Wenzel (Hrsg.): Volksherrschaft - Wunsch und Wirklichkeit

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© 2014 Verlag Neue Zürcher Zeitung, Zürich

Umschlag: Sujet: Max Bill, Variation n. 12, 1935–1938 © 2013, ProLitteris, Zürich Gestaltung: unfolded, Zürich Gestaltung, Satz: Gaby Michel, Hamburg Druck, Einband: Kösel GmbH, Altusried-Krugzell Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts. ISBN 978-3-03823-845-4

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Inhalt

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Uwe Justus Wenzel Einleitung

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Martin Meyer Die Zukunft der Demokratie

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Herfried Münkler Die Verdrossenen und die Empörten

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Mark Lilla Das leere Credo des 21. Jahrhunderts

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Jürgen Habermas Wie viel Religion verträgt der liberale Staat?

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Christoph Möllers Permanente Krise

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Christian Meier Kann es das geben, Volksherrschaft?

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Thomas Maissen Das Volk hat nicht immer recht

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Francis Cheneval Die eigentliche demokratische Zauberformel

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Daniel Thürer Mehr als nur Mehrheitsentscheid

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Leonhard Neidhart Wenn das Volk «direkt» herrscht

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Adolf Muschg Demokratie, oder: Die geraubte Braut

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Hans Maier Wird die Demokratie noch gespürt und wahrgenommen?

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Hermann Lübbe Folgelasten einer Erfolgsgeschichte

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Georg Kohler Ohne politische Kultur geht es nicht

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Bruno S. Frey Selbstbestimmung und Lebenszufriedenheit

85

Robert Nef Der Staat ist um des Einzelnen willen da

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Jörg Faust Demokratie und Wohlstand

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Claus Leggewie Die Demokratisierung der Demokratie

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Véronique Zanetti Selbstbestimmung und Gegenseitigkeit

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Otfried Höffe Auch die Volksherrschaft bedarf der Rechtfertigung

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Michael Hagner Der Preis der Wahrheit

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Georg Franck Was ist das: eine freie Gesellschaft?

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George Szpiro Unfaire Demokratie?

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Jan-Werner Müller Postdemokratie?

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Katrin Meyer Ist das Volk der König ?

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Felix Trautmann Die leere und die imaginäre Mitte

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Uwe Justus Wenzel Selbstbestimmung und Selbsttäuschung

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Herfried Münkler

Die Verdrossenen und die Empörten Steht die Demokratie am Scheideweg?

Um die Anerkennung der Demokratie steht es derzeit nicht zum Besten. Auf der einen Seite wird eine weitere Demokratisierung gefordert, bei der es um mehr Bürgerbeteiligung und ein höheres Mass an Transparenz gehen soll. Gleichzeitig wird jedoch auch voll Besorgnis auf den rasanten wirtschaftlichen Aufstieg Chinas und anderer ostasiatischer Staaten verwiesen; und diese Erfolge werden mit den schnellen Entscheidungen im Reich der Mitte und deren zügiger Umsetzung erklärt, während in den westlichen Demokratien alles sehr lange dauere. Demokratie und wirtschaftliche Prosperität scheinen nicht mehr so eng miteinander verbunden zu sein, wie dies in den letzten Jahrzehnten als selbstverständlich galt. Wir sind uns nicht mehr so sicher, wie noch vor zwanzig Jahren, dass zuverlässiger Wohlstand an eine demokratische Verfassung gebunden ist. Die Demokratie, so fürchten die einen, ist zur Blockadeherrschaft der Bedenkenträger degeneriert, während die anderen darauf bestehen, dass der aktuelle Verlust des Vertrauens in demokratische Entscheidungsverfahren nur durch die Ausweitung bürgerschaftlicher Mitsprache wettgemacht werden könne. Es scheint, als stünde die Weiterentwicklung der Demokratie an einem Scheideweg, an dem man sich zwischen einem Mehr an zeitlich befristetem Vertrauen in die Eliten und einem Mehr an bürgerschaftlicher Beteiligung (bis hin zu einem Mehr an direkter Demokratie) entscheiden müsse. Die Parolen für die Entscheidung zwischen diesen beiden Möglichkeiten sind jedenfalls schon ausgegeben: Der Etikettierung der jüngeren Entwicklungen als «postdemokratisch» steht die Befürchtung gegenüber, dass mehr Beteiligungsrechte zu einer Vermehrung der «Vetospieler» führen würden, sodass am Schluss die Demokratie zur organisierten Selbstblockade verkomme. Die in dieser Kontroverse zu beobachtende «Arbeit der Zuspitzung» ist freilich selbst ein gut demo19

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kratisches Verfahren, das alternative Entwicklungsperspektiven deutlich macht. Aber diese Arbeit ist nicht mit dem tatsächlichen Entscheidungsprozess zu verwechseln, in dem Kompromisse und Mittelwege gefunden werden. Gerade für die Demokratie gilt, dass nichts so heiss gegessen wird, wie es gekocht worden ist. Es ist jedoch nicht in Abrede zu stellen, dass sich die Rahmenbe­ dingungen für das Funktionieren der Demokratie in letzter Zeit verschlechtert haben – was mit der schwindenden Handlungsmacht des Staates und den Folgen einer wachsenden Einkommens- und Vermögensspreizung in den europäischen Gesellschaften zu tun hat. Beim klassischen Territorialstaat waren die politischen Grenzen immer auch wirtschaftliche Grenzen. So kontrollierte der Staat seine Währung, schützte und stimulierte seine Wirtschaft und konnte als der erste Adressat für die Wünsche und Forderungen der Bevölkerung auftreten. In Zeiten der Globalisierung, da sämtliche Grenzen an Bedeutung verloren haben, ist der Staat zwar nach wie vor der Adressat von Erwartungen, aber er hat viel von seiner früheren Handlungsmacht verloren. Die Folge ist eine sich schnell vergrössernde Lücke zwischen Erwar­ tungen und Fähigkeiten, und darüber wird die Erosion der Staatsmacht zur Krise der Demokratie. Anstatt auf die Verlagerung der Entscheidungszentren hinzuweisen, tun die Politiker nämlich so, als seien sie nach wie vor Herren der Lage. Da sie es aber immer weniger sind, sprechen sie von der «Alternativlosigkeit» ihrer Entscheidungen. Alternativlosigkeit aber ist eine Vorstellung, die, sobald sie häufiger kommuniziert wird, mit der Demokratie unvereinbar ist. Tatsächlich haben sich im Rücken der Politik Schwärme von Experten und Sachverständigen gebildet, die Gutachten erstellen, Ratschläge erteilen und die Talkshows füllen – und die allesamt ganz genau wissen, was zu tun ist, um ein Problem zu lösen. Aber da sie nicht dasselbe wissen und vorschlagen, stellen sie keine Bedrohung für die Alternativen-Bedürftigkeit der Demokratie dar. Und sobald sie in die Talkshows gehen, beraten sie nicht nur die politische Klasse, sondern auch «das Volk», das in der Beobachtung des öffentlich ausgetragenen Dissenses sich seine eigene Meinung bilden kann. Diese Meinung ist für den politischen Prozess nicht folgenlos, sondern wird permanent von der Demoskopie gemessen. Demoskopie ist direkte Demokratie light. 20

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Sehr viel bedrohlicher sind die Prozesse der Beschleunigung, die innerhalb von Stunden über den Globus fegen und von keinerlei Grenzen aufgehalten oder verlangsamt werden. Vor allem die Finanzmärkte haben Dynamiken entwickelt, mit denen sie die Politik vor sich hertreiben und ihr die Agenda vorschreiben. Es ist der immer grössere Zeitdruck, unter dem Entscheidungen gefällt werden, der die demokratische Mitwirkung des Volkes in eine nachträgliche Beurteilung der Folgen von Entscheidungen verwandelt. Selbstverständlich können die politischen Eliten hinterher für das, was sie entschieden haben, durch Machtentzug abgestraft werden; aber die einmal getroffenen Entscheidungen sind in der Regel nicht mehr rückgängig zu machen. Die aktive Mitwirkung des Volkes am politischen Prozess wird auf Lappalien beschränkt, während in fast allen wichtigen Fragen nur noch der Output beurteilt werden kann. Der Ausgang der anstehenden Wahlen entscheidet sich dann daran, ob eine Mehrheit mit diesem Output zufrieden oder unzufrieden ist. Einige Historiker und Politikwissenschafter meinen, dass das schon immer so gewesen sei. Aber selbst dann bleibt doch der Unterschied, dass dies noch nie so offen zutage getreten ist wie jetzt. Die «Politik­ verdrossenheit» hat darin eine ihrer Ursachen. – Es kommt hinzu, dass es den westlichen Gesellschaften seit den 1980er-Jahren zunehmend schwerer fällt, den intuitiven Gerechtigkeitsvorstellungen der Menschen zu genügen, mit denen sie den Output von Politik und Wirtschaft beurteilen. Vereinfacht ausgedrückt, laufen diese Vorstellungen darauf hinaus, dass Einkommens- und Vermögensunterschiede akzeptiert werden, wenn sie nicht gar zu gross sind und wenn gleichzeitig gute Arbeit angemessen entlohnt wird. Das aber ist zunehmend weniger der Fall, die Einkommensschere klafft immer weiter auseinander; und die Beispiele derer häufen sich, die durch ein paar geschickte Spekulationen zu einem gewaltigen Vermögen gekommen sind. Diese Effekte der Märkte mit politischen Mitteln zu begrenzen, wird von einer Mehrheit der Bevölkerung erwartet. Aber augenscheinlich tut sich die Politik schwer damit. Und so kommen zu den «Verdrossenen» die «Empörten» hinzu, die, denen die politischen und wirtschaftlichen Eliten zum Objekt des Zorns und der Wut geworden sind und die mit demonstrativen Methoden 21

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ihre Verachtung für «das System» zum Ausdruck bringen. Ihr Problem ist, dass sie nicht wirklich wissen, was und wie etwas anders gemacht werden kann. Sie drücken Empörung aus, ohne konkrete Alternativen ins Spiel bringen zu können. Der Zerfall des «Volkes» in Verdrossene auf der einen und Empörte auf der anderen Seite ist für die Demokratie gefährlich. Hier können direktdemokratische Verfahren hilfreich sein, wenn sie die Verdrossenen aus ihrer Lethargie holen und die Empörten zwingen, Alternativen zu formulieren und dafür Mehrheiten zu gewinnen. Schliesslich ist der Wohlfahrtsstaat, der seit den 1980er-Jahren zwecks Korrektur der ökonomischen Output-Effekte immer weiter gewachsen ist, an die Grenzen seiner Finanzierbarkeit gestossen. Die jetzt in viele Staatshaushalte eingebaute «Schuldenbremse» soll dafür sorgen, dass die gegenwärtigen Generationen nicht auf Kosten der zukünftigen leben. Die Folgen dieser Selbstbegrenzung dürften schon bald spürbar werden, und sie werden die politischen Konflikte, die lange wohlfahrtsstaatlich gedämpft werden konnten, deutlich verschärfen. Die Zuspitzung der Konflikte wird in Europa freilich unterschiedlich ausfallen, je nachdem, wie ausgeprägt die sozialen Bremsspuren infolge der neuen Fiskalpolitik sind. Dem europäischen Süden zumindest steht ein Jahrzehnt politischer Instabilität bevor. Kann man sich in dieser Situation einen besseren Mechanismus zur Aushandlung unterschiedlicher Erwartungen und konfligierender Interessen vorstellen als die Demokratie? – Man sollte sie freilich ruhig und gelassen betrachten, als ein Verfahren nämlich, das politische Prozesse unter grösstmöglicher Beteiligung der davon Betroffenen organisiert. Die Demokratie ist jedoch kein Zauberstab zur Veränderung von Ausgangslagen und Rahmenbedingungen. Ihr Problem ist die Erwartungsüberfrachtung, die sich in den letzten Jahrzehnten aufgebaut hat. So betrifft der Begriff «Postdemokratie» weniger die realen Probleme, mit denen eine Demokratie zu tun hat, als vielmehr die überspannten Erwartungen im Hinblick auf ihre Problembearbeitungskapazität. Deswegen ist das Projekt der weiteren Demokratisierung der Demokratie riskant, wenn es diesen Erwartungen weiterhin frönt, anstatt sie abzubauen. Ein grosser Vorzug direkter Demokratie kann in der Er22

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ziehung zu politischer Urteilskraft bestehen. Aber das funktioniert eher in kleinen als in grossen Staaten. Als Winston Churchill die Demokratie als die beste unter den schlechten Regierungsformen bezeichnete – «Democracy is the worst form of government, except for all those other forms, that have been tried from time to time» –, hatte er dabei, von seiner Vorliebe für paradoxe Formulierungen einmal abgesehen, ein tatsächliches Problem im Auge: die normative Überlastung der Demokratie, die regelmässig zu Enttäuschung und Wut führt. Es sind die, die von der Demokratie alles und insbesondere Wunderdinge erwarten, die für sie am gefährlichsten sind. Der «Wutbürger», von dem zuletzt häufiger die Rede war, ist das Produkt seiner eigenen überzogenen Erwartungen. (25. 4. 2012)

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Uwe Justus Wenzel

Selbstbestimmung und Selbsttäuschung Über einige Abgründe des Projekts «Volksherrschaft»

Angenommen, es gäbe in einem freien Land einen Geheimdienst, der unter Beachtung aller Spielregeln einer rechtsstaatlichen Demokratie eingerichtet, mithin von der Mehrheit gewollt worden wäre; und weiter angenommen, dieser Geheimdienst überwachte, aus Gründen der Sicherheit, sämtliche elektronische Kommunikation der Landesbewohner: Wäre die Bespitzelung der Bürgerinnen und Bürger dann so etwas wie deren Selbstbespitzelung und also – eigentlich – gar keine Bespitzelung? Es fiele schwer, das zu glauben. Wird aber (mit einem oder zwei Körnchen Salz) nicht etwas Ähnliches zu glauben nahegelegt, wenn gesagt wird, Demokratie sei, weil das Volk über sich selbst herrsche, eine Selbstherrschaft und darum – eigentlich – gar keine Herrschaft mehr? Lastet, anders gefragt, auf dem Gedanken demokratischer Selbstbestimmung und Selbstregierung der Verdacht der Selbsttäuschung? Unter denen, die einen solchen Verdacht genährt haben, ist Hans Kelsen einer der scharfsichtigsten. Der Rechtstheoretiker, Staats- und Völkerrechtler österreichischer Herkunft, dessen Bedeutung für die Jurisprudenz bis auf den heutigen Tag kaum zu überschätzen ist, war ein Freund der Demokratie – und ein Freund der Freiheit. In seiner schmalen, äusserst gehaltvollen und keineswegs fachjuristischen Schrift Vom Wesen und Wert der Demokratie (1920 erschienen, 1929 in erweiterter Fassung) akzentuiert er den «Urinstinkt» der Freiheit, der die Idee der Demokratie ins Leben rufe – einer Freiheit, die zunächst einmal identisch sei mit der Zurückweisung von Fremdbestimmung, mit dem Protest des Individuums gegen den «fremden Willen». Dieser im Grunde anarchische Impuls sei mit dem Verlangen nach Gleichheit verschwistert, gehe ihm aber voraus. In Anbetracht dessen mutet es Kelsen wie eine «fast rätselhafte Selbsttäuschung» an, wie eine mysteriöse «Metamorphose» des Frei138

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heitsgedankens, wenn von Selbstbestimmung auch dort noch gesprochen werde, wo der Wille der Mehrheit Geltung beanspruche und den des Einzelnen übermächtige. Vollends dann, wenn ein «geheimnisvoller Gesamtwille» und die «geradezu mystische Gesamtperson» des Staates auftauchten, finde eine «Verschiebung des Subjekts» der Selbstbestimmung statt: vom Individuum zum Kollektiv. Man dürfte es wohl auch eine Vertauschung des Subjekts nennen, ein Quiproquo. Welcher Täuschung das demokratische Individuum – wie man es titulieren mag – dabei erliegt, lässt sich unter Zuhilfenahme der berühmten Formel aus Jean-Jacques Rousseaus Contrat social beschreiben: Das Indi­ viduum glaubt, in einer politischen Assoziation zu leben, in der «jeder, indem er sich mit allen vereinigt, nur sich selbst gehorcht und genauso frei bleibt wie zuvor». Solche Selbsttäuschung habe Erfolg, so deutet Kelsen – in diesem Punkt nicht ganz luzide zwar – an, weil der als Subjekt kollektiver Selbstherrschaft verstandene Staat wie ein «Schleier» wirke: Er verdecke «das dem demokratischen Empfinden unerträgliche Faktum einer Herrschaft von Mensch über Mensch». Unerträglich, aber eben unvermeidlich: Das Projekt demokratischer Selbstbestimmung ist von Tragik umweht. Und es ist anscheinend geheimnisumwittert. Kelsen charakterisiert, was da vor sich und irgendwie nicht ganz mit rechten Dingen zugeht, als rätselhaft und mystisch, wahlweise auch als «transzendent» oder «metaphysisch». Quasireligiöse Ausdrücke mögen sich aufdrängen angesichts einer wundersamen Transsubstantiation. Vor und nach Kelsen haben andere kluge Köpfe sich solchen Vokabulars ebenfalls bedient, um Illusionen und Fiktionen demokratischer Herrschaft zu entlarven und so Entmythologisierung zu betreiben. Auch Karl Marx tat es, hegte allerdings, zumindest in jüngeren Jahren, gleichwohl die rousseauistische Hoffnung, die Demokratie werde sich dereinst als «das aufgelöste Rätsel aller Verfassungen» erweisen – dann nämlich, wenn die Identität der Regierenden und Regierten «wirklich» realisiert sei, wenn dem Individuum wie dem Gattungswesen Mensch seine eigenen Lebenskräfte nicht mehr in entfremdeter, verselbstständigter Gestalt, nicht mehr im Staat also, gegenüberträten. Nicht nur der Überschwang des jungen Marx gibt Anlass zu der Vermutung, dass die Selbsttäuschung in Sachen demokratische Selbst­ 139

