Kreis: Einstehen für "entartete Kunst". Die Basler Ankäufe 1939/40.

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Das Kunstmuseum Basel kaufte in Berlin und auf der ­bekannten Luzerner Auktion 21 solche Werke an. Das Unter­nehmen gelang nur dank des Engagements weniger Kunstfreunde – vor allem des Museumsdirektors Georg Schmidt – und im Widerspruch zum herrschenden Zeitgeist.

Einstehen für «entartete Kunst» Die Basler Ankäufe von 1939/40 Ernst Barlach Max Beckmann Marc Chagall Lovis Corinth André Derain Otto Dix Paul Klee

Georg Kreis

Georg Kreis, geboren 1943, Dr. phil., em. Professor für Neuere Allgemeine und Schweizer Geschichte an der Universität Basel und ehemaliger Direktor des interdisziplinären ­Europainstituts Basel. Publikationen zur Geschichte der europäischen Integration und zu Fragen von Identität, Nationalismus, Minderheiten und Migration.

Das nationalsozialistische Regime führte einen rigorosen Kampf gegen die moderne Kunst. 1938/39 bot es aus den deutschen Museen geraubte Werke zeitgenössischer Kunst dem Ausland zum Kauf an. Zuvor waren sie als ­abschreckende Beispiele « entarteter Kunst » zur Schau gestellt worden. Wie sollte man sich im Ausland zum ­Angebot des Dritten Reichs stellen ? Machte man sich als Käufer zum Komplizen eines Kreuzzugs gegen moderne Kunst ? Oder wurde man vielmehr zum Fürsprecher und Retter verfolgter Kunst ? Und wie ist diese Aktion im Licht der inzwischen aufgekommenen Sensibilität in Fällen von Raubkunst zu beurteilen ?

Einstehen für «entartete Kunst»

Georg Kreis

Oskar Kokoschka Franz Marc Paula Modersohn-Becker Emil Nolde Oskar Schlemmer Georg Schrimpf

ISBN 978-3-03810-287-8

Umschlagabbildung : Münchner Illustrierte vom 27. Juli 1937, ­ Bericht von Hugo Männer, Fotograf ­unbekannt, in : Barron 1992, S. 139.

www.nzz-libro.ch

NZZ Libro


Das Kunstmuseum Basel kaufte in Berlin und auf der ­bekannten Luzerner Auktion 21 solche Werke an. Das Unter­nehmen gelang nur dank des Engagements weniger Kunstfreunde – vor allem des Museumsdirektors Georg Schmidt – und im Widerspruch zum herrschenden Zeitgeist.

Einstehen für «entartete Kunst» Die Basler Ankäufe von 1939/40 Ernst Barlach Max Beckmann Marc Chagall Lovis Corinth André Derain Otto Dix Paul Klee

Georg Kreis

Georg Kreis, geboren 1943, Dr. phil., em. Professor für Neuere Allgemeine und Schweizer Geschichte an der Universität Basel und ehemaliger Direktor des interdisziplinären ­Europainstituts Basel. Publikationen zur Geschichte der europäischen Integration und zu Fragen von Identität, Nationalismus, Minderheiten und Migration.

Das nationalsozialistische Regime führte einen rigorosen Kampf gegen die moderne Kunst. 1938/39 bot es aus den deutschen Museen geraubte Werke zeitgenössischer Kunst dem Ausland zum Kauf an. Zuvor waren sie als ­abschreckende Beispiele « entarteter Kunst » zur Schau gestellt worden. Wie sollte man sich im Ausland zum ­Angebot des Dritten Reichs stellen ? Machte man sich als Käufer zum Komplizen eines Kreuzzugs gegen moderne Kunst ? Oder wurde man vielmehr zum Fürsprecher und Retter verfolgter Kunst ? Und wie ist diese Aktion im Licht der inzwischen aufgekommenen Sensibilität in Fällen von Raubkunst zu beurteilen ?

Einstehen für «entartete Kunst»

Georg Kreis

Oskar Kokoschka Franz Marc Paula Modersohn-Becker Emil Nolde Oskar Schlemmer Georg Schrimpf

ISBN 978-3-03810-287-8

Umschlagabbildung : Münchner Illustrierte vom 27. Juli 1937, ­ Bericht von Hugo Männer, Fotograf ­unbekannt, in : Barron 1992, S. 139.

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Georg Kreis

Einstehen für « entartete Kunst » Die Basler Ankäufe von 1939/40 Mit einem Beitrag von Eva Reifert, Kuratorin am Kunstmuseum Basel

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Autor und Verlag haben sich bemüht, die Urheberrechte der Abbildungen ausfindig zu machen. In Fällen, in denen ein exakter Nachweis nicht möglich war, bitten sie die Inhaber der Copyrights um Nachricht.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie ; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http : //dnb.d-nb.de abrufbar. © 2017 NZZ Libro, Neue Zürcher Zeitung AG, Zürich Lektorat : Ulrike Ebenritter, Giessen Umschlag, Gestaltung, Satz : icona basel Bildbearbeitung : Fred Braune, FdB – Für das Bild Druck, Einband : Kösel GmbH, Altusried-Krugzell Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und ­Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser ­Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werks oder von Teilen dieses Werks ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechts­ gesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts. ISBN 978-3-03810-287-8 www.nzz-libro.ch NZZ Libro ist ein Imprint der Neuen Zürcher Zeitung.


Inhaltsverzeichnis

1 2 3

7 Vorwort

Alte und neue Fragen 10 Aufkommen der neuen Frage 13 Rückkehr zur alten Frage 18 Exkurs : Keine Wiederholung des Wunders von 1939 25 « Entartete » Kunst 27 Raubkunst 28 Fluchtkunst 29 Beutekunst

Der Bildersturm 33 Vorgeschichte 35 Frühere Aktionen 39 Definitionsfragen 45 Menschen- und Bildschicksale 46 Marc Chagall 48 Paul Klee 50 Paul Westheim 50 Otto Dix 52 Vernichtungs- und Beherrschungsprogramm 54 Zwei Hauptausstellungen 60 Publikumsreaktionen 67 Die Verwertungsvarianten

Die Vermittlung 73 79 86

Die deutschen Anbieter Die Luzerner Auktion Der Boykottaufruf


4 5 6

Das Geld und die Preise 95 100 103

Der Sonderkredit Die Berliner Preise Die Luzerner Preise

Die Auswahl 108 114 121 129

Die erste Auswahl aus dem Berliner Angebot Die Auswahl aus dem Luzerner Angebot Die definitive Auswahl aus dem Berliner Angebot Weitere Übernahmeversuche

Das Engagement 142 144 149 151

Georg Schmidt – ein rotes Tuch Ablehnung auch in der Schweiz Schweizerische Kunstpolitik Im Spannungsfeld des Zeitgeistigen

Spät, aber glühend 160 Das Basler Bekenntnis zur modernen Kunst Eva Reifert

184 223 230

Anmerkungen Auswahlbibliografie Personenverzeichnis


Vorwort Hier wird über eine grosse Geschichte berichtet, die nicht von allein zustande gekommen ist. Es mag fast banal klingen, ist in diesem Fall aber besonders zutreffend : Diese Geschichte ist als ausserordentlicher Ablauf gemacht, sie ist geschaffen worden, und sie ist es wert, als Geschichte im Sinn eines Narrativs und einer nachvollziehbaren Dokumentation weitergegeben zu werden. Das ist vor über einem Vierteljahrhundert mit der Erstpublika­ tion dieses Buches unter dem Titel « Entartete » Kunst für Basel im Jahr 1990 schon einmal geschehen. Inzwischen hat die historische Forschung gerade in diesem Bereich grosse Fortschritte gemacht und die Fragestellungen haben eine beträchtliche Erweiterung erfahren. Das Interesse an dieser weit zurückliegenden Vergangenheit ist im Lauf der Zeit nicht geringer, es ist im Gegenteil intensiver geworden. Die im Kern gleich gebliebene Geschichte erfährt jetzt mit einer stark ausgebauten Neuausgabe eine neue Einbettung und wird erneut zugänglich. Sollte es einen Jubiläumsbezug, wie dies heute beinahe eine zwanghafte Rechtfertigung geworden ist, auch für diese Geschichte erfordern – er stünde zur Verfügung : Ein wichtiger Knotenpunkt in der vom NS-Regime betriebenen Verfolgung moderner Kunst ist die 1937 inszenierte Münchner Ausstellung « Entartete Kunst ». Diese Schandtat, die damals mit viel Zustimmung aufgenommen wurde, aber auch Entsetzen ausgelöst hat, jährt sich in diesem Jahr zum 80. Mal. Die hiermit vorgelegte Publikation kann man als Beitrag zum Gedenken an diesen Vorgang verstehen, sie rechtfertigt sich aber vor allem damit, dass sie ein engagiertes Einstehen gegen Diffamierung bezeugt. Die Studie unternimmt es, darzulegen und zu untersuchen, w ­ elche Umstände 1939 in Basel zu den ausserordentlichen Angeboten « entarteter Kunst » geführt haben, wer mit welchen Argumenten ein Wahrnehmen dieser Gelegenheit befürwortet oder abgelehnt hat und wie die verschiedenen Haltungen in den Zeitkontext einzuordnen sind. Die Vergegenwärtigung jener Vorgänge soll nicht im Geist unangebrachter Selbstzufriedenheit geschehen. Denn das Unternehmen gelang nur dank des Engagements einiger weniger, und es gelang gewissermassen im Widerspruch zum Zeitgeist. Es geht nicht einzig darum, den Vorgang dieser Ankäufe zu rekonstruieren und zu analysieren. Das Buch soll aufklärerische Einblicke in einen Vorgang ermöglichen, der in seinen groben Konturen an sich bereits bekannt ist. Es soll zeigen, wie etwas entstanden ist, das inzwischen zu einem wichtigen Referenzpunkt wurde. Mit seiner Analyse soll es den Ankäufen von 1939 eine neue Qualität geben. Die Publika­tion 7


