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Mit Routinen zum Erfolg?

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Paris wir kommen

Paris wir kommen

Mit Routinen zum Erfolg?

Mal ehrlich: Wann haben Sie das letzte Mal daran gedacht, wie fest Sie in der Früh auf die Zahnpastatube drücken oder welches Schuhband Sie wo und wie herumführen müssen, um Ihre Laufschuhe zu binden?

Während neue Handlungen und Abläufe Ihre volle Aufmerksamkeit benötigen und daher bewusst ausgeführt werden (müssen), verlagert sich die Steuerung von mehrfach wiederholten Bewegungen ins Unterbewusstsein. Routinierte, automatisierte Handlungen erleichtern das Leben und geben vor allem Sicherheit, wie uns Sportpsychologin Dr.in Friederike Michlmayr verriet. Denn ohne Gewohnheiten würden wir unser Hirn und unseren Körper völlig überfordern. Sie schonen Ressourcen und sparen Energie. Energie, die wir bei der Ausübung unseres Sports benötigen. Daher rät die Sportpsychologin, Routinen bewusst einzusetzen.

„Als Anfänger beim Autofahren wird’s ruckeln, weil ich mehrere Handlungen gleichzeitig ablaufen lassen muss. Wann muss ich kuppeln, Gas geben und/oder auf die Bremse steigen? Wenn ich aber routiniert bin und es automatisch abläuft, dann denke ich nicht mehr darüber nach. Es gibt Sicherheit und das ist das Prinzip dahinter. Im Triathlonsport zum Beispiel beim Wechsel, beim Checkin in die Wechselzone oder auch beim Aufwärmen. Was ist, wenn der Bewerb mit Neopren ausgetragen wird? Geh ich überhaupt nochmals einschwimmen, muss ich mich dann nochmals abtrocknen usw. Es geht darum, Dinge nicht immer neu planen zu müssen. Das kann sich auf Bewegungsabläufe oder auch auf Rituale beziehen, die nicht so relevant sind, uns aber trotzdem Sicherheit geben“, so die Sportpsychologin.

Nichts dem Zufall überlassen

Wir haben uns bei Österreichs TopAthlet:innen umgehört und nachgefragt. Bei Tjebbe Kaindl sind alle Abläufe über die Jahre hinweg automatisiert: „Ich überlasse nichts dem Zufall! Ich habe meine fixen Vorgaben, wann ich was mache“, so der Tiroler. Einen genauen Plan vom Aufstehen bis zum Rennen erstellt sich Therese Feuersinger unmittelbar im Vorfeld: „Ich schreibe mir alles so detailliert wie möglich auf, damit ich mir dann vor dem Start keine Gedanken darüber machen muss, wann ich wo sein muss, und nie in Zeitstress komme“, so Feuersinger, die die einzelnen Punkte dann einfach auf ihrem Handy in den Notizen einträgt. Zeitstress versucht auch Paratriathlet Flo Brungraber zu vermeiden, dessen Abläufe vor dem Start immer ähnlich sind und der das Rennen nochmals in Ruhe im Kopf durchgeht und sich in die einzelnen Disziplinen einfühlt.

Tabea Huys hat ihre Routine „unbewusst entwickelt“, am liebsten hat sie aber Wettkämpfe am Nachmittag, um am Vormittag nochmals Rad fahren gehen zu können: „Das ist für mich sehr wichtig!“ Nachdem die Bedingungen am Wettkampftag immer unterschiedlich sind (Startzeit, Wetter, Klima, Organisation vor Ort etc.), versucht Tanja Stroschneider auf der anderen Seite immer flexibel zu bleiben, um sich bestmöglich anzupassen. Die Aufwärmroutine ist dann aber mit 20 Minuten Einlaufen, danach Radfahren, Einchecken und – je nachdem, wie viel Zeit bleibt –Einschwimmen, meist doch gleich. „Alles ist möglich, aber nix is fix!“, so die UTTB-Athletin.

Die richtige Balance finden Eingesetzt werden sollten Routinen mit Maß und Ziel. Michlmayr weist darauf hin, dass Routinen in ein zwanghaftes Verhalten kippen könnten und die Flexibilität im Handeln und Reagieren gehemmt werden kann. Gleiches gilt für Glücksbringer oder andere Handlungen, die das Schicksal günstig stimmen sollen. Vom Kreuzzeichen vor dem Start bis zum Talisman im Rucksack ist alles erlaubt. Es sollte jedoch nicht dazu kommen, dass der/die Sportler:in einen Wettkampf bereits abschreibt, nur weil die Routine gestört wurde oder der Glücksbringer nicht vorhanden ist.

„Man sollte auch bedenken, dass zu viele Regeln in einer Routine nicht mehr ressourcenschonend sind, sondern Ressourcen verbrauchen, um alles richtig zu machen“, so die Sportpsychologin abschließend: „Wie überall im Leben – es braucht eine gute Balance!“

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