung wirkt nur vernichtend

143


Kapitel 8

Nach dem Beschluss

Schadenersatz bei Abstimmungsfehlern

286

Unterbleibt eine fristgerechte Anfechtung, bindet der Beschluss trotz seiner Fehlerhaftigkeit – er beinhaltet ja an sich ein Scheinergebnis – die Versammlung und den Verband.

286

Es soll vorkommen, dass Versammlungsleiter einen Beschluss bewusst unter Verletzung des Rechts herbeiführen, weil sie damit rechnen, dass eine Anfechtung während der Anfechtungsfrist nicht erfolgen wird. Es handelt sich um einen Rechtsmissbrauch. Am besten sieht man in der absichtlichen Rechtsverletzung, bei der auf die Untätigkeit der allenfalls Anfechtungsberechtigten spekuliert wird, einen Nichtigkeitsgrund, der dem Beschluss von Anfang an und ohne dass es einer Anfechtung bedürfte, jede Verbindlichkeit nimmt (Y 287).

Vor allem in Verbänden, in denen die Mitgliedschaft mit Vermögensinteressen verbunden ist, etwa bei der Aktiengesellschaft oder bei den Stockwerkeigentümern einer Liegenschaft, kann ein Beschluss, der unter Verletzung des Rechts gefasst wird, bei Einzelnen erheblichen Schaden verursachen.

Nichtiger Beschluss

Hier kann für die erlittenen Einbussen Ersatz verlangt werden, wenn sich nachweisen lässt, dass die Stimmrechtsprüfung mit Absicht oder wenigstens aufgrund einer Schlamperei falsch durchgeführt wurde. Es wird aber von dem Betroffenen erwartet, dass er von einer allfälligen Möglichkeit, den Beschluss durch Anfechtung zu beseitigen (Y 280), Gebrauch macht, weil er damit Schaden noch von sich abwenden kann.

287

Bisweilen kommen ganz schlimme Fehler vor. Beispiel: Die Mitglieder streiten sich immer mehr und lauter. Die Versammlung ist nur noch ein Durcheinander. Ohne dass abgestimmt worden wäre, ruft der entnervte Versammlungsleiter: «Ich betrachte den Antrag jetzt als angenommen», und lässt dies auch so protokollieren.

Ganz offensichtlicher Rechtsverstoss

288

Ein solcher «Beschluss», bei dem die Rechtsverletzung offensichtlich (evident) ist, ist nichtig; er bindet niemanden. Man muss ihn nicht erst anfechten; Anfechtungsfristen spielen daher keine Rolle. Allenfalls kann man gerichtlich die Nichtigkeit des Beschlusses feststellen lassen. Die Frage, wann ein Beschluss «nur» anfechtbar ist und wann nichtig, beschäftigt die Fachleute des Abstimmungswesens.

Beispiel: Unter einem Vorwand wird dem Stimmberechtigten verwehrt, an der Versammlung teilzunehmen. Seine Abwesenheit erlaubt es, einen Beschluss zu fassen, der ihn gegenüber den Übrigen wirtschaftlich stark benachteiligt.

Strafbare Eingriffe in Abstimmungen Bei kommunalen, kantonalen und eidgenössischen Abstimmungen sind die vorsätzliche Störung oder Verfälschung der Abstimmung, die Bestechung oder Bedrohung von Stimmberechtigten sowie die Verletzung des Abstimmungsgeheimnisses unter Strafe verboten.

Für die Frage der Anfechtbarkeit eines Beschlusses (oder dessen Nichtigkeit) und deren allfällige Folgen wird man einen Juristen beiziehen müssen. 144

289

145

290


Möglichkeiten bei unerwünschten/fehlerhaften Beschlüssen Massgeblich sind stets die einschlägigen Rechtsgrundlagen

Abbruch und Neuvornahme

Wann

Durch wen

Voraussetzung

Wirkung

Lies

Nur solange Abstimmungsergebnis noch nicht eröffnet

Versammlungsleiter

Offensichtliche Unregelmässigkeiten im Stimmvorgang

Die beim 1. Versuch abgegebenen Stimmen verfallen

170

Eröffnung (Bekanntgabe) des Ergebnisses: Beschluss ist gefasst Nachzählung/ Neuabstimmung

Bis zum Schluss der Versammlung

Versammlung

Ordnungsbeschluss

Der zunächst festgehaltene Beschluss wird hinfällig. Es gilt das festgestellte Ergebnis der Nachzählung /der Neuabstimmung

