Paul Schneeberger: Ein Plan für die Bahn.

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Paul Schneeberger Ein Plan für die Bahn

Die Schweiz investiert Milliarden in den Ausbau der Eisenbahn. Doch die Investitionen bewirken weniger, als sie könnten. Während die Bautätigkeit und die Technik das Land rasant verändern, will man die Bahn nach der Devise «Mehr vom Gleichen» ausbauen. Dabei könnte sie als spurgeführtes Massenverkehrsmittel die Siedlungsentwicklung steuern und aus der Digitalisierung Nutzen ziehen. Paul Schneeberger plädiert dafür, Raumplanung und Verkehrsplanung ernsthaft zusammenzuführen und dabei in Alternativen zu denken und zu handeln. Er wirft wesentliche Fragen auf: Wie kann die Bahn zum Rückgrat der Agglomeration werden? Welche neuen Infrastrukturen lassen sich daraus ableiten? Und welche Spielräume können diese für eine Integration von Massenverkehrsmitteln und baulicher Verdichtung eröffnen?

Paul Schneeberger

Ein Plan für die Bahn Wie die Milliardeninvestitionen in die Schiene mehr bewirken können

ISBN 978-3-03810-336-3 ISBN 978-3-03810-336-3

9 783038 103363 www.nzz-libro.ch

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2018 NZZ Libro, Neue Zürcher Zeitung AG, Zürich Lektorat: Rainer Vollath, München Umschlag, Gestaltung, Satz: TGG Hafen Senn Stieger, St. Gallen Druck, Einband: Kösel GmbH, Altusried-Krugzell Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werks oder von Teilen dieses Werks ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts. ISBN 978-3-03810-336-3 ISBN E-Book 978-3-03810-383-7 www.nzz-libro.ch NZZ Libro ist ein Imprint der Neuen Zürcher Zeitung.


Inhalt 1  Ein Plan für die Bahn? ................................... 9 2  Ein Plan mit Lehren aus der Vergangenheit ..... 15 2.1  «Mehr vom Gleichen» als Programm  ........... 15 2.2  «Für alle etwas» als Prinzip ........................ 19 2.3  Die Software als Heilserwartung ................. 22 2.4  Die Bauzonen als Herausforderung.............. 28 2.5  Die deutschen «Bahnhöfe 21» als Lehrstück .... 30 2.6  Die Bahn als Motor der Siedlungsentwicklung .............................................. 31 FOKUS : Ein Strauss alternativer Ideen ............... 35 3  Ein Plan für die ganze Schweiz..................... 37 3.1  Die Vorstädte und Agglomerationen als «Baustellen»  ............................................. 37 3.2  Die Hauptbahnhöfe als Wasserköpfe  ........... 39 3.3  Die drei wesentlichen Aspekte  ................... 40 3.4  Die strukturbildenden Infrastrukturen  ........ 42 3.5  Die Korridore als Chancenräume  ................ 45 3.6  Das Beispiel Basel–Zürich  ........................ 48 FOKUS : Mehr Tangentialverbindungen .. ........... 52 4  Ein Plan für die Städte............................... 55 4.1  Die Durchmesserlinie anstelle der Untergrundbahn......................................... 55 4.2  Die bisherigen städtebaulichen Wirkungen .... 58 4.3  Die Knoten als Chancenräume ................... 60 4.4  Das Beispiel Luzern ................................ 61 FOKUS : Ein zweites Stadtzentrum für Bern ......... 65 5  Ein Plan für die Agglomerationen................. 67 5.1  Die Inflation der Haltestellen..................... 67 5.2  Die Zufälligkeit der Haltepunkte................. 69 5.3  Die Achsen als Chancenräume.................... 70


5.4  Das Beispiel Biel–Bern–Thun..................... 72 FOKUS : Übersichtlichkeit durch klar definierte Zugkategorien............................................. 75 6  Ein Plan für das Land................................. 77 6.1  Die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg als Mass der Dinge........................................... 77 6.2  Das Kleben am Status quo......................... 78 6.3  Die Talschaften als Chancenräume und das Beispiel Thal.......................................... 79 FOKUS : Wo das Teilen von Autos schon begonnen hat.............................................. 82 7  Ein Plan für ein Denken und Handeln in Alternativen.............................................. 83 7.1  Das robuste Konzept als Ziel...................... 83 7.2  Die Ideenkonkurrenz als Schlüssel............... 86 7.3  Die kreativen Entwürfe als Ausgangspunkt..... 88 7.4  Die vier strategischen Fragen...................... 90 7.5  Ein neues Wirkungsmodell........................ 94 FOKUS: Wettbewerb der Ideen........................ 99 8  Ein Plan für den nationalen Zusammenhalt.... 101 8.1  Der Rahmen und die Trägerschaft der Ideenkonkurrenz........................................ 101 8.2  Die fachliche Organisation und der Ablauf der Ideenkonkurrenz........................................ 104 FOKUS : Ideenkonkurrenz in der Verkehrsplanung.................................... 109 9  Ein Plan für die Politik.............................. 111 9.1  Der Faktor Zeit..................................... 111 9.2  Die möglichen Anstösse........................... 114 FOKUS : Zukunftsbild für den ÖV in den Niederlanden....................................... 115 10  Ein Plan für die Bahn! ............................. 117


Anhang................................................... 123 Geschichte der schweizerischen Eisenbahnplanung...................................... 124 AbkĂźrzungen und Begriffe............................. 126 Quellen und Literatur.................................. 132 Dank....................................................... 138 Der Autor................................................. 139



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1  Ein Plan für die Bahn? «Erst nach der Tat hält der Schweizer Rat.» Sprichwort, das den alten Eidgenossen zugeschrieben wird. Fünf Milliarden Franken investiert die Eidgenossenschaft jedes Jahr aus dem unbefristeten Bahninfrastrukturfonds in den Unterhalt und den Ausbau der Eisenbahn. Allein zwischen 2020 und 2050 wird sich dieser Betrag auf 150 Milliarden Franken belaufen. Der Gegenwert, den der Bundesrat für diese gros­ sen Summen erwartet, welche die eidgenössischen Räte periodisch freigeben, ist bescheiden. Die Eisenbahn soll ihren heutigen Marktanteil von knapp 20 Prozent im Personenverkehr und von 30 bis 40 Prozent im Güterverkehr halten. Und das, obwohl die Höhe der verfügbaren Mittel ungefähr gleich gross ist wie jene, die in die Strasse investiert werden, auf der ein erheblich grösserer Teil des Verkehrs abgewickelt wird. Erreicht werden soll dieses Weiterschreiben des Bisherigen mit einem Mittel, das dem kleinsten gemeinsamen politischen Nenner entspricht: der Beseitigung von «Engpässen» in den Spitzenzeiten, die sich aus den gegenwärtigen Prognosen zum Bevölkerungswachstum ergeben. Es wird weder reflektiert, welche Rolle die Eisenbahn in einer Welt spielen wird, in der die Digitalisierung neue Spielformen der Mobilität ermöglicht, noch wird ausgelotet, welchen Mehrwert und welche zusätzlichen Spielräume der Ausbau des Schienenverkehrsmittels für die Raum- und vor allem für die Siedlungsentwicklung schaffen kann. Kurzum: Es fehlt in der Schweiz an einer Ambition für die Eisenbahn. Und man fühlt sich an das Sprichwort erinnert, das am Anfang dieses Textes steht. Dieses Buch will einen Beitrag zu den Debatten über Investitionsentscheide des Parlaments für konkrete Ausbauschritte leisten. Debatten, in denen sich zunehmend ein Unbehagen, ja ein Misstrauen manifestiert. Ein Misstrauen, das sich in unterschiedlicher Weise artikuliert und verschiedenste Kreise umtreibt: den Gemeindepräsidenten von Schmerikon am oberen Zürichsee ebenso wie die


