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11/2020
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BASKETBALL FOR LIFE
sTEuNG 3,90 € Rs
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NBA-BANDS
Österreich 5,00 € Schweiz 7,80 SFR BeNeLUX 4,60 € Italien 5,25 € Spanien 5,25 €
ONE-HIT-WONDER BEVERLEY VS. SMART DUNCAN ROBINSON JERRY SLOAN GLENN ROBINSON MORITZ WAGNER
ISSUE 172 ISSN 1614-9297 WWW.FIVEMAG.DE
P L AY H A R D - D O N ’ T E M B A R R A S S O U R P R O D U C T S
WWW.K1X.COM
editorial
FIVE
IMPRESSUM
172
Redaktion: redaktion@fivemag.de
Was auch immer 2020 noch bringt, uns kriegt es nicht klein!
Verlag: KICKZ.COM GmbH Landwehrstr. 60 80336 München Tel.: +49-89-324 781 70 Fax: +49-89-324 781 99 Chefredakteur: André Voigt (verantw.) Grafik: Patrick „Mochokla“ Ortega Fotos: Getty Images Lektorat: Thomas Brill
Fotos: Zach Beeker/Aurelien Meunier/Getty Images
LIEBE FIVE-GEMEINDE, was war das für ein Jahr bis jetzt? Eigentlich würdet ihr gerade die NBA-Saisonvorschau 2020/21 in den Händen halten. Finals, Draft, Free-Agency-Trades … all das hätten wir schon gesehen und gründlich analysiert. Die Vorfreude auf die neue Spielzeit wäre mehr als groß. In dem Moment, in dem ich gerade diese Zeilen schreibe, stehen die diesjährigen Finalisten jedoch noch nicht fest. Die Spiele in der Bubble von Orlando sind noch nicht vorbei – dieses historisch (hoffentlich) einmalige Konstrukt, auf das ich auf den Seiten 94 und 95 noch etwas genauer eingehe. Die globale Pandemie und die Folgen von Covid-19 beschäftigen auch uns weiterhin. Einen zweiten Lockdown wird es hoffentlich nicht geben, FIVE wird wie gewohnt an den Kiosken liegen – auch wenn wir die Erscheinungstermine der Ausgaben leider nicht mehr an die neuen Gegebenheiten anpassen konnten. Deshalb können wir erst in #173 über die NBA-Finals schreiben. Ob dann die Free
Agency schon gelaufen sein wird? Gute Frage. Es ist wahrscheinlich, sicher indes nicht. Immerhin: Die Draft dürfte wie geplant am 18. November über die Bühne gehen. Wie lange die Offseason dann dauern wird, weiß derzeit niemand. Ich kann euch aber schon jetzt versprechen, dass wir trotzdem die verdammt nochmal besten Hefte für euch machen werden, die wir in unsere Tastaturen hacken können. Und vielleicht ist die Ungewissheit auch eine Chance. Geschichten, die sonst aufgrund der relativen Aktualität eines Monatsmagazins keine Berücksichtigung finden, haben jetzt Platz. Hinter einige von diesen Storys haben wir uns schon geklemmt … Aber vielleicht habt ihr in dieser Hinsicht Wünsche, die wir erfüllen können. Vielleicht wollt ihr Teil unserer virtuellen Themenkonferenzen sein. Wir haben in der Vergangenheit in Ausnahmesituationen – wie beim Lockout 2011 oder eben während der Corona-Krise – Bretter gebracht wie das MJ-Special oder die 100 besten Basketballer aller Zeiten. Was soll das nächste Highlight sein?
BESTEN DUNK
nächste aUSGABE
FIVE dunkt Martin für die Einladung zum Orange Campus.
Die FIVE #173 erscheint am 13. November 2020 oder liegt schon bis zu vier Tage vorher bei allen Abonnenten im Briefkasten. Dann im Heft: Dennis Schröder, NBA-Trades, Trading Cards und vieles, vieles mehr!
Ausgabe verpasst? Kein Thema. Scannt den nebenstehenden Code mit eurem Smartphone ein oder
04
schaut auf www.kickz.com/de/five vorbei und ordert einfach nach.
Und wenn wir schon mal dabei sind: Warum schreibst du nicht für FIVE? Wenn du schon journalistische Erfahrungen und Basketball im Blut hast: Hit us up! Einfach eine E-Mail an dre@fivemag.de – am besten direkt mit aussagekräftigen Arbeitsproben –, und wir schauen, was geht. An dieser Stelle auch mal ein Wort in eigener Sache: Als Chefredakteur finde ich es mehr als schade, dass wir jetzt schon länger keine Frau im Autorenteam haben. Es kann doch nicht sein, dass es da draußen nur Männer gibt, die über Basketball schreiben wollen … In diesem Sinne: Wir haben noch ein paar Monate in diesem – sagen wir es ruhig, wie es ist – Scheißjahr 2020. Lasst uns das Beste daraus machen! Masken auf, rücksichtsvoll sein, zusammenhalten. Wir hier bei FIVE versprechen euch, dass wir die verdammt nochmal fettesten Hefte abliefern werden, die wir abliefern können.
Mitarbeiter dieser Ausgabe: Christian Orban Marcel Nadim Aburakia Manuel Baraniak Moritz Wagner Peter Bieg Torben Adelhardt Ole Frerks Ivan Beslic Jens Leutenecker Robbin Barberan Aboservice: KICKZ.COM GmbH E-Mail: abo@fivemag.de Tel.: +49-89-324 781 70 Druck: Dierichs Druck + Media GmbH & Co. KG Frankfurter Straße 168 34121 Kassel Vertrieb: MZV GmbH & Co. KG Ohmstr. 1 85716 Unterschleißheim Für unverlangt eingesandtes und nicht mit einem Urhebervermerk gekennzeichnetes Bild- und Textmaterial wird keine Haftung übernommen. Beiträge, die namentlich gekennzeichnet sind, geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Vervielfältigung, Speicherung sowie Nachdruck nur mit Genehmigung des Verlages. Gerichtsstand ist München.
ISