Horn (Hrsg.): Verlockungen zur Unfreiheit.

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Karen Horn (Hrsg.)

Verlockungen zur Unfreiheit Eine kritische Bibliothek von 99 Werken der Geistesgeschichte

Verlag Neue Zürcher Zeitung

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2015 Verlag Neue Zürcher Zeitung, Zürich Umschlag: GYSIN [Konzept+Gestaltung], Chur Gestaltung, Satz: Gaby Michel, Hamburg Druck, Einband: CPI books GmbH, Leck Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werks oder von Teilen dieses Werks ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts. ISBN 978-3-03810-021-8 www.nzz-libro.ch NZZ Libro ist ein Imprint der Neuen Zürcher Zeitung Lizenzausgabe für Deutschland und Österreich:           Franfurter Societäts-Medien GmbH Frankenallee 71–81 D-60327 Frankfurt am Main Geschäftsführung: Oliver Rohloff ISBN 978-3-95601-098-9 www.fazbuch.de ®

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Vorwort

Diesem Band sei ausnahmsweise ein mehrfaches nachdrückliches Dementi vorangestellt. Nein, es handelt sich hier nicht um einen «Index», um eine Liste der aus freiheitlicher Sicht gleichsam «verbotenen Werke». Nein, niemand soll davon abgehalten werden, die zu einem großen Teil berühmten Bücher und Essays, die er beim Stöbern in dieser «kritischen Bibliothek» entdeckt, auch selbst zur Hand zu nehmen, sie gründlich zu studieren und den einen oder anderen davon auch etwas, vielleicht sogar einiges abzugewinnen. Und nein, die schlichte lexikalische Sortierung der besprochenen Werke soll nicht andeuten, dass eigentlich die Autoren mit ihrem gesamten gedanklichen Œuvre und nicht nur bestimmte einzelne Schriften im Vordergrund stünden, und noch weniger, dass die Texte allesamt auf einer Stufe zu verorten und folglich in gleichem Maße problematisch seien. Im Gegenteil. Doch langsam und der Reihe nach. Der vorliegende Band hat einen Vorfahren: Die Idee der Freiheit (2008), ebenfalls ein Gemeinschaftswerk von Rezensenten aus dem Umfeld der Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft. Bedeutende Werke der liberalen Geistesgeschichte sind darin vorgestellt, von Lord Actons History of Liberty bis zu Mary Wollstonecrafts Verteidigung der Rechte der Frau – und zwar genau 111 an der Zahl. Diese spielerische Note sollte verdeutlichen, dass die Herausgeber und Autoren keinerlei Anspruch auf Fixierung eines verbindlichen Werkekanons für das liberale Denken erheben wollten, und das ist diesmal nicht anders. Beide Sammelbände sind getragen von der Überzeugung, dass die Idee der Freiheit zuallererst eine Idee vom Wert der kulturellen Vielfalt und Toleranz ist. Die Idee der Freiheit ist auf erfreuliche Resonanz gestoßen. So kam eines Tages die Frage auf, ob nicht auch ein zweiter Band reizvoll sei, mit dem die Kehrseite der Geistesgeschichte auf ähnliche Weise zu beleuchten wäre. Ein Buch über Werke, die von der Freiheit wegführen, historisch oder aktuell, von ihren Autoren beabsichtigt oder unbeabsichtigt, direkt oder indirekt, offen oder verdeckt, von links oder rechts, massiv oder nur tendenziell. Ein solches Buch gab es bis anhin nicht. Es mangelte nicht an Bedenken, Warnungen und Einwänden. Die Fragen waren nicht einfach zu beantworten: Welche Werke müssen berücksichtigt werden, welche auf keinen Fall? Wie kann man den Eindruck vermeiden, alle Werke über einen Kamm zu scheren oder sie gar auf dieselbe 5

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Stufe zu stellen? Kann man, wenn man nur einzelne Werke in den Blick nimmt, den Autoren überhaupt gerecht werden? Doch das Reizvolle an der Sache überwog, und so verfolgten wir sie weiter. Zunächst hieß es, eine Grenze zu ziehen zwischen den Werken, die im ersten Buch Berücksichtigung gefunden haben, weil sie für das liberale Denken konstitutiv sind, und denen, um die es sich im vorliegenden Band drehen soll, weil sie vom liberalen Denken wegführen oder wegzuführen drohen. Das war schwieriger, als es auf ersten Blick erscheint, denn auch in et­lichen anerkanntermaßen liberalen Schriften finden sich heikle Überlegungen, die – wenn man sie zu Ende denkt – von der Idee der Freiheit wegführen können, beispielsweise im Wohlstand der Nationen von Adam Smith die Arbeitswertlehre, die später Karl Marx aufgegriffen hat; in Über die Freiheit von John S ­ tuart Mill das Konzept des gesellschaftlichen Zwangs; in der Verhängnisvollen Anmaßung von Friedrich A. von Hayek der letztlich deterministische und zudem auch noch biologistische Evolutionsbegriff. Repräsentativ sind diese heiklen Passagen freilich nicht. Da zudem, um im Beispiel Smith/Marx zu bleiben, erst im Kapital und nicht schon im Wohlstand der Nationen deutlich zutage tritt, wohin die Arbeitswertlehre führt, ist es für die kritische Auseinandersetzung ergiebiger, sich dann auch gleich des Werks von Marx anzunehmen. Diesmal haben unsere Rezensenten 99 Werke betrachtet, wobei die Zahl wieder spielerisch gemeint ist, genauso wie der bewusst paradoxe Titel Verlockungen zur Unfreiheit. Natürlich ist es nicht die Unfreiheit selbst, die aus sich heraus einen Sog entfaltet. Die Verlockung geht von anderen Werten und Zielen aus: von der Gleichheit, der Gerechtigkeit, der Vernunft, der nationalen Größe vielleicht, dem Respekt vor der Tradition, der Bewahrung der Schöpfung und ähnlichem. All diesen Werten und Zielen ist gemein, dass sie dringend eines Bezugs zur Freiheit als höchstem Wert bedürfen. Denn losgelöst von der Idee der Freiheit können sie, wenn man es mit ihnen übertreibt, glatt zur Unfreiheit führen. Wir haben Wert darauf gelegt, klassische Werke und aktuelle Schriften auszuwählen, denen Substanz, Reichweite und Bedeutung ebenso wenig abgesprochen werden kann wie ihren Autoren. Zwar finden sich einige übliche Verdächtige, die in keiner Geistesgeschichte fehlen dürfen, aber wir haben auch ein paar Überraschungen eingestreut. Dabei sei eines erneut betont: Man glaube nicht, wir hätten die hier besprochenen Werke (und damit womöglich ihre Autoren) allesamt in einen Topf geworfen und wollten sie gleichermaßen pauschal als «illiberal» brandmarken. Das wäre ganz und gar nicht unsere Absicht, und es entspräche auch nicht einer seriösen Auseinandersetzung. Nicht nur lässt sich bekanntlich schon darüber streiten, was Freiheit im Einzelnen ausmacht, selbst wenn man sich auf einen 6

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«negativen» Begriff der Freiheit im Sinne der Abwesenheit von willkürlichem Zwang einigen kann. In der politischen Welt gibt es außerdem nicht nur ein Schwarz-Weiß, sauber geschieden in die konsequenten Liberalen auf der einen Seite und die konsequenten Freiheitsfeinde auf der anderen. Es gibt vielmehr eben etliche Graustufen und somit auch Viertel-, Halb- oder Dreiviertelliberale, die mit manchen Schriften zwar dazu beigetragen haben, die Akzeptanz für illiberale Politik zu vergrößern, die im Kontext einer liberalen Geistesgeschichte aber dennoch wichtige Verdienste haben. Manche Werke sind janusköpfig, beispielsweise der hier besprochene Leviathan von Thomas Hobbes, ohne den die modernen vertragstheoretischen Ansätze des Liberalismus nicht zu denken wären, der sich mit seiner Rechtfertigung absoluter Herrschaft aber auch ins komplette Gegenteil wenden lässt, oder Hegels Grund­linien der Philosophie des Rechts, die zwar eine frühe Institutionen-Theorie und eine wichtige Fundierung des Rechtsstaats enthalten, dabei aber das Kollektiv über das Individuum stellen. Auch sind viele Werke, in denen andere Werte als die Freiheit im Vordergrund stehen, nicht allein deshalb in Bausch und Bogen abzulehnen. Und nicht alle Autoren, die einmal ein freiheitsfeind­ liches Werk verfasst haben, sind in ihrem Gesamtwerk als Gegner der Freiheit zu verstehen. So einfach liegen die Dinge nicht, Verallgemeinerungen verbieten sich, Achtsamkeit und Differenzierung sind geboten. Gerade weil Differenzierung geboten ist, sind die in diesem Band vorgestellten Werke in der schlichten lexikalischen Reihenfolge der Namen ihrer Autoren aufgeführt – mit dem auf ersten Blick vielleicht befremdlichen Nebeneffekt, dass Martin Luther mit seiner Freiheit eines Christenmenschen alphabetisch neben Rosa Luxemburg mit ihrer Akkumulation des Kapitals rückt, und der als Herausgeber fungierende Christian Geyer mit dem Sammelband Hirnforschung und Willensfreiheit neben John Kenneth Galbraith mit seiner Gesellschaft im Überfluss. Mit dieser Nachbarschaft geht jedoch keinerlei inhaltliche Botschaft einher. Die lexikalische Reihenfolge ist vielmehr am neutralsten und soll auch nichts anderes zum Ausdruck bringen. Zudem verleiht sie dem Band den an Die Idee der Freiheit angelehnten Charakter eines Nachschlagewerks; sie macht es leichter, die Besprechungen zu bestimmten Werken ohne langes Suchen aufzufinden. Eine Einordnung in feste politikwissenschaftliche Kategorien und entsprechende Kapitel ist unterblieben, weil sie dem offenen Geist dieses Bandes zuwiderliefe. Gerade weil es kein SchwarzWeiß gibt, widersetzen sich viele Werke einer eindeutigen, unstrittigen Klassifizierung; sie trotzdem vorzunehmen, hätte von der Herausgeberseite aus eine allzu enge normative Vorgabe bedeutet. Maos kleines Rotes Buch als totalitär zu qualifizieren, wäre 7

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zwar beispielsweise nicht schwer und wohl kaum strittig, aber ließe sich dasselbe auch von den markigen Worten des Architekten Le Corbusier in seinen Grundlagen des Städtebaus behaupten? Oder von David Graeber, einem der aktuellen Vordenker der Occupy-Bewegung? Hätten wir eine solche kategoriale Zuordnung vorgenommen, dann hätte sich durch die Hintertür doch wieder das Problem eingeschlichen, dass ganz entgegen unserer Absicht beim Leser der Eindruck eines nun sogar mehrstufigen «liberalen Index» entstehen könnte. Im Bewusstsein der Unterschiedlichkeit der hier besprochenen Texte möge also jeder sich ein eigenes Bild machen und abwägen. Eine Vielzahl an ideologischen Abgrenzungen ist denkbar. Es gibt zum Beispiel genuin freiheitsfeindliche Werke, aus denen sich eine Geringschätzung der Würde des Individuums und ein Herbeisehnen der Konzentration politischer Macht ergibt – wie etwa in der Antike Platons Politeia. In solchen Texten bedienen sich die Verfasser des Begriffs der Freiheit allenfalls, um das ungefähre Gegenteil der Freiheit im klassisch-liberalen Sinne zu meinen. Diese radikalen Texte der Freiheitsverleugnung stehen für eine in letzter Konsequenz totalitäre Idee der Entmündigung des Menschen und für einen politischen Kollektivismus, in dem das Ganze alles und der Einzelne nichts ist. Dann gibt es aber auch jene Werke, denen zwar kein komplettes Gegenbild gegen die Gesellschaft der Freiheit zu entnehmen ist, die aber dennoch eine starke Vorliebe des jeweiligen Verfassers für autoritäre, herrschaftsbetonte Gesellschaftsordnungen erkennen lassen, zum Beispiel für einen Ständestaat oder eine Technokratie. Hier mag man Othmar Spanns Wahren Staat einordnen. Außerdem gibt es Werke, deren Autoren sich zwar durchaus der Freiheit verpflichtet fühlen, die bei Lichte besehen – oder unter dem Einfluss ihrer Rezeption – aber trotzdem auf Paternalismus und Interventionismus hinauslaufen und damit die Freiheit unterminieren können. Das kann beispielsweise für die Geburt der Biopolitik von Michel Foucault gelten. Insgesamt sollte man sich also bei der Lektüre bewusst sein, dass hier sehr unterschiedliche Kategorien von Werken besprochen sind. Im Übrigen sind die Werke nur nach ihrer exemplarischen Relevanz ausgewählt; wir haben nicht versucht, alle denkbaren Richtungen erschöpfend abzudecken, aus denen der Idee der Freiheit der Wind ins Gesicht bläst. Wahrscheinlich wäre das ohnehin nicht zu bewerkstelligen. Außerdem sind manche Werke intellektuell schlicht zu unergiebig und ihre Beurteilung ist zu naheliegend, als dass sich eine Auseinandersetzung lohnte. Und bei anderen Werken wäre die Grenze dessen überschritten gewesen, was sich in einem Sammelband tatsächlich noch vertretbar unter einen Hut bringen lässt. So finden sich hier zwar einige Werke, 8

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die einen Beitrag zur geistigen Einstimmung auf den National­ sozialismus geliefert haben, doch haben wir bewusst darauf verzichtet, Werke der NS-Parteiideologie aufzunehmen, insbesondere Adolf Hitlers Mein Kampf. Wie es sich gehört, wenn man dem Wert der Freiheit verpflich­ tet ist, hat die Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft wie schon bei der Idee der Freiheit nicht versucht, den Rezensenten ein bestimmtes Freiheitskonzept vorzugeben. Wir haben sie nur darum gebeten, die jeweiligen Werke zwar kritisch, dabei aber fair, sachlich und seriös zu würdigen. Alle Rezensenten verbindet ihre Sympathie für die Würde des Individuums und ihre Skepsis gegenüber den Ansprüchen politischer Macht, wie sie der klassische Libe­ ralismus der Neuzeit hervorgehoben hat. Mit ihren unterschied­ lichen Stilen, Erfahrungen, Sichtweisen und Tem­peramenten stehen sie jedoch zugleich für die große Bandbreite liberalen Denkens. Die verschiedenen beruflichen Hintergründe – manche Rezensenten sind Wissenschaftler, andere Publizisten, weitere Unternehmer usw. – sollen darüber hinaus vor Augen führen, dass die Ideengeschichte, die liberale wie ihr Gegenstück, nicht nur eine Sache für wenige ausgewiesene Exegeten ist. Für den Aufbau der einzelnen Beiträge haben wir uns ebenfalls am Vorgängerband orientiert: Nach einer kurzen Darstellung von Zeitkontext und Biografie des Autors erfolgt eine pointierte Inhaltsangabe für das betrachtete Werk, bevor in einem dritten Teil zur Wirkung und zur Beurteilung des Textes aus liberaler Warte Stellung bezogen wird. Dazu müssen wir diesmal allerdings etwas weiter ausholen. Aussagekräftige Zitate (jeweils aus der letzten angegebenen Textausgabe) in den Randglossen sollen Appetit zur eigenen Lektüre machen, einige Literaturhinweise weitere Orientierung über die Diskussion geben. Alle Rezensenten haben das Werk, mit dem sie sich auseinandersetzen, nach bestem Wissen und Gewissen eingeordnet, zusammengefasst und beurteilt. Es handelt sich also nicht um «lauter Verrisse», sondern um differenzierte, begründete Beurteilungen, die ihrerseits natürlich diskussionswürdig und für Kritik auch zugänglich sind. Wer die Beiträge sorgfältig liest, lernt nicht zuletzt auch viel über die verschiedenen Argumente für die Freiheit. Dieses Buch ist dabei selbstverständlich nicht nur an Liberale gerichtet. Jeder, der sich für die Geistesgeschichte interessiert, findet hier spannende Zugänge zu einer bedeutsamen, in vielen Fällen außerordentlich wirkmächtigen Literatur. Und wer selbst an der liberalen Ideengeschichte weiterspinnen will, ist gut beraten, sich mit den hier vorgestellten Werken und den Denkströmungen, für die sie exemplarisch stehen, zu befassen und auseinanderzusetzen – weil es immer hilft, nicht nur die Argumente der Gegner zu kennen, sondern auch die eigenen im Lichte der Kritik 9

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auf Schwachpunkte, Inkonsistenzen oder mangelnde politische Überzeugungskraft zu hinterfragen. In diesem Sinne wollen wir zum Nachlesen und Nachdenken anregen – über die Idee der Freiheit und die ideellen Gefährdungen, denen sie ausgesetzt ist. Wer die Texte aufmerksam liest und sich vielleicht auch die Mühe macht, dem einen oder anderen der behandelten Werke selbst auf den Zahn zu fühlen, dem muss ins Auge fallen, dass trotz aller Vielfalt und Zeitgebundenheit der besprochenen Werke bestimmte Topoi verlässlich wiederkehren. Es sind mindestens fünf Argumente, auf die man immer wieder stößt: Mal wird die Willensfreiheit des Menschen infrage gestellt; mal herrscht großes Vertrauen zur Zentralisierbarkeit von ökonomischem Wissen und von moralischen Entscheidungen durch die Politik; mal wird unter Freiheit nicht die individuelle Handlungsfreiheit, sondern etwas anderes verstanden, etwa politische Mitbestimmung oder die Abwesenheit von Mangel; mal geben Traditionsverliebtheit und Fortschrittsskepsis den Ton an; mal ist das Unbehagen an Unsicherheit oder Ungleichheit die treibende Kraft. Wir leben in Zeiten, in denen solche Positionen politisch attraktiv zu sein scheinen und in denen, so fürchten wir, die Sensibilität dafür verloren geht, dass die individuelle Freiheit – durchaus auch im Namen einer anders verstandenen Freiheit – zurückgedrängt wird. Gerd Habermann und Hans Jörg Hennecke haben diesen Sammelband konzipiert und viel Arbeit hineingesteckt. Ihnen beiden gebührt großer Dank. Erich Weede, Wernhard Möschel, KlausWerner Schatz und vielen anderen Mitgliedern der Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft sei für ihre Anregungen insbesondere zu Beginn des Projekts gedankt. Birgit Singer und Jan Pfannkuche haben sich in der Koordination verdient gemacht, und es war wie immer eine Freude, dass das Buch bei NZZ Libro in bewährten Händen lag. Ein besonders herzliches Dankeschön aber soll als krönender Abschluss allen Rezensenten vorbehalten sein. Manche haben sich gleich mehrere schwierige Werke zu Gemüte geführt, deren Lektüre oftmals über Monate hinweg nicht nur Vergnügen be­ reiten konnte; andere haben auf der Suche nach Originalquellen und deutschen Übersetzungen seltener Texte mühsam Bibliotheken und Buchläden durchkämmt. Ihr Engagement war beeindruckend, und der konstruktive Austausch in der gemeinsamen Arbeit an diesem Projekt der Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft war ausgesprochen anregend und angenehm. Herzlichen Dank für alles. Karen Horn Vorsitzende der Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft

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Staatlichkeit und Anarchie

Michael Bakunin

Государственность и анархия, Genf 1873 Staatlichkeit und Anarchie, in: Ausgewählte Schriften, Bd. IV. Herausgegeben von Wolfgang Eckhardt, Berlin 2011

I. Aufwiegler, Anarchist, Nihilist oder antiautoritärer «sanfter Riese» – so weit auseinander liegen zeitgenössische ebenso wie heutige Urteile über den Vordenker des kollektivistischen Anarchismus Michael Bakunin. Er wurde am 18. Mai 1814 im rus­si­ schen Prjamuchino als drittes von elf Kindern einer aristokra­ tischen Familie geboren. Sein Vater, ein weltgewandter Gutsherr, war Teil der westlich orientierten Elite des Zarenreiches. Wie in zarentreuen Haushalten üblich, wurde Bakunin im Alter von 14 Jahren in eine Militärakademie entsandt, wo er die Offizierslaufbahn einschlug. Das brutale Vorgehen des Militärs gegen polnische Aufständische ließ ihn jedoch dem Militärdienst abschwören. Er verweigerte sich auch dem Staatsdienst und begann stattdessen ein Studium der Philosophie in Moskau. Dort widmete er sich insbesondere Hegel und Fichte. Mit Frühsozialisten wie Pierre-Joseph Proudhon setzte er sich während eines Studienaufenthaltes in Berlin 1840 auseinander. Er engagierte sich zunehmend in kommunistischen Kreisen, woraufhin ihm der Zar den Adelstitel entzog. In Abwe­ senheit wurde er zu Zwangsarbeit in Sibirien verurteilt. In Paris schloss Bakunin enge Freundschaft mit Proudhon, gleichzeitig geriet er wiederholt in Konflikt mit Karl Marx, dessen Konzept der Diktatur des Proletariats er als autoritär ablehnte. Ende der vierziger Jahre des 19. Jahrhunderts verstrickte sich Bakunin in diverse revolutionäre Umtriebe. Er unterstützte die Ausrufung der Zweiten Französischen Republik, bemühte sich vergeblich um eine Unterstützung der polnischen Aufstände gegen die russische Besatzung und – ebenso erfolglos – um die Gleichberechtigung der Slawenvölker im Habsburger Reich. Mi­ litärisch engagierte er sich im Dresdner Aufstand gegen König Friedrich August II. Nach dessen Niederschlagung geriet er in sächsische, dann österreichische und schließlich in russische Haft. Diese wurde 1857 in eine Verbannung nach Sibirien umgewandelt. 1861 gelang ihm von dort die Flucht nach Japan. Über die Vereinigten Staaten reiste er nach London. Mitte der sechziger Jahre engagierte er sich in Italien für die anarchistische Bewegung, später zog es ihn nach Genf, wo er ein zentrales Mitglied der exil-kommunistischen Gemeinde wurde. Stets engagierte er sich dabei für den sogenannt «antiautoritären»

«[…] kein Staat also kann dem Volk das geben, was es braucht, nämlich die freie Organisation der eigenen Interessen von un­ ten nach oben, ohne jede Einmi­ schung, Bevormundung oder Nötigung von oben, weil jegli­ cher Staat, selbst der repu­ blikanischste und demokra­ tischste, und sogar der Pseudo-Volksstaat, wie ihn Marx geplant hat, letzten Endes nichts ­anderes darstellt als die Beherr­ schung der Massen von oben nach unten durch eine intellek­ tuelle und eben dadurch privi­ legierte Minderheit, die angeb­ lich die wahren Interessen des Volkes besser erkennt als das Volk selbst.» (S. 131)

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«Das sind die Überzeugungen der sozialen Revolutionäre, und deshalb nennt man uns Anarchisten. Wir protestieren nicht gegen diese Bezeichnung, denn wir sind in der Tat Feinde jeglicher Macht, weil wir wissen, daß Macht ebenso zersetzend auf den wirkt, der sie hat, wie auf den, der ihr gehorchen muß.» (S. 281)

Flügel der Bewegung, was ihn neuerlich in Konflikt mit Marx und Engels brachte – und Anfang der siebziger Jahre zu seinem Ausschluss aus der «Internationalen» führte. Bakunin verfasste zuletzt sein Werk Staatlichkeit und Anarchie, mit dem er sich vor allem an die russischen Revolutionäre richtete. Anschließend zog er sich weitgehend aus der sozialistischen Bewegung zurück. Er verbrachte einige Jahre im Tessin. Am 1. Juli 1876 starb er in Bern – von Krankheit gezeichnet und enttäuscht vom Versagen der kommunistischen Revolution. II. Staatlichkeit und Anarchie ist das einzige zu seinen Lebzeiten veröffentlichte Buch Bakunins. Zielpublikum waren vor allem russische Leser, erkennbar unter anderem an Bakunins Komplimenten für das revolutionäre Potenzial der Slaven. Das Buch wurde in der Schweiz gedruckt, auf abenteuerlichen Wegen nach Russland geschmuggelt und dort verbreitet. Es ist ein bemerkenswert unstrukturiertes Werk, in dem Bakunin seine Sicht der zeitgenössischen Entwicklungen in einem ununterbrochenen Gedankenfluss niederschreibt. Das Buch hat keinen erkennbaren Aufbau, es ist nicht einmal in Kapitel gegliedert. Aus diesem Mangel an Struktur folgen inhaltliche Wiederholungen und Abschweifungen. Das Werk ist trotzdem von zeithistorischem Interesse, weil es Einblicke in die Analyse der politischen Entwicklungen des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts aus Sicht eines beteiligten Akteurs bietet. Theorieentwicklung erfolgt indes nur unsystematisch und am Rande. In diesen wenigen Passagen skizziert Bakunin sein Ideal eines antiautoritären Sozialismus. Er grenzt diesen ab vom autoritären Sozialismus, dem Marxismus. Bakunins Argumentation folgt einer revisionistischen Analyse der politischen Entwicklungen in den großen europäischen Staaten, die er einer beißenden, häufig persönlichen, immer wieder auch amüsanten Kritik unterwirft. Mit spitzer Feder beschreibt er die Charakteristika diverser europäischer Völker. Im Mittelpunkt seiner Kritik steht dabei die «volksfeindliche» Reaktion in Form des modernen Staates. Dieser diene der Konzentration des Kapitals in den Händen weniger und der Ausbeutung des Volkes. Jeder Staat, auch der republikanische, ist Bakunin ein Instrument der Unterdrückung. Genau dar-