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Fahrgastorganisation «Pro Bahn» und sogar die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB ). Die SBB melden Bedenken gegen ihres Erachtens zu grosse Investitionen an, weil sie deren Folgekosten fürchten und Optimierungspotenziale bei der Software sehen, die den Ausbau von Hardware reduzieren können. Auch die Fahrgastorganisation bemängelt die Dimension des Ausbaus und vor allem die Alternativlosigkeit der bisherigen Planung. Und der Gemeindepräsident am oberen Zürichsee ärgert sich darüber, dass der Voralpen-Express zwischen Luzern und St. Gallen in Schmerikon ab 2025 aus betrieblichen Gründen nicht mehr anhalten wird und dass dadurch die Verbindungen zur anderen Seite des Zürichsees schlechter werden. So komfortabel die Voraussetzung mit dem stets rinnenden Geldbrünnlein des Bahninfrastrukturfonds für die Finanzierung der Eisenbahn ist, so risikoreich ist die Verfügbarkeit grosser Finanzmittel, ohne dass ausreichend abgewogen wird, nach welchen Grundsätzen diese investiert werden sollen. Auszuloten ist insbesondere, welchen Mehrwert der Ausbau der Eisenbahn zugunsten des politisch gewollten haushälterischen Umgangs mit dem Boden schaffen kann. Als raumsparendes, Personen und Güter bündelndes Verkehrsmittel hat die Eisenbahn das Potenzial, im schweizerischen Verkehrssystem künftig eine grössere Rolle zu spielen als heute. Eine Rolle, durch die sie die räumliche Entwicklung der Schweiz stärker mitsteuern kann. Um dieses Potenzial auszuschöpfen, reichen die bisherigen Planungsansätze nicht aus. Gefragt ist eine Strategie, gefragt ist ein Konzept und gefragt sind gestalterische Zugänge. Die dafür notwendige Kreativität lässt sich durch ein Denken und Handeln in alternativen Entwürfen freisetzen. In Entwürfen, aus deren Summe sich zukunftsfähige Lösungen ableiten lassen, die mehr bieten als die blosse Weiterführung des Status quo. Es ist unverständlich: Ob es darum geht, im Restaurant für 20 Franken ein Essen zu bestellen oder im Kleider-Outlet für 9,95 Franken ein T-Shirt zu kaufen – in allen Lebenslagen werden vor Kaufentscheiden Alternativen geprüft und einander gegenübergestellt. Aber wenn Milliarden von Franken ins Verkehrsnetz im Allgemeinen und ins Schienennetz im Speziellen investiert werden,


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finden solche Abwägungen nicht statt. Statt den Blick durch das Fernrohr in alle Himmelsrichtungen schweifen zu lassen, starren Politiker und Planer wie gebannt in den Rückspiegel. Sie kaprizieren sich darauf, nicht die Zukunft zu gestalten, sondern bloss die Gegenwart weiterzuschreiben. Den Fächer der Ideen öffnen sie – wenn überhaupt – nur in Bezug auf Projekte und nicht auf Konzepte. Und auch das ist in der Regel erst der Fall, wenn eine bereits eingeleitete Lösung wider Erwarten auf massiven Widerstand stösst. Beispielhaft dafür ist die Auseinandersetzung mit dem neuen Fahrzeugunterhaltszentrum der BLS in Bern. Dann aber erschweren jeweils Voreingenommenheit und Ressentiments eine nüchterne Lösungssuche. Auf den folgenden Seiten wird denn auch nicht ein pfannenfertiger Vorschlag präsentiert, wie das Eisenbahnnetz der Zukunft aussehen soll. Vielmehr werden, basierend auf einer Masterthesis im ETH -Nachdiplom-Studiengang Raumplanung, Möglichkeiten skizziert, wie die Weiterentwicklung der Eisenbahn und der Siedlungen nicht nur koordiniert, sondern ernsthaft integriert bzw. zusammengeführt werden kann. Es ist höchste Zeit, dass die Diskussion um die Zukunft der Eisenbahn in der Schweiz unter dem Gesichtspunkt der gesamten gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und vor allem baulichen Weiterentwicklung des Landes geführt wird. Ausgehend von einer grundsätzlichen Diskussion der Rolle, welche die Eisenbahn als Bestandteil des Verkehrssystems im 21. Jahrhundert in einem verstädternden Land spielen kann, werden im ersten Teil, in den Kapiteln 2 bis 6, beispielhafte Antworten auf die folgenden Fragen umrissen: I Wie kann die Bahn die Schweiz erschliessen und Landesteile sowie Grossregionen miteinander in Beziehung setzen, um das Land zeitgemäss zu strukturieren? II Wie kann die Bahn in Stadtregionen neue zentrale Orte schaffen und dadurch zu einem grossen Hebel für eine konzentrierte Siedlungsentwicklung werden? III Wie kann die Bahn den Agglomerationen ein Gesicht geben, indem sie zu einer wesentlichen Gestalterin ihrer Siedlungsentwicklung wird?


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Und wie kann die Bahn ländlichen Räume erschliessen und mit Verkehrsmitteln verknüpfen, die den dortigen Siedlungsstrukturen optimal gerecht werden?

Im zweiten Teil, in den Kapiteln 7 bis 9, wird konkretisiert, was sich unter einem Denken und Handeln in Alternativen verstehen lässt, das in einen konsolidierten Plan für die Bahn im 21. Jahrhundert münden kann. In einen Plan für die Bahn, der im Sinn einer Strategie mit konzeptioneller Handlungsanleitung Aufschluss über die Ziele gibt, welche die Eisenbahn in den nächsten Jahrzehnten erfüllen soll, und darüber, wie sich diese erreichen lassen. Dabei werden im Hinblick auf dieses Zukunftsbild Antworten auf die folgenden Fragen formuliert: V Wie kann ein gestalterischer Rahmen aussehen, in dem sich kreative Entwürfe für das von strukturellen Zwängen geprägte Eisenbahnnetz entwickeln lassen? Welche Faktoren sollen dabei berücksichtigt und welche Fragen beantwortet werden? VI Wie ist ein Verfahren zu gestalten, in dem aus verschiedenen Entwürfen für die Weiterentwicklung des Eisenbahnnetzes ein konsolidierter Plan für die Bahn des 21. Jahrhunderts abgeleitet werden kann? VII Und welche Möglichkeiten bestehen, um eine solche Ideenkonkurrenz in den laufenden politischen Prozess zu integrieren und dadurch der Umsetzung neuer Lösungsansätze zum Durchbruch zu verhelfen? Die Auseinandersetzung mit einem spezifischen Verkehrsmittel, zumal jenem, dessen Ursprünge in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts liegen, mag manchen angesichts des aktuellen Hypes um die Digitalisierung und die Vernetzung aller Verkehrssysteme als archaisch erscheinen. Aber das Gegenteil ist der Fall. Gerade weil die Vernetzung aller Verkehrsträger zum Thema wird, ist es wichtig, auszuloten, wo und wie die teure Eisenbahn richtig eingesetzt wird. Und jenseits aller Vernetzungen gibt es weiterhin physikalische Gegebenheiten, die dort, wo viele Menschen zu transportieren sind, den Einsatz des klassischen


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Massenverkehrsmittels nahelegen. Das gilt umso mehr in Zeiten, in denen die Zersiedelung passé ist. Mit Blick auf die fernere Zukunft geht es auch nicht so sehr um das technische System der Eisenbahn, sondern generell um Verkehrssysteme, die viel Mobilität auf wenig Raum bündeln. Ein Zukunftsbild für die Bahn des 21. Jahrhunderts ist weit mehr als ein technokratisches Fortschreiben der Gegenwart. Dieses Bild und der Weg zu ihm sind wesentliche Schlüssel für den angestrebten haushälterischen Umgang mit dem Boden und dafür, dass die Schweiz in ihrer Entwicklung nicht plötzlich behindert wird, weil diese Ressource endlich ist. Last, but not least ist ein Plan für die Bahn in dem Sinn, wie er hier präsentiert wird, der erste Schritt hin zu einem positiven und prospektiven Umgang mit dem Gebot der effizienten Bodennutzung, das bis jetzt noch viel zu sehr einen negativen, von restriktiven Bestimmungen geprägten Beigeschmack hat. Die Eisenbahn hat das Zeug dazu, mehr Ordnung und Orientierung in eine diffuse Siedlungsentwicklung zu bringen.



