7 minute read

Kommunikation mit und durch Sprache

Staat und Regierungshandeln

ten. Auch ist noch wenig erforscht, wie sich die Folgen der Pandemie langfristig auf die Psyche der Menschen auswirken werden.

Zusammenfassend ergeben sich aus Sicht eines Regierungsrats folgende Erkenntnisse für die Zukunft: • Für eine gute und durchhaltefähige Krisentauglichkeit braucht ein Führungsgremium entsprechende Werkzeuge, mit denen es regelmässig trainiert. Innerhalb einer Kollegialbehörde braucht es eine hohe gegenseitige Achtung und ein grosses Mass an Reflexionsvermögen. • Regierungsrat und kantonaler Führungsstab müssen sich mit vorbehaltenen Entschlüssen und Planungen für künftige Krisen vorbereiten.

Der KFS wird in Zukunft gezielter auf verschiedene Krisenszenarien ausgerichtet, organisiert und ausgebildet. Er muss frühzeitig eingesetzt werden. • In der ausserordentlichen Lage einer Pandemie soll der Bundesrat für die ganze Schweiz entscheiden und befehlen. In der besonderen Lage einer Krise hingegen müssen die Kantone mehr Handlungsfreiheit und dadurch mehr Entscheidungskompetenz erhalten. Legislative und Exekutive eines Kantons sind in der Lage, auf die spezifischen Bedürfnisse ihrer Bevölkerung rasch und zielgerichtet Einfluss zu nehmen. In der besonderen Lage soll der Bund deshalb künftig nur Empfehlungen an die Kantone richten. Die Kantone koordinieren die Massnahmen in

Absprache mit ihren Nachbarn selbständig. Hierzu muss das eidgenössische Epidemiegesetz revidiert werden. • Die Pandemiekrise ist mit grossen Einschränkungen der persönlichen

Freiheit der Menschen verbunden. Der teilweise Verlust der individuellen Freiheit wird somit zum Testfall der Solidarität und zum Prüfstein des Gemeinsinns einer Gesellschaft. Die Pandemie hinterlässt Narben in der Gesellschaft. Umso mehr braucht es nach der Pandemie Massnahmen, um die Bevölkerung wieder näher zusammenzubringen. Wir brauchen wieder Veranstaltungen wie das Schwingfest, das Turnfest und das Open-Air St. Gallen. Die Schweiz braucht unbedingt wieder eine Landesausstellung, eine Expo.

Bilanz und Ausblick

Frank Rühli / Andreas Thier

Bilanz und Ausblick –Befunde, Erkenntnisse, Perspektiven

Es ist das Ziel dieses Weissbuchs, Deutungen und Bewertungen zum Verlauf der Corona-Pandemie aus allen Teilen der Gesellschaft zusammenzutragen, um so zur Begründung einer Auslegeordnung beizutragen, mit der zukünftigen vergleichbaren Krisen begegnet werden kann. Denn wenn die Chance nicht genutzt wird, aus dem Umgang mit der Pandemie Konsequenzen zu ziehen, dann wird die Bewältigung der nächsten Pandemie ähnlich schwer wie der – zum derzeitigen Zeitpunkt, im Sommer 2021 – nach wie vor andauernde Kampf gegen Covid-19.

Das vorliegende Buch hat nur entstehen können, weil eine Auswahl von Themen getroffen worden ist. Trotzdem ist es möglich geworden, eine sehr ausgeprägte Bandbreite von Perspektiven, Positionen und Thesen der schweizerischen Gesellschaft in dieser Form zu bündeln. Wie es scheint, ist das so entstandene Buch das erste seiner Art, dem hoffentlich noch viele vergleichbar angelegte Bücher folgen werden. Die Texte dieses Bands machen deutlich, dass die Wirkungen und Konsequenzen der Pandemie im Einzelnen zum Teil recht unterschiedlich wahrgenommen werden. Denn es zeigt sich eine, so liesse sich formulieren, institutionen-, branchen- und gruppenspezifische Heterogenität der Wertungen, die ihre Entsprechung in einer bisweilen sehr unterschiedlichen Tonalität findet. Das Glas ist häufig halb voll oder halb leer, auch wenn über den Zustand seiner Füllung durchaus Einigkeit herrschen mag. In diesem Punkt ist dieses Buch ein Spiegel für die Pluralität der öffentlichen Diskussionen während der ersten, zweiten und dritten Welle der Pandemie.

