Mit Beiträgen von Katja Gentinetta, André Holenstein, Ursula Pia Jauch, Adolf Muschg, Günter Verheugen, Kaspar Villiger, Paul Widmer.
Stähli, Gros, Haltiner (Hrsg.) Die Schweiz – vom Sonderfall zum Normalfall?
Mehrere knapp ausgegangene Volksabstimmungen der letzten Jahre zeugen von tiefer Gespaltenheit der Eidgenossenschaft. Die einen beharren auf der angeblich uneingeschränkten Souveränität der Schweiz und beschwören die direktdemokratische Selbstbestimmung. Für andere hingegen kann sich das Land dem Griff der Globalisierung und dem Sog der europäischen Einigung nicht entziehen. Wie kommen wir aus dieser Blockade wieder heraus? Gibt es ihn noch, den klugen, versöhnlichen Kompromiss? Bleibt die Schweiz mit ihren besonderen politischen Institutionen der oft beschworene Sonderfall, oder ist sie auf dem Weg zum europäischen Normalfall?
Fridolin Stähli, Peter Gros, Karl Haltiner (Hrsg.)
Die Schweiz – vom S onderfall zum Normalfall? Ein Land in der Identitätskrise
ISBN 978-3-03810-202-1 ISBN 978-3-03810-202-1
9 783038 102021 www.nzz-libro.ch
Verlag Neue Zürcher Zeitung
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© 2016 Verlag Neue Zürcher Zeitung, Zürich Lektorat: Sigrid Weber, Freiburg Umschlag, Gestaltung, Satz: TGG Hafen Senn Stieger, St. Gallen Druck, Einband: Kösel GmbH, Altusried-Krugzell Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werks oder von Teilen dieses Werks ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts. ISBN 978-3-03810-202-1 www.nzz-libro.ch NZZ Libro ist ein Imprint der Neuen Zürcher Zeitung
Inhalt Vorwort ....................................................... 7 I Die Schweiz zwischen Globalisierung und Sonderfalldenken Karl Haltiner, Peter Gros, Fridolin Stähli ................. 9 II Eigenständige Politik unter befreundeten Staaten Paul Widmer .................................................. 42 III Mitten in Europa – Verflechtung und Abgrenzung als «condition d’être» des Kleinstaats Schweiz André Holenstein ............................................ 59
IV Mythos der Unabhängigkeit versus O ffenheit als Stärke: das Dilemma der Schweiz Katja Gentinetta .............................................. 73 V Eine Willensnation muss wollen! Gedanken zum Erfolgsmodell Schweiz und seinen Anfechtungen Kaspar Villiger ................................................ 88 VI Die Schweiz im europäischen Abseits? Günter Verheugen ........................................... 115 VII Zwischen Sonderfall, Lachnummer und Auf müpfigkeit: La Suisse existe. Ein paar philosophische Anmerkungen über ein gar nicht so leides Thema Ursula Pia Jauch .............................................. 126 VIII Zur «intimen Tragik» der Schweiz Adolf Muschg ................................................ 141
Herausgeber und Autoren ................................ 166 Dank ........................................................... 169
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Vorwort Die Schweiz befindet sich in einem beschleunigten Umbruch. Mit der Verdichtung der Aussenbeziehungen durch die Globalisierung und einem Europa, das trotz Krisen stetig näher und vereinnahmender zusammengerückt ist, sind dem Land neuartige Herausforderungen erwachsen für die direkte Demokratie, die traditionelle Neutralität, die Bevölkerungs- und Siedlungsentwicklung, den nationalen Zusammenhalt und den zu verfolgenden Kurs im internationalen Umfeld. Wie in anderen europäischen Staaten setzen nationalistische und neo-konservative Strömungen vermehrt auf Ab- und Ausgrenzung. Dass eigene Werte und Traditionen als Reaktion auf die verunsichernde Globalisierung und Migration eine allgemeine Renaissance erfahren, wird politisch erfolgreich inszeniert. Steht die Schweiz vor einer Zerreissprobe? Wie tief ist die Verunsicherung in den verschiedenen Bevölkerungsschichten? Steckt unser Land in einer eigentlichen Identitätskrise? Bleibt die Schweiz mit ihren besonderen politischen Institutionen der oft beschworene «Sonderfall», oder ist sie auf dem Weg zum europäischen Normalfall? Diese Fragen bildeten den Ausgangspunkt zum Podium Interface, einer öffentlichen Vorlesungsreihe an der Hochschule für Technik FHNW in Brugg-Windisch, das 2015 – im Jubiläumsund Mythenjahr der Schweiz – sein 20-jähriges Bestehen feierte. Sieben bekannte und prominente Persönlichkeiten haben ihre Überlegungen und Thesen zum Leitthema «Identität Schweiz – Sonderfall oder besonders» vorgetragen: Paul Widmer, André Holenstein, Katja Gentinetta, Kaspar Villiger, Günter Verheugen, Ursula Pia Jauch und Adolf Muschg. Alle Beiträge sind aufgezeichnet und anschliessend transkribiert worden. Auf dieser Grundlage haben die Autoren eine zweite, leicht überarbeitete Version erstellt, die in diesen Band aufgenommen worden ist. Die Texte sind von den Herausgebern – wo nicht schon vorhanden – mit Zwischentiteln und am Schluss jeweils mit wenigen Literaturverweisen und Anmerkungen versehen worden. Trotz der schriftlichen Überarbeitung haben die
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Vorwort
Beiträge die Eigenschaften der mündlichen Rede beibehalten und wirken mitunter direkt, spontan und persönlich. Den Vorträgen vorangestellt ist ein längerer Essay der Herausgeber, der im Kern zum einen die umstrittene «Sonderfall Schweiz»-Debatte thematisiert, zum anderen auf die verschiedenen Beiträge der Autoren verweist. Im Wesentlichen verfolgt der Essayband zwei Ziele: Zum einen skizziert er die Genese und die Widersprüche verschiedener historischer und gegenwärtiger Schweizbilder; zum anderen versucht er, Perspektiven aufzuzeigen, wie die innenpolitische Polarisierung und Blockierung überwunden werden könnte. Die Herausgeber
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I Die Schweiz zwischen Globalisierung und Sonderfalldenken Karl Haltiner, Peter Gros, Fridolin Stähli Im Jubiläumsjahr 2015 gedachte die Schweiz der Schlachten bei Morgarten 1315 und 1515 in Marignano, des Wiener Kongresses von 1815, an dem sie von den europäischen Mächten ihre Neutralität garantiert bekam, und des vor 70 Jahren unversehrt überstandenen Zweiten Weltkriegs. Mehr als 700 Jahre umfasst die Spanne, in der sich die nationale Seele und der Stil des europäischen Kleinstaates Schweiz herausbildeten. Ihre wichtigsten Signaturen sind Alpenidylle und bäuerliche Freiheitslegenden, Abgeschlossenheit und naturnahe Selbstgenügsamkeit, gekammerte Kleinräumigkeit, Selbstbestimmung und landschaftliche Melancholie, regionales Sprachtum und kulturelle Eigenheiten, religiöser Streit, Befreiungskriege und ausgreifende Eroberungszüge, eigene und fremde Richtersprüche, transalpiner Handel und Verkehr, politische Händel und diplomatisches Geschick, frühe Volksmitsprache und Trotz gegenüber Mächtigen von oben und aussen, Nichteinmischung und defensive Abschottung, Selbstgewissheit und gefährdeter Zusammenhalt. Viele glauben, darin einen europäischen Sonderfall zu erkennen. Wie viel davon ist «Sonderfallphantasie»,1 wie Peter von Matt meint, wie viel hat einen realen Hintergrund? Was verbindet die Begriffe Sonderfall und Identität? Warum steht der Identitätsdiskurs derzeit nicht nur in der Schweiz, sondern weltweit hoch im Kurs? Welche Wirkungen hat eine beschleunigte Globalisierung generell auf den Nationalstaat und seine Souveränität? Bildet die Schweiz eine Ausnahme? Welche Bedeutung kommt dem Sonderfalldiskurs hierzulande zu und worin unterscheidet sich der aktuelle von früheren? Und schliesslich: Gibt es Gründe anzunehmen, dass das schweizerische Selbstverständnis heute in einer Krise steckt? Wenn ja, was sind die Ursachen und was ist zu tun? Mit den Beiträgen der sieben Autorinnen und Autoren sowie einigen Vorüberlegungen zur Sonderfall- und Identitätsthematik versuchen wir, Antworten auf diese Fragen zu finden.
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I Die Schweiz zwischen Globalisierung und Sonderfalldenken
Identität und Globalisierung Die Politisierung des Wortes «Identität» hat in den Medien seit dem ausgehenden 20. Jahrhundert Konjunktur. «Identitätskonstrukt», «Identitätskrise», «Identitätspolitik», «Identitätsgehabe», «Identitätsgeschwätz» sind Beispiele, die sich mühelos in der Wahlkämpfersprache der letzten zehn Jahre finden lassen. Es ist kein Zufall, dass im politischen Diskurs der Begriff «Globalisierung» fast gleichzeitig mit jenem der «Identität» immer häufiger verwendet wird. Globalisierung bedeutet wachsende weltweite Vernetzung kommunikativer, ökonomischer, politischer, ökologischer und kultureller Handlungsfelder und Lebensbereiche. Wir werden immer grossräumiger miteinander vernetzt und voneinander abhängig. Dies mit doppelter Folge: Einerseits wirkt die Befreiung der Märkte aus lokalen, regionalen und nationalen Fesseln – beispielhaft sichtbar am europäischen Binnenmarkt – unzweifelhaft als Wohlstandsmotor. Das Weltsozialprodukt ist sowohl in der ersten neuzeitlichen Globalisierungswelle im 19. Jahrhundert als auch in der zweiten von 1945 bis heute fast explosionsartig gewachsen. Der Hunger wurde weltweit zurückgedrängt, die durchschnittliche Lebenserwartung der Menschen ist gestiegen; die Kindersterblichkeit, die zwischenstaatlichen Kriege und die zwischenmenschliche Gewalt sind auf ein historisches Minimum gesunken, wiewohl uns die Schlagzeilen der Medien das Gegenteil suggerieren.2 Dieser Trend gilt allgemein, auch wenn die durch diesen Prozess generierten Ungleichheiten zwischen den Menschen, den Gesellschaften und den Regionen nicht zu übersehen sind. Anderseits lassen innovative Techniken der Kommunikation, dramatisch gesunkene Informationskosten und die schnelle, arbeitsteilig-ökonomische Verdichtung die frühere Distanz zu den anderen rasant schrumpfen: Raum und Zeit werden komprimiert. Wir rücken näher zusammen. Die mediale Integration der Welt über das Internet und die sozialen Medien in ein informationelles globales Netzwerk hat sich in den letzten Jahren fast revolutionär vollzogen. Durch wachsende Nähe, sei sie räumlich, medial oder migratorisch, werden die Differenzen zwischen
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Identität und Globalisierung
dem Eigenen und dem Anderen unmittelbarer sichtbar als früher. Kulturelle Verschmelzungsprozesse sind historisch zwar nichts Neuartiges, sie lassen sich über die ganze Menschheitsgeschichte hinweg nachweisen. Neu an ihnen ist das Tempo, mit dem sich die Diffusions- und Homogenisierungsprozesse in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und im neuen Millennium mithilfe der modernen Informationstechnologien ausbreiten. Hier wurzelt die gesteigerte Bedeutung des Identitätsbegriffs, ja seine Transformation in einen Kampfbegriff.3 Denn in dem Masse, in dem wir mit dem Fremden und Andersartigen konfrontiert werden, wird das eigene Selbstverständliche und Unhinterfragte, nämlich das, was man bislang als das begriff, was das eigene Selbst ausmachte, was einem wert und Heimat war, hinterfragbar, «fragwürdig» im Sinne des Wortes. Unser kollektives Selbstbild leitet sich aus der Unterscheidung vom anderen bzw. von den anderen ab. Die Werte und Institutionen, die unsere Identität konstituieren, kontrastieren mit denjenigen der anderen. Jeder Identitätsfall bildet somit definitorisch einen Sonderfall. Ein Bild, das vor einigen Jahren durch die Weltmedien geisterte, bringt diesen Sachverhalt eindrücklich auf den Punkt: Ein mit einem Bogen bewaffneter Krieger der australischen Aborigines steht mit aufgerissenen Augen vor einem TV-Gerät, auf dem ein Bild einer weissen Frau flimmert, die ihre blonden Haare föhnt. Das Foto gibt einen Eindruck vom Kulturschock, der entstehen kann, wenn unser «Ich» sich einer unerwarteten Andersartigkeit gegenüber sieht. In der Haltung des Aborigine-Mannes manifestieren sich Abwehr und Widerstand. Das Motiv, sich das Eigene nicht einfach so nehmen zu lassen, sich zu behaupten, auf dem Fundament der eigenen Kultur zu beharren, leuchtet reflexartig auf. Statt des Aborigine-Kriegers könnte auch ein anderes Bild erwähnt werden, das in den Schweizer Medien die Runde machte: Ein blonder, etwa zehnjähriger Knabe in einem roten T-Shirt mit weissem Brustkreuz streckte anlässlich des Eidgenössischen Schwingfestes 2013 einem ausländischen Fotografen mit trotzigem Grinsen den Stinkefinger entgegen. Die Erkenntnis, dass Toleranz gegenüber anderen eine Voraussetzung dafür ist, dass die anderen die eigene Eigenartig-
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II Eigenständige Politik unter befreundeten Staaten Paul Widmer Niemand wird leugnen, dass Machtpolitik die Beziehungen zwischen den Staaten bestimmt. Aber ebenso offensichtlich ist, dass niemand mit diesem Zustand ganz zufrieden ist. Alle hoffen, dass zwischen Staaten auch Sympathien entstehen, die über die jeweiligen Interessen hinausreichen. Die Entwürfe für ideale internationale Beziehungen sehen vor, dass nicht Machtverhältnisse, sondern freundschaftliche Bande die Beziehungen prägen sollten. In Artikel 1 hält die Charta der Vereinten Nationen fest: «Die Vereinten Nationen setzen sich zum Ziele: […] freundschaftliche […] Beziehungen zwischen den Nationen zu entwickeln […]».1 Aber wie können freundschaftliche Beziehungen zwischen Staaten überhaupt entstehen? Freundschaft zwischen Staaten Freundschaft besteht zwischen Menschen und nicht zwischen Dingen. Freunde zeigen ein besonderes Verständnis füreinander, sie reagieren aufeinander, ihre Beziehungen sind von Zuneigung geprägt, und sie halten sich die Treue. Meistens haben Menschen nur wenige Freunde, auf die sie stets zählen können. Man kann nicht jedermanns Freund sein, zumal dann das Verhältnis gar kein besonderes mehr wäre. «Everybody’s darling, everybody’s Depp», pflegte Franz Josef Strauss zu sagen. Zwischen Staaten gibt es in diesem Sinne keine Freundschaft. Staaten sind Institutionen, leblose Gebilde, die nicht auf Gesten der Freundschaft reagieren. Es sind die Menschen in diesen Staaten, die Zu- und Abneigung ausdrücken, die Eintracht suchen. Deshalb spricht man häufig von Freundschaft zwischen Völkern und Nationen. Doch trotz dieser Vorbehalte spricht man auch von Freundschaft zwischen Staaten. Bereits Aristoteles bemerkte in der Nikomachischen Ethik, dass sich Freundschaft nicht nur zwischen Individuen, sondern auch unter Staaten einstellen könne.
