H e i r i Sche re r ( H rsg . )
Die Maskenformen-Sammlung von Verena Steigerin Steinen umfasst je 430 Negativ- und Positivformen. Die Sammlung geht teilweise bis weit in die 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück und ist eine der grössten Maskenformen-Sammlungen der Schweiz. Dominik Wunderlin stellt die Sammlung in den europäischen Kontext. Susan Steiger zeigt den langen Weg der Sammlung auf.
MASKEN
He iri S ch erer
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Fo r m e nsam m l ung
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Mit Beiträgen von Dominik Wunderlin und Susan Steiger Fotos Yves Scherer
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Inhalt Prolog 5 Ein Schatz von grossem kulturhistorischem Wert 8 Formen für Traditionsfiguren 22 Karneval der Tiere 42 Nachdenkliche und Betrübte 52 Typen, die man meint zu kennen 66 Die Fröhlichen und die Gemütlichen 76 Die vom Leben Gezeichneten 90 Die Andersfarbigen 100 Die von der Moderne Beeinflussten 112 Die mit den Nasen 120 Der lange Weg der Maskenformen-Sammlung 130 Die Maskenformen aus konservatorischer Sicht 140 Autorinnen und Autoren 142 Dank 143
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Alte Formen, feine Masken aus Gaze und Wachs, für traditionelle Anlässe, für hier und dort Heiri Scherer, Herausgeber
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Zu Gast bei Verena Steiger in ihrem Maskenatelier in Steinen, im Talkessel von Schwyz, bei einer freundlichen Frau, die weiss, was sie will, bei einer Frau, die stolz ist auf ihre Sammlung von Maskenformen, bei einer Frau, die ein seltenes Kunsthandwerk betreibt und davon lebt. Da kommt einiges zusammen. Zum einen die Sammlung von Gesichtern, von anonymen Künstlern ge staltet. Die älteste Sammlung von Maskenformen der Schweiz, nur wenigen Insidern bekannt. Witzige und fröhliche, hiesige und exotische, we nige politische und einige tierische Wesen schauen uns entgegen. Mit über 430 Formen ist diese Sammlung eine der grössten hierzulande. Diese Bildhauerarbeiten, die zum Teil bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts zurückgehen, verstrahlen Charme und Lebenslust. Zum anderen findet sich hier ein Kunsthandwerk, das es in unserer Zeit eigentlich gar nicht mehr gibt. Verena Steiger ist die Letzte in Europa, die Wachsmasken so herstellt, dieses Handwerk kennt und professionell betreibt. Die Bemalung der Traditionsfiguren ist vorgegeben und wird auf hohem künstlerischem Niveau gepflegt. Rund 500 Wachsmasken «drückt» Verena Steiger Jahr für Jahr, allein für die «Schwyzer Nüssler». Dann die Ausbrüche von Kreativität: Fantasiemasken, von Individualisten gefragt. Und Masken als Rohlinge, für Theater und Pantomimen sowie Masken aus feinem Drahtgitter. Durch die handwerkliche Machart und die Bemalung ist jede Maske ein Unikat. Und nicht zuletzt das Tragen und Verbrennen der Wachsmasken an der Fasnacht. Das Beispiel Schwyz: Ein Anlass von seltener Ästhetik und Noblesse, ruhig, unterbrochen von Trommelschlägen und vom Gekreische der Kinder, die so die begehrten Orangen, Feuersteine, Würstchen und Brötchen von den Maskeraden erheischen. Die Maskeraden bleiben die ganzen Fasnachtstage anonym. Erst vor dem Restfeuer des verbrannten «Blätz» auf dem Hauptplatz wird um Mitternacht des Güdeldienstags die verlebte Maske vom Gesicht genommen und verbrannt – ein einmaliges Schauspiel. All das zusammen kreiert das Bild einer Kultur, die im Laufe der Zeit in der Region entstanden ist und erstaunlicherweise immer noch lebt. Heute, da wir uns bewusst werden, was da an kulturellen Werten vorhanden ist, haben wir auch einen Begriff dafür: kulturelles Erbe der Schweiz – kulturelles Erbe Europas.
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Ein Schatz von grossem kulturhistorischem Wert in Steinen – Versuch einer Verortung einer Sammlung von Maskenformen im europäischen Raum Dominik Wunderlin, Kulturhistoriker
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Spricht man von Masken, denken wohl die meisten an Fas(t)nacht. Dies ist auch keineswegs falsch. Sich zu verhüllen und zu verwandeln, mit einem zweiten Gesicht zu agieren, hat in vielen Schweizer Fasnachtsorten eine grosse Tradition. Die Ausprägung ist jedoch sehr vielfältig. Ähnliches gilt auch bei einem Blick über die Landesgrenzen. Denken wir nur an die reiche Maskenlandschaft im schwäbisch-alemannischen Süden von Deutschland, an Maskenauftritte im Tirol und in Norditalien (vom Aostatal bis ins Friaul). Und vergessen wir nicht die Maskentraditionen von Bulgarien und Slowenien bis nach Spanien und Portugal, von Belgien und Frankreich bis nach Sardinien und Griechenland. Bedenken wir auch, dass sich das Maskieren nicht auf fastnächtliches Brauchtum beschränkt und sich als kulturelle Praxis rund um den Globus findet. Masken – mehr als ein fastnächtliches Requisit So begegnen wir also der Gesichtsverhüllung nicht bloss im Brauch, bei Ritualen, sondern seit Jahrtausenden auch im Theater und bei vielen anderen, oft sehr profanen Gelegenheiten (Seim 2004). Denn Masken dienen auch zum Schutz vor allerlei Gefahren. So arbeitet der Schweisser mit einer Maske, der Soldat hat seine Gasmaske «auf Mann» und jeder Berufsmann, der bei seiner Arbeit Staub entwickelt, schützt Augen und Lungen mit einer Halb- oder Vollmaske. Auch der Imker verhüllt sein Gesicht und ebenso der Degenfechter. Bei der Nahrungsmittelproduktion, in Spitälern und in Labors ist mindestens Mundschutz Pflicht und ebenso bei ansteckenden Krankheiten. Gegen die Pest schützte sich schon vor Jahrhunderten der Arzt mit einer Maske, in deren Nase ein in wohlriechende Essenzen getauchter Lappen den übel riechenden Todeshauch überdecken sollte. Bei einem Raubüberfall verstecken die Täter ihr Gesicht in einem Damenstrumpf oder hinter einer «Roger-Staub-Mütze» und bei einer Demonstration stehen sich nicht selten Polizisten mit Schutzmasken und gewaltbereite Vermummte gegenüber. Unkenntlich machte sich einst auch der Scharfrichter, dessen Gesichtsverhüllung sich kaum unterschied von jener des amerikanischen Ku-Klux-Klans und der katholischen Bruderschaften. Letzteren begegnet man in südeuropäischen Ländern noch heute bei bestimmten Kirchenfesten. Von den Formen und der Funktion des Maskierens Masken im allgemeinsten, ethnologischen Sinn sind mehr als nur Ge sichts- und Kopfmasken. Der Begriff «Maske» gilt nämlich zunächst einEin Sch atz von grossem kulturh istorischem Wert
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Formen, die seit je und heute noch für Traditionsfiguren in der Innerschweiz, in Basel und Urnäsch verwendet werden – «Blätz» und «Tiroler», «Viehhändler» und «Metzger», «Ueli» und «Dame Rosa»
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V-St-Archiv Nr. 402 «Blätz», Schwyz, Steinen und Brunnen. «Tiroler», Rothenturm und Aegeri.
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V-St-Archiv Nr. 101 «Domino», Schwyz, Steinen und Brunnen. «Päijassemeitli», Schwyz «Dame Rosa», Urnäsch
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V-St-Archiv Nr. 771 «Päijassebueb», Schwyz
Formen für Traditionsfiguren
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V-St-Archiv Nr. 207 «Hudi», Schwyz, Steinen und Brunnen
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V-St-Archiv Nr. 6017 «Zigüüner» oder «Zigüüneri», Schwyz, Steinen und Brunnen
Formen für Traditionsfiguren
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Fotonachweis Thomas Steiger: S. 14 Yves Scherer: S. 23–129 Archiv Kulturverein Chärnehus, Einsiedeln: S. 134 oben Archiv Verena Steiger: S. 134 unten, S. 135, 136 Archiv Ruedi Oberholzer: S. 132, 133 Autorinnen und Autoren Dominik Wunderlin, 1953 geboren in Liestal, studierte Volkskunde/Europäische Ethnologie, Geschichte und Humangeografie an der Universität Basel und schloss mit dem Lizenziat ab. Bis April 2017 war er Kurator der Abteilung Europa sowie stellvertretender Direktor am Museum der Kulturen Basel und kuratierte u. a. auch verschiedene Ausstellungen zu Maskenbräuchen, so z. B. die Dauerausstellung zur Basler Fasnacht. Zahlreiche Publikationen mit den Schwerpunkten Fest und Brauch, Maskenwesen, populäre Frömmigkeit und regionale Kulturgeschichte stammen aus seiner Feder. Zudem ist er Redaktor der Baselbieter Heimatblätter, Redaktionsmitglied von Tracht und Brauch und Beirat in diversen wissenschaftlichen Gremien, Mitglied im Preiskuratorium der Kulturstiftung der schwäbisch-alemannischen Fastnacht, aktiver Fasnächtler (u. a. Zugchef) in einer 1923 gegründeten Basler Clique. Er war Mitglied der Fünferdelegation zur Erarbeitung des Dossiers, das der UNESCO zur im Dezember 2017 erfolgten Aufnahme der Basler Fasnacht in die repräsentative Liste des immateriellen Weltkulturerbes diente. Susan Steiger wurde 1982 in Gersau (SZ) geboren. Nach der Ausbildung als Primarlehrerin absolvierte sie an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) den Bachelor in Medialer Kunst. Aktuell absolviert sie dort den Master Fine Arts und wird ihr Studium 2019 abschliessen. Die
Recherche über die Steiger-Masken weckte ihr Interesse daran, selbst Teil dieser Geschichte zu werden. Sie wird das Atelier Steiger-Masken weiterführen und die Forschung über die Herkunft von Wachs- und Textilmasken vertiefen. Sven Düblin, geboren 1989, lebt in Basel. Er ist gelernter Maler und studiert seit 2013 an der Fachhochschule Bern Konservierung/Restaurierung von Architektur und Ausstattung. Er war in der Schweiz und im Ausland bei Restauratoren, Museen und im Bereich der Dekorationsmalerei tätig. Heiri Scherer, geboren 1943 und aufgewachsen in Meggen LU, ist Herausgeber dieser Publikation. Er arbeitet als freischaffender Buchgestalter und Ausstellungsmacher. Nach dem Besuch der Grafikfachklasse an der Kunstgewerbeschule Luzern folgten eine zehnjährige Tätigkeit bei Müller-Brockmann + Co., Zürich, und 17 Jahre als Creative Director der Globus Warenhäuser, Zürich. Bis 2011 war er Mitinhaber der Werbeagentur Scherer-Kleiber CD AG, Zürich. Yves Scherer, geboren 1969, besuchte die Grafikklasse an der Schule für Gestaltung Luzern (SfGL) und arbeitet heute in der eigenen Firma für visuelle Gestaltung in Luzern.