196

Berichtigung

Bis zum Schluss der Versammlung

Versammlungsleiter

Offensichtliche Unrichtigkeit

Der Beschluss enthält den Inhalt wie berichtigt

197

Rückkommen (Wiedererwägung)

Bis zum Schluss der Versammlung

Versammlung

Rückkommensbeschluss (Ordnungsantrag + Mehrheitsentscheid) und Aufhebungs-/ Änderungsbeschluss

Bei Aufhebung/Änderung des Beschlusses: Der Beschluss wird nicht /nur so wie geändert gefasst

274

Schluss der Versammlung: Beschluss wird unverrückbar Gegenbeschluss

Frühestens in der nächsten Versammlung

Versammlung

Mehrheitsbeschluss

Der ursprüngliche Beschluss hat nur gegolten im Zeitraum zwischen seiner Verabschiedung und dem Aufhebungsbeschluss

279

Anfechtung

Innerhalb der Anfechtungsfrist

Gericht

Beschluss wurde durch Rechtsverletzung beeinflusst

Dem Beschluss wird rückwirkend die Verbindlichkeit genommen

280

Nichtigkeit

Jederzeit, ausser man hat zu lange zugewartet (Verwirkung)

Jedermann (gerichtliche Feststellung möglich)

Ganz arge, für jedermann offensichtliche Rechtsverletzung

Der «Beschluss» (eigentlich ein Nichtbeschluss) ist unverbindlich

287

146

147


Wegweiser zu den Rechtsgrundlagen

Die Verbände und Einrichtungen, in denen abgestimmt wird, sind von einer unüberschaubaren Vielfalt. Auch in den Gerichten und Exekutivorganen, die als Kollegium entscheiden, und überhaupt in allen «Räten» muss man abstimmen. In ein und demselben Verband kann die Notwendigkeit, abzustimmen, in mehreren «Organen» auftreten: Bei einer Aktiengesellschaft zum Beispiel wird nicht nur in der Generalversammlung abgestimmt, sondern auch im Verwaltungsrat (wenn dieser aus mehr als einem Mitglied besteht). Es ist unmöglich, die jeweils einschlägigen Rechtsgrundlagen für alle Zusammenhänge, in denen abgestimmt wird, erschöpfend aufzuführen. Für diejenigen Verbände, an denen besonders häufig Interesse bestehen dürfte, sind anschliessend die wichtigsten Rechtsgrundlagen benannt. Wer diesen Rechtsgrundlagen nachgeht, sollte immer von der spezielleren zu der allgemeineren Regelung fortschreiten: Als Erstes fragt man nach einer Geschäftsordnung, die sich die abstimmende Versammlung selbst gegeben hat (Verfahrensreglement); dann nach den durch den Verband selbst gesetzten Regeln und schliesslich nach dem Rechtssetzungsakt, auf den die Existenz des Verbandes gegründet ist. Juristen sprechen von einer Normhierarchie. Beispiel: Ein Gemeinderat gibt sich für seine Sitzungen ein Geschäftsreglement; hier findet man ins Einzelne gehende Regelungen auch für die Abstimmung. Die Gemeinde hat den Gemeinderat, seine Befugnisse und sein Verfahren mittels ihrer Gemeindeordnung geregelt; darin werden auch schon Grundzüge des Abstimmungswesens behandelt sein. Der Bestand der Gemeinde beruht auf dem kantonalen Gemeindegesetz ; hier ist, wenn überhaupt, nur sehr allgemein der Abstimmungen im Gemeinderat gedacht. Die spezielleren Regelungen der «niedrigeren» Normebene dürfen denen der «höheren» Normebene nicht widersprechen; sie ergänzen und verfeinern diese. Bei geordneten Verhältnissen darf man davon ausgehen, dass dies bei der Normsetzung beachtet worden ist. Daher reicht es meistens aus, wenn man sich an die Bestimmungen der «niedrigsten» Normebene hält; das wären hier diejenigen im Geschäftsreglement. 148

149


Wegweiser zu den Rechtsgrundlagen

Abgestimmt wird nicht nur in den eigentlichen Versammlungen, sondern ebenso in den zahlreichen Kommissionen, die aus den Versammlungen heraus für einzelne Geschäfte gebildet werden. Es ist üblich, wenngleich nicht zwingend, dass die Abstimmungsregeln in Kommissionen denen nachgebildet sind, die für ihre Mutterversammlung gelten; so sollte man es auch halten, wenn nichts Besonderes bestimmt ist.