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4  Ein Plan für die Städte 4.1  Die Durchmesserlinie anstelle der Untergrundbahn Eingriffe in die Eisenbahngeometrie von Städten entfalten zweierlei raumgestaltende Wirkungen. Sie beeinflussen nicht nur die Erschliessungsqualität städtischer Orte positiv oder negativ, sie wirken wegen der Knotenfunktion der Städte und Stadtregionen auch weit über ihre Grenzen hinaus. Beachtlich und beachtenswert ist in der Schweiz vor allem die Entwicklung in Zürich. Nicht nur, weil dort die Eisenbahnanlagen seit 1990 massiv erweitert wurden und sich mittlerweile die Auswirkungen dieser Expansion beobachten lassen. Auch sind die grösste Stadt und der grösste Bahnhof Orientierungspunkte für alle grossen und mittleren Städte der Schweiz. Ein Charakteristikum des Bahnausbaus in der Stadt und der Stadtregion Zürich ist, dass er fortwährend auf den Hauptbahnhof ausgerichtet war und diesen um unterirdische Gleis- und Umsteigeanlagen ergänzt hat. Der Hauptbahnhof Zürich besteht heute aus vier Teilbahnhöfen und ist zum drittgrössten Einkaufszentrum der Schweiz avanciert. Ein weiteres Merkmal sind massive bauliche Entwicklungen um einzelne S-Bahn-Haltestellen, die von ihren Strukturen und Kapazitäten her nur mangelhaft darauf ausgerichtet sind. Beispiele dafür sind die zentrumsnahe Haltestelle Hardbrücke, die vom Umbau und der Wiedergeburt des Zürcher Industriequartiers überrollt wurde, oder das am Stadtrand gelegene Stettbach, eine heute von starker Bautätigkeit umgebene Drehscheibe des öffentlichen Verkehrs an der Grenze zwischen Stadtrand und innerem Agglomerationsgürtel. Zürich Hardbrücke verzeichnet nicht nur ein rasantes Wachstum (von 39 000 auf 48 000 Reisende pro Tag zwischen 2015 und 2016); in der Statistik der meistfrequentierten SBB -Haltepunkte liegt Hardbrücke auf Platz 15, vor Bahnhöfen wie Chur, Freiburg oder Neuenburg. Leitmotiv für den Eisenbahnausbau in Zürich seit den 1980er-Jahren ist die Vorsilbe «Durch-»: Auf den Durchgangsbahnhof für die S-Bahn von 1990 folgte 2014/15 die Durchmesserlinie. Beide Vorhaben waren an weitere Tunnelbauten und


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4  Ein Plan für die Städte

Ausbauten geknüpft, ohne die sie ihre beschleunigende Wirkung nicht entfalten könnten. Der S-Bahn-Durchgangsbahnhof Museumstrasse an den Hirschengrabentunnel, an den Ausbau des heute zweitwichtigsten Stadtbahnhofs Stadelhofen und an den Zürichbergtunnel. All das liess die Reisezeiten von Zürich Hauptbahnhof nach Winterthur und Uster auf 15 bis 20 Minuten schrumpfen. Der Durchgangsbahnhof Löwenstrasse seinerseits ist mit dem Weinbergtunnel und dem Ausbau des Bahnhofs Oerlikon verbunden. Aus dem einstigen Kopfbahnhof Zürich Hauptbahnhof ist ein kombinierter Kopf- und Durchgangsbahnhof geworden, ein Eisenbahnhub, der zu den grössten Europas gehört. Beim Ausbau 1990 ging es darum, den Regionalverkehr im Kanton Zürich zu einer S-Bahn weiterzuentwickeln, welche die Erreichbarkeit der Stadt aus allen Teilen des Kantons verbessern sollte. Erreicht wurde damit dreierlei. Erstens: Bahn, Tram und Bus bewältigen heute 60 Prozent des Personenverkehrs über die Grenzen der Stadt Zürich. Und die Fahrgäste der S-Bahn Zürich machen rund die Hälfte des Passagieraufkommens der SBB aus. Zweitens: Viele Haltepunkte der Eisenbahn im Kanton Zürich sind zeitlich nicht mehr substanziell weiter von Zürich Hauptbahnhof entfernt als Domizile in Stadtquartieren, die per Tram oder Bus erschlossen sind. Der Kanton oder zumindest grosse Teile davon sind heute de facto Teil der Stadt. Drittens: In der Stadt Zürich spielt die S-Bahn zwischen dem Zentrum und den Quartieren, in denen sie Haltepunkte unterhält, die Rolle eines schnellen Massenverkehrsmittels. Im Fall der Durchmesserlinie von 2014/15 haben sich verschiedene Zielsetzungen überlagert. Auf diskrete Weise wurde sie von einem regionalen Projekt zu einem Schlüsselvorhaben für den nationalen Verkehr und zu einem Beispiel für folgende zwei Aspekte. Für die Zufälligkeit der schweizerischen Eisenbahnplanung seit der letzten Jahrtausendwende und für den Verzicht darauf, Eisenbahn- und Raumplanung ernsthaft miteinander zu verknüpfen. Die Väter der Durchmesserlinie verstanden ihre Idee in den späten 1990er-Jahren als Massnahme, um das prognostizierte Wachstum des Zürcher S-Bahn-Verkehrs aufzufangen. Vor


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4.1  Die Durchmesserlinie anstelle der Untergrundbahn

allem Bahnreisen aus dem äusseren Gürtel der Agglomeration ins Stadtzentrum sollten dadurch attraktiver werden. Dann erkannten die SBB die weitreichende Wirkung einer Verbindung ohne Spitzkehre von Altstetten im Westen via Hauptbahnhof nach Oerlikon im Osten auch für ihren nationalen Verkehr. Neben S-Bahnen halten heute zwischen der West- und der Ostschweiz auch Fernzüge im Bahnhof Löwenstrasse, wo auch für sie – anders als oben im Kopfbahnhof – vor der Weiterfahrt kein Richtungswechsel mehr nötig ist. Die damalige SBB -Leitung machte aus der Zürcher Durchmesserlinie ein Vorhaben mit nationaler Schlüsselwirkung, ohne dass dieses je auf der Prioritätenliste des Bundes für den Bahnausbau figuriert hatte. Im Dreierpack mit den S-Bahn-Projekten Genf–Annemasse und Mendrisio–Varese verhalfen die SBB der Zürcher Durchmesserlinie zu Bundesmitteln, die zu einem Gutteil unter dem Titel Agglomerationsverkehr gesprochen wurden – obwohl die Verbindung durch die Stadt Zürich ein wesentliches Element für die Beschleunigung des Bahnverkehrs zwischen Genf und St. Gallen ist. Sie trägt dazu bei, den Zeitaufwand für die schnellen Züge auf der Ost-West-Achse um sechs bis sieben Minuten zu reduzieren. Dadurch leistet die Zürcher Durchmesserlinie einen Beitrag, um St. Gallen per Bahn auf etwas weniger als eine Stunde an Zürich heranzurücken, mithin an das Ziel, die Reisezeit Genf–St. Gallen bis 2025 von vier auf dreieinhalb Stunden zu senken. Was den Konnex zwischen Eisenbahn- und Raumentwicklung angeht, ist diese Geschichte nicht frei von Ironie. Durch die neue Durchmesserlinie und ihre Ausrichtung auch auf Züge des Fernverkehrs wird mit der Achse Dietikon–Hauptbahnhof– Oerlikon(–Flughafen) jener Korridor zu einem Schlüsselelement im nationalen Bahnnetz der Schweiz, der einst die Hauptachse einer Untergrundbahn in der Stadtregion Zürich hätte bilden sollen. Das macht deutlich, wie sehr Theorie und Praxis in der schweizerischen Raumentwicklung auseinanderklaffen können. Während die 1973 von den Stimmenden im Kanton Zürich verworfene Untergrundbahn zu einer weiteren baulichen Verdichtung der Stadt Zürich und des inneren Agglomerationsgürtels


