UNTERNEHMERBLUT IST BESONDERES BLUT. ES TREIBT MENSCHEN AN, DIE IN UNTERNEHMERISCHEM SINN UNTERNEHMEN, WAS ANDERE EBEN UNTERL ASSEN. ES SIND MENSCHEN MIT EIGENSCHAFTEN VON NEUGIERDE BIS LEADERSHIP. ZEHN DIESER EIGENSCHAFTEN BESCHREIBEN WIR HIER: LEICHTFÜSSIG UND FEUILLETONISTISCH. UND MIT 15 UNTERNEHMERINNEN UND UNTERNEHMERN REDEN WIR ÜBER DAS, WAS UNTERNEHMERBLUT AUSMACHT :
VON DEN BESTEN SCHWEIZER UNTERNEHMERINNEN UND UNTERNEHMERN LERNEN, UNTERNEHMERISCH ZU DENKEN UND ZU HANDELN.
SAUERSTOFF FÜR ERFOLG
BERND REMMERS
REGUL A BÜHRER FECKER, DIGITALE WERBE-UNTERNEHMERIN SILVIO DENZ, UNTERNEHMER, SAMMLER, GENIESSER ALFRED GANTNER, PRIVATE-EQUIT Y-UNTERNEHMER TOM HANAN, UNTERNEHMER IN DER DIGITAL ECONOMY CAROLE HÜBSCHER, SCHREIBWAREN-PRODUZENTIN GEORGES KERN, UHRENFABRIKANT CHRISTIANE LEISTER, MASCHINENBAU-UNTERNEHMERIN ROL AND MACK, FREIZEITPARK-BETREIBER DIETER MEIER, MULTIKREATIVER PETER SPUHLER, HERSTELLER VON SCHIENENFAHRZEUGEN DANIEL A STEINER, UNTERNEHMERIN IN DER DIGITAL ECONOMY THOMAS STRAUMANN, MEDTECH-UNTERNEHMER THOMAS STERCHI, INTERNETPIONIER MONIKA WALSER, MÖBELFABRIKANTIN HANS-PETER WILD, GLOBALER ERFOLGSUNTERNEHMER
BERND REMMERS
ISBN 978-3-03810-364-6 ISBN 978-3-03810-364-6
9 783038 103646
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NZZ LIBRO
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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2019 NZZ Libro, Schwabe Verlagsgruppe AG Umschlag: James Communication AG, Zug Gestaltung, Satz: Claudia Wild, Konstanz Druck, Einband: Kösel GmbH, Altusried-Krugzell Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werks oder von Teilen dieses Werks ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts. ISBN 978-3-03810-364-6 ISBN E-Book: 978-3-03810-458-2
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Inhalt
Prolog Über Unternehmerblut 1. Neugierde Das staunende Kind im Unternehmer Thomas Sterchi, Internetpionier und Multiunternehmer
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4. Kreativität Ich bin auch ein Kreativer Dieter Meier, Multikreativer
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5. Intuition Nur graue Mäuse verleugnen ihr Bauchgefühl Silvio Denz, Unternehmer, Sammler, Geniesser
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2. Einfachheit Das Komplizierte muss ins Einfache Carole Hübscher, Schreibwaren-Produzentin Georges Kern, Uhrenfabrikant 3. Gewinnermentalität Den Sieger erkennst du am Start Hans-Peter Wild, globaler Erfolgsunternehmer Regula Bührer Fecker, digitale Werbeunternehmerin
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6. Leadership Ohne sie ist alles nichts Christiane Leister, Maschinenbau-Unternehmerin Tom Hanan, Unternehmer in der Digital Economy 7. Optimismus Mein Glas ist immer halb voll Monika Walser, Möbelfabrikantin Roland Mack, Freizeitpark-Betreiber 8. Mut Wer nicht springt, kommt nicht weit Daniela Steiner, Unternehmerin in der Digital Economy Peter Spuhler, Hersteller von Schienenfahrzeugen
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9. Durchhaltewillen Marathon Man ist mehr als ein Film Thomas Straumann, Medtech-Unternehmer
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10. Momentum Ein guter Schuss trifft ins Schwarze Alfred Gantner, Private Equity-Unternehmer
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Epilog Unternehmerblut im Blut
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Anhang Reflexionsfragen Kurzbiografien der Interviewpartner Literatur
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Der Autor
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Prolog Über Unternehmerblut Unternehmerblut. Archaisch das Wort. Archaisch der Stoff. Als Titel für dieses Buch: anschaulich. Denn hier geht es um das, was den Unternehmer ausmacht. Um die Eigenschaften, die diesen Menschen antreiben, der im unternehmerischen Sinn eben unternimmt, was andere unterlassen. Am Anfang war nur dieses eine Wort. In die Runde geworfen von meinen erwachsenen Kindern Nina und Felix bei einer Diskussion über Unternehmertum beim Italiener in Zug. Dieses einprägsame Wort war dann nicht mehr zu verdrängen. Hatte sich festgekrallt in meinem Hirn – wohl auch, weil ich selber ein Berufsleben lang Unternehmer bin. Ich und meine Firma befähigen Unternehmer, Unternehmen und Mitarbeitende zu mehr Unternehmertum. Immer mit dem Ziel: Wie mache ich aus meinen Kunden in Gross- und Kleinfirmen bessere, erfolgreichere Unternehmer? «Blut ist ein ganz besonderer Saft», heisst es in Goethes Faust. Es transportiert Sauer- und Nährstoff, wehrt Fremdkörper und schädliche Eindringlinge ab und fungiert im Organismus als Wärmeregulierung. Es besteht aus speziellen Zellen und proteinreichem Blutplasma, verbindet Herz mit Hirn, Hand und Fuss, ist Transportsystem und Verknüpfungselement in einem. Unternehmerblut ist besonderes Blut: Sinnbildlich verknüpft es das, was ein erfolgreiches Unternehmen ist. Den Kopf des Unternehmers mit dem Herzen, wo Leidenschaft und Firmenkultur zu Hause sind. Das Herz mit den Füssen, dem Fundament, mit den Händen, wo gearbeitet wird. Unternehmerblut verfügt neben evolutionär-biologischen Ingredienzien noch über ganz andere Eigenschaften. Ich habe diese in den 40 Jahren meines eigenen Unternehmertums und im Kontakt mit zahlreichen Unternehmern Schritt für Schritt entdeckt. Es sind Eigen7
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schaften, die aus Blut erst Unternehmerblut machen. Zehn davon, gewissermassen die Top Ten aus dem tiefen Topf meiner Berufserfahrungen präsentiere ich in diesem Buch. Unternehmerblut besteht aus Neugierde, weil ein erfolgreicher Unternehmer ein Berufsleben lang wissbegierig bleibt wie ein kleines Kind. Oder aus einer Gewinnermentalität, die den Unternehmer, einem Spitzensportler gleich, zu permanenten Höchstleistungen antreibt. Und auch aus Leadership, einer Eigenschaft, ohne die im Unternehmen ohnehin nichts geht. Am Schluss sind Unternehmer aber auch Menschen aus Fleisch und Blut. Vorbilder für andere. Für solche, die auch Unternehmer werden wollen. Menschen mit Eigenschaften also – mit diesen besonderen Eigenschaften, die das Unternehmerblut ausmachen. Wir haben über ein Dutzend, Frauen und Männer, zu diesen Eigenschaften befragt. Denn nichts hilft mehr, als von den Besten zu lernen. Unternehmerisches Denken benötigen Firmen im heutigen komplexen und kompetitiven Umfeld schliesslich auf allen Stufen. An der Spitze. In den Teams. Beim einzelnen Mitarbeitenden – überall macht Unternehmerblut den Unterschied aus. Dafür will dieses Buch das Bewusstsein schärfen. Nicht als Fibel mit guten Ratschlägen. Sondern als unterhaltsames Lesebuch, das die Eigenschaften von erfolgreichen Unternehmern, von Neugierde bis Momentum, unter historischen, psychologischen oder auch soziologischen Aspekten in feuilletonistischem Stil beschreibt und mit einprägsamen Beispielen veranschaulicht. Jede Unternehmerblut-Eigenschaft wird zudem noch durch ein Interview mit einer beispielhaften Unternehmerpersönlichkeit gespiegelt. Zug/Cape Town, August 2019 Bernd Remmers
8 Prolog
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6. Leadership Ohne sie ist alles nichts
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1 541 000 000. Das ist zunächst einmal nur eine grosse Zahl. Eine Zahl, die aufpoppt, wenn bei Google das Stichwort Leadership eingegeben wird. Wer bei Amazon das Gleiche tut, kommt auf ein paar Hundert Buchpublikationen. Da gibt es beispielsweise die Schnellbleiche Leadership: Die 21 Führungsprinzipien oder 21 unwiderlegbare Gesetze zum Thema. Abhandlungen über Leadership und Selbsttäuschung, über Digital Leadership, Dark Leadership, Leadership 2.0, Product Leadership. Und so weiter und so fort. Jeder kann sich nach seiner Façon abarbeiten an dem, was wir Leadership nennen. Scheint also eine bedeutsame Sache zu sein. Allerdings: Kein Mensch, der das Wesen der Leadership ergründen will, kann all das Gedruckte oder online Verbreitete lesen, geschweige denn verarbeiten. Deshalb erlauben Sie mir, mich vorzustellen. Ich bin dieser Begriff, über den alle schreiben. Den alle ergründen wollen. Ich bin der am meisten analysierte Typ auf der ganzen Welt. Vielleicht auch der, der alle sein wollen. Ich bin die Leadership. Menschen deutscher Zunge übersetzen mich mit dem Begriff Menschenführung. Ich finde, das greift entschieden zu kurz. Okay, um Menschen geht es auch. Aber ich bitte Sie! Leadership ist viel mehr als das. Und der zweite Teil dieser Wertschöpfung ist mir in der Sprache Goethes sowieso nicht ganz geheuer. Deshalb bin ich nicht unglücklich darüber, dass auch in Germanien die modernen Zeitgenossen unter uns immer öfter meine englische Bezeichnung verwenden. Da fühle ich mich wohler: Leadership, mit weiblichem Artikel. Nicht, dass Leadership eine ausschliesslich frauliche Eigenschaft wäre – der Duden erlaubt für Leadership ja auch das Neutrum. Aber so ist zumindest klar, dass es kein ausschliesslich männliches Phänomen ist. In den heutigen Gender-Zeiten sicherlich kein Nachteil. Erfunden hat mich wahrscheinlich der Harvard-Professor John P. Kotter. Ein smarter Typ, der schon in jungen Jahren in den Olymp der US-Eliteuniversitäten aufsteigt. Und der schon Anfang der 1980er- Jahre über mich sagt: «Manager verwalten. Leader verändern.» Klingt zwar etwas schroff und schmeckt vielleicht nach Verkürzung und typisch amerikanischem Management-Slogan. Aber ich muss schon sagen: Noch kaum einer hat mich kürzer beschrieben und präziser 115
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erkannt. Natürlich hat es vor Kotter bereits andere gegeben, die mir auf den Fersen gewesen sind. Die auszuleuchten versuchten, was mich im Innersten zusammenhält. Allen voran der unverwüstliche Peter F. Drucker, der Adam Smith der Managementlehre. Der hat schon im Jahre 1954 das Werk Die Praxis des Managements geschrieben und darin erstmals Führungsaufgaben in der modernen Wirtschaft zum Thema gemacht. Zehn Jahre später hat der unermüdliche Vielschreiber dann mit Die ideale Führungskraft den Chef auf der Kommandobrücke der Unternehmen ins Visier genommen und konstatiert: «Die Aufgabe der Führungskraft ist es, effektiv zu sein, und effektive Tätigkeit kann gelernt werden.» Ersteres ist, wie ich meine, nicht falsch, und Letzteres ist immerhin tröstlich. Aber damit hat der Management-Guru mich, die Leadership, nur erahnt. Wirklich erkannt aber hat mich Peter F. Drucker nicht. Sonst hätte der grosse Denker wohl auch diesen Satz nicht geschrieben: «Die einzige Definition eines Führers ist jemand, der Anhänger hat.» Na ja. Schon besser gefällt mir, was John P. Kotter einmal über mich notiert hat: «Leadership erzeugt Wandel und Bewegung, wogegen Management Ordnung und Konstanz produziert.» Das stimmt, zumindest was mich betrifft. Ich bin ganz klar der Bewegungstyp. Wo Wandel ist, da will ich sein. Aber ich muss Sie warnen! Bewegung ist nicht gleich Bewegung. Sie kennen sicherlich die Maus im Hamsterrad. Das arme Tier ist zwar dauernd am Rennen, aber vorwärts geht es nicht. Damit kann ich nichts anfangen. Damit will ich auch nichts zu tun haben. Ich habe schliesslich einen Ruf zu verlieren. Einen gibt es, mit dem fühle ich mich wesensverwandt. Ernest Shackleton, ein etwas bulliger Typ irischer Abstammung, mit einer charismatischen Ausstrahlung und virilen Gesichtszügen, der das Goldene Zeitalter der Antarktisforschung vor dem Ersten Weltkrieg noch persönlich miterlebt hat. Warum das so ist, erzähle ich immer wieder gerne: Dieser Shackleton setzt sich in seinen irischen Schädel, als erster Mensch die Antarktis zu durchqueren. Auf dem Weg dorthin passiert der 28-köpfigen Truppe jedoch ein Missgeschick nach dem anderen. Am 19. Januar 1915 friert sein Forschungsschiff «Endurance» knapp 100 Kilometer vor dem antarktischen Festland 116 Leadership
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fest – nach mehr als 20 000 Kilometer Anreise über das Meer. Das hölzerne Schiff, ein Dreimaster samt zusätzlichem Dampfantrieb, ist bewegungsunfähig. Neun Monate später, am 27. Oktober 1915 erfüllt ein Krachen die Luft: Bei den milderen Temperaturen sind mächtige Eisschollen gegen den Schiffsrumpf gedrückt worden, sodass dieser schliesslich birst. «Alle Mann von Bord», brüllt Ernest Shackleton, und in sein Tagebuch notiert er: «Ich bete zu Gott, dass ich es schaffe, die ganze Gruppe in die Zivilisation zurückzubringen!» 28 Mann landen auf einer Eisscholle, kämpfen sich bei Minus 26 Grad durch eisiges Festland und treiben später in den mitgeschleppten Rettungs boten auf das offene Meer hinaus. Ein Alptraum. Und ein Ende ist nicht in Sicht. Im April 1916 erreichen die Männer ein felsiges, unbewohntes Eiland – die Elefanteninsel, die östliche der Südlichen Shetlandinseln. Erstmals seit 16 Monaten haben die Gestrandeten wieder festen Boden unter den Füssen. Der nächstgelegene Stützpunkt menschlicher Zivilisation, die Insel Südgeorgien, liegt jedoch noch immer 1300 Kilometer entfernt: Dort existiert eine Walfangstation, und das verspricht Rettung für alle. Ernest Shackleton, der Kopf der Expedition, beschliesst, mit fünf ausgewählten Männern dorthin aufzubrechen und Hilfe zu holen. Eine weitere Odyssee. Aber am 20. Mai 1916 erreichen sie tatsächlich die Walfangstation. Vier Rettungsversuche benötigt er, um auch die auf der Elefanteninsel zurückgebliebenen Kumpels aus ihrer Einöde zu befreien. Schliesslich legt Ernest Shackleton die letzten Meter zum Strand in einem kleinen Ruderboot zurück. Noch auf dem Meer brüllt er zur Küste: «Alle wohlauf?» Zurück ruft es: «Alles in Ordnung, Boss!» Nach 635 Tagen im Eis hat er alle seine Männer gerettet. «Er hatte eine Katastrophe in einen Triumph verwandelt», notiert seine Enkelin Alexandra Shackleton viele Jahrzehnte später, als sie einmal das Grab des Grossvaters auf Südgeorgien besucht. Und weiter schreibt sie über ihren Grossvater, den sie nie kennengelernt hatte: «Er war zu Recht an diesem Ort begraben worden.» Warum ich das alles erzähle? Weil dieser leicht durchgeknallte Ire im Blut hat, was mich ausmacht: Leadership. Auch unter unmensch117