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Freundschaft zwischen Staaten
Die Gesetzgeber versuchten, in Eintracht mit anderen Saaten zu leben und jegliche Zwietracht zu vermeiden.2 Doch was bedeutet Freundschaft zwischen Staaten? Schon in der Antike galt: In der Aussenpolitik gehen Friede und Freundschaft Hand in Hand. Freundschaft bedeutet im Allgemeinen nicht mehr, als dass zwei Staaten miteinander in Frieden leben. Deshalb ist die Freundschaft auch, im Gegensatz zur persönlichen Sphäre, universell praktikabel. Viele Staaten leben mit allen Staaten dieser Welt in Frieden und folglich in Freundschaft. Aber das ist nicht alles. Die meisten Staaten fühlen sich einigen Ländern mehr verbunden als anderen. Man hat mehr Gemeinsames, man tauscht sich, wie im Privaten, lieber mit diesen aus als mit anderen. Das gilt vornehmlich für Nachbarstaaten. Die Bundesrepublik Deutschland und die Schweiz beispielsweise pflegen einen auffallend regen Besuchsaustausch und arbeiten auch in der multilateralen Diplomatie eng zusammen. Vieles ergibt sich aus den dicht verflochtenen Beziehungen – aber nicht alles. Oft kann man das besondere Vertrauensverhältnis zwischen dem wichtigsten EU-Land und dem Nicht-EU-Staat nur durch die traditionelle Freundschaft erklären. Staaten können sich miteinander freilich auch über weite Distanzen hinweg verbunden fühlen, etwa durch gemeinsame Werte oder die Geschichte. So kann ein gemeinsamer Einsatz im Kampf gegen die Todesstrafe unter ganz disparaten Ländern ein Gefühl der Zusammengehörigkeit erzeugen. Man nennt sie dann «like-minded». Oft hinterlässt auch die Geschichte ihre Spuren. Die USA und die Schweiz titulieren sich heute noch gern als Schwesterrepubliken und erinnern damit an Zeiten, als sie sich allein inmitten von Monarchien als republikanische Staatswesen behaupteten. Unverkennbar möchten die meisten Staaten ihrer Freundschaft eine Gestalt verleihen, die über ein friedliches Zusammenleben hinausgeht. Doch wie? Die Antwort fällt nicht leicht. Gewiss können verschiedene Gesten und Riten eine freundschaftliche Einstellung symbolisieren. Aber wo liegen die Grenzen zwischen freundlichem und freundschaftlichem Verhalten?
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II Eigenständige Politik unter befreundeten Staaten
Der Schweizer Bundesrat erörterte diese Frage 1938, als er einen neuen Gesandten nach Berlin entsandte. Die Eidgenossenschaft pflegte traditionell mit allen Staaten, insbesondere jedoch mit den Nachbarn, freundschaftliche Beziehungen. Sollte sie diese auch mit dem Naziregime fortsetzen? Eine Mehrheit beharrte darauf und verwarf den Vorschlag, lediglich korrekte oder freundliche Beziehungen zu unterhalten. Freilich, sofern ein Staat nicht selbst seine Beziehungen zu einem anderen Staat ausdrücklich herabstuft, dürfte niemand bemerken, ob diese nun als freundschaftlich oder freundlich zu gelten haben. Freundschaft in den staatlichen Beziehungen zu identifizieren, ist schwierig. Sie ist nie ganz eindeutig und bedarf der ständigen Pflege. Das Gegenteil, nämlich das Fehlen von Freundschaft zu erkennen, ist viel einfacher. Dafür gibt es klare Regeln, namentlich den Abbruch der diplomatischen Beziehungen. In Friedenszeiten geschieht dies eher selten, etwa wenn ein Staat schwere Übergriffe auf Personen und Eigentum erleiden muss wie die USA nach dem Sturz des Schahs im Iran. Im Krieg werden die diplomatischen Beziehungen jedoch stets abgebrochen. Sofern nicht vorher geschehen, hat eine Kriegserklärung oder die massive Anwendung von Gewalt diese Wirkung. Krieg und Freundschaft schliessen sich gegenseitig aus. Staaten empfinden immer auch ein gewisses Bedürfnis, ihre Freundschaft auszudrücken. Aber wie wollen sie das tun? Zum einen durch Personen, durch Staatsmänner, Aussenminister und Diplomaten. Diese haben die Aufgabe, nicht nur die Interessen zu vertreten, sondern auch freundschaftliche Beziehungen aufzubauen und zu pflegen. Zum anderen möchte man mit gewissen Gesten anzeigen, dass man einem Staat besonders verbunden ist. So besteht zwischen Österreich und der Schweiz die Tradition, dass jeder neue Aussenminister seinen ersten Besuch dem anderen Land abstattet. Mit ganz wenigen Ausnahmen wurde das bisher eingehalten. Einen Akt der Freundschaft bedeutet auch eine Einladung zu einem Staatsbesuch. Solche Besuche haben einen hohen symbolischen Gehalt, sind aber sehr aufwendig. Deshalb organisiert die Schweiz im Prinzip nur einen pro Jahr. Auch wenn man versucht, nicht nur Nachbarstaaten mit
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Machtpolitik und Diplomatie
dieser Geste zu beehren, so werden diese doch bevorzugt eingeladen. Praktisch jeder deutsche Bundespräsident war in der Schweiz auf Staatsbesuch. Im diplomatischen Sinn ist die Schweiz nur von Freunden umgeben. Das schliesst freilich die Verteidigung von eigenen und manchmal abweichenden Interessen nicht aus. Im Gegenteil. Auch unter Freunden ist Aussenpolitik in erster Linie Interessenpolitik oder, etwas rauer ausgedrückt, Machtpolitik. Machtpolitik und Diplomatie Aussenpolitik gibt es nur dort, wo es souveräne Staaten gibt. Manchmal wird die Ansicht vertreten, heute sei eigentlich alles Weltinnenpolitik. Das ist gut gemeint, trifft aber nicht zu. Derzeit gibt es in der Welt mehr souveräne Staaten denn je zuvor. Die Vereinten Nationen zählen deren 193, also viermal mehr als um 1900. Souverän sein heisst, dass einem kein anderer Staat Vorschriften machen kann. Theoretisch sind alle souveränen Staaten gleich. So steht es in der UNO -Charta. In der Praxis sieht es allerdings anders aus. Es gibt mächtige und weniger mächtige Staaten. Doch selbst der mächtigste Staat kann nicht für sich allein leben. Alle sind aufeinander angewiesen. Die Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg wird immer grösser, die Staatenwelt zunehmend interdependenter. Heute sind bei der UNO über 200 000 internationale Verträge registriert. Wir sind somit mit einem Souveränitätsdilemma konfrontiert. Dieses besteht darin, dass zwar kein Staat einem anderen Vorschriften machen kann, dass aber umgekehrt auch kein Staat völlig losgelöst von den anderen existieren kann. Staaten müssen folglich miteinander auskommen. Doch wie soll das geschehen? Staaten müssen mit den Mitteln der Aussenpolitik auf freiwilliger Basis ein Einvernehmen durch Zusammenarbeit suchen. Dazu haben sie die Diplomatie. Im Kern ist die Aufgabe der Diplomatie über die Jahrhunderte hinweg die gleiche geblieben. Ein Diplomat wird von seiner Regierung in ein anderes Land geschickt, um dort offiziell die Interessen zu vertreten. Er muss glaubwürdig auftreten und mit Geschick für seine Sache argumentieren. So gewinnt er das
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II Eigenständige Politik unter befreundeten Staaten
Vertrauen seiner Gesprächspartner. Mit der Kraft des Wortes und mit seiner Persönlichkeit muss er überzeugen können. Etwas anderes steht ihm nicht zur Verfügung. Es ist eine sehr diffizile Angelegenheit, zwischen Staaten, von denen sich im Prinzip keiner von einem anderen etwas sagen lassen muss, einen Modus Vivendi zu finden. Nur zu leicht drohen die zwischenstaatlichen Beziehungen dem Diktat roher Gewalt unterworfen zu werden. Doch mit den Mitteln der Diplomatie sucht man einen solchen Zustand zu vermeiden und die unterschiedlichen Interessen durch freiwillig eingegangene Verträge zu überbrücken. Völkerrecht und Diplomatie haben die Aufgabe, die pure Macht in den internationalen Beziehungen einzudämmen und durch verlässliche Regeln zu ersetzen, die für alle Vertragspartner gleichermassen gelten. Dadurch werden Rechtssicherheit und Stabilität geschaffen. In den letzten Jahrzehnten wurden dabei grosse Fortschritte erzielt. Man könnte sich den enormen Aufschwung, den die internationalen Beziehungen im Zeichen der Globalisierung auf allen Gebieten genommen haben, ohne den Ausbau des internationalen Rechts gar nicht vorstellen. Aber deswegen darf man die nach wie vor bestehende Schwäche der internationalen Ordnung nicht übersehen. Trotz aller Verrechtlichung der zwischenstaatlichen Beziehungen gibt es in den meisten Streitfällen keine oberste Instanz, die einen Vertragsbrecher gegen dessen Willen zur Rechenschaft ziehen könnte. Auch die liberale Weltordnung, wie sie nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden ist, beruht letztlich auf einem brüchigen Fundament, nämlich dem neuzeitlichen Staatensystem. Dieses ändert sich ständig. Es findet seinen Ausdruck in wechselnden politischen Konstellationen, die jeweils ihre eigenen völkerrechtspolitischen Vorstellungen durchzusetzen versuchen. Die Macht ist nur so lange gezähmt, wie sich die Staaten auf eine gemeinsame Vorstellung von völkerrechtlichen Grundsätzen einigen können. Derzeit erleben wir mit dem Niedergang westlicher Macht gerade eine zunehmende Infragestellung von völkerrechtlichen Grundsätzen, die sich im Zeichen westlicher Vorherrschaft durchgesetzt haben. Daran kann die Diplomatie wenig ändern. Sie kann sich nur dort entfalten, wo jemand bereit ist, der Macht Zügel anzulegen.