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bestimmung von einem Wunsch nach so etwas wie erweiterter Selbst­ übereinstimmung befördert oder bewirkt werde. Um es vulgär- oder populärpsychologisch zu formulieren: Es könnte eine Sehnsucht nach Vereinigung und Verschmelzung mit dem Kollektiv sein, die den «staatsfeindlichen Urinstinkt» (wie Kelsen ihn auch apostrophiert) dazu überredete, sich im – demokratischen – Staat zu Hause und in seinen Möglichkeiten nicht beschnitten zu fühlen. Etwas davon schwingt in dem Enthusiasmus mit, der in Rousseaus Wendung von der «völligen Entäusserung» – «aliénation totale» – eines jeden Einzelnen an das Gemeinwesen hörbar wird. Wenn Kelsens Annahme zweier «Urinstinkte» nicht völlig abwegig ist, könnte vermutet werden, dass sich in der Sehnsucht die «andere» – dunkle? – Seite desjenigen Impulses bemerkbar mache, der in Richtung Gleichheit treibt. Dem Kollektiv, an das sich die Individuen in dieser demokratischen Phantasie entäussern, wird freilich seinerseits auch Freiheit zugeschrieben, eine potenzierte Freiheit gar, die auf den Namen «Volkssouveränität» hört. Sie manifestiert sich als eine Art Urgewalt, als Gründungsmacht, die mehr vermag, als je ein «absoluter» Fürst vermochte oder ein mittelalterlicher Monarch, der nur der Repräsentant einer vor-, nämlich gottgegebenen Weltordnung war. Die Macht des souveränen Volks hat auf Erden ihresgleichen nicht, und vielleicht ist der Sog, der von ihr ausgeht, darum so unwiderstehlich. Diese Macht macht aus Chaos Ordnung, sie erschafft aus dem Nichts eine ganze – politische – Welt. Das zumindest suggeriert die für Schwärmereien sonst nicht bekannte Rechtslehre des demokratischen Verfassungsstaates, wenn sie zu beschreiben versucht, was es mit der «verfassunggebenden Gewalt» auf sich habe: Aus dem normativen Nichts zaubert diese Gewalt eine rechtliche Grundordnung – und sie kann sie ebendarum auch wieder verschwinden lassen, in ein Nichts zurückverwandeln. Die verfassunggebende Gewalt selbst ist janusköpfig, als Grund der Ordnung mithin auch deren Abgrund. Dass ihr etwas Überirdisches (und bisweilen auch Unterirdisches) anzuhaften scheint, liegt wohl kaum daran, dass Emmanuel Joseph Sieyès, der ihren Begriff geprägt hat – den Begriff des «pouvoir constituant» –, Theologe war. Es hat viel eher damit zu tun, 140

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dass der Abbé auf der intellektuellen Hinter- und der politischen Vorderbühne der Französischen Revolution tätig war: in dem historischen Augenblick, in dem sich die schaffende und die vernichtende Macht des neuen Souveräns gleichermassen zeigten. Geschichtsträchtige Momente, Ausnahmesituationen, so liesse sich spekulieren, sind es auch, in denen individuelle und kollektive Freiheit, anarchischer Impuls und Gemeinschaftserlebnis, zusammenfallen, in denen, was sonst Fiktion oder Selbsttäuschung ist, sich ereignet – als Aufbruch in die Freiheit. In solchen Momenten ist die alte Ordnung suspendiert, eine neue noch nicht errichtet. Ist eine neue – eine demokratische – aber etabliert, so ändert sich die Szenerie. Die Volkssouveränität wird im rechtlichen Regelwerk der Institutionen und Verfahren, und seien es solche direktdemokratischer Natur, domestiziert. Unter Verfassungsjuristen gehen die Meinungen darüber auseinander, ob die Rolle der verfassunggebenden Gewalt sich in der (sei es tatsächlichen, sei es bloss unterstellten) Verfassunggebung erschöpfe oder ob der «pouvoir constituant» als vorrechtlicher Grund des Rechts und damit als eigentlicher Grenzbegriff der Verfassung in ihr einen Platz haben soll. Ernst-Wolfgang Böckenförde hat die verfassunggebende Gewalt als «Kraft und Autorität» des Volkes definiert, die Verfassung in ihrem Geltungsanspruch «hervorzubringen, zu tragen und aufzuheben». Als solche sei sie «fortdauernd existent» und könne nicht zum Schweigen gebracht werden. Wie sie sich freilich vernehmlich macht, ist eine andere Frage. Selbst in direktdemokratischen Entscheidungsverfahren, da sie ja durchaus geregelt sind, tritt der Souverän stets schon als konstituierte, gebändigte Gewalt auf, als «pouvoir constitué». Pragmatisch und um Ge­ lassen­heit bemüht könnte man es sich so zurechtlegen: Der «pouvoir constituant», von dem Sieyès sagte, er befinde sich «immer im Naturzustand», bleibt als solcher – als ungebundener – weitgehend unhörbar und unsichtbar, während er die Verfassung «trägt». Gelegentlich fängt die Demoskopie ein Raunen und Murren des Demos auf, der sich dann mit den Anfangszeilen eines einschlägigen Gedichts Bertolt Brechts fragen mag: «Die Staatsgewalt geht vom Volke aus. / – Aber wo geht sie hin?» Spuren der unreglementierten, dann freilich zersplitterten Macht des Souveräns mögen sich ausserdem in den spontanen, instink141