Wegweiser zu den Rechtsgrundlagen Y Geschäftsreglement des Kantonsrat (Grossrat) Kantonsrats (Grossrats) Y Kantonsverfassung

Kirchgemeindeversammlung

Y Kirchgemeindeordnung Y Kantonales

Kirchgesetz

Y Geschäftsordnung der Kirchensynode Kirchensynode Y Kantonales Kirchgesetz Y Statuten Aktiengesellschaft/ Y Art. 689 bis 695 (insb. 692) Generalversammlung Obligationenrecht Y Statuten Aktiengesellschaft/ Y Art. 713 und 714 Verwaltungsrat Obligationenrecht

Einfache Gesellschaft

Y Gesellschaftsvertrag Y Art.

534 Obligationenrecht

Y Geschäftsordnung der Gemeindeversammlung (Gemeinderat) Gemeindeversammlung resp. des Gemeinderats Y Gemeindeordnung Y Kantonales Gemeindegesetz Y Statuten Genossenschaft/ Y Art. 880 bis 891 (insb. 888) Generalversammlung Obligationenrecht

Genossenschaft/ Delegiertenversammlung

Y Statuten Y Art.

892 Obligationenrecht

Y Gesellschaftsvertrag Kollektivgesellschaft Y Wie bei der einfachen Gesellschaft (Art. 557 Absatz 2 Obligationenrecht) Y Gesellschaftsvertrag Kommanditgesellschaft Y Wie bei der Kollektiv gesellschaft (Art. 557 Absatz 2 Obligationenrecht) Y Art. 55 bis 60 GeschäftsNationalrat reglement des Nationalrates Y Art. 71 bis 82 Parlaments- gesetz Y Art. 159, 160 Bundes verfassung Y Art. 42 bis 46 GeschäftsStänderat reglement des Ständerates Y Art. 71 bis 82 Parlaments gesetz Y Art. 159, 160 Bundes verfassung

Y Statuten Gesellschaft mit Y Art. 805 bis 808c (insb. beschränkter Haftung 808) Obligationenrecht

150

151


Y Begründungsakt Stockwerkeigentümer- Y Art. 712n, 712o, 712p versammlung Zivilgesetzbuch Y Ergänzend Vereinsrecht (Art. 712m Absatz 2 Zivil- gesetzbuch)

Statt eines Nachwortes: die häufigsten Fehler Stimmberechtigungen nicht ordentlich geprüft Y 22–60

Verein/ Vereinsversammlung

Y Statuten

Abstimmung ohne oder ohne sauber formulierten Antrag

Y Art.

Y 65–98

Verein/Vorstand

Y Statuten

Bedeutung der Enthaltung nicht vorab bedacht und erläutert

Y Art.

Y 107–111

67, 68 Zivilgesetzbuch

69 Zivilgesetzbuch

Keine klare Vorstellung vom erforderlichen Mehr Zu vielen dieser Rechtsgrundlagen gibt es ausführliche Kommentare, in denen Einzelfragen der Abstimmung behandelt werden.

Y 99–127

Bei mehreren Anträgen kein richtiger Abstimmungsplan Y 201–246

Beschlussergebnis nicht förmlich eröffnet Y 186–193

Unverrückbarkeit des Beschlusses missachtet Y 273–279

152

153


A bis Z der Abstimmung Abänderungsantrag Y Änderungsantrag Abbruch des Stimmgangs 170–172 Abbruch wegen feststehenden Ergebnisses 168, 169 Ablehnung eines Antrags 2, 186, 273, 279 Ablehnungsantrag 67 Absolute Einstimmigkeit 121 Absolutes Mehr 127 Abstimmungsmehr 107, 109 Abstimmungsplan 243–246 Abstimmungsquorum 21 Änderungsantrag 71, 191, 222–230 Änderungsbeschluss, nach Rückkommen 277 Akklamation 138 Alleinantrag 201 Alternativanträge 207–213 Alternativanträge, im schriftlichen Verfahren 257 Alternative Unteranträge verschiedener Stufen 214–219 Anciennität 155 Anfechtung des Beschlusses 280–286 Anteilsmehr 104, 119 Antrag 6, 65–98 Antragsbegründung 78 Antragshäufung 201–246, 257–265 Antragsprüfung 80, 81 Antragsrecht 69, 70 Antragsteller 68 Anwesendenmehr 107, 110 Anwesenheitsliste 39 Anwesenheitsquorum 15–18 Aufhebungsbeschluss 276, 279 Auslegung der Stimmabgabe 176–178 Ausmehrung 216, 233 Aussprache 3, 129, 130 Ausstand 52–60 Bedingte Stimmabgabe 182 154

Bedingter Antrag 182 Bedrohung des Stimmberechtigten 180, 290 Befangenheit 52 Beitritt zu einem Antrag 73 Bekanntgabe des Beschlusses Y Beschlusseröffnung Beratende Stimme 25, 106 Berichtigung des Beschlusses 194–200 Beschluss 1 Beschlusseröffnung 184–193 Beschlussfähigkeit 15–21 Beschlussfassungsquorum 21 Bestechung des Stimmenden 181 Bevollmächtigung von Nichtmitgliedern 47 Binäres Verfahren 219 Briefliche Stimmabgabe 163 contre-proposition Y Gegenantrag Dialektisches Prinzip 61, 182 discessio 139 Doppelabstimmung mit Stichentscheid 258–265 Doppelstimmrecht 48, 106 Doppeltes JA 260 Ehrenmitgliedschaft und Stimmrecht 25 Einberufung 85 Einfache Abstimmung 67 Einfaches Mehr bei gewichteten Stimmrechten 104 Einfaches Mehr 99–104 Einheit der Materie 79 Einstimmigkeit 121, 189 Eintretensdebatte 81 Elektronische Abstimmung 137, 142, 251 Eliminationsverfahren 216, 233 E-Mail (schriftliches Verfahren) 251 Enthaltungen und Mehrheitserfordernis 107–114 Enthaltungen 62–64, 107–114 Enthaltungen, beim wahlähnlichen Verfahren 235 Eröffnung des Beschlusses 184–193 Eventualabstimmung und qualifiziertes Mehr 213 155


A bis Z der Abstimmung

Eventualabstimmung 207–213 Fehlerberichtigung 194–200 Feststellung des Beschlusses Y Eröffnung des Beschlusses Frage Y Antrag Freiwilliger Ausstand 59 Gegenantrag 207–213 Gegenbeschluss 279 Gegengegenbeschluss 279 Gegenmehr 164 Gegenprobe 164 Gegenvorschlag Y Gegenantrag Gegenstimme 64 Geheime Abstimmung 142–149 Gemeinschaftliches Stimmrecht 26, 106 Geschäftsordnung 8 Geschäftsordnungsdebatte 93–98 Gesetzesverstoss 280 gewichtetes Stimmrecht 22, 104, 119 golden share 23 Gruppenabstimmung 232 Gültigkeit der Stimmabgabe 180 Handzeichen 139 Hauptantrag 210 Höchststimmzahl 127, 211 Identitätsprüfung der Stimmberechtigten 32 Initiative 69 Interessenkonflikt 53, 54 JA-Stimme 61 Klassenstimmrecht 22 Konsensquorum 107 Konsultativabstimmung 267–272 Konträrakt 276 Koordinierte Hauptanträge 231 Kopfstimmprinzip 22 «Leer einlegen» Y Enthaltungen Losentscheid 211 Mehrfachstimmrecht 49, 106 156

A bis Z der Abstimmung

Mehrheit der Mitglieder 106, 117, 127 Mehrheit von Änderungsanträgen 229 Mehrheit von Antragstellern 73, 74 Meinungsbild 267 Mitgliedermehr 106, 117, 127 mode électif 232 Motion Y Antrag Mündliche Abstimmung 138 Nachzählung 194–198 Namensaufruf 150 Namensliste 150 Negativantrag Y Ablehnungsantrag Negative Antragsfassung 102 NEIN-Stimme 63 Neuberechnung des Abstimmungsergebnisses 194–198 Neutralität des Versammlungsleiters 11, 155, 188 Neuvornahme des abgebrochenen Stimmgangs 170–172 Nichtiger Beschluss 51, 287 Offene Abstimmung 143–148 Offenes Handmehr 153 Ordnungsantrag 93–98, 132 Ordnungsbeschluss 10 Ordnungsgewalt 9 Patt 100, 101 Präsenzgeschäft 159 Präsenzziffer 15 Präsident Y Versammlungsleiter Prinzipienabstimmung, im schriftlichen Verfahren 265 Probeabstimmung 267 Protokoll 39 Qualifizierte Wiederholung der Abstimmung 153 Qualifiziertes Abstimmungsmehr 117 Qualifiziertes Mehr und Stimmrechtsgewichtung 119 Qualifiziertes Mehr 115–121 Qualifiziertes Mehr, beim wahlähnlichen Verfahren 238 Qualitative Abstimmung 62, 201 Rechtsprüfung von Anträgen 80, 81 157