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IV Mythos der Unabhängigkeit versus Offenheit als Stärke: das Dilemma der Schweiz Katja Gentinetta «Nichts kommt dem Stolz und der Anmassung der Schweizer gleich. Da gibt es nicht einen dieser Bauern, der nicht fest davon überzeugt wäre, sein Land vermöge allen Fürsten und allen Völkern dieser Welt zu trotzen.»1 Dieser Satz stammt nicht von einem Mitglied der EU-Kommission. Er umschreibt vielmehr einen Vorfall aus dem Jahr 1848, dem Gründungsjahr des schweizerischen Bundesstaats. Geschrieben hat ihn Alexis de Tocqueville in seinen Erinnerungen an die Zeit, als er französischer Aussenminister war und mit der Schweiz zu tun hatte: Es ging – und ich komme, nicht zuletzt aus Gründen der Aktualität, darauf zurück – um politische Flüchtlinge. Wer ist diese Schweiz? Will sie, kann sie allen Fürsten und Völkern dieser Welt trotzen? Diese Fragen treiben mich seit Längerem um. Die Antwort darauf wird nicht einfacher, im Gegenteil. Als ich im Jahr 2010 zusammen mit dem Philosophen Georg Kohler das Buch Souveränität im Härtetest: Selbstbestimmung unter neuen Vorzeichen2 veröffentlichte und darin nicht mehr, aber auch nicht weniger als eine offene Auseinandersetzung mit dem Verhältnis Schweiz – EU forderte, prasselte kurz ein Mediengewitter über mich hinunter. Das war auszuhalten. Schwerer wog, dass die Debatte im Keim erstickt wurde. Daran hat sich bis heute wenig geändert. Wer sich in diesem Thema auch nur zurück haltend EU-offen zeigt, wird rasch als «Europafreund» abgestempelt oder als potenzieller Landesverräter gemieden. Ungeachtet dessen habe ich mich weiterhin zu diesem Thema geäussert, mündlich und schriftlich.3 Wer also ist die Schweiz? Will sie, kann sie – ja soll sie allen Fürsten und Völkern dieser Welt trotzen? Ich werde versuchen, diese Frage in vier Schritten zu beantworten: Zuerst werde ich die Identität der Schweiz beleuchten und aufzeigen, wie sie zwischen Unabhängigkeit und Offenheit schwankt – ein Schwan-
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IV Mythos der Unabhängigkeit versus Offenheit als Stärke: das Dilemma der Schweiz
ken, das auch auf die seit je gepflegte ländliche Identität dieses Landes zurückzuführen ist. Des Weiteren werde ich diese Darstellung in den Zusammenhang des historischen und aktuellen Verständnisses von Souveränität stellen, ein Konzept, das den Zwiespalt zwischen Unabhängigkeit und Offenheit gut erfasst. Dies führt mich in die Gegenwart, zur begrenzten Souveränität heute und damit zum sogenannten Globalisierungstrilemma, wie es der amerikanische Entwicklungsökonom Dani Rodrik 2011 beschrieben hat. Daraus – und mit Blick auf die Annahme der Masseneinwanderungsinitiative im Februar 2014, deren Umsetzung immer noch in den Sternen steht – ergibt sich am Ende mein Ausblick auf das Verhältnis zwischen der Schweiz und Europa. Denn nirgendwo sonst manifestiert sich die Unentschlossenheit der Schweiz – vielleicht aber auch die Unentscheidbarkeit dieser Frage – deutlicher als hier. Der Mythos: die unabhängige Alpenrepublik Peter von Matt hat den Quell unserer ländlichen Identität ein für alle Mal klar aufgedeckt: Es war der Berner Naturwissenschaftler Albrecht von Haller, der mit seiner Ode an die Alpen das Bild der Schweiz und vor allem der Schweizer (von einer Schweizerin war darin nur in einer kurzen, romantischen Szene die Rede) wohl am nachhaltigsten prägte. Das Gedicht aus dem Jahr 1729 beschreibt die Idylle der Alpen, in deren Umgebung das heimische «Völklein» abseits aller Zivilisation ein ursprüngliches, naturnahes und freies Leben lebt. In eher mühsamen Versen erklärt der Dichter umso einleuchtender, warum es so etwas wie Fortschritt nicht braucht und weshalb Genuss und Prunk ins Verderben führen. In Hallers Alpen ist schlicht der Boden zu bestellen – lästige Geschäfte machen die anderen, weitab und fern. Dieses Alpenvolk lässt sich von drei Grundsätzen leiten: von der Natur, der Vernunft und der Freiheit. Als hätte Haller den Auftrag gehabt, einen Nationalmythos zu schreiben, ist auch von Europa bereits die Rede: als «feige Welt» und «hartes Joch», das Tell mit «kühnem Mut […] zertretten» hat. Politische Institutionen braucht es nicht, geschweige denn einen politischen Dis-
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Reale Offenheit: die globalisierte Volkswirtschaft
