Paul Widmer: Bundesrat Arthur Hoffmann. Aufstieg und Fall.

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Aufstieg und Fall

Bundesrat Arthur Hoffmann

Vor 100 Jahren musste Bundesrat Arthur Hoffmann Knall auf Fall zurücktreten. Ein geheimes Telegramm, das er dem Schweizer Sozia­ listenführer Robert Grimm nach Petersburg gesandt hatte, war an die Presse gelangt. Der Aufruhr in der Schweiz war riesig – es schien, als ob der mächtigste Mann im Bundesrat einen Separatfrieden zwischen den Revolutionären in Russland und dem Deutschen Reich herbeiführen wollte. Das verärgerte auch die Entente. Hoffmann, der in der Öffentlichkeit als Verfechter strikter Neutralität auftrat, ver­ folgte insgeheim eine andere Politik. Aus Sorge um die verzweifelte Wirtschaftslage in der Schweiz, aber auch aufgrund persönlicher Ambitionen versuchte er, mit riskanten Aktionen den Frieden beschleunigt herbeizuführen. Und scheiterte.

Paul Widmer

Paul Widmer (* 1949) ist Dozent für Internatio­ nale Beziehungen an der Universität St. Gallen. Er studierte Geschichte und Philosophie in Zürich und Köln und trat 1977 in den diplomatischen Dienst der Schweiz ein. Nach Posten in New York und Washington leitete er von 1992 bis 1999 die Vertretung in Berlin, war dann Botschafter in Kroatien, Jordanien, beim Europa­ rat in Strassburg und zuletzt beim Heiligen Stuhl. Er ist Verfasser mehrerer politischer und historischer Bücher, darunter Diplomatie. Ein Handbuch (2014) und Schweizer Aussenpolitik. Von Charles Pictet de Rochemont bis Edouard Brunner (2. Auflage 2014).

Die erste Biografie des Schweizer Bundesrats Arthur Hoffmann, der den Ersten Weltkrieg mit Geheimdiplomatie beenden wollte. Was als Friedensvermittlung gedacht war, wurde als Verrat aufgefasst. Hoffmann musste zurücktreten. Paul Widmer analysiert die Affäre gründlich und deckt auf, wie sich Hoffmann in die deutsche Kriegsstrategie einspannen liess.

Paul Widmer

Bundesrat Arthur Hoffmann Aufstieg und Fall ISBN 978-3-03810-253-3 ISBN 978-3-03810-253-3

9 783038 102533

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Lektorat: Liliane Studer, Muri Umschlaggestaltung: GYSIN [Konzept + Gestaltung], Chur Gestaltung, Satz: Gaby Michel, Hamburg Druck, Einband: Kösel GmbH, Altusried-Krugzell Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbe­ sondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts. ISBN 978-3-03810-253-3

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Inhalt

Vorwort

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Einleitung

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Die Hoffmanns – eine St. Galler Advokatendynastie  Die blühende Stickereimetropole St. Gallen  19 Der Anwalt Johann Baptist Gruber  21 Karl Hoffmann, der gewählte Bundesrat  27 Arthur Hoffmann in den Fussstapfen des Vaters  Arthur Hoffmann im Bundesrat (1911 – 1917)  56 Vorsteher des Justiz- und Polizeidepartements  Vorsteher des Militärdepartements  60 Vorsteher des Politischen Departements  71

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Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs  87 Mobilmachung und eine tumultuöse Generalswahl  92 Anerkennung der Schweizer Neutralität  111 Grosse Vollmachten für den Bundesrat  114 Kriegswirtschaft und Ausdehnung der Staatstätigkeit  125 Die offizielle Aussenpolitik  131 Neutralitätspolitik  133 Humanitäres Engagement  149 Gute Dienste  161 Die offizielle Friedenspolitik  165 Hoffmanns Antwort an die Friedensaktivisten  166 Staatliche Friedensappelle  177 Eine grosse Schlappe für die Schweizer Friedensnote

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Vermittlungsversuche hinter den Kulissen  198 Ein mysteriöses Intermezzo mit französischen Abgeordneten  Der Fall Ritter in Washington  220 Die Affäre Hoffmann/Grimm  239 Neuer Vermittlungsanlauf in Petrograd  Geheimabsprachen mit Robert Grimm  Das fatale Telegramm  265

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Der Rücktritt aus der Landesregierung  285 Auseinandersetzung im Bundesrat  285 Die Wahl von Gustave Ador zum Nachfolger  295 Die Reaktionen im In- und Ausland  303 Die Untersuchung der Affäre durch Bundesrat Ador  Die Rückkehr nach St. Gallen

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Anhang

Anmerkungen

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Quellen- und Literaturverzeichnis  365 Archivalische Quellen  365 Gedruckte Quellen und Literatur  366 Zeitungen  372 Bildnachweis

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Personenregister

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Vorwort

Am 19. Juni 1917 musste Arthur Hoffmann wegen eines misslungenen Vermittlungsversuchs zwischen dem Deutschen Reich und den russischen Revolutionären als Bundesrat zurücktreten. Das war unerhört. Ein derart dramatisches Ereignis hat es in der Geschichte der Schweizer Aussenpolitik seit der Gründung des Bundesstaates noch nie gegeben. Das wäre schon Grund genug, um sich die Frage zu stellen, was damals eigentlich passiert sei, und ein Buch darüber zu schreiben – ganz abgesehen davon, dass Gedenkjahre den Appetit anregen. Die Person von Arthur Hoffmann interessierte mich allerdings schon seit geraumer Zeit. Wer auch nur einige seiner Reden im Parlament gelesen hat, spürt, dass er ein ausserordentlich begabter Bundesrat war. Dieser Mann hatte eine klare Vorstellung von der Schweizer Aussenpolitik, insbesondere ihrem wichtigsten Teil, der Neutralität. Wie er argumentierte, beeindruckte damals und beeindruckt noch heute. Keiner seiner Nachfolger kann sich mit ihm messen. Aber im Zuge der Nachforschungen kam auch Irritierendes zum Vorschein. Hoffmann betrieb zwei Sorten von Aussenpolitik. Die eine war öffentlich, die andere geheim. Hinter den Kulissen machte er – jedoch stets im Landesinteresse – Dinge, die nicht mit dem übereinstimmten, was er öffentlich vertrat. Das hatte fatale Folgen. In der bekannten Affäre mit dem Sozialisten Grimm war Hoffmann nicht das Opfer eines einmaligen Betriebsunfalls geworden. Was ihm zustiess, lief eher nach dem Motto ab: Der Krug geht zum Brunnen, bis er bricht. So hatte ich das nicht erwartet. Ich muss gestehen, ich kam mir beim Schreiben dieses Buchs vor wie ein Fallschirmspringer, der nach dem Absprung realisiert, dass er nicht dort landen wird, wo er wollte. Doch der Geschichte tut dies keinen Abbruch. Im Gegenteil. Man Vorwort

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kann aus den Irrtümern in der Geschichte mindestens so viel lernen wie aus den Erfolgen. Warum? Weil sich in der Gegenwart keine Entscheidungssituation exakt so präsentiert, wie sie in der Vergangenheit vorlag. Die Geschichte wiederholt sich nicht. Die Zukunft ist stets offen und enthält immer Elemente, deren Einwirkungen wir noch nicht kennen. Anders jedoch ist es mit der Vergangenheit. Sie ist abgeschlossen. Man sieht, was eine Handlung bewirkt hat. Deshalb kann, wer geschichtliche Kenntnisse hat, von vornherein viele Handlungsvarianten ausschliessen. Die unerfreulichen Ergebnisse sind bekannt. Geschichtliche Erfahrung liefert keine Erfolgsrezepte zur Gestaltung der Zukunft, aber sie kann helfen, Fehler der Vergangenheit zu vermeiden. Hoffmanns Biografie ist dafür ein Exempel im Guten, aber zuweilen auch im weniger Guten. Ich habe Grund, vielen Personen zu danken, die mir auf die eine oder andere Art geholfen haben. Namentlich erwähnen möchte ich aus dem Kreis der Familie Hoffmann Marianne Laib-Hoffmann, St. Gallen, Max Heberlein, Küsnacht, und Karl Tischendorf, St. Gallen. Der Letztere war so freundlich, mir den von ihm erstellten Stammbaum der Familie Hoffmann zur Verfügung zu stellen. Aus dem Kreis der Archive und Bibliotheken seien eigens verdankt Marcel Mayer, Stadtarchiv der politischen Gemeinde St. Gallen, Wolfgang Göldi, Kantonsbibliothek Vadiana, St. Gallen, Patric Schnitzer, Staatsarchiv St. Gallen, Sacha Zala, Direktor der Edition Diplomatische Dokumente der Schweiz, Bern, und Beat Scherrer, Graphische Sammlung der Nationalbibliothek, Bern. Auch Beatrix Bühler-Schwery von der Bi­ blio­thek am Guisanplatz in Bern möchte ich wegen ihrer zuvorkommenden Hilfsbereitschaft erwähnen. Ausserdem erhielt ich Unterstützung von Daniel Sprecher, Historiker, Stäfa, und von Bernhard Stettler, ehemaliger Direktor UBS AG und Historiker, Bern. Einmal mehr durfte ich mich einer ebenso speditiven wie angenehmen Zusammenarbeit mit dem Team des Buchverlags der Neuen Zürcher Zeitung erfreuen, zuerst unter der Leitung von Hans-Peter Thür, dann unter jener von Urs Hofmann. Ihnen allen sei herzlich gedankt. Schliesslich möchte ich noch jemanden nennen, der nicht mehr unter 8

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uns weilt. Mein hochgeschätzter Kollege, Botschafter Paul Stauffer, hat eine tiefschürfende Studie über die Affäre Hoffmann/Grimm geschrieben. Diese hat mich stark beeindruckt und auf das entsprechende Kapitel eingewirkt. Weil alles, was er schrieb, gründlich recherchiert war, glaubte ich gut daran zu tun, seinen Nachlass im ETH-Archiv für Zeitgeschichte zu konsultieren. Danke, lieber Herr Stauffer, für das Hinterlassene. Bern, im Frühjahr 2017

PS. 1  Die Übersetzungen stammen im Allgemeinen von mir selbst. PS. 2  Bis Mitte der 50er-Jahre trugen die Schweizer Missionschefs den

Titel «Minister». Im deutschen Sprachraum ist aber die Bezeichnung «Gesandter» geläufiger. Für die Missionschefs verwende ich durchgehend diese Bezeichnung, da sie weniger zu Verwirrung Anlass gibt. Wenn hohe Mitarbeiter in der Zentrale jedoch den Titel «Minister» trugen, liess ich ihn stehen. Ein Gesandter oder Minister entsprach einem heutigen Botschafter.