mag dazu beitragen, dass der historische Vorgang eine Handlungs­ anleitung für weitere Engagements ähnlicher Art bleibt. Das Buch soll aber auch ein Zeichen der Anerkennung für ­erbrachte Leistungen sein. Die engagierten Kunstfreunde haben mit ihrem Einstehen für die verfemte Kunst gleich in mehrfacher Hinsicht grosse Verdienste erworben : Erstens haben sie die einmalige Chance erkannt und dafür gesorgt, dass die Öffentliche Kunstsammlung zu äusserst günstigen Konditionen um wichtige Werke der Moderne erweitert werden konnte. Zweitens haben sie, indem sie diese Ankäufe möglich machten, dazu beigetragen, dass diese Kunst die ihr zustehende Anerkennung erhielt. Drittens haben sie mit diesen Erwerbungen günstige und auch entsprechend wirksam gewordene Voraussetzungen für den weiteren Ausbau der modernen Abteilung der Sammlung geschaffen. Und viertens haben sie dafür gesorgt, dass Einstehen für Verfolgtes ­einen fassbaren Ort erhalten hat und so ein « lieu de mémoire », ein ­Erinnerungsort entstanden ist. Die Erinnerung sollte man aber so verstehen, dass dieser Ort inhaltlich zwar sehr spezifisch ist und dennoch überall sein kann und stets bekräftigt und erneuert werden muss. Zum Schluss darf der Autor in verschiedene Richtungen seinen herz­ lichen Dank aussprechen : Josef Helfenstein, Direktor des Kunst­ museums Basel, hat dem Projekt von Anfang an seine Unterstützung zugesagt. Eva Reifert, Kuratorin des Kunstmuseums Basel, hat es in verdienstvoller Weise übernommen, die Ankäufe von 1939 aus kunsthistorischer Sicht zu würdigen. Rainer Baum stand für die wiederkehrenden Anfragen zum Archivbestand des Museums stets hilfreich zur Verfügung. Von mehreren Kolleginnen und Kollegen, von Esther Tisa Francini, Meike Hoffmann, Andreas Hüneke und Stefan Frey, durfte ich während meiner Arbeit wertvolle Hinweise entgegennehmen. In der Schlussphase erwies es sich als günstig, dass mich die Direktion des Berner Kunstmuseums, Nina Zimmer und Matthias Frehner, eingeladen hat, an der Vorbereitung der Ausstellung «Bestandsaufnahme ­Gurlitt. ‹ Entartete Kunst › – Beschlagnahmt und verkauft» mitzuwirken. Die Verwirklichung des Publikationsprojekts ist durch die grosszü­gige finanzielle Unterstützung der Berta Hess-Cohn-Stiftung und des Basler Lotteriefonds ( Swisslos ) ermöglicht worden. Schliesslich darf ich Katharina Marti von icona basel für die erneut ausgezeichnete ­Zusammenarbeit und Urs Hofmann vom Verlag NZZ Libro für das dem Vorhaben entgegengebrachte Vertrauen herzlich danken. Basel, Juli 2017 Georg Kreis 8


Der Bildersturm

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Von Adolf Hitler, dem obersten Führer der nationalsozialistischen Bewegung, ist einmal treffend gesagt worden, er habe die Kunst mit dem ganzen Hass eines gescheiterten Künstlers geliebt. Und es gibt das bekannte Diktum, wonach ein Maler zu einem Komponisten gesagt haben soll : « Sie können von Glück reden, dass der Führer in seiner Jugend nicht Pianist werden wollte. »84 Nichts wäre indessen verfehlter, als die Kunstdiktatur des Dritten Reiches auf die Ressentiments eines verkrachten Malers zu reduzieren. Es mag erstaunen, dürfte aber doch signifikant gewesen sein, dass sich Hitler 1937 in der von der NS-Propaganda-Maschinerie mit viel Aufwand inszenierten « Schandausstellung » der diffamierten Kunst nur gerade zehn Minuten aufgehalten hat. Die am Vortag ebenfalls in München eröffnete « Grosse Deutsche Kunstausstellung » beehrte er dagegen mit einer nicht enden wollenden Eröffnungsrede.85 Alles in allem beschäftigte er sich mehr mit Architektur als mit darstellender Kunst. Aber es fällt auf und gibt zu denken, dass keine kulturelle Gattung im Dritten Reich so stark misshandelt wurde wie die bildenden Künste.86 Eine andere Verkürzung wäre es, wenn wir den damals geführten Kampf gegen die moderne Kunst einzig mit der Herrschaft der nationalsozialistischen Diktatur erklären würden. Die im Kampf gegen die « Entarteten » gewissermassen offizialisierte Feindlichkeit gegenüber der Avantgarde gab es als Tendenz schon lange vor der Machtübergabe an die Nationalsozialisten, und es gibt sie auch in anderen Zeiten und an anderen Orten. Die totalitäre Art der Umsetzung dieser Tendenz und der damit verbundene Vernichtungswille entsprachen hingegen ganz dem inhumanen Charakter dieses Regimes und waren eine Variante der Herrschaftsausübung mit Selbstzweckcharakter jenseits der Ambition, ein bestimmtes Kunstverständnis zu bestimmen. Das praktizierte Hauptziel bestand dennoch darin, die moderne Kunst aus dem öffentlichen Leben zu eliminieren. Der Nationalsozialismus, der in Teilen als eine nostalgische Reaktion auf die von ihm bekämpfte und doch wieder selbst geförderte Moderne zu verstehen ist, machte sich mit einer seinem brutalen Wesen entsprechenden Radikalität und Rücksichtslosigkeit zum engagierten Sachwalter des bereits vorhandenen antimodernistischen Kunstverständnisses. Der im Bereich der Kunstpolitik praktizierte Antimodernismus verband sich allerdings erstaunlich leicht mit technischer Modernität und Effizienz, ja er könnte mit der Propagierung des Klassischen und des Traditionellen die Funktion gehabt haben, die Modernität des Regimes zu verbrämen.87

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Vorgeschichte Mehrfach ist schon festgestellt worden, dass die nationalsozialistische Verfemung der modernen Kunst nicht der unvermittelte Einbruch eines autoritären Banausentums war, sondern lediglich vorhandene klein­ bürgerliche Vorbehalte gegenüber der Moderne zusammenfasste und propagandistisch nutzte.88 Antimodernistische Kunstauffassungen entstanden gegen Ende des 19. Jahrhunderts etwa gleichzeitig mit der Entstehung der modernen Kunst. Sie waren gleichsam die von ihr indirekt miterzeugten Weggefährten. Nach 1890 verdichtete sich die doppelte Reaktion sowohl auf die beschleunigte Entwicklung der modernen Industriegesellschaft als auch auf die künstlerische Auseinandersetzung mit eben dieser Moderne. Die eine Art von Antworten war bemüht, mit billigen Darstellungen des Schönen und Wahren dem fortschreitenden Zerfall des traditionellen Kunstverständnisses entgegenzuwirken und mit verklärenden Bildern eine idealisierende und romantisierende Gegenwelt zur zunehmend unwirtlich gewordenen alltagsgesellschaftlichen Moderne zu schaffen. Die andere Art von Antworten wollte der kritischen Ästhetik der modernen Malerei entweder entgegenwirken oder ihr gar den Kampf ansagen. Um 1900 erhielt der Begriff der « Entartung », der schon früher in der Stilkritik zur Bezeichnung des nach der Blütezeit der Klassik und der Romantik vermeintlich eingetretenen ästhetischen Niedergangs verwendet worden war, eine neue, eine rassistische, biologistische, eine psychopathologische Bedeutung. Abweichungen von traditionellen Schönheitsvorstellungen wurden im Kontext des damals aufkommenden Sozialdarwinismus als Symptome der Dekadenz interpretiert.89 Der jüdische Arzt und Kunstkritiker Max Nordau publizierte 1892/93 unter dem Titel « Entartung » ein zweibändiges Werk, in dem er die moderne Kunst ( den Naturalismus, Symbolismus, Realismus ) als geistige Seuche bezeichnete, vor der sich die Gesellschaft schützen müsse : « [ … ] wer die Gesittung für ein Gut hält, das Werth hat und vertheidigt zu werden verdient, der muss unerbittlich den Daumen auf das gesellschaftsfeindliche Ungeziefer drücken. »90 In einem weiteren Schritt trug der Psychiater Kurt Hildebrandt den Begriff der « Entartung » in die politische Sphäre hinein und vertrat in seinen Werken – den beiden 1920 erschienenen Büchern Norm und Entartung des Menschen und Norm und Verfall des Staates – die Auffassung, dass die Menschenrechte nur bei « biologischer Vollwertigkeit » Gültigkeit hätten und der Staat verpflichtet sei, mit « harten Mitteln » das Vollwertige zu fördern und das Minderwertige zu unterdrücken. In Weiterführung dieses Verständnisses wurde dem « Entarteten » ein Der Bildersturm