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Impressum Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Heiri Scherer (Hrsg.), MASKEN, Band 1 von 3 © 2019 NZZ Libro, Schwabe Verlagsgruppe AG Lektorat: Corinne Hügli, Zürich Konzept und Gestaltung: Heiri Scherer Satz: Claudia Wild, Konstanz Druck, Einband: Bildbearbeitung und Druck: Druckerei Odermatt, Dallenwil Einband: Bubu AG, Mönchaltorf Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werks oder von Teilen dieses Werks ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts. ISBN 978-3-03810-375-2 www.nzz-libro.ch NZZ Libro ist ein Imprint der Schwabe Verlagsgruppe AG.
Vorderer Vorsatz: Regal mit den Masken-Negativformen im Kellerraum von Verena Steigers Maskenatelier in Steinen. Hinterer Vorsatz: Masken-Positivformen im Hausflur des Maskenateliers.
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Die Maskenformen-Sammlung von Verena Steigerin Steinen umfasst je 430 Negativ- und Positivformen. Die Sammlung geht teilweise bis weit in die 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück und ist eine der grössten Maskenformen-Sammlungen der Schweiz. Dominik Wunderlin stellt die Sammlung in den europäischen Kontext. Susan Steiger zeigt den langen Weg der Sammlung auf.
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MASKEN MA S K E N Werksta tt u n d At elier
We r kstatt und Ate l i e r
Heir i S ch erer
Wachsmasken für das Schweizer Brauchtum: Das alte Handwerk des «Drückens» wird europaweit nur noch von Verena Steiger professionell ausgeübt. Was einst in Italien, Paris, Deutschland und der Schweiz in riesigen Stückzahlen gefertigt wurde, hat in Steinen überlebt. Es ist ein Kunsthandwerk vom Feinsten, vom Abgiessen der Formen bis zum Kaschieren und Bemalen von Hand. Keine Maske ist wie die andere. Hier wird ein bedeutendes kulturelles Erbe der Schweiz sichtbar.
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Inhalt Eine Wand voller Gesichter 6 Aus der Gips-Negativform entsteht die Positivform 12 Kaschieren heisst überziehen 22 Werkstattgespräch 34 Bekannte Gesichter auferstehen lassen 38 Strassenmasken 50 Gittermasken 56 Der «Lappi» als Grossmaske 62 Theatermasken 70 Masken der Commedia dell’ arte 80 Masken für Traditionsfasnachten und -anlässe 86 Verena Steiger über ihre Arbeit 102 Autorinnen und Autoren 101 Dank 103
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Das Herstellen einer Maske beginnt mit dem Abgiessen. Aus der Gips-Negativform entsteht die Positivform. «Grundlage jeder Maske ist ein Tonmodell (Positiv). Es ist zwar nicht lange haltbar, doch lässt es sich am besten modellieren. Das Gipsnegativ ist der Abguss dieses Tonmodells. Das Tonmodell wird beim Herauslösen zerstört. Das zurückbleibende Gipsnegativ ist dann die Mutterform der Maske. Wenn ein Gipsnegativ wiederum mit Gips gefüllt wird, entsteht ein Gipspositiv. Das Gipsnegativ bleibt dabei unversehrt. So können mehrere Gipspositive aus einem Gipsnegativ gegossen und gleichzeitig mehrere Masken derselben Form produziert werden. Die historische Gipsformensammlung der Steiger-Masken ist das Herzstück des Ateliers. Sie wird im Keller auf einer besonderen Matte gelagert. Insgesamt werden die Regale von ungefähr 430 Gipsnegativen bzw. Mutterformen belegt.» Susan Steiger
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Der Werkplatz hinter dem Haus zum Abgiessen von Positiv- aus Negativformen. Hier kann unbeschwert mit Gips und Wasser gearbeitet werden.
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Kaschieren heisst überziehen, verdecken. Die Gipsform wird gefettet und mit Gazestreifen überklebt. Fünf Schichten, mit Leim verbunden, ergeben die gewünschte Stabilität. «Als ich einen historischen Beschrieb über das Maskenmachen las, tauchten Erinnerungen an das morgendliche Maskenmachen meiner Eltern auf. Die Arbeitsschritte sind identisch. Der schwer zu beschreibende Arbeitsvorgang konnte nun historisch belegt werden und bekam eine spezifische Berufsbezeichnung: die Drückerin, der Drücker. ‹Entsprechend den Bossierern bei den Puppenmachern kam bei den Maskenmachern das Gewerbe der Drücker auf. Hierbei geht es nicht um freies Modellieren, sondern lediglich um den mechanischen Abklatsch bestimmter […] Formen. […] Die Heimarbeiter verfügten zum Zweck der schnelleren Produktion meist über 72 gleiche Formen. […] bei teueren Masken [werden] zwei Schichten von in Stärkelösung präparierter Gaze auf die mit schlechtem Fett eingeschmierten Model aufgelegt und sorgfältig in alle plastischen Züge des Gesichts eingedrückt. Wenn die Letzte gedrückt vorliegt, ist die Erste trocken. Dann kann die erstarrte Maske von der Form gelöst und ihrer weiteren Bearbeitung zugeführt werden […]› Je näher die Fasnacht rückte, desto mehr Aufgaben durften mein Bruder und ich übernehmen. Ich erinnere mich noch sehr genau, wie ich das erste Mal den blauen Rand um die Augen der Innerschwyzer Traditionsmaske malen durfte. Mein Vater zeigte mir, wie ich die Hand auf dem Handgelenk aufzustützen habe, damit ich nicht zitterte und eine regelmässige und schöne Linie entstehen konnte. Es war keine Probemaske, im Gegenteil; der Kunde erwartete sie bereits. Hätte ich einen Fehler gemacht, hätte das Stress und zusätzliche Arbeit für meine Eltern bedeutet. Ich fühlte mich geehrt, diese anspruchsvolle Arbeit ausführen zu dürfen.»
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Drei Formen liegen eingefettet zum Kaschieren bereit.
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Die erste feuchte Gazeschicht wird aufgetragen.
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Wichtig ist, dass die Gaze fein einmassiert wird, damit keine Fältchen entstehen.
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Mit kleinen Gazeplätzchen werden feine Details herausgearbeitet …
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… und heikle Stellen verstärkt.
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Steiger-Masken für Fasnachten und andere Traditionsanlässe. Dominik Wunderlin
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Maskenbräuche kennt man praktisch auf der ganzen Welt zu allen Jahreszeiten. Auch in Europa. Aber die hohe Zeit der Maske beginnt jeweils um die Jahreswende und dauert in der Regel bis in die Nacht zum Aschermittwoch, in Einzelfällen sogar bis Mittfasten. Vor allem im alpinen Raum der Schweiz und Österreichs sind an Silvester und in den ersten Tagen des neuen Jahrs vielerorts wilde und zumeist lärmige Maskenauftritte zu beobachten, die ebenso als Schwellenfeste bezeichnet werden können, wie es die Fasnacht vor Beginn der vor österlichen Fastenzeit ist. Es findet sich im Jahreslauf sonst kein Fest, das derart reich an Brauchelementen ist wie die Fasnacht. Obwohl sie als volkskundlich relevantes Phänomen viele Jahrhunderte zurückreicht, ist manches, was ihr heute Gestalt gibt, bloss ein Produkt des 19. oder nicht selten erst des 20. Jahrhunderts. Umgekehrt gibt es auch Brauchelemente, die längst verschwunden sind oder nur noch als Relikte beobachtet werden können. Beharrung und Wandel sind im Brauchtum ebenso Konstanten wie der Abgang von Überliefertem und die Kreation von Neuem, das später als Tradition empfunden wird. Bräuche wurden oft vollständig – oder zumindest einzelne Elemente davon – importiert und haben dann lokale Anpassungen erfahren. Nicht selten wurden und werden verschwundene, aber mehr oder weniger dokumentierte Bräuche wieder zum Leben erweckt, wobei auch zeitgenössische Interpretationen und neue Elemente in die Brauchgestaltung einfliessen. Aber Bestand und Zukunft hat letztlich jeder Brauch nur dann, wenn er sich wandeln kann – auch bezüglich der Funktion. Zum Verschwinden ist hingegen eine Tradition bestimmt, die in ihren Formen erstarrt ist und deren Sinn nicht mehr verstanden wird. Wenn wir unseren Blick hier auf die brauchtümliche Gesichtsverhüllung, auf die Maske, konzentrieren, dann gilt: Das verwendete Material hat sich im Laufe der Zeit oft mehrfach gewandelt, oder verschiedene Werkstoffe werden sogar zeitgleich traditionell zur Maskenherstellung verwendet. So begegnen wir allein schon in der Schwyzer Maskenlandschaft wiederholt textilen neben geschnitzten Masken, selbst vom gleichen Maskentyp, wie etwa beim «Blätz». Es sprechen auch zahlreiche Indizien dafür, dass sich Schöpfer von Holzmasken immer wieder durch Wachslarven inspirieren liessen und umgekehrt. Dass praktisch identische Masken im Angebot verschiedener Maskenfabriken waren, kann auch nicht übersehen werden.
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Namentlich in den Maskenlandschaften der Schweiz, von Österreich und Süddeutschland sind gewisse Fasnachtsfiguren ganz eindeutig durch Einflüsse von aussen entstanden. Allein schon für die Region Innerschwyz sind hier neben dem «Tiroler», dem «Japaner», dem «Domino» und dem «Bajazzo» vor allem auch der «Harlekin» zu nennen. Beim Lesen der nachstehenden Kurzporträts von Schaubräuchen wird deutlich, dass wir hier gerade dem klassischen «Arlecchino» aus der italienischen Commedia dell’Arte wiederholt begegnen. Am «Italiener» aus den Stegreifkomödien orientieren sich mehrere Fasnachtsfiguren entweder bei der Gesichtsmaske und / oder beim Kleid sowie bei der Körpersprache. Die am jeweiligen Verwendungsort stets als wichtige Traditionsfigur begriffene Maskengestalt tritt aber unter verschiedenen lokalen Namen auf, so etwa als «Blätz» in Schwyz, als «Rölli» in der March, als «Drapoling» in Amsteg oder als «Löli» bei der «Greth Schell» in Zug. Im Einzelnen ist die Wanderung dieser klassischen Figur nicht mehr rekonstruierbar. Neben Handels- und Kulturkontakten zu Norditalien ist auch zu bedenken, dass der «Harlekin» gegen Ende des 18. Jahrhunderts bei Theateraufführungen der Zentralschweiz (z. B. im Brunner Bartlispiel von 1784) zu sehen war. Die Gestalt dürfte dann – wie andere närrische Figuren – im Laufe des nachfolgenden Jahrhunderts in die örtlichen Fasnachten integriert und lokal ausgeformt worden sein. Dass nun eine im Atelier Steiger noch heute verwendete Form des klassischen «Harlekins» an verschiedenen Orten als zentrale Traditionsmaske gilt, kann mit der Angebotslage und mit dem Gefallen an dieser Form zu tun haben. Und dass auch beim Kleinbasler Umgang, dem «Vogel Gryff», die vier «Ueli» im Mi-Parti-Gewand Wachslarven tragen, die im schwyzerischen Steinen mit der «Harlekin»-Form gefertigt worden sind, hat wohl auch mit dem Verständnis zu tun, welche Gesichtszüge die emsig herumschwirrenden Narren haben müssen und dass sie in der verfügbaren Form erfüllt sind. In der Folge werden hier ausschliesslich Schaubräuche aus der Zeit um Neujahr und Fasnacht präsentiert, an denen auch Masken aus dem Atelier von Verena Steiger zu entdecken sind.