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Einleitung

Der mächtigste Bundesrat, den die Schweiz je hatte, heisst Arthur Hoffmann. Das ist keine hohle Phrase. Die Behauptung stützt sich auf zwei Tatsachen. Die eine liegt in Hoffmanns ausserordentlichen Fähigkeiten. Er war damals der Tüchtigste in der Landesregierung. Das wurde allgemein anerkannt: in der Presse, im Parlament, von den ausländischen Diplomaten, ja sogar, was eher selten vorkommt, von den meisten seiner Bundesratskollegen. Hinzu kommt ein Zweites. Die Hälfte seiner Amtszeit als höchster Magistrat fiel in die Zeit des Ersten Weltkriegs. Das Parlament hatte der obersten Landesbehörde gleich zu Kriegsbeginn die Vollmachten übertragen. Der Bundesrat besass somit eine Machtfülle son­ dergleichen. In der mit ausserordentlichen Befugnissen ausgestatteten Regierung war Hoffmann die Schlüsselfigur. Man würde erwarten, dass eine solche Person längst ihren Biografen gefunden hat. Erstaunlicherweise ist das nicht der Fall. Abgesehen von ­einer kleinen Broschüre, die sein Freund und Parteigefährte, der St. Galler Stadtpräsident Eduard Scherrer, kurz nach Hoffmanns Tod publiziert hatte, wagte sich niemand an diese Aufgabe heran. Auch dafür gibt es gute Gründe. Hoffmann galt schon zu Lebzeiten als reserviert und verschlossen. Sein Verhältnis zu den Journalisten und Publizisten war eher kühl. Ihm liefen die künftigen Biografen nicht hinterher wie dem leutseligen Giuseppe Motta. Noch wichtiger dürfte etwas anderes sein. Er hinterliess keinen schriftlichen Nachlass. Es gibt keine Tagebücher, keine Denkschriften, keine ergiebige Korrespondenz, aus der man Unbekanntes schöpfen könnte. Einzig ein dickes Bündel von Privatbriefen an seine Frau ist noch vorhanden. Doch dieses eignet sich nicht als Quelle für eine politische Biografie. Folglich muss man Denken und Handeln von Arthur Hoffmann auf einem mühsamen Umweg über offizielle Akten, Zeitungen 10

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und Memoiren von anderen Zeitgenossen erschliessen. Das ist kein ver­ lockender Weg. Dabei fehlte es im Lebenslauf des St. Galler Politikers wahrlich nicht an jener Zutat, die eine Biografie erst lesenswert macht, nämlich an Dramatik. Gewiss, Superlative sollte man, wie schon Fürst Metternich riet, vermeiden. Meistens sind sie falsch. Aber in der Geschichte des Schweizer Bundesstaates hat meines Wissens kein anderer Bundesrat ähnliche Höhen und Tiefen durchlebt wie Hoffmann. Wer wurde schon von der Ver­ einigten Bundesversammlung ohne eine einzige Gegenstimme als Bundesrat wiedergewählt? Hoffmann am Ende seines Präsidialjahres von 1914. Und sonst niemand. Welcher Bundesrat musste Hals über Kopf wegen einer Amtshandlung zurücktreten? Hoffmann Mitte 1917. Und sonst niemand. Hoffmanns Biografie ist eng mit den giftigen Auseinandersetzungen zwischen der Deutschschweiz und der romanischen Schweiz im Ersten Weltkrieg verknüpft. Was dem Aussenminister politisch das Genick brach, war der gescheiterte Vermittlungsversuch zwischen Russland und Deutschland. Als die Sache ans Licht kam, blieb ihm nichts anderes als der Rücktritt übrig. Sein Kopf wurde von der Entente, aber noch mehr von der Westschweiz verlangt. Die Staaten der Entente bezichtigten Hoffmann der Neutralitätsverletzung. In der Westschweiz und im Tessin da­ gegen herrschte Aufruhr. Nach verschiedenen unglücklichen Vorkommnissen wie der Obersten-Affäre glaubte man, im entzifferten Telegramm nach Petrograd den schlagenden Beweis für die parteiische Politik des Bundesrats gefunden zu haben. Man verlangte den Rücktritt Hoffmanns mitsamt einer aussenpolitischen Kurskorrektur. Anders die Stimmung in der Deutschschweiz. Dort war sie gedrückt. Man liess Hoffmann ungern fallen. Aber um des nationalen Zusammenhalts willen musste man das Opfer erbringen. War Hoffmann deutschfreundlich? Man nahm es allgemein an. Und wahrscheinlich war er es. Es gibt deutliche Anzeichen dafür, etwa den fast familiären Umgang mit dem deutschen Gesandten in Bern, dem Freiherrn Gisbert von Romberg. Nach seinem Rücktritt bezeugte er es sogar selbst. Er beteuerte dem neuen deutschen Gesandten, Adolf Müller, der Einleitung

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sich eben anschickte, die Leitung der Mission zu übernehmen, er hätte von jeher viel Sympathie für Deutschland empfunden.1 Aber deutschfreundlich zu sein, war damals nichts Aussergewöhnliches. Die meisten Deutschschweizer waren deutschfreundlich, so wie die meisten Französischsprachigen mit Frankreich und die Italienischsprachigen mit Italien sympathisierten. Der Genfer Gustave Ador machte aus seiner pro-französischen Einstellung kein Hehl, der Tessiner Motta unterstrich immer wieder seine Vorliebe für den italienischen Kulturkreis. Und keinem nahm man es übel. Die Neutralität erfasst bekanntlich die Gesinnung nicht. Hoffmann gab seine innersten Gedanken selten preis. In seiner Amtsführung bemühte er sich um eines: um Korrektheit. Georges Wagnière, in jener Zeit Herausgeber des Journal de Genève und später langjähriger eidgenössischer Gesandter in Rom, meinte: «Er verkörperte in seinen an die Presse gerichteten Rundschreiben […] die Mässigung und Korrektheit des Schweizer Magistraten.»2 Aus dem Munde eines Genfer Jour­ nalisten will dieses Kompliment etwas heissen. Andere bestätigten sein höchst professionelles Vorgehen, gerade auch Diplomaten aus den Entente-Staaten. Der britische Unterhändler Sir Francis Oppenheimer verhandelte lange mit diesem Bundesrat über die Errichtung eines wirtschaftlichen Überwachungsmechanismus. Später bemerkte er dazu, in der gesamten Verhandlungsperiode hätte Hoffmann nie auch nur das geringste Anzeichen einer Sympathie für die Zentralmächte erkennen lassen.3 Das gleiche Verhalten attestierte ihm auch der österreichische Militärattaché.4 Der italienische Gesandte Raniero Paulucci de Calboli lobte seinerseits den Magistraten für dessen grosses Verhandlungsgeschick, gepaart mit Charakterstärke.5 Der britische Botschafter, Sir Horace Rumbold, bemerkte zwar wie jedermann, dass der deutsche Gesandte ständig im Bundeshaus ein- und ausging. Aber daraus schloss er nicht, dass Hoffmann den deutschen Diplomaten bevorzugte, sondern dass von Rom­berg mit seinen vielen Vorsprachen die Zugänglichkeit des Bundesrats ausnüt­ ­ze und diesem, wie ihn dünke, auf die Nerven gehe.6 Auch der deutsche Gesandte bezeugte, freilich aus seiner Sicht, ­Hoffmanns Unvoreingenommenheit. Er schrieb dem Auswärtigen Amt: «Dass im Grunde seine Sympathien auf deutscher Seite sind, hat er zur 12

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Genüge bewiesen; ausschlaggebend werden aber für seine Politik immer die schweizerischen Interessen sein.»7 Wer «im Grunde» sagt, gesteht ein, dass eine Feststellung nicht evident ist. Sie beruht auf Interpretation. So auch Hoffmanns Deutschfreundlichkeit. Und noch in einer anderen Hinsicht ist das besagte Schreiben aufschlussreich. Der offizielle Vertreter Deutschlands in der Schweiz warnt Berlin, dass sich Hoffmann nicht in die deutsche Kriegsstrategie einspannen lasse. Entweder überzeuge man diesen Bundesrat, dass etwas im Interesse der Schweiz liege, oder sonst lasse man es besser sein. An Hoffmanns Ehrenhaftigkeit gibt es nichts zu rütteln. Er war kein deutscher Parteigänger und schon gar nicht ein deutscher Agent. Sein Vermittlungsversuch entsprang der Sorge um die verheerenden Auswirkungen des Kriegs und einer drohenden Hungersnot in der Schweiz. Mit dem Sozialisten Grimm als Zwischenträger versuchte er, einen Frieden zwischen dem Deutschen Reich und dem revolutionären Russland herzustellen. Damit wollte er seinen Beitrag leisten, um dem Krieg endlich ein Ende zu setzen – und nicht, um die Deutschen auf Kosten der Alliierten zu begünstigen. Hoffmann hoffte, dadurch einen Friedensprozess einzuleiten, der von der Vorstufe eines Separatfriedens rasch in ein allgemeines Friedensabkommen münden würde. Fraglos, das Unterfangen war waghalsig. Eine Schweizer Vermittlung musste an den unzähligen Hürden zwischen einem Separatfrieden und einem allgemeinen Friedensschluss fast zwangsläufig scheitern. Aber war das hehre Ziel nicht den Schweiss der Edlen wert? Hatte Hoffmann nicht mit fast übermenschlicher Anstrengung das Menschenmögliche zu verwirklichen versucht? Genau so sah es Willem Hendrik de Beaufort, ein ­ehemaliger Aussenminister in den neutralen Niederlanden. In seinem Tagebuch notierte er am 24. Juni 1917, den Fauxpas dieses «äusserst kompetenten» Staatsmanns könne er sich nur durch Kriegsverzweiflung erklären. «Seit beinahe drei Jahren müssen die Leute all die Grausamkeiten und Schrecken dieses Kriegs mitansehen. Sie wollen, dass es endlich aufhört, und sind bereit, dafür alles zu unternehmen, auch wenn es gegen Pflichten und internationale Umgangsformen verstösst.»8 Ein junger Berner Student schrieb unmittelbar nach Hoffmanns Fall, Einleitung

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am 19. Juni 1917, in sein Tagebuch: «Die ganze Geschichte ist ungeheuer tragisch, und man kann sich eines schmerzlichen Gefühls nicht erwehren, wenn man bedenkt, dass Hoffmann nur im Landesinteresse handeln wollte und nun im Landesinteresse geopfert werden muss.»9 Der Student hiess Markus Feldmann, war später eine kräftige Stimme in der Schweizer Presselandschaft und wurde 1951 in den Bundesrat gewählt. So wie de Beaufort und Feldmann sahen es auch die meisten Zeitgenossen in der Deutschschweiz. Hoffmann hatte in bester Absicht gehandelt, aber einen schwerwiegenden Fehler begangen – einen Fehler, den man diesem gescheiten Mann nie zugetraut hätte. Sein Nachfolger im Bundesrat, Gustave Ador, der die Untersuchung der Affäre Hoffmann/ Grimm geleitet hatte, kritisierte ihn deswegen. Hoffmann hätte bei allen guten Absichten voraussehen müssen, dass die Mächte der Entente seinen Vermittlungsversuch als einen parteiischen und feindlichen Eingriff verstehen würden. Folglich hätte er als Neutraler nicht so handeln dürfen. Damit hatte es vorerst sein Bewenden. Ungläubig schüttelte man den Kopf, dass Hoffmann, ausgerechnet Hoffmann, einen solchen Fehltritt machen konnte. Keiner war derart konsequent wie er für eine strikte Neutralitätspolitik eingetreten, keiner bewahrte dermassen einen kühlen Kopf. In allen seinen öffentlichen Auftritten verwahrte er sich gegen jeglichen Aktivismus. Mochten die Friedensaktivisten noch und noch zu Initiativen und Konferenzen der Neutralen aufrufen, Hoffmann riet stets mit staatsmännischer Würde zu bescheidener Zurückhaltung. Und er wusste zu überzeugen. Man erachtete ihn als Garanten einer korrekten Neutralitätspolitik. Eine seiner grossen Reden im Parlament kommentierte die Neue Zürcher Zeitung mit den Worten: «Solange Bundesrat Hoffmann die eidgenössische Politik leitet, wird die Schweiz keinen Finger breit von ihrer Neutralität abweichen!»10 Was den Zeitgenossen wie ein tragischer Unfall erschien, nimmt in historischer Perspektive allerdings andere Konturen an. Mittlerweile sind die Archive offen, und da findet sich, auch in ausländischen, einiges zu Hoffmanns Vermittlungsbemühungen. Es stellt sich heraus, dass die miss­­glückte Aktion im revolutionären Russland keineswegs ein einmaliger Ausrutscher war, sondern der letzte Anlauf in einer Reihe von Ver14

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mittlungsversuchen. Hoffmann betrieb nicht erst seit 1917, sondern seit Kriegsbeginn eine janusköpfige oder doppelbödige Aussenpolitik. Es gab eine öffentliche und es gab eine geheime Aussenpolitik. Öffentlich verfocht er eine strikte Neutralität, insgeheim aber prüfte er immer wieder, ob sich ihm nicht eine Nische für Vermittlerdienste anböte. Er streckte seine Fühler nach verschiedenen Seiten aus. Einen ersten Versuch unternahm er im Frühjahr 1915. Amerika war damals noch neutral, und Präsident Wilson galt als unangefochtener Führer der Neutralen. Hoffmann suchte sich als bevorzugter europäischer Partner der Vereinigten Staaten zu positionieren. Er hätte gern zusammen mit Wilson eine Konferenz über die Rolle der Neutralen in zukünftigen Friedensverhandlungen einberufen. Doch der amerikanische Präsident war wenig darauf erpicht, seine Führungsrolle mit anderen zu teilen. Hoffmann erlitt eine Abfuhr. Das hinderte ihn indes nicht daran, sich noch mehrmals vorzudrängen. Sein Gesandter in Washington, der gleichfalls von einer Vermittlermission träumte, unternahm beflissen solche Demarchen und verschlimmerte die Lage noch mit seinem linkischen Benehmen. Einen zweiten Versuch, einen hochgeheimen, unternahm Hoffmann im Frühjahr 1916. Er empfing mehrmals einen oppositionellen französischen Abgeordneten. In den Gesprächen ging es um einen Separatfrieden zwischen Deutschland und Frankreich. Die mysteriöse Vermittlungsaktion kam nie ans Licht. Aber etwas anderes zeigte sich: Hoffmann war bereit, grosse Risiken einzugehen, wenn sein persönlicher Ehrgeiz angestachelt war. Der durch und durch rational denkende Magistrat schreckte dann auch nicht vor jenen Grenzen zurück, die er sich in der offiziellen Aussenpolitik selbst setzte. Zum Glück flog die Sache nie auf. Sie hätte ihn wohl damals schon Kopf und Kragen gekostet. Einen dritten Versuch unternahm er Ende 1916. Gleich nach dem Friedens­angebot der Zentralmächte und Wilsons Vermittlungsinitiative sandte auch die Schweiz eine Friedensnote an die kriegführenden Mäch­ ­­te. Natürlich erweckte eine solche zeitliche Nähe den Eindruck, die Schweiz bewege sich im Schlepptau der Zentralmächte. Ausnahmsweise konsultierte Hoffmann in diesem Fall seine Kollegen im Bundesrat. Die­ ­­­­se waren von seiner Idee alles andere als angetan, willigten aber schliessEinleitung

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lich ein. Die wichtigsten Diplomaten, deren Rat Hoffmann eingeholt hat­ ­te, warnten eindringlich vor einer solchen Initiative. Der Departementsvorsteher setzte sich indes darüber hinweg. Er wagte viel und gewann nichts. Das Ergebnis war eine grosse diplomatische Schlappe: blanke Ablehnung vonseiten der Entente, deutliche Missstimmung in Washington und von den Zentralmächten nichts als ein unverbindliches Dankeschön. Der Widerstand, den Hoffmann im Bundesrat zu spüren bekommen hatte, dürfte ihn im Vorhaben, seine Kollegen nicht mehr in seine Vermittlungsbemühungen einzuweihen, bestärkt haben. Der vierte Versuch erfolgte im Rahmen dessen, was als «Fall Ritter» bekannt wurde. Deutschland bat Anfang Februar 1917 die Schweiz, seine Interessen in den Vereinigten Staaten zu vertreten, nachdem die USA infolge des U-Boot-Kriegs die diplomatischen Beziehungen zu Deutschland abgebrochen hatten. Auf der Schweizer Gesandtschaft in Washington lief einiges schief, als man sich anschickte, das Schutzmachtmandat zu übernehmen. Der Gesandte Paul Ritter wurde deswegen arg angeschossen und musste seinen Posten eiligst räumen. Hoffmann gelang es, sich aus der Schusslinie zu nehmen. Wie sich nachträglich herausstellte, war er indes in den Fall mehr involviert, als man wusste. Er hatte den Vermittlungseifer seines getreuen Adlaten keineswegs gebremst, sondern geschürt. Doch die Angelegenheit lief für ihn persönlich nochmals glimpflich ab. Schliesslich stürzte Hoffmann im fünften Vermittlungsversuch, in der Affäre Hoffmann/Grimm. So besehen war Hoffmanns Sturz nicht das Ergebnis einer einmaligen Fehlleistung, sondern das fast zwangsläufige Resultat einer Reihe von ehrgeizigen Vermittlungsbemühungen. Was soll man dazu sagen? Zwei Dinge fallen auf. Das Erste ist eine erstaunliche strategische Unbekümmertheit, um nicht zu sagen Blindheit. Bei aller überragenden Intelligenz scheint Hoffmann nicht realisiert zu haben, dass er mit seinen Vermittlungsbemühungen den strategischen Zielen der deutschen Kriegsführung zudiente. Gewiss waren seine Initiativen neutralitätsrechtlich zulässig. Aber das reichte nicht. Neutralitäts­ politisch waren sie verfänglich. Sie hätten der einen Seite Vorteile und der anderen Nachteile gebracht. Nach dem Scheitern des Schlieffen-Plans hatte die oberste Führung in Berlin klar erkannt, dass Deutschland gegen 16

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die vereinten Kräfte der Alliierten keinen Sieg erringen konnte. Folglich gab es nur eines: Man musste versuchen, einen Partner aus der Kriegs­ allianz herauszubrechen. Wie sollte dies geschehen? Indem man auf diplomatischer Ebene versuchte, einen Separatfrieden mit einer kriegsmüden Macht auszuhandeln. Das war die einzige Art, um den Krieg noch zu gewinnen. Sollte dies gelingen, würde das deutsche Heer an einer Front entlastet und könnte sich mit ganzer Wucht auf die verbliebenen Gegner werfen. Die geschwächte Entente wäre dann wohl gezwungen, in einen allgemeinen Frieden, den die Zentralmächte diktieren könnten, einzuwilligen. Als friedensanfällige Mächte erachtete man Frankreich und Russland. Hoffmann sah das ebenso. Er glaubte, ein Separatfriede mit einem Entente-­Staat sei der rascheste Weg, um den Krieg zu beenden und der Welt den Frieden zu bringen. In seinen Augen rechtfertigte die Aussicht auf dieses noble Ziel jedes Risiko. Aber er sah nicht, dass sein Handeln, mochte es noch so edel motiviert sein, sich exakt in die Strategie der einen Kriegspartei einfügte. Und er übersah noch etwas anderes: dass es auch aufseiten der Zentralmächte wankelmütige Kandidaten gab, vor allem Österreich-Ungarn. Dabei hätten die Habsburger liebend gern schon 1917 einen Separatfrieden geschlossen. Und die Voraussetzungen für eine Vermittlung wären in Bern sogar günstig gewesen. Der österreichische Gesandte hatte nämlich von Kaiser Karl, dem Nachfolger von Kaiser Franz Joseph, den Auftrag erhalten, von der Schweiz aus alle Friedensmöglichkeiten aufmerksam zu verfolgen. Doch Hoffmann sondierte nicht in dieser Richtung. Es kam zu keinen Gesprächen, nicht einmal zu Vorgesprächen. Wahrscheinlich hielt Hoffmann nicht viel von einem Separatfrieden mit Österreich. Ein solcher hätte vielleicht den Kriegsverlauf nicht grundlegend verändert, er hätte nicht unweigerlich zu einem allgemeinen Frieden geführt. Das Zweite, was auffällt, ist Hybris. Hoffmann wollte auf der Weltbühne eine grössere Rolle in der Vermittlung spielen, als es der neutralen Schweiz zustand. Wenn sein Ehrgeiz angestachelt war, schien er das Augenmass zu verlieren. So zögerte er nicht, die Schweiz mit den Vereinigten Staaten zu vergleichen. Als er Ende 1916 dem zögernden Bundesrat Einleitung

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darlegte, dass nach Präsident Wilsons Initiative auch die Schweiz einen Vorstoss zur Kriegsbeendigung zu lancieren hätte, meinte er, wenn Washington das Risiko eingehen könne, dann könne es auch die Eidgenossenschaft. Doch der machtpolitische Hintergrund der beiden Länder ist und war grundverschieden. Die Schweiz hatte nicht die Mittel, um ihren Mahnungen an die Grossmächte den nötigen Nachdruck zu verleihen. Das bekam dann der Schweizer Gesandte in Paris überdeutlich zu hören. Als dieser im Quai d’Orsay die Schweizer Friedensnote überreichte, erzählte man ihm Aesops Fabel vom Frosch und vom Ochsen, von jenem Frosch, der so gross sein wollte wie der Ochs und deshalb so viel Wasser trank, bis er platzte. Diese Bemerkung war in der Tat, wie man im Politischen Departement befand, unverschämt. In seinem Bestreben, etwas für den Frieden zu tun, betrieb Hoffmann eine doppelbödige Aussenpolitik. In der Öffentlichkeit predigte er strikte Neutralität, ein Sich-Fernhalten von den Konflikten, rigide Selbstbeschränkung. Selbst schwerste Verletzungen der Neutralität durch die kriegführenden Mächte verurteilte er nicht. Kein Protest, als die deutsche Armee das neutrale Belgien überrannte, kein Protest, als die Entente das neutrale Griechenland zwang, den neutralen Kurs aufzugeben. Hinter den Kulissen jedoch suchte er immer wieder, sich als Vermittler einzubringen. Der Geheimdiplomat Hoffmann tat nicht das, was der Aussenminister Hoffmann sagte. Er versuchte dort zu intervenieren, wo er dem Parlament sagte, es gebe nichts zu intervenieren. Für sich selbst beanspruchte er andere Spielregeln als die allgemeinverbindlichen. Und so fiel er in die Falle, die ihm seine Hybris stellte. Dieser hochbegabte Staatsmann kann­ ­te die Grenzen neutraler Aussenpolitik wie kein Zweiter. Aber sein Ehrgeiz trieb ihn, diese insgeheim zu umgehen. Er erlag der Versuchung der Macht und zerstörte damit selbst seine ausserordentliche Glaubwürdigkeit. Das ist seine Tragik.

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Die Hoffmanns – eine St. Galler Advokatendynastie

Die blühende Stickereimetropole St. Gallen

Um 1900 war St. Gallen ein blühende, eine boomende Stadt. Die Bevöl­ kerung wuchs in rasantem Tempo, rascher als irgendwo in der Schweiz. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung des Kantons vornehmlich entlang der Linie von Wil bis Rorschach und ins untere Rhein­ ­tal stark vermehrt. Im Jahr 1860 lebten dort 180 000 Einwohner, fünfzig Jahre später waren es über 300 000. Insbesondere zwischen 1900 und 1910 schwoll die Einwohnerzahl mächtig an, im Kanton um 21 Prozent von 250 000 auf 303 000, in der Stadt gar um 40 Prozent von 54 000 auf 75 500,11 während die Bevölkerung in der Schweiz insgesamt um 13 Prozent von 3 315 000 auf 3 753 000 Einwohner zunahm.12 In Rorschach, einem Hafenort mit grossen Fabriken, verdreifachte sich die Bevölkerung von 1880 bis 1910.13 Der Boom war auf St. Gallens damalige Hauptindustrie, die Stickerei, zurückzuführen. Diese lief, abgesehen von einer Krise Mitte der 1880er-Jahre, wie am Schnürchen. Die Stadt hatte sich mit Leib und Seele diesem sauberen Industriezweig verschrieben. St. Gallen war der grösste Hersteller und Exporteur von Stickereien. 95 Prozent der Erzeugnisse fan­den Absatz auf fremden Märkten. Über die Hälfte der Weltproduktion kam aus dieser Region. Die Schweizer Stickereiexporte steigerten sich von 78 Millionen Franken im Jahr 1895 auf 225 Millionen im Jahr 1912. Keine andere Branche exportierte so viel wie die Stickerei. Der Ausfuhrwert ­betrug 1913 mit 215 Millionen Franken mehr als das Doppelte der Ma­ schinenindustrie (99 Millionen) und übertraf auch die Uhrenexporte (183 Mil­lionen). Mit rund einem Sechstel des Gesamtexports war die Stickerei ein Grundpfeiler der Schweizer Volkswirtschaft. Für die Nordostschweiz aber war sie noch viel mehr. Sie war ihr Lebensnerv. «Die NordDie blühende Stickereimetropole St. Gallen

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ostschweiz lebte», um den grossen St. Galler Historiker Georg Thürer zu zitieren, «von der Stickerei und in hohem Masse auch für diese feine und lohnende Industrie».14 In jenen Jahrzehnten schoss in St. Gallen ein Quartier nach dem an­ deren aus dem Boden. Im Westen entstanden vorwiegend Arbeitersiedlungen, am Rosenberg suchten die Reichen einander mit protzigen Villen im Jugendstil zu übertrumpfen, vor den Toren der Altstadt zum Bahnhof hin errichteten die Stickereibarone die Visitenkarte des neuen St. Gallen mit imposanten Geschäftshäusern und architektonisch ansprechenden Produktionsstätten. Auch die öffentliche Hand griff tief in die Schatulle. Sie errichtete in den zwölf Jahren von 1905 bis 1917 den grosszügigen, bis heute überdimensionierten Bahnhof, gegenüber die wuchtige Hauptpost, dann am Stadtpark die elegante Tonhalle, die ehemalige Handelshochschule, die Stadtbibliothek Vadiana und das Historische Museum. Man baute selbstbewusst. Schliesslich war man damals nach Zürich, Basel, Genf und Bern die fünftgrösste Stadt der Schweiz. Und noch wichtiger: etliche Wachstumsindikatoren deuteten darauf hin, dass man bald noch weiter nach vorn rücken dürfte. Davon waren auch die St. Galler überzeugt. Ihr Hauptbahnhof zählte 1911 nach Zürich und Lausanne am meisten Passagiere, ihre Hauptpost beförderte, abgesehen von Zürich, am meisten Expresssendungen.15 Die Ostschweizer Metropole war eine begehrte Stadt. Im Jahr 1906 bezahlte man nirgends in der Schweiz für eine Vierzimmer-Wohnung mehr als hier. 865 Franken betrug der Mietzins, in Zürich dagegen nur 800 und in Basel 760 Franken.16 St. Gallen gab sich gern weltmännisch. Mit Amerika fühlte man sich speziell verbunden – nicht ohne Grund. Die USA waren mit Abstand der grösste Absatzmarkt. Die bedeutendsten Exporteure rühmten sich schon mit den Namen, die sie ihren Geschäftssitzen gaben, ihrer vortrefflichen Beziehungen zu Amerika. Die Gebrüder Iklé nannten ihren Hauptsitz «Washington» – heute Hauptsitz der Helvetia Versicherungen –, die Fir­ ­ma Hoffmann, Huber & Co. den ihren «Union», andere repräsentative Geschäftshäuser hiessen «Oceanic» oder «Atlantic». Das war das St. Gallen, in dem Arthur Hoffmann lebte und arbeitete. Es bestand bis zum Ersten Weltkrieg. Dann brach mit den Schüssen von 20

Die Hoffmanns – eine St. Galler Advokatendynastie

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Sarajewo der Boom zusammen. Luxusgüter wie Stickereien reagieren äus­ serst empfindlich auf politische oder wirtschaftliche Erschütterungen. Wenn man in Krisenzeiten sparen muss, kann man auf modische Accessoires am leichtesten verzichten. In Paris, das im Herbst 1914 im Schuss­ bereich deutscher Kanonen lag, hatte man andere Sorgen, als sich um den «dernier cri» der Haute Couture zu kümmern. Die Nachfrage brach dramatisch ein. Die Ausfuhrmenge sank, in Zentnern ausgedrückt, von 93 000 im Spitzenjahr 1911 auf 44 000 im Jahr 1918, um schliesslich 1935 mit 6000 Zentnern den Tiefpunkt zu erreichen. In Werten ausgedrückt präsentiert sich die Entwicklung etwas weniger drastisch – aber nur, weil die Inflation das Bild verfälschte. Tatsache ist, St. Gallen lag mit dem Zusammenbruch der Stickerei am Boden. Von den 45 000 Beschäftigten in der Schlüsselindustrie von 1910 blieben dreissig Jahre später gerade noch gut 3000 übrig.17 Auch die Bevölkerung nahm wegen starker Abwanderung ab. Vom Höhepunkt im Winter 1912/13 mit über 78 000 Einwohnern sank sie auf einen Tiefpunkt mit 62 500 Einwohnern im Jahr 1941.18 Bis in die Hochkonjunktur der 1960er-Jahre hat sich die Stadt von diesem Rückschlag nie ganz erholt. Ähnlich wie die Entwicklung seiner Heimatstadt verlief die Karriere von Arthur Hoffmann. Sein Aufstieg war konstant und höchst beeindruckend. 1911 erreichten beide ihren Höhepunkt, die Stadt mit dem Spit­ zenjahr in der Stickerei, Hoffmann mit der Wahl in den Bundesrat. Die Aussichten waren für die Stadt wie für ihren «favorite son» blendend: St. Gallen hatte in der Schweiz das grösste Wirtschaftswachstum, Hoffmann war der angesehenste und mächtigste Bundesrat. Doch die Erfolgsstory dauerte nicht mehr lange. Nur wenige Jahre danach sollte sie abrupt enden. Beide gerieten ins Getriebe der Weltgeschichte und wurden arg zerzaust.

Der Anwalt Johann Baptist Gruber

Arthur Hoffmann stammte aus einer angesehenen Advokatenfamilie. Sein Vater Karl übte schon dieses Metier aus und dessen Stiefvater ebenfalls. Später sollte in vierter Generation Sohn Hans in die Fussstapfen des Der Anwalt Johann Baptist Gruber

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Arthur Hoffmann im Bundesrat (1911–1917)

Am 4. April 1911 wählte die Bundesversammlung den St. Galler Ständerat Arthur Hoffmann mit einem Spitzenresultat, wie man es weder vorher noch nachher je erlebt hat, in den Bundesrat. Von 195 abgegebenen Stimmen erhielt er im ersten Wahlgang deren 186. Das ganze Wahlverfahren war schon nach zwanzig Minuten vorbei. Der stark im politischen Katholizismus verankerte Publizist Emil Buomberger, selbst St. Galler Kantonsrat und später Zürcher Nationalrat und somit eine gewichtige Stimme, aber kein Parteifreund von Hoffmann, kommentierte als Chefredaktor der Ostschweiz die Wahl so: «Wenn je einmal der Mann nicht das Amt, sondern das Amt den Mann gesucht hat, so ist es hier der Fall. Dr. Hoffmann bringt mit Annahme der Wahl zum Bundesrat dem Vaterlande ein grosses finanzielles und persönliches Opfer.»80 Rundum vernahm man nur Lob. Der freisinnige Bund meinte: «Mehr und mehr trug ihn das Ansehen, das seine charaktervolle politische Tätigkeit und seine vorbildliche Hingebung an das öffentliche Wesen sicherte, vom Rang des Politikers zu dem eines von allen Parteien anerkannten Staatsmannes empor. So klar und grundsatztreu er auch zu allen Zeiten den Richtlinien freisinniger Fortschrittspolitik in Kanton und Eidgenossenschaft folgte, so wenig ging er in enger, parteipolitischer Schablone auf […]. So ist es nicht verwunderlich, dass er ein unbestrittenes Ansehen besass und sich des vollen Vertrauens auch des politischen Gegners erfreute.»81 Und Ständeratspräsident Josef Winiger, ein Katholisch-Konservativer aus Luzern, erklärte gleich im Anschluss an die Wahl: «Wir dürfen annehmen, dass zu dem allgemeinen Vertrauen, das Herr Hoffmann geniesst, am meisten die hervorragende Arbeit im Schosse unseres Rates beigetragen hat […]. Wir Kollegen sind überzeugt und vollkommen darüber beruhigt, dass die grossen Hoffnungen der Wahlbehörde 56

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und des Landes, die sich an diese Wahl knüpfen, in Erfüllung gehen werden.»82 Am grössten war natürlich die Freude in seiner Heimatstadt St. Gallen. Der offizielle Empfang am 6. April wurde zu einem wahren Triumphzug. Tausende von Zuschauern säumten die Strassen. Fast eine Viertelstunde lang dauerte das Defilee. Selbst das trübe und winterliche Wetter mit den verschneiten Höhenzügen konnte der Festfreude nichts anhaben. Stadtammann Eduard Scherrer sagte in seiner Festansprache in der Tonhalle: «Es ist nicht das erste Mal, dass Freudenschüsse auf unsern Höhen ertönen, die einem St. Galler Hoffmann gelten, den das Zutrauen der eidgenössischen Räte in den Bundesrat rief. Was aber dem Vater aus Rücksichten zur Familie nicht vergönnt war, zur Tat werden zu lassen, geht heute nun im Sohn in schöne Erfüllung.»83 Hoffmann selbst zeigte sich, wie es seine Art war, eher verhalten. Er unterzog sich den Festlichkeiten mehr, als dass er sie genoss. Bezeichnend ist, wie er sich von seinen Parteifreunden Ende April auf einer grossen Veranstaltung im «Schützengarten» verabschiedete. Er kam auf den Liberalen Verein zu sprechen, den er in den 1880er-Jahren neu gegründet und hernach geführt hatte. Dabei hatte er sich, wie erwähnt, kompromissbereit gezeigt, namentlich was die Einführung des Proporzes betraf. Mit der ganzen Autorität des frisch gewählten Bundesrats holte er nochmals aus, um seine Position zu rechtfertigen. «Auch im Schosse unserer Partei hat stets ein Kampf gewogt über die Frage der Kompromisspolitik […]. Handelt es sich um Fragen parteipolitischer Natur, so kommt man sehr oft um Kompromisse gar nicht herum und dann wird sich auch jede Partei dazu bequemen müssen. Die Weltanschauungen können nebeneinander nur bestehen, wenn wir Toleranz üben […]. Eines aber muss betont werden. Die Kompromisspolitik darf niemals ihre Wurzeln in einer Schwäche mit zu grosser Nachgiebigkeit, in einer grundsatzschwachen Haltung haben […]. Nur wenn innere und äussere Gründe es als unbedingt notwendig erscheinen lassen, wenn sich die Verhältnisse ändern, darf dieser Kurs eine Änderung erfahren. Aber die Volksgesinnung darf nicht verletzt werden und über spezielle Parteiurteile muss das Wohl des Ganzen gestellt werden. Und wenn dieses einen Verzicht verlangt, so soll das rückArthur Hoffmann im Bundesrat (1911–1917)

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haltlos geschehen.»84 Mit diesem politischen Testament verabschiedet er sich aus St. Gallen.