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deutsches und darum « arteigenes » Kunstideal gegenübergestellt, das einerseits ein Auslesevorbild der « nordischen Rasse » zu sein hatte und andererseits eine Gegenwelt zu den Darstellungen der beschädigten Gesellschaft sein wollte.91 Auf eine kleine Broschüre aus dem Jahr 1923 sei darum hingewiesen, weil auch sie antizipierte, was die Nazipropaganda später breit auswalzte, und weil sie von einem ehemaligen Lehrer von Otto Dix an der Dresdner Kunstgewerbeschule stammte : Richard Guhr zog unter dem Titel Die Schuld am Verfall der Künste über Expressionismus, ­Kubismus und Exotismus her und setzte dabei Formulierungen ein wie « bolschewistische Narrheit », « Kunstniveau des Negers » und « Produkte unserer Irrenhäuser ».92 Adolf Hitler hatte seine Ablehnung der modernen Kunst ebenfalls bereits früh, 1925, in Mein Kampf zum Ausdruck gebracht mit ­seinem Angriff auf die « krankhaften Auswüchse irrsinniger und verkommener Menschen, die wir unter dem Sammelbegriff des Kubismus und Dadaismus seit der Jahrhundertwende kennenlernten ». Aufgabe der Staatsleitung sei es zu verhindern, « dass ein Volk dem geistigen Wahnsinn in die Arme getrieben wird ».93 1930 holte NS-Chefideologe Alfred Rosenberg in einer verbalen Ächtung moderner Kunst noch weiter aus und liess die « Kunstentartung » mit dem Impressionismus ihren Anfang nehmen : « Der Impressionismus, ursprünglich von starken Malertalenten getragen, war einst zum Schlachtruf des allzersetzenden Intellektualismus geworden. Die atomistische Weltbetrachtung atomisierte auch die Farbe ; die plattverstandesmässige Naturwissenschaft ergab in den Praktikern und ­Theoretikern des Impressionismus ihren Niederschlag. Die mythenlose Welt schuf sich auch eine mythenlose Sinnlichkeitskunst. »94 Der schon 1928 von Rosenberg gegründete Kampfbund für Deutsche Kunst verkündete im März 1933, was die in Deutschland lebenden Künstler von der neuen Regierung zu erwarten hätten : 1. die Entfernung aller Erzeugnisse mit weltbürgerlichen und bolschewistischen Vorzeichen in Kombination mit einer öffentlichen Präsentation dieser Werke ( wie es seit 1933 vereinzelt und 1937 als Reichsausstellung ­geschehen sollte ), 2. die Entfernung aller Museumsleute, die dem « ­Undeutschen » die Kunsthallen geöffnet hatten, und 3. die Austilgung aller Namen der vom Marxismus und Bolschewismus « mitgeschwemmten » Künstler aus deutschen Druckwerken.95 In den 1930er-Jahren wiederholte eine breite Publizistik mit ­wenig bekannter Autorschaft die Vorstellung, dass bestimmte Werke die geistigen und seelischen Beziehungen des Menschen zur Natur zerstörten und volksverderbend wirkten und dass diese Werke entweder 34


von « jüdisch-bolschewistischen Verschwörern » mit vorsätzlich subversiver Absicht in die Welt gesetzt oder unbewusst von bereits unterminierten, angesteckten Opfern dieser Agitation verbreitet würden.96 Am 1. September 1933 bekundete Hitler an der Kulturtagung des Nürnberger Reichsparteitags erneut seine grundsätzliche Ablehnung der Moderne und jeder Avantgarde : « Das ‹ noch nie Dagewesene › ist kein Beweis für die Güte einer Leistung, sondern kann genauso gut der Beweis für ihre noch nicht dagewesene Minderwertigkeit sein. Wenn daher ein sogenannter Künstler seine einzige Lebensaufgabe nur darin sieht, eine möglichst wirre und unverständliche Darstellung von den Leistungen der Vergangenheit oder auch der Gegenwart hinzustellen, dann werden immerhin die wirklichen Leistungen der Vergangenheit Leistungen bleiben, während das künstlerische Gestammel eines solchen malenden, musizierenden, bildhauenden oder bauenden Scharlatans einst nur ein Beweis sein wird für die Grösse des Verfalls einer Nation. »97

Frühere Aktionen Auf solche Erklärungen folgten wenig später da und dort einzelne ­Aktionen. Diese könnte man als Hauptproben verstehen. Das waren sie aber nicht, weil sie nicht Testcharakter hatten und kaum Verbesserungen anstrebten. Anfänglich beschränkte sich die totalitäre Ambition auf lokales Eingreifen, und der Repressionswille reichte für eine das gesamte Reich systematisch erfassende Aktion offenbar noch nicht aus. Erste repressive Massnahmen setzten schon bald nach der Machtübernahme vom Januar 1933 ein. Bereits zuvor war es zu einer staatlich veranlassten Säuberungsaktion gekommen, als Wilhelm Frick, der spätere NS-Reichsinnenminister und Reichsprotektor in Prag, schon 1930 von Thüringens bürgerlicher Regierung vorübergehend mit der Leitung des Innen- und Volksbildungsministeriums betraut war und er diese Stellung dazu nutzte, in Weimar gegen das Bauhaus vorzugehen und rund 70 als « jüdisch-bolschewistisch » eingestufte Werke ( von Klee, Dix, Barlach, Kandinsky, Nolde, Marc u. a. ) aus dem Schlossmuseum entfernen zu lassen.98 Einigermassen bekannt ist, dass die der Öffentlichkeit entzogenen Werke 1937 zu Propagandazwecken in der grossen Münchner Ausstellung wiederum öffentlich zur Schau gestellt wurden ( vgl. unten, S. 54 ). Weniger bekannt sind die vorangegangenen und seit 1933 an verschiedenen Orten inszenierten « Schreckenskammern ». Der Bildersturm

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Von der Mannheimer Anti-Ausstellung von 1933 gibt es einen in der Basler National-Zeitung publizierten ausführlichen Bericht von Georg Schmidt. Unter dem Titel « Kulturbolschewistische Kunst » schilderte er die völlig ungeordnete, mit herabsetzender Absicht chaotisch präsentierte Ausstellung ; die Bilder seien aus den Rahmen genommen und mit nachlässig geschriebenen Zetteln versehen worden. Zu den fehlenden Rahmen bemerkte er : « Für den Kenner verliert ein Bild ohne Rahmen nichts, sehr oft gewinnt es sogar. Für den Laien aber, der diesen nackten Anblick nicht gewohnt ist, bekommt jedes rahmenlose Bild ­etwas Unansehnliches, Wertloses, Geringes. »99 Wie zu erwarten, wie erwünscht und wie über gelenkte Medien veranlasst, sorgten die Berichte der illustrierten Presse für einen Multiplikationseffekt. Die spätere historische Aufarbeitung der Kampagne gegen « entartete Kunst » konzentrierte sich zunächst auf die Münchner Ausstellung von 1937 und galt nur wenig den Vorläuferausstellungen und der nach 1937 noch gezeigten Wanderausstellung. Dass ein wichtiger Teil über die illustrierte Presseberichterstattung lief, wurde dabei wenig beachtet und erst 1995 mit Christoph Zuschlags reich dokumentierter Studie zu den Kampagnen gegen die « entartete Kunst » fassbar gemacht. Als weiteres Agitationsmittel wurden neben der Bericht­ erstattung auch Poststempel eingesetzt.100 Die öffentliche Abqualifizierung der « Entarteten » mithilfe der Presse zeigte sich auch in der Berichterstattung über die Luzerner Auktion vom 30. Juni 1939 : Das bekannte Bild zur Versteigerung von Chagalls Rabbiner war von der Münchner Illustrierten vom 27. Juli 1937 mit der Legende versehen worden : « Der schwarze Rabbi mit dem grünen Bart ist typisch für jene Bilder, die dem gesunden deutschen Kunstempfinden widersprechen. Das Ausland hatte dafür 1600 Franken übrig. » Das Ausland war in diesem Fall Basel. Von solchen Presseberichten ging eine doppelte Wirkung aus : zum einen, zwar schwer fassbar, aber dennoch effektiv, auf die Bevölkerung ; zum anderen, in einzelnen Fällen nachweisbar, auf Verantwort­ liche des Kunstbetriebs. Dieser Kölner Bericht über Dresden hatte 1935 in Düsseldorf ­einen unmittelbaren Effekt : Sogleich löste er dort eine Überprüfung der eigenen Sammlung aus. Der zwei Jahre zuvor neu eingesetzte Museumsdirektor Hans Wilhelm Hupp schrieb mit Bezug auf diesen Pressebericht in einem ausführlichen, an die vorgesetzten Stellen gerichteten Rechtfertigungsschreiben, dass in seinem Haus zurzeit keine solche « Verfallskunst » ausgestellt werde und Werke dieser Art « lange vor dem Umbruch » angeschafft worden seien. Zudem sei er ein Bild von Paul Klee losgeworden ( « eine übrigens vollkommen harmlose Landschafts36


Die Kölnische Illustrierte Zeitung vom 17. August 1935 berichtete über die Dresdener « Schreckenskammer » mit Fotos, die Hitler und Göring bei der Besichtigung von « entarteter » Kunst zeigen ( Verboten, verfolgt, 1993, S. 11 ).101

Der Bildersturm

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Selbstkonstituierung durch Zerstörung von anderem : mit Bücherverbrennungen im Mai 1933 ( hier im Bild ), dann durch Aussondern und sechs Jahre später Verbrennen von Bildern. Parallel dazu wurde die Diskriminierung von Menschen betrieben und später die bürokratisch vorbereiteten und industriell durchgeführten Massenmorde ( Deutsches Historisches Museum, Berlin ).

darstellung » ), indem er es gegen eine « meisterhafte Zeichnung » von Wilhelm Leibl getauscht habe. Diese Art von Tauschhandel setzte also schon früh auf lokaler Ebene ein und sollte auch in den Jahren 1939 bis 1945 mit internationalen Transaktionen durch die offiziellen Vermittler des Reichs betrieben werden. Oliver Meier u. a. ( 2017 ) unterstützen die Meinung, dass ein schon 1936 von Klaus Graf Baudissin, dem damaligen Direktor des Essener Museums Folkwang, nach den USA getätigter ­Verkauf eines Kandinskys ( Improvisation 28, zweite Fassung, 1912 ) die kommerzielle Verwertung der unerwünschten Kunst « erst eigentlich in Rollen » gebracht habe.102 Der regimetreue Hupp erlaubte sich 1935 immerhin die fast vorwitzige Bemerkung, dass gewisse Rembrandt-Bilder eigentlich ebenfalls als « entartete Kunst » eingestuft und beschlagnahmt werden müssten.103 Wichtig war dem Museumsdirektor aber, seinem vorgesetzten Kulturdezernenten abschliessend doch mitteilen zu können : « Wir stehen also  – genau wie bei dem ersten Besuch – vollkommen in Ordnung da. »104 Die systematische und landesweite Verfolgung unerwünschter Kunstwerke setzte erst nach Abschluss der Olympischen Spiele von

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Die Vermittlung

3


Aufgrund des Gesetzes vom 31. Mai 1938 setzte Goebbels eine « Kommission zur Verwertung der Produkte entarteter Kunst » ein, die darüber entscheiden sollte, welche Bilder zu welchen Bedingungen ins Ausland verkauft werden durften.212 Dieses Gremium trat am 17. November 1938 erstmals zusammen, es traf anfänglich auch Einzelentscheide, ging mit der Zeit aber dazu über, sich nur noch mit Fragen von grösserer Tragweite zu beschäftigen. Für die Abwicklung der einzelnen Geschäfte waren Franz Hofmann, Ministerialrat im Propagandaministerium, und insbesondere dessen Mitarbeiter, der promovierte Jurist Rolf Hetsch, zuständig. Paul Ortwin Rave attestiert Hetsch im Gegensatz zu Hofmann eine Haltung, die den Schaden begrenzen wollte. Er sei eifrig tätig gewesen, um mithilfe der Kunsthändler so viel wie möglich aus der gefährdeten Masse herauszuziehen. « Jedes einzelne Stück, das ­irgendwie von höherem Rang, das des Aufhebens wert und zur ­Veräusserung möglich erschien, wurde ausgeschieden und an einen ­anderen Ort ­gebracht, eine langwährende Arbeit, deren Abschluss wohl mit Absicht immer wieder hinausgezögert worden ist, zum Ärger ­Hofmanns. »213 Rave würdigte im Weiteren, dass Hetsch den Tausch « Entarteter » gegen ältere Bilder möglich gemacht und diesen begünstigt habe, indem er für die « Entarteten » tiefe Scheinbewertungen ­vornahm, sodass die Kunsthändler gegen einzelne Kunstwerke alter Meister « ganze Reihen neuerer Bilder » erhielten.214 Es ist an sich ­bemerkenswert, dass Ministerialbeamte, insbesondere Hetsch, bei der Verwirklichung von Georg Schmidts « Gedanken » behilflich sein wollten,215 also Verkäufe geradezu begünstigten, die nicht nur an private Neueigentümer gingen, sondern dazu führten, dass in Museen ausserhalb Deutschlands, insbesondere Basel, Gegenpositionen zur NS-Verfolgungspolitik aufgebaut werden konnten. Der Kunsthandel war fast ein Metier wie andere. Er war aber, gerade im Fall des Handels mit verfolgter Kunst, der Erwartung aus­ gesetzt, dass er nicht nur auf Gelderwerb ausgerichtet sei, sondern sich auch für die Rettung von gefährdeter Kunst einsetzte. Im Vertrag mit dem Propagandaministerium mussten sich die Kunsthändler verpflichten, bei ihren Auslandsverkäufen nicht « den Anschein einer positiven Wertung im Inland » zu erwecken. Im Fall von Buchholz, der in der Vermittlung nach Basel die wichtigste Rolle spielte, war jedenfalls beides gegeben, Geschäft und Förderung verfolgter Kunst, und zwischen Käufer und Verkäufer entwickelte sich im Lauf der Zeit ein beinahe freundschaftliches Verhältnis. Im Dezember 1941 schloss Karl Buchholz ein Schreiben an Georg Schmidt mit guten Wünschen « auf die Möglichkeit eines baldigen Wiedersehens und einer gegenseitigen ­regen Arbeit » und fügte noch herzliche Grüsse auch an die Herren 72


Dr. Lichtenhan und Bernoulli an, der eine Direktor der Kunsthalle, der andere Kunsthändler.216 In der internen Korrespondenz mit seiner Frau wird etwas deutlicher, dass diese Freundlichkeit auch im Dienst von Geschäftsinteressen stand. Buchholz berichtete leicht herablassend im Oktober 1943, er werde diese drei in Basel treffen : « Ich weiss noch nicht, ob ich etwas für die Leutchen zum Verkauf habe, aber nett wird es ­sicher werden. »217 In der Geschäftskorrespondenz mit Schmidt war es allerdings schon vier Jahre zuvor zu einem Schlusspassus mit einer persönlichen Note gekommen : « Wie geht es Ihnen persönlich ? Hoffentlich sind Sie und Ihre liebe Frau Gemahlin sowie Ihr Töchterchen wohlauf. » Und weiter : « Sehen Sie zuweilen unsere Freunde, Herrn Dr. Bernoulli und Herrn Dr. Lichtenhan ? Bitte grüssen Sie die Herren ! Es drückt Ihnen die Hand … »218 Nach dem Krieg wandte sich Buchholz an Schmidt mit der Bitte um ein Attest, das er zu Händen der französischen Behörden für eine Ausreiseerlaubnis für Frau und Kinder benötigte, und er erhielt prompt die gewünschte Bescheinigung : « Unvergessen ist mir das Verhalten [ … ] anlässlich unseres Ankaufs von Hauptwerken der ‹ Entarteten Kunst › in Berlin im Jahr 1939. Allein seiner unermüdlichen, gesinnungsstarken, tapferen Hilfe ist es zu verdanken, dass diese Bilder von uns gekauft und damit vor dem Zerstörtwerden gerettet werden konnten. »219

Die deutschen Anbieter Die meisten Bilder wurden allfälligen Interessenten nicht direkt, sondern durch die Vermittlung von professionellen Kunsthändlern an­ geboten, die durch jahrelangen Handel mit moderner Kunst über die ­nötigen Kunstkenntnisse und Auslandsbeziehungen verfügten.220 Das Propagandaministerium beanspruchte anfänglich jedoch bei jedem Verkauf ein Entscheidungsrecht, später schloss es mit den Vermittlern persönliche Kommissionsverträge ab.221 Mit dieser Aufgabe waren seit Herbst 1938 Bernhard Alois Böhmer in Güstrow, Karl Buchholz in ­Berlin, Hildebrand Gurlitt in Hamburg und Ferdinand Möller in Berlin betraut. Dass gleich um 1933 auch einzelne Museumsdirektoren « entartete » Kunst verkauften oder gegen akzeptierte Kunst eintauschten, also ebenfalls zu den Anbietern zu zählen sind, ist bereits im vorangegangenen Kapitel gezeigt worden ( vgl. S. 38 ). Zum lizenzierten Händlerquartett stehen Zahlen zur Verfügung, die bezüglich der ­Menge der gehandelten Werke die unterschiedliche Bedeutung der Vermittler Die Vermittlung