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Zug durch die Gassen – vom Oberdorf zurück auf den Dorfplatz.
Die Trommler geben den Rhythmus, die Narren lassen die Füsse spicken – das «Nüsseln» auf dem Hauptplatz in Schwyz.
Schwyz Der Hauptort des gleichnamigen Kantons kennt ein reiches Fasnachtsleben, das bis ins Mittelalter bezeugt ist. Obwohl als Beginn der Fasnacht in Innerschwyz der Montag nach dem Dreikönigstag gilt, herrscht seit je das eigentliche Maskentreiben in den sechs Tagen vor dem Aschermittwoch. Den wichtigsten Akzent setzen die «Nüssler», die in Rotten durch die Wirtshäuser ziehen und intrigierend für Stimmung sorgen oder sich im Takt von Trommeln in einem eigenwilligen Hüpftanz um die eigene Achse drehen. Eine Rott besteht aus einem Narrenensemble von sechs verschiedenen maskierten Hauptfiguren, die als autochthones Schwyzer Kulturgut angesehen werden: der «Blätz», der «Alte Herr», das «Domino», das «Hudi» und der «Zigeuner» oder sein weibliches Pendant. Weitere Begleiter sind manchmal der «Teufel», der «Bauer», der «Bäcker», der «Metzger», der «Viehhändler», der «Junge Herr», der «Päijassebueb» und das «Päijassemeitli». Eine solche Maskerade wird von zwei Trommlern und dem «Maschgraden-Vater» begleitet. Viele Masken einer Schwyzer Rott enden am Güdeldienstag kurz vor Mitternacht im Feuer auf dem Hauptplatz. Die «Nüssler» haben ihren Namen wohl aus jener Zeit, als die Rott noch Nüsse anstelle von Orangen, Schleckzeug, Wurst und «Mutschli» (Brötchen) verteilte. Das Ausgeben von Nüssen ist auch anderswo bezeugt, so im spätmittelalterlichen Schembartlauf von Nürnberg, bei der Laufenburger Fischerzunft oder bei den «Nussern» im steirischen Bad Aussee. Die Hauptfigur in Schwyz ist der «Blätz». Vom Namen her ist er verwandt mit dem weitverbreiteten «Blätzlibajass»; vor dem Gesicht trägt er eine fleischfarbene «Bergamasker Larve». Sie ist aus gewachstem Gewebe und stammt aus dem Atelier von Verena Steiger. Masken für Traditionsfasnachten und -an lässe
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Steinen, Seewen, Ibach, Brunnen Die um den Hauptort gelegenen Gemeinden pflegen alle eine eigene Fasnacht. Wer sie besucht, begegnet allerdings mancher Fasnachtsfigur, der er auch vom Flecken Schwyz her kennt. In Steinen indes setzt sich die «Nüssler»-Rott aus folgenden Hauptfiguren zusammen: «Hudi», «Blätz», «Alter Herr», «Zigeuner», «Domino» und «Harlekin». Im Vergleich zu Schwyz etwas anders ist auch der Tanz, das «Nüsseln». Wie in Sattel und Brunnen wird mit Fussspitze und Absatz getanzt, während in Schwyz und Ibach beim Narrentanz nur die Fussspitzen verwendet werden. Die Brunner «Nüssler» kennen zudem einen zweiteiligen Narrentanz. In Ibach ist die Hauptfigur der Rott der «Alt Herr» und eine Besonderheit ist zudem der Thronwagen des Kalifats Ibagh dad mit dem «Kalifen» und seinem Gefolge. Dieser Auftritt hat seine Entsprechung bei den Schwyzer «Japanesen», die seit 1863 in unregelmässigen Abständen ein Fasnachtsspiel (so 2019) aufführen und sich gelegentlich auch in einem Umzugswagen zeigen. Eine Prise Exotik kennt auch Seewen mit der Negusgesellschaft, aber man ehrt mit der «Seefax» und mit dem «Zünggälähuu» auf fastnächtliche Art auch Gestalten aus Lokalsagen. Eigenständige Figuren kennt man in Brunnen mit dem «Bartli» (wohl vom heiligen Bartholomäus) und in Steinen wird die «Nüssler»-Rott von den Lokalfiguren «Talibasch» (vom «tollen Sebastian» oder Tolpatsch?) und «Välädi» (von Valentin) angeführt.
Nüsseln auf dem Hauptplatz in Steinen.
«Unäarämachä» am Güdeldienstag auf dem Hauptplatz Steinen – «Schällä-n under mid em ganzä Fasnachtsplunder».
Steinen kennt übrigens ein Fasnachtsvergraben, während man in Brunnen – gleich wie in Schwyz – die Fasnacht mit einem Feuer abschliesst: Wird in Brunnen der «Harligingg» (Harlekin) verbrannt, ist es in Schwyz eine grosse «Blätz»-Figur, die auf dem Hauptplatz zu Asche wird.
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Hier trägt der «Tiroler» Vollbart aus Rosshaar.
«Nüsseln» im Säli, bis sich die Balken biegen.
Rothenthurm und Sattel Nach der Kinderfasnacht am Schmutzigen Donnerstag wird in Rothenthurm am Güdelmontag weitergefeiert. Klein und Gross zeigen sich dann als «Tiroler». Das Dorf Rothenthurm liegt nördlich des Sattelpasses an einem alten Durchgang, der auch das Marienheiligtum Einsiedeln mit der jenseits des Vierwaldstättersees gelegenen Verehrungsstätte von Bruder Klaus (Niklaus von Flüe) verbindet. Dabei kam es sicher auch zu Kulturkontakten mit Pilgern und Wallfahrern aus dem Tirol, die in ihrer Landestracht vorbeizogen. Dazu kamen seit 1850 zur Fasnachtszeit wiederholt Theateraufführungen des AndreasHofer-Spiels. Über Garderobiers gelangten Tiroler Theaterkostüme mietweise an die Fasnacht. Erstmals geschah dies in Einsiedeln bereits 1860. Somit war der Weg frei zur Kreation des «Tirolers» in Rothenthurm. Die Rothenthurmer «Tiroler» tragen unter ihrem Lodenhut eine «Bergamasker Larve» mit aufgenähtem Bart. Die Kleidung besteht aus einem weissen Hemd, samtenen Kniehosen in grün, rot oder blau sowie aus weissen Kniestrümpfen und schwarzen Schuhen. In der gleichen Farbe wie die Hosen ist der schräg über Schulter und Hüfte getragene Schellengurt – bestückt mit 48 kleinen Schellen und 12 Kilogramm schwer. Bei ihren Umgängen und Tänzen auf Plätzen und in Wirtschaften erzeugen die Schellen einen wunderbaren Klang zu Ländler, Schottisch oder einer Polka, die von einem Volksmusikensemble gespielt werden. Unentbehrlich ist auch der «Buselbesen» mit dem «Hudibrot». Der beschriebenen Maskenfigur kann man übrigens in ähnlicher Form auch in den benachbarten Dörfern Sattel und Unter ägeri begegnen und vielleicht schon am längsten im nahen Klosterdorf Einsiedeln.
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Oberägeri, Alosen In der Nachbarschaft zu den Gemeinden Rothenthurm und Sattel liegt das zugerische Ägerital mit den Gemeinden Oberägeri und Unterägeri. In beiden Gemeinden gibt es ein lebendiges Fasnachtsbrauchtum, das die Nähe zur Innerschwyzer Maskenlandschaft nicht verleugnen kann. So kennt man in Unterägeri den «Tiroler» («Nüssler»), der sich kaum von jenem jenseits der Kantonsgrenze unterscheidet und ebenfalls eine «Bergamasker Larve» (mit Schnurrbart) trägt, die dem Vernehmen nach früher zeitweise aus Bozen bezogen wurde, jetzt aber aus Steinen kommt. Auch in Oberägeri gehört der «Tiroler» ins dörfliche Fasnachtsgeschehen. Die Figur ist auch hier wenig unterscheidbar von jener in Rothenthurm, sogar die Tirolerhosen sind genauso rot, grün oder blau gefärbt, und der Rollengurt hat ebenfalls jeweils 48 Kreuzschellen. Eine Besonderheit ist hingegen die auf den Hut gesteckte Pfauenfeder. Das Brot, das auf den Besenstiel gesteckt ist und ans Publikum verteilt wird, heisst «Legorenbrot». Der Name soll an Hans Kuony von Stocken, den Hofnarren des habsburgischen Herzogs Leopold, erinnern. Nach lokaler Überlieferung habe er vor der Schlacht bei Morgarten (15. November 1315) bei einer Rast des Heeres im heutigen Oberägeri die Leute des Dorfes mit seinen Scherzen unterhalten. Wie bei Hofnarren üblich, trug auch Kuony eine bunte Kappe mit langen, herunterhängenden, «gelegten» Ohren, daher soll die Bezeichnung «Legoren» kommen. Deshalb nennen die Oberägerer ihr Narrenfest Legoren-Fasnacht, organisiert von einem neunköpfigen Legoren-Rat. Selbstverständlich hat der Hofnarr in seinem gelb-roten Mi-Parti an der Ober ägerer Fasnacht eine besondere Rolle: Er ist als Spielleiter zuständig für das
Die «Tiroler»-Maske.
Im Einsatz am Umzug durch das Oberägeri.
Bühnenspiel, das nach dem Umzug am Güdeldienstag Sünden, Fehler und Missgeschicke von Bürgern, Amtsträgern und Behörden mit legorianischem Spott und Hohn aufdeckt. In Baar setzte man früher «Legor» gleich mit einem maskierten Narren, und allgemein hatte im Zugerland das Verb «legoren» die Bedeutung von «als Harlekin herumgehen».
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Die «Bajass»-Wachsmaske.
Getragen vom weissen «Hörelibajass» in Einsiedeln beim Brotauswerfen für die Kinder.