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lichen Strapazen gibt es bei ihm keine Meuterei. Der Boss übernimmt das Kommando, dirigiert mit Umsicht seine Truppe unter widrigsten Umständen ans Ziel, das da heisst: überleben. Er zeigt Mut, Entscheidungsstärke und Durchhaltewillen. Davor ziehe selbst ich den Hut. Dass Nachgeborene aus Shackletons Führungskunst pekuniären Profit schlagen wollen und dessen Story flugs umdeuten in den Ratgeber Was Manager von dem grossen Polarforscher lernen können, dafür kann ich sogar ein bisschen Verständnis aufbringen. Ob der Protagonist das auch täte, bezweifle ich allerdings. Der wollte als erfolgreicher Polarforscher in die Geschichte eingehen, nicht als Stichwortgeber für Unternehmensberater. Zu diesen gehört etwa Margot Morrell, gelernte Bibliothekswissenschaftlerin, die Shackleton rund zwei Jahrzehnte lang forschenderweise auf den Fersen war, nebenbei als Finanzberaterin arbeitete und über den Pionier ein Buch geschrieben hat. Ebenfalls dazu gehört ihre Co-Autorin Stephanie Capparell, eine Journalistin des Wall Street Journal, die dort über Shackleton geschrieben und beim Buch wohl die Feder geführt hat – und dank gemeinsamer Anstrengung dürfen wir aus dem Fundus von Shackletons Leben nun Manager-Ratschläge zur Kenntnis nehmen. Solche wie diese: «Entwickeln Sie Einfühlungsvermögen und Verantwortungsbewusstsein gegenüber anderen.» Oder: «Holen Sie fröhliche, optimistische Menschen in ihr Team.» Und: «Streichen Sie unnötige mittlere Managementebenen.» Schliesslich: «In Notsituationen ist direkte Führung wirksamer.» Und abschliessend: «Geben Sie den Teamleitern die Kompetenzen zur Leitung ihrer eigenen Gruppen, aber behalten Sie die Einzelheiten im Auge.» Ganz nett zu lesen. Als kleine Leadership-Fibel für Anfänger. Der tote Ernest Shackleton als Hampelmann für zeitgenössische Ratgeber-Literatur der banalen Art. Aber auch gefährlich zu lesen. Weil solche Wortfetzen suggerieren, die Leadership sei zuzubereiten wie ein hochprozentiger Cocktail. Frei nach dem Rezept: etwas scharfer Durchhaltewille, eine Prise süsse Empathie, dazu eine Scheibe Mut und 200 Gramm Motivationskraft, alles geschüttelt und nicht gerührt, und fertig gemixt ist die Leadership. So einfach ist das aber nicht. Zunächst einmal ist die Leadership kein festgefügter Stoff. Sondern 118 Leadership
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ein mitunter kapriziöser Aggregatszustand, der sich leicht ins Gegenteil verkehren kann – sofern ihm nicht ohne Unterlass Sorge getragen wird. Manch einem Manager ist die magische Kraft der Leadership in dem Augenblick verlustig gegangen, als er die Bodenhaftung verlor, weil ihm die Wärme der öffentlichen Anerkennung den Kopf übermässig erhitzt hat. Hier lauert denn auch mein grösster Feind. So mancher, der mit schöner Leadership an den Start gegangen war, ist doch entgleist. Gestolpert über sein übergrosses Ego, das ihn am Ende totgetreten hat. Erinnern Sie sich noch an Percy Barnevik? Das ist jener Schwede, der in den 1980er-Jahren den schlapp gewordenen Schweizer Maschinenbau- und Elektrokonzern Asea mit visionärer Gestaltungskraft weg vom traditionellen Grossanlagenbau und dem gesellschaftlich geächteten Kernkraftgeschäft in Richtung Hightech, Elektronik und Robotik führt. Das ist der Mann, den das Schweizer Wirtschaftsmagazin Bilanz zum «Ritter Percyval» adelt, als er im Jahr 1988 die ähnlich schlapp gewordene schweizerische BBC mit seiner Asea in der grössten Firmenfusion der Branche zum ersten dezentral aufgestellten Industriekonzern hochstemmt. Und erinnern Sie sich noch an Daniel Vasella? Im Jahr 1996 tritt der Schweizer mit dem Merger der beiden Basler Chemieunternehmen Sandoz und Ciba zur Novartis in den Lichtpegel der Öffentlichkeit. Architekt der Fusion ist der langjährige Sandoz-Patriarch Marc Moret, mit dessen Nichte Daniel Vasella, CEO der neuen Novartis, verheiratet ist. Die damals weltgrösste, praktisch en famille orchestrierte Firmenheirat verfolgt einen Zweck: die hochprofitable, straff geführte, aber forschungsschwache Sandoz zu vermählen mit der eher betulichen «Daig»-Firma Ciba, die jedoch mit einer gut gefüllten Produktepipeline ausgestattet ist. Daraus soll das erste globale Powerhouse der Branche mit Fokus auf die modernen Life Sciences entstehen. Als dies in Reichweite kommt, wird Daniel Vasella Coverboy bei Forbes, Fortune oder Business Week, und das US-Nachrichtenmagazin Time ernennt ihn gar zum «Inbegriff des globalen CEO». Erinnern Sie sich noch an Marcel Ospel, das Gesicht, das für die 1997 erfolgte Fusion zwischen dem Basler Bankverein und der Zür119
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cher Bankgesellschaft zur UBS, zum grössten Bankinstitut der Welt steht? Es ist praktisch eine Blaupause der Ciba-Sandoz-Fusion: Die «Bankgesellen» sind gross, reich und wenig agil; der Bankverein um Marcel Ospel ist klein, kapitalschwach und dynamisch. Im Jahr 2003, als das von der UBS gesponserte Segelteam Alinghi rund um den späteren UBS-Verwaltungsrat Ernesto Bertarelli überraschend den prestigeträchtigen America’s Cup gewinnt, schaltet die Bank in den Weltblättern wie Financial Times oder Wall Street Journal eine globale Werbekampagne, auf der steht: «One belief. One team. One focus. Now: one UBS.» Es ist so etwas wie der Abschluss der Fusion. Gleichzeitig aber auch ein Euphemismus: In den knapp sechs Jahren seit der Fusion ist in dem Geldhaus keine neue Firmenkultur entstanden. Es ist der kleinere Bankverein, der sich die grossen «Bankgesellen» samt deren Tresor einverleibt hat. Und Marcel Ospel ist der Wärter des Panzerschranks. Barnevik, Vasella, Ospel: Jeder von ihnen würde wohl von sich behaupten, er hätte in meinem Geist agiert und Leadership gezeigt. Und jeder wollte wohl auch Anerkennung dafür, dass die Schweiz dank seines Wirkens in drei Branchen über weltweit strahlende Global Player verfügt, um die uns jede andere Nation beneidet. Alles richtig. Und dennoch sehe ich das differenzierter. Jeder Einzelne dieses Trios hat wohl Wandel durch Fusion initiiert. Ist mit dem Banner der neuen Firma der Belegschaft vorangestürmt. Den ersten beiden würde ich attestieren: Sie haben in ihren Jahren auf der Kommandobrücke von ABB und Novartis durchaus einen neuen Spirit geschaffen. Bei Letzterem mache ich ein grosses Fragezeichen: Für Marcel Ospel ist die UBS immer ein Machtobjekt geblieben und nie zum Gestaltungssubjekt geworden. Bei allen dreien orte ich jedoch auch schwere Defizite, die es mir beim besten Willen nicht erlauben, sie als meinesgleichen zu akzeptieren. Die Herren waren im Herbst ihrer Karrieren dem Pekuniären derart zugetan, dass ihr Blick völlig getrübt war für das, was Leadership erst zu einer raren und exzellenten Charaktereigenschaft macht: Bescheidenheit. Vielleicht offenbart sich bei gewissen männlichen Alphatieren in dieser Frage schlicht ein Gender-Defizit? Es gibt dieses 120 Leadership
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Buch über Female Leadership der deutschen Publizistin Kerstin Plehwe, die 60 Frauen in 30 Ländern zum Thema interviewt hat. Darin heisst es zunächst einmal – wenig überraschend: «Ja, Frauen führen anders.» Und irgendwo in diesem 530-Seiten-Wälzer steht als eine Quintessenz aus all den Frauen-Gesprächen über Leadership-Qualitäten: «Demut haben und zeigen.» Ob dies der Grund ist, dass ich, die Leadership, nicht männlich bin?