kurs. In diesem Punkt nimmt das Gedicht beinahe Rousseau vorweg, der in seinem Contrat social von 1762 die «volonté générale» zwar propagiert, aber ebenfalls der Meinung ist, die Republik käme an ihr Ende, wenn gestritten wird; Einigkeit sei vielmehr das oberste Prinzip. Die eigentliche Leistung von Albert von Hallers Gedicht besteht jedoch darin, dass er aus den Alpen die Schweiz macht und damit das Bergidyll zum Inbegriff der Eidgenossenschaft. Entsprechend bilden die Städte den grauseligen Gegenpart – eine in der frühen Industrialisierung immerhin nachvollziehbare Zuschreibung. Die Städte sind bei Haller allerdings nicht nur voller Dreck und Rauch, sondern ebenso geprägt von «Bosheit und Verrat». Gegenstand seiner Anklage ist also nicht einfach die Wirklichkeit, gezeichnet durch Schornsteine, anonyme Häuserreihen und verschüchterte Menschen, sondern deren Lasterhaftigkeit, die sich nur in einer von Veränderung und Zivilisation gekennzeichneten Welt in diesem Masse entwickeln kann. Als hätte Haller bereits damals vor Masslosigkeit warnen müssen, prophezeite er: «Ihr werdet arm im Glück, im Reichtum elend bleiben!» Hallers Schweiz ist ein Idyll der Freiheit und Einfachheit, der Harmonie und Verbundenheit. Europa und die Städte liegen fern. Die Schweiz ist, so von Matt, in dieser Darstellung «die reale Existenz des Goldenen Zeitalters in den Schweizer Bergen».4 Und dieses goldene Zeitalter wird bis heute beschworen. So viel zur ländlichen Idylle der Schweiz. Wie aber präsentiert sich das Land tatsächlich? Reale Offenheit: die globalisierte Volkswirtschaft Diese Kombination aus Alpenidyll und Freiheitsliebe blendet einen entscheidenden Faktor der schweizerischen Erfolgsgeschichte aus: ihre Aussenhandelsbeziehungen. Denn entgegen der Prophezeiung Hallers fand die Schweiz ihr Glück durchaus auch im Reichtum. Als kleines Land war die Schweiz seit je auf Aussenhandel angewiesen. Bis ins 19. Jahrhundert war sie vor allem arm, was ihre Söhne in die Heere der umliegenden Länder trieb – und gleichzeitig einen wichtigen Grundstein für den kommenden Wohlstand lieferte. Das Söldnerwesen ermöglichte die
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Herausgeber und Autoren Katja Gentinetta, geb. 1968, Dr. phil., seit 2011 selbstständige Politikphilosophin und -beraterin, davor Chefin Strategie und Aussenbeziehungen des Kantons Aargau, präsentierte als Projektleiterin an der Expo.02 den Kanton an der Landesausstellung. Dozentin an den Universitäten St. Gallen, Zürich und Luzern, Verwaltungs- und Stiftungsrätin. Autorin und Herausgeberin mehrerer Bücher zu sozialstaatlichen Fragen und zur Europapolitik beim Verlag Neue Zürcher Zeitung. Von 2006 bis 2011 stellvertretende Direktorin des Thinktanks Avenir Suisse. Peter Gros, geb. 1957, Dr. phil., Professor für Kultur und Kommunikation an der Hochschule für Technik FHNW in BruggWindisch. Lehrerausbildung in Aarau, bis 1990 Gymnasiallehrer in Disentis, später Lehrbeauftragter an der Höheren Technischen Lehranstalt Brugg-Windisch und am Kantonalen Seminar Brugg. Verfasser von literaturwissenschaftlichen Publikationen. Karl Haltiner, geb. 1946, Dr. rer. pol., Titularprofessor ETHZ , von 1984 bis 1990 hauptamtlicher Dozent für Volkswirtschaftslehre und Soziologie an der Höheren Technischen Lehranstalt Brugg-Windisch, von 1990 bis 2008 Dozent für Militärsoziologie an der Militärakademie an der ETH Zürich, seit 2008 Lehrbeauftragter für Soziologie und Politik an der Hochschule für Technik FHNW in Brugg-Windisch. Mitbegründer und langjähriger Herausgeber der jährlichen aussen- und verteidigungspolitischen Trenderhebungen «Sicherheit» der ETH Zürich; wissenschaftlicher Leiter der Eidgenössischen Jugendbefragungen ch-x. Zahlreiche Publikationen zu sicherheitspolitischen Grundsatzfragen und zum sozialen Wandel. André Holenstein, geb. 1959, Prof. Dr. phil., seit 2002 Professor für ältere Schweizer Geschichte und vergleichende Regionalgeschichte an der Universität Bern. Verschiedene Mandate als wissenschaftlicher Beirat und Stiftungsrat u. a. beim Historischen
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Lexikon der Schweiz, Vorstandsmitglied der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften (SAGW ). Mitherausgeber verschiedener historischer Forschungsreihen und Verfasser von zahlreichen wissenschaftlichen Artikeln und bedeutenden Monografien. Ursula Pia Jauch, geb. 1959, Dr. phil., seit 2003 Professorin für Philosophie und Kulturgeschichte an der Universität Zürich, 2008 Ruf als Fellow ans Wissenschaftskolleg zu Berlin. Neben der akademischen Arbeit als Publizistin, Autorin und Beraterin tätig. Von 1989 bis 2010 Mitarbeiterin beim Feuilleton der Neuen Zürcher Zeitung, 2006 bis 2008 Moderatorin der Sternstunde Philosophie beim Schweizer Fernsehen. Adolf Muschg, geb. 1934, Prof. Dr. phil., Schriftsteller und Literaturwissenschaftler, Professor für deutsche Sprache und Literatur an der ETH Zürich von 1970 bis 1999. Gründer des transdisziplinären Collegium Helveticum in der Semper-Sternwarte der ETH . Präsident der Akademie der Künste, Berlin, von 2003 bis 2006. Literarisch tätig seit 1965 mit zahlreichen Erzählungen, Romanen, Essays und Monografien. 1994 Georg-Büchner-Preis für seinen Roman Der Rote Ritter und 2015 Grand Prix Literatur für sein Gesamtwerk, Übersetzungen in 25 Sprachen. Mitglied von Akademien in Berlin, Mainz, Hamburg und München. Fridolin Stähli, geb. 1957, Dr. phil., Professor für Kultur und Kommunikation an der Hochschule für Technik FHNW in Brugg-Windisch. Assistenz mit Lehrauftrag an der Universität Zürich, anschliessend Gymnasiallehrer in Altdorf. Studien- und Forschungsaufenthalte an der FU Berlin und am MIT in Boston, Master of Applied Ethics 2002. Mitglied des Aargauer Kuratoriums von 2005 bis 2012. Herausgeber und Verfasser von zahlreichen Publikationen im Bereich Literaturwissenschaft und Ethik. Günter Verheugen, geb. 1944, Dr. phil., alt EU-Kommissar; Honorarprofessor für Europäisches Regieren an der Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) und Mitbegründer des privaten
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Herausgeber und Autoren
Thinktanks European Experience Company. Von 1983 vis 1999 Mitglied des Deutschen Bundestages, von 1998 bis 1999 Staatsminister für Europaangelegenheiten in der Regierung Schröder. Von 1999 bis 2004 als Mitglied der Europäischen Kommission zuständig für die Erweiterungspolitik, von 2004 bis 2010 Vizepräsident der Europäischen Kommission und verantwortlich für Unternehmens- und Industriepolitik. Kaspar Villiger, geb. 1941, Dr. h. c., alt Bundesrat; Diplomingenieur ETH , von 1966 bis 1989 Präsident und CEO eines Familienunternehmens. 1982 bis 1989 zuerst Nationalrat, dann Ständerat, 1989 bis 2003 Bundesrat (zuerst Verteidigungsminister, dann Finanzminister); Bundespräsident 1995 und 2002. Verwaltungsratsmandate bei Nestlé, Swiss Re und der Neuen Zürcher Zeitung, 2009 bis 2012 Verwaltungsratspräsident der UBS . Autor von mehreren Büchern zu staats- und wirtschaftspolitischen Themen. Träger des Freiheitspreises 2016 der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit. Paul Widmer, geb. 1949, Dr. phil., alt Botschafter; nach Posten in New York, Washington und Berlin Botschafter in Kroatien, Jordanien, beim Europarat in Strassburg und zuletzt am Heiligen Stuhl. Dozent für internationale Beziehungen an der Universität St. Gallen. Verfasser von verschiedenen historischen und politischen Standardwerken zum Sonderfall Schweiz und zur Schweizer Aussenpolitik und Diplomatie.
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Dank Unser Dank geht an die Direktion der Hochschule für Technik der FHNW in Brugg-Windisch, Jürg Christener, Stefan Höchli und Martin Meyer, die die Vortragsreihe Podium Interface seit ihrem Bestehen gefördert haben. Ebenfalls dankbar sind wir dem Sekretariat mit Hannelore Gerber für die jahrelange sorgfältige Arbeit in der Organisation. Ohne die stetige Unterstützung durch unsere Marketingabteilung wäre die Marke Interface weniger bekannt, auch dafür danken wir. Nicht zuletzt geht ein grosser Dank an unser treues Publikum, das die Veranstaltungen des Podiums Interface, in dem wir seit zwanzig Jahren den Dialog zwischen Wissenschaften und Kunst fördern, zahlreich besucht. Herausgeber und Verlag danken den folgenden Institutionen für die grosszügige Unterstützung dieses Essaybandes: Förderstiftung Hochschule für Technik FHNW Swisslos-Fonds des Kantons Aargau
Mit Beiträgen von Katja Gentinetta, André Holenstein, Ursula Pia Jauch, Adolf Muschg, Günter Verheugen, Kaspar Villiger, Paul Widmer.
Stähli, Gros, Haltiner (Hrsg.) Die Schweiz – vom Sonderfall zum Normalfall?
Mehrere knapp ausgegangene Volksabstimmungen der letzten Jahre zeugen von tiefer Gespaltenheit der Eidgenossenschaft. Die einen beharren auf der angeblich uneingeschränkten Souveränität der Schweiz und beschwören die direktdemokratische Selbstbestimmung. Für andere hingegen kann sich das Land dem Griff der Globalisierung und dem Sog der europäischen Einigung nicht entziehen. Wie kommen wir aus dieser Blockade wieder heraus? Gibt es ihn noch, den klugen, versöhnlichen Kompromiss? Bleibt die Schweiz mit ihren besonderen politischen Institutionen der oft beschworene Sonderfall, oder ist sie auf dem Weg zum europäischen Normalfall?
Fridolin Stähli, Peter Gros, Karl Haltiner (Hrsg.)
Die Schweiz – vom S onderfall zum Normalfall? Ein Land in der Identitätskrise
ISBN 978-3-03810-202-1 ISBN 978-3-03810-202-1
9 783038 102021 www.nzz-libro.ch
Verlag Neue Zürcher Zeitung