ÖHV-Mitgliederzeitschrift "die lobby", Herbst 2020

Page 20

MITARBEITER

„Auch das AMS würde sich mehr Planungssicherheit wünschen.“ Michaela Reitterer im Gespräch mit AMS-Vorstand Dr. Herbert Buchinger Für die kommende Wintersaison gibt es angesichts der Corona-Pandemie zahlreiche Unsicherheiten. Eine der zentralen Fragen: Welche und wie viele Mitarbeiter brauchen wir in der zweiten Jahreshälfte bzw. in der Wintersaison? Muss die Stadthotellerie Mitarbeiter freisetzen und wird die Ferienhotellerie die Mitarbeiter finden, die sie braucht? Wird es Bewilligungen geben für Saisoniers? ÖHV-Präsidentin Michaela Reitterer im Gespräch mit AMS-Vorstand Dr. Herbert Buchinger. Michaela Reitterer: Viele Branchen starten be­ reits in die Phase III der Kurzarbeit. Die Hotelle­ rie ist prinzipiell sehr dankbar für die Weiterfüh­ rung, wenn auch das Modell besser für die Industrie passt, die bei einem Nachfragerück­ gang auch die Arbeitsleistung entsprechend zu­ rücknehmen kann. Ein Hotel kann auch bei ge­ ringer Auslastung den Personalaufwand nicht im gleichen Ausmaß reduzieren und schon gar nicht auf Lager produzieren. Wäre es nicht sinn­ voll gewesen, zumindest für die Phasen II und III branchenspezifische Varianten auszuarbeiten? Herbert Buchinger: Mitte März war keine Zeit, branchenspezifische Lösungen auszuarbeiten. Die entscheidenden Absprachen zwischen Regierung und Sozialpartner sind Mitte März erfolgt, mit rückwirkender Inkraftsetzung ab 01. März. Das AMS hat aber in seiner Richtlinie Branchenvereinbarungen offen gehalten. Genutzt hat das nur die Landwirtschaft. Natürlich hätten Branchenvereinbarungen nur im Rahmen der politisch festgelegten Standards getroffen werden können. D.h. Arbeitszeitreduktion um durchschnittlich 10 bis 90 % im KUA-Zeitraum, mindestens 80, 85 bzw. 90 % Nettoersatz. Aber konkretere Modelle dazu hätten auf Branchen­ ebene vereinbart werden können. Die Standardvereinbarung der Sozialpartner hat viele Varianten offen gelassen. Selbst die genaue Ausformung des

20 | die lobby

Nettoersatzes war in der Phase I offen. Dass keine weiteren Branchenvereinbarungen abgeschlossen wurden, interpretiere ich so, dass es wohl nur auf betrieblicher Ebene möglich war, konkrete Umsetzungsmodelle für die Arbeitszeit zu finden, während die unterschiedlichen Auslegungsmöglichkeiten des Nettoersatzes in der Phase II von den Sozialpartner­ spitzen (in Version 7.0 des Vereinbarungsmusters) einschränkend klargestellt wurden. Michaela Reitterer: Für die Stadthotellerie bleibt die Lage ohne große Kongresse, Reisemöglich­ keiten für internationale Gäste oder Großevents weiterhin sehr schwierig. Hier hat man sehr viele Mitarbeiter in die Phasen I + II der Kurzarbeit mitgenommen, es ist aber damit zu rechnen, dass bei anhaltend schlechter Nachfrage auch welche freigesetzt werden müssen. Mit welchen Szenarien rechnet das AMS hier? Herbert Buchinger: Das AMS versucht sich auf ein Szenario einzustellen, nach dem Betriebe sich in nicht unerheblicher Zahl gezwungen sehen werden, aus der Kurzarbeit auszusteigen, um Spielraum zu ge­winnen, den Personalstand an die längerfristig gedämpfte Kapazitätsauslastung anzupassen. Gerade in der Stadthotellerie ist das ein anhaltendes Thema, weil ja, wie Sie richtig sagen, die Nachfrage­ einbrüche wahrscheinlich länger anhalten werden


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.