Vorsteher des Justiz- und Polizeidepartements

Am 8. Mai 1911 trat Arthur Hoffmann sein neues Amt in Bern an. Er übernahm – wenig erstaunlich – das Justiz- und Polizeidepartement. Mit seiner Reputation gewann er im Bundesrat, dem damals der Ruf einer etwas schläfrigen Behörde vorausging, 85 von Anbeginn überragenden Einfluss. Seine starke Stellung wurde noch durch einen anderen Umstand begünstigt. In den ersten zwei Jahren kam es zu einer grossen Umge­ staltung im Kollegium. Anfang 1913 gab es nur noch zwei Bundesräte, die vor Hoffmann gewählt worden waren: den seit Jahren dienenden Berner ­Eduard Müller und den republikanisch nüchternen Zürcher Ludwig Forrer. Beide waren rechtschaffene und populäre Magistraten, aber keine Alphatiere. Kurz nach Hoffmann gelangten indes Politiker in den Bundesrat, denen es an Ehrgeiz nicht mangelte: der katholisch-konservative Giu­seppe Motta, der später während zwanzig Jahren die Aussenpolitik leiten sollte, der Waadtländer Camille Decoppet, dann Edmund Schult­ hess aus dem Aargau und schliesslich der Bündner Felix Calonder, der nach seinem Rücktritt verschiedene Mandate für den Völkerbund übernehmen sollte. In dieser Zusammensetzung blieb der Bundesrat bis zur Demission Hoffmanns im Sommer 1917 unverändert bestehen. Das Kollegium hat nicht besonders harmonisch zusammengearbeitet. Friktionen waren an der Tagesordnung. Vor allem Schulthess wurmte es, dass Hoffmann und nicht er selbst im Bundesrat den Takt vorgab. Der St. Galler seinerseits war sich seiner starken Stellung von Anfang an bewusst und brüskierte die Kollegen, wie noch zu zeigen sein wird, nicht selten mit Alleingängen.86 Im Justiz- und Polizeidepartement blieb Hoffmann nicht lange, nur ein gutes halbes Jahr. Er hinterliess deshalb keine derart tiefen Spuren, wie man es von einem Mann mit seinem Profil hätte erwarten können. Folgenlos war sein Zwischenspiel dennoch nicht. Er widmete sich hauptsächlich drei Geschäften: der Einführung des Zivilgesetzbuchs, der Fort58

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setzung der Revision des Obligationenrechts und der Frage, ob ein selb­st­ ständiges eidgenössisches Verwaltungsgericht zu schaffen sei. Das Schweizerische Zivilgesetzbuch vom 7. Dezember 1907 sollte auf den 1. Januar 1912 in Kraft treten. In der Zwischenzeit mussten die Kantone Einführungsgesetze und Vollzugsverordnungen beschliessen. Hoffmann war mit der Materie als Jurist, aber auch als kantonaler und eidgenössischer Parlamentarier bestens vertraut. Er hat, wie wir sahen, an der Ausarbeitung des Gesetzeswerks mitgearbeitet. Im Ständerat referierte er über das neue Zivilgesetz, im St. Galler Kantonsparlament stellte er das kantonale Einführungsgesetz vor. Er war somit wie kein Zweiter berufen, die kantonalen Umsetzungen, die der Bundesrat genehmigen musste, zu leiten. Er hat es effizient getan. Hoffmann wollte auch das Obligationenrecht weiter vereinheitlichen. Für jene Bereiche, die noch nicht revidiert wurden, erteilte er Professor Eugen Huber den Auftrag, einen Vorentwurf auszuarbeiten. Schliesslich suchte er in der Frage, ob die Eidgenossenschaft ein selbst­ ständiges Verwaltungsgericht brauche, einen Schritt weiterzukommen. Seit Längerem vertrat er die Ansicht, man benötige zur Entlastung von Bundesrat und Parlament ein solches Gericht. In der Sommersession referierte er ausführlich darüber. Seine Rede wurde gut aufgenommen. 87 Im Jahr 1907 bestellte das Justiz- und Polizeidepartement dazu beim berühmten Juristen Fritz Fleiner eine Studie. Auch Fleiner bejahte die Wünschbarkeit eines Verwaltungsgerichts. Nach dem Amtsantritt nahm Hoffmann sogleich dieses Geschäft an die Hand. Auf der Grundlage von Fleiners Empfehlung arbeitete er eine Botschaft aus, die der Bundesrat noch im Dezember 1911 an die Bundesversammlung weiterleitete. In der Abstimmung vom 25. Oktober 1914 genehmigten Volk und Stände die Errichtung einer gewissen Verwaltungs- und Disziplinargerichtsbarkeit. Die Verwirklichung eines selbstständigen Bundesverwaltungsgerichts soll­­te allerdings noch lange auf sich warten lassen. Erst 2007 wurde es ­geschaffen, mit Sitz in St. Gallen. Das Gericht – der Zufall wollte es – bezog 2012 die neuen Gebäude am Fusse des Rosenbergs, einen Steinwurf von Hoffmanns einstiger Villa entfernt. Privat richtete sich Hoffmann mit seiner Familie in Bern im GryphenVorsteher des Justiz- und Polizeidepartements

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hübeli ein. Dieses vornehme Quartier, das jenseits der Aare an das Kirchenfeld angrenzt und manchmal auch dazugerechnet wird, schoss nach dem Bau der Kirchenfeldbrücke (1883) aus dem Boden. Mit seinen Villen und Stadthäusern wurde es zur bevorzugten Wohngegend von höheren Beamten und Magistratspersonen. Hoffmann wohnte am Gryphenhübeliweg 7 in einem neuen komfortablen Haus.88 Die freistehende zweistöckige Villa mit ausgebautem Mansardendach hatte einen herrlichen Blick auf die Altstadt in der Aareschlaufe. Nicht weit entfernt, an der Alpen­ strasse  29, residierte Generalstabschef Theophil Sprecher. Täglich ging Hoffmann zu Fuss ins Bundeshaus, stets mit einem Schirm ausge­rüstet.89 Für den Weg über die Kirchenfeldbrücke benötigte er gut zwanzig Mi­ nuten. Der amerikanische Gesandte Pleasant Stovall, den Hoffmann zu sich nach Hause eingeladen hatte, taxierte die Villa als eine einfache Behausung. Der Südstaatler aus der kolonialen Prunkstadt Savannah in Georgia nannte sie ein «cottage». Allerdings verglich er sie, da Hoffmann Bundespräsident war, mit dem Weissen Haus in Washington. Aus dieser Perspektive nahm sich die private Residenz des Bundesrats natürlich bescheiden aus, obschon sie gemeinhin durchaus gehobenen Ansprüchen genügte. Heute dient die Villa mit altem Baumbestand als Botschaft des Fürstentums von Monaco. Im Innern bestaunte Stovall vornehmlich die grosse Bibliothek. In den Buchregalen stiess er auf englische Schriftsteller wie Walter Scott, Charles Dickens und William Thackeray, deren Werke Hoffmann in deutscher oder französischer Übersetzung besass.90

Vorsteher des Militärdepartements

1912 verteilte der stark ausgewechselte Bundesrat die Departemente neu.

Hoffmann übernahm das Militärdepartement – ein schwieriges Departement. Innere und äussere Probleme häuften sich dort. Starke antimilitaristische Strömungen auf der Linken stellten die Armee infrage. Aber auch der Zustand der Truppen war alles andere als zufriedenstellend. Dazu kam, dass die Kriegsgefahr in Europa immer bedrohlicher wurde. Zwar war die Lage schon seit der Jahrhundertwende alles andere als stabil. Ein 60

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9  Bundesrat Arthur Hoffmann als Chef des Militärdepartements mit Korps­kommandant

Ulrich Wille, Korpskommandant Peter Isler, Korpskommandant Isaak Iselin-Sarasin und Generalstabschef Theophil Sprecher von Bernegg, 1912.

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verworrenes Geflecht von Allianzen und Geheimverträgen überzog die Friedensordnung, die der Wiener Kongress vor einem Jahrhundert errichtet hatte. Jeder regionale Krisenherd drohte als Folge der eingegangenen Bündnisverpflichtungen eine Kettenreaktion auszulösen. Im Balkankrieg vom Oktober 1912 geschah dann das, was man so lange befürchtet hatte: Das Pulverfass Europas explodierte. Vier kleine Balkanstaaten zogen mit Waffengewalt gegen die Türkei und zogen auch die Schutzmächte in die Krise hinein. Zwar konnte man den Brandherd nochmals notdürftig löschen. Doch in den europäischen Hauptstädten, in Berlin, Wien und Rom, aber auch in Paris erkannte man die Zeichen der Zeit. Man begann, die Truppenbestände zu erhöhen und die Landesverteidigung zu verstärken. Europa schlitterte sehenden Auges in den Ersten Weltkrieg hinein. Man sah das Unheil kommen – und hoffte dennoch, das Unabwendbare aufhalten zu können. Hoffmann war bestens geeignet, das schwierige Departement zu übernehmen. Als zur Disposition gestellter Oberst kannte er nicht nur die ­Probleme der Truppenführung. Als ehemaliger Präsident der Militärkom­ mission im Ständerat und durch seinen Einsatz für die neue Mili­tär­ organisation von 1907 wusste er auch, wie es um die Schweizer Armee insgesamt stand, wie dringend nötig das im Verlauf des 19. Jahrhunderts etwas verlotterte Militärwesen einer Reform an Haupt und Gliedern bedurfte. Er stand voll hinter den neuen Führungs- und Ausbildungszielen, wie sie die hohen Offiziere Ulrich Wille und Theophil Sprecher von Bernegg propagierten. Von der Armeefeindlichkeit linker Kreise liess er sich nicht be­eindrucken, auch nicht von der bis weit ins bürgerliche Lager reichenden Unpopularität des preussischen Drills. Aber für die Soldaten hatte er ein Herz. So vertrat er 1913 vor den eidgenössischen Räten mit voller Überzeugung die Schaffung einer Militärversicherung, eines nationalen So­zialwerks von wegweisender Bedeutung. Dank der neuen Militärorganisation und den darauf basierenden Vorschriften für die Truppenkommandanten von 1911 war die Armee, als der Bundesrat am 3. August 1914 die Generalmobilmachung anordnete, in der Lage, 8000 Offiziere, über 200 000 Unteroffiziere und Soldaten sowie 45 000 Pferde auszuheben.91 Es stand somit zu Beginn des Weltkriegs um 62