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tiv «staatsfeindlichen» Regungen eigensinniger, querulatorischer, also freiheitsliebender Einzelner finden. Als kollektive Urgewalt, als Grund wie als Grenze des demokratischen Gemeinwesens, meldet der Souverän sich, wenn aus der Verfassung, die er sich einst gegeben hat, alles Leben gewichen, wenn ihre normative, bindende Kraft verausgabt ist. Im Normalzustand tritt der Souverän in seiner ganzen Majestät allenfalls auf Papier in Erscheinung – in den feierlichen Eingangsformeln mancher Konstitutionen: «Wir, das Volk …, geben uns die folgende Verfassung …» Allerdings – aber dies nur nebenbei – begegnen dem scheinbar Omnipotenten auf diesem Papier nicht selten Präambelgötter oder (immer öfter) deren zivilreligiöse Nachfahren, die ihn in seiner Selbstherrlichkeit ein wenig zurückstutzen. Dem sich konstituierenden Volk ist dann etwa eine «Verantwortung gegenüber der Schöpfung» oder ein «Wissen um die Grenzen menschlicher Macht» mitgegeben. Es wird da der Souverän sozusagen von der Ahnung seiner Abgründe beschlichen – und er redet sich ins Gewissen, seine Macht nicht zu missbrauchen. Diese Selbstbeschränkung kann sich, wenn es zur Sache geht, als eine Selbsttäuschung entpuppen. Und was ist mit der – partiellen – Selbsttäuschung des Individuums, das die Selbstorganisation des demokratischen Gemeinwesens für seine eigene Selbstbestimmung hält? Sie zur Kenntnis zu nehmen, heisst nicht, die Weisheit von Churchills Sentenz zu bestreiten, wonach die Demokratie die schlechteste aller Regierungsformen sei – «mit Ausnahme aller anderen». Alle anderen politischen Herrschaftssysteme geben überhaupt keinen Grund, sich über sie Illusionen zu machen – geschweige denn, sie als Versprechen zu verstehen. (29. 7. 2013)

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Autoren

Francis Cheneval Geboren 1962 in Bern. Studium der Philosophie in Freiburg und der Politikwissenschaft in Washington; Promotion 1995. Seit 2011 Professor für politische Philosophie an der Universität Zürich; Arbeitsschwerpunkte: normative Probleme der europäischen Integration, globale Gerechtigkeit, Demokratietheorie, Geschichte des politischen Denkens. Mitarbeit beim NCCR «Challenges to democracy in the 21st century». Bücher über Dantes Monarchia und über die Entstehung des supranationalen und kosmopolitischen Denkens der Moderne; 2006 ist La Cité des Peuples. Mémoires de cosmopolitsmes erschienen, 2011 The Government oft the Peoples. On the Idea and Principles oft Multilateral Democracy. Jörg Faust Geboren 1967 in Worms. Studium der Betriebswirtschaftslehre, Volkswirtschaftslehre und Politikwissenschaft in Mannheim; Promotion in Politikwissenschaft 1999 in Mannheim. Er ist Leiter der Abteilung «Governance, Staatlichkeit, Sicherheit» am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE) in Bonn und Koordinator eines interdiszipli­ nären Forschungsprojektes, das die Zusammenhänge zwischen poli­ tischen Institutionen und inklusiver wirtschaftlicher Entwicklung untersucht. Zahlreiche einschlägige Publikationen. 2001 ist die Monografie Diversifizierung als aussenpolitische Strategie: Chile, Mexiko und das pazifische Asien erschienen, 2012 Evaluation of budget support in Zambia: implementation, direct effects and political economy (gemeinsam mit Stefan Leiderer verfasst).

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Georg Franck Geboren 1946 in Schwäbisch Hall. Studium der Philosophie, Architektur und Volkswirtschaftslehre, Promotion in Volkswirtschaftslehre. Seit 1994 Professor für digitale Methoden in Architektur und Raumplanung an der Technischen Universität Wien. Bücher u. a. über Stadtentwicklung, Raumplanung und Architektur sowie über die Ökonomie der Aufmerksamkeit. 2005 ist sein Essay Mentaler Kapitalismus. Eine politische Ökonomie des Geistes erschienen. Bruno S. Frey Geboren 1941 in Basel. Studium der Nationalökonomie in Basel und Cambridge; Promotion 1965. Von 1970 bis 1977 Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Konstanz, von 1977 bis zur Emeritierung an der Universität Zürich. Derzeit Professor für Verhaltenswissenschaft an der University of Warwick (UK) sowie Forschungsdirektor des Center for Research in Economics, Management and the Arts in Zürich sowie Gastprofessor an der Zeppelin-Universität Friedrichshafen. Arbeitsschwerpunkte: Politische Ökonomie, Verhaltensökonomie, Glücksforschung, Corporate Governance. Über 350 Aufsätze in Fachzeitschriften; zahlreiche Buchpublikationen. 2008 ist Happiness: A Revolution in Economics erschienen, 2010 in zweiter Auflage Glück. Die Sicht der Ökonomie (gemeinsam mit Claudia Frey Marti verfasst). Jürgen Habermas Geboren 1929 in Düsseldorf. Studium der Philosophie, Geschichte, Psychologie und anderer Fächer in Göttingen, Zürich und Bonn; Promotion 1954. Professuren für Philosophie in Heidelberg, Frankfurt am Main und, nach zehn Jahren am Starnberger Max-Planck-Institut zur Erforschung der Lebensbedingungen der wissenschaftlich-technischen Welt, das er zusammen mit Carl Friedrich von Weizsäcker leitete, ab 1983 erneut in Frankfurt; Emeritierung 1994. Über 40 Bücher, u. a. Erkenntnis und Interesse (1968), Theorie des kommunikativen Handelns (1981), Faktizität und Geltung. Beiträge zur Diskurstheorie des Rechts und des demokratischen Rechtsstaates (1992), Zwischen Naturalismus und Religion (2005). 2013 ist der zwölfte Band der Kleinen Politischen Schriften unter dem Titel Im Sog der Technokratie erschienen. 144

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Michael Hagner Geboren 1960 in Bochum. Studium der Medizin und Philosophie an der Freien Universität Berlin; Promotion zum Dr. med. 1987. Nach Forschungen am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin und Gastprofessuren in Salzburg, Tel Aviv sowie Frankfurt am Main ist er seit 2003 Professor für Wissenschaftsforschung an der ETH Zürich. Buchpublikationen u. a.: Homo cerebralis. Der Wandel vom Seelenorgan zum Gehirn (2000), Geniale Gehirne. Zur Geschichte der Elitegehirnforschung (2004), Der Hauslehrer. Die Geschichte eines Kriminalfalls. Erziehung, Sexualität und Medien um 1900 (2010). 2012 ist der von ihm herausgegebene Sammelband Wissenschaft und Demokratie erschienen. Otfried Höffe Geboren 1943 in Leobschütz (Oberschlesien). Studium der Philosophie, Geschichte, Theologie und Soziologie in Münster, Tübingen, Saarbrücken und München; Promotion 1971. Nach einer Professur an der Universität Duisburg war er von 1978 bis 1992 Inhaber des Lehrstuhls für Ethik und Sozialphilosophie sowie Direktor des Internationalen Instituts für Sozialphilosophie und Politik in Fribourg. Von 1992 bis zur Emeritierung 2011 war er Professor für Philosophie an der Universität Tübingen; seit 1994 leitet er dort die von ihm gegründete Forschungsstelle für politische Philosophie. Seit 2009 Vorsitzender der Schweizer Nationalen Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin. Über 20 Monografien, u. a. über Aristoteles, Kant, Hobbes, Moralphilosophie und politische Philosophie, Medizinethik, Gerechtigkeit, Tugend und Lebenskunst. 2013 ist Ethik. Eine Einführung erschienen, 2009 Ist die Demokratie zukunftsfähig? Über moderne Politik. Georg Kohler Geboren 1945 in Konolfingen. Studium der Philosophie, Literatur- und Rechtswissenschaften in Basel und Zürich; Promotion in Philosophie 1980. Nach einer Lehrstuhlvertretung in München von 1994 bis zur Emeritierung 2010 Professor für politische Philosophie an der Universität Zürich. Zahlreiche Publikationen zu philosophischen und politischen Themen. 2005 ist die Essaysammlung Über das Böse, das Glück 145

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und andere Rätsel erschienen, 2010 Bürgertugend und Willensnation. Über den Gemeinsinn und die Schweiz. Claus Leggewie Geboren 1950 in Wanne-Eickel (Ruhrgebiet). Studium der Geschichte und Sozialwissenschaften in Köln und Paris; Promotion 1979 in Göttingen. 1989 bis 2007 Professor für Politikwissenschaft an der Universität Giessen. Seit 2007 Direktor des Kulturwissenschaftlichen Instituts ­Essen (KWI). Rund 20 Bücher, u. a. über Multikulturalismus, Rechts­ radikalismus, Globalisierung, die Türkei und Europa, Moscheen in Deutschland, Klimapolitik. 2011 sind Der Kampf um die europäische Erinnerung (zusammen mit Anne Lang verfasst) sowie Mut statt Wut: Aufbruch in eine neue Demokratie erschienen. Mark Lilla Geboren 1956 in Detroit (Michigan). Studium der Ökonomie und Politikwissenschaft. 1980 bis 1984 Redaktor der Vierteljahreszeitschrift The Public Interest; 1990 PhD. Seit 2007, nach Professuren an der New York University und der University of Chicago, ist er Professor für Geisteswissenschaften mit dem Schwerpunkt Ideengeschichte an der Columbia University in New York. Bücher u. a. über Vico, das neue französische Denken, über Isaiah Berlin, über Intellektuelle und ihr Verhältnis zur Politik. Auf Deutsch ist 2013 Der totgeglaubte Gott. Politik im Machtfeld der Religionen erschienen. Hermann Lübbe Geboren 1926 in Aurich (Ostfriesland). Studium der Philosophie, Theologie und Soziologie in Göttingen, Münster und Freiburg i. Br.; Promotion 1951. Professuren in Erlangen, Hamburg, Köln, Münster, Bochum und Bielefeld. Von 1966 bis 1970 erst Staatssekretär im Kultusministerium und sodann Staatsekretär beim Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen. Von 1971 bis 1991 bekleidete er eine Professur für Philosophie und politische Theorie an der Universität Zürich. Über 30 Bücher in einem weitgefächerten Themenspektrum, u. a. über Sprache und Politik, Säkularisierung, Fortschritt und Fortschrittsreak­ tionen, Geschichtsbegriff und Geschichtsinteresse, Religion nach der Auf146

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klärung, politischen Moralismus und Bussrituale. 2005 ist Die Zivilisationsökumene: Globalisierung kulturell, technisch und politisch er­schienen, 2010 Hermann Lübbe im Gespräch. Hans Maier Geboren 1931 in Freiburg i. Br. Studium der Politikwissenschaft, Geschichte und Philosophie in Freiburg i. Br., München und Paris; Pro­mo­ tion 1957. 1962 bis 1970 Professor für Politikwissenschaft am Geschwister-Scholl-Institut der Ludwig-Maximilians-Universität München. Von 1970 bis 1986 Bayrischer Staatsminister für Unterricht und Kultus, von 1976 bis 1988 Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken. Von 1988 bis zur Emeritierung 1999 hatte er an der Universität München den Lehrstuhl für christliche Weltanschauung, Religionsund Kulturtheorie inne. Zahlreiche politikwissenschaftliche Publikationen und Veröffentlichungen zu Religions- und Kirchengeschichte. 2006 bis 2010 sind Gesammelte Schriften in fünf Bänden erschienen, 2011 die Autobiografie Böse Jahre, gute Jahre. Thomas Maissen Geboren 1962 in Zürich. Studium: Geschichte, Latein und Philosophie in Basel, Rom und Genf; Promotion 1993 in Basel. Von 1996 bis 2004 redaktioneller Mitarbeiter bei der Neuen Zürcher Zeitung, zuständig für historische Analysen. Seit 2004 Professor für Neuere Geschichte mit dem Schwerpunkt Frühe Neuzeit; seit September 2013 Leiter des Deutschen Historischen Instituts Paris. Buchpublikationen u. a.: Die Geschichte der NZZ 1780–2005 (2005), Verweigerte Erinnerung. Nach­ richtenlose Vermögen und die Schweizer Weltkriegsdebatte 1989–2004 (2005), Die Geburt der Republic. Staatsverständnis und Repräsentation in der frühneuzeitlichen Eidgenossenschaft (2006), Geschichte der Schweiz (2010), Schweizer Geschichte im Bild (2012). Christian Meier Geboren 1929 in Stolp (Pommern). Studium der Geschichte, der Klassischen Philologie und des Römischen Rechts; Promotion 1956 in Heidelberg. Professuren für Alte Geschichte in Basel, Köln, Bochum und, von 1981 bis zur Emeritierung 1997, an der Ludwig-Maximilians-Uni147

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versität in München. Zahlreiche Bücher, u. a. über die römische Republik, über Caesar, über die Entstehung des Politischen bei den Griechen und über die parlamentarische Demokratie in Deutschland. 2009 ist Kultur, um der Freiheit willen: Griechische Anfänge – Anfang Europas? erschienen und 2010 Das Gebot des Vergessens und die Unabweisbarkeit des Erinnerns. Katrin Meyer Geboren 1962 in Basel. Studium der Philosophie, deutschen Literaturwissenschaft und Kirchengeschichte in Basel und an der Freien Universität Berlin. Promotion im Fach Philosophie 1997. Nach Forschungsaufenthalten in Paris und Berkeley und wissenschaftlichen Assistenzen an den Universitäten Basel und St. Gallen ist sie seit 2005 Koordinatorin des Netzwerks Gender Studies Schweiz und seit 2012 Privatdozentin für Philosophie an der Universität Basel. Buchpublikationen u. a.: Ästhetik der Historie. Friedrich Nietzsches «Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben» (1998), Gouvernementalität und Sicherheit. Zeitdiagnostische Beiträge im Anschluss an Foucault (herausgegeben zusammen mit Patricia Purtschert und Yves Winter, 2008). 2014 erscheint ihr Buch Macht, Gewalt und Ohnmacht. Normative Sozialphilosophie nach Hannah Arendt und Michel Foucault. Martin Meyer Geboren 1951 in Zürich. Studium der Geschichte, deutschen Literatur und Philosophie an der Universität Zürich; Promotion 1976. Seit 1974 Redaktor im Feuilleton der Neuen Zürcher Zeitung, seit 1992 dessen Leiter. Korrespondierendes Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Arbeitsgebiete: Zeitanalysen, literarische und philosophische Themen sowie klassische Musik. Buchpublikationen als Autor und Herausgeber, u. a. über Ernst Jünger, Thomas Mann, die Schweiz und Europa sowie über das vermeintliche Ende der Geschichte und die Debatten um einen Krieg der Werte; 2013 ist Albert Camus. Die Freiheit leben erschienen.

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Christoph Möllers Geboren 1969 in Bochum. Studium der Rechtswissenschaften, Philosophie und Komparatistik in Tübingen und München; Master of Law an der University of Chicago 1995, Promotion an der Ludwig-Maximi­ lians-Universität in München 1999. Nach Professuren in Münster und Göttingen seit 2009 Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie an der Humboldt-Universität zu Berlin. Buchpublikationen zum Thema Staat als Argument, über Gewaltengliederung, Staatstheorie und das deutsche Grundgesetz. 2008 ist Demokratie – Zumutungen und Versprechen erschienen. Jan-Werner Müller Geboren 1970 in Bad Honnef. Studium der Geschichte, Volkswirtschaftslehre und Politikwissenschaft in London, Oxford und Princeton; Dr. phil. im Jahre 1999. Seit 2005 lehrt er politische Theorie und Ideengeschichte in Princeton. Zahlreiche Buchpublikationen, auf Deutsch sind erschienen: Ein gefährlicher Geist. Carl Schmitts Wirkung in Europa (2. Auflage 2011), Verfassungspatriotismus (2010), Das demokratische Zeitalter. Eine politische Ideengeschichte Europas im 20. Jahrhundert (2013) und Wo Europa endet. Ungarn, Brüssel und das Schicksal der liberalen Demokratie (2013). Herfried Münkler Geboren 1951 in Friedberg (Hessen). Studium der Germanistik, der Politikwissenschaft sowie der Philosophie in Frankfurt am Main; Promotion 1981. Seit 1992 hat er den Lehrstuhl für politische Theorie an der Humboldt-Universität zu Berlin inne. Zahlreiche Monografien, u. a. über Machiavelli, Hobbes, Staatsräson, politische Mythologie, über Die neuen Kriege, über Imperien und über Mitte und Mass. Im Dezember 2013 erscheint Der Grosse Krieg. Die Welt 1914 bis 1918. Adolf Muschg Geboren 1934 in Zollikon. Studium der Anglistik und der Philosophie in Zürich und Cambridge. Von 1970 bis 1999 Professor für deutsche Sprache und Literatur an der ETH Zürich. Präsident der Akademie der Künste Berlin (2003–2005); Mitglied der Deutschen Akademie für 149

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Sprache und Dichtung (Darmstadt) sowie der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz. Über 30 literarische Buchpublikationen; 2010 ist der Roman Sax erschienen, 2012 Löwenstern. Daneben ist ein breites essayistisches und zeitpolitisches Œuvre entstanden. Robert Nef Geboren 1942 in St. Gallen. Studium der Rechtswissenschaften in Zürich und Wien. 1979 hat er das Liberale Institut gegründet, dessen Stiftungsrat er seit 2008 vorsitzt; ausserdem ist er Präsident der Stiftung für Abendländische Ethik und Kultur. Von 1994 bis 2008 war er Mit­ herausgeber der Schweizer Monatshefte. Buchpublikationen u. a. zum Bau-, Boden- und Planungsrecht sowie zu Staatsverfassung und Eigentumsordnung. 2001 ist sein Lob des Non-Zentralismus erschienen, 2002 seine Monografie Politische Grundbegriffe – Auslegeordnung und Positionsbezüge. Leonhard Neidhart Geboren 1934 in Ramsen (Schaffhausen). Studium der Soziologie und der Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin; Promotion 1969. Von 1974 bis 2000 Professor für Politikwissenschaft an der Universität Konstanz. Zahlreiche Veröffentlichungen zum politischen System der Schweiz, zum Bundesstaat, zum Föderalismus, zur direkten Demokratie; 2010 ist Das frühe Bundesparlament. Der erfolgreiche Weg zur modernen Schweiz erschienen, 2013 Politik und Parlament der Schweiz. Ein Rückblick in das 20. Jahrhundert. George Szpiro Geboren 1950 in Wien. Studium der Mathematik und Physik an der ETH Zürich, der Betriebswirtschaftslehre in Stanford; Promotion in mathematischer Ökonomie an der Hebrew University in Jerusalem. Lehraufträge an Universitäten in Philadelphia, Jerusalem, Portugal und Zürich. George Szpiro berichtete als Korrespondent für die Neue Zürcher Zeitung von 1986 bis 2012 aus Israel und schreibt seit 2012 von New York aus über die amerikanische Westküste, New York und die Uno. Daneben behandelt er mathematische und naturwissenschaftliche Themen. Bisher veröffentlichte er sechs Bücher über Mathematik, Fi150

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nanztheorie und Staatswissenschaften. 2011 ist Die verflixte Mathematik der Demokratie erschienen. Daniel Thürer Geboren 1945 in St. Gallen. Studium der Rechtswissenschaft in Zürich und Cambridge; Promotion 1974. Von 1983 bis 2010 bekleidete er eine Professur für Völkerrecht, Europarecht, Öffentliches Recht und Verfassungsvergleichung an der Universität Zürich. Seit 2004 Delegierter der Schweiz in der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) des Europarates. Zahlreiche Buchpublikationen im Bereich des Verfassungsrechts der Schweiz und des Völkerrechts; 2010 sind erschienen: International Humanitarian Law: Theory and Practice sowie Menschenrechte. Ideale, Instrumente, Institutionen (zusammen mit Thomas Buergenthal verfasst). Felix Trautmann Geboren 1982 in München. Studium der Philosophie, Soziologie, Politikwissenschaft sowie der allgemeinen und vergleichenden Literaturwissenschaft an den Universitäten Darmstadt und Frankfurt am Main 2010 bis 2011 wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Philo­ sophie der Goethe-Universität Frankfurt am Main am Lehrstuhl für ­Praktische Philosophie sowie im Exzellenzcluster «Die Herausbildung normativer Ordnungen». Von 2010 bis 2012 Lehrbeauftragter an der Hoch­schule für Gestaltung Offenbach am Fachbereich Visuelle Kommunikation. Seit 2012 Stipendiat des Nationalen Forschungsschwerpunkts Bildkritik / eikones an der Universität Basel. Jüngste Veröffentlichungen: Partage. Zur Figurierung politischer Zugehörigkeit in der Moderne (2010); demnächst erscheint der von ihm herausgegebene Band Das politische Imaginäre. Freiheit und Gesetz V (2014). Uwe Justus Wenzel Geboren 1959 in der Nähe von Kassel. Studium der Philosophie, Soziologie, der Politik-, Religions- und Rechtswissenschaften in Göttingen und Berlin. Promotion 1991 an der Freien Universität Berlin mit einer Arbeit über Kant. 1991 bis 1998 am Philosophischen Seminar der Universität Basel in Lehre und Forschung tätig. Seit 1995 für Geisteswis151

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senschaften zuständiger Redaktor im Feuilleton der Neuen Zürcher Zeitung. Lehrbeauftragter an der ETH Zürich im Bereich Philosophie und Geschichte des Wissens. Mitglied des Vorstands der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften. Buchpublikationen als Autor und Herausgeber zu Kant, zur Metaphysik in der Gegenwartsphilosophie, zur Frage, was ein philosophisches Problem sei, über intellektuelle Tätigkeiten und Tugenden und zu der Frage: Was ist eine gute Religion? (2007). Véronique Zanetti Geboren 1959 in Lausanne. Studium der Philosophie, Musikwissenschaft und Anglistik in Genf; Promotion in Philosophie 1993 in Bern. Seit 2004 Professorin für politische Philosophie an der Universität Bielefeld. Mitglied der Eidgenössischen Ethikkommission für die Biotechnologie am Ausserhumanbereich. Buchpublikationen u. a. über Kant und Dworkin. 2008 ist L’intervention humanitaire. Droits des individus, devoirs des États erschienen; 2010 der (zusammen mit Doris Gerber herausgegebene) Sammelband Kollektive Verantwortung und interna­ tionale Beziehungen.

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