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um argumentiert er leidenschaftlich gegen die Idee einer «Diktatur des Proletariats». Der marxistische Staat ist ihm nur eine weitere Inkarnation einer Unterdrückungsinstanz, die der fried­ lichen Selbstverwaltung befreiter Bürger im Wege steht. Bakunin greift wieder und wieder die Verabsolutierung des Staates im Marxismus an, plädiert hingegen für eine Selbstverwaltung lokaler und gewerkschaftlicher Kommunen. Mit großer Verachtung blickt der Autor auf Deutschland: Die Deutschen erscheinen ihm durch und durch autoritätshörig und staatsgläubig. Diesen Zug verortet er auch in Marx’ Schriften. Seine flammende Kritik an staatlicher Autorität zielt durchweg auf Befreiung der proletarischen Klasse, nicht des Individuums. Das Konzept des Individuums ist aus Sicht Bakunins der proletarischen Revolution ebenso hinderlich wie das Konzept der Nation, da es vom kollektiven Klassenbewusstsein ablenke. Den Aufstand des Proletariats gegen den Staat beschreibt Bakunin als (blutige) Revolution von Fabrik- und Landarbeiterassoziationen. Er vermeidet es aber, konkrete Visionen einer nachrevolutionären Ordnung zu entwickeln, da eine solche «von unten nach oben» durch das siegreiche Proletariat zu entwickeln sei.

«Solange es einen Staat gibt, muß es auch Herrschaft geben und folglich auch Sklaverei; ein Staat ohne offene oder ­verborgene Sklaverei ist undenk­ bar – das ist der Grund, weshalb wir Feinde des Staates sind.» (S. 337)

III. Wenngleich der Wert von Staatlichkeit und Anarchie erheblich ­unter mangelnder Ordnung, abschweifender Erzählstruktur und weitgehender Vermeidung theoretischer Argumentation leidet, kann ihm doch bleibende Bedeutung als hellsichtige und früh­ zeitige Analyse marxistischer Irrlehren zugeschrieben werden. Die wesentliche Stärke des Buches – neben den durchaus geistreichen und unterhaltsamen Darstellungen historischer Zusammenhänge – liegt in der Sezierung der in der deutschen Philosophie und preußischen Tradition verwurzelten Staatsverehrung des Marxismus. Die historische Rezeption des Werkes war geprägt von der überwiegenden Zurückweisung durch die Kommunisten. Diese entzündete sich an Bakunins messerscharfer Kritik an der Vorstellung, eine Diktatur des Proletariats könne den Staat zum In­ strument der Befreiung der Völker machen. Klarsichtig stellte er fest, dass die doktrinären Marxisten eine Form der staatlichen Unterdrückung durch eine andere, totalere ersetzen würden. Der 25

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angegriffene Marx schimpfte über die unerhörten Vorwürfe des Anarchisten; Lenin und später Stalin führten politische «Säuberungen» durch, um die anarchistischen Elemente der sozialistischen Revolution auszumerzen. Umgekehrt diente Bakunins Werk späteren Anarchisten – von Benjamin Tucker über Emma Goldman bis Noam Chomsky – als Inspiration. Auch in radikal­ liberalen Kreisen trifft die entschiedene Staatskritik Bakunins immer wieder auf Sympathie. Auf Kritik muss gerade aus liberaler Sicht stoßen, dass die schwammige Vorstellung von einer kollektiven proletarischen Selbstverwaltung durchaus das Potenzial einer Despotie in sich trägt und dass Bakunin letztlich in nationalistischen, völkischen, teilweise rassistischen Denkkategorien gefangen bleibt. So enthält Staatlichkeit und Anarchie auch etliche antisemitische Passagen. Ebenfalls kritisiert wurde Bakunins gelegentliche Rechtfertigung revolutionärer Gewalt – diese ist jedoch auf wenige Passagen beschränkt und kann nicht als zentrales Element seiner Lehre gelten. In Erinnerung bleibt Bakunin, trotz der wenig theoretischen Natur seiner Schriften, als ein Mitbegründer und wesent­ licher Vordenker des kollektivistischen oder syndikalistischen Anarchismus. Er steht dabei in einer Reihe mit Pierre-Joseph Proudhon und Pjotr Kropotkin. Christian P. Hoffmann

Wolfgang Eckhardt, Von der Dresdner Mairevolution zur Ersten Internationale. Untersuchungen zu Leben und Werk Michail Bakunins, Lich 2005 Michael Lausberg, Bakunins Philosophie des kollektiven Anarchismus, Münster 2008

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Die russische Revolution

Rosa Luxemburg

Die russische Revolution. Eine kritische Würdigung, Berlin 1922 Zur russischen Revolution, in: Gesammelte Werke, Band 4, Berlin 1974 (6. Auflage 2000), S. 332–362

I. Rosa Luxemburg wurde am 5. März 1871 in Zamos´c´, im damals russisch kontrollierten Teil Polens geboren. Sie stammte aus einer wohlhabenden jüdischen Familie und erhielt eine umfassende humanistische Bildung. Früh rezipierte sie linke, vor allem marxistische Literatur. Ihr Studium der Rechtswissenschaften und der Volkswirtschaftslehre an der Universität Zürich schloss sie mit der Promotion ab. In der Folge schlug sie den Weg einer Pu­ blizistin und Berufsrevolutionärin ein. Sie engagierte sich in der deutschen SPD und wurde dort schnell zu einem führenden Kopf des linken Flügels. In ihrer journalistischen und politischen Arbeit wandte sie sich gegen die sogenannten Revisionisten, die ihre politischen Ziele durch schrittweise Reformen innerhalb des parlamentarischen Systems erreichen wollten. Zu ihren Hauptwerken zählen Sozialreform oder Revolution (1899) und Massenstreik, Partei und Gewerkschaften (1906). Im Vorfeld und während des Ersten Weltkrieges wandte sie sich gegen den Nationalismus und vertrat einen pazifistischen Standpunkt. Sie wurde deshalb verhaftet und verbrachte mit Unterbrechung insgesamt mehr als drei Jahre im Gefängnis. Nach ihrer Entlassung im November 1918 stürzte sie sich sofort in die politischen Kämpfe der sogenannten Novemberrevolution in Berlin. Der Spartakusbund, in dem sie gemeinsam mit Karl Liebknecht eine führende Rolle spielte, kämpfte für eine sozialistische Revolution und wandte sich entschieden gegen alle Versuche der Mehrheit der Sozialdemokratie, ihre Ziele auf demokratischem Wege zu erreichen. Nachdem ein von ihnen initiierter Aufstand scheiterte, mussten Luxemburg und Liebknecht untertauchen. Am 15. Januar 1919 wurde Rosa Luxemburg von Mitgliedern eines «Freikorps» in Berlin verhaftet und wenig später ermordet.

«Die russische Revolution hat hier nur bestätigt die Grundlehre jeder großen Revolution, deren Lebensgesetz lautet: entweder muß sie sehr rasch und ent­ schlossen vorwärtsstürmen, mit eiserner Hand alle Hindernisse niederwerfen und ihre Ziele immer weiter stecken, oder sie wird sehr bald hinter ihren schwächeren Ausgangspunkt zurückgeworfen und von der Konterrevolution erdrückt.» (S. 339)

II. Die Schrift Die russische Revolution entstand während Luxemburgs Haft 1918; die Veröffentlichung aus dem Nachlass erfolgte 1922. In ihr verarbeitet die Autorin die Entwicklungen und Er­ eignisse, die zu dem von den Bolschewiki angeführten Umsturz in Russland führten, sowie die ersten Erfahrungen mit der neuen politischen Herrschaft, der sogenannten Diktatur des Proletariats. 223

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«Die Bolschewiki haben auch sofort als Zweck dieser Macht­ ergreifung das ganze und weit­ gehendste revolutionäre Pro­ gramm aufgestellt: nicht etwa Sicherung der bürgerlichen ­Demokratie, sondern Diktatur des Proletariats zum Zwecke der Verwirklichung des Sozialismus. Sie haben sich damit das ­unvergängliche geschichtliche Verdienst erworben, zum ersten Mal die Endziele des Sozialismus als unmittelbares Programm der praktischen Politik zu prokla­ mieren.» (S. 341)

Der Text gliedert sich in vier Abschnitte. Im ersten Abschnitt würdigt Luxemburg die russische Revolution als Ganzes und heißt sie gut. Sie kritisiert ausdrücklich die Passivität und das Zögern des Proletariats in anderen Ländern und greift die deutsche Sozialdemokratie dafür scharf an. Sie sieht die russische Revo­ lution vor allem als Quelle von Erfahrungen, aus denen die Anhänger von revolutionären Parteien auf der ganzen Welt lernen können. Im Anschluss folgt ein Abschnitt, in dem Luxemburg die radikale Machtergreifung der Bolschewiki als beispielhaft würdigt und die Mechanismen der Demokratie mit Häme behandelt. Ihre Kritik in den beiden folgenden Abschnitten richtet sich folglich vorrangig nur auf Probleme der konkreten Gestaltung der Politik der Bolschewiki, nicht auf das grundsätzliche Modell der Machtergreifung und Machtkonsolidierung im Rahmen der Diktatur des Proletariats. Ihre beiden Hauptkritikpunkte im dritten Abschnitt sind nicht etwa die Einschränkungen der Freiheit, welche die Bolschewiki vornehmen, sondern ganz andere Themen: Sie kritisiert scharf die Landreform, die den bis dahin landlosen Bauern zunächst Privateigentum an Grund und Boden zusichert. Demgegenüber favorisiert sie eine zentralisierte Landwirtschaft, die auf vollständig staatlichem Landeigentum beruht. Zudem kritisiert Luxemburg die damalige Nationalitätenpolitik der Bolschewiki, die den Völkern des Vielvölkerreiches nationale Selbstbestimmung zusicherten, als den Zielen der Revolution widersprechend. Im weiteren Verlauf erwies sich, dass die Versprechungen der Bolschewiki auf diesen beiden Feldern rein taktischer Natur waren. Sowohl das Privateigentum an Grund und Boden als auch das Selbstbestimmungsrecht von einzelnen Völkern wurde bald brutal unterdrückt – ganz im Sinne Luxemburgs. Der abschließende vierte Abschnitt ist der Demokratie gewidmet. Hier kritisiert Luxemburg die Unterdrückung abweichender Meinungen – allerdings vor dem Hintergrund der vorausgesetzten Diktatur des Proletariats, einer Gesellschaft also, die auf Staats­eigentum und eindeutig verteilter politischer Macht beruht. Die Grundaussage des Textes ist klar: Rosa Luxemburg begrüßt die Machtübernahme durch die von Lenin geführten Bolschewiki bedingungslos. Dabei unterstützt sie auch die Härte, mit der aus ihrer Sicht vorgegangen werden musste. Sie setzt sich

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damit ausdrücklich von all denjenigen Sozialisten und Sozial­ demokraten ab, die auf die politische Arbeit im Rahmen der «bürgerlichen» Demokratie setzen. Ihre Kritik am Aufbau der kommunistischen Herrschaft richtet sich gegen die Unterdrückung abweichender Meinungen innerhalb der herrschenden Partei und der herrschenden Klasse, ebenso wie gegen die schnell einsetzende Bürokratisierung der Herrschaft. Dem stellt sie die Idee von mehr Mitbestimmung und Meinungsstreit innerhalb des sozialistischen Systems gegenüber. Die Abschaffung des Privateigentums sowie die zentrale politische Steuerung der Wirtschaft und aller anderen Lebensbereiche befürwortet sie jedoch. III. Die Nachwirkung von Rosa Luxemburg reicht weit hinaus über kommunistische Kreise, selbst über die Linke im engeren Sinne. Sie gilt vielen Menschen als Beispiel für eine aufrechte Politikerin, die gegen Unterdrückung und Krieg kämpfte. Dabei spielen ihre Ermordung und einige ihrer als demokratisch und freiheitlich geltenden Aussagen gleichermaßen eine Rolle. Hinzu kommt ihre Rolle als Frau in einer zu ihren Lebzeiten fast vollständig von Männern dominierten Politik. Rosa Luxemburg wurde in Deutschland zu einer Ikone; die Nachfolgepartei der SED benannte ihre politische Stiftung nach ihr. Zu ihrem Nachruhm trug zudem bei, dass sich Oppositionelle in der DDR auf ihre Aussagen, in denen sie «Andersdenkende» verteidigt, öffentlich beriefen und dafür bestraft wurden. So verbreitete sich ein Bild von Rosa Luxemburg als unangepasster Kämpferin für Freiheit und demokratischen Sozialismus. Tatsächlich wandte sie sich in einigen Passagen ihres oft gerade in dieser Hinsicht widersprüchlichen Werkes gegen die Unterdrückung von politischen Meinungsäußerungen oder Parteien. Insofern ist sie ein Beispiel für offene Kritik innerhalb der kommunistischen und sozialistischen Bewegung. Doch nichts ist weiter entfernt von Inhalt und Kernaussage ihres Werkes und ihrer politischen Tätigkeit als die Idee der individuellen Freiheit. Sie war eine Kollektivistin durch und durch. Es stand für Luxemburg vollkommen außer Frage, dass das Proletariat die politische Macht übernehmen und dann auch unter Einsatz aller Mittel verteidigen müsse. Freiheit bedeutete für sie zwar, dass die Menschen, oder jedenfalls einige Menschen, bei

«Früher stand einer sozia­lis­ tischen Reform auf dem Lande allenfalls der Widerstand einer kleinen Kaste adeliger und kapi­ talistischer Großgrundbesitzer sowie eine kleine Minderheit der reichen Dorfbourgeoisie ent­gegen, deren Expropriation durch eine revolutionäre Volks­ masse ein Kinderspiel ist. Jetzt, nach der Besitzergreifung, steht als Feind jeder sozialistischen Vergesellschaftung der Land­ wirtschaft eine enorm ange­ wachsene und starke Masse des besitzenden Bauerntums ent­gegen, das sein neuerwor­ benes Eigentum gegen alle ­sozialistischen Attentate mit Zähnen und Nägeln verteidigen wird.» (S. 344)

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der politischen Gestaltung ihres Schicksals mitreden dürfen – aber nicht, dass sie über ihre Handlungen, über ihre Lebensgestaltung selbst entscheiden dürfen. Damit erstreckt sich die Spontaneität der Massen, von der Luxemburg in ihren Werken immer wieder spricht, vor allem darauf, dass die einzelnen Menschen zu Instrumenten einer politischen Bewegung werden. Die Institutionen, welche die Freiheitsräume des Einzelnen schützen, insbesondere Rechtsstaat und Gewaltenteilung, spielen in Luxemburgs Denken keine Rolle: Sie lehnt sie ab. Es geht ihr nicht um Regeln, sondern um Macht für eine bestimmte Gruppe. Dass sie damit die Verheißung der Freiheit verbindet, passt in das ideologische Konzept des Kommunismus, der das 20. Jahrhundert mit prägte. Sascha Tamm

Manfred Scharrer, «Freiheit ist immer […]». Die Legende von Rosa & Karl, Berlin 2002

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Betrachtungen eines Unpolitischen