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den Zustand der Truppen, auch wenn er immer noch unbefriedigend war, wesentlich besser als noch ein Jahrzehnt zuvor. Hoffmann war sich auch bewusst, dass die Schweizer Armee nicht nur im Innern der Reformen bedurfte, sondern auch die Entwicklung auf den internationalen Kriegsschauplätzen schärfer beobachten sollte. Deshalb wollte er vermehrt hohe Militärs auf Sondermissionen ins Ausland schicken. Seine Absicht liess sich aber nur in Ansätzen verwirklichen. Im Oktober 1912 beantragte er dem Bundesrat, militärische Beobachter in den Balkankrieg zu schicken, um die Auswirkungen von neuen Kriegsmitteln, namentlich Maschinengewehren, zu studieren. Er wollte je zwei Offiziere in die Türkei und nach Bulgarien entsenden. Doch die Türkei lehnte das Gesuch rundweg ab, und Bulgarien liess nur einen Beobachter zu. Dieser, Oberst Treytorrens de Loys, wurde allerdings von den bulga­ rischen Behörden äusserst herablassend behandelt und von allen wichtigen Kriegsoperationen ferngehalten. Man gab ihm auf Schritt und Tritt zu verstehen, dass seine Anwesenheit unerwünscht sei. Einzig von den anderen Militärattachés erhielt er nützliche Informationen. Hoffmann wollte darauf die Lücke mit der Entsendung von Militärmissionen nach Serbien und Griechenland schliessen. Doch die beiden Regierungen fühlten sich nicht einmal bemüssigt, die eidgenössische Anfrage zu beantworten.92 Auch um die Versorgung der Armee und der Zivilbevölkerung mit Lebensmitteln kümmerte sich Hoffmann mit vorausschauendem Blick. Als sich mit den Balkankriegen die Gefahr eines grossen Kriegs in Westeuropa immer stärker abzeichnete, konnte er dem Bundesrat berichten, die Brotversorgung der Truppen sei für sechzig Tage sichergestellt. Schlimmer sah es hingegen für die Gesamtbevölkerung aus. Dort reichte der Vor­rat nur gerade für zwei Wochen. Er schlug deshalb vor, auf Bundes­ kosten die Weizenvorräte für die Bevölkerung auf vier Wochen zu erhöhen.93 Das war nicht gerade viel. Aber damit sollte man das Schlimmste überstehen können. Denn die meisten rechneten zwar mit einem Krieg, aber mit einem kurzen. Die grössten Verdienste um die Erneuerung der Armee haben sich die beiden Offiziere Wille und Sprecher erworben. Hoffmann erkannte in Vorsteher des Militärdepartements

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Wille den eigentlichen Motor der Armeereform. Deshalb bevorzugte er ihn. Das ist an sich erstaunlich. Denn charakterlich glich der hart arbeitende und skeptische Hoffmann mehr dem gestrengen Asketen aus Maienfeld als dem zwar hochintelligenten, aber selbstgefälligen und impulsiven Gutsherrn vom Zürichsee. Schon in den Herbstmanövern von 1900 hatte Oberst Hoffmann zum Chef des dritten Armeekorps, unter dessen Kommando er eine Brigade geführt hatte, grosses Vertrauen gefasst. Und davon wich er nicht mehr ab. Er sah im Instruktionsoffizier einen begnadeten Ausbildner, der mit seiner visionären Führung allein in der Lage war, die Schweizer Armee auf die Höhe einer einsatzfähigen und disziplinierten Truppe zu heben. Dieses vorbehaltlose Vertrauen sollte Wille sehr zustatten kommen. Zum ersten Mal stellte Hoffmann seine Treue unter Beweis, als Wille wegen einer Meuterei am Flüelapass arg unter Beschuss geriet. Was war geschehen? Am 10. September 1913 befand sich die Gebirgsinfanteriebrigade  18, die aus einem St. Galler Regiment und einem Bündner Regiment bestand, im Wiederholungskurs am Flüelapass. An diesem Tag war das Wetter sehr schlecht. Es schneite, was es konnte. Die Armeeleitung befahl wegen des Schneesturms den Gefechtsabbruch. Danach rief sie die Offiziere auf der Passhöhe zur Manöverkritik zusammen. Als diese nach mehr als einer Stunde immer noch andauerte, begann das Bündner Regiment aufzubegehren und marschierte eigenmächtig ins Tal hinunter, um dort das Offizierskorps abzuwarten. Das St. Galler Regiment hingegen verhielt sich trotz der widrigen Wetterverhältnisse diszipliniert. Antimilitaristische Hetze war beim Vorfall nicht im Spiel. Oberstkorpskommandant Wille, der stets gern zu seiner eleganten Feder griff, prangerte knapp zwei Wochen danach das unsoldatische Verhalten in einem Artikel in der Neuen Zürcher Zeitung scharf an. Zynisch, ja direkt höhnisch, erklärte er: «Eine solche Truppe ist gänzlich unzuverlässig, sie ist für den Krieg unbrauchbar, auch wenn sie noch so leistungsfähig ist und alle ohne Ausnahme Heldensöhne sind, die nur den einen Lebenszweck kennen: für das Vaterland zu sterben […]. Wenn behauptet werden wollte, diese Truppe sei militärisch erzogen und daher auch befähigt, die ganze Schwere ihres Vergehens zu kennen, gehört sie vor Kriegsgericht, 64

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und wenn dieses dann nicht eine leere Farce ist, ist langjährige Kerkerstrafe die unabwendbare Sühne.»94 Der Artikel warf grosse Wellen. Sogar der deutsche Kaiser soll Willes Kommentar gelobt haben,95 in der Schweiz dagegen überwog der Unmut. Vor allem im Kanton Graubünden war man empört über den neuen Korpskommandanten. Der Bündner Korrespondent der Neuen Zürcher Zeitung warf Wille vor, in ein Verfahren eingegriffen zu haben, das der zuständige Oberstdivisionär untersucht und mit einem Tag Zusatzdienst bestraft habe, das er indes nicht als Meuterei eingestuft habe. Die von Wille geforderte Kerkerstrafe dagegen existiere nicht einmal im eidgenössischen Militärstrafrecht.96 Auch im Parlament gingen die Emotionen hoch. Mehrere Nationalräte reichten eine Interpellation ein. Die Unterzeichner stiessen sich unter anderem daran, dass Wille seinen Artikel zu einem Zeitpunkt publizierte, als bereits eine Untersuchung im Gang war. Ohne das Ergebnis abzuwarten, hätte er mit falschen Behauptungen zu einer vernichtenden Kritik an den Bündner Truppen ausgeholt. Der Engadiner Nationalrat Andrea Vital fasste den Unmut so zusammen: «Ich klage den Obersten Wille an, dass er bewusst oder grob fahrlässig, in leichtfertiger Weise, eine Darstellung des Tatbestandes gegeben hat, die falsch war.»97 Der Vorsteher des Militärdepartements stand vor keiner leichten Aufgabe, als er zu den Vorfällen Stellung nehmen musste. Man spürte, dass ihm Willes Presse-Elaborat zuwider war. Im Grunde gab er in den meis­ ten Punkten den Kritikern des journalistisch ambitionierten Berufsmilitärs recht. Aber deswegen liess er seinen Protegé doch nicht fallen. Vielmehr erreichte er mit einer differenzierten Argumentation, dass der Na­tionalrat eine Diskussion dieses emotional geladenen Themas ablehnte. Er sagte: «Und nun zum Artikel des Obersten Wille. Der Zweck des Artikels ist ein erlaubter und löblicher. Oberst Wille hat […] den Artikel in einem Zeitpunkt geschrieben, als eine Untersuchung noch nicht eingeleitet war. Den Befehl zur Aufnahme einer Untersuchung hat Oberst Wille in dem Momente erhalten, als sein Artikel in der Neuen Zürcher Zeitung erschien. Der Fehler des Obersten Wille war, dass er mit seinem Artikel nicht länger zugewartet hat. Einen bewusst falschen Tatbestand, wie Herr Vorsteher des Militärdepartements

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10  Defilee mit Bundesrat Hoffmann und Korpskommandant Ulrich Wille.

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Der Rücktritt aus der Landesregierung

Am 18. Juni feierte Arthur Hoffmann seinen 60. Geburtstag. Es war ein Montag, und die National- und Ständeräte fanden sich in Bern zur ­Sommersession ein. Der Jubilar hatte den Höhepunkt seiner Laufbahn erreicht. Er war hochgeachtet, seine Tatkraft und Intelligenz wurden überall anerkannt, in weiten Kreisen verehrte man ihn als einen Jahrhundertbundesrat. In den Korridoren des Bundeshauses drängelten sich schon die Parlamentarier, um Hoffmann zu gratulieren. Doch sie mussten sich gedulden. Zuerst wollte der Bundesrat im kleinen Kreis feiern. Hoffmann nahm den Blumenstrauss von Bundespräsident Schulthess entgegen, dann die Gratulationen seiner Kollegen. Aber ums Feiern war es ihm nicht. Ein grosser Brocken lag ihm auf dem Magen. In der anschliessenden Sitzung musste er dem Bundesrat etwas eröffnen, auf das er gern verzichtet hätte. Es ging um die Ausweisung von Nationalrat Robert Grimm aus Russland.

Auseinandersetzung im Bundesrat

Zum ersten Mal unterrichtete Hoffmann seine Kollegen über die Vermittlungsaktion in Petrograd. Er musste eingestehen, dass er hinter dem Rücken des Bundesrats Geheimdiplomatie betrieben hatte. Die ganze Sache war aufgeflogen. Jedermann konnte in der schwedischen Zeitung Socialdemokraten das fatale Telegramm von Hoffmann an Grimm nachlesen. Das Politische Departement hatte zwei Tage zuvor, am Samstag, 16. Juni, zum ersten Mal erfahren, dass Hoffmanns Vermittlungsaktion in die Presse gelangt war. An jenem Tag meldete der Gesandte Carlin aus London, die Agentur Reuters verbreite unter Berufung auf eine schwe­ dische Zeitung die Nachricht, wonach der Schweizer Bundesrat eine DeAuseinandersetzung im Bundesrat