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«Leadership vollendet Management. Sie ersetzt es nicht.» John P. Kotter, Professor für Leadership
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Erfolgsfaktor Leadership: «Vorwärts denken!» Christiane Leister, Maschinenbau-Unternehmerin Leadership braucht ein Gesicht an der Spitze. Eine Unternehmerin, die entscheidungsfreudig, aber fokussiert ist. Sich zu keinen unüberlegten Entscheidungen drängen lässt, aber auch ihre Meinung ändern kann, wenn dies neue Umstände erfordern.
Die Leister-Gruppe, weltweit erfolgreich mit Spitzentechnologien für Kunststoff-Schweissgeräte, Industrialheat-Produkte, Mikro-Optik und Gas-Sensorik ist eine der spannendsten Firmengruppen der Innerschweiz. Wie führen Sie Ihre 900 Mitarbeiter? Christiane Leister: Als ich das Unternehmen 1993 von meinem verstorbenen Mann übernommen hatte, führte ich es bis 2011 als Einzelunternehmen – als voll haftende Inhaberin. Meine Absicht war nicht, das Unternehmen mit den damals 150 Mitarbeitenden zu verwalten, sondern es unternehmerisch weiterzuentwickeln. 123
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Heute sind wir eine Unternehmensgruppe mit zwölf Konzerngesellschaften. Ihre wichtigste Erkenntnis dabei? Die Komplexität aufgrund von Diversifikationen und neuen Ländergesellschaften erforderte 2011 eine andere Organisations- und Rechtsform. Der Gewinn des Einzelunternehmens war zudem in vollem Umfang AHV-pflichtig, was unserer Wettbewerbsfähigkeit nicht förderlich war. Also haben Sie zu einer Konzernstruktur gewechselt. Selbstverständlich. Unsere Steuerexperten und Anwälte versuchten bereits seit Längerem, mich von der Umwandlung in eine AG zu überzeugen. Es galt jedoch, den richtigen Zeitpunkt abzuwarten. Ich war nach der Umwandlung gleichzeitig Inhaberin der Leister-Gruppe, CEO und einzige Verwaltungsrätin. Alleininhaberin? Ja. So kann ich meine Zeit vollumfänglich in die Entwicklung des Familienunternehmens investieren und muss nicht andere Aktionäre zu unseren Geschäftstätigkeiten befragen. Nach der Umwandlung in einen Konzern gab es ausser meiner Doppelfunktion noch weitere in der oberen Führung. Aufgrund des Wachstums und zusätzlicher Ländergesellschaften mussten wir unsere Führungskapazität erweitern. Wir haben daher 2014 die Doppelfunktionen entflochten, und ich habe den CEO-Posten an ein Konzernleitungsmitglied abgegeben. Das operative Geschäft wurde für Sie zu einer persönlichen Belastung? Nein, denn ich arbeite nicht, weil ich muss, sondern weil ich will, aus Interesse und mit Leidenschaft. Als Diplomvolkswirtin war ich nach meinem Studium in grossen deutschen Unternehmen für Controlling und Finanzen verantwortlich. Daran habe ich angeknüpft und nach Einarbeitung in Technik und Unternehmensfüh124 Leadership
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rung unser Familienunternehmen nach dem Tod meines Mannes weiterentwickelt. Denn ich sah hier viel Potenzial. Für die Unternehmensführung braucht es Geschäftskenntnisse, Führungskompetenz, Risikobewusstsein und Mut für Entscheidungen. Ich arbeite immer sehr eng mit den Schlüsselpersonen unserer Führung zusammen. Wir waren und sind auch heute ein Gremium, das im Unternehmensinteresse alle Entscheidungen fällt. Ganz alles wird Ihnen aber nicht gelungen sein. Es gibt ab und zu Entscheidungen, die im Zeitverlauf anders beurteilt werden, weil sich externe Faktoren geändert haben oder es neue Erkenntnisse gibt. Gegebenenfalls muss man dann bei der Umsetzung einer Entscheidung den Weg etwas anders wählen oder neu entscheiden. Das wird von der Führung und den Mitarbeitenden verstanden und akzeptiert. Zum Beispiel? Ich wollte anfänglich nie in die USA gehen oder eine Fabrik in China eröffnen. Aufgrund sich ändernder Marktbedürfnisse und insbesondere der wirtschaftlichen Entwicklung in China war es jedoch für unsere Geschäftstätigkeit wichtig, diese Entscheidung zu hinterfragen. Unsere Ländergesellschaften in den USA und China entwickeln sich erfreulich. Unternehmerische Entscheidungen sollten daher nie dogmatisch sein, müssen sachlich nachvollziehbar sein und bei Bedarf hinterfragt und angepasst werden. Als CEO sind Sie ohne Vorankündigung zurückgetreten. Hat dieser abrupte Wechsel funktioniert? Sehr gut sogar. Ich habe meine Konzernleitung zusammengerufen und erklärt, dass wir aufgrund unseres Wachstums unsere Führung vergrössern müssen. Und dass ich deshalb den CEO-Posten an eine andere Person abgeben werde. Mir war es wichtig, dass sowohl ich als auch meine Konzernleitungsmitglieder mit dem 125
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noch zu bestimmenden neuen CEO zusammenarbeiten können. Deshalb habe ich gesagt: Machen Sie sich Gedanken, wer mich ersetzen kann. Eine Person, die für das Unternehmen, das Kader und für mich gut ist. Welche Antwort bekamen Sie? Der Dienstälteste, der bereits die Lehre bei uns gemacht hatte, sagte sofort, das kann nur ein Interner sein. Damit wurde die Selbstorganisation angestossen. Die Wunschlösung ist dann ganz von selbst gekommen. Ich konnte den CEO an ein Konzernleitungsmitglied übertragen, und wir haben die dadurch frei gewordene Geschäftsführerposition mit einem jüngeren Mitarbeiter besetzt. Und Sie haben wirklich loslassen können und die Herren machen lassen? Ich habe das Operative sehr geliebt – es war so lebendig. Deshalb ist es mir anfangs schwergefallen, die Meetings der Geschäftsleitung nicht mehr zu besuchen. Ich wurde gelegentlich als Gast eingeladen, habe es aber konsequent vermieden, auch nur einmal teilzunehmen. Die Termine der Geschäftsleitung gibt es in meiner Agenda nicht mehr. Das geht gut? Betriebsinteresse kommt vor Einzelinteresse – so ist es in unserer Firmenkultur für alle verbindlich geregelt. Ich musste mich als Verwaltungsrätin daran gewöhnen, meine Informationen stufengerecht zu organisieren sowie Themen und Traktanden unserer VR-Meetings entsprechend zu gestalten. Das heisst nun auch, dass Sie eine geteilte Führung haben? Überhaupt nicht. Wir erarbeiten gemeinsam die Strategie und legen Ziele fest. Ich delegiere dann als Verwaltungsrätin entsprechend die operative Umsetzung. Es braucht eine stufengerechte Delegation von Verantwortung, Entscheidungen und Riskmanage126 Leadership