Einsiedeln «Johee», «Sühudi», «Mummerie», «Hörelibajass», «Domino», «Hexe», «Fuehrmä», «Tiroler» und viele Fantasiemasken begegnen in den Fasnachtstagen dem Besucher von Einsiedeln. Haupt sächliche Träger sind die beiden Fasnachtsgesellschaften Goldmäuder und Bürger wehr, die im alljährlichen Turnus für die Herausgabe einer Fasnachtszeitung zeichnen und den grossen Umzug am Nachmittag des Güdelmontags, dem Haupttag der Einsiedler Fasnacht, organisieren. Ein besonderer Moment ist jeweils schon das Geschehen am Montagvormittag. Früh am Morgen wird dieser Tag mit Schellen und Treicheln eingeläutet. Nach der Morgenmesse in der Klosterkirche werden dann die Kirchgänger vom «SühudiUmzug» empfangen. Zuvorderst sind der «Teufel» mit langen Hörnern und der peitschenknallende «Teufelsfuhrmann». Ihnen folgen seit jüngerer Zeit auch zahlreiche weitere grosse und kleine Teufel, dann die vermummten Treichler und natürlich viele «Sühudis», die auf fantasievolle Weise manches an den Tag bringen, was durch das Jahr in Einsiedeln an Ungereimtem geschehen ist. Die «Sühudi»-Masken sind grob und selbst gefertigt aus Papiermaché, wobei in die Masse oft auch Konfetti oder rosarotes Toilettenpapier eingemischt ist. Aus Holz geschnitzt sind die Masken der «Joheen» und der «Mummerien», die am Nachmittag des Güdeldienstags von mehreren Bühnen aus Brötchen in die Menge werfen und mit ihrem Aussehen auf die starke Beziehung zum Tirol verweisen. Assistiert werden sie von den weissen «Hörelibajassen» mit Wachsmasken aus Steinen, hier von den Typen «Stupsnase» und «Harlekin». Letzterer verweist hinsichtlich der Physiognomie in die italienische Maskenlandschaft – konkret in die Commedia dell’Arte.
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Amsteg Die einzige eigenständige Maskenfigur, die man im Kanton Uri heute noch kennt, ist der «Drapoling». Er war früher nicht nur in Amsteg und im benachbarten Silenen zu Hause, sondern weitherum im unteren Reusstal und im unteren Schächental verbreitet. Praktisch in der letzten Minute wurde die Maskengestalt 1976 durch die Initiative der lokalen Katzenmusik-Gesellschaft vor dem Verschwinden gerettet und neu belebt. Sein Name steht in direkter Beziehung zum italienischen «drappo», dem (Woll-)Tuch. Heute zeigen sich die «Drapoling» in einem zweiteiligen Gewand aus grober Jute, auf das unzählige farbige, zumeist rauten förmige Stoffstückchen in regelmässigen Reihen aufgenäht sind. Auf dem Kopf hat die Figur eine seltsam geformte, versteifte Mütze, die nach vorne gebogen ist und mit einer Zottel endet. Unter der Kopfbedeckung trägt der «Drapoling» ein weisses Tuch, das über den Nacken fällt und wie ein einfacher Kragen wirkt. Sein Gesicht bedeckt eine weisse, nur spärlich bemalte «Harlekin»-Maske aus Papiermaché; eine direkte Beziehung zu Basel und zu den «Ueli» am «Vogel Gryff» besteht allerdings nur über die Herkunft aus der gleichen Manufaktur in Steinen. Eine Begegnung mit dem «Drapoling» gestaltet sich besonders unheimlich, weil er in aller Regel nicht spricht – ein Verhalten, das im Alpenbogen üblicherweise nur bei Maskengestalten zu beobachten ist, die ein hohes Alter aufweisen. Wie jene macht er sich aber bemerkbar durch einen Schellengurt und durch Schweinsblasen und Kuhschwänze als Requisiten, die er auch einzusetzen vermag. Die Maskenfigur vereint in der Form, wie sie uns heute, nach der Rekonstruktion, entgegentritt, Elemente von «Harlekin» und «Bajazzo». Die Kopfbedeckung hingegen erinnert an eine Narrenkappe, die
«Drapoling» – diese Maske ist im Unterschied zu den Schwyzer und Einsiedler Masken aus Papiermaché.
Umtrieb in Amsteg.
sich aus der Jakobinermütze respektive der phrygischen Mütze entwickelt hat und die sich auch in der närrischen Kopfbedeckung beim rheinischen Karneval wiederfindet. Die Mütze des «Drapoling» erinnert auch an den «Schopf» der närrischen «Geiggel» beim Stanser Samichlaus-Umzug – bloss, dass dort die Mützen nach hinten gebogen sind.
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In Gersau sind originelle Damenmasken und viel eigene Fantasie gefragt.
Der Schiffsteg als perfekter Ort, die Lust am Narrentreiben auszuleben.
Gersau Auch die einst kleinste altfreie Republik der Welt feiert gerne Fasnacht. Aber dass die Gersauer etwas anders sind, zeigen sie deutlich. So beginnen sie immer genau zwei Wochen nach dem ersten Fasnachtstag in Schwyz. Ihren Fasnachtsanfang machen sie dann gleich kund mit einer lautstarken Tagwache der einheimischen Guggenmusik «Gugelfuer». Es folgt um 9 Uhr eine Morgenrott durch das Dorf, bei der allerlei Masken dabei sind, so vor allem der «Rölli», die Gersauer Variante des «Blätz», und als zweite Hauptfigur der «Harlekin», gefertigt aus derselben Form aus der Manufaktur Steiger wie jene in Amsteg, in Einsiedeln, in Gersau, in Steinen und in Basel, wo sie als «Ueli» am «Vogel Gryff» zum Einsatz kommt. Am Nachmittag sind «Damenmasken» angesagt, eine originelle und spielerische Maskerade von Frauen auf dem Rathausplatz, die von einer Jury bewertet wird. Im Zentrum steht dort der «Gerfaz», der an eine Lötschentaler «Tschäggete» erinnert. Während am Schmutzigen Donnerstag nur eine Abendrott der Maskerade in den Wirtschaften stattfindet, ist dann am Samstag und am Montag, dem zweiten und dritten Fasnachtstag, grosser Maskenbetrieb. Traditionsmasken wie die «Rölli», «Bajasse» und «Pierrots» sowie allerlei Maskierte in Fantasiekostümen beleben den Ort, immer stark unterstützt von der Guggenmusik, die auch an vielen anderen Orten in und um Schwyz kaum mehr wegzudenken ist – obwohl sie nicht selten das Intrigieren der Maskeraden empfindlich stört, ja unterbindet, wenn die Guggenmusiken ihre Ständchen in den Wirtshäusern geben. Wie anders Gersau Fasnacht feiert, zeigt sich nicht zuletzt auch daran, dass dort bereits am Abend des Güdelmontags die «Uislumpetä» beginnt.
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Basel Die Basler Fasnacht ist ein urbanes Fest, das sich erst seit der Mitte des 19. Jahrhunderts zu dem entwickelt hat, wie es heute wahrgenommen werden kann: Als farbiges Strassentheater, bei dem viele Akteure, dem Hofnarren gleich, der Politik, der Wirtschaft und der Gesellschaft den Spiegel vorhalten. Zu den vielen Besonderheiten der Basler Fasnacht zählt ihr Anfang: Fünf Tage nach Aschermittwoch beginnt der Morgenstreich Schlag 4 Uhr. Alle Aktiven sind im «Charivari», das heisst individuell maskiert. Anders sieht es am Montag- und Mittwochnachmittag aus, wenn die Cliquen und Gruppen zuerst auf dem Cortège sind und abends musizierend durch die Strassen und Gassen ziehen. Dann zeigen sich die fasnächtlichen Einheiten in jener Kostümierung, die zum gewählten Sujet passt und eigens dafür entworfen und hergestellt worden ist. In diesem Aufzug sind Hartgesottene bis zum Endstreich am Donnerstagmorgen Punkt 4 Uhr unterwegs. Am Dienstag geniesst man aber das «Gässle» (das heisst das Durch-die-Gassen-Ziehen) im «Charivari». Beobachter des Treibens werden eine unendliche Vielfalt an Larven sehen und dabei erkennen, dass es nicht nur einen «Harlekin», nicht nur eine «alte Tante» oder nur einen «Waggis» gibt. Zudem entdeckt man eine unermessliche Fülle an Fantasielarven, die nicht selten skurril sind. Mangels verlässlicher Zahlen ist es eine reine Vermutung, dass in den verschiedenen Ateliers jährlich über 12 000 Larven hergestellt werden, davon der überwiegende Teil weiterhin in der Kaschiertechnik. Seit dem Beginn des neuen Jahrtausends haben immer wieder Cliquen und Tambouren- und Pfeifergruppen bei Verena Steiger angeklopft und ihre Vorstellungen geäussert. Mit Wachslarven aus dem Formenfundus in Steinen sind in Basel unter
«Waggis» der Fasnachtsgruppe «Echo vom Gämsbärg», Maske aus der Form Nr. 923.
anderen gelaufen: «Echo vom Gämsbärg», «d Labyrinthler», «Basler Bebbi Basel», «Déjà Vü» und die «Jeisi-Migger Guggemuusig». Geleitet vom Wunsch, an der Fasnacht 2003 als «Waggis» bescheideneren Aussehens auf die Strasse zu gehen, entdeckten zwei Mitglieder einer wilden Gruppe die passende Larve im Museum der Kulturen Basel. Wie sich danach herausstellte, befanden sich Negativ- und Positivform als Nr. 923 in Steinen. Darauf war klar: Die nächste Fasnacht konnte kommen … Jeweils bereits im Januar feiern die drei Kleinbasler Ehrengesellschaften ein hohes Fest: den «Vogel Gryff». Im Zentrum stehen die personifizierten Schildhalter der drei Sammelzünfte, der «Wilde Mann», der «Leu» und der «Greif». Die Masken und Kostüme dienen jeweils viele Jahre und sind sehr robust. Trotz ihres teilweise beachtlichen Gewichts muss der Träger darin tanzen. Eine andere Aufgabe haben die vier «Uelis»: Sie sammeln mit ihren Blechbüchsen Geld für einen guten Zweck.
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Altstätten Die Traditionsmaskenfigur in der Kleinstadt im St. Galler Rheintal ist der schmucke «Röllibutz». Sein Name kommt von den Rollen als Geschell bzw. Geröll und von «Butz», was im alemannischen Sprachgebrauch für «Vermummter, verkleidete Fasnachtsgestalt» steht und hierzulande die ältere Bezeichnung ist als die erst im 17. Jahrhundert aus dem Süden eingewanderten Begriffe Maske und Larve. Der «Röllibutz» ist eine der seltenen Fasnachtsfiguren im deutschen Sprachraum, der bei seinem Auftritt konsequent eine bemalte Drahtgaze-Larve trägt. Eine derartige Gesichtsverhüllung kennen wir in der süddeutschen Maskenlandschaft sonst nur noch bei den «Fossli» in Siebnen, ferner in Weingarten, Radolfzell, Waldshut, Endingen am Kaiserstuhl, in Sachsenheim bei Ludwigsburg und bei den «Schleichern» von Telfs im Tirol. Wir begegnen ihr aber auch in vielen Ländern Mittelund Südamerikas und der Karibik. Das Alter dieser Traditionsfigur ist ungewiss. Die früheste Nachricht vom «Butzengehen» stammt von 1617, doch ist der damalige Aufzug nicht bekannt. Und selbst noch im späteren 19. Jahrhundert
Umzug der «Röllibutzen» in der traditionellen Drahtmaske, die einst wohl aus Deutschland importiert wurde, jetzt aber aus Steinen SZ kommt.