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pesche an Nationalrat Grimm in Petrograd gesandt habe. Carlin traute der Sache nicht. Ungläubig fragte er: «Ist wirklich etwas Wahres an dieser Nachricht?»543 Am Sonntag beantwortete die Abteilung für Auswärtiges die Frage, aber nur in groben Zügen. Gleichentags erhielt die Gesandtschaft in London einen telefonischen Anruf von Henry Wickham Steed, dem Leiter des aussenpolitischen Ressorts der Time. Dieser wollte wissen, was es mit der Meldung im schwedischen Blatt auf sich habe. Sollte die Nachricht zutreffen, müsste die Entente, meinte der prominente britische Journalist drohend, dieses Vorkommnis als einen unfreundlichen Akt ­erachten. Carlin bat die Zentrale, ihn eingehender über den Sachverhalt aufzuklären.544 Einige Minuten danach traf in Bern ein Telegramm aus Petrograd ein mit der Warnung, man möge keine chiffrierten Texte mehr kabeln. Dieses Telegramm hatte der Gesandte Odier allerdings schon am 13. Juni verschickt.545 Erneut staunt man, wie viel Zeit die telegrafischen Mitteilungen zwischen Petrograd und Bern benötigten: geschlagene vier Tage. Hoffmann wusste, dass er seine Stellung nicht mehr halten konnte. Auch wenn es nicht seine Absicht gewesen war, einen Separatfrieden zwischen Russland und den Zentralmächten zu vermitteln, musste er erkennen, dass die Alliierten das abgefangene Telegramm so deuten konnten. In dieser Bundesratssitzung fiel schon das Wort Rücktritt, und zwar von ihm selbst. Im Protokoll steht: «Herr Bundesrat Hoffmann muss die Wendung als eine sehr ernste ansehen und zwar sowohl für die innerpolitischen, als auch für die auswärtigen Beziehungen des Landes. Er habe ausschliesslich in der Überzeugung gehandelt, den Interessen seines Landes zu dienen. Sein Vorgehen sei ein rein persönliches gewesen, weshalb er auch für seine Person bereit sei, die Konsequenzen seines Schrittes zu ziehen und, wenn dies das Wohl des Landes erfordere, von seiner Stellung zurückzutreten.» Dann fährt das Protokoll lakonisch fort: «Der Bundesrat nimmt von diesen Mitteilungen Kenntnis. Er beschliesst, die Angelegenheit zu prüfen und im Laufe des Nachmittags wieder zusammenzutreten.»546 Im Bundeshaus freilich herrschte nicht Alltagsbetrieb. Die Gratula­ tionsstimmung war in der Wandelhalle zusehends einer nervösen Unruhe gewichen. Etwas schien sich zusammenzubrauen. Einzelne Parlamenta286

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rier wollten wissen, es habe mit Hoffmann zu tun. Bundesrat Motta, der im Nationalrat zu einer Steuervorlage Stellung nahm, suchte unbequemen Fragen mit unverbindlichen Floskeln auszuweichen. Doch die Gerüchte verdichteten sich. Und am Nachmittag, als die ersten Abendblätter erschienen, schlug die Nachricht wie ein Blitz ein: Hoffmann hatte mit dem Sozialisten Grimm zusammen versucht, zwischen den Revolutionären in Russland und dem Deutschen Reich einen Frieden zu vermitteln. So berichtete es die Nachrichtenagentur Reuters. Nun brach höchste Erregung aus, da und dort auch Unmut, vor allem unter den Welschen. Um 18 Uhr versammelte sich der Bundesrat erneut. Nochmals berichtete Hoffmann über weitere Vorgänge im Zusammenhang mit der aufgeflogenen Affäre. Zudem legte er den Entwurf für eine Pressemitteilung vor. Der Bundesrat erklärte sich damit einverstanden, allerdings mit dem etwas sibyllinischen Zusatz, es sei Hoffmann anheimgestellt, ob er Bemerkungen aus der Mitte des Bundesrats berücksichtigen möchte.547 Um 22 Uhr informierte das Politische Departement die wichtigsten Gesandtschaften in den Staaten der Entente über den Sachverhalt. Es gab den Text des fatalen Telegramms vom 3. Juni in extenso wieder und schloss mit den Worten: «Diese Demarche wurde von Herrn Bundesrat Hoffmann ohne jegliche Beeinflussung von irgendeiner Seite einzig im Interesse eines baldigen Friedensschlusses und folglich im Interesse der Schweiz vorgenommen.»548 Dann diskutierte der Bundesrat eine allfällige Demission von Hoffmann. Calonder zweifelte als Erster, ob ein solcher Schritt angebracht sei. Schliesslich habe der Kollege im Landesinteresse gehandelt und es liege keine Rechtsverletzung der Neutralität vor. Müller und Forrer schlossen sich der Meinung des Bündners an. Müller hoffte, die Angelegenheit lasse sich «à l’amiable» erledigen. Und Forrer meinte, Hoffmann habe nicht weniger als Präsident Wilson das Recht, Friedensvorschläge zu machen. Nur einen Vorwurf konnte er sich nicht verklemmen: Mit einem Grimm hätte sich Hoffmann nie einlassen dürfen. Motta und Decoppet hingegen bezweifelten, ob man die Erregung, vornehmlich in der Westschweiz, noch mit solchen Massnahmen besänftigen könne. Dann ergriff Schulthess das Wort. Kategorisch erklärte er, eine andere Lösung als eine Demission sei Auseinandersetzung im Bundesrat

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Bildnachweis

Abb. 1: Eduard Scherrer: Arthur Hoffmann. Zürich und Leipzig 1929. Abb. 2: Staatsarchiv St. Gallen, KA R. 88-5-a. Abb. 3: Staatsarchiv St. Gallen, KA R. 88-5-a. Abb. 4: Eduard Scherrer: Arthur Hoffmann. Zürich und Leipzig 1929. Abb. 5: Eduard Scherrer: Arthur Hoffmann. Zürich und Leipzig 1929. Abb. 6: Privatarchiv. Abb. 7: © Furter & Furter, Liegenschaften, St. Gallen. Abb. 8: Staatsarchiv St. Gallen, BMCG 03. Abb. 9: Bibliothek am Guisanplatz, Militärpostkartensammlung,

MPK_V_0032. Abb. 10: Staatsarchiv St. Gallen, ZOF 002-02.03. Abb. 11: Privatarchiv. Abb. 12: Privatarchiv. Abb. 13: Staatsarchiv St. Gallen, ZOF 002-02.04. Abb. 14: Privatarchiv. Abb. 15: Schweizerische Nationalbibliothek, Graphische Sammlung: Sammlung

Grafikporträts. Abb. 16: Gemälde von Gustav Adolf Meng-Trimmis in der Schweizerischen Abb. 17: Abb. 18: Abb. 19: Abb. 20: Abb. 21: Abb. 22:

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Botschaft, Aussenstelle Berlin. Schweizerische Nationalbibliothek, Allgemeine Sammlung. © Association Edmond-Bille. Schweizerische Nationalbibliothek, Graphische Sammlung: Sammlung Fotoporträts. Die Schweizerische Grenzbesetzung. Der Winter 1914/15 an der Grenze. Frobenius AG: Basel 1915 S. 18. Adolf McCarthy: Robert Grimm. Bern: Francke 1989. © Nebelspalter. Schweizerisches Bundesarchiv E2001A#1000/45#761*, Angelegenheit BR Hoffmann und NR Grimm betr. Neutralitätsverletzung durch ihre

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Abb. 23: Abb. 24: Abb. 25: Abb. 26:

Bemühungen um einen Separatfrieden zwischen Russland und den Zentralmächten (Hoffmann-Grimm-Affäre), 1917–1918. Schweizerische Nationalbibliothek, Allgemeine Sammlung. © Nebelspalter. Schweizerische Nationalbibliothek, Allgemeine Sammlung. © Association Edmond-Bille. Eduard Scherrer: Arthur Hoffmann. Zürich und Leipzig 1929.

Autor und Verlag haben sich bemüht, die Urheberrechte der Abbildungen ausfindig zu machen. In Fällen, in denen ein exakter Nachweis nicht möglich war, bitten sie die Inhaber der Copyrights um Nachricht.

Bildnachweis

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Personenregister

Ador, Gustave  12, 14, 76, 97, 102, 154, 199, 261, 264, 279–281, 295, 296, 298, 299, 301, 302, 312, 318, 320 Aesop 18, 193 Albert I. (König)  83 Anderwert, Fridolin  37 Asquith, Herbert Henry  274 Audéoud, Edouard  152 Balabanoff, Angelica  280 Balfour, Arthur  193, 194 Barbey, Frédéric  301 Barrère, Camille  282 Baumberger, Georg  294 Baumgartner, Gallus Jakob  24, 33 Beau, Paul  147, 187, 293, 304, 305 Beaufort, Willem Hendrik de  13, 14 Benedikt XV. (Papst)  158, 177, 179 Berdez, Louis  37 Bernstorff, Johann-Heinrich (Graf)  184, 222, 223, 227–230 Bethmann Hollweg, Dietrich von  266, 267, 270, 271, 300, 319 Bethmann Hollweg, Theobald  171, 181, 184, 201, 203, 207, 223, 241, 245, 253, 256 Bircher, Eugen  90, 147 Bismarck, Otto von  72 Bonjour, Edgar  116, 294 Bonjour, Félix  111, 133 376

Bonna, Pierre  272, 278 Bosshardt, Hans («Pilatus»)  216 Bossi, Emilio  307 Bourbon-Parma, Sixtus von  245 Bourcart, Charles  180, 196, 243 Boveri, Walter  319 Bovet, George  281 Branting, Hjalmar  257–259, 281, 282 Briand, Aristide  205–207, 210–213, 215, 217, 218, 220 Bruder Klaus  138 Bryan, William Jennings  170, 175 Büeler, Josef Anton  289, 291, 292 Bülow, Bernhard von  179 Buomberger, Emil  56 Caillaux, Joseph  206, 207, 210, 215, 219 Calonder, Felix  58, 76, 77, 98, 132, 287, 291–293, 299, 308, 318, 320 Cambon, Jules  192, 194, 305 Cambon, Paul  305 Carlin, Gaston  147, 175, 176, 191, 194, 285, 286, 303–305 Carnegie, Andrew  126 Claparède, Alfrède de  196, 222 Clemenceau, Georges  206, 217 Comtesse, Robert  73–75 Curti, Basil Ferdinand  24, 25

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Curti, Theodor  49, 50 Cuttat, Alfred  44 Czernin, Ottokar  196, 242, 243, 245 Dan, Fjodor  268 Dardel, Otto de  328 Decoppet, Camille  58, 75, 77, 98, 102, 105, 121, 190, 191, 287, 292, 306 Delcassé, Théophile  155 Deucher, Adolf  72, 75 Dickens, Charles  60 Dierauer, Johannes  324 Draper, Norman  229 Droz, Numa  71, 72, 167 Dufour, Henri  150 Dunant, Alphonse  132, 193, 237, 265, 272, 278, 279, 304, 312 Dunant, Henry  149 Ebert, Friedrich  258 Egli, Karl  118 Erzberger, Mathias  244 Escher, Alfred  331 Eugster, Arthur  121 Faesi, Robert  81, 88, 167 Falke, Konrad  167 Falkenhayn, Erich von  171, 200, 203, 210, 211 Feldmann, Markus  14, 301, 361, 362 Feyler, Fernand  146 Fischbacher, Fritz  272 Fleiner, Fritz  59 Ford, Henry  173 Forrer, Ludwig  58, 75, 77, 104, 106, 287, 289, 291, 293, 298, 302, 308 Forrer, Robert  40, 288, 326, 329 François, Alexis  79, 90 Franz-Ferdinand (Thronfolger)  92

Franz Joseph (Kaiser)  17 Frey, Alfred  126, 146, 328 Frey, Karl  168 Fueter, Eduard  79 Fuhrer, Hans Rudolf  105, 106 Furgler, Kurt  40 Gerber, Susanne  22 Gerrard, James W.  161 Godet, Philippe  80 Goethe, Johann Wolfgang  40 Graber, Ernest Paul  76, 115, 124 Greulich, Herman  174, 251, 307 Grey, Edward Sir  147 Grimm, Robert  7, 13, 144, 243, 245, 250, 254, 257, 259–269, 271, 275, 277, 278, 280, 281, 285, 287–289, 303, 306, 312, 313, 315, 331 Gruber, Johann Baptist  21, 22 Haab, Robert  232, 243 Häberlin, Heinrich  288 Haguenin, Emile  212 Hauser, Carl  69 Helbling, Carl  96 Hindenburg, Paul von  201, 231 Hodler, Ferdinand  81 Hofer, Cuno  146 Hoffmann, Amalia  27 Hoffmann, Clara  42 Hoffmann, Elisabetha  42, 156 Hoffmann, Ernst Friedrich  43 Hoffmann, Hans  21,42, 43, 326 Hoffmann, Hanspeter  43 Hoffmann, Johann Martin  27 Hoffmann, Karl (Vater des Bundes­ rats)  21, 27, 46, 57, 97 Hoffmann, Karl Werner  30 Personenregister

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Hoffmann, Max  30 Hoffmann-Huber, Anna Elisabeth  27 Hoffmann-Moosherr, Frieda Clementine  38, 40, 42, 156, 295, 301, 326 Hoffmann-Schmidheiny, Vera  43 Hoffmann-Steinlin, Sabine Elisabeth  30, 37 Holenstein, Thomas sen.  36, 49, 51 Holenstein, Thomas jun. (Bundesrat) 49 House, Edward  180, 184 Huber, Bernhard  30 Huber, Eugen  53, 294, 327 Huber, Max  76, 83, 97, 126, 132, 140, 221, 222, 302, 318, 328 Huber, Peter Emil  328 Hungerbühler, Mathias  33 Iklé (Gebrüder)  20 Inglin, Meinrad  93, 156 Jagow, Gottlieb von  211, 215, 217 Joffre, Joseph  240 Joos, Wilhelm  133 Judet, Ernest («Blitz»)  214–217, 219, 351 Jünger, Ernst  87 Karl I. (Kaiser)  17, 201, 245 Keller, Gottfried  109 Kerenski, Alexander Fjodoro­ witsch 241 Kessler, Harry Graf  212 Kolb, Annette  212 Konstantin I. (König)  144 Lachenal, Adrien  72 Lancken, Oskar Freiherr von der  213 Lansing, Robert  195, 196, 222, 230–232 378

Lardy, Charles  91, 118, 151, 154, 155, 157, 187, 189, 192, 194, 204, 206, 207, 210, 211, 215, 247, 250, 303, 312 Lardy, Etienne  263, 264 Lenin, Wladimir Iljitsch  251, 254–256, 277, 278 Lloyd George, David  213 Loys, Treytorrens de  63, 91 Ludendorff, Erich  201, 241 Lwow, Gerogi  242, 244 Mann, Thomas  87, 90 Marchetti-Selvaggiani, Francesco  178 Maunoir, Albert  111 Maurras, Charles  90 Meienberg, Niklaus  38, 107 Mérode, Gräfin Pauline de  213 Messmer, Anton  48, 49 Meunier, Paul  204, 205, 210, 214, 216, 217, 220 Miljukow, Pawel  254 Millerand, Alexandre  154, 157 Moeyes, Paul  361 Moltke, Helmuth von  102, 142 Moosherr, Hermann Ulrich  40 Morgenthau, Hans  142 Motta, Giuseppe  10, 12, 58, 74–77, 97, 98, 102, 104, 107, 121, 132, 161, 179, 190, 191, 215, 287, 288, 292, 299, 302, 318, 329, 331 Müller, Adolf  11, 202, 204, 294, 320 Müller, Eduard  58, 75, 77, 98, 107, 287, 289, 291, 293, 302, 308 Müller, Johann Baptist  25 Müller von Friedberg, Karl  22, 24 Mussolini, Benito  303 Musulin, Alex Freiherr von  17, 201, 202, 235, 253, 262, 294, 300

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Naine, Charles  76, 115, 293, 307 Napoleon I. (Kaiser)  22 Nef, Willi  327 Neidhart, Leonhard  117 Nikolaus II. (Zar)  126, 140, 240 Nippold, Otfried  167, 169 Nivelle, Robert  240, 250 Odier, Edouard  263, 264, 266, 275, 276, 278, 280, 286, 312, 313, 315 Onu, Andrei  305 Oppenheimer, Francis Sir  12, 129 Painlevé, Paul  212, 213 Paravicini, Carl  187 Paulucci de Calboli, Raniero  12, 76 Peri-Morosini, Alfredo  179 Perrier, Louis  73, 74 Pétain, Philippe  240, 250 Petitpierre, Max  161 Planta, Alfred von  102, 104, 107, 115, 134, 146, 147, 178, 185–187, 193, 197, 234, 246, 255, 317 Platten, Fritz  251, 255 Poincaré, Raymond  213, 217 Ponsot, Georges  215 Pury, Arthur de  132, 163 Radek, Karl  277 Ragaz, Leonhard  83, 172, 221 Rapold, Hans  96 Rappard, William  167, 235, 301, 305 Reynold, Gonzague de  79–81, 90, 94 Ribot, Alexandre  213 Ritter, Paul  16, 170, 173, 175–177, 184, 185, 195, 220, 222, 224, 227–230, 232–234, 237, 238 Robien, Louis de  282 Röthlisberger, Ernst  152

Rolland, Romain  203 Romberg, Freiherr Gisbert von  11, 12, 123, 187, 191, 192, 202–204, 207, 208, 210–217, 219, 224, 228, 238, 245, 251, 254, 256–258, 260, 262, 263, 265, 266, 270, 273, 294, 300, 320, 323 Root, Elihu  305 Ruchet, Marc  74, 75 Ruchonnet, Louis  37 Rumbold, Horace Sir  187, 304 Santucci, Charles  158, 178 Scheidemann, Philipp  258 Scherrer, Eduard  10, 57 Scherrer-Füllemann, Joseph  174 Scheurer, Karl  302, 329 Schickele, René  212 Schiller, Friedrich  38 Schlieffen, Alfred Graf von  142 Schmidheiny, Jakob Ernst  43, 78, 130 Schmidheiny, Max  43 Schmidheiny, Thomas  43 Schmidheiny-Karster, Vera  78 Schoeck, Othmar  329 Schürch, Ernst  361 Schulthess, Edmund  42, 58, 75, 78, 104, 190, 191, 258, 260, 285, 288, 291–295, 298, 299, 308, 319, 330, 331 Schulze, Eduard Otto  327 Schweizer, Paul  83, 168 Schwimmer, Rosika  173 Scott, Walter  60 Secretan, Edouard  100, 116, 118, 192, 306, 307, 312 Segesser, Hans Albrecht von  181, 272 Seippel, Paul  80 Personenregister

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Shakespeare, William  218 Sigg, Johannes  70 Skobelew, Matwei  275 Snell, Wilhelm  27 Sonnino, Sidney (Baron)  76, 186, 193, 246 Spahn, Carl  121 Spitteler, Carl  79–81, 83 Sprecher, Andreas von  105 Sprecher, Daniel  95, 107 Sprecher-Bavier, Helene von  106 Sprecher von Bernegg, Theophil  54, 60, 62, 63, 91, 92, 95, 97, 100, 102, 104, 105, 108, 109, 111, 122, 123, 214, 294, 308 Stämpfli, Wilhelm  236 Stauffer, Paul  9, 267 Steed, Henry Wickham  286 Steinlin, Georg Leonhard  30 Stovall, Pleasant  60, 111, 188, 225 Sulzer, Hans  236, 320 Syz, John  236 Thackeray, William  60 Thatcher, Margaret  165 Thomas, Albert  215, 240, 281, 282, 284 Thürer, Georg  20 Traz, Robert de  79 Trotzki, Leo  253 Tsereteli, Irakli  275, 276

380

Turmel, Louis  217 Vital, Andrea  65, 67, 100 Wagner, Richard  38 Wagnière, Georges  12, 133 Walther, Heinrich  95, 100, 109, 323 Waltz, André  282 Wattenwyl, Moritz von  118 Weber, Max  87 Weder, Johann Baptist  24, 31 Wenner, Otto  42 Wild, Karl Konrad  172 Wilhelm II. (Kaiser)  65, 98, 100, 108, 211, 212, 223, 231, 232, 245 Wilhelmina (Königin)  126 Wille, Fritz  96 Wille, Ulrich  38, 43, 52, 54, 62–65, 67, 81, 90, 94, 96–98, 100, 102, 104–111, 118, 147, 198, 308 Wille-von Bismarck, Clara  70, 97, 104 Wille-von Erlach, Martina  95, 105 Willemin, Jacques Louis  307 Wilson, Woodrow  15, 18, 169, 170, 176, 177, 180, 183, 184, 191, 193–196, 220–224, 230, 231, 287 Winiger, Josef  56 Wirz, Adalbert  111 Zimmermann, Arthur  183, 196, 232, 270, 319 Zweig, Stefan  256, 350

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Aufstieg und Fall

Bundesrat Arthur Hoffmann

Vor 100 Jahren musste Bundesrat Arthur Hoffmann Knall auf Fall zurücktreten. Ein geheimes Telegramm, das er dem Schweizer Sozia­ listenführer Robert Grimm nach Petersburg gesandt hatte, war an die Presse gelangt. Der Aufruhr in der Schweiz war riesig – es schien, als ob der mächtigste Mann im Bundesrat einen Separatfrieden zwischen den Revolutionären in Russland und dem Deutschen Reich herbeiführen wollte. Das verärgerte auch die Entente. Hoffmann, der in der Öffentlichkeit als Verfechter strikter Neutralität auftrat, ver­ folgte insgeheim eine andere Politik. Aus Sorge um die verzweifelte Wirtschaftslage in der Schweiz, aber auch aufgrund persönlicher Ambitionen versuchte er, mit riskanten Aktionen den Frieden beschleunigt herbeizuführen. Und scheiterte.

Paul Widmer

Paul Widmer (* 1949) ist Dozent für Internatio­ nale Beziehungen an der Universität St. Gallen. Er studierte Geschichte und Philosophie in Zürich und Köln und trat 1977 in den diplomatischen Dienst der Schweiz ein. Nach Posten in New York und Washington leitete er von 1992 bis 1999 die Vertretung in Berlin, war dann Botschafter in Kroatien, Jordanien, beim Europa­ rat in Strassburg und zuletzt beim Heiligen Stuhl. Er ist Verfasser mehrerer politischer und historischer Bücher, darunter Diplomatie. Ein Handbuch (2014) und Schweizer Aussenpolitik. Von Charles Pictet de Rochemont bis Edouard Brunner (2. Auflage 2014).

Die erste Biografie des Schweizer Bundesrats Arthur Hoffmann, der den Ersten Weltkrieg mit Geheimdiplomatie beenden wollte. Was als Friedensvermittlung gedacht war, wurde als Verrat aufgefasst. Hoffmann musste zurücktreten. Paul Widmer analysiert die Affäre gründlich und deckt auf, wie sich Hoffmann in die deutsche Kriegsstrategie einspannen liess.

Paul Widmer

Bundesrat Arthur Hoffmann Aufstieg und Fall ISBN 978-3-03810-253-3 ISBN 978-3-03810-253-3

9 783038 102533

www.nzz-libro.ch

NZZ Libro nzz_widmer_kompl_abz2.indd 1

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