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ment auf allen Ebenen. Mitarbeitende erwarten Freiraum und Verantwortung. Doch das damit verbundene Treffen von Entscheidungen ist nicht immer auf allen Führungsstufen willkommen. Da muss ein Vorgesetzter dann gegebenenfalls etwas coachen und die Entscheidungen einfordern. Sie sind nach wie vor die einzige Person im Verwaltungsrat? Bisher nehme ich diese Funktion für die Leister Gruppe allein wahr. Ich habe in den langjährigen Mitgliedern meiner Konzernleitung ein Team für enge Zusammenarbeit. Je nach Geschäft arbeiten wir nach dem Prinzip des «common understanding» zusammen. In unseren Auslandsgesellschaften gibt es jeweils ein externes Boardmember, damit wir für lokale Gegebenheiten, unabhängig von unseren Geschäftsführern, Entscheidungsgrundlagen haben. Sind Sie eine Person, die das ganze Gewicht auf die Einfachheit legt? Ja, bei uns soll alles klar, transparent und überschaubar sein. Mit flachen Hierarchien. Ich habe nie auf Empfehlung von Beratern Organisations- oder Führungsmodelle übernommen, die nicht zu uns passen. Wir leben eine für alle verbindliche Unternehmenskultur, die wir lange nicht einmal aufgeschrieben hatten. Das holten wir vor etlichen Jahren nach – ohne Berater. In einem Workshop unter der Leitung unseres Personalchefs haben wir unsere Führungsgrundsätze ausgearbeitet. Und die Umsetzung war kein Problem? Bei der Implementierung wurde es interessant. Nachdem die Geschäftsleitung eine Soll-Ist-Analyse durchgeführt hatte, wurden Lücken sichtbar. Mit einem Coach haben wir anschliessend unsere Führungsgrundsätze geschult. Diese Schulung brachte zutage, dass die Führung die Grundsätze teilweise bereits schubladisiert hatte. Unsere Führungsgrundsätze haben wir dann als Beurteilungskriterium in die Mitarbeiterqualifikation übernommen. 127
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Was ist für Sie bei der Firmenkultur zentral? Unternehmerisches Denken und Handeln auf allen Ebenen, eine offene Fehlerkultur und Betriebsinteresse. Zentrale Werte sind Vertrauen, Offenheit und Loyalität. In der Führung entscheiden wir möglichst einvernehmlich. Infights sind bei uns nicht geduldet, wir halten das für Ressourcenverschwendung. Unsere Standpunkte legen wir offen dar. Guter Teamspirit ist uns dabei sehr wichtig. Hier geht es um Leadership. Was zeichnet den Leader aus? Ein Leader hat eine Vorbildfunktion und sollte Orientierung geben durch Fokussieren, Priorisieren und klare Kommunikation. Auch das Vermitteln von Begeisterung und Motivation ist von grosser Wichtigkeit. Kommunikation ist dabei die Königsdisziplin. Wie halten Sie es damit? Mitarbeitende müssen und wollen informiert sein. Wir kommunizieren stufengerecht, damit alle die Informationen erhalten, die sie für die Erledigung ihrer Aufgaben benötigen. Wichtig für den Know-how-Austausch ist die Kommunikation der Mitarbeitenden im In- und Ausland untereinander. Dafür haben wir Collaboration-Tools, über die wir auch allgemein zum Unternehmen und Geschäftsverlauf informieren. Das ist der zentrale Teil von Leadership. Gut kommunizieren, gestalten, Neues wagen. Was ist wichtiger: Unternehmertum oder Management? Wir brauchen beides: Unternehmer im Unternehmen und gutes Management für die Umsetzung unserer Strategien und Ziele. Verwaltungsrat, Konzernleitung und Geschäftsleitungen ergänzen sich hier optimal in der Leister-Gruppe. Wie das? Wir entwickeln Strategien und legen Ziele fest, haben auch Mut für unkonventionelle Ideen. Unter Abwägen von Chancen und 128 Leadership
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Risiken entscheiden wir, ob und wie wir diese umsetzen. Dazu braucht es kompetente Machertypen oder Leister-Männer, wie unsere Mitarbeitenden es nennen. Führung spielt eine grosse Rolle beim Managen unseres Daily Business. Wir wollen bei unseren Mitarbeitenden Potenziale erkennen und nutzen. Wir leben eine Learning Community. Der Leader als Vorbild? Leadership braucht ein Gesicht. Ein Unternehmen ebenfalls. Diese Aufgabe nehme ich wahr. Leadership ist kein Mainstream. Leadership ist individuell und steht im Einklang mit der Firmenkultur. Wenn Sie Leader sein wollen, müssen Sie Menschen mögen. Wie wollen Sie sie sonst begeistern, motivieren? Das gilt auch in einer Krise: Da muss ein Leader Stärke zeigen. Wo haben Sie das gelernt? Mein Vater war Kapitän auf grosser Fahrt. Da habe ich in meiner Jugend bereits einige Erfahrungen gemacht. Wir wurden angehalten, mit Disziplin, Fleiss, Durchhaltevermögen, Ehrgeiz und Eigenverantwortung stets beste Leistungen zu erbringen. Und als ich anfing zu studieren und mir dieses Regime zu eng wurde, bin ich von zu Hause ausgezogen – ohne finanzielle Sicherheit, für meine Freiheit. Das klingt nach Kampf und Überlebenskampf. Engagieren Sie sich deshalb stark im Schwingsport? Nicht nur deshalb. Leister ist Hauptsponsor des Innerschweizer Schwingerverbands und ich bin Ehrenmitglied der Schwingersektion Sarnen. Es gibt manche Parallelen bei den Werten und Leitgedanken wie Fairness und Leistungsziele. Ein Schwinger will Kränze gewinnen, Schwingerkönig werden. Bei uns geht es um Karrieren. Aber ohne Team und Teamgedanke kommt weder der Schwinger noch der Leister-Mitarbeitende vorwärts.
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Eine heile Welt. Wo Licht hinfällt, gibt es auch Schatten. Wo gibt es solche? Auch wenn es für das erforderliche Engagement hier und dort gewisser persönlicher Einschränkungen bedarf, stimmt die Balance für mich. Ich arbeite, weil ich es spannend finde, etwas zu gestalten und weiterzuentwickeln. Herausforderungen … … liebe ich, die spornen mich an, und an Herausforderungen kann man wachsen. Die Einsamkeit bei Entscheiden … … habe ich nicht. Wir pflegen eine vertrauensvolle, offene Kommunikation in der Konzernleitung und können alles miteinander besprechen. Wirklich keine Schattenseiten? Ich wüsste von keiner. Wir haben in den letzten gut zehn Jahren miteinander drei Krisen durchgestanden. Die erste, 2007, war die härteste. Mit dem Ausbruch der Finanzkrise hatten wir praktisch von heute auf morgen 30 Prozent weniger Aufträge. Wir mussten Kurzarbeit einführen. Obwohl ich mich zuerst dagegen sträubte, liess ich mich von unserer Führung überzeugen, diesen Schritt zu machen. Alle Mitarbeitenden arbeiteten im Kurzarbeitsmodus. So konnten wir das Know-how und alle Arbeitsplätze erhalten. Die zweite Krise? Als der Franken gegenüber dem Euro auf 1.25 stieg. Damals haben wir vorübergehend alle freiwillig länger gearbeitet, um Projekte zur Effizienzsteigerung schneller umsetzen zu können. Bei der dritten Krise, als die Nationalbank die Euro-Untergrenze von 1.20 fallen liess, haben wir sofort mit einer Senkung unserer Franken-Preise in den Auslandsmärkten reagiert, um unsere Marktposition zu halten. Das konnten wir nur durchstehen, weil 130 Leadership
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wir mit Mehrarbeit und «full speed» weitere Projekte zur Rationalisierung umsetzten. Durch Entlassungen? Das haben wir bisher vermeiden können. Wir haben eigene Spielregeln für Krisen. Um unsere Eigenfinanzierung langfristig sicherzustellen, dürfen grundsätzlich keine Kredite aufgenommen und vorübergehend keine Dividenden ausgeschüttet werden. Ein Korsett, das uns noch immer geholfen hat, Schwierigkeiten zu meistern und die richtigen Prioritäten zu setzen.
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«Der Leader als Enabler» Tom Hanan, Unternehmer in der Digital Economy Alles geht rasend schnell in der webbasierten Wirtschaft: Innovationszyklen sind kurz, Kundenbedürfnisse wandelnd sich. Innovation ist Teamarbeit, und der Leader an der Spitze nur der Coach, der Innovation ermöglicht.
Sie sind Gründer und CEO von Webrepublic, des klaren Marktleaders unter den Digitalagenturen. Wie haben Sie es geschafft, in weniger als zehn Jahren ein so erfolgreiches Unternehmen aufzubauen? Tom Hanan: Immer wieder heisst es, in der Digital Economy gelte, «culture eats strategy for breakfast». Die Frage, was das konkret bedeutet, beschäftigt mich bis heute. Ich sehe zwei zentrale Punkte. 132 Leadership
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Nämlich? Einen unglaublich schnellen Innovationszyklus. Noch nie gab es so viele technische Innovationen, die ein Unternehmen absorbieren sollte. Auf der anderen Seite sind die Kunden, deren Bedürfnisse sich ebenso schnell wandeln. Der Unternehmer muss sich also laufend Gedanken darüber machen, wie er sein Unternehmen in diesem Spannungsfeld aufstellen muss. Ihre Quintessenz? Ein klassischer Top-down-Ansatz, bei dem der CEO oder die Geschäftsleitung allein die Richtung vorgibt, Innovationspotenzial identifiziert und Resultate einfordert, funktioniert nicht mehr. Es gilt vielmehr, eine Unternehmenskultur zu schaffen, in der Innovation bottom-up, also durch das Team, getrieben wird. Meine Rolle als Geschäftsführer sehe ich in diesem Kontext dann in erster Linie als Enabler. Ich gebe die ungefähre Marschrichtung vor und räume Steine aus dem Weg, damit die Mitarbeitenden ihr Potenzial entfalten können. Anders gesagt: Ich verstehe mich als Coach und Mentor. Und wir alle folgen dem Prinzip von Trial and Error. Vor bald zehn Jahren sind Sie mit dieser Leadership-Kultur an den Start gegangen. Was ging Ihnen damals durch den Kopf? Ich habe mir damals schon gesagt: Ich will eine Kultur etablieren, in der Umpff eine entscheidende Rolle spielt. Was bedeutet Umpff? Das ist der Charakter, die Haltung, die einen Webrepublican ausmacht. Wer Umpff hat, vereint den Pioniergeist und die Leidenschaft eines Entdeckers mit der Neugierde und Genauigkeit eines Forschers. Solche Talente zu finden und für uns zu gewinnen, das ist entscheidend für den Erfolg unserer Kunden und damit auch für den unsrigen.
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Das war schon alles? Da ich von Google kam, brachte ich eine gewisse Glaubwürdigkeit im Suchmaschinen-Marketing mit. Heute ist diese Dienstleistung noch eine von vielen, die wir anbieten. Aber: Mit Erfahrung von Google konnte ich selbstbewusst auftreten. Und ich wusste, was ich wollte, und die Kunden folgten mir. Unternehmer war das Ziel? Ich fühlte mich gedrängt, mit einem etwas provozierenden Unternehmensansatz den Agenturmarkt in der Schweiz aufzumischen. Was fasziniert daran? Ich kann eigene Visionen testen, habe Gestaltungsfreiheit. Inzwischen gehören wir zu den sechs grössten Digitalagenturen im DACH-Raum. Wir haben keine fremden Investoren, können unser Ding durchziehen: «for the good and for the bad». Diese Freiheit lasse ich mir nicht mehr nehmen. In der Digital Economy zählen Ergebnisse. Controller checken laufend die Zahlen. Das blüht auch der Digital Economy. Wir interessieren uns auch für Zahlen, sie geben Aufschluss über Erfolg oder Misserfolg von Taktiken und Strategien. Das heisst auch, sie sind unverzichtbar für unseren Lernprozess. Aber was vielleicht anders ist: Wir schauen nicht stur auf KPIs und ignorieren den Kontext. Wir müssen verstehen, unter welchen Rahmenbedingungen Mitarbeitende gute Ideen entwickeln und umsetzen können. Darum scheitern auch so viele Digital Units in grossen Unternehmen. Sie besitzen weder die Kultur noch den Bewegungsfreiraum, sich entfalten zu können. Entsprechend kämpfen diese Unternehmen darum, den Anschluss an die Digital Economy zu finden. Zuerst muss die Kultur da sein, und diese benötigt Leadership. Andernfalls bleibt die Firma ein seelenloses Skelett.
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www.claudia-wild.de: Remmers__Unternehmerblut__[Druck-PDF]/Epilog Unternehmerblut im Blut/Seite 231
Epilog Unternehmerblut im Blut Dort, im Norden Deutschlands, wo das Land flach und die holländische Grenze nah ist, gründete mein Vater Bernhard Remmers seine gleichnamige Firma. Buchstäblich in einer Garage. Ein Ein-Mann- Unternehmen zum Vertrieb von Ölen und Fetten. Wir schreiben das Jahr 1949. Der Jungunternehmer ist 30 Jahre alt, gerade Vater geworden und die das Geschäft beflügelnde Währungsreform liegt nur zwölf Monate zurück. In diese Welt bin ich, als Erstgeborener, hineingeboren worden. Eine frühe Erinnerung: die Notizzettel, die mein Vater immer bei sich trug, die er mit allerlei unternehmerisch Wissenswertem zu beschriften pflegte. In unserem Kontext könnten wir sie Neugier-Zettel nennen. Auf diesen stand etwa: Neben meiner Arbeit habe ich ein Hobby – und das ist die Firma. Höre nie auf, anzufangen und fange nie an aufzuhören! Nur ein überzeugter Verkäufer ist ein guter Verkäufer. Umsatz ist das Schicksal eines Unternehmens. Ohne Umsatz ist alles nichts. Schliesslich, frei nach Wilhelm Busch: Und bei genauerer Betrachtung Steigt mit dem Preise auch die Achtung. Der Verkäufer verbindet sich hier mit dem Kaufmann, der im Lauf eines Unternehmerlebens in die Produktion einsteigt, schliesslich mit der Remmers Chemie einen internationalen Hersteller für bauchemische Produkte mit heute 1500 Mitarbeitenden aufbaut. Die Firma ist 231
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immer präsent in diesem Leben. Das Zuhause der Familie befindet sich auf dem Produktionsareal in Löningen im Oldenburger Münsterland. Meine Mutter Hilde ist seit frühesten Zeiten in die Buchhaltung involviert. Am Familientisch dominiert das Thema der Firma immer. Und selbstverständlich soll der Erstgeborene einmal übernehmen. Unternehmerblut en famille. Nach Internat, Abitur und einem Studium zum Diplomkaufmann in Münster war es dann Zeit für mich, in den väterlichen Betrieb einzusteigen. Zeugnis abzulegen, dass auch in meinen Adern Unternehmerblut fliesst. Und ich wollte meinem Vater natürlich zeigen, dass auch in mir ein Verkäufer und Kaufmann steckt. Fernab von daheim wollte ich diesen Beweis erbringen und als deutsches Nordlicht in Süddeutschland einen Vertrieb für die Remmers Chemie aufbauen. Ich quartierte mich also in ein billiges Hotel ein, kaufte mir zehn Anzüge mit passenden Krawatten und ging vom Neckar in Heidelberg aus auf Kundenfang – ich war derart beschäftigt damit, dass ich das Gewässer, das die ehemalige kurpfälzische Residenzstadt durchfliesst, im Grunde nie zu Gesicht bekommen habe. Dafür umso mehr Neukunden für die Remmers Chemie. Über fünf Dutzend Aussendienstmitarbeiter hatte ich schliesslich bis Ende 1981 – und entschied, aus der väterlichen Firma auszusteigen. Die Gründe? Sind vielfältig. Der Entscheid? Ist nicht leichtgefallen. Vielleicht lässt sich einfach konstatieren: Zwei Mal wallendes Unternehmerblut unter einem Familiendach ist eines zu viel. Und auf einem Kaffeerahm-Deckel fand ich einen Satz, der zu mir passt: «Lieber barfuss als in geborgten Schuhen.» Ein Neuanfang also. Dieser begann für mich im Bildungshaus Bad Schönbrunn, wie das heutige Lassalle-Haus damals noch hiess – Direktor war der Jesuit und spätere Zen-Meister Niklaus Brantschen. Hier, in der Stille, besuchte ich einen Meditationskurs in der Hoffnung, mir über meine persönliche und berufliche Zukunft Klarheit zu verschaffen. Es wurde mehr als das: Niklaus Brantschen suchte einen Kopf, der ihn bei der Neuausrichtung dieses traditionsreichen Instituts unterstützen und eine Organisationsanalyse erstellen konnte. Dieser Kopf wurde ich. 232 Epilog
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Dass sich unser beider Lebenswege auf Zuger Territorium gekreuzt haben, hatte auf meinen eigenen Weg weitreichende Auswirkungen. Ich wurde erstens als möglicherweise weltweit erster Laie Mitglied eines Leitungsgremiums im Jesuitenorden. Ich führte zweitens dank der persönlichen Verbindung zum Bildungshaus zahlreiche Führungsseminare durch. Dies führte drittens dazu, dass ich 1983 mit der Bernd Remmers Consultants AG mein eigener Unternehmer und in Zug sesshaft wurde. Und dies wiederum führte viertens dazu, dass ich während nun dreieinhalb Jahrzehnten unzählige Unternehmer und Firmen in Prozessen rund um Kultur, Change und Leadership unterstützen konnte – alles notwendige Rezepturen auf dem Weg zu mehr und besserem Unternehmertum. Dies alles hat nun zum Buch Unternehmerblut geführt. Zugegeben: Das Buch war inhaltlich und schreiberisch eine Herausforderung. Ein komplexes Unterfangen, weil es unternehmerische, historische, psychologische oder soziologische und nicht zuletzt auch schreiberische Kenntnisse voraussetzt, die es zu vernetzen gilt. Deshalb habe ich mir auch Hilfe geholt. Für das Schriftstellerische und Historische von René Lüchinger. Für die Interviews mit Unternehmern von Medard Meier. Beiden danke ich für ihr grosses Engagement für dieses Buch.
Bernd Remmers Guthirtstrasse 2 CH-6300 Zug bernd.remmers@remmers.ch unternehmerblut.ch remmers.ch
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www.claudia-wild.de: Remmers__Unternehmerblut__[Druck-PDF]/Kurzbiografien der Interviewpartner/Seite 238
Kurzbiografien der Interviewpartner Regula Bührer Fecker ist Gründungspartnerin von Rod Kommunikation in Zürich und zweifache Werberin des Jahres. Als Autorin des Buchs #FRAUENARBEIT setzt sie sich mit der gleichnamigen Stiftung aktiv für das berufliche Vorankommen junger Frauen in der Schweiz ein. Und sie schaut im Verwaltungsrat der «Kronenhalle» zum Rechten. Silvio Denz setzt auf die französische Kristallmanufaktur Lalique, die er zu einer weltweiten Luxusmarke ausbaut, und auf Weingüter – unter anderem im Bordelais. Seine Investments schliessen erstklassige Hotels und Restaurants ein. Die Basis hat sich der Basler mit den Alrodo-Parfumerien gelegt, die er zur grössten Kette in der Schweiz machte, bevor er sie an Marionnaud verkauft hat. Alfred Gantner hat 1996 Partners Group, den globalen Manager von Privatmarktanlagen, in Zug mitgegründet. Er ist Partner und exekutives Mitglied des Verwaltungsrats von Partners Group Holding AG. Das Unternehmen mit 1200 Mitarbeitenden hat seit der Gründung für seine Kunden über 100 Milliarden Dollar in Privatmärkte investiert. Tom Hanan ist Gründer und CEO von Webrepublic in Zürich. Die Agentur mit gegen 200 Mitarbeitern gehört im DACH-Raum zu den bedeutendsten im Bereich Digital Marketing. 2017 hat er den Unternehmerpreis von EY erhalten. Bevor sich der Schweizer mit deutsch- amerikanischen Eltern selbstständig gemacht hat, war er als erster Mitarbeiter von Google Schweiz für den Aufbau des Geschäfts von Google in der Schweiz und in Österreich verantwortlich. 238 Anhang