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4  Ein Plan für die Städte

und umgekehrt zu einer Eindämmung der Zersiedelung hätte beitragen können, vergrössert die Beschleunigung von nationalen Zügen das Einzugsgebiet der grössten Schweizer Stadt weiter. Während raumplanerisch eine Siedlungsentwicklung nach innen angesagt ist, betreibt die Eisenbahn hier eine Verkehrsentwicklung nach aussen. Mit der zweiten Erweiterung von Zürich Hauptbahnhof wurde die Zahl der Verkehrsbeziehungen erhöht, und damit auch das «Klumpenrisiko», das der grösste Bahnhub der Schweiz birgt. Dies nicht nur in betrieblicher Hinsicht, liegen seine Anlagen doch in einem Hochwasserrisikogebiet. Alternativen zu dieser Lösung wurden nie ernsthaft evaluiert. Sie hätten in neuen tangentialen Verbindungen ohne Berührung von Zürich Hauptbahnhof zwischen dem linken Seeufer im Süden und dem Limmattal im Norden oder Oerlikon im Osten bestehen können. Solche Optionen hätten das Wachstum der Verkehrsbeziehungen in der Stadt und im Kanton Zürich entflochten. Das wiederum würde der fortschreitenden Dezentralisierung von Wohnen, Arbeiten und Freizeit besser entsprechen. Eine Voraussetzung für tangentiale Verbindungen um das klassische Stadtzentrum herum wäre allerdings eine veränderte Konzeption des nationalen Eisenbahnverkehrs gewesen. Eine Konzeption mit Verknüpfungen zwischen nationalem Verkehr und Zürcher S-Bahn nicht mehr nur am Hauptbahnhof Zürich, sondern auch in Vorstadtbahnhöfen, vor allem in Altstetten und Oerlikon. 4.2  Die bisherigen städtebaulichen Wirkungen Das Beispiel Zürich ist noch stark vom 20. Jahrhundert geprägt. Auf der einen Seite haben sich damals die zum Ende des 19. Jahrhunderts in der Nachbarschaft der mittelalterlichen Altstädte neu entwickelten Stadtzentren als Arbeitsorte profiliert. Auf der anderen Seite haben Vorstädte und Dörfer in ihrer Umgebung als Wohnorte an Attraktivität gewonnen. Im 21. Jahrhundert verschwimmt diese Trennung. Es gibt fast überall alles, nur wohnt, arbeitet und erholt sich kaum noch jemand an einem einzigen Ort. Dementsprechend muss eine zeitgemässe Netzund Linienplanung der Eisenbahn für das 21. Jahrhundert den


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4.2  Die bisherigen städtebaulichen Wirkungen

immer dezentraleren Lebenswelten der meisten Menschen Rechnung tragen. Neben dem Ausbau des Bahnhofs Stadelhofen, der darunter leidet, dass er 1990 mit drei statt vier Gleisen zu knapp konzipiert wurde, steht in der Stadtregion und im Eisenbahnknoten Zürich in den kommenden Jahrzehnten keine Erweiterung der Bahnanlagen mehr an. Die zentrale Frage lautet hier, wie die alten und neuen Anlagen künftig optimal «bespielt» werden sollen, will heissen: welche Netz- und Linienkonzepte auf ihnen umgesetzt werden sollen. Der Zürcher Verkehrsverbund (ZVV ) hat dafür ein Konzept entwickelt, das ab 2030 neben dem nationalen Verkehr zwei Kategorien von S-Bahnen vorsieht: S-Bahn-Linien im inneren Agglomerationsgürtel, die dort alle Haltepunkte bedienen, und Express-S-Bahn-Linien für Verbindungen, die zwischen der Stadt und dem äusseren Agglomerationsgürtel ohne Halt auskommen und dadurch diese Verbindungen beschleunigen. Möglich war der Schub, den die Eisenbahn in Zürich mit der S-Bahn erfahren hat, weil der finanzkräftige Kanton selber massiv in die Infrastruktur investiert und so substanzielle Verbesserungen ermöglicht hat. Unmittelbare städtebauliche Wirkung hat der Ausbau der Eisenbahn in der Stadtregion Zürich kaum entfaltet, weil die neuen Anlagen keine alten abgelöst haben. Die Aufgabe des Postbahnhofs und von Abstellanlagen beim Hauptbahnhof, an deren Stelle das neue Quartier Europaallee tritt, ist die einzige substanzielle bauliche Entwicklung im unmittelbaren Einzugsgebiet des verkehrsmässig massiv aufgewerteten Hauptbahnhofs. Bahn und Stadt haben sich in Zürich nicht miteinander, sondern nebeneinander entwickelt. In den anderen grösseren und mittleren Schweizer Städten bewegt sich die Eisenbahn immer noch weitgehend in Gefügen, die aus dem 19. oder frühen 20. Jahrhundert stammen. Da und dort wurde die Attraktivität des kollektiven Verkehrs durch den Neuoder Ausbau von Nahverkehrsmitteln verbessert, die vom System der nationalen Eisenbahn unabhängig und dementsprechend betrieblich stabil sind. In Lausanne mit einer Metro, welche die Distanzen in der Stadt verkürzt. Ähnlich verhält es sich mit der Glatttalstadt im Norden von Zürich, wo eine tramähnliche Stadtbahn


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4  Ein Plan für die Städte

ein gewisses Mass an Übersichtlichkeit in die Agglomerationen bringt. In der Stadtregion Bern machte ein metroartiger Ausbau von Meterspurbahnen die Vororte im Osten zu einem Teil der Stadt. Und in Basel wurden die Vororte im Westen durch den Umbau von Überlandbahnen zu einem Teil der «Tramstadt». 4.3 Die Knoten als Chancenräume In den grossen und mittleren Städten der Westschweiz wurden die Weichen für den Ausbau der «grossen» Eisenbahn bereits verbindlich gestellt. In Genf und Lausanne werden die bestehenden Hauptbahnhöfe mit grossem Aufwand erweitert. In Genf wird die neue S-Bahn nach Annemasse im benachbarten Frankreich die zeitlichen Distanzen innerhalb der grenzüberschreitenden Stadtregion verkürzen. Demgegenüber bestehen in Basel, Bern und Luzern noch Handlungsspielräume. Basel und Luzern orientieren sich an Zürich als Vorbild. Sie setzen auf neue Durchmesserlinien unter Einbezug der bestehenden grossen Bahnhöfe. In Basel soll eine neue unterirdische Verbindung zwischen den beiden grossen Stadtbahnhöfen SBB und Badischer Bahnhof S-Bahn-Durchmesserlinien ohne Spitzkehren zwischen den verschiedenen Himmelsrichtungen der grenzüberschreitenden Grossregion ermöglichen und dem historischen Kern der Innenstadt einen Eisenbahnhaltepunkt bescheren. Einem Teil der Stadtregion notabene, in dem kein Wachstum zu erwarten ist. In Luzern soll – wie einst in Zürich – der Kopfbahnhof durch einen unterirdischen Durchgangsbahnhof und einen Tunnel ergänzt werden – dies mit einer direkten Zufahrt von Osten her. Züge von und nach Bern und Olten–Basel könnten dann in Luzern ohne Fahrtrichtungswechsel Richtung Zug–Zürich und Gotthard weiterfahren. Sowohl die als «Herzstück» apostrophierte Basler Durchmesserlinie als auch der Durchgangsbahnhof Luzern sind mit ausserordentlich viel regionalpolitischem Prestige aufgeladen. Die Tatsache, dass die beiden Projekte nicht zu den obersten Prioritäten des Bundes gehören, bietet die Chance, sie konzeptionell noch einmal grundlegend zu überprüfen. Zudem wäre zu klären, ob nicht andere Lösungen den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts besser entsprechen, zum Beispiel der fortschrei-


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4.4  Das Beispiel Luzern

tenden Dezentralisierung von Wohnen, Arbeiten und Freizeit oder dem relativen Bedeutungsverlust der Innenstädte. Angesichts der Erwartung, dass durch die Digitalisierung zunehmend Mobilitätsketten aufkommen, die aus Bahn und Auto bestehen, sind für die Hauptbahnhöfe von morgen auch Lagen zu prüfen, die nahe bei den eigentlichen Kreuzungspunkten der grossen Verkehrswege in den Stadtregionen liegen. Oder um es noch allgemeiner zu formulieren: In Stadtregionen lassen sich die Raumund Verkehrsentwicklung umfassend integrieren, wenn Schnittstellen des Verkehrs optimiert, an verkehrsgünstigen Orten konzentriert und effektiv mit den bestehenden zentralen Orten verbunden werden. Zum einen, indem von Bahnanlagen beanspruchte Flächen für die bauliche Entwicklung nach innen freigemacht werden. Zum anderen, indem sich neu definierte Verkehrshubs als Entwicklungsgebiete empfehlen. Ausgehend davon ist in Basel nicht nur das «Herzstück» kritisch zu hinterfragen, sondern auch die Arbeitsteilung zwischen dem Bahnhof SBB als heutigem Hauptbahnhof und dem Badischen Bahnhof, der Drehscheibe der Linien ins benachbarte Deutschland. 4.4  Das Beispiel Luzern Anhand des Beispiels Luzern lässt sich illustrieren, was es heissen kann, wenn ein Hauptbahnhof verschoben wird: von seiner im 19. Jahrhundert definierten Lage am See, die von einem damals wichtigen Glied in den Transportketten, dem Dampfschiff, bestimmt wurde, in Richtung der heutigen Kreuzungspunkte von Eisenbahn und Autobahn. Die Lage des Hauptbahnhofs Luzern am Übergang des Vierwaldstättersees in die Reuss mag auf den ersten Blick attraktiv sein – vor allem für eine Touristenstadt. Betrachtet man sie jedoch unter dem Gesichtspunkt der Zufahrten auf der Schiene und der Strasse, ist sie suboptimal. Das schienenseitige Nadelöhr einer einzigen normalspurigen Zufahrt lässt sich entweder durch zusätzliche Spuren oder aber durch die Erweiterung zu einem Durchgangsbahnhof beseitigen. Auch wenn sich der Durchgangsbahnhof unter dem bestehenden Kopfbahnhof realisieren lässt, wie das gemäss offizieller Planung vorgesehen ist: Auch so bleibt die Be-


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4 Ein Plan für die Städte

schränktheit der strassenseitigen Zufahrten bestehen. Jener strassenseitigen Zufahrten, auf denen auch ein wenig effizienter öffentlicher Nahverkehr abgewickelt wird, der aus vielen zum Hauptbahnhof führenden Buslinien besteht. Zudem wird in Luzern immer wieder diskutiert, inwiefern Teile des insgesamt rund 10 Hektaren grossen Bahnareals überdeckt werden könnten. Die Nutzungsideen reichen von Carparkplätzen bis zu Wohnbauten. Wird der Hauptbahnhof verlegt, kann das attraktive, mitten in der Stadt gelegene Gebiet anders genutzt werden. Wird es überbaut und wird dabei eine Dichte gewählt, wie sie bei der Europaallee in Zürich realisiert wurde, können hier bis zu 7000 Einwohner oder ein Mehrfaches davon an Dienstleistungsarbeitsplätzen untergebracht werden. Die Stadt Luzern kann so an bester Lage substanziell wachsen. Und man stelle sich vor, wie attraktiv der heute als Busbahnhof dienende Bahnhofsplatz als Piazza am See wäre. Voraussetzung für eine solche Perspektive ist die Verlegung des Hauptbahnhofs Luzern nach Norden, und zwar in jene Richtung, in der die bestehenden Normalspurbahnlinien ohnehin zusammenlaufen und wo einer der deklarierten kantonalen Entwicklungsschwerpunkte in der Stadtregion Luzern liegt. Eine Idee, die in diese Richtung weist, ist jene des Vereins Bahndreieck Luzern Nord. Sie propagiert eine Verbindungsschleife zwischen den Bahnlinien aus Basel und Zürich sowie einen neuen Bahnhof samt Busterminal am Westende des Rotsees. Dadurch ergäben sich eine Entlastung des herkömmlichen Stadtzentrums von Verkehr und attraktive tangentiale Bahnverbindungen, namentlich entlang der Hauptentwicklungsachse des Kantons Luzern (Olten–)Sursee– Rontal(–Zug). Indem der Verein Bahndreieck Luzern Nord den bestehenden Hauptbahnhof am See aber belassen und nicht konsequent alle Eisenbahnlinien auf den neuen Hauptbahnhof ausrichten will, entstünde ein komplexes System, insbesondere auch hinsichtlich der Anschlüsse. Denkt man diesen Vorschlag weiter, ist aber auch die konsequente Verlegung des Hauptbahnhofs zum Rotsee eine Option. Voraussetzung dafür ist die Ausrichtung der bestehenden Normalspurlinien auf einen neuen Hauptbahnhof Luzern Nord und die Weiterführung der meterspurigen Zentral-


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4.4 Das Beispiel Luzern

Ebikon

Küssnacht

Ebikon

Küssnacht

Emmen

Luzern

Kriens

Richtung Nidwalden, Obwalden

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Emmen

Luzern

Kriens

Richtung Nidwalden, Obwalden

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Abb. 7 und 8: Optionen «Hauptbahnhof Luzern Nord» (oben) und «Doppelter Hauptbahnhof Luzern». Die fetten Linien markieren mögliche neue LinienfühN 2 4 6km rungen, 0die gestrichelte Linie zeigt die Linienführung einer möglichen Metro (Verlängerung der Zentralbahn). Die Kreuze vermitteln, wo Trassees aufgehoben werden können, und die dünnen Pfeile machen die jeweiligen Verkehrsverlagerungen deutlich (Quelle: Swisstopo/eigene Darstellung).


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4  Ein Plan für die Städte

bahn aus Nidwalden und Obwalden dorthin. Spinnt man diesen Faden noch weiter, kann die Zentralbahn die Rolle eines leistungsstarken Nahverkehrsmittels, einer Art Metro, in der Stadtregion Luzern übernehmen. Sie wird dadurch zu einer bündelnden und dadurch starken Nord-Süd-Achse, die nicht nur zwei der drei Entwicklungsschwerpunkte miteinander verbindet, sondern auch das herkömmliche Zentrum der Stadt Luzern samt Kulturund Kongresszentrum, den nach Norden verschobenen Hauptbahnhof sowie den dort einzurichtenden neuen Busterminal. Nationale Bahnlinien über Luzern lassen sich beschleunigen, und die regionalen Linien schaffen auf den Tangenten attraktivere Verbindungen in der Grossregion. Der unmittelbare Bezug der Option «Hauptbahnhof Luzern Nord» zur Raumentwicklung besteht darin, das Gebiet um den heutigen Hauptbahnhof Luzern von Verkehr zu befreien und dort neue Möglichkeiten zur Siedlungs- und Freiraumentwicklung zu schaffen. Zudem eröffnen sich durch die bessere Erschliessung bauliche Entwicklungsmöglichkeiten um den möglichen Standort des Hauptbahnhofs Luzern Nord. In solche Überlegungen sind Antworten auf die Frage miteinzubeziehen, wie die wegfallenden Abstellmöglichkeiten von Rollmaterial substituiert werden können. Im Sinn eines Kompromisses zwischen diesem Vorschlag und der offiziellen Planung ist auch eine Variante Doppelter Hauptbahnhof Luzern denkbar. Bestandteile einer solchen Option sind zwei Haltepunkte des nationalen Verkehrs mit Umsteigemöglichkeiten auf den regionalen Verkehr – zum einen im Bereich des heutigen Bahnhofs Emmenbrücke in der Nähe der Autobahn und zum anderen am heutigen Standort des Hauptbahnhofs Luzern. Der unmittelbare Bezug der Option «Doppelter Hauptbahnhof Luzern» zur Raumentwicklung besteht in der Schaffung einer Bipolarität zwischen einem zusätzlich gestärkten Entwicklungsschwerpunkt um den Bahnhof Emmenbrücke und dem herkömmlichen Zentrum der Stadt Luzern. Diese stellt beträchtliche Anforderungen an die Betriebskonzepte des öffentlichen Verkehrs, die allen Verkehrsbeziehungen in der Region und darüber hinaus gerecht werden sollen.


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7  Ein Plan für ein Denken und Handeln in Alternativen 7.1  Das robuste Konzept als Ziel Eine stärkere Bündelung des Verkehrs und die im Raumplanungsgesetz verankerte Bündelung der Siedlungsentwicklung innerhalb des bestehenden Siedlungsgebiets sind sich gegenseitig zuträglich. Die Eisenbahn gewinnt als Verkehrsmittel an Attraktivität, wenn ihre Haltepunkte und ihr Angebot bereits bestehenden oder definierten Siedlungs- oder Entwicklungsschwerpunkten möglichst gut entsprechen. Und basierend auf einer reflektierten und robusten Netz- und Linienstruktur kann sie in den nächsten Jahrzehnten zu einer ernsthaften Gestalterin der Siedlungsentwicklung werden. Der gegenwärtige, primär auf die Weiterentwicklung des bestehenden Fahrplangeflechts ausgerichtete und auf einzelne Projekte fixierte planerische Zugang, der ohne die Klärung substanzieller konzeptioneller Fragen und die Öffnung eines Ideenfächers auskommt, ist dafür unzulänglich. Das lässt sich im Grossen und im Kleinen anhand der Frage illustrieren, welche Rolle die für die Struktur des Eisenbahnnetzes und die eisenbahnnahe Siedlungsentwicklung bedeutenden Vorstadtbahnhöfe künftig spielen sollen. Durch grosse Ausbauten, so wie sie jetzt vorgesehen oder skizziert sind, würden hier unreflektiert konzeptionelle Tatsachen geschaffen. Das machen die Einträge im Sachplan «Infrastruktur Schiene» deutlich, mit dem der Bund den Rahmen für die räumliche Weiterentwicklung des Eisenbahnnetzes setzt. Zum Beispiel die Projektidee, die für einen Ausbau des Korridors Aarau–Zürich im Vordergrund steht. Dieser Tunnel zwischen Rupperswil und Zürich würde den Vorstadtbahnhof Zürich Altstetten links liegen lassen. Wird dieser so realisiert, engt das den Spielraum bei der Beantwortung zweier grundlegender konzeptioneller Fragen ein. Die pragmatische Einbindung von Vorstadtbahnhöfen in das Netz des nationalen Verkehrs stösst schnell an ihre Grenzen oder erweist sich als unmöglich. Einbindungen, wie zum Beispiel


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7  Ein Plan für ein Denken und Handeln in Alternativen

jene von Zürich Oerlikon in die Verbindung Luzern–Zürich Flughafen, sind zufällige Ausnahmen. Die Regel ist, dass sich selbst pragmatische Versuche, die in diese Richtung zielen, nicht realisieren lassen. Das macht die Kontroverse deutlich, die das BAV und die SBB 2015 ausgetragen haben. Die SBB hatten damals beantragt, bei zwei Intercityzügen pro Tag auf der Strecke Zürich– Bern einen zusätzlichen Halt in Bern Wankdorf vorzusehen, wo sich viele Arbeitsplätze befinden. Die SBB argumentierten, sie wollten ermitteln, ob und wie sich dadurch der in Spitzenzeiten überbeanspruchte Umsteigebahnhof Bern Hauptbahnhof entlasten lasse. Die Liste der Gründe, weshalb die Aufsichtsbehörde dem Begehren der SBB nicht stattgab, mit einzelnen Intercityzügen in Bern Wankdorf anzuhalten, ist lang. Sie reicht von der Unverträglichkeit mit dem gegenwärtigen, auf Anschlussspinnen in grossen Bahnhöfen basierenden Fahrplankonzept bis hin zu den ablehnenden Stellungnahmen der Kantone entlang der gesamten Strecke Zürich–Bern. Allein mit Improvisation und einem Fahrplankonzept, das ebenso wenig Spielraum dafür vorsieht wie der rechtliche Rahmen, sind keine Impulse für eine Integration von Bern Wankdorf und anderen Vorstadtbahnhöfen in das nationale Eisenbahnnetz zu erwarten. Die Frage, ob und wie Orte wie Thalwil, Zürich Altstetten oder Bern Wankdorf in das Netz des schweizerischen Eisenbahnfernverkehrs einbezogen werden sollen und welche Rolle sie als dezentrale Umsteigepunkte und verstärkte Siedlungsschwerpunkte spielen können, lässt sich nur anhand eines konsolidierten Zukunftsbilds schlüssig beantworten. Eines Zukunftsbilds, das unter anderem Aufschluss darüber gibt, welche Rolle solche regionalen und lokalen Zentren im schweizerischen Städtenetz künftig spielen sollen. Mit einer reflektierten und robusten Haltepolitik kann die Eisenbahn der Neu- oder Weiterentwicklung von Stadtteilen oder Ortschaften und damit der angestrebten Siedlungsentwicklung nach innen zusätzlichen Schub verleihen. Das betrifft nicht nur Vorstadtbahnhöfe, sondern alle Haltepunkte. Sie kann damit das Defizit beheben, das der Analyst Patrick Schnorf vom Beratungsunternehmen Wüest Partner, basierend auf seiner Analyse des Immobilienmarkts, auf den Punkt


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7.1  Das robuste Konzept als Ziel

bringt: Wenn die bauliche Entwicklung an verkehrsgünstigen Lagen gehemmt wird, entzieht das vielen Menschen die anhaltend stark nachgefragte Möglichkeit, in der Nähe der Versorgungsinfrastrukturen zu wohnen und zu arbeiten. Diese Feststellung gilt nicht nur für das Zusammenspiel von Personenverkehr sowie Wohn- und Büroflächen, sondern auch für jenes zwischen dem Güterverkehr und den Logistik- oder Produktionsflächen. Werden ihre bahnnahen Potenziale nur mangelhaft ausgeschöpft, wird die Bündelung von Warentransporten erschwert. Wie aber kann der Weg aussehen, der zu einem konsolidierten «Plan für die Bahn» führt? Zu einem Plan, mit dem sich das Massenverkehrsmittel auf Schienen zu einem substanziellen Hebel für die Siedlungsentwicklung nach innen weiterentwickeln lässt und mit dem es gelingt, das Verhältnis zwischen Investitionssumme und Marktanteil zu verbessern? Zu einem Plan auch, der allen Anspruchsgruppen transparent macht, welche Rolle die Eisenbahn im Gesamtverkehrssystem der Schweiz spielen kann und welche Siedlungsstrukturen sie auf welche Weise in ihr Netz einbindet? Die Aufgabe, ein Konzept für die Linien und das Netz der Eisenbahn in der Schweiz über die nächsten Jahrzehnte hinaus zu entwickeln, ist anspruchsvoll. Noch anspruchsvoller ist es, in diesem Prozess auszuloten, welche Chancen ein solches Konzept unter den gegebenen Rahmenbedingungen vom Raumplanungsgesetz bis hin zu den verfügbaren Investitionssummen für die Raum- und vor allem für die Siedlungsentwicklung bietet. Der Weg, um die dafür notwendige planerische Kreativität freizusetzen und ebenso qualifizierte wie realisierbare Konzeptideen zu generieren, mit denen sich die Fragen der mittel- und langfristigen Entwicklung des schweizerischen Eisenbahnnetzes klären lassen, führt über die Entwicklung und Abwägung von Alternativen. Gefragt ist aber nicht ein unkoordiniertes Aufwerfen von Vorschlägen und Konzepten. Und gefragt ist auch nicht ein Projektwettbewerb, in dem eine von mehreren Varianten zum Sieger gekürt wird. Im Hinblick auf den «Ausbauschritt 2035» und die Neuvergabe der Fernverkehrskonzessionen haben die Bahnunternehmen SBB und BLS eigene Betriebskonzepte zur Diskussion


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7  Ein Plan für ein Denken und Handeln in Alternativen

gestellt. Die SBB haben basierend auf den Fahrgastpotenzialen ihrer Bahnhöfe, den aus Bevölkerungsprognosen abzuleitenden Nachfragen und den betriebstechnischen Grundsätzen ein Konzept für den nationalen und grossregionalen Verkehr entwickelt. Dieses basiert schweizweit auf systematisierten 30-Minuten-Takten und der immer gleichen Durchbindung der Züge über die Knoten hinaus. Entsprechend diesem konzeptionellen Ansatz würden die Grossregionen Genfersee und Zürich in sich durch 15-Minuten-Takte gestärkt, Vorstadtbahnhöfe und bisherige Regionalzugstationen mit Potenzial würden besser bedient, einzelne S-Bahn-Haltestellen würden wegfallen. Beschleunigungen ergäben sich vor allem durch zwei neue Bauwerke: durch den Brüttener Tunnel in Richtung Ostschweiz und durch den Zimmerberg-Basistunnel in Richtung Zentralschweiz. Die BLS möchte die von ihr und von den SBB etablierten Regionalexpresslinien in der Grossregion Bern neu strukturieren und ergänzen. Sie sieht die durchgehenden Linien Bulle–Solothurn, Lausanne–Luzern, La Chaux-de-Fonds–Domodossola und Biel–Thun vor, immer mit Halt auch in Bern Wankdorf. Diese sollen ohne Abgeltungen durch Bund und Kantone betrieben und als Durchmesserlinien durch Bern Hauptbahnhof geführt werden, sodass die Züge dort nicht mehr wenden müssen. Um die Umsetzung eines solchen Konzepts finanzieren zu können, strebt die BLS unter anderem auch den Wiedereinstieg in den Fernverkehr an, in dem sich, anders als im Regionalverkehr, Gewinne erzielen lassen. Insbesondere geht es um die Übernahme der Intercitylinie Interlaken–Basel. So wertvoll die beiden Konzepte als Anregungen sein mögen: Sie sind nicht aus einer umfassenden Perspektive formuliert, sondern aus einer, die vor allem auf betriebliche Optimierungen bei der Eisenbahn abzielt. 7.2  Die Ideenkonkurrenz als Schlüssel Geeignetes Instrument, um auf strukturierte Weise einen Fächer an Ideen zu öffnen, ist eine Ideenkonkurrenz. Eine Ideenkonkurrenz, in der, ausgehend von einer klaren Fragestellung, verschiedene Entwürfe generiert und diskutiert werden


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7.2  Die Ideenkonkurrenz als Schlüssel

können, um dann idealerweise in ein fachlich konsolidiertes und politisch abgestütztes Zukunftsbild zu münden. Als probater institutioneller und prozeduraler Rahmen, um komplexe räumliche Fragestellungen – von Arealentwicklungen bis zu strategischen Perspektiven – für ganze Regionen zu klären und zu lösen, haben sich in der Schweiz solche Verfahren etabliert, die meist Testplanungen genannt werden. Beispiele dafür sind die Testplanung für den Flughafen Dübendorf (2009) oder die Ideenkonkurrenz für die Perspektiven des Limmattals (2014). Es handelt sich dabei um informelle kooperative Planungsverfahren, die sich bei der Bewältigung komplexer Aufgaben bewährt haben. Durch die von Experten begleitete Gegenüberstellung unterschiedlicher Entwürfe, die von mehreren Planungsteams mit verschiedenen Kernkompetenzen erarbeitet werden, lassen sich begründete und in Argumentation und Gegenargumentation geschärfte Zukunftsbilder ermitteln. Anwendungsfälle können alle Fragen mit hohen Anforderungen an Koordination, Kooperation und Kommunikation sein. Eine Ideenkonkurrenz ist in der Regel so angelegt, dass sie als Grundlage für nachfolgende Planungsschritte oder Planungsinstrumente sowie politische Entscheide dienen kann. Dabei soll sie die Verfahrensmöglichkeiten der öffentlichen Verwaltung ergänzen und intellektuelle Kompetenz in den formellen Prozess einbringen, die ausserhalb der von Amts wegen mit der Planung befassten Behörden oder Unternehmen vorhanden ist. Die Mutter aller räumlichen Ideenkonkurrenzen ist das «Wiener Modell». In der Welt der Raumplaner versteht man darunter jenen interdisziplinären Ansatz, der zum ersten Mal bei der Neugestaltung des Donauraums in der österreichischen Hauptstadt in den 1970er-Jahren angewendet wurde. Diese hat bei Weitem nicht nur den Wasserbau tangiert, sondern auch den Städtebau und die Verkehrswege. Das «Wiener Modell» ist der Prototyp der Ideenkonkurrenzen, mit denen sich nach klaren vorgegebenen Zielen und organisatorischen Rahmenbedingungen fachlich fundierte Lösungen für komplexe räumliche Probleme suchen und finden lassen. Dabei geht es nicht darum, aus verschiedenen Vorschlägen einen Sieger zu küren, sondern grundlegende Erkennt-


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7  Ein Plan für ein Denken und Handeln in Alternativen

nisse zur Problemlage und zu möglichen Lösungen zu gewinnen, damit sich aus ihnen Empfehlungen für die weiterführende Planung und Politik ableiten lassen. Wie Bernd Scholl, langjähriger Professor für Raumentwicklung an der ETH Zürich, schreibt, geht es dabei vor allem darum, «Möglichkeiten zu schaffen, sich über längere Zeit auf das Klären und Lösen einer schwierigen Aufgabe einlassen und konzentrieren zu können». Den Mehrwert gegenüber einem klassischen Vorgehen, wie es in der offiziellen Eisenbahnplanung der Schweiz praktiziert wird, macht Scholl wie folgt deutlich: «Die übliche Methode, über Gutachten und isolierte, einzelne Vorschläge zu diskutieren, reicht nicht aus – weil damit das Lösungsspektrum zu früh eingeengt oder gar nicht sichtbar wird. Erst wenn simultan mehrere Lösungsansätze auf den Tisch kommen und in einem geordneten Prozess geprüft und ausgewertet werden, entsteht ein solides Fundament für weiterführende Arbeiten.» Ideenkonkurrenzen in diesem Sinn folgen einem bestimmten Raster für die Organisation und den Ablauf. Am Anfang steht eine sogenannte Aufbauorganisation, in der die Träger des Verfahrens zu klären haben, wer welche Rolle wahrnehmen soll. Unterschieden wird in der Regel zwischen der politischen Ebene bzw. den Auftraggebern und der fachlichen Ebene. Erstere wird durch Exponenten aus Politik und Wirtschaft repräsentiert. Letztere ist in drei Arten von Gremien gegliedert. Erstens in ein Beurteilungsgremium, das den Prozess leitet und als Jury wirkt. Zweitens in Begleitgremien, denen Experten aus der Verwaltung, der Wirtschaft oder anderer Anspruchsgruppen angehören. Ihre Aufgabe ist es, das Beurteilungsgremium hinsichtlich spezifischer technischer Fragestellungen zu unterstützen. Drittes Gremium ist das Büro, die operative Schaltstelle des Verfahrens. Es organisiert und koordiniert in Zusammenarbeit mit dem Begleitgremium dessen Durchführung. Hinzu kommen zwei bis fünf Planerteams, die simultan die Entwurfsarbeit leisten. 7.3  Die kreativen Entwürfe als Ausgangspunkt Ein Knackpunkt bei der Anwendung eines solchen Verfahrens für die Weiterentwicklung des Eisenbahnnetzes ist die


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Anhang


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Anhang

Geschichte der schweizerischen Eisenbahnplanung

Gesamtschau Finöv 1998

Raumordnungspolitische Zielsetzungen Chefbeamten-Konferenz 1973

National

1 Taktfahrplan

4 GVK 11

West-Ost

3 NHT

5 Bahn 2000

7 B21

10 ZEB

9 HGV Anschlüsse

Nord-Süd

2 KEA

6 NEAT

Metropolitan

12 S-Bahn Zürich

8 NEAT redimensioniert

Teilergänzungen

13 Léma

1950

1960

1970

1980

1990

2000

2010


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Geschichte der schweizerischen Eisenbahnplanung

Raumkonzept Schweiz 2012

Annahme Bahninfrastrukturfonds 2014

1 1955–1982 Taktfahrplan 2 1963–1975 KEA Eisenbahntunnel durch die Alpen 3 1968 NHT Neue Haupttransversale

11 STEP

Ideenkonkurrenz für die strategische Weiterentwicklung

4 1972–1977 GVK Gesamtverkehrskonzeption

10 ZEB

HGV Anschlüsse

nsioniert

5 1985–1998 Bahn 2000 6 1990–1998 NEAT Neue Eisenbahnalpentransversale 7 1998–2004 B 21 Bahn 2000 / 1. Etappe 8 1998–2020 NEAT redimensioniert 9 ab 2004 HGV Anschlüsse Anschlüsse an Hochgeschwindigkeit 10 2007–2016 ZEB Bahn 2000 / 2. Etappe 11 ab 2012 STEP Strategische Entwicklungsprogramme 12 ab 1967 S-Bahn Zürich mit Teilergänzungen

13 Léman 2030

13 ab 2009 Léman 2030 2010

2017

2020

2030

2040

2050


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Anhang

Quellen und Literatur Dieses Buch basiert im Kern auf: Schneeberger Paul (2017): Richtige Weichenstellungen gesucht – Wege zu einer integrierten Raum- und Verkehrsplanung in der Schweiz. Thesis im MAS -Programm Raumplanung an der ETH Zürich. Zürich. Quellen Agglomerationskonzept Köln/ Bonn: www.agglomerationskonzept.de (Zugriff: 1.7.17). ARE , Bundesamt für Raument-

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wicklung (2016): Verkehrsperspektiven 2040 – Entwicklung des Personen- und Güterverkehrs in der Schweiz. Broschüre. Bern.

