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TRI history: Österreichs erster Triathlon-Olympiastarter
Johannes Enzenhofer
Der erste rot-weiß-rote Triathlon Olympia-Teilnehmer im Interview
Es war mit Sicherheit einer der wichtigsten Meilensteine in der Geschichte unseres Sports: Am 16. September 2000 feierte der Triathlon seine olympische Premiere. Johannes Enzenhofer ging damals für Österreich vor dem Opera House in Sydney an den Start. Uns hat er verraten, wie es sich angefühlt hat, bei dieser Premiere sein Land vertreten zu dürfen, wie die Qualifikation dafür aussah und womit er 21 Jahre später seine Zeit verbringt.
Am 16. September 2000 feierte der Triathlonsport in Sydney seine olympische Premiere. Erzähl mal, wie war das damals für dich?
Ich kann mich noch genau an diese Zeit erinnern, es war unglaublich: Die ganze Aufregung begann ja schon einige Wochen zuvor und es ist schon ein komisches und ganz besonderes Gefühl, vom Bundespräsidenten empfangen oder mit maßgefertigten Anzügen beim Schneider in Salzburg eingekleidet zu werden. Ich habe mich natürlich wahnsinnig auf den Renntag gefreut, hatte aber auch Angst, am Wettkampftag in Sydney zu versagen. Der Druck war schon groß, dort nicht nur ins Ziel zu kommen, sondern auch eine Top-Leistung abzuliefern.
Wie lief damals die Qualifikation im Vorfeld ab?
Ich stand innerhalb von zwei Jahren bei zehn Weltcup-Rennen am Start, um die notwendigen Punkte zu sammeln. Es gab zwar auch Europacup-Rennen, aber die waren von den Punkten her nur die Hälfte wert, da hätte ich deutlich mehr Wettkämpfe bestreiten müssen. Die vielen Reisen waren damals logistisch sehr anstrengend und kosteten mich viel Geld. Grundsätzlich habe ich mir immer ein Around-the-World-Ticket gekauft, bin dann durchgehend gereist und habe zum Beispiel drei Bewerbe am Stück absolviert, ehe ich dann wieder zum Trainieren nach Hause zurückgekommen bin. Ich hatte ja nie einen ProfiStatus und musste viel aus eigener Tasche finanzieren beziehungsweise hatte ich auch das große Glück, über persönliche Kontakte großzügige Sponsoren wie die voestalpine oder Uniqa für mich gewinnen zu können, die mich unterstützt haben.
Wann war deine Olympia-Teilnahme dann tatsächlich fix?
Beim Weltcup in Ishigaki in Japan wurde ich hinter dem Australier Courtney Atkinson (Anm.: Junioren-Weltmeister 1999) Zweiter. Ich denke, das war mein endgültiger Durchbruch im Triathlon, und damit hatte ich auch die Qualifikation für Sydney in der Tasche.
Triathlon war in Sydney erstmals überhaupt bei den Olympischen Spielen vertreten. Hast du dich damals exotisch gefühlt neben den anderen etablierten Sportarten?
Triathlon war damals hier bei uns wirklich noch nicht sehr populär. Deshalb finde ich es einfach genial, wie sich der Sport in den letzten Jahrzehnten entwickelt hat! In Ländern wie Australien, Japan oder den USA hingegen war Triathlon schon damals ein regelrechter Volkssport und sehr beliebt, ich selbst hatte in diesen Ländern sogar richtige Fanclubs, also man kannte dort meinen Namen!
Wie waren denn damals die Trainingsbedingungen für Triathlet*innen in Österreich?
Auch da hat sich in den letzten Jahren sehr viel getan. Ich hatte zum Glück einen großartigen Schwimmtrainer und durfte mit den Schwimmern in Gallneukirchen mittrainieren. Auch beim Laufen hatte ich einen großartigen Trainer, der sehr viel Wert auf die richtige Lauftechnik gelegt hat. Die Trainingslager habe ich immer gut weggesteckt und dadurch meine Leistung immer weiter steigern können. Ich war eigentlich in allen drei Sportarten gleich gut. Eine meiner größten Stärken war in meinen Augen eine gute Selbsteinschätzung, die wohl auch dazu geführt hat, dass ich eigentlich nie wirklich verletzt war.
Wie sah die Vorbereitung für Sydney aus?