Thomas Mann

Betrachtungen eines Unpolitischen, Frankfurt am Main 1918 Betrachtungen eines Unpolitischen. Herausgegeben, textkritisch durchgesehen und kommentiert von Hermann Kurzke, Frankfurter Ausgabe, Bd. 13, 2 Teilbände, Frankfurt am Main 2009 (2. Auflage 2013)

I. Thomas Mann, geboren als Kaufmannssohn am 6. Juni 1875 in Lübeck, war einer der wichtigsten deutschsprachigen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Für seinen 1901 erschienenen Familienroman Buddenbrooks erhielt er 1929 den Nobelpreis für Literatur. Auf einer Vortragsreise im Ausland wurde er 1933 von der Machtergreifung der Nationalsozialisten überrascht, die er bereits Jahre zuvor scharf kritisiert hatte. Er blieb mit seiner Familie im Exil: zunächst in Frankreich, später in der Schweiz und schließlich in den Vereinigten Staaten. Erst im Jahr 1949 kam er zu einem Besuch wieder nach Deutschland; 1952 kehrte er aus Amerika nach Europa, in die Schweiz, zurück. Er starb am 12. August 1955 in Zürich. Im Exil hat Thomas Mann zahlreiche Reden und Ansprachen verfasst, in denen er das nationalsozialistische Regime scharf kritisierte. Er tat dies nicht nur in tagespolitischen Texten, sondern auch in grundsätzlichen Debattenbeiträgen wie der Stockholmer Rede Das Problem der Freiheit (1939). Als Reaktion auf den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges zeichnete er kurze Ansprachen für den Rundfunk auf, die vom Vereinigten Königreich aus nach Deutschland gesendet wurden. In diesen Ansprachen schilderte er deutsche Kriegsverbrechen in drastischen Worten, ebenso wie er bereits 1942 die in den Vernichtungslagern gerade beginnende systematische Ermordung der europäischen Juden verurteilte. Thomas Mann war in dieser Phase ein entschiedener, wichtiger Verteidiger der westlichen Zivilisation und ihrer beiden Eckpfeiler, Demokratie und individueller Freiheit, gegen die von Deutschland ausgehende Unfreiheit. Allerdings stand er nicht immer auf dieser Position: Noch 1918 hatte er ein Buch veröffentlicht, das als Versuch einer Rechtfertigung deutscher Sonderwege zu verstehen ist.

«Ich meine, daß wichtigste Teile des Menschengeistes: Religion, Philosophie, Kunst, Dichtung, Wissenschaft neben, über, außer dem Staate und oft genug gegen ihn existieren.» (S. 149)

II. Thomas Mann arbeitete seit 1915 an den Betrachtungen eines Unpolitischen. Unter dem Eindruck des Ersten Weltkrieges entstanden, enthalten sie eine entschiedene Verteidigung des deutschen Nationalismus gegen die westlichen Kriegsgegner, aber auch gegen deutsche Sympathisanten einer demokratischen Transformation des Landes. Diese bezeichnet er mit dem abschätzig-ironi235

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«Die Spekulation, der Lebens­ mittelwucher im Kriege, – ­welches Geistes Kind ist er denn, als der Demokratie, die Geld, Verdienst, Geschäft als oberste Werte eingeprägt hat: auch den Regierenden, deren grenzenlose Ehrfurcht vor dem Geschäft sie aufs äußerste zögern läßt, gegen die spekula­ tive Frechheit einzuschreiten.» (S. 241)

schen Begriff des «Zivilisationsliteraten», was sich nicht zuletzt gegen seinen eigenen Bruder Heinrich Mann richtete. Nicht nur die demokratische Gesinnung, sondern auch die Neigung zum Pazifismus wirft er diesen Autoren zu diesem Zeitpunkt vor. Es fehle ihnen, so meinte er, der Sinn für die Notwendigkeit des Kampfes Deutschlands um seine nationale Freiheit. Freiheit ist hier allerdings keinesfalls im Sinne von individueller Freiheit zu verstehen. Vielmehr geht es dem Schriftsteller, für die politischen Debatten in dieser Zeit durchaus nicht ungewöhnlich, um die Freiheit der Deutschen als Nation, sich der immer stärker aufkommenden westlichen Zivilisation entgegenzustellen, die von individueller Freiheit, offener politischer Debatte und politischer Partizipation charakterisiert ist, worin jedoch viele Beobachter zur damaligen Zeit eine Quelle von politischer und gesellschaftlicher Instabilität vermuten. Die Betrachtungen eines Unpolitischen sind durchzogen von tiefer Opposition gegen die Moderne. Das Misstrauen des Verfassers gipfelt in der Behaup­ tung, solche Gegnerschaft sei der Kern einer spezifisch deutschen Kultur. «Es gilt […] die Demokrati­sierung Deutschlands, oder, um alles zusammenzufassen und auf den Generalnenner zu ­bringen: es gilt seine Ent­deutschung. Und an diesem Unfug sollte ich teilhaben?» (Hervorhebung im Original, S. 67) Thomas Mann wendet sich entschieden gegen naiven Fortschritts- und Machbarkeitsoptimismus, in den Debatten seiner Zeit oft der Gegenpol zum deutschen Anti-Modernismus. So kritisiert er in den Betrachtungen die Vorstellung scharf, demokratische Politik könne den Bürgern Glück, Erfüllung und Lebenssinn bringen. Die entsprechenden Passagen in Manns Schrift lassen sich durchaus als Kritik an demokratisch legitimier­ten, aber konstruktivistischen und anmaßenden Großentwürfen zur Gesellschaftsreform lesen, die eine Umerziehung der Individuen immer gleich mit voraussetzen. Sein Gegenentwurf zielt auf die Wiederherstellung der vordemokratischen, aristokratischen und letztlich auch autoritären Ordnung. Die grundsätzliche Verweigerung von Politik in den Betrachtungen eines Unpolitischen ist nicht gleichzusetzen mit einer Verweigerung der Ausübung von Macht. Es geht Thomas Mann vielmehr darum, dass der Einzelne von den Zumutungen der Politik entlastet wird und sich seinen schöpferischen Interessen widmen

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kann, und zwar durch eine möglichst vollständige Delegation aller notwendigen Entschei­dungen über das Gemeinwesen an den autoritären Staat. Diese Entlastung ermögliche dann dem Einzelnen den Rückzug in die eigene Innerlichkeit – in ein von Kultur, nicht von Politik geprägtes Sein.

«Die Politik macht roh, pöbelhaft und stupid. Neid, Frechheit, Begehrlichkeit ist alles, was sie lehrt. Nur seelische Bildung befreit.» (S. 259)

III. Das wesentliche Problem des Buches aus liberaler Sicht liegt in der zutiefst demokratiefeindlichen Position, die der Autor bezieht und die ihn mit der Wiederherstellung autoritärer Strukturen nicht nur liebäugeln lässt. In seiner grundsätzlichen Skepsis gegenüber den Möglichkeiten der Politik als Verfahren kann man ihm zwar auch aus liberaler Sicht zustimmen. Aber sein Gegenentwurf ist nicht etwa der konstitutionell eingehegte und in seinen Spielräumen begrenzte demokratische Staat, wie er Liberalen vorschwebt, sondern eine Rückkehr zu vormodernen Zeiten mit klaren, unverrückbaren Autoritäten. Mann hegt schlicht den aus heutiger Sicht etwas dekadent erscheinenden Wunsch, sich mit der Aufgabe von Freiheitsrechten Ruhe von den Belästigungen der Politik zu erkaufen. Immerhin ist Thomas Mann nur vier Jahre nach der Veröffentlichung seiner Betrachtungen von der Vorstellung abgerückt, dass Deutschland einen Sonderweg jenseits von Demokratie und westlicher Zivilisation gehen könnte oder sollte. In seiner 1922 gehaltenen Rede Von deutscher Republik verteidigte er die Weimarer Republik als politische Ordnung, die besonders gut den deutschen Konflikt zwischen Innerlichkeit und Staatlichkeit versöhnen könne. Damit fand der Schriftsteller zu einem pragmatischen Verständnis von demokratischer Politik und distanzierte sich relativ früh von einer breiten Strömung kollektivistischer und anti-rationalistischer konservativer Denker, denen er in den Betrachtungen noch nahe gestanden hatte und die sich teilweise bis zum Untergang der Weimarer Republik aktiv gegen die demokratische Ordnung engagierten. Manns frühe Opposition gegen die Nationalsozialisten noch vor ihrer Machtergreifung und sein späteres Engagement aus dem Exil heraus sind Belege für die Ernsthaftigkeit dieser Distanzierung. Es ist auch festzustellen, dass Thomas Mann bereits mit den Betrachtungen eines Unpolitischen eher am Rande als im Zentrum 237