«Röllibutz»-Drahtmaske aus dem Atelier Steiger.
hat die Maskierung wohl wenig mit dem heutigen Aussehen zu tun. Drahtmasken kommen generell erst um 1850 auf, und die Glaskugeln für die Zierde am Hut stehen auch erst später zur Verfügung. Heute ist der Hut mit den Glaskugeln, Federn, Bändern und Blumen sicher der auffäl ligste Teil am Kostüm des «Röllibutzen». Er erinnert indes stark an die «Schönen Perchten» in Gastein, an die Telfser «Schleicher» und an die «Roller» und «Scheller» von Imst im Tirol. Gekleidet ist er in einen schwarzen Kittel und darunter trägt er eine rote oder dunkle Weste, ferner weisse Hosen und schwarze Stiefel. Über der Brust kreuzen sich zwei Schärpen in den Farben der Stadt und des Kantons. Unentbehrliche Requisiten sind der unter dem Kittel getragene Rollengurt und die Wasserspritze, die während des Umzugs und nach der Polonaise tüchtig zum Einsatz kommt. Vielleicht ist diese närrische Handlung, die wir auch vom Imster Schemenlaufen kennen, schon früher als 1857 bekannt, wo wir vom Benetzen von Personen und Häusern erstmals Kunde haben.
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Urnäsch In vielen Dörfern des reformierten Kantons Appenzell-Ausserrhoden, vor allem in Urnäsch und anderen Orten des Hinterlandes, feiert man zweimal Silvester, nämlich am 31. Dezember und am 13. Januar, der als «Alter Silvester» bezeichnet wird. Zu erklären ist diese Besonderheit durch den Entscheid der Ausserrhödler, als gute Reformierte die von Papst Gregor 1582 dekretierte Kalenderreform nicht anzunehmen – was man bis um 1800 auch durchhielt. An den genannten Kalendertagen sind viele wirkungsvoll maskierte Männer gruppen unterwegs, die «Silvesterkläuse» mit ihrem reichen Geschell. Ihr Auftritt ist einzureihen in die vielen alpinen Masken- und Lärmbräuche der Mittwinterzeit und geht wahrscheinlich auf einen spätmittelalterlichen Heischebrauch der Klosterschüler (vermutlich von St. Gallen) zurück, der ursprünglich im Innerrhodischen bekannt war. Ein «Chlausen» wird erstmals 1663 urkundlich erwähnt, bleibt über Jahrhunderte kritisiert und findet erst um 1920 wirklich Akzeptanz. Der heute auch von vielen Touristen mitverfolgte Brauch beginnt in den frühen Morgenstunden. Dann treffen die ersten Gruppen in den peripher gelegenen Höfen ein und machen sich bei jedem Hof zunächst mit ihren Schellen und Rollen bemerkbar, um darauf einen Jodel anstimmen. In der Regel wechseln sich Lärm und Gesang dreimal ab. Nach einem Händedruck und guten Neujahrswünschen, einem Gläschen und einem Geldgeschenk zieht die Gruppe weiter, um schliesslich im Dorf einzutreffen. Alle Silvesterkläuse sind maskiert, werden heute aber unterschieden in «Hässliche», «Schöne», und «Schön-Hässliche», die es erst seit den 1950er-Jahren gibt. Besonders eindrücklich sind die Erstgenannten mit ihrer reich gestalteten Haube und in
Wachsmaske der schönen «Dame Rosa» am Silvesterchlausen in Urnäsch.
Zäuerlen morgens um sechs Uhr.
einer Kleidung, die einer weiblichen Tracht ähnelt. Nur den «Hässlichen» – einer Schöpfung des späten 19. Jahrhunderts – eigen ist eine fleischfarbene Wachsmaske, die in Steinen im Schwyzerischen Steinen gefertigt wird.
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Diese Wachsmaske aus der Gruppe der «alten Frauen» wurde von Verena Steiger nach einem Gesichtsabguss des Trägers gemacht.
Verschiedene Gruppen aus den umliegenden Dörfern treffen sich am Altjahrabend zum «Ubersitz» in Meiringen.
Meiringen In der Altjahreswoche hört man jeden Abend im ganzen Haslital das Schlagen von Trommeln und das Läuten mit Glocken und Treicheln. Die Einheimischen nennen diese Tage die «Trychelwoche», wenn die Burschen und Männer in gemessenem Gleichschritt durch die Strassen ihrer Dörfer ziehen und im Gleichklang einen «Heidenlärm» verursachen. Höhepunkt der «Trychelwoche» ist der Altjahrtag, wenn die Gruppen aller Dörfer nach Meiringen zum «Ubersitz» kommen. Diese Bezeichnung rührt daher, dass die «Trychler» erst am kommenden Morgen den Weg ins Bett finden, also «überhocken». Es gehört sich, dass sich die «Trychler» an diesem Abend zu «Botzeni» verkleiden und auch Masken tragen, wobei hier alle Typen und Materialien verwendet werden. Gerne werden schaurige Masken getragen, doch man sieht auch lieblichere Gesichter. Der eine oder andere Treichelzug hat auch eine besondere Figur dabei, die das Publikum belustigen: eine «Schnabelgeiss», ein gekrümmt gehendes «Huttewybli» oder das «Wurzelmannli». Marschiert wird in Sechser- bis Achterkolonnen. Voran schreiten die Trommler und spielen einen besonderen Marsch, den eigenwilligen «Trychlermarsch», der auf den Rhythmus der Treicheln und Glocken abgestimmt ist. Jeweils nach einem «Kehr», einer absolvierten Runde, zieht ein Treichelzug in einem Wirtshaus ein. Dabei wird so lange getreichelt, bis der Letzte im Lokal ist. Ein solcher Zug besteht im Durchschnitt aus etwa 40 bis gegen 200 Treichlern. Begegnen sich zwei Züge, dann wird durch die Reihen hindurch gekreuzt.
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Autorinnen und Autoren Margrit Schmid wurde 1947 in Basel geboren, besuchte dort die Schulen und lebt noch heute in Basel. Nach der Maturität 1967 folgten Sprachaufenthalte in London und Barcelona. 1972–1997 war sie in einer Privatgalerie in Deutschland tätig und nahm an Kunstmessen in Basel, Köln, Düsseldorf, Paris, Wien und Bologna teil. 1998–2013 leitete sie das Kunsthaus Baselland in Muttenz. Sie ist Fasnächtlerin (Piccolo) in einem Basler «Schyssdräggziigli». Susan Steiger wurde 1982 in Gersau (SZ) geboren. Nach der Ausbildung als Primarlehrerin absolvierte sie an der Zürcher Hochschulde der Künste (ZHdK) den Bachelor in Medialer Kunst. Aktuell absolviert sie dort den Master Fine Arts und wird ihr Studium 2019 abschliessen. Die Recherche über die Steiger-Masken weckte ihr Interesse daran, selbst Teil dieser Geschichte zu werden. Sie wird das Atelier Steiger-Masken weiterführen und die Forschung über die Herkunft von Wachs- und Textilmasken vertiefen. Dominik Wunderlin, geboren 1953 in Liestal, Studium der Volkskunde, lic. phil. I. Bis April 2017 Kurator und stellvertretender Direktor am Museum der Kulturen in Basel. Zahlreiche Veröffentlichungen mit den Schwerpunkten: Fest und Brauch, Maskenwesen, populäre Frömmigkeit. Redaktor der Baselbieter Heimatblätter und Redaktionsmitglied von Tracht und Brauch. Diverse Beiratschaften in wissenschaftlichen Gremien. Mitglied im Preiskuratorium der Kulturstiftung der schwäbisch-alemannischen Fastnacht, aktiver Fasnächtler.
Helmut Wenderoth, geboren in einem kleinen Dorf im Hunsrück (Rheinland- Pfalz) und über viele Wege und Umwege in Krefeld am Niederrhein in einer Art Heimathafen gelandet, arbeitet dort als künstlerischer Leiter beim KRESCHtheater (Kinder- und Jugendtheaterzentrum der Stadt Krefeld) und versucht als Schauspieler, Theaterregisseur und Autor Provisorien für Zuversicht zu schaffen. Am liebsten isst und trinkt er nicht allein. Alexandra Wey, geboren 1978, arbeitet als Fotografin bei der Agentur Keystone- SDA und lebt in Zug. Es inspiriert und fasziniert sie, Menschen aus den verschiedensten Kulturen dieser Welt mit der Kamera zu begleiten. Sie lebte schon in Kairo und in Varanasi, Indien. Heiri Scherer, geboren 1943 und aufgewachsen in Meggen LU, arbeitet als freischaffender Buchgestalter und Ausstellungsmacher. Nach dem Besuch der Grafikfachklasse an der Kunstgewerbeschule Luzern folgten eine zehnjährige Tätigkeit bei Müller-Brockmann & Co., Zürich, und 17 Jahre als Creative Director der Globus Warenhäuser, Zürich. Bis 2011 war er Mitinhaber der Werbeagentur Scherer-Kleiber CD AG, Zürich. Er ist Herausgeber von Most, 2015 und Muni, 2016, beide erschienen bei NZZ Libro.
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Verena Steiger, Maskenmacherin aus Steinen Drei Dinge haben mich in meinem Leben geprägt: die Familie, die Maskenarbeit und die japanische Kampfkunst. Meine Kreativität wurzelt in einem Bauernhof in Seelisberg, wo ich meine ersten Lebensjahre verbrachte. Die Ruhe, das Leben in der Natur, der Zwang, mit wenig «Luxus» zum Ziel kommen – all dies hatte auf mich einen grossen Einfluss. Das Spielen, Sich-Verkleiden und Sich-Verhüllen legte mir meine Mutter in die Wiege. Schon früh liebte ich die Fasnacht. In jener Zeit war vieles möglich, was heute eher undenkbar ist. Meine Mutter meinte zu mir als junge, lebensfrohe Frau: «Du bekommst wohl auch mal genug von der Fasnacht.» Sie hat sich offenbar getäuscht. Damals konnte ich mir noch nicht vorstellen, dass Maskenherstellen zu meinem Beruf und zu meiner Berufung wird. Vieles habe ich autodidaktisch erlernt. Und vieles haben mir bekannte, sehr gute Fachleute aus Handwerk und
Maske aus purem Wachs – ein Objekt unbeschwerter Kreativität.
den vielen Theatersparten beigebracht – und das ist nach wie vor so. Meine Kinder sind im Atelier aufgewachsen. Sie können sich eine Mutter ohne Masken in den Händen kaum vorstellen. In der «Saison» – sie beginnt jeweils ab Ende September – wird das Familienleben der Atelierarbeit angepasst. Bei speziellen Kinderwünschen hiess es oft: «Aber erst nach der Saison.» Früh übten sie, selbst Hand anzulegen, sei es im Atelier, um etwas Taschengeld zu verdienen oder für alle eine Schüssel Spaghetti zu kochen. Die japanische Kampfkunst hat mich gelehrt, dranzubleiben und nicht aufzugeben, die Balance zu suchen, der Angst zu begegnen, nicht gegen Fronten zu kämpfen, sondern mit der Kraft vom Gegenüber zu arbeiten. Aus einem lebendigen, ab und zu eher chaotischen Atelier entstanden über die Jahre hinweg Strukturen in der Arbeit und in der Formenvielfalt, ohne dass dabei die Lebendigkeit verloren ging. Hunderte verschiedener Negativ- und Positivformen von Masken türmten sich im Keller. Heute liegen sie nun – die Negativ- und Positivformen dank vielseitiger Unterstützung übereinstimmend nummeriert und geordnet – in Regalen. Sie bilden den Grundstock für die Herstellung vieler Masken, sind quasi das Herzstück des Ateliers. Auch heute noch werden neue Formen erarbeitet. Kurz: Ich bin stolz auf meine jahrelange Arbeit und den unzähligen Menschen dankbar, die mich dabei tatkräftig unterstützt haben und mich immer noch unterstützen.