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zeigen : Von den bis 1941 verwerteten Werken ( über 9000 ) ging der weitaus grösste Teil ( 3879 ) an Hildebrand Gurlitt. Diese Zahlen unterscheiden aber nicht zwischen Öl- und Papierwerken, und bei den Grafiken könnten mehrere unter nur einer Nummer registriert gewesen sein. Die Prozentanteile verteilen sich gemäss Sekundärliteratur ( ohne auf 100 Prozent zu kommen ) wie folgt : Hildebrand Gurlitt 39,6 Prozent, Bernhard Böhmer 29,6 Prozent, Karl Buchholz 13,4 Prozent und Ferdinand Möller 8,7 Prozent.222 Das nicht nur im Quantitativen sehr unterschiedliche Wirken dieser Händler wurde auch sehr unterschiedlich beurteilt : entweder als lobenswerter Einsatz für die Rettung von verfolgter Kunst oder als schändlicher Handlangerdienst für ein Verbrecherregime. Wie auch der UEK-Bericht festhält : « Die einen sahen in ihnen ­skrupellose Profiteure, die mit ihren Helferdiensten den Schaden noch vergrösserten ; andere wollten in ihnen die selbstlosen und hohen Werten verpflichteten Fluchthelfer erblicken. »223 Man könnte zwischen Handlungsmotiven und Effekten unterscheiden : Stand das Geschäftsinteresse im Vordergrund und war die Rettung der Werke bloss ein Nebeneffekt, oder war die schützende Weitergabe ins Ausland ( heimlich aber auch Verkäufe an inländische Kunden ) das Hauptmotiv und der Gewinn die Nebenerscheinung ? Hildebrand Gurlitt und Möller waren erwiesenermassen Experten und Liebhaber der von ihnen gehandelten Kunst. Der Historiker Andreas Hüneke, einer der besten Kenner der Problematik, kommt, abstellend nicht auf die Intentionen der Akteure, sondern auf den Effekt ihres Handelns, zu dem Schluss, dass die Händler « tatsächlich » die verfolgte Kunst bewahrt, ja gerettet hätten. Selbstverständlich hätten sie aber « auch oder in erster Linie » kommerzielle Interessen verfolgt.224 Alles in allem bescheinigt er den Kunsthändlern und dem Ministerialreferenten und Kunsthändler Rolf Hetsch « echtes Interesse an der modernen Kunst » ; alle Indizien würden darauf hindeuten, « dass von dieser Gruppe versucht wurde, so viel wie möglich zu verkaufen, um es vor der Gefahr der Vernichtung zu retten ».225 Godula Buchholz verstand das Engagement ihres Vaters vor allem als Aktion der Kunstrettung und der Kunstpromotion : « Er erkannte die Chance, aus der Not eine Tugend zu machen und die deutschen Expressionisten im Ausland, bei den grossen Museen der Schweiz und der Vereinigten Staaten anzubieten, um auf diese Weise der deutschen Kunst zu internationalem Ansehen zu verhelfen. »226 Eine Ausstellung deutscher Expressionisten in New York wurde als Verstoss gegen die NS-Kunstpolitik gewertet und kostete ihn 1942 die Mitgliedschaft in der Reichskammer der bildenden Künste. 74


Spät, aber glßhend Eva Reifert, Kuratorin am Kunstmuseum Basel


Das Basler Bekenntnis zur modernen Kunst Das Kunstmuseum Basel wäre ohne die Ankäufe von 1939 heute nicht das, was es ist. Die 21 Werke, die damals in den gerade neu errichteten Bau des Kunstmuseums einzogen,542 waren eine späte Initialzündung für den Aufbau einer Sammlung moderner Kunst. Ohne dieses über­ fällige Bekenntnis zur Moderne hätten sicher weder Raoul La Roche noch Marguerite Arp-Hagenbach in den folgenden Jahrzehnten im Kunstmuseum Basel eine gute Heimat für ihre Sammlungen gesehen. Und hätte man ohne diesen Anschluss an die zeitgenössische Kunst 20 Jahre später als erstes Haus in Europa Werke der amerikanischen abstrakten Expressionisten erworben oder 1967 die Bürger der Stadt für die Erwerbung zweier Picassos begeistern können ? Wohl kaum.

« Entartung » Wenn es hinter der historischen Situation, mit der Georg Schmidt als damaliger Direktor des Kunstmuseums Basel konfrontiert war, eine geheime Triebfeder gab, dann war es der Begriff der « Entartung ». Die Nationalsozialisten nutzten ihn, um mit zerstörerischer Wut den Stab über der Kunst der Avantgarde zu brechen, aber schon lange vor ihrer Machtergreifung 1933 wurde er, gut eingeübt, immer dann verwendet, wenn das Missfallen an der Kunst der Avantgarde nach einer Begründung verlangte. Die Vorstellung einer « Kunst der Verfallszeit » lässt sich – darauf weist schon Paul Ortwin Rave auf den ersten Seiten seiner grundlegenden Auseinandersetzung mit der Kunstdiktatur im Dritten Reich 1949 hin – bis in die Künstlerkreise des italienischen Barocks zurückverfolgen.543 Im 19. Jahrhundert hatte der Begriff der « Entartung » dann vor allem in der Rassentheorie Konjunktur. Hinzu kamen Degenerationstheorien in der Psychopathologie,544 aus deren Begriffsreservoir sich auch Max Nordau in seiner kulturkritischen Fin-de-Siècle-Schrift « Entartung » bediente.545 Die Abhandlung ist nicht das erste, aber wohl das einflussreichste Beispiel dafür, wie Kunstkritik mit einem aus der Medizin und Biologie entlehnten Vokabular betrieben wurde. Als « entartet » – vom Normalen, Gesunden abweichend – galten Nordau künstlerische Äusserungen, denen es an « Sittlichkeit » und « Schönheit » mangelt,546 die also das klassizistische Kunstverständnis sprengten. 160


Die Kunstgeschichte nahm die Kategorie des « Entarteten » noch im 19. Jahrhundert auf, und durch die Einführung des ebenso unfassbaren Begriffs der « deutschen Kunst » etablierte sich schliesslich ein notorisches Gegensatzpaar.547 In den 1920er-Jahren gerieten in Deutschland damit zwei ent­ gegengesetzte Strömungen auf Konfrontationskurs. Überall im Land hatten sich seit der Jahrhundertwende durch die aktive Förderung von Mäzenen und progressiven Museumsdirektoren Zentren gebildet, in denen die Kunst der Avantgarde geschaffen, gekauft, gesammelt und in Museen ausgestellt wurde. Es waren dieselben Institutionen, die in den 1930er-Jahren am stärksten unter dem nationalsozialistischen ­Bildersturm zu leiden hatten – darunter Berlin, Hamburg, Halle, Mannheim, Essen, Frankfurt, Dresden und München. Der Enthusiasmus für die Avantgarde-Kunst wurde allerdings nicht von einer breiten Gesellschaftsschicht mitgetragen, und so erfreuten sich die Schlagwörter des « Entarteten » und der « undeutschen Kunst », wie auch ihre zahlreichen ­Varianten,548 wachsender Popularität. Aus diesem bereits breit ausdifferenzierten Feld diffamierender Vokabeln konnten sich die Nationalsozialisten für ihre Angriffe auf die Avantgarde und die Propagierung eines « völkischen Kunstideals » bedienen. Dass « Entartung » dabei schier universell anwendbar ist und den für die nationalsozialistische Rassenideologie zentralen Terminus der «Art» in sich trägt, muss den Begriff unwiderstehlich gemacht ­haben.549 Seine Perfidität zeigt sich auch darin, dass er sich noch heute, Jahrzehnte nachdem er ideologiebedingt Hochkonjunktur hatte, in ­unsere Wahrnehmung von Kunst einmischt. Bei einer Otto-Freundlich-Ausstellung im Kunstmuseum Basel im Sommer 2017 trat dieses Phänomen wieder zutage. Die Kuratorin hätte gerne einfach nur das bemerkenswerte Schaffen des Künstlers vorgestellt. Aber es zeigte sich, dass an einem Kapitel der Rezeptionsgeschichte kein Weg vorbeiführte – zumindest derzeit noch nicht : Otto Freundlichs dezidiert antiklassische Skulptur Grosser Kopf war als Umschlagabbildung des Ausstellungsführers der Schau « Entartete Kunst » missbraucht worden,550 und wir werden wohl in diesem Werk auf ­einige Zeit hin eben nicht nur eine Skulptur ( oder eher : ein Foto davon551 ) sehen, sondern auch ein Hassobjekt nationalsozialistischer Propaganda.

Spät, aber glühend

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Paula Modersohn-Becker, Sitzende alte Bäuerin, um 1903, Paula Modersohn-Becker, Knabe mit Katze, um 1903, Öl auf Leinwand, 81.8 × 65.5 cm, Öl auf Leinwand, 70.4 × 45.2 cm, mit einem mit einem Sonderkredit der Basler Regierung e­ rworben, Inv. 1750. Sonderkredit der Basler Regierung erworben, Inv. 1749.

Die Basler Erwerbungen Ähnlich verhält es sich mit den 21 Erwerbungen des Kunstmuseums Basel aus dem Berliner Bestand und der Luzerner Auktion 1939. Die Geschichte der Verfemung, der Beschlagnahmung aus deutschen ­Museen, der Verhöhnung in Schandausstellungen und schliesslich der Erwerbung unter Georg Schmidt bleibt im Museumsalltag präsent ; das Kunstmuseum Basel sieht darin auch eine Verpflichtung zur Auseinandersetzung.552 Wie im Fall Otto Freundlichs gilt es dabei eine Balance zu finden, um angesichts der schwierigen Provenienz nicht die Werke an sich aus den Augen zu verlieren. Beim Anblick der beiden Gemälde Georg Schrimpfs soll daher im Folgenden nicht mehr die Frage im Vordergrund stehen, die, sinngemäss, 1939 auch Georg Schmidt beschäftigte : « Was um Himmels Willen konnte die Nazis daran stören ? »553 Und bei Emil Nolde soll das unappetitliche Wissen um seine Gesinnung für einen Moment aussen vor bleiben.554 162


Paula Modersohn-Becker, Selbstbildnis als Halbakt mit Bernsteinkette II, Sommer 1906, Öl auf Leinwand, 61.1 × 50 cm, mit einem Sonderkredit der Basler Regierung erworben, Inv. 1748.

Abgesehen von ihrem gemeinsamen Erwerbungszeitpunkt bilden die Ankäufe von 1939 keine geschlossene Gruppe. Gerade indem sie die Klassische Moderne weit aufspannen, eröffnen sie dem assoziativen Blick jedoch eine Vielzahl von Bezügen und Einsichten zur Entwicklungsgeschichte und zu Themenfeldern in den ersten drei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Eine Art Nukleus könnte man dabei in den drei Werken Paula Modersohn-Beckers sehen. Anhand dieser Gemälde war es mit einem Mal möglich, in unserer Sammlung einen wahren Aufbruchsmoment der modernen Kunst nachzuvollziehen und die Pionierleistung und den Emanzipationswillen dieser Malerin zu würdigen : Von der Enge der Künstlerkolonie Worpswede und der erdigen Palette, die ihre frühen Werke kennzeichnete, löste sich Modersohn mit jeder Reise nach Paris ein wenig mehr. Mit einem Sinn fürs Elementare wandte sie sich neuen Bildinhalten zu – Armut und Vereinzelung, dem Kinderbild und schliesslich dem Selbstbild als Akt kurz vor ihrem frühen Tod 1907 ( Sitzende alte Bäuerin, ca. 1903 ; Knabe mit Katze, ca. 1903 ; Spät, aber glühend

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Oskar Kokoschka, Die Windsbraut, 1913, Öl auf Leinwand, 180.4 × 220.2 cm, mit einem Sonderkredit der Basler Regierung erworben, Inv. 1745.

und Selbstbildnis als Halbakt mit Bernsteinkette II, 1906 ). Vom zunehmenden Unverständnis in ihrer Umgebung unbeirrt, suchte sie « die grosse Einfachheit der Form »,555 zu der sie unter anderem ägyptische Mumienbildnisse im Louvre inspirierten.556 Der Gedanke der Formvereinfachung und die Frage nach alternativen Darstellungs­ weisen jenseits der Orientierung am Seheindruck sind Keimzellen der Kunst des 20. Jahrhunderts und ein Auftakt zum expressionistischen Drama. Die Windsbraut von Oskar Kokoschka ist ein autobiografisches Zeugnis seiner Liebe zu Alma Mahler, der Witwe des 1911 verstorbenen Komponisten Gustav Mahler. Nach ihrer ersten Begegnung am 12. April 1912 schickte der Wiener Expressionist der älteren Geliebten über zweieinhalb Jahre hinweg etwa 400 Liebesbriefe und bat sie mehrfach, s­ eine Frau zu werden. Die Grösse und die Themenwahl lassen erkennen, wie 164


Franz Marc, Tierschicksale ( Die Bäume zeigten ihre Ringe, die Tiere ihre Adern ), 1913, Öl auf Leinwand, 194.7 × 263.5 cm, mit einem Sonderkredit der Basler Regierung erworben, Inv. 1739.

sehr Kokoschka das Gemälde als sein Meisterwerk verstanden wissen wollte ; 557 damit verband sich auch die Hoffnung, Alma würde endlich der Heirat zustimmen.558 Das 1913 begonnene und 1914 vollendete Werk scheint allerdings eher auf die bevorstehende Trennung hinzudeuten : Wie Schiffbrüchige liegen die beiden Liebenden « in einem Wrack im Weltmeer ».559 Kokoschka, schlaflos und angespannt, starrt mit weit geöffneten Augen ins Leere, Alma hingegen ruht selbstvergessen und friedlich an seine Brust geschmiegt. Nicht nur diese Konstellation, auch das Zusammenspiel der kühlen Farbstimmung – die Körper erscheinen in fahles Mondlicht getaucht – mit dem nervös-bewegten Pinselduktus gibt dem Gemälde seine aufgewühlte, psychisch gespannte Atmos­phäre. Dass der Dichter Georg Trakl bei einem Atelierbesuch zu einem düsteren Gedicht inspiriert wurde und das Gemälde entsprechend nach ­einem Wetterdämon der nordischen Mythologie « Windsbraut » nannte, Spät, aber glühend

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Franz Marc, Zwei Katzen, blau und gelb, 1912, Öl auf Leinwand, 74.1 × 98.2 cm, mit einem Sonderkredit der Basler Regierung erworben, Inv. 1746.

zeigt, dass der ursprüngliche, Richard Wagner verpflichtete Titel « Tristan und Isolde », der noch die unerfüllbare Liebe anrief, die Stimmung des Bildes zu diesem Zeitpunkt nicht mehr traf.560 So umgedeutet stellte Kokoschka das Werk 1914 in der Münchener Neuen Secession aus.561 Zur selben Zeit entstand im oberbayrischen Sindelsdorf ein Meisterwerk des « geistigen » Expressionismus, Franz Marcs Tierschick­sale. Während sich bei Kokoschka die Welt im Bild einer komplexen Liebesbeziehung verdichtet, greift Marc ins Mythische aus. Im Tierbild ­beschreibt er die Vorstellung einer zerstörerischen Geschehnissen ­ausgesetzten Natur am Rande der Katastrophe – mit lodernden Farbkonstellationen, splitternden Formen und Tierleibern, die in einer feindlich gewordenen Umgebung den schneidenden Diagonalen stürzender Bäume eingepasst sind. Ein reifes Werk seiner Blauer-Reiter-Zeit, das 1912 entstandene Gemälde Zwei Katzen, blau und gelb, führt im moderaten Format die Grundzüge seiner Farbtheorie und seiner philosophisch-pantheistischen Gedankenwelt vor.562 Das Weltbild der Tierschicksale hingegen lässt alles Regeltreue, Gezähmte hinter sich, um das Instinktive, das ­panisch-verängstigte « Zittern und Rinnen des Blutes in der Natur, in den Bäumen, in den Tieren, in der Luft » zum Ausdruck zu bringen.563 166


Paul Klee, Villa R, 1919, Öl auf Karton, 26.5 × 22.4 cm, mit einem Sonderkredit der Basler Regierung erworben, Inv. 1744.

Das Gemälde suchte Marc noch einmal heim, und zwar als Postkarte, die ihm der befreundete Kunstsammler Bernhard Koehler an die Front schickte. Zu diesem Zeitpunkt erschien es dem Maler als « Vorahnung dieses Krieges, schauerlich und ergreifend ».564 Anders als Kokoschka kehrte Marc aus dem Ersten Weltkrieg nicht zurück. Er fiel 1916 vor Verdun bei einem Erkundungsritt. Tierschicksale,565 das schon damals als eine Summe seines Schaffens galt, sollte im Jahr nach seinem Tod in einer Gedächtnisausstellung gezeigt werden. Als ein Brand im Depot des Transportunternehmens das rechte Drittel der Leinwand vernichtete, beschwor Else Lasker-Schüler in der letzten Strophe ihres Gedichts Als der Blaue Reiter war gefallen … die untrennbare Verbindung des Schicksals von Gemälde und Künstler : « Nun sind unsere Herzen Waisenengel / Seine tiefgekränkte Gottheit / Ist erloschen in dem Bilde : Tierschicksale. »566 Paul Klee, wie Marc Mitglied in der Künstlervereinigung « Der Blaue Reiter » und seit 1911 eng mit ihm befreundet, folgte einem ähnlichen Impuls, als er in seiner behutsamen Restaurierung des Gemäldes 1919 die verlorenen Partien zwar mithilfe von Fotografien und einer farbigen Vorstudie in bräunlichen Temperafarben ergänzte, die Brandkante aber deutlich sichtbar beliess. Bis heute ist damit im ­dargestellten Weltenbrand die tatsächliche zerstörerische Kraft des Feuers präsent. Spät, aber glühend

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Oskar Schlemmer, Frauentreppe, 1925, Öl auf Leinwand, 120.6 × 68.9 cm, mit einem Sonderkredit der Basler Regierung erworben, Inv. 1753.