Bilanz und Ausblick

Gleichwohl lassen sich in der Zusammenschau der Beiträge verschiedene übergreifende Befunde ausmachen: • Die Covid-19-Pandemie hat alle Branchen, Institutionen und sozialen

Gruppen massiv getroffen. Das Virus kennt keine sozialen, wirtschaftlichen, politischen oder kulturellen Grenzen. Deswegen haben sich auch die Grundlagen unseres Zusammenlebens und unseres Sozialverhaltens in der Zeit der Pandemie grundlegend gewandelt: Physische

Präsenz und Mobilität wurden immer wieder für längere Zeit schwierig und mussten deswegen mit digitalen Mitteln ersetzt werden. Dabei ist, je länger desto mehr, deutlich geworden, wie verschieden sich das Miteinander im Modus von physischer Präsenz einerseits und digitaler

Präsenz andererseits gestaltet. In vielen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ist es dadurch auch zu Einschränkungen, zur Reduktion des öffentlichen Raums und teilweise regelrecht zum Stillstand von

Aktivitäten gekommen. Dass dadurch die Umweltbelastung streckenweise erheblich abnahm, hat zudem indirekt die besondere Beziehung zwischen Gesellschaft und Umwelt noch einmal eindrücklich bestätigt. • Die Pandemie hat tiefe Furchen in der Wirtschaft hinterlassen. Vor allem die stark begrenzte Mobilität hat im ersten Jahr der Pandemie zu starken Einbrüchen in vielen Branchen geführt. Deswegen haben auch staatliche Hilfen eingesetzt. Diese Intervention wurde sicher auch deshalb möglich, weil sich die Schweiz in einer im Vergleich zu anderen

Staaten sehr günstigen Finanzsituation befand. Es ist auch deutlich ge worden, dass diese kritische Situation sich im zweiten Jahr der Pandemie, 2021, wandelte: Die Wirtschaftsleistung ist gestiegen und es spricht einiges für die Annahme, dass sich viele wirtschaftliche Akteure der

Situation anpassen konnten. Insbesondere die Entwicklung des On line-Handels verdeutlicht zudem, dass in der Krise entstandene Strukturen dauerhaft Teil des schweizerischen Wirtschaftsgefüges bleiben werden. • Ebenso deutlich geworden ist aber der Umstand, dass die Krise bereits bestehende Asymmetrien und Strukturprobleme noch deutlicher hat hervortreten lassen. Das zeigt sich im Blick auf die einkommensschwachen Teile der Gesellschaft, auf die Situation der Geschlechter(un) gleichheit, es wird aber auch sichtbar im Blick auf das Gesundheitswe-

Autorinnen und Autoren

Jörg Arnold ist seit 2001 Direktor des Hotel Storchen in Zürich und seit 2020 General Manager der Städtehotels des THE LIVING CIRCLES: 5*-Hotels Storchen, Widder und Alex Lake. Gleichzeitig ist er seit Jahren sehr vernetzt in der Hotel- und Touristikbranche als Vorstandsmitglied von hotelleriesuisse, Schweiz Tourismus, Zürich Tourismus und der Hotelfachschule EHL in Lausanne.

Eva Maria Belser lehrt Verfassungsrecht an der Universität Freiburg und ist Co-Direktorin des Instituts für Föderalismus. Seit dem Beginn der Pandemie ist sie Mitglied der National Covid-19 Science Task Force. Sie ist Vizepräsidentin der Internationalen Vereinigung der Föderalismusinstitute und der Expertengruppe der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung und Mitglied der Direktion des Schweizerischen Kompetenzzentrums für Menschrechte sowie von International IDEA. Sie übernimmt regelmässig Mandate im Bereich der Friedensförderung und der Verfassungsgebung und war als Expertin unter anderem in Äthiopien, Irak, den Malediven, Myanmar, Sri Lanka und Syrien tätig. Im Jahre 2019 wurde sie mit dem Nationalen Föderalismuspreis der ch Stiftung für eidgenössische Zusammenarbeit ausgezeichnet.

Abraham Bernstein ist ordentlicher Professor für Informatik an der der Universität Zürich (UZH), geschäftsführender Direktor der UZH Digital Society Initiative, der universitätsweiten Digitalisierungsinitiative mit Mitwirkung von mehr als 175 Professor*innen aus allen Disziplinen, sowie Präsident der Leitungsgruppe des Nationalen Forschungsschwerpunktes 77 des SNF zur Digitalen Transformation. Er studierte an der ETH Zürich Informatik und promovierte am Massachusetts Institute of Technology. Seine Forschung

Autorinnen und Autoren

basiert sowohl auf technischen wie auch sozialwissenschaftlichen Grundlagen und beinhaltet Themen wie die Künstliche Intelligenz, das Semantische Web, Maschinelles Lernen, heterogene Datenintegration, die digitale Demokratie/Medien sowie das Wechselspiel der Technologie und der Gesellschaft.