A bis Z der Abstimmung

Rederecht 24, 129, 130 Redezeit 4 Reihenfolge namentlicher Abstimmung 155, 156 Reihenfolgenabstimmung 201 Relatives Mehr 127, 211, 235 Rückkommen 274–278 Rückkommensbeschluss 274 Rückzug eines Antrags 71, 72 Sachantrag 93, 94 Sachbearbeiter 155 Schadenersatz 289 Schluss der Aussprache 129, 130 Schlussabstimmung 212, 213, 241 Schriftliche Mehrheitsentscheidung 255, 256 Schriftliche Stimmabgabe 138 Schriftliches Verfahren 247–266 Selbstständiger Gegenantrag 207 Serienverfahren 201 Simultane Stimmabgabe 154 Spontanantrag 87–90 Stichentscheid des Versammlungsleiters 12, 101, 185, 211 Stichfrage bei Doppelabstimmung 258–265 Stimmabgabe unter gegründeter Furcht 180 Stimmausweis 139, 157 Stimmengleichstand 100, 101, 185, 211 Stimmenkauf 181 Stimmenschätzer 153, 173 Stimmenzähler 173, 176 Stimmfähigkeit 40–44 Stimmgewicht 22, 97, 104, 119, 158, 187 Stimmkarte 139, 157 Stimmkraft 22, 97, 104, 119, 158, 187 Stimmrechtsprüfung 29–39 Stimmzettel 137, 149, 175, 178 Stimmzwang 59, 62 Strafrechtsschutz der Abstimmung 290 Subtraktionsverfahren 165 158

A bis Z der Abstimmung

Sukzessive Stimmabgabe 155 Sukzessivverfahren 201 Summenmehr 104, 119, 120 Täuschung des Stimmberechtigten 180 Tagesordnung Y Traktandenliste Telefonische Stimmabgabe 163, 251 Tischvorlage 86 Trägheitsprinzip 99, 228 Traktandenliste 83–85 Traktandum «Mitteilungen» 84 Traktandum «Varia» 84 Überhälftiges Mehr 103 Überraschungsantrag 82, 87, 92 Umlaufverfahren 247–266 Unberechtigter Ausschluss vom Stimmrecht 37 Ungültigkeit der Stimmabgabe 176, 180–183 Ungültige Stimmen und Mehrheitserfordernis 107–114 Universalversammlung 20, 92 Unmündiger Stimmberechtigter 41–43, 46, 180 Unselbstständiger Änderungsantrag 223 Unteränderungsantrag 230 Unterunteranträge 215 Unverrückbarkeit des Beschlusses 273 Urabstimmung 255 Variantenabstimmung, im schriftlichen Verfahren 266 Verfahrensreglement Y Geschäftsordnung Versammlungsleiter 9–14, 80, 101, 111, 126, 170, 184–188, 197, 198, 201, 211 Versammlungsmehr 105, 106, 117 Verstärktes Mehr 115–121 Vertretung von Stimmberechtigten 45–51 Verwirkung des Anfechtungsrechts 282 Vetorecht 23 Vetoverfahren 166 Vorschlag Y Antrag Vorschlagsrecht 69, 70 Vorsitzender Y Versammlungsleiter 159


vote acquis Wahlähnliches Verfahren Wechselseitig einander ausschliessende Anträge Weiter gehender Antrag Weiter gehender Unterantrag Weniger weit gehender Antrag Weniger weit gehender Unterantrag Wiedererwägung Wortmeldung Zensusstimmrecht Zirkulationsverfahren Zuruf Zwang bei der Stimmabgabe

273 231–240 202 204–206 221 204–206 221 274–278 5 22 247–266 138 180

160

Der Autor Wolfgang Ernst, geboren 1956, Prof. Dr. iur., Studium der Rechtswissenschaft in Bonn am Rhein, Frankfurt am Main und New Haven, CT (USA). Professor für Römisches Recht und Privatrecht zunächst in Tübingen, dann in Bonn und Cambridge; seit 2004 an der Universität Zürich. Forschungsschwerpunkte: Vertrags- und Sachenrecht mit ihrer jeweiligen Wissenschaftsgeschichte. Verheiratet, vier erwachsene Kinder.

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