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BAV , Bundesamt für Verkehr (2017): Ausbau der Bahninfrastruktur – Der Weg zum Ausbauschritt 2030–35 (Hintergrundinformation). Bern. Stand: April 2017.


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Quellen und Literatur

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Gemeinde Freienbach et al. (2016): Testplanung Pfäffikon Ost und Bahnhof – Abschlussbericht und weiteres Vorgehen. Freienbach.


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Anhang

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ment für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (2012): Langfristperspektive Bahn – Dokumentation zu den Grundlagen der Botschaft «Finanzierung und Ausbau der Bahninfrastruktur (Fabi)». Bern.


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Quellen und Literatur

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ment für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (2015): Verordnungsanpassungen im Rahmen von Fabi – Erläuterungen der einzelnen Bestimmungen. Bern. Kanton Zürich, Regierungsrat (2014): Langfristige Raumentwicklungsstrategie Kanton Zürich. Zürich. Ausgewählte Literatur BDA (Bund Deutscher Architekten) (1996): Renaissance der Bahnhöfe – Die Stadt im 21. Jahrhundert. Braunschweig/Wiesbaden. Berger Hans-Ulrich/Güller Peter/ Mauch Samuel/Oetterli Jörg (2009): Verkehrspolitische Entwicklungspfade in der Schweiz. Zürich/Chur. Borchard Klaus et al. (2011): Grundriss der Raumordnung und Raumentwicklung. Hannover.

Breit Reinhard/Dahmen Friedrich W./Freisitzer Kurt/Heil Karolus/ Maurer Jakob/Sieverts Thomas/ Wenzler Fedor (1985): Das «Wiener Modell» – Erfahrungen mit innovativer Stadtplanung – Empirische Befunde aus einem Grossprojekt. Wien. Dürr Heinz (1996): Bahn frei für eine neue Stadt, in: BDA 1996: 13– 15. Braunschweig/Wiesbaden. Grams Anita (2015): Spielräume für Dichte. Problemorientierter Verfahrensansatz für Verdichtung als Element der Innenentwicklung, dargestellt am Beispiel kleiner und mittlerer Gemeinden im Schweizer Mittelland, Dissertation ETH Zürich Nr. 23065. Zürich. Institute for Transportation & Development Policy, New York (2014): TOD -Standard. Häusler U./Haase D./Lange G. (1983): Schienen statt Strassen?, o. O. Hickman Robin/Hall Peter (2008): Moving the City East – Explorations into Contextual Public Transport-oriented Development, in: Planning, Practice & Research, Vol. 23 (2008), No. 3: 323–339. Hürlimann Gisela (2007): Die Eisenbahn der Zukunft – Automatisierung, Modernisierung und Schnellverkehr bei den SBB 1955 bis 2005. Zürich.


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Kretz Simon/Salevski Christian (2014): Urbanität der Dinge – Beziehungsreichtum und Beziehungspotenzial als Ressource, in: Rienits Tim et al (2014): Die Stadt als Ressource – Texte und Projekte 2005–2014, Professur Kees Christianse, ETH Zürich.

Scholl Bernd (2011): Die Methode der Testplanung – Exemplarische Veranschaulichung für die Auswahl und den Einsatz in Klärungsprozessen, in: Borchard (2011): Grundriss der Raumordnung und Raumentwicklung. Hannover: 330–346.

Mange Daniel (2010): Plan Rail 2050 – Plaidoyer pour la vitesse. Lausanne.

Nachhaltige Siedlungs- und Infrastrukturentwicklung – Von der Verwaltung zur aktiven Entwicklung. Programmsynthese des Nationalen Forschungsprogramms 54 (2011). Bern.

Nollert Markus (2013): Entwerfen als Schlüsselelement von Klärungsprozessen der aktionsorientierten Planung am Beispiel des regionalen Massstabs, Dissertation ETH Zürich Nr. 21100 (2013). Zürich. Ratti Remigio (2016): L‘asse ferroviario del San Gottardo – Economia e geopolitica die transiti alpini. Lugano. Rutten Nanet (2013): Benutbestaande Stad en Netwerk. 2013. Delft. Schneeberger Paul (2016): Landschaft und Verkehr, in: Jon Mathieu et al (2016): Geschichte der Landschaft in der Schweiz 2016. Zürich. Schnieder Lars (2015): Betriebsplanung im öffentlichen Personennahverkehr – Ziele, Methoden, Konzepte. Berlin und Heidelberg.

Signer Rolf (2006): Aktuelle Rechtsfragen im Bau-, Planungsund Umweltrecht (Universität St. Gallen) – Das Instrument der Testplanung. Präsentation am 26.11.2014 im Casino Luzern. Stölzle Wolfgang/Weidmann Ulrich et al. (2015): Vision Mobilität Schweiz 2050, ETH /IVT und Universität St. Gallen. Stohler Werner (2015/16): Von der «Bahn 2000» bis zur Eröffnung des Gotthard-Basistunnels – Was waren die Ziele? Was wurde erreicht? Wo wollen wir hin? Erweiterter Sonderdruck aus der Schweizer Eisenbahn-Revue 11/2015 bis 3/2016. Luzern. Stucki Dominic (2016): Welches Verkehrssystem braucht die Schweiz? Eine Langfriststrategie für das Bahnsystem Schweiz. Masterarbeit Raumentwicklung und Infrastruktursysteme. ETH /IVT Zürich.


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Quellen und Literatur

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Der Autor Paul Schneeberger, geboren 1968, studierte Allgemeine Geschichte, Politische Wissenschaften und Allgemeines Staatsrecht an der Universität Zürich. Er promovierte mit einer Dissertation zur Rezeption des «Anschlusses» Österreichs an Deutschland 1938. Seit 2001 arbeitet er als Journalist im Inland-Ressort der Neuen Zürcher Zeitung und setzt sich u.a. vertieft mit Verkehr, Raumentwicklung, öffentlicher Dienst und Föderalismus auseinander. 2017 schloss er an der ETH Zürich ein MAS -Nachdiplomstudium in Raumplanung ab. Er ist Autor mehrerer Bücher, u.a. Helvetische Errungenschaften (Hrsg.), Die Schweiz aus der Vogelschau (Co-Autor), Daheim – eine Reise durch die Agglomeration (Co-Autor), alle erschienen bei NZZ Libro.



Paul Schneeberger Ein Plan für die Bahn

Die Schweiz investiert Milliarden in den Ausbau der Eisenbahn. Doch die Investitionen bewirken weniger, als sie könnten. Während die Bautätigkeit und die Technik das Land rasant verändern, will man die Bahn nach der Devise «Mehr vom Gleichen» ausbauen. Dabei könnte sie als spurgeführtes Massenverkehrsmittel die Siedlungsentwicklung steuern und aus der Digitalisierung Nutzen ziehen. Paul Schneeberger plädiert dafür, Raumplanung und Verkehrsplanung ernsthaft zusammenzuführen und dabei in Alternativen zu denken und zu handeln. Er wirft wesentliche Fragen auf: Wie kann die Bahn zum Rückgrat der Agglomeration werden? Welche neuen Infrastrukturen lassen sich daraus ableiten? Und welche Spielräume können diese für eine Integration von Massenverkehrsmitteln und baulicher Verdichtung eröffnen?

Paul Schneeberger

Ein Plan für die Bahn Wie die Milliardeninvestitionen in die Schiene mehr bewirken können

ISBN 978-3-03810-336-3 ISBN 978-3-03810-336-3

9 783038 103363 www.nzz-libro.ch

NZZ LIBRO


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