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«Ehre als Lebensreiz gibt es überhaupt nur, wo es aristokra­ tische Ordnung, Distanz-Kultus, Hierarchie gibt; demokratische Menschenwürde ist im Vergleich das langweiligste und unlustigste Ding von der Welt.» (S. 482)

des zeitgenössischen konservativen Denkens stand. Zwar teilte er die in jenen Kreisen übliche Ablehnung der liberalen Demokratie. Die aggressive und chauvinistische Steigerung des Nationalismus erfolgte bei vielen Vertretern der konservativen Revolution erst nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg. An diesen weiteren Zuspitzungen war Thomas Mann nicht mehr beteiligt. Jan Schnellenbach

Hermann Kurzke, Thomas Mann. Das Leben als Kunstwerk, 5. Auflage, München 2007

Thomas Mann, An die gesittete Welt. Politische Reden und Schriften im Exil, Gesammelte Werke, Band 18, Frankfurt am Main 1986

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Rezensenten

Julian Arndts MASt (Cantab), M. A., ist Mathematiker, Ökonom und Unternehmer in Berlin. Er ist Mitbegründer der Avex-Gesellschaft, der Nexus-Akademie und der Woche der Freiheit Lars Badzio ist Assessor des Lehramts für Agrarwirtschaft und Deutsch, lebt in Berlin Michael Blume Dr., ist Buchautor, Blogger und Lehrbeauftragter für Religionswissenschaft an der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg Hardy Bouillon Prof. Dr. phil., ist Außerplanmäßiger Professor im Fach Philosophie an der Universität Trier und Professor of Philosophy & Economics an der SMC University in Wien Alexander Czombera ist Student der Wirtschaftswissenschaften an der WHU-Otto Beisheim School of Management und an der Carnegie Mellon University Detmar Doering Dr. phil., ist Leiter des Liberalen Instituts der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit Alexander Dörrbecker Dr., LL. M. (Miami), Attorney at Law (N.Y.), ist Leiter des Referats für internationales Strafverfahrensrecht im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz in Berlin Thomas Dorenburg ist Jurist, EDV-Fachmann und ehemaliger Bundestagsabgeordneten-Mitarbeiter

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| Rezensenten

Alexander Eschbach Dr., ist Leiter der Volkswirtschaftlichen Abteilung beim Arbeitgeberverband Gesamtmetall in Berlin Christoph Frei Prof. Dr. rer. publ., ist Dozent und Akademischer Leiter des Studiengangs «International Affairs and Governance» an der Universität St. Gallen Dirk Friedrich LL. M. (William & Mary), arbeitet in Brüssel als Büroleiter für eine Abgeordnete im Europäischen Parlament Stefan Friedrich M. A., ist Referent bei der Christburg Campus gGmbH und CDU-Bürgerdeputierter der Bezirksverordnetenversammlung Pankow Robert Grözinger Diplom-Ökonom, ist Publizist und Übersetzer und lebt in Bath, England Norman Gutschow hat Politikwissenschaften an der Freien Universität Berlin studiert und lebt als Philosoph und freier Autor in Berlin Gerd Habermann Prof. Dr., ist Vorsitzender der Friedrich A. von Hayek-Stiftung und Honorarprofessor an der Universität Potsdam Rainer Hank Dr. phil., leitet die Wirtschafts- und Finanzredaktion der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung Hans Jörg Hennecke Prof. Dr. phil. habil., lehrt als Außerplanmäßiger Professor Poli­tikwissenschaft an der Universität Rostock

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Rezensenten |

Steffen Hentrich studierter Ökonom, ist Referent für Umwelt- und Energiepolitik beim Liberalen Institut der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit Nils Hesse Dr., ist Redenschreiber und wirtschaftspolitischer Referent in Berlin Christoph Heuermann studiert Politik- und Verwaltungswissenschaften in Konstanz, ist Gründer des Hayek-Clubs Konstanz und Senior Local Coordinator der Students for Liberty Christian P. Hoffmann Prof. Dr., ist Forschungsleiter des Liberalen Instituts Zürich, Assistenzprofessor an der Universität St. Gallen und Dozent an der Hochschule für Wirtschaft Zürich Karen Horn Dr., ist Universitätsdozentin für ökonomische Ideengeschichte, freie Publizistin sowie Vorsitzende der Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft Karl-Friedrich Israel M. Sc., hat Ökonomie, Mathematik und Statistik in Berlin, Paris und Oxford studiert und ist gegenwärtig Doktorand an der Universität Angers Otmar Issing Prof. Dr. Dr. mult. h. c., ist Präsident des Center for Financial Studies an der Universität Frankfurt am Main Kalle Kappner ist Doktorand an der Humboldt-Universität zu Berlin und schreibt für IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues

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| Rezensenten

Raoul Kirschbichler Ph. D., Politikwissenschaftler, ist freier Journalist Bodo Knoll Dr., ist Akademischer Rat am Lehrstuhl für Finanzwissenschaft und Wirtschaftspolitik an der Ruhr-Universität Bochum Stefan Kolev Prof. Dr., ist Professor für Wirtschaftspolitik an der Westsächsischen Hochschule Zwickau und Geschäftsführer des Wilhelm-Röpke-Instituts, Erfurt Barbara Kolm Dr., ist Direktorin des Austrian Economics Center und Präsidentin des Friedrich A. von Hayek-Instituts, Wien Franz Kromka Prof. Dr. Dr. habil., lehrte bis 2010 Soziologie an der Universität Hohenheim in Stuttgart Vera Lengsfeld studierte Philosophin, Bürgerrechtlerin, ehemalige Bundestagsabgeordnete (1990–2005), arbeitet heute als freie Autorin Daniel Nientiedt Diplom-Volkswirt, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Lehrstuhl für Wirtschaftspolitik und Ordnungsökonomik an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg Peer-Robin Paulus Dr., ist Leiter der Abteilung Politik und Wirtschaft des Verbandes «Die Familienunternehmer – ASU e. V.» in Berlin Thomas Petersen Dr., ist Projektleiter am Institut für Demoskopie Allensbach, Privatdozent an der TU Dresden und Lehrbeauftragter an der Universität Mainz

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Rezensenten |

Jan Pfannkuche Diplom-Volkswirt, ist Mitarbeiter der Friedrich A. von HayekStiftung, Berlin Philip Plickert Dr., ist Wirtschaftsredakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und Lehrbeauftragter an der Goethe-Universität Frankfurt am Main Rolf W. Puster Prof. Dr., ist Professor für Philosophie mit dem Schwerpunkt Geschichte der Philosophie an der Universität Hamburg Richard Reichel Prof. Dr., ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der FOM Hochschule Essen und Geschäftsführer des Forschungsinstituts für Genossenschaftswesen in Nürnberg Martin Rhonheimer Prof. Dr. phil., lehrt seit 1990 Ethik und politische Philosophie an der Päpstlichen Universität Santa Croce in Rom Bernhard Ruetz Dr. phil., ist Historiker und Geschäftsführer des Vereins für wirtschaftshistorische Studien in Zürich Klaus-Werner Schatz Prof. Dr., Ministerialdirektor a. D.; Honorarprofessor an der Christian-Albrechts-Universität Kiel und an der Freien Universität Berlin; war Vizepräsident des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel Hans Jürgen Schlösser Prof. Dr. rer. pol., ist Vorstandssprecher des Zentrums für ökonomische Bildung (ZöBiS) der Universität Siegen und Professor für Wirtschaftswissenschaft und ihre Didaktik