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Impressum Heiri Scherer (Hrsg.), MASKEN, Band 2 von 3 © 2019 NZZ Libro, Schwabe Verlagsgruppe AG ISBN 978-3-03810-375-2 www.nzz-libro.ch NZZ Libro ist ein Imprint der Schwabe Verlagsgruppe AG. Vorderer Vorsatz: Arbeiten mit Gips: Die zwei Hälften der Negativform aus der Masken-Formensammlung von Verena Steiger sind zusammengezurrt und werden mit Gips ausgegossen – es entsteht eine neue Positivform. Hinterer Vorsatz: Das «Hudi» – die meistverlangte Maske überhaupt, fertig bemalt und abgezählt – wartet auf seine Besteller.
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H e i r i Sche re r ( H rsg . )
MASKEN MA S K E N Werksta tt u n d At elier
We r kstatt und Ate l i e r
Heir i S ch erer
Wachsmasken für das Schweizer Brauchtum: Das alte Handwerk des «Drückens» wird europaweit nur noch von Verena Steiger professionell ausgeübt. Was einst in Italien, Paris, Deutschland und der Schweiz in riesigen Stückzahlen gefertigt wurde, hat in Steinen überlebt. Es ist ein Kunsthandwerk vom Feinsten, vom Abgiessen der Formen bis zum Kaschieren und Bemalen von Hand. Keine Maske ist wie die andere. Hier wird ein bedeutendes kulturelles Erbe der Schweiz sichtbar.
H e i r i Sche re r ( H rsg . )
MASKEN MA S K E N Tra gen u n d verb ren n en
Trag e n und ve r bre nne n
He iri S ch erer
Wachsmasken sind das Markenzeichen der Schwyzer Fasnacht: Der «Blätz», der «Alt Herr», das «Domino», das «Päijassemeitli», das «Hudi» und der «Zigüüner» und die «Zigüüneri» sind die Hauptfiguren. Daneben sind eine ganze Menge Nebenfiguren unterwegs. Alle tragen traditionell handgefertigte und handbemalte Masken. Die «Maschgraden» ziehen in der Rott durch Gassen und Restaurants auf den Hauptplatz von Schwyz, da wird «genüsselt», dort «intrigiert». Am «Güdelziischtig» werden um Mitternacht die Masken ins Restfeuer des verbrannten Blätz geworfen – es lebe die nächste Fasnacht!
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Inhalt Maschgere, Maschgradegwändli, Maschgradelaufe 6 Die Maskengarderobe 12 Strassenfasnacht 26 Der Narrentanz 44 Von der Narrenmesse zur Fasnachtsmesse 52 Intrigieren – das «verkehrte Reden» 56 Die Kinderfasnacht 64 Niederknien und verbeugen 70 «Die Fasnacht ist zu Ende – es lebe die nächste!» 76 Die Schwyzer Haupt- und Nebenfiguren 84 Jede einzelne «Maschgere» bis zur Vollendung gearbeitet 104 Autorinnen und Autoren 109 Dank 110
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Maschgere, Maschgradegwändli, Maschgradelaufe. Monika Betschart, Dorfbächlerin und langjährige Maschgradenläuferin
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Ich bin geboren und aufgewachsen im Dorfbachquartier, inmitten der Fasnacht, die Rotten zogen vor und hinter dem Haus rauf und runter, Maschgraden kamen manchmal auch ins Haus, rein, Orangen füllten Waschzuber. Der Narrentanz vermischte sich mit dem Zittern der Fensterscheiben. Die Dorfbächler Rott hatte einen etwas anderen Rhythmus als die Dörfler Rott. Über die Trommel spannte sich ein Kalbfell. Der Trommelton war dunkel, rund, grub sich in die Eingeweide. Gut, im Schutz des Hauses zu sein. Hie und da kam am Güdelmontagvormittag ein maskierter Kellenverkäufer an die Haustüre. Er bot seine selbst gemachten Kellen an, um mit dem Verdienst am Nachmittag in die Rott zu gehen. Im Dorfbach gab es in meiner Kindheit vier Wirtschaften (heute noch eine) und am Güdelmontag gab es im Restaurant ‹Mythen› Tanz und Unterhaltung. Als Schulkind ging ich mit Nachbarkindern dann auch ins Dorf. Mutter hatte mir extra einen Orangensack genäht, damit ich die geschenkten Orangen heimtragen konnte. Es war spannend, den lieben langen Tag der Rott zu folgen, vor den Wirtschaften zu warten, die Maschgraden mit dem «Sind-se-guet» anzubetteln und auf ihren Befehl möglichst laut zu «güüssen». Nebst Orangen gab es auch «Füürschtäi», die vom Konditor Tobler und seiner Frau in Handarbeit fabriziert und verpackt wurden. Wenn es schneite oder regnete, färbten die farbigen Papierchen den Orangensack. Hie und da, wenn auch selten, verteilte ein Maschgrad auch Würste oder es gab einen Biss von seinem Brot, das er am «Blätzbesen» angesteckt hatte. Die Maschgraden kauften ihre Orangen in den Läden. Fast in jedem zweiten Haus war ein Lebensmittelladen, sodass es kaum Nachschubprobleme gab. Und wenn der Maschgrad zu müde war zum selber Einkaufen, gab er einem Kind einen Fünfliber in die Hand und schickte es zum Orangenholen. Zu dieser Zeit gab es in Schwyz noch einige Restaurants mit Terrassen. Einzelne Maschgraden liessen sich Orangen harassenweise dorthin liefern und warfen dann von oben die begehrten Früchte aus. Und die Kinder rauften sich am Boden um die begehrten Früchte. Am Güdeldienstag war auch schon in meiner Zeit Kinderfasnacht. Die meisten Kinder verkeideten sich einfach irgendwie mit Tüchern und Requisiten vom Estrich. Kinder-Originalgwändli gab es früher praktisch keine. Einmal zogen wir als kleines Dorfbachgrüppli – ein «Indianer», ein «Bäuerlein», ein «Fraueli», vielleicht ein «Clown», ein «Tessinerli» mit Zoccoli und ein «Zigeuner» – den Wirtschaften nach und bekamen dort jeweils einen Sirup zum Trinken und hie und da ein «Chräpfli». In der Masch gere, Masch gradegwändli, Masch gradelaufe
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Die Maskengarderobe – Treffpunkt am frühen Morgen des Ersten Fasnachtstags, des Schmutzigen Donnerstags, des Fasnachtsmontags und des Güdeldienstags. Hans Steinegger
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Die Maskengarderobe der Schwyzer «Nüssler» ist seit 1998 mitten im Dorf an der Reichsstrasse im Untergeschoss des MythenForums eingemietet. Aktuell werden hier über 200 Originalkostüme für Erwachsene und rund 100 für Kinder gewartet: «Blätz», «Alt Herr», «Domino», «Bajazzo-Meitli» («Päijassemeitli»), «Hudi» und «Zigüüner». Aber auch von den Randfigu ren wie «Bajazzo-Bueb» («Päijass»), «Puur», «Veehändler», «Metzger», «Zuckerbeck», «Tüüfel» und «Jung Herr» lagern zurzeit je zwischen zwei und sieben Exemplare. Dazu passend natürlich alle Requisiten wie Schirme, Stöcke, Hüte, Säcke, Körbe – und in Schachteln der Vorrat eines Zweijahresbedarfs an Original-Wachslarven aus dem Masken-Atelier Steiger. Der Bestand an Originalkostümen gilt schon seit Jahrzehnten schweizweit als Besonderheit – und ebenso als einzigartig, dass die «Gwändli» ausschliesslich in der Fasnachtszeit zum Einsatz kommen. Hochbetrieb herrscht darum hier nur zur närrischen Zeit, wobei das gesamte Angebot nicht allein Vereinsmitgliedern, sondern jedermann zugänglich ist. Wer an einem der offiziellen Fasnachtstage frei oder in der Rott Maskenlaufen will, lässt sich nach eigenem Gusto von kundigen Frauen einkleiden. Denn «Gwändli» und «Maschgere» sollen schliesslich perfekt sitzen. Übrigens gab es in Schwyz schon sehr früh private Maskengarderoben. So sind aus Zeitungsinseraten allein zwischen 1870 und 1890 sechs Anbieter bekannt. Zu ihnen zählte auch die Familie Alois Gwerder-Ehrler, Besitzerin einer Wäscherei. Sie verwaltete damals nahe der Metzghofstatt im ehemaligen Café Blaser (heute Piazzetta) in einem Zimmer 20 «Blätze» und über 200 andere Fasnachtskostüme. Später erwarb Gastwirt Josef Kälin vom «Gotthardloch» in Luzern die Garderobe, verkaufte sie aber 1932 an die Schwyzer Alois Lindauer und Franz Grossmann-Flecklin. Letzterer und seine Frau Caroline führten sie später eigenständig, erweiterten das Angebot und legten das Augenmerk zunehmend auf die Schwyzer Originalfiguren. Aus Mitteln einer Gönneraktion erwarben 1977 die «Schwyzer Nüssler» die Garderobe, während eine Kommission den Auftrag erhielt, diese weiter aufzubauen und danach den «Nüsslern» zu übergeben – was 1992 geschah. Dank ehrenamtlichem Einsatz von Hobby- Schneiderinnen und in jüngerer Zeit auch von Marco Helbling werden seither jährlich neue Originalkostüme gefertigt. Wer die Maskengarderobe besuchen möchte, kann jederzeit auf Anfrage eine Führung durch die Kostümsammlung buchen. Öffentlich zugänglich ist zudem das «Maschgradestubli» gleich nebenan im Haus Bethlehem, wo alle Originalfiguren präsentiert werden. Die Maskengarderobe
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Die «Nüsslergarderobe» wird von einem Frauenteam betreut: Alle Kostüme hängen frisch gewaschen an den Kleiderbügeln, bereit zur Anprobe.
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Das Regal mit den Wachsmasken in der Garderobe: «Hudi», «Domino», «Päijassemeitli» und, und … Alle sind handgefertigt und handbemalt – eine jede Maske ist ein Unikat.
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Der «Jung Herr» ist bald bereit: Es scheint, als konzentiere er sich schon auf das «verkehrte Reden» auf dem Zug der Rott durch die Restaurants.