Ebenfalls 1919 schuf Paul Klee Villa R, eines von 50 kleinen Ölbildern, die das Werkverzeichnis für dieses Jahr aufführt. Klees wacher Blick für die sensible, fantasievolle und kryptische Dimension von Kinderzeichnungen prägt sein gesamtes Schaffen.567 Seit 1912 finden sich hiero­glyphenartige Zeichen und hingestreute Buchstaben in seinen Zeichnungen und Aquarellen. In Villa R fügen sich geometrisierte Farbflächen spielerisch zu einem Haus zusammen. Inmitten von Landschaftsmotiven wie Baum, Bergen, der Sonnenscheibe und dem Weg, 168


Oskar Schlemmer, Fünf Figuren im Raum, Römisches, 1925, Öl auf Leinwand, 97.1 × 62.2 cm, mit einem Sonderkredit der Basler Regierung erworben, Inv. 1752.

der sich durchs Bild schlängelt, ist es das geheimnisvolle grüne R, das Klees Lust am Erzählerischen und den Versuch des Betrachters, sich aus den Bildelementen einen Sinn zu erschliessen, in Schach hält. Oskar Schlemmer verehrte Klee. 1919 setzte er sich erfolglos für dessen Berufung an die Stuttgarter Akademie ein. Ein Jahr darauf­ holte Walter Gropius beide Künstler ans Bauhaus in Weimar : Klee als Werkstattmeister für Buchbinderei, Schlemmer als Leiter der Werkstatt für Wandbildmalerei. Die Gemälde Frauentreppe und Fünf Figuren im Raum, Römisches gehören zu einer Gruppe bedeutender Werke, in denen Schlemmer die beiden für ihn grundlegenden Themen zusammenbrachte : Spät, aber glühend

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Marc Chagall, La prise ( rabbin ), 1923 – 1926, Öl auf Leinwand, 116.7 × 89.2 cm, mit einem Sonderkredit der Basler Regierung erworben, Inv. 1738.

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Anhang


Personenverzeichnis A

Albers, Josef 110 f. Amiet, Cuno 193 Archipenko, Alexander 111 Arp-Hagenbach, Marguerite 160 Aust, Günter 44

B

Bader, Alfred 146, 151 f. Ballmer, Karl 52, 76 f., 106, 110 f., 187, 193, 199 f. Barlach, Ernst 40, 43 f., 108, 111, 120, 123, 125, 132, 156, 181 f. Barron, Stephanie 14 f., 48 Barth, P. B. 125 Barth, Wilhelm 47, 154 Baum, Rainer 8 Baumgartner, Thomas 59 Beckmann, Max 44, 46, 105, 108 f., 111, 114, 120, 124, 126 f., 154, 171 f., 174, 202 Belling, Rudolf 192 Benn, Gottfried 16 Bernoulli, Alice 52 Bernoulli, Christoph 51, 73, 84 Beyeler, Ernst 29, 198 Böcklin, Arnold 21 Böhmer, Bernhard Alois 15, 73 ff., 81, 123 f., 132, 210 Bolza, Erich 21 Bonatz, Paul 219 Braque, Georges 110 f. Brenner, Hildegard 13, 15, 53, 55 Brenner, Max 125 f. Bryan, Julian 196 Buchholz, Godula 74 Buchholz, Karl 15, 45, 72 ff., 81, 84 f., 88, 93, 99 ff., 103, 105 f., 108, 110 f., 113 f., 121, 123 f., 126, 128, 130 ff., 138, 210 Buomberger, Thomas 11 Burchard, Irmgard 87

230

Burckhardt, Martin H. 142, 214 Burckhardt, Rudolf 215

C

Camenisch, Paul 58 Campendonk, Heinrich 51, 110 f. Cézanne Jr., Paul 19 Cézanne, Paul 17 ff., 69, 178 Chagall, Marc 42, 43, 46 f., 53, 58, 63, 65, 81, 104 f., 119, 135, 142, 145, 154, 178 ff., 194 Christ, Tobias 21, 188 Christ, Rudolf 219 Corinth, Lovis 45, 65, 90, 104 f., 108, 111, 113, 119 f., 124 ff., 138, 154 ff., 174 ff., 193 Cranach d. Ä., Lucas 51 Croissant, August 111 Cross, Henri Edmond 111

D

Dalport 121 Danioth, Heinrich 148 Derain, André 104, 111, 118 f., 124 f., 145, 177 ff. Dietschi, Eugen 20 Dix, Franz 171 Dix, Louise 171 Dix, Otto 34, 43, 46, 50, 66, 104, 110 f., 114, 118 ff., 126, 145, 154, 170 ff., 194, 210 Doesburg, Theo van 111 Doetsch-Benziger, Richard 134, 212 Dresler, Adolf 59

E

Ebert, Friedrich 155 Eisner, Dr. 83 Elser, Georg 50 Ensor, James 119 Erni, Hans 154 Ernst, Max 156, 174 Etter, Philipp 94, 136, 152

F

Farner, Konrad 154 Feilchenfeldt, Walter 83, 86 Feininger, Lyonel 41, 108, 111, 120, 155 Feliciano, Hector 15 Fischer, Kuno 187 Fischer, Otto 19 Fischer, Theodor 82 ff., 88 ff., 93, 119, 121, 187, 199 Flechtheim, Alfred 48 Frankfurter, Dr. 83 Frehner, Matthias 8 Freundlich, Otto 43, 57, 161 Frey, Stefan 8, 24, 82 Frick, Wilhelm 35 Friedrich, Caspar David 118, 123

G

Gantner, Joseph 115 f., 125 f., 129, 134, 203, 208 Gauguin, Paul 51 Giedion, Sigfried 155 Goebbels, Joseph 39, 42, 53, 58, 68 f., 82, 87, 93 Göring, Hermann 37, 69, 93, 193 Gogh, Vincent van 69, 82, 95 ff., 103, 178, 213 Graf von Baudissin, Klaus 38, 41, 52 Graupe, Paul 27 Gris, Juan 52 Gropius, Walter 169 Grosz, George 43, 50, 63, 111 Grünewald, Matthias 153 Günther, Peter 53, 65, 67, 123 Guhr, Richard 34 Gurlitt, Cornelius 12, 202 Gurlitt, Helene 108 Gurlitt, Hildebrand 12, 15, 73 ff., 79, 81, 85, 108 f., 111, 113 f., 198 ff. Gurlitt, Wolfgang 76, 78 f., 81, 201


H

Haberstock, Karl 39, 83 Hagemann, Fritz 20 Haller, Hermann 193 Hanfstaengl, Eberhard 16 Hartlaub, Gustav Friedrich 16, 53, 171 Hauser, Fritz 20, 96, 98, 142, 157, 219 Heckel, Erich 44, 50, 110 f., 120 Helfenstein, Josef 8 Heuss, Theodor 85, 202 Hess, Robert 22, 126, 134, 189 Hetsch, Rolf 72, 74, 77, 81, 110, 124, 130, 132 Heydt, Eduard von der 76, 187, 199 Hilberg, Raul 16 Hildebrandt, Kurt 33 Hirsch, Robert von 20, 51 Hitler, Adolf 34 f., 37, 40, 43, 46, 50 f., 55 f., 112, 150, 153, 157, 196 Hodel, Ernst 148, 217 Hodler, Ferdinand 22 Hofer, Karl 100, 111, 120, 154 Hoffmann Emanuel 140, 158 Hoffmann, Meike 8, 15, 26 Hofmann, Franz 69, 72, 82, 110, 133, 193 Hofmann, Urs 8 Holbein, Hans 21, 116 Huber, Othmar 82, 121 Hüneke, Andreas 8, 12, 14 f., 25, 27, 59, 69, 74, 93, 190 Huggler, Max 155 Hupp, Hans Wilhelm 36, 38, 53

I

Im Obersteg, Karl 81, 100, 115 Iselin, Felix 97, 99, 141 Itten, Johannes 52, 58, 193, 195

J

Jeuthe, Gesa 24, 75 Jung, C. G. 146, 215

K

Kahnweiler, Daniel-Henry 179 Kandinsky, Wassily 29, 41, 43, 46, 58, 110 f., 192, 199 Kirchner, Ernst Ludwig 40, 50, 59, 108, 111, 126, 134 f., 154, 158, 211

Klee, Mathilde 48 Klee, Paul 36, 41, 46, 48 f., 51 f., 63, 104, 110 f., 119, 145 f., 154 ff., 167 ff., 174 Klipstein, August 83 Koehler, Bernhard 167 König, Leo von 45 Kokoschka, Oskar 46, 50 f., 66, 87, 100, 105, 108, 111, 116, 120, 124 f., 154, 164 ff., 174, 203 Kolbe, Ernst 133 Kollwitz, Käthe 43 f., 77, 133, 181 f., 200, 222 Kubin, Alfred 51 Kuhn, Nicola 15

L

La Roche, Raoul 160 Laske-Schüler, Else 167 Le Corbusier 152, 155 Lehmbruck, Wilhelm 50, 57, 110 f., 119, 174 Leibl, Wilhelm 38, 43, 130, 132 Levy, Rudolf 111 Lichtenhan, Lucas 19, 73, 154, 198 Lieb, Fritz 21 Liebermann, Max 39, 43, 154 f., 191, 193, 210 Limbach, Jutta 26 Lissitzky, Eliezer «El» 43, 58, 111 Ludwig, Carl 97