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| Rezensenten

Clemens Schneider katholischer Theologe, leitet gemeinsam mit Frank Schäffler den Thinktank Prometheus – Das Freiheitsinstitut Jan Schnellenbach Prof. Dr., ist Inhaber des Lehrstuhls für Mikroökonomik an der Brandenburgischen TU Cottbus-Senftenberg, war zuvor geschäftsführender Forschungsreferent am Walter-EuckenIn­stitut, Freiburg i. Br. Manuel Schölles Dr., ist Philosoph, freier Autor und Kommunikationsmanager in der IT-Industrie Alfred Schüller Prof. Dr. rer. pol., ist em. Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Marburg und Vorsitzender der Marburger Gesellschaft für Ordnungsfragen der Wirtschaft e. V. (MGOW) Michael Schuhen Dr. rer. pol., ist Geschäftsführer des Zentrums für ökonomische Bildung (ZöBiS) und Akademischer Oberrat der Universität Siegen Dagmar Schulze Heuling Dr. phil., ist Politikwissenschaftlerin; sie forscht und lehrt an der Freien Universität Berlin Gerhard Schwarz Dr., ist Direktor von Avenir Suisse und ehemaliger Vorsitzender der Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft Joachim Starbatty Prof. Dr. Dr. h. c., Emeritus der Universität Tübingen, 1991– 2014 Vorsitzender der Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft; ist seit 2014 Mitglied des Europäischen Parlaments

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Rezensenten |

Sascha Tamm M. A., hat Philosophie, Physik und Politikwissenschaften studiert und ist Referatsleiter im Bereich Internationale Politik der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit Viktor J. Vanberg Prof. Dr., ist emeritierter Professor für Wirtschaftspolitik der Universität Freiburg und Vorstandsmitglied des Walter-Eucken-Instituts, Freiburg i. Br. Marcel F. von Volland Diplom-Politologe, ist Persönlicher Referent der Vizepräsidentin an der Universität Hamburg Erich Weede Prof. Dr., ist diplomierter Psychologe, promovierter und habilitierter Politikwissenschaftler und emeritierter Professor für Soziologie an der Universität Bonn Gerhard Wegner Prof. Dr., ist Inhaber des Lehrstuhls für Institutionenökonomie und Wirtschaftspolitik an der Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Erfurt Michael Wohlgemuth Prof. Dr., lehrt an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Witten/Herdecke und leitet die Denkfabrik Open Europe Berlin

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort Gracchus Babeuf

5

Das Manifest der Plebejer

Francis Bacon Neu-Atlantis

11 15

Rudolf Bahro

Die Alternative

19

Michael Bakunin

Staatlichkeit und Anarchie

23

August Bebel

Die Frau und der Sozialismus

27

Edward Bellamy

Ein Rückblick aus dem Jahr 2000 auf das Jahr 1887

31

Alain de Benoist

Am Rande des Abgrunds

35

Ernst Bloch

Das Prinzip Hoffnung

39

Pierre Bourdieu Gegenfeuer

43

Jean Calvin

Unterricht in der christlichen Religion

47

Tommaso Campanella

Der Sonnenstaat

51

Houston Stewart Chamberlain

Die Grundlagen des XIX. Jahrhunderts

55

Noam Chomsky

Profit Over People

59

Nicolas de Condorcet

Entwurf einer historischen Darstellung der Fortschritte des menschlichen Geistes

63

Le Corbusier

Grundfragen des Städtebaus

67

René Descartes

Von der Methode des richtigen Vernunftgebrauchs

71

John Dewey

Demokratie und Erziehung

75

Juan Donoso Cortés

Essay über den Katholizismus, den Liberalismus und den Sozialismus

79

Ronald Dworkin

Was ist Gleichheit?

83

Friedrich Engels

Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft

87

Julius Evola

Erhebung wider die moderne Welt

91

Lion Feuchtwanger Moskau 1937

95

Johann Gottlieb Fichte

Der geschloßne Handelsstaat

99

Ernst Forsthoff

Der totale Staat

103

Michel Foucault

Die Geburt der Biopolitik

107

Hans Freyer

Revolution von rechts

111

John Kenneth Galbraith

Gesellschaft im Überfluss

115

Christian Geyer (Hrsg.)

Hirnforschung und Willensfreiheit

119

Anthony Giddens

Der dritte Weg

123

Al Gore

Wege zum Gleichgewicht

127

David Graeber

Inside Occupy

131

Gustavo Gutiérrez

Theologie der Befreiung

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Jürgen Habermas

Legitimationsprobleme im Spätkapitalismus

139

Karl Ludwig von Haller

Restauration der Staats-Wissenschaft

143

Han Fei

Die Kunst der Staatsführung

147

Georg Wilhelm Friedrich Hegel

Grundlinien der Philosophie des Rechts

151

Stéphane Hessel

Empört Euch!

155

Rudolf Hilferding

Das Finanzkapital

159

Thomas Hobbes Leviathan

163

Eric Hobsbawm

Globalisierung, Demokratie und Terrorismus

167

Max Horkheimer/ Theodor W. Adorno

Dialektik der Aufklärung

171

Samuel P. Huntington

Kampf der Kulturen

175

Ernst Jünger

Der Arbeiter

179

John Maynard Keynes

Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes

183

Rudolf Kjellén

Der Staat als Lebensform

187

Georg Friedrich Knapp

Die staatliche Theorie des Geldes

191

Heinrich Kramer (Henricus Institoris)

Der Hexenhammer

195

Irving Kristol Neoconservatism

199

Paul Krugman

Die neue Weltwirtschaftskrise

203

Harold Laski

Liberty in the Modern State

207

Wladimir Iljitsch Lenin

Staat und Revolution

211

Georg Lukács

Geschichte und Klassenbewußtsein

215

Martin Luther

Von der Freiheit eines Christenmenschen

219

Rosa Luxemburg

Die russische Revolution

223

Niccolò Machiavelli

Der Fürst

227

Joseph de Maistre

Vom Papst

231

Thomas Mann

Betrachtungen eines Unpolitischen

235

Karl Mannheim

Freiheit und geplante Demokratie

239

Mao Tsetung

Das «kleine rote Buch»

243

Karl Marx

Das Kapital

247

Karl Marx/ Friedrich Engels

Das kommunistische Manifest

251

Dennis L. Meadows et al.

Die Grenzen des Wachstums

255

Thomas Morus Utopia

259

Adam Müller

Die Elemente der Staatskunst

263

Thomas Müntzer

Die Fürstenpredigt

267

Benito Mussolini

Die Lehre des Faschismus

271

Gunnar Myrdal

Ökonomische Theorie und unterentwickelte Regionen

275

Friedrich Naumann

National-sozialer Katechismus

279

Sergej Nechaev

Der Katechismus des Revolutionärs

283

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Otto Neurath

Wirtschaftsplan und Naturalrechnung

287

Friedrich Nietzsche

Also sprach Zarathustra

291

Thomas Piketty

Das Kapital im 21. Jahrhundert

295

Platon Nomoi

299

Platon Politeia

303

John Rawls

Eine Theorie der Gerechtigkeit

307

Jean-Jacques Rousseau

Abhandlung über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen

311

Jean-Jacques Rousseau

Vom Gesellschaftsvertrag

315

Henri de Saint-Simon

Katechismus der Industriellen

319

Carl Schmitt

Der Begriff des Politischen

323

Gustav Schmoller

Die soziale Frage und der preußische Staat

327

Joseph Alois Schumpeter

Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie

331

Burrhus F. Skinner

Futurum Zwei

335

Werner Sombart

Händler und Helden

339

Georges Sorel

Über die Gewalt

343

Othmar Spann

Der wahre Staat

347

Oswald Spengler

Der Untergang des Abendlandes

351

Friedrich Julius Stahl

Das monarchische Prinzip

355

Joseph E. Stiglitz

Der Preis der Ungleichheit

359

Joseph E. Stiglitz

Die Schatten der Globalisierung

363

Charles Taylor

Negative Freiheit

367

Richard H. Thaler/ Cass R. Sunstein

Nudge

371

Unbekannt

Protokolle der Weisen von Zion

375

Sahra Wagenknecht

Freiheit statt Kapitalismus

379

Adolph Wagner

Grundlegung der politischen Oekonomie

383

Michael Walzer

Sphären der Gerechtigkeit

387

Beatrice und Sidney Webb

Labour and the New Social Order

391

H. G. Wells

Menschen, Göttern gleich

395

Oscar Wilde

Der Sozialismus und die Seele des Menschen

399

Gerrard Winstanley

Das Gesetz der Freiheit

403

Rezensenten

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