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Die Augenöffnungen der Wachsmaske werden dem Gesicht des Maskenträgers angepasst.
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Für die Rundungen der Figuren liegt eine üppige Auswahl an Polstern bereit.
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Ein «Hudi» wird eingekleidet: Stulpen, Rockreif und Busen sind für eine tolle Figur unverzichtbar.
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Hier bekommt der «Maschgrad» die zur Figur passende Maske.
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Der Rollengurt mit Kreuzschellen wird nur vom «Blätz» getragen.
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Die Kinderfasnacht – «Maschgrad – sind-se-guet!» «Und? Chasch du au richtig luut güüsse?» Hans Steinegger
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Traditionell ist der «Güdelziischtig» tagsüber ausschliesslich für die Kinderfasnacht reserviert, organisiert und betreut von den «Schwyzer Nüsslern». Während sich die «Maschgrädli» am späten Vormittag im MythenForum schminken lassen können, macht sich die «Kinder-Rott» kurz nach Mittag im Schulhaus Herrengasse startbereit. Im Zweijahresturnus wird danach entweder reichlich Unterhaltung geboten oder es findet in Schwyz oder Ibach das «Priis-Nüsslet» statt. Steht ein vergnüglicher Nachmittag auf dem Programm, stattet die Rott in Begleitung von Ministerräten dem Altersheim und Spital einen Besuch ab. Anschliessend treffen sich die jungen Maskeraden im MythenForum bei Spiel, Speis und Trank. Noch in den 1950er-Jahren und später waren am Güdeldienstag die Kostüme der Kinder bunt gemischt, ein «Blätz» war aus Kostengründen meist eine Rarität. Vielmehr sah man in der Rott verschiedene Märchenfiguren: «Rotkäppchen», «Schneewittchen», «Zwerge» und «Hexen», ebenso «Indianer» und «Cowboys», «Bauern» und «Kaminfeger». Phantasievolle Eigenkreationen schlossen auch selbst gebastelte Grossmasken aus Karton nicht aus –, obwohl den Kindern das Larventragen eigentlich untersagt war. Zudem war es damals noch «katholische Ordnung», als Erstkommunikant auf das Maskenlaufen zu verzichten, desgleichen bei einem Todesfall in der Familie oder im Verwandtenkreis; Letzteres galt auch für die Erwachsenen. Seither haben Neuerungen auch die Kinderfasnacht teils markant verändert. So galt es einst als Stilbruch, wenn sich Kinder an den offiziellen Fasnachtstagen in Narrenkleidern zeigten. Da diese den Erwachsenen vorbehalten waren, reagierte der eine und andere «Nüssler» nicht selten auf das «Sind-se-guet» eines maskierten Kindes abweisend mit «Bisch ja sälber e Maschgrad». Als ebenso ungehörig galt es, wenn eine Frau sich tagsüber verkleidete und in der Rott untertauchte. Denn ihr gehörte – einem ungeschriebenen Gesetz entsprechend – am Abend der Maskenball oder Tanz in den Gaststätten, und zwar bis zur Demaskierung um Mitternacht. Inzwischen hat sich vieles ins Gegenteil gewandelt: Auch Kinder sind längst an allen Fasnachtstagen verkleidet unterwegs, ob allein oder mit der Familie, in Phantasiekostümen oder im «Originalgwändli» samt perfekt geschminkter «Larve». Dies ist nicht zuletzt damit zu erklären, dass die Kostüme für die ganze Saison gemietet werden können. Ebenso kennen die Erwachsenen seit den 1960er-Jahren keine Trennung mehr zwischen «Sie und Er» oder «Tag und Nacht». Ob maskiert oder zivil – einfach wann, wo und wie es persönlich gefällt!
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Die kleinen Maskeraden in «Originalgwändli» sind perfekt geschminkt nach den Originalmasken.
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«Sind-se-guet, Maschgrad!» – Kinder betteln kreischend um eine Orange.
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«Die Fasnacht ist zu Ende – es lebe die nächste!» Hans Steinegger
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Alles liegt nun im Dunkeln, nur schwach und wechselnd erhellt durch gelbes, grünes und rotes Bengallicht. Der Freiraum ist den «Maschgraden» vorbehalten, die den noch unversehrten «Blätz» nach jedem Feuerwerksbild – wie schon nach dem Einzug – jeweils dreimal umrunden. Und wenn er schliesslich lichterloh brennt, «nüsseln» sie nicht nur weiter, sondern knien nieder und verbeugen sich vor ihm, heulen lauthals, wehklagen und trocknen sich mit dem Taschentuch ihre Tränen. Rundum herrscht grosse Trauer darüber, dass die Fasnacht bald vorbei ist. Nicht umsonst sagen die Schwyzer «Chuusch au go brüele?» und meinen damit die Teilnahme am «Blätzverbränne». Dann, als Höhepunkt des feurigen Spektakels, ein gewaltiger «Chlapf» – eine Petarde zerreisst den «Grind» des «Blätz» … Nach dem Besuch einiger Wirtshäuser kehrt die Rott um 23.45 Uhr auf den Dorfplatz zurück, wo auf dem Sandhaufen noch ein kleines Feuer lodert. Während es die «Nüssler» umkreisen, ertönt letztmals der Narrentanz. Im Turm der Pfarrkirche läuten nach dem mitternächtlichen Stundenschlag alle Glocken fünf Minuten lang die Fastenzeit ein. Die Trommelschläge verstummen, die Platzbrunnenfigur wird entkleidet – die «Maschgraden» entledigen sich ihrer Larven und werfen sie ins Feuer … Es ist Aschermittwoch.
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Die Wachsmaske hatte sich dem Gesicht des Maskeraden als «zweites Gesicht» angepasst, jetzt lodert sie im Feuer.
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Früher undenkbar, heute gängig: Der Beginn der Fastenzeit wird um eine Wurstlänge hinausgeschoben.
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Maskeraden – Die sechs Schwyzer Hauptfiguren und was sie bedeuten. Dazu zum Bestaunen: die Nebenfiguren. Hans Steinegger, Brauchtumsforscher und Daniel Annen, Germanist
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Das Japanesenspiel Dr Blätz von Paul Kamer war 1970 einer Auswahl typischer Schwyzer Maskengestalten gewidmet: «Domino», «Päijass», «Zigüüneri», «Alt Herr», «Hudi» und «Blätz». Es ging darum, unter diesen sechs Figuren den «typischen Schwyzer» zu finden und das Urteil darüber durch die Kinder fällen zu lassen. Anhand dieser Maskentypen sollten insbesondere Schwyz, seine importierte Kultur und die Einheimischen charakterisiert und kritisiert werden. Es obsiegte der «Blätz», der von der Ehre jedoch nichts wissen wollte. Denn seines Erachtens würden nur alle Figuren zusammen in der Rott den typischen Schwyzer repräsentieren. Die stille Botschaft dahinter: Alle Regierungen der Welt sollen sich diese Narrenweisheit zu Herzen nehmen! Das prächtig inszenierte Japanesenspiel auf dem Dorfplatz löste eine unerwartete Reaktion aus: Seit 1970 spricht man im Kreis der «Schwyzer Nüssler» und weit darüber hinaus von den sechs «Originalfiguren»: «Blätz», «Alt Herr», «Domino», «Bajazzo-Meitli», «Hudi» und «Zigüüner». Sie ist traumhaft, phantastisch. Ja wirklich: Die Rott mit ihrem farbenprächtigen, stilvollen Durcheinander, mit eleganter Anmut und Erhabenheit zugleich, wie ist sie doch ganz einfach schön! Traumhaft und phantastisch ist sie aber auch in einem anderen, in einem wörtlicheren Sinn: Sie gleicht unseren Träumen und den Phantasien. Wenn wir in der Nacht träumen oder auch mal am Tag phantasieren, dann treten nämlich Bilder in unser Bewusstsein, die aus dem Unbewussten hinaufdrängen; unsere ungezähmten und unzivilisierten Lebenstriebe verschaffen sich in diesen Bildgestalten ein freiheitliches Revier. Dasselbe verschaffen sie sich in der Rott. Da geraten sie nicht nur ins Bewusstsein, sondern fahren förmlich in die verkleideten und maskierten Körper, verschaffen sich Ausdruck im energischen Anrempeln von Passanten, in Kapriolen, ausladenden Bewegungen, behäbigen Schritten oder eher sachte in lustvollem Trippeln. Und vor allem: im zierlichen «Nüsseln». Auch die Masken gleichen darum den Figuren, die uns nachtsüber im Traum erscheinen. Wie diese nächtlichen Gestalten verhüllen und entstellen sie Wahrheiten, die in unserer Seele schlummern. Es sind Wahrheiten über uns Menschen.
Die Sch wyzer Haupt- und Neben figuren
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«Blätz» Der «Blätz» ist unbestritten die Symbol- und Hauptfigur der Schwyzer Fasnacht. Sein Äusseres: weisse Hose, Rock («Wams») und breitkrempiger «Schiinhuet», allesamt mit rund 2500 rauten- und rosettenförmigen «Blätzchen» aus rot-blau-weissem Filzstoff bedeckt. Neben einer fleischfarbenen «Bergamasker Larve» trägt er quer über die rechte Schulter einen Gürtel mit Kreuzschellen und in der Hand einen Tannreisbesen, gelegentlich mit einem aufgespiessten Brot («Weggen»). Sein «Blätzchenkleid» gibt ihm letztlich den Namen und geht im Ursprung zweifelsfrei auf die «Harlekin»-Figur in der Commedia dell’Arte zurück. Gleich dem «Arlecchino» tänzelt, hüpft und springt er herum und bringt so den Rollengurt zum Rasseln. Er gilt als vorwitzig und fröhlich. Ebenso zeichnen ihn Unberechenbarkeit und Schabernack aus. Nachgewiesen ist der «Harligingg» 1784 im Brunner Bartlispiel, in Schwyz im Fasnachtsspiel von 1865 und 1881 in der Strassenfasnacht. Was für eine Vielfalt von Facetten! Auch sein Kostüm spricht davon: Es war schon vor Jahrhunderten bei seinem Vorfahren, dem italienischen Possenreisser «Arlecchino», mit Flicken übersät; beim heutigen «Blätz» sind sie zu parallel gegliederten Rautenmustern ästhetisiert. Das Kostüm kommt eigentlich aus der ganzen bunten Welt rundherum. Denn diese Rhomben sind ursprünglich wirklich «Blätzli», kleine Stofffetzen von irgendwoher. So machte am 19. Februar 1859 die Wochenzeitung der Urschweiz bekannt, ein Kostümvermieter könne «für die kommenden Fassnachtstage» mit «neuverfertigten sog. Plätzlikleidern» aufwarten. In sprunghaftem Hin und Her – auch darin dem «Arlecchino» ähnlich – sucht ja der «Blätz» auch immer wieder neu seine vielfältige Umgebung auf. Für die Schwyzer verrät der buntscheckige «Blätz» aber auch einen von mannigfaltigen Kräften angespornten inneren Tumult, eine Daseinslust, eine vielgestaltige und ganzheitliche Lebenskraft. In diese Richtung weist auch der Tannreisbesen, den man in Schwyz gern als Fruchtbarkeitssymbol deutet. Es könnte vom «Wilden Mann» herkommen. Der «Blätz» ist also eine Komposition von nördlichen und von südlichen Brauchtumselementen.