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Carole Hübscher präsidiert seit 2012 den Verwaltungsrat von Caran d’Ache. Sie hat das Amt von ihrem Vater übernommen. Die über 100-jährige Genfer Manufaktur für Mal- und Schreibinstrumente be schäftigt rund 300 Mitarbeitende, zählt weltweit 23 Boutiquen und 120 Shop-in-Shops. Georges Kern ist seit 2017 CEO von Breitling und auch Mitinhaber der Traditionsmarke, nachdem die Besitzerfamilie das Unternehmen mit 900 Mitarbeitenden an CVC, ein weltweit führendes Private-Equity- Unternehmen, verkauft hat. Die 1884 in Saint-Imier gegründete Manufaktur gehört zu den bekanntesten der Welt. Zuvor hat Kern IWC Schaffhausen zu einer der weltweit erfolgreichsten Uhrenmarken ausgebaut und danach im Richemont-Konzern für alle Uhrenbrands gesamtverantwortlich gezeichnet. Christiane Leister ist Inhaberin und Verwaltungsratspräsidentin der Leister-Gruppe, die weltweit erfolgreich mit Spitzentechnologie zum Kunststoffschweissen, industrieller Prozesswärme, Mikro-Optik und Gas-Sensorik ist. Die Unternehmensgruppe beschäftigt rund 900 Mitarbeitende. Christiane Leister ist Diplomvolkswirtin und unter anderem Mitglied des ETH-Rats. Roland Mack gründete 1975 auf der grünen Wiese nahe Freiburg den Europa-Park im ehemaligen Fischerdörfchen Rust. Inzwischen besuchen rund sechs Millionen Menschen den Freizeitpark pro Jahr, wovon ein Viertel aus der Schweiz anreisen. Der Maschinenbau-Ingenieur hat mittlerweile auch 6000 Hotelbetten rund um den Park gebaut, der mit der gigantischen neuen Wasserwelt «Rulantica» zur eigenständigen touristischen Ganzjahresdestination wird. Dieter Meier beherrscht Multi-Tasking. Er ist Konzeptkünstler, Musiker (Yello) und Publizist, Unternehmer (Rinderzucht und Wein in Argentinien, Restaurateur in Zürich und Deutschland) und Investor (Brig-Visp-Zermatt-Bahn, Orell Füssli). Sein jüngstes Baby heisst Cho-
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colat Dieter Meier. Mit einem revolutionären Verfahren gibt er der Schokolade die Seele zurück. Peter Spuhler ist Verwaltungsratspräsident und Eigentümer der Stadler Rail AG in Bussnang. Der frühere Nationalrat hat in 32 Jahren aus einem Kleinbetrieb mit 18 Mitarbeitenden ein global tätiges Unternehmen für Schienenfahrzeuge mit mehr als 8000 Mitarbeitenden und einem Umsatz von 2,4 Milliarden Franken (2017) gemacht. Daniela Steiner hat zusammen mit ihrem Mann 2013 das Food- Tech-Unternehmen Felfel gegründet, das bereits über 300 Unternehmen mit über 40 000 Endkunden beliefert. Die Geschäftsbasis bildet ein intelligenter Kühlschrank, der von lokalen Familienproduzenten mit frischem, schmackhaftem Essen versorgt wird. Das Ehepaar ist mit den Unternehmerpreisen vom SEF (2017) und EY (2018) ausgezeichnet worden. Thomas Sterchi hat als einer der ersten Internetunternehmer der Schweiz viel Geld verdient, als er 2007 seine Gründung jobs.ch für über 150 Millionen Franken verkaufen konnte. Im gleichen Jahr startete er Tom Talent. Zur Unternehmensgruppe gehören mittlerweile die Internetplattformen Teleboy und Cineman, das Musikfestival «Zermatt unplugged» sowie das Shilcity-Restaurant Rüsterei. Thomas Straumann, gelernter Polymechaniker und Dr. h. c. Universität Basel, hat das Zahnimplantate-Unternehmen Straumann in seiner heutigen Form aufgebaut und das Medtech-Unternehmen Medartis gegründet. Bei Straumann (4800 Mitarbeitende) ist er Vizepräsident und bei Medartis (560 Mitarbeitende) Präsident des Verwaltungsrats. Ihm gehört auch das Grand Hotel Les Trois Rois in Basel, das erste Haus am Platz. Monika Walser führt seit 2014 den Möbelhersteller de Sede, an dem sie mitbeteiligt ist. Die global ausgerichtete Manufaktur für höchstklassige Ledermöbel hat sich seither aus einer finanziellen Kri240 Anhang
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senlage befreit und peilt neue Abnehmer an. Das Unternehmen mit Sitz in Klingnau beschäftigt 120 Mitarbeiter. Hans-Peter Wild gehört zu den erfolgreichsten Schweizer Unternehmern und Investoren (AI, Medizin). Der gebürtige Heidelberger hat zwei globale Geschäfte aufgebaut: erstens Wild Flavors Inc., Global Leader in Natural Flavors, das er 2014 an Archer, Daniel Midland (ADM) für 3 Milliarden US-Dollar verkauft hat. Zweitens die globale Getränkemarke Capri Sun, die in mehr als 100 Ländern verkauft wird und einen Aussenumsatz von rund 1,5 Milliarden Euro erzielt und sich in seinem Alleinbesitz befindet. Gemanagt wird das globale Geschäft von der Capri Sun Holding AG in Zug. Weiter besitzt er die Salzburger Hotels Goldener Hirsch und Schloss Mönchstein sowie den berühmten Rugby-Klub Stade Français in Paris.
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Bernd Remmers ist im Norden Deutschlands in eine Unternehmerfamilie hineingeboren worden. Der Vater gründete in einer Garage ein Ein-Mann-Unternehmen. Sein unternehmerisches Motto: «Höre nie auf anzufangen und fange nie an aufzuhören!» Heute ist Remmers Chemie ein internationaler Konzern von 1500 Mitarbeitenden. Bernd Remmers ist natürlich in die väterliche Firma eingetreten und sollte später übernehmen. Es kam anders: Zwei Mal wallendes Unternehmerblut unter einem Dach ist eines zu viel. «Lieber barfuss als in geborgten Schuhen», las Bernd Remmers auf einem Kaffeerahm- Deckel. 1983 gründete er sein eigenes Unternehmen: Bernd Remmers Consultants AG und weiss seither: «Jeder ist Unternehmer seiner eigenen unternehmerischen Fähigkeiten.» Seit dreieinhalb Jahrzehnten hat er unzählige Unternehmer und Firmen in Prozessen rund um Kultur, Change und Leadership unterstützt – Rezepturen zu mehr und besserem Unternehmertum. Das alles hat nun zu diesem Buch Unternehmertum geführt.
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UNTERNEHMERBLUT IST BESONDERES BLUT. ES TREIBT MENSCHEN AN, DIE IN UNTERNEHMERISCHEM SINN UNTERNEHMEN, WAS ANDERE EBEN UNTERL ASSEN. ES SIND MENSCHEN MIT EIGENSCHAFTEN VON NEUGIERDE BIS LEADERSHIP. ZEHN DIESER EIGENSCHAFTEN BESCHREIBEN WIR HIER: LEICHTFÜSSIG UND FEUILLETONISTISCH. UND MIT 15 UNTERNEHMERINNEN UND UNTERNEHMERN REDEN WIR ÜBER DAS, WAS UNTERNEHMERBLUT AUSMACHT :
VON DEN BESTEN SCHWEIZER UNTERNEHMERINNEN UND UNTERNEHMERN LERNEN, UNTERNEHMERISCH ZU DENKEN UND ZU HANDELN.
SAUERSTOFF FÜR ERFOLG
BERND REMMERS
REGUL A BÜHRER FECKER, DIGITALE WERBE-UNTERNEHMERIN SILVIO DENZ, UNTERNEHMER, SAMMLER, GENIESSER ALFRED GANTNER, PRIVATE-EQUIT Y-UNTERNEHMER TOM HANAN, UNTERNEHMER IN DER DIGITAL ECONOMY CAROLE HÜBSCHER, SCHREIBWAREN-PRODUZENTIN GEORGES KERN, UHRENFABRIKANT CHRISTIANE LEISTER, MASCHINENBAU-UNTERNEHMERIN ROL AND MACK, FREIZEITPARK-BETREIBER DIETER MEIER, MULTIKREATIVER PETER SPUHLER, HERSTELLER VON SCHIENENFAHRZEUGEN DANIEL A STEINER, UNTERNEHMERIN IN DER DIGITAL ECONOMY THOMAS STRAUMANN, MEDTECH-UNTERNEHMER THOMAS STERCHI, INTERNETPIONIER MONIKA WALSER, MÖBELFABRIKANTIN HANS-PETER WILD, GLOBALER ERFOLGSUNTERNEHMER
BERND REMMERS
ISBN 978-3-03810-364-6 ISBN 978-3-03810-364-6
9 783038 103646
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