Die war recht turbulent (lacht). Ich war ja immer Amateur und habe nebenbei als Gips-Assistent im Krankenhaus gearbeitet, was ich auch heute noch mache. Dort war ich nur geringfügig angestellt und konnte mich für Sydney ein halbes Jahr freistellen lassen. Zur finalen Vorbereitung waren wir drei Wochen vor den Olympischen Spielen in Australien, wo die Bedingungen leider wirklich schlecht waren: Es war extrem kalt – schrecklich für uns wärmeliebenden Triathleten –, aber auch sehr stürmisch, sodass an den meisten Tagen gar kein Schwimmtraining möglich war. Ich bin oft mit den Ruderern mit hinaus aufs Meer gefahren und dort geschwommen, weil am Strand die Wellen so hoch waren, dass man nicht gefahrlos ins Wasser beziehungsweise an Land gehen hätte können.
Aber in Sydney waren die Bedingungen dann besser, oder?
Ja, dort waren die Bedingungen dann komplett anders. Es war um 20 Grad wärmer und die hohe Luftfeuchtigkeit war schon eine Herausforderung. Dazu kam aber, dass der mediale Druck vor Ort sehr groß war – in Interviews wurde mir geradezu eingeredet, dass ich unbedingt mit einer Medaille zurück nach Österreich kommen müsse.
Und dann kam der lang ersehnte Renntag …
Genau. Auch der hat nicht ideal begonnen, denn zehn Minuten vor dem Start musste ich feststellen, dass ich einen Platten hatte. Zum Glück hat mir ein Mitstreiter geholfen, den Schaden rasch zu beheben. Beim Start bin ich dann aber echt super weggekommen, bin gemeinsam mit dem späteren Olympiasieger, dem Australier Simon Whitfield, als Siebter aus dem Wasser gestiegen und wir waren am Rad anfangs zu zwölft in der Spitzengruppe mit einem deutlichen Vorsprung auf die Verfolger. Die Radstrecke war technisch anspruchsvoll mit teils sehr steilen Bergab-Passagen. Leider bin ich während der Fahrt über den Teppich irgendwie aus dem Pedal gerutscht und es hat zu lange gedauert, bis ich wieder hineingekommen bin. Dadurch habe ich einen zu großen Rückstand auf die Gruppe aufgerissen und hatte keine Chance, wieder aufzuschließen. Beim Laufen war dann auch nicht mehr so viel drin wie erhofft. Mein Ziel wären schon durchaus die Top 10 gewesen, aber das war an diesem Tag nicht möglich. Natürlich war ich enttäuscht, dass ich mit Platz 29 nicht zeigen konnte, was ich draufhabe, aber rückblickend bin ich schon auch sehr stolz. Schließlich sind auch die Qualifikation und das erfolgreiche Finish bei den Spielen schon sehr viel wert.
Wer war damals vor Ort mit dabei?
In Sydney war nur mein Trainer und Manager mit, der auch gleichzeitig mein bester Freund war. Zu Hause in Gallneukirchen wurde das Rennen aber natürlich mitverfolgt – dort gab es sogar ein Public Viewing mit rund 70 Fans in einem Zelt, wo auch der Bürgermeister eine Rede gehalten hat.
Wie ging es danach weiter – waren die Spiele in Athen 2004 kein Thema mehr für dich?
Mein großes Ziel nach Sydney war eigentlich Hawaii. Dann ist aber familiär einiges dazwischengekommen und ich musste mich letztendlich entscheiden: Sport oder Familie? Auch zwei Autounfälle sorgten dafür, dass ich mich letztendlich für die Familie und gegen die Fortsetzung der Triathlonkarriere entschieden habe.
Was machst du heute? Spielt Sport nach wie vor eine wichtige Rolle in deinem Leben?
Ich übe nach wie vor meinen Beruf als Gips-Assistent im Krankenhaus in Linz aus. In der Freizeit verbringe ich viel Zeit mit meinem 23-jährigen Sohn, wir sind oft zum Kitesurfen und Wakeboarden an den österreichischen Seen, am Gardasee und teilweise auch in Ägypten unterwegs. Laufen ist kniebedingt leider nicht mehr so wirklich möglich, aber das Radfahren macht mir nach wie vor viel Spaß, vor allem am Mountainbike. Aber auch das Rennrad, mit dem ich in Sydney gestartet bin, hole ich regelmäßig für eine Ausfahrt aus dem Keller, und 2019 bin ich beim Linz-Triathlon in der Staffel als Schwimmer gestartet und war auch 2020 beim „King of the Lake“ am Attersee dabei. Sport mache ich heute aber wirklich nur mehr „just for fun“ und am liebsten zusammen mit Freunden oder eben meinem Sohn. (LH)