Dölf Biasotto ist Dipl. Bauingenieur ETH und Mediator IRP-HSG und stammt aus Urnäsch. Sein Lebensweg ist geprägt von 25 Jahren Selbständigkeit in den Bereichen Hoch- und Tiefbau, Baudienstleistungen und Wirtschaftsmediation. Ehrenamtliche Tätigkeiten in Politik, Bildung und Wirtschaft sowie als Offizier der Armee ergänzen sein berufliches Engagement. Im Jahr 2017 wurde Dölf Biasotto in den Regierungsrat von Appenzell Ausserrhoden gewählt, den er seit Juni 2021 als Landammann auch präsidiert. Die vielseitige Führungserfahrung zeichnet den Vorsteher des Departements Bau und Volkswirtschaft durch effiziente, kreative und zielorientierte Arbeit aus. Sein freiheitliches Denken und Handeln ist geprägt von hohem Verantwortungsbewusstsein, wobei der Humor dabei nicht fehlen darf.

Hans-Ulrich Bigler ist seit 1. Juli 2008 Direktor Schweizerischer Gewerbeverband sgv. Als grösste Dachorganisation der Schweizer Wirtschaft vertritt der Schweizerische Gewerbeverband sgv über 230 Verbände und gegen 500 000 KMU, was einem Anteil von 99.8 Prozent aller Unternehmen in unserem Land entspricht. Er studierte Volks- und Betriebswirtschaftslehre an der Universität Bern (lic.rer.pol.) und absolvierte an der Harvard Business School ein Executive Education Program. Von 2015–2019 war HansUlrich Bigler Nationalrat der FDP. Die Liberalen und Mitglied der Finanzkommission des Nationalrates (FK-N) sowie der Kommission Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates (WBK-N). Neben verschiedenen anderen Mandaten ist er aktuell Mitglied des EFTA-Konsultativausschuss, Präsident Nuklearforum und Vorstandsmitglied in dessen europäischen Schwesterverband FORATOM.

Numa Bischof Ullmann ist seit 2004 Intendant des Luzerner Sinfonieorchesters. Unter seiner Leitung wurde es zu einem führenden Klangkörper. Zu seinen Errungenschaften gehören die Vergrösserung des Orchesters sowie die internationale Positionierung. In seine Intendanz fällt der Aufbau von

Autorinnen und Autoren

weltweiten Konzertpartnerschaften. Er verfolgt einen neuartigen Ansatz in der Finanzierung: 2008 gründete er zusammen mit dem Unternehmer Michael Pieper die Stiftung für das Luzerner Sinfonieorchester, heute verfügt das Orchester über die schweizweit höchste private Finanzierung. Er legt Wert auf die Förderung Neuer Musik und junger Talente. 2010 gründete er das Festival Zaubersee. Er interessiert sich leidenschaftlich für Philanthropie, wirkt in Förderstiftungen mit und als Juror von Musikwettbewerben.

Janine Dahinden, Prof. Dr., ist Präsidentin der Schweizerischen Gesellschaft für Geschlechterforschung (SGGF). Sie ist Professorin für transnationale Studien und Direktorin des Maison d’analyse des processus sociaux an der Universität Neuchâtel. Ihre Forschungsinteressen richten sich auf Migrations-, Mobilitäts- und Transnationalisierungsprozesse und auf die damit einhergehende Produktion von intersektionalen Ungleichheiten im Zusammenhang mit Ethnizität, Race, sozialer Klasse und Gender. Für mehr Informationen: janinedahinden.net

Jeanne Devos arbeitet seit 11 Jahren als Schauspielerin in der Schweiz, in Deutschland und Österreich.

Matthias Egger ist Professor für Epidemiologie an den Universitäten Bern und Kapstadt, Fellow des Royal College of Physicians, London, und Präsident des Schweizerischen Nationalfonds (SNF). Seine Forschungsschwerpunkte sind Infektionskrankheiten in der Schweiz und im südlichen Afrika, HIV-assoziierte Krebserkrankungen und Versorgungsforschung. Weitere Themen sind Methoden der Epidemiologie und Biostatistik, klinische Datenbanken und pragmatische Interventionsstudien. Er war Mitglied der WHOExpertengruppe, die die Wirksamkeit von Impfstoffen während der EbolaEpidemie in Westafrika evaluierte. Zu den aktuellen Forschungsprojekten gehören die gross angelegte HIV Cancer Match Study in Südafrika, die International Epidemiologic Databases to Evaluate AIDS (IeDEA) und verschiedene Studien zu Covid-19.

Andreas Faller ist Rechtsanwalt. Nach einigen Jahren als Partner in einem Basler Advokaturbüro war er von 2001 bis 2006 als Generalsekretär und Lei-

This article is from: