Vogt (Hrsg.): Entdecken - Erinnern - Erzählen.

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Diese Festschrift wurde grosszügig unterstützt von – Kuratorium Professor Lüthy-Fonds, vertreten durch Magdalen Künzi-Girsberger, Antoinette Lüthy und Thomas Sprecher – Andreas Waldburger

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2015 Verlag Neue Zürcher Zeitung, Zürich Lektorat: Ingrid Kunz Graf, Schaffhausen Umschlag, Gestaltung, Satz: GYSIN [Konzept+Gestaltung], Chur Druck, Einband: Kösel GmbH, Altusried-Krugzell Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funk­sendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werks oder von Teilen dieses Werks ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts. ISBN 978-3-03810-130-7 www.nzz-libro.ch NZZ Libro ist ein Imprint der Neuen Zürcher Zeitung

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Inhalt

WERNER VOGT

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Einleitung PETER VON MAT T

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Ein Grusswort zum 28. November 2015 FRITZ STERN

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Glückwünsche CHRISTOPH BOPP

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Karl May, die Imagination und die Zivilisations-Mission STEPHAN CAMPI

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Emil Keller(1878–1965): Staatsmann und Schrittmacher der wirtschaftlichen Entwicklung des Aargaus FRANZ CAVIGELLI

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«Put me on to Edenville. Aleph, alpha: nought, nought, one.» Ein kleiner Streifzug durch frühe Streichquartettaufnahmen JÜRG DEDIAL

34 Der grosse Traum vom weiten Raum JEROEN DEWULF

43 Die schöne Mörderin – Schweizer im gelbfieberverseuchten Rio de Janeiro URSULA EICHENBERGER

48 Von Mäusen, Heinzelmännchen und anderen Tücken der Schreibtechnik

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BERNADET TE ERNST

54 Machu Picchu – ein magischer Ort SANDRA HUBER-INGOLD

59 «Occupy Säuliamt»: Globalisierungskritik zwischen ­Kongo und Zug RAINER KÜHN

66 Urs Bitterli: Eine badische Ehrenmedaille für Selbst­ironie CLAUDIA KÜHNER

69 Mit Mut gegen die Mythen. Israels «Neue Historiker» und ihr Kampf um historische Wahrheit KATHRIN MEIER-RUST

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Universal- und Globalgeschichte REINHARD MEIER

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Böll, Frisch und Solschenizyn. Zweierlei Haltungen zu einer russischen Jahrhundertfigur CHRISTOF MÜNGER

84 Mythos Kennedy FELIX MÜNGER

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Das zerrissene Land. Die Schweiz im Ersten Weltkrieg MANFRED PAP ST

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Robert Louis Stevenson blickt auf den Davosersee URSULA PIEPER-REUTIMANN

105 Noten und Palazzi RALPH PÖHNER

112 Das Leben folgt einer geraden Linie. Geschichte und Geschichtswissenschaft in der Öffentlichkeit von heute

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DENISE SCHMID

118 Davos 1935 – viel Sport, viel Schnee, viel Pragmatismus PAUL SCHNEEBERGER

126 Arolfingen – vom Papiertiger zum Tierheim LUKAS M. SCHNEIDER

131 «Nirgendwo ist auch ein Ort.» Erinnerungen an die «Seereisen in die westliche Hemisphäre» BARBARA UND JÜRG STÜSSI-LAUTERBURG

136 Jum’at al Ghadab. Freitag der Wut: Augenzeugenbericht aus der ägyptischen Revolution von 2011 KLAUS URNER

142 Emery und Wendy Reves – Mysterien um einen Nachlass WERNER VOGT

150 Im Jurassic Park des Journalismus. Die alte NZZ-Ausland­redaktion als Lebensschule WERNER WIDMER

158 Nichts Neues unter der Sonne? Lektüre zwischen Gewinn und Zeitverschwendung 163 Autorinnen und Autoren 169 Urs Bitterli: Kurzbiografie 171 Urs Bitterli: Publikationen, eine Auswahl 175 Bildnachweis

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WERNER VOGT

Einleitung Akademische Festschriften erscheinen selten in der schweizerischen Bücherhitparade. Zu divergierend sind meist die Beiträge. Und die aufwendigen wissenschaftlichen Apparate machen die Werke ebenfalls nicht zu Pageturnern. So war die Entscheidung eine einfache: Urs Bitterli soll zu seinem 80. Geburtstag mit einem «Buch der Freunde» geehrt werden, das den Autorinnen und Autoren maxi­ male Gestaltungsfreiheit gibt und möglichst frei ist von universitärem Staub in Form von semiariden Fussnoten. In enger Zusammenarbeit mit Hans-Peter Thür von NZZ Libro und Irene Bitterli-Riesen kristallisierte sich schliesslich auch der Buchtitel heraus: Entdecken – Erinnern – Erzählen. Geschichte und Geschichten für Urs Bitterli. Mit diesem Konzept blieb die Themenwahl ganz der Autorenschaft überlassen, und aus dem weit ausgesteckten Claim gingen denn auch Nuggets in verschiedenster Form und Schattierung hervor: von klassischen historischen Betrachtungen über journalistisch inspirierte Formate wie Reportage oder Glosse bis hin zur musik­ geschichtlichen Abhandlung, auch diese fussnotenfrei. Die bewusste Entscheidung, die Türen des Historischen Seminars zu öffnen und auch die Weidegründe anderer Disziplinen zu betreten, sehen wir Schreibende als sinnvolle Geste gegenüber dem Geehrten. Urs Bitterli überschritt manche Grenze zwischen Geschichte, Anglistik, Germanistik und Romanistik und wechselte auch gerne zwischen wissenschaftlichem und journalistischem Schreiben. ­Neben den streng formulierten Feuilletonbeiträgen für die Neue Zürcher Zeitung formulierte er auch sehr gerne scharf gewürzte Kolum­nen für die Aargauer Zeitung oder das Leibblatt seiner Jugendzeit, das ­Aar­gauer Tagblatt. Nach langer Verbundenheit mit der Schreib­ maschine etablierte er sich vor längerer Zeit technisch und publizistisch im digitalen Zeitalter als regelmässiger Verfasser der Rubrik «Alte Bücher – neu besprochen» in der Internetzeitung journal21.ch.

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Wer steht aber hinter diesem Buch und warum? Die Verfasser der Beiträge von Entdecken – Erinnern – Erzählen sind ehemalige Studenten und Assistenten des Historischen Seminars der Universität Zürich, aber auch geschätzte Freunde, Publizisten und Weggefährten aus nunmehr vielen Jahrzehnten. Und warum wollen wir Urs Bitterli dieses Buch überreichen? – Weil wir finden, dass sein Œuvre in puncto Umfang und Qualität ­herausragend ist. Weil wir überdies finden, dass er ein aussergewöhn­ licher akademischer Lehrer war: umfassend gebildet, geistreich, fordernd, aber mindestens ebenso stark fördernd. Weil er es trotz der Hektik der Massenuniversität fertigbrachte, eine Oase der Heimat in einem Riesenbetrieb zu schaffen. Nicht jeder Professor lädt einen Lizenzianden zum Nachtessen ein – nicht jeder Professor unternimmt Wanderungen mit seinen Alumni. Vor allem entstand dieses Buch aber als Zeichen unserer Dankbarkeit und Wertschätzung. In diesem Sinn ein herzliches Happy Birthday, lieber Urs. Wie schön, dass es dich gibt! Last, but not least danke ich allen Autorinnen und Autoren und ebenso den beiden Verfassern der Grussworte. Ein Dank geht auch an die Fotografen unter den Autoren und an diejenigen, die mit viel Spürsinn historische Aufnahmen beschafft haben, sowie ganz speziell an Jürg Dedial, der uns seine Zeichnungen aus Nordamerika zur Verfügung gestellt hat. Zu verdanken ist ferner das Cartoon des portugiesischen Zeichners André Carrilho, dessen Feder, Stift und Pinsel Urs Bitterli in der Beilage «Bücher am Sonntag» der NZZ am Sonntag immer geniesst. Ein besonderer Dank geht ferner an das Team von NZZ Libro unter Hans-Peter Thür. Wie immer machte die Zusammenarbeit viel Freude. Ein herzlicher Dank geht sodann an Irene Bitterli-Riesen, die sich vom Anfang bis zum Ende dieses Buchprojekts unermüdlich und an allen Fronten für ein gutes Gelingen einsetzte und dies unter höchster Geheimhaltung gegenüber dem mit dieser Schrift Ge­ehrten. Kein Sachbuch entsteht ohne einen oder mehrere grosszügige ­Paten. In diesem Fall waren dies das Kuratorium Professor LüthyFonds, vertreten durch Magdalen Künzi-Girsberger, Antoinette Lüthy und Thomas Sprecher, sowie der ehemalige Student von Urs Bitterli, Andreas Waldburger. Zürich, im Juli 2015

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PETER VON MAT T

Ein Grusswort zum 28. November 2015 Lieber Urs – Wir haben uns von der ersten Begegnung an verstanden, als wären wir alte Kollegen. Beide waren wir noch ungesicherte Anfänger hinter den wackligen Kathedern der Universität, und mancher Arrivierte hat uns damals die Distanz gezeigt, mit feinen, aber deutlichen Signalen. Das waren Belanglosigkeiten, und doch vergisst man sie nie ganz. Wenn ich dein Lebenswerk überblicke, frappiert mich, wie du den kommenden Trends immer einen Sprung voraus warst. Brach eine neue wissenschaftliche Richtung wie etwa die Kolonialismus­ forschung dann so richtig aus, konntest du, wie der Igel im ­Märchen, gelassen sagen: «Ick bün all hier.» Schon die Dissertation von 1964 galt einem Thema, das man eher bei einem 68er erwarten würde: ­Thomas Manns politische Schriften zum Nationalsozialismus, und zwar nicht etwa, wie jeder denken dürfte, 1933–1945, sondern eigenwillig und provokativ 1918–1939. Mit diesem ersten Buch hast du auch bereits die Verbindung zwischen der historischen Forschung und der Literaturwissenschaft geknüpft, ein Unterfangen, das deine Arbeit bis heute vielfach prägt. Du brauchtest dafür nicht den elastischen Begriff der Kulturwissenschaft zu bemühen; du warst stets erprobter Historiker und erprobter Germanist zugleich. Zwei grosse Forschungs- und Erfahrungsräume wirken da zusammen und befruchten einander. Die ästhetische Dimension der Sprache, ihre urtümliche Neigung, die Erkenntnis mit der Kunst zu verschmelzen, war dir nie ein Pudendum. Du hast immer schon gewusst, was andere Historiker in jüngerer Zeit mühsam wieder lernen mussten, dass das Erzählen zu den grundlegenden Tätigkeiten aller Geisteswissenschaften gehört. Keiner kann sich auf die Dauer davon verabschieden. Denn da wir nicht an präparierten Objekten forschen können, sondern stets mit der naturwüchsigen Unübersichtlichkeit der Welt und ihrem Wuchern in alle Richtun-

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gen konfrontiert sind, brauchen wir das erzählende Wort, um das nie fassbare Ganze wenigstens in Umrissen zu beschwören. So kamst du auch zum biografischen Schreiben, und es ist kein Zufall, dass deine bedeutendste Lebensbeschreibung einem Historiker galt, der in diesem Fach auch ein massstabsetzender Erzähler war: Golo Mann. Ich weiss nicht, ob du deine Leidenschaft zum Überseeischen Max Silberschmidt, bei dem du promoviert hast, verdankst oder ob dessen transatlantische Interessen ihn attraktiv machten für dich. Das ist auch belanglos. Wer weiss schon, woher seine Leidenschaften stammen. Hauptsache, man hat sie. Auch wenn du den emotionalen Antrieb zu deinem Forschen und Schreiben nie in den Vordergrund gerückt hast, der Eros der Erkenntnis ist bei dir immer spürbar. Das gilt auch dann noch, wenn du eine Arbeit in den Dienst anderer Historiker stellst. Die gesammelten Werke Herbert Lüthys herauszugeben (zusammen mit Irene Riesen), das ist ein Verdienst um die Wissenschaft ebenso wie ein Geschenk an die Schweiz. Auch wenn diese, respektive die zuständigen Instanzen, Medien und Berichterstatter, sich weiterhin schwertun mit dem Anerkennen von Lüthys politischem Denken und geschliffenem Stil. Nur schon dass jetzt seine «Kleinen Wochenschauen» von 1942 bis Ende 1944 unter dem Originaltitel Fünf Minuten nach zwölf wieder greifbar sind, hätte am Tag, als der 500-seitige Band erschien, mit weithin schallendem Dank quittiert werden müssen. Aber vielleicht kommt ja die Stunde noch, da man Autor und Editoren dieser atemraubenden Textsammlung angemessen würdigt. Dein kosmopolitischer Geist, lieber Urs, ist eine Wohltat in einer Zeit, da die Nabelschau zur neuen Nationalreligion zu werden droht. Statt über die paar Zentimeter von der Nasenspitze zum Bauchnabel schweift dein forschender Blick schon bei Tagesanbruch mindestens bis zum Mississippi. Und da du ein vergnügter und ausdauernder Arbeiter bist, werden wir uns an deinen hellsichtigen Texten auch weiterhin freuen können.

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FRITZ STERN

Glückwünsche

Fritz Stern 2009 in Sils-Maria, im Hintergrund das Hotel Waldhaus. Als Vier­ jähriger reiste er 1930 mit seinen Eltern zum ersten Mal von Breslau ins Engadin in die Ferien. Er blieb Sils-Maria sein Leben lang treu.

Urs Bitterli habe ich zuerst als grossartigen Historiker kennengelernt. Seine Biografie Jean Rudolf von Salis. Historiker in bewegter Zeit ist ein wichtiger Beitrag zur schweizerischen Geschichtsschreibung. Aber noch wichtiger ist seine Biografie Golo Mann. Instanz und Aussenseiter, ein absolutes Meisterwerk. Bitterli versteht es wie wenige Historiker, sich in ein anderes Leben zu versetzen, den politischen und historischen Kontext darzustellen. Er ist ein begnadeter ­Stilist. Dann hatte ich die Freude, ihn mehrmals persönlich zu erleben: Möge diese Vitalität und diese überragende Intelligenz uns weiterhin Freude bereiten! Für jetzt die herzlichsten Glückwünsche zum hohen Geburtstag. Mit allen guten Wünschen für Gesundheit und Zufriedenheit. Mit Dank für die warme kollegiale Bekanntschaft, Ihr Fritz Stern

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CHRISTOPH BOPP

Karl May, die Imagination und die Zivilisations-Mission «Hat nicht auch Dante das ‹Inferno›, das ‹Purgatorio› in Ich-Form geschrieben, ohne dort gewesen zu sein?» Das Begriffsfeld «wild – zivilisiert» ist nur auf den ersten Blick problemlos. Es bleibt es, wenn unbeirrbar die eigene Verfasstheit als «zivilisiert» verteidigt wird und der eigene Kulturraum als «die Zivilisation» schlechthin gilt. Das sieht statisch aus, ist aber der Normalfall. Und es hat einen sympathischen systemtheoretischen Look. Es entspricht auf archetypische Weise der Systemtheorie: «zivilisiert» = innen und «wild» = aussen. Das ist auch präfiguriert im griechischen Schimpfwort «Barbaroi», das Antonym schlechthin: Barbaren sind die, die nicht so sind wie wir. Andererseits fällt es manchen schwer, einfach von «Zivilisation» zu reden und die eigene zu meinen. Dann schiebt man besser ein Wort ein und markiert, dass man «unsere Zivilisation» nur für eine «sogenannte» hält. Man betont damit einen Abstand. Wir sind zwar zivilisiert, aber noch nicht in der Zivilisation. Diese ist in irgendeiner Weise ein Desiderandum. Und soll es auch bleiben. Eine selbst auferlegte Erziehungs- und Disziplinierungsmassnahme vielleicht. Es ist ein bisschen seltsam, aber das Konzept hat, obwohl räumlich angelegt gedacht, immer auch einen zeitlichen Nebenton. Man kehrt zwar aus der Wildnis, sei es Dschungel oder Wüste, wieder in die Zivilisation zurück. Und meint damit unter Umständen gar Max Webers «stahlhartes Gehäuse der Hörigkeit», wo Unmündigkeit und Unterwerfung der Preis für Sicherheit und Bequemlichkeit sind. Aber «Wilde» sind unweigerlich «Noch-nicht-Zivilisierte». «Nicht zivilisiert» ist – wenn Kulturen gemeint sind – klar gleichbedeutend mit «rückständig». Der Kontakt findet dann meistens asymmetrisch statt. Oder er endet mindestens irgendwann so. Das wusste man im 19.  Jahrhun-

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dert schon sehr gut. Aber es waren halt die Engländer und die Chinesen. Zur berühmten Hunnenrede Wilhelms II. hat Karl May übrigens einen Text geschrieben – Titel: Et in terra pax – und sich alle Änderungen verbeten. Von Norbert Elias wissen wir, dass Zivilisation ein Prozess ist. Oder besser: Zivilisierung. Im Rückblick erkennt man gut, welche Dinge da abgelaufen sind. Unweigerlich springt einem der Rückgang der Gewalt ins Auge. Auch wenn man die eigene Zeit kaum je für eine friedliche hält. Zivilisation im eigentlichen Sinn ist Zivilisierung. Und wer die Moderne charakterisiert als eine Epoche, in der es nicht nur möglich, sondern fast schon geläufig ist, dass Konkurrenz und Konflikt gewaltfrei möglich sind, liegt sicher nicht weiter daneben, als wenn man schwer fassbare Dinge wie Säkularisierung oder Rationalisierung anführt. Herkunft aus der Zivilisation wird von Reflexion überwuchert. Das war schon fast immer so. Alle die Vorbehalte, insbesondere die Story von «The White Man’s Burden» entstammen jenem Prozess der Moralisierung, den die Aufklärung spätestens in Gang gesetzt hat. Alle die Träume von edlen Wilden, die genügsam und zufrieden, einträchtig und in Einklang mit der Natur ein sorgloses Leben fristen – war das nicht etwa das, was Aristoteles «das gute Leben» genannt hat? Ein Leben, das sein Ziel in sich hat, dem der Mangel an «Sinn» notorisch fremd sein muss? Zurück zu Norbert Elias. Sein bevorzugtes Arbeitsmaterial waren alle die Kataloge an Benimm- und Anstandsregeln. «Zivilisation» ist kodifiziert, und «zivilisiert» ist, wer die Kenntnis dieser Reglemente öffentlich nachweist. Dies ist nicht die Demonstration von Moralität oder Sittlichkeit, sondern schlicht der Umstand, dass sich einer (in der Gesellschaft) zu bewegen weiss. «Zivilisation» ist einem «auf den Leib geschrieben». Das erfuhr der Delinquent in Kafkas Erzählung In der Strafkolonie. Und damit wären wir bei Karl May. Seine Biografie, obwohl bis zur Unkenntlichkeit von allerlei Mystifikationen und ähnlichem Zeug verdunkelt, zeigt diesen (Ein-)Schreibprozess. Der begabte Sohn einer armen Weberfamilie sollte Lehrer werden. Der Aufstieg war mit Schmerzen verbunden, die der Delinquent sicher selbst verschuldet hat, die strengen Strafen standen aber jeweils in keinem Verhältnis zu den meist geringfügigen Vergehen. Und dass May sich in den Gefängnissen und Zuchtanstalten muster-

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Karl May als Old Shatterhand (1896)

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SANDRA HUBER-INGOLD

«Occupy Säuliamt»: Globalisierungskritik zwischen Kongo und Zug 48 Nein- zu 39 Ja-Stimmen lautete das Abstimmungsresultat Ende November 2013. Kurz zuvor hatte ich vor versammelter Gemeinde noch eine flammende Rede über den Rohstoffhandel im Kongo gehalten, die Worte sorgsam gewählt, die entscheidenden Argumente nochmals angeführt. Nun, da alles vorbei war, machten sich die verschiedensten Gefühle bemerkbar: Enttäuschung über die knappe Niederlage und über diejenigen, die der Gemeindeversammlung kurzfristig fernblieben, aber auch Freude und Erstaunen, dass viele fremde Personen unserem Anliegen positiv gegenüberstanden. Politisch interessiert war ich immer, politisch aktiv bisher aber nie. Wie es dazu kam, erzählt diese Geschichte. Der Kanton Zug ist seit Mitte der 1970er-Jahre, als Marc Rich seine erste Ölhandelsfirma gründete, eng mit dem Rohstoffhandel verbunden. Von Aluminium über Kaffee und Nickel bis Zink wird in der Schweiz alles gehandelt. Unser Land ist im Rohstoffhandel zu einer der wichtigsten Drehscheiben der Welt avanciert. Die ­Branche ist mit schwindelerregenden Umsätzen mittlerweile zu einem sehr gewichtigen Schweizer Wirtschaftsfaktor geworden. Rund zwei Drittel der grössten Rohstoffhändler haben ihren Sitz in der Schweiz. In Zug allein sind über 250 Firmen im Rohstoffhandel tätig. Das beschauliche Zug meiner Kindheit hat sich in den vergangenen Jahrzehnten zur regelrechten Boomtown entwickelt. Gebaut werden vorzugsweise anonyme Wohnblocks für «Expats», aber auch juristische Personen gehören zu den Neuzuzügern, denen die Infrastruktur eines Briefkastens genügt. Rohstoffkonzerne agieren meist diskret. Ins Scheinwerferlicht einer breiteren Öffentlichkeit rückte die Firma Glencore mit Sitz in Baar im Kanton Zug erstmals im Jahr 2011. Um die Fusion mit

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dem ebenfalls in Zug ansässigen Bergbaukonzern Xstrata zu ermöglichen, ging das Unternehmen an die Börse. Dem Kanton Zürich brachte dies mit dem in Rüschlikon wohnhaften CEO von Glencore, Ivan Glasenberg, 360 Millionen Franken an zusätzlichen Steuern ein. Mit dem Börsengang wurden zugleich die gewaltigen Dimensionen der Rohstoffbranche und ihre globalen Auswirkungen sichtbar. Im Lauf der letzten Jahre entwickelte sich GlencoreXstrata durch Beteiligungen und Akquisitionen von der reinen Rohstoffhändlerin zu einem Unternehmen, das die gesamte Wertschöpfungskette inklusive Abbau und Verarbeitung kontrolliert. Glencore beschäftigt rund um den Globus rund 200 000 Mitarbeiter, davon lediglich 450 in Baar. Das Unternehmen gehört zu den grössten der Branche, aber auch zu den umstrittensten. Dem Rohstoffkonzern werden problematische Geschäftspraktiken vorgeworfen. In Afrika und Südamerika soll das Unternehmen Menschenrechte und Umweltschutzgesetze verletzen sowie kaum Steuern bezahlen. Jahrzehntelang war die Verschwiegenheit des Konzerns legendär. Seit dem Börsengang ist aber alles anders. Die Grosswetterlage hat sich verändert, denn schlechte Nachrichten können sich auf den Aktienkurs auswirken. Der Börsengang des Schweizer Rohstoffgiganten bescherte dem Kanton Zürich markante Mehreinnahmen. Bedingt durch den kantonalen Finanzausgleich, erhielten finanzschwächere Gemeinden rund 160 Millionen Franken. Ein unverhoffter Geldsegen floss damit auch in kleine, nicht auf Rosen gebettete Gemeinden. Doch in manch einem beschaulichen Dorf an der Zürcher Peripherie begann sich etwas zu regen. Am Rand eines Schulanlasses in meinem Wohnort Kappel am Albis beteiligte ich mich eher zufällig an einer Diskussion über das Steuergeschenk aus dem angrenzenden Nachbarskanton und die gesellschaftlichen und ökologischen Auswirkungen, die der Abbau von Rohstoffen im Süden mit sich bringt. Das Thema interessierte mich, zumal ich mich beruflich mit dem Thema Unternehmensverantwortung seit Jahren beschäftigte. Das Gespräch sollte bei meinen Diskussionspartnern und mir nachhaltiges Unbehagen auslösen. Vorerst unabhängig voneinander begannen engagierte Bürger im Säuliamt (Knonaueramt/Bezirk Affoltern) sich Gedanken zu den sogenannten Glencore-Geldern zu machen, und es bildeten sich

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nach und nach überparteiliche Komitees auf Gemeindeebene. Allen Gruppen war es ein zentrales Anliegen, die Verwendung der Mittel genauer unter die Lupe zu nehmen und ein Zeichen der Solidarität mit betroffenen Menschen im Süden zu setzen. Doch warum setzte sich der Solidaritätsgedanke gerade in diesem Teil des Kantons durch? Entsprechende Initiativen, etwa in Rüsch­ likon, Uster oder Wald, scheiterten zuvor alle, doch im Säuliamt sollte sich das Blatt wenden. Vielleicht war es die geografische Nähe zu GlencoreXstrata, waren es ehemalige Einwohner des Kantons Zug, die wegen steigender Immobilienpreise ins Säuliamt immigrierten, oder Zürcher, die den aussergewöhnlichen Wandel des Kantons Zug miterlebt hatten. In der Regel begannen sich Personen zu engagieren, die bisher wie ich politisch nicht hervorgetreten waren. In allen fünf Gemeinden, in denen eine Initiative lanciert wurde, setzte sich die Idee eines Zehnten durch. Zehn Prozent aus dem «Glencore-Effekt» sollten an die betroffene Bevölkerung in den Rohstoffländern zurückgegeben werden, indem ausgewählte Hilfswerke unterstützt würden. Die Initiativen hatten zum Ziel, einen Beitrag an die lokale Bevölkerung zu leisten, die an den verursachten Umweltschäden und schlechten Arbeitsbedingungen in den von Glencore geführten Minen leidet und nicht am gewaltigen Profit partizipieren kann. Laut einer Studie der Afrikanischen Entwicklungsbank und des Forschungsinstituts Global Financial Integrity hat Afrika durch illegale Geldabflüsse, also etwa durch Preismanipulationen bei Handelsgeschäften, Steuerhinterziehung und Korruption, in andere Kontinente innert 30 Jahren über 1 Billion Dollar verloren. Rohstoffreiche Länder wie der Kongo sind in besonderem Mass betroffen. Nach einer Annahme der Uno entspricht der Betrag einem Mehrfachen der in dieser Zeit nach Afrika geflossenen Entwicklungsgelder und Direktinvestitionen. Bergbau führt vielerorts zu Korruption, Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden, im Kongo erscheint die Situation als besonders stossend. Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zeigen seit Jahren auf, wie Glencore im Kongo Steuern optimiert, von Kinderarbeit profitiert und massiv die Umwelt verschmutzt. In der südkongolesischen Provinz Katanga betreibt Glencore mit dem dafür gegründeten Unternehmen Katanga Mining lukrative Kupfer- und

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DENISE SCHMID

Davos 1935 – viel Sport, viel Schnee, viel Pragmatismus Mitte der 1930er-Jahre herrscht Krise, auch in der Schweiz, auch in Davos. Man sorgt sich um das Wohlergehen des Kurorts und versucht möglichst neutral und pragmatisch mit den vielen Deutschen und Gästen anderer Nationen im Ort umzugehen, während sich der politische Himmel rundherum verdüsterte. Was tut sich, und wie lebt man in der damals internationalsten Stadt der Schweiz? Samstag, 12. Januar 1935. In der Davoser Zeitung, dem «Organ der freisinnig-demokratischen Partei» und der einzigen Tageszeitung der Stadt mit 11 000 Einwohnern in den Bergen, steht auf der Frontseite ein Beitrag mit dem Titel «Die Schweiz – auf einem anderen Planeten». Er stammt aus der New York Tribune, und der amerikanische Finanzreporter schreibt: «Kommen Sie in die Schweiz und besuchen Sie die ökonomische Stratosphäre! … Die Schweiz ein Land luftiger Höhen hat sich selbst übertroffen. Sie besitzt eine Jungfrau aus Eis, aber auch eine Jungfrau, was Preise anbetrifft, und ihre vier Millionen Einwohner scheinen jungfrauhoch von allen sozialen Schwierigkeiten, die das übrige Europa belasten, entfernt zu sein – als wären sie auf einem anderen Planeten.» Der Durchschnittsmensch sei von der Weltwirtschaftskrise weder erfasst noch wisse er davon, heisst es. Man habe noch nichts mitbekommen von der Deflation, und die Schweizer sähen keinen Grund für eine Abwertung ihres mit Gold gestützten Frankens. Die Preise seien hoch, die Saläre ebenso und die Arbeitslosigkeit minimal. «Die Schweiz hat keinen Begriff, was in der übrigen Welt vorgeht … Die Schweiz ist pro Kopf gerechnet das reichste Land der Welt. Die Schweiz hat keine grossen Kriegsschulden abzutragen … Die Schweiz ist mit bedeutenden Quellen, um den Franken zu halten, ausgestattet.» Aus der Innenperspektive präsentiert sich die Situation etwas anders. Würde man untersuchen, wie oft das Wort «Krise» 1935 in

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der Davoser Zeitung auftaucht, würde es gewiss einen der vorderen Ränge einnehmen. Nicht grundlos wird in diesem Jahr auf eidgenössischer Ebene über die Kriseninitiative abgestimmt. Ende Januar 1935 sind 86 Arbeitslose in Davos gemeldet mit 115 unterstützungsberechtigten Angehörigen. Gemessen an der Wohnbevölkerung von rund 11 000, ist das tatsächlich eine eher geringe Zahl. Anders sieht es in der gesamten Schweiz aus. Gab es 1928 nur 0,4 Prozent Arbeitslose, erreicht die Zahl 1935 mit 82 486 Arbeitslosen ungewohnt hohe 4,2 Prozent – dennoch dreimal weniger als in Deutschland. Die ­Davoser haben die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise von 1928 unmittelbar zu spüren bekommen. Werden 1929 noch 30 Prozent der Übernachtungen von Deutschen gebucht, halbiert sich deren Anzahl bis 1932. Das Baugewerbe spürt den Konjunktureinbruch besonders, aber die Davoser sehen der Entwicklung nicht tatenlos zu. Der Bau der Parsennbahn, des Bolgenlifts (erster Bügellift der Welt) und des neuen Eisbahngebäudes zwischen 1932 und 1934 sind auch Massnahmen, um Beschäftigung zu sichern. Sie werden teils als Notstandsarbeiten vom Bund mitfinanziert. Ausserdem wird damit in den 1930er-Jahren der Nobelkurort sukzessive in einen Volkssportort umgewandelt. Und in diesem Ort – Krise hin oder her – ist viel los. Der Wintersportkalender 1935 ist prall gefüllt: Am 1. Januar findet die Skisprungkonkurrenz auf der Bolgenschanze statt, gefolgt vom Anglo-Suisse-Skirennen auf Parsenn am 5. Januar und dem Eishockeymatch zwischen der Cambridge University und Davos um den Birmingham Cup am gleichen Tag. Am 13. Januar wird das erste Abfahrtsrennen Weissfluh–Strela–Davos abgehalten, am 17. Januar treffen sich die zehn besten Skispringer zum internationalen Wettkampf auf der Bolgenschanze. Vom 19. bis 27. Januar findet die Eishockey-Welt- und Europameisterschaft mit 15 Nationen statt – die grösste, die es je gab. Am Finale nehmen fast 6000 Zuschauer teil. Kanada wird Weltmeister, die Schweiz Europameister. Das war nur der Januar und illustriert, wie international geprägt Davos Mitte der 1930er-Jahre ist. Tonangebend sind die 1500 bis 2000 Deutschen (Bewohner und Gäste), die sich in der Stadt aufhalten. Dazu kommen Franzosen, Italiener und Briten – Sportpioniere auch in Davos und mit eigenem englischen Viertel. Je nach Monat halten sich ständig zwischen 3500 und 5000 ausländische Gäste in Davos auf.

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Die Internationalität der Stadt spiegelt sich auch in ihrer Vereinskultur. Neben dem notorischen Kaninchenzüchterverein (die Davoser Zeitung meldet, dass er sich am 16. und 17. Januar sehr erfolgreich an der Schweizerischen Kaninchen-Rammlerschau in Solothurn beteiligt hat!) gibt es 40 weitere Vereine. Darunter sind die Association Franco-Belge, der Basler Verein, die Bibliothèque française catholique, die Freimaurerloge Humanitas, dann die ganzen Sportvereine von Hockey über Golf, Ski und Tennis bis zum holländischen Ijsclub te Davos. Es gibt einen internationalen Schachklub, die Naturforschende Gesellschaft, Pro Ticino, die Russische Vereinigung, den Ungarischen Verein, die Vereinigung der Kakteenfreunde und nicht zuletzt den Davoser Feuerbestattungsverein mit 265 Mitgliedern. Dass Davos als kleiner Ort ein eigenes Krematorium hat, ist ein schweizerisches Unikum. Es ist seit 1914 in Betrieb und existiert heute noch. Ein wichtiges Ereignis Ende 1934 ist die Eröffnung des neuen Eisbahnhauses von Rudolf Gaberel. Die schlichte Form lehnt sich an den nüchternen Davoser «Sanatoriumstil» mit Flachdächern und durchlaufenden gedeckten Liegeterrassen für die Frischluftkur der Tuberkulosepatienten an und bildet den Auftakt für eine neue Sportarchitektur im Hochgebirge. In der Davoser Revue vom Dezember 1934 heisst es dazu: ­«Dieser ganze Bau nun ist … aus gutem Bergholz gefügt, dem überall der Natur­ton gelassen wurde. Nirgends eine Tapete oder Bespannung, nirgends Ölfarbenanstrich; auch die Böden zeigen überall die nackten Holzriemen … Diese etwas spartanische Haltung des ganzen Baues schickt sich trefflich für ein Sportshaus. Von dem Holz, blank wie es aus dem Stamm geschnitten ist, geht noch etwas von dem Atem des Waldes aus, – es passt zu einem Leben in freier Luft und trockener Kälte, es hat etwas Unverweichlichtes und allem ‹Molligen› Abholdes.» Ja, der Ort ist damals wie heute nicht «mollig». Davos ist ebenso internationale Kur- und Sportstadt mit Winterflugplatz (die Flüge zwischen Arosa und Davos erleben eine rege Nachfrage, denn anstatt in viereinhalb Stunden mit der Bahn ist man in zwölf Minuten im anderen Tal) wie eine grosse Berggemeinde mit vielen Seitentälern, in denen die Bauern mit einfachen Mitteln Landwirtschaft betreiben. 1935 ist es erst drei Jahre her, seit das Seitental Dischma mit Elektri-

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Das neue Eisbahnhaus von Rudolf Gaberel, davor die grösste Natureisbahn Europas

zität versorgt wird. Es gibt noch keine Kühlschränke, ergo sägen im Winter sechs Mann von Hand rechteckige Blöcke aus der ein Meter dicken Eisdecke des Davoser Sees. Pferdeschlitten ziehen sie dann in die Lagerkeller der Brauerei auf der Seehöhe. Das Eis wird das Bier in der kurzen Sommerperiode kühlen. Der Sommer 1935 wird besonders kurz, und der Winter ist aus­ serordentlich lang und hart. Davos versinkt ab Ende Januar in den Schneemassen und wird vom Verkehr abgeschnitten. Am 5. und 6.  Februar kann selbst die Rhätische Bahn nicht mehr fahren, und die Autostrasse Davos–Klosters bleibt mangels Schneeräumungsgerät bis Mai zu. Die wenigen Automobilisten – schweizweit sind 69 000 Personenwagen gemeldet – beklagen sich bitterlich darüber in der Davoser Zeitung, vor allem als der Winter Mitte Oktober 1935 schon wieder zurückkehrt.

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Schneer채umen auf der Promenade, Winter 1935. Im Hintergrund die T체rme des Hotel Regina. Schneer채umungsarbeiten wurden oft von Arbeitslosen ausgef체hrt.

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LUKAS M. SCHNEIDER

«Nirgendwo ist auch ein Ort.» Erinnerungen an die «See­reisen in die westliche ­Hemisphäre» Wer Ende der 1980er-Jahre aus einem Seeländer Dorf in die Grossstadt Zürich zog, hatte sich vielfältigen Herausforderungen zu stellen. Alles war für den angehenden Studenten schlicht eine Schuhnummer zu gross. Und so kam es, dass unter den angebotenen Vorlesungen jene zur Entdeckung der westlichen Hemisphäre geradezu Verheis­ sungsvolles versprach. Die Zuhörerschaft wurde nicht enttäuscht. Urs Bitterli gehörte nicht mehr zu den Jungtürken der Historikerzunft. Die meisten Studenten schwärmten in dieser Zeit für die Analyse endloser Zahlenreihen – Strukturgeschichte nannte sich dies im Jargon. Bitterli scherte sich einen Deut um Modezwänge und hatte auch für als konservativ verschriene Grundausrichtungen der Geschichtslehre wie die «histoire événementielle» ein offenes Ohr. Die Verkaufszahlen seiner Bücher gaben ihm recht. Da stand er nun auf der Kanzel, der Ordinarius. Gross gewachsen, von kräftiger Statur, in einem dunkelblauen Manchesterblazer. Die Vorlesungsreihe, die mit den Seereisen startete, weckte bei der Zuhörerschaft unvermittelt träumerische Seiten: die Nähe der Ferne, der Traum vom Abenteuer, der Wunsch nach geografischer Veränderung. Die Assoziationen liessen sich beliebig erweitern. Bitterli wusste das Publikum zu fesseln. Der Schalk in seinen Augen war unverkennbar, wenn er mit seinen Ausführungen über dramatisch gescheiterte Expeditionen ein leises Schauern auszulösen vermochte. Das Sujet des Aufbruchs in unbekannte Gefilde war hierfür auch überaus dankbar. Die frühneuzeitlichen Seefahrer waren von einem vorgezeichneten Erwartungshorizont sagenhafter Gestalten ausgefüllt, die man

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Schier endlose Weiten bewegen auch heute noch die Gemüter der Reisenden.

in der Neuen Welt anzutreffen hoffte. Die mentale Vorprägung der Mirabilienliteratur des Spätmittelalters führte bei den euro­päischüberseeischen Begegnungen zur Verknüpfung, davon im Grunde genommen bereits in Europa gehört zu haben. Die unglaublichsten Berichte von Überseebewohnern erschienen glaubhaft und bildeten einen unerschöpflichen Quell der Inspiration. Die Vorstellung, dass in entlegenen Zonen der Erde ­Monstren, Riesen und Zwerge ihr Unwesen treiben könnten, schlug sich auch in der Kartografie nieder. Besonders augenfällig waren Phantominseln. Zu diesen gehörte auch Antilia, Insel der sieben Städte genannt. Der Legende nach soll mit der Invasion der Mauren auf der Iberischen Halbinsel der Erzbischof von Porto mit sechs anderen geistlichen

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Autorinnen und Autoren Christoph Bopp, geboren 1956, Matura an der Alten Kantonsschule Aarau, Studium der Germanistik, Philosophie und der lateinischen Philologie an der Universität Zürich, danach Gymnasiallehrer für Deutsch, Philosophie und Latein in Aarau. Einstieg in den Journalismus (1985 Sportredaktion Badener Tagblatt), mannigfaltige Erfahrungen in der Printbranche bis zum Chef vom Dienst, momentan Autor der Aargauer Zeitung/Die Nordwestschweiz und Dozent an der Hochschule für Technik der FHNW in Windisch. Stephan Campi, lic. phil., ist Generalsekretär des Departements Gesundheit und Soziales des Kantons Aargau. Er arbeitet seit 16 Jahren in der Kantonsverwaltung und war zuvor 6 Jahre als Hauptlehrer an der Berufsfachschule BerufsBildungBaden tätig. In seiner Lizenziats­ arbeit untersuchte er Emil Kellers Beitrag zur Verstaatlichung der aargauischen Elektrizitätspolitik. Franz Cavigelli war nach dem Studium der Germanistik und Geschichte 1977–1992 Lektor und Programmleiter bei den Buchverlagen Diogenes, Ex Libris, Benziger und Manesse und von 1992 bis zu seiner Pensionierung 2008 Leiter des Bücherdienstes der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia. Jürg Dedial, geboren 1947, studierte Geschichte, Geografie und Nordistik in Zürich und Vancouver. Studienaufenthalte in Ottawa, Toron­to, Washington und London. Promotion mit einer Arbeit über die nordatlantischen Beziehungen. Von 1977 bis 2012 Mitglied der Ausland­ redaktion der NZZ, seither freier Autor. Jeroen Dewulf ist Direktor des Instituts für Europäische Studien an der University of California, Berkeley, wo er auch Professor für Germanistik, Niederlandistik und Lusitanistik ist. Er promovierte an der Universität Bern mit seiner Doktorarbeit Brasilien mit Brüchen. Schweizer unter dem Kreuz des Südens (2007). Er ist Nachlassverwalter von Hugo Loetscher. Sein letztes Buch war Spirit of Resistance: Dutch Clandestine Literature during the Nazi Occupation (2010).

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Ursula Eichenberger studierte Geschichte und später Non­profit Management, arbeitete als Journalistin für die Neue Zürcher Zeitung, die Weltwoche sowie die SonntagsZeitung und war beim Tages-­Anzeiger während zehn Jahren Redaktorin für Sozial- und Gesellschaftsthemen. Seit 2005 ist sie als Buchautorin sowie für Non-Profit-Organisationen (vor allem Unicef Schweiz) tätig. Bernadette Ernst, lic. phil., arbeitet seit über 30 Jahren bei der Zentralbibliothek in Zürich. Heute ist sie Leiterin der Medienbearbeitung Einzelwerke. Sie ist verantwortlich für den Einkauf und die Bearbeitung von Büchern, zudem für den Einkauf von Materialien für die Spezialabteilungen. Ausserdem betreut sie das Fachreferat Schweizer Geschichte. Sie hat Allgemeine Geschichte und Neuere Deutsche Literatur an der Universität Zürich studiert und bei Prof. Urs Bitterli abgeschlossen. Sandra Huber-Ingold, lic. phil. I/MAS Applied Ethics, ist seit 2014 als Senior Environmental Management Specialist bei der Klimastiftung Schweiz tätig. 2005–2014 war sie Dozentin an verschiedenen Fachhochschulen im Bereich Corporate Social Responsibility und Unternehmensethik. Zuvor arbeitete sie während zehn Jahren als Sustainability Manager und Informationsspezialistin beim Rückversicherer Swiss Re. Rainer Kühn, geboren 1943 und aufgewachsen im Badischen, lebt seit Ende der 1960er-Jahre als Buchhändler, Journalist und Korrektor (in dieser Reihenfolge) in Hamburg. Als Korrektor hat er u. a. Urs Bitterlis Biografien von Golo Mann und Jean Rudolf von Salis gelesen. Claudia Kühner hat Politologie, Geschichte und Anglistik studiert. Sie war Redaktorin und Nahostkorrespondentin der Luzerner Neusten Nachrichten, Redaktorin beim NZZ-Folio, stellvertretende Chefredaktorin der Weltwoche, Ressortleiterin Hintergrund und Kultur sowie Auslandredaktorin beim Tages-Anzeiger.

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Peter von Matt, geboren 1937. 1976–2002 Ordinarius für Neuere Deutsche Literatur an der Universität Zürich. 1980 Gastprofessor an der Stanford University, USA; 1992/93 Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin. Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung Darmstadt, der Akademie der Künste Berlin und des Ordens «Pour le mérite». Zahlreiche Bücher zur Literatur- und Kulturgeschichte. Publizistische Tätigkeit an Schweizer und deutschen Medien. 2012 Schweizer Buchpreis, 2014 Goethe-Preis der Stadt Frankfurt. Reinhard Meier, Dr. phil., geboren 1945 in Uetikon am Zürichsee. Studium der Germanistik und Anglistik an der Universität Zürich, Redaktor beim Argentinischen Tageblatt in Buenos Aires, NZZ-Kor­ respondent in Moskau, Bonn und Washington, Auslandredaktor der Neuen Zürcher Zeitung, heute Redaktor und Kommentator bei der Inter­netzeitung journal21. Kathrin Meier-Rust, Dr. phil., geboren 1945. Studium der Geschichte und Anglistik in Zürich. Freie journalistische Tätigkeit aus Moskau, Bonn und Washington D. C., u. a. für NZZ, NZZ-Folio und Weltwoche. 1995–2002 Redaktorin bei der Weltwoche, 2002–2010 Leiterin des Ressorts Wissen bei der NZZ am Sonntag. Heute Mitarbeiterin der Beilage «Bücher am Sonntag» der NZZ am Sonntag. Christof Münger, Dr. phil, geboren 1967, ist Co-Leiter des Ressorts International beim Tages-Anzeiger. Bevor er 2006 zum «Tagi» stiess, war er Ausland-Redaktor bei der Aargauer Zeitung sowie Assistent am Center for Security Studies der ETH Zürich. Er promovierte bei Kurt R. Spillmann und Urs Bitterli mit einer Arbeit über die Berlinkrise Anfang der 1960er-Jahre. Vor seinem Studium an der Universität Zürich unterrichtete der ausgebildete Primarlehrer mehrere Jahre in Frauenfeld. Felix Münger, lic. phil., ist Kultur-Journalist bei Radio SRF. ­Daneben unterrichtet er Geschichte und Politik am Bildungszentrum für Technik BZT in Frauenfeld. Er ist Autor des Sachbuchs Reden, die ­Geschichte schrieben. Stimmen zur Schweiz im 20. Jahrhundert.

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Manfred Papst, geboren 1956 in Davos. Studium der Sinologie, Germanistik, Kunstwissenschaft und Geschichte in Zürich. 1980 bis 1988 Tätigkeit als Deutschlehrer sowie als Korrektor, Übersetzer, Lektor und Herausgeber. 1989 bis 2001 Programmleiter des Buchverlags der Neuen Zürcher Zeitung. Daneben regelmässige Beiträge zu Literatur und Musik in der NZZ. Als Gründungsmitglied der NZZ am Sonntag seit 2002 deren Ressortleiter Kultur. Träger des Alfred-Kerr-Preises für Literaturkritik 2015. Ursula Pieper-Reutimann, Dr. phil., ist ehemalige Lehrbeauftragte für Geschichte an der Kantonsschule Hohe Promenade in Zürich und freischaffende Historikerin. Nach ihrem Geschichts- und Romanistik-Studium an den Universitäten Genf und Zürich promovierte sie mit einer Arbeit über die Rolle der Schweiz in Romain Rollands politischen Schriften zum Ersten Weltkrieg. Ralph Pöhner, Mitgründer der Online-Portale Medinside und ­finews.ch. Studium der Geschichte, Wirtschaftswissenschaften und Soziologie in Zürich und Madrid. Assistent und Dozent am Historischen Seminar der Universität Zürich. War u. a. Redaktor der Wirtschafts-Nachrichtenagentur AWP und der Berner Zeitung, Kulturchef und stellvertretender Chefredakteur bei Facts, Wirtschaftschef der Weltwoche, Reporter beim Tamedia-Newsnetz und Autor für Die Zeit. Letzte Buchpublikation: Wer regiert die Schweiz? (mit M. Daum und P. Teuwsen, 2014). Denise Schmid studierte Geschichte und Anglistik in Zürich und Berlin und liess sich in PR-Beratung und Journalismus in München ausbilden. Ab 1996 war sie als Redaktorin und Pressesprecherin für zwei Grossunternehmen tätig. Seit 2002 ist sie selbstständige Publizistin und Redaktorin für Publikationen aus dem Unternehmensund Kulturbereich, unter anderem ist sie Mitautorin eines Buchs über das Opernhaus Zürich. Ausserdem ist sie Präsidentin des Zürcher Universitätsvereins (ZUNIV).

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Paul Schneeberger, Dr. phil., geboren 1968, hat bei Urs Bitterli zur Rezeption des «Anschlusses» Österreichs an Deutschland im Jahr 1938 dissertiert. Er ist seit 2001 Inlandredaktor bei der Neuen Zürcher Zeitung und publiziert zu Raumentwicklung, Verkehr und öffentlichem Dienst. Daneben Herausgabe von Buchpublikationen, zum Beispiel Schweizer Mobiliar – Ikonen des öffentlichen Raums, 2008, oder Städtisches Leben in den Agglomerationen der Schweiz, in der Reihe: «Die neue Polis» (Hg. Georg Kreis), 2015. Lukas M. Schneider arbeitet seit 2001 bei der Eidgenössischen Steuer­­ verwaltung. Zuerst als Leiter der Kommunikation, seit 2006 als Projektleiter von steuerpolitischen Geschäften. Zuvor war er von 1999 bis 2001 Redaktionsleiter der Schweizer Revue. Er promovierte 1997 an der Universität Zürich mit einer Arbeit über die Geschichte der organisierten Auswanderung aus der Schweiz. 2004 erwarb er den Executive Master of Corporate Communication Management an der Fachhochschule Nordwestschweiz in Olten. Fritz Stern, geboren 1926 in Breslau, ist University Professor Emeritus an der Columbia University, wo er von 1953 bis 1996 Neuzeitliche Europäische Geschichte lehrte. Er ist Autor von verschiedenen Büchern, u. a. Gold und Eisen: Bismarck und sein Bankier Bleichröder, 1978, und mit Elisabeth Sifton, Keine gewöhnlichen Männer: Dietrich Bonhoeffer und Hans von Dohnanyi im Widerstand gegen Hitler, 2013. Fritz Stern erhielt 1994 den Orden «Pour le mérite» und 1999 den Friedens­preis des Deutschen Buchhandels. Barbara Stüssi-Lauterburg, lic. phil., studierte Allgemeine Geschichte, Musikwissenschaft und Italienische Literatur an der Universität Zürich. Sie war Assistentin am Lehrstuhl für Alte Geschichte (Prof. Franz Georg Maier) und ist seit der Familiengründung frei­ beruflich tätig, u. a. für das Museum Aargau im Bereich Vindonissa-­ Königsfelden-Habsburg.

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Jürg Stüssi-Lauterburg, geboren 1954, Bürger von Zürich, Fällanden und Maur, ist verheiratet und lebt in Windisch. Er hat an der Universität Zürich summa cum laude promoviert und leitet seit 1984 die Eidgenössische Militärbibliothek, aus der 2007 die Bibliothek am Guisanplatz in Bern geworden ist. Er hat einige Bücher und Artikel verfasst, seiner Wohngemeinde als Gemeinderat, seinem Wohnkanton als Grossrat und seinem Heimatland als Soldat gedient. Klaus Urner baute ab 1966 zusammen mit seinem Team das Archiv für Zeitgeschichte auf, das seit 1974 zur ETH Zürich gehört, und leitete dieses bis August 2007. Er promovierte mit einer Arbeit über Die Deutschen in der Schweiz, wurde 1973 Assistent von Jean-François Bergier und 1993 Titularprofessor der ETH Zürich. Er veröffentlichte diverse Beiträge zur Zeitgeschichte und ist Mitgründer mehrerer Stiftungen zur Sicherung historischer Quellen und zur Forschungsförderung. Werner Vogt, Dr. phil., Exec. MBA HSG, ist Gründer und Inhaber der in Medienarbeit, Ghostwriting und Corporate Publishing spezialisierten Werner Vogt Communications AG in Küsnacht ZH. Zuvor war er während 14 Jahren Journalist (NZZ-Auslandredaktor und Südafrika-Korrespondent) sowie über sieben Jahre Pressechef der Schweizer Börse/SIX. Er promovierte mit einer Arbeit über das Churchill-Bild in der NZZ. Werner Vogt ist Autor und Herausgeber/Mitherausgeber mehrerer Sachbücher über Geschichte, Politik und Wirtschaft. Werner Widmer, Dr. phil. (1940–2014), hat sich über Jahrzehnte seiner Lehr- und Forschungstätigkeit in Zürich intensiv mit der älteren Geschichte, den Sprachen sowie Kulturen des Nahen und Mittleren Ostens befasst und konnte sein Wissen und seine Begeisterung auf viele Mitmenschen übertragen, Er wäre glücklich gewesen, das Erscheinen seiner Publikation Hellas am Hindukusch noch erleben zu können. Er verstarb kurz vor ihrer Drucklegung. Urs und Irene ­Bitterli-Riesen haben einen treuen, liebenswürdigen und geist­ reichen Freund verloren.

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Urs Bitterli: Kurzbiografie Urs Bitterli wurde am 28. November 1935 in Gränichen im Kanton Aargau geboren, wo er die Primar- und Bezirksschule besuchte. 1955 erwarb er am Kantonalen Lehrerseminar in Wettingen (AG) das Primar­lehrerpatent und unterrichtete drei Jahre an der achtklassigen Gesamtschule in Leimbach (AG). Danach studierte er an den Universitäten Zürich und Paris Geschichte sowie deutsche und französische Literatur; 1964 doktorierte er über Thomas Manns politische Schriften zum Nationalsozialismus 1918–1939. Es folgten eine zweijährige Tätigkeit als Hauptlehrer für Geschichte und Deutsch an der Schweizerischen Alpinen Mittelschule Davos und eine Assistenz am Historischen Seminar der Universität Zürich. Nach längeren Studien­aufenthalten in London und Paris und nach der Wahl zum Hauptlehrer für Geschichte und Deutsch an der Neuen Kantonsschule Aarau habilitierte sich Urs Bitterli 1970 an der Universität Zürich mit der Schrift Die Entdeckung des schwarzen Afrikaners. Er lehrte ab 1978 vorerst mit beschränkter Lehrverpflichtung als ausserordent­ licher Professor für Allgemeine Geschichte der Neuzeit und ab 1995 als ordentlicher Professor an der Universität Zürich. Bitterli publizierte schwerpunktmässig zur Entdeckungs- und Kolonialgeschichte sowie zur Wissenschafts- und Geistesgeschichte. 2001 wurde er emeritiert.

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