M

Macke, August 41, 51, 87, 111, 154 Mahler, Alma 164 f. Mahler, Gustav 164 Malewitsch, Kasimir Sewerinowitsch 111 Mandach, Conrad von 209 Mann, Thomas 13, 67 Marc, Franz 41, 45, 51, 69, 95, 104 f., 108 f., 111, 119 f., 125, 133, 138 f., 145, 154 f., 165 ff., 174, 193 f., 221 Marcks, Gerhard 111, 132, 156 Marti, Katharina 8 Masereel, Frans 111 Mataré, Ewald 87 Matisse, Henri 111, 119, 178 Meier, Oliver 11, 27, 38

Mendelssohn-Bartholdy, Paul von 51 Mense, Carlo 51 Meyer, Hermann 22, 115 f., 125 f. Meyer, Peter 152 f. Meyer, Walter 98 Meyer-Amden, Otto 118 Miville, Carl 20, 22 Modersohn-Becker, Paula 45, 104, 106, 111, 119, 126, 128 ff., 133, 139, 142, 145, 154, 162 f., 174 Möller, Ferdinand 15, 29, 41, 63, 73 ff., 81, 85, 199 Moholy-Nagy, László 43, 111 Moll, Carl 113 Mondrian, Piet 58, 111 Müller, Oskar 134, 152, 212, 218 Müller, Otto 43, 108, 111, 120 Munch, Edvard 69, 76, 94, 174, 191

N

Nathan, Fritz 132 Nicholas, Lynn H. 15 Nolde, Emil 40, 43, 45, 103, 106, 108, 111, 114, 121, 126, 128 ff., 134 f., 139, 154, 162, 174 f. Nordau, Max 33, 160

O

Oeri, Albert 141

P

Pechstein, Max 154, 203 Pellegrini, Alfred Heinrich 100, 115 f., 118, 125 f., 193 Peter, Carl 98 Petropoulos, Jonathan 15 Picasso, Pablo 17, 50, 52, 82, 90, 95 f., 103, 118, 120 f., 140, 146, 154, 189, 195, 209 Pissarro, Georges Henri 43, 111

R

Raffael 154 Ras, Max 23 Rave, Paul Ortwin 13, 15, 59, 64, 67, 70, 72, 160 Rembrandt 43, 192 Reifert, Eva 8 Reinhart, Oskar 86

Personenverzeichnis

231


Roh, Franz 16, 43, 46 Rohlfs, Christian 111, 120 Rosenberg, Alfred 34 Roters, Eberhard 63, 75 Roth, Carola 65 f. Rotzler, Willy 146 Rousseau, Henri 51 f. Rupf, Hermann 87 Rust, Bernhard 39

S

Sacher-Stehlin, Maja 23, 136, 211 Saxer, Ernst 143 Schelfhout, Andreas 111 Scherrer, Hermann 58 Schlemmer, Oskar 40, 43, 46, 48, 111, 118, 124, 126, 134 f., 154, 168 ff., 174 Schmidt, Georg 16, 18 ff., 36, 40, 45, 47, 50 f., 70, 72 f., 76 ff., 81 f., 84 f., 87 ff., 93 ff., 102 ff., 108 ff., 118 ff., 136, 138 ff., 152 ff., 156 ff., 160, 162, 199, 214 Schmidt-Rottluff, Karl 40, 111, 120 Schmutz, Rudolf 150 Schneider, Friedrich 99 Schrimpf, Georg 125, 136, 162, 172 f. Schuster, Peter-Klaus 14, 75 Schwarz-von Spreckelsen, Fritz  20, 188 Schwitters, Kurt 46, 51 Senger, Alexander von 146 Signac, Paul 69 Silberberg, Max 27 Simonius, August 22 f., 115, 126 Spitzweg, Carl 44, 130 Staechelin, Rudolf 17, 19, 22 f., 81, 125 f. Stöcklin, Niklaus 118 Stoll, Arthur 20 Stutzer, Beat 148

232

T

Tatlin, Wladimir Jewgrafowitsch 111 Teubner, Kurt 44 Thannhauser, Justin K. 195 Thoma, Hans 44, 130, 132, 155 Tiedemann, Anja 75 Tisa Francini, Esther 8, 12 Trakl, Georg 165 Trübner, Wilhelm 130

V

Valentin, Curt 81, 130, 136, 212 Vauxcelles, Louis 179 Vlaminck, Maurice de 111

W

Wagner, Richard 166 Walden, Nell 51 Waldmüller, Ferdinand Georg 132 Wartmann, Wilhelm 154 Welti, Albert 155 Wesdehlen, Charlotte 51 f. Westheim, Paul 42, 46, 50, 78, 86 ff., 92, 99 f., 104, 113, 118, 123, 139, 157 Wildenstein, Georges 83, 89 Winterstein, Oskar 136 Witz, Konrad 21 Wulf, Joseph 13, 15

Z

Ziegler, Adolf 39, 55 f., 68, 70 Zimmer, Nina 8 Zschokke, Alexander 22, 52, 154 Zschokke, Peter 21 f., 189 Zuschlag, Christoph 15, 27, 36, 41, 62


Das Kunstmuseum Basel kaufte in Berlin und auf der ­bekannten Luzerner Auktion 21 solche Werke an. Das Unter­nehmen gelang nur dank des Engagements weniger Kunstfreunde – vor allem des Museumsdirektors Georg Schmidt – und im Widerspruch zum herrschenden Zeitgeist.

Einstehen für «entartete Kunst» Die Basler Ankäufe von 1939/40 Ernst Barlach Max Beckmann Marc Chagall Lovis Corinth André Derain Otto Dix Paul Klee

Georg Kreis

Georg Kreis, geboren 1943, Dr. phil., em. Professor für Neuere Allgemeine und Schweizer Geschichte an der Universität Basel und ehemaliger Direktor des interdisziplinären ­Europainstituts Basel. Publikationen zur Geschichte der europäischen Integration und zu Fragen von Identität, Nationalismus, Minderheiten und Migration.

Das nationalsozialistische Regime führte einen rigorosen Kampf gegen die moderne Kunst. 1938/39 bot es aus den deutschen Museen geraubte Werke zeitgenössischer Kunst dem Ausland zum Kauf an. Zuvor waren sie als ­abschreckende Beispiele « entarteter Kunst » zur Schau gestellt worden. Wie sollte man sich im Ausland zum ­Angebot des Dritten Reichs stellen ? Machte man sich als Käufer zum Komplizen eines Kreuzzugs gegen moderne Kunst ? Oder wurde man vielmehr zum Fürsprecher und Retter verfolgter Kunst ? Und wie ist diese Aktion im Licht der inzwischen aufgekommenen Sensibilität in Fällen von Raubkunst zu beurteilen ?

Einstehen für «entartete Kunst»

Georg Kreis

Oskar Kokoschka Franz Marc Paula Modersohn-Becker Emil Nolde Oskar Schlemmer Georg Schrimpf

ISBN 978-3-03810-287-8

Umschlagabbildung : Münchner Illustrierte vom 27. Juli 1937, ­ Bericht von Hugo Männer, Fotograf ­unbekannt, in : Barron 1992, S. 139.

www.nzz-libro.ch

NZZ Libro


Das Kunstmuseum Basel kaufte in Berlin und auf der ­bekannten Luzerner Auktion 21 solche Werke an. Das Unter­nehmen gelang nur dank des Engagements weniger Kunstfreunde – vor allem des Museumsdirektors Georg Schmidt – und im Widerspruch zum herrschenden Zeitgeist.

Einstehen für «entartete Kunst» Die Basler Ankäufe von 1939/40 Ernst Barlach Max Beckmann Marc Chagall Lovis Corinth André Derain Otto Dix Paul Klee

Georg Kreis

Georg Kreis, geboren 1943, Dr. phil., em. Professor für Neuere Allgemeine und Schweizer Geschichte an der Universität Basel und ehemaliger Direktor des interdisziplinären ­Europainstituts Basel. Publikationen zur Geschichte der europäischen Integration und zu Fragen von Identität, Nationalismus, Minderheiten und Migration.

Das nationalsozialistische Regime führte einen rigorosen Kampf gegen die moderne Kunst. 1938/39 bot es aus den deutschen Museen geraubte Werke zeitgenössischer Kunst dem Ausland zum Kauf an. Zuvor waren sie als ­abschreckende Beispiele « entarteter Kunst » zur Schau gestellt worden. Wie sollte man sich im Ausland zum ­Angebot des Dritten Reichs stellen ? Machte man sich als Käufer zum Komplizen eines Kreuzzugs gegen moderne Kunst ? Oder wurde man vielmehr zum Fürsprecher und Retter verfolgter Kunst ? Und wie ist diese Aktion im Licht der inzwischen aufgekommenen Sensibilität in Fällen von Raubkunst zu beurteilen ?

Einstehen für «entartete Kunst»

Georg Kreis

Oskar Kokoschka Franz Marc Paula Modersohn-Becker Emil Nolde Oskar Schlemmer Georg Schrimpf

ISBN 978-3-03810-287-8

Umschlagabbildung : Münchner Illustrierte vom 27. Juli 1937, ­ Bericht von Hugo Männer, Fotograf ­unbekannt, in : Barron 1992, S. 139.

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