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«Blätz»
Die Sch wyzer Haupt- und Neben figuren
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«Alt Herr» Die älteste Figur in der Rott ist der «Alt Herr», in Schwyz erstmals 1829 als «alter Mann» im Fasnachtsspiel und 1865 im Japanesenspiel vertreten. Die Einheimischen sehen in ihm einen (ausgedienten) Aristokraten, der sich in aufrechtem Gang und mit hohlem Kreuz bedächtig hinkend bewegt und sich auf den knorrigen Naturholzstock stützt. Seinem Jahrgang und seiner Herkunft gemäss spricht er auffallend bedächtig und kehrt auch gerne die Weisheit des Alters hervor. Die noble Bekleidung weckt eindeutig Erinnerungen an Fremde Dienste in Frankreich: weisse Strümpfe, Kniehosen aus feinem Samt, buntes Gilet mit weisser Brustrüsche, farbiger Junkerrock, weisse Rokoko-Perücke und mit Federn verzierter Dreispitz. Die bräunlich-gelbe Larve hat einen eher strengen Ausdruck: spitze Nase, markanter Schnurrbart und Altersfalten. An der Fasnacht hat sogar typisch Schwyzerisches etwas Fremdländisches, der «Alt Herr» zum Beispiel. Als er im 19. Jahrhundert in die Schwyzer Fasnacht eintrat, war er mit seinen Culottes (Kniehosen), seinem Dreispitz und seiner Louis-seize-Zopfperücke bereits eine Erinnerung an die Adligen früherer Zeiten. Zugleich erinnert er an die französische Aristokratie, von der ja manche Züge dank der Söldnerzeit im Schwyzer Adel fortlebten. Er gleicht auch dem «Cassandro» aus der Commedia dell’Arte. Seine heutige Gestalt ist noch weitgehend die aus alten, vorrevolutionären Zeiten. Warum erscheint noch im 19. Jahrhundert eine Figur, die so deutlich ans Ancien Régime erinnert? – Da sollten wir nicht vergessen: Ausgerechnet in diesem Jahrhundert, das aufgrund der politischen Umbrüche und der zunehmenden Industrialisierung vermehrt auch Neues nach Schwyz brachte – ausgerechnet in diesem Jahrhundert suchte das Dorf, wie übrigens die ganze Schweiz auch, seine Identität. Eine solche Identität glauben menschliche Gemeinschaften immer wieder im Rückgriff auf Altes zu finden, die Schwyzer zum Beispiel in der uralten Fasnacht, die Schweizer in der Befreiungstradition rund ums Rütli. Dass dabei vieles nur imaginiert ist und gar nicht real, ist gar nicht so wichtig. Das Alte schafft wenigstens mental den Eindruck von Stabilität.
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«Alt Herr»
Die Sch wyzer Haupt- und Neben figuren
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Quellen und Literatur Annen, Daniel: Das verrückte Dorf, Schwyzer Nüssler (Hrsg.), Schwyz 1995. Archiv Schwyzer Nüssler: Hinweise von Gewährsleuten. Föhn, Kari: Schwyzer Fasnacht, Malbüechli, Steinen 2016. Gyr, Martin: Schwyzer Volkstum, Einsiedeln 1955. Ineichen, Fritz: «Maskengarderobe und Maskenkostüme», in: Neue Luzerner Zeitung, Nr. 10, 13. Januar 1973. Koller, Eugen: Schwyzer Dorffasnacht, Diplomarbeit/Manuskript, Kantonsbibliothek Schwyz, Schwyz 1978. Mezger, Werner: Narrenidee und Fastnachtsbrauch. Studien zum Fortleben des Mittelalters in der europäischen Festkultur, Konstanz 1991. Mezger, Werner: Schwäbisch-alemannische Fastnacht, Darmstadt 2015. Redaktionsteam: Fasnachtsrott Ibach 1946–2016, Ibach 2016. Röllin, Werner: «Entstehung und Formen der heutigen Schwyzer Maskenlandschaft», in: Schweizerisches Archiv für Volkskunde, 74. Jg., Heft 3–4, 1978. Schaller-Donauer, Alfred: «Das Nüsseln und der Narrentanz in Schwyz», in: Schweizer Volkskunde, Folk-Lore Suisse, Heft 4/6, Basel 1923. Steinegger, Hans: Schwyzer Fasnacht 1991. Streifzug durch Maskenlandschaft und Fasnachtsbrauchtum der Gemeinde Schwyz, Festführer 700 Jahre Eidgenossenschaft, Schwyz 1990. Steinegger, Hans: Güdeldienstag-Gesellschaft Schwyz, 75-Jahr-Jubiläum GDG 1937–2012, Schwyz 2012. Steinegger, Hans: Güdelmontag-Rott Schwyz, gegründet 1949, Schwyz 1989. Steinegger, Hans: Grossgrinde-Zunft Schwyz, Chronik 1936–2016, Schwyz 2016. Weibel, Viktor: Hesonusode. Theater, Geschichte und Fasnachtskultur / 150 Jahre Japanesengesellschaft Schwyz, Schwyz 2006. Wiget, Josef; Steinegger, Hans: Feste und Bräuche im Kanton Schwyz, Schwyz 1989. Fotonachweis Alexandra Wey: Seiten 10, 14–25, 31, 38–43, 48–51, 54, 55, 58–61, 63, 66, 67, 73–75, 78–83 Heiri Scherer: Seiten 28–30, 32–35, 47, 62, 68, 69, 72, 87, 89, 91, 93, 95, 97, 98–103
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Autorinnen und Autoren Monika Betschart, Jahrgang 1945, gebürtiges «Hudi», passionierte Fasnächtlerin, pensionierte Sozialarbeiterin, war früher auch einmal selbstständige Schwyzer Lebensmittelhändlerin und in dieser Funktion einige Jahre lang zuständig für die «Maschgraden Orangen» der «Schwyzer Nüssler». Sie lebt in Schwyz und hat auch heute noch Freude an der lebendigen Schwyzer Fasnacht. Hans Steinegger, geboren 1946 in Schwyz, unterrichtete als Primar- und Reallehrer von 1968 bis 1982. Er war Departementssekretär (1982–2006) und Kulturbeauftragter (1982–2004) des Bildungsdepartements des Kantons Schwyz. 1995 erhielt er den Kulturpreis der Gemeinde Schwyz. Als freier Journalist publiziert er landes- und volkskundliche Beiträge in Zeitungen und Zeitschriften mit Schwerpunkt Brauchtum und Sagen. Meinrad Inglin, 1893 in Schwyz geboren, wurde mit 17 Vollwaise. Nach schwierigen Schuljahren am Kollegi in Schwyz versuchte er sich in einer Uhrmacher- und Kellnerausbildung, was sich aber nicht als das Richtige erwies. So ging er zurück ans Gymnasium. Obwohl er es noch vor der Matura verlassen musste, gelang ihm später der Eintritt in Universitäten. Nach Neuenburg und Genf waren die Jahre in Bern prägend, wo er Psychologie und Philosophie studierte. Er schrieb in seiner Jugendzeit Essays, Rezensionen und Berichte für Zeitungen. Um 1920 liess er sich an seinem Geburtsort nieder, wo er bis zu seinem Tod 1971 als freier Schriftsteller lebte. Daniel Annen, geboren 1954 in Schwyz und ebendort aufgewachsen, hat in Germanistik dissertiert. Von 1980 bis 2017
unterrichtete er an der Kantonsschule Kollegium Schwyz Deutsch und Französisch. Er publiziert zur Schweizer Literatur und Kultur sowie zum Grenzbereich Literatur/Theologie, hat am Schweizer Sprachbuch Bd. 9 mitgearbeitet, ferner in kulturell tätigen Kommissionen und Vereinsvorständen, u.a. im Vorstand der «Schwyzer Nüssler» oder des Vereins zur Förderung des Schweizerischen Literaturarchivs. Seit 2013 ist er Präsident des Innerschweizer Schriftstellerinnen- und Schriftstellervereins. Alexander Grab, geboren 1985 und aufgewachsen in Schwyz, studierte an der Universität Luzern Rechtswissenschaften. Heute ist er in einer Anwaltskanzlei in Schwyz tätig. 2016 wurde er in den Ministerrat (Vorstand) der «Schwyzer Nüssler» gewählt. Seit Januar 2017 bekleidet er das Amt des Präsidenten. Er ist Mitglied der «Güdelzischtig-Gsellschaft» Schwyz. Alexandra Wey, geboren 1978, arbeitet als Fotografin bei der Agentur Keystone-SDA. Es inspiriert und fasziniert sie, Menschen aus den verschiedensten Kulturen dieser Welt mit der Kamera zu begleiten. Sie hat in Kairo und im indischen Varanasi gelebt. Heute lebt sie in Zug. Heiri Scherer, geboren 1943 und aufgewachsen in Meggen LU, arbeitet als freischaffender Buchgestalter und Ausstellungsmacher. Nach dem Besuch der Grafikfachklasse an der Kunstgewerbeschule Luzern folgten eine zehnjährige Tätigkeit bei Müller-Brockmann + Co., Zürich, und 17 Jahre als Creative Director der Globus Warenhäuser, Zürich. Bis 2011 war er Mitinhaber der Werbeagentur Scherer-Kleiber CD AG, Zürich. Er ist Herausgeber von Most, 2015 und Muni, 2016, beide erschienen bei NZZ Libro.
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Impressum Heiri Scherer (Hrsg.), MASKEN, Band 3 von 3 © 2019 NZZ Libro, Schwabe Verlagsgruppe AG ISBN 978-3-03810-375-2 www.nzz-libro.ch NZZ Libro ist ein Imprint der Schwabe Verlagsgruppe AG. Vorderer Vorsatz: Maskenregal in der «Nüsslergarderobe»: Hier wählen die «Maschgraden» die Figur, werden eingekleidet und bekommen die passende Wachsmaske. Hinterer Vorsatz: Das Verbrennen der tagsüber getragenen Maske ist ein besonderer Moment für alle «Maschgraden».
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H e i r i Sche re r ( H rsg . )
MASKEN MA S K E N Tra gen u n d verb ren n en
Trag e n und ve r bre nne n
He iri S ch erer
Wachsmasken sind das Markenzeichen der Schwyzer Fasnacht: Der «Blätz», der «Alt Herr», das «Domino», das «Päijassemeitli», das «Hudi» und der «Zigüüner» und die «Zigüüneri» sind die Hauptfiguren. Daneben sind eine ganze Menge Nebenfiguren unterwegs. Alle tragen traditionell handgefertigte und handbemalte Masken. Die «Maschgraden» ziehen in der Rott durch Gassen und Restaurants auf den Hauptplatz von Schwyz, da wird «genüsselt», dort «intrigiert». Am «Güdelziischtig» werden um Mitternacht die Masken ins Restfeuer des verbrannten Blätz geworfen – es lebe die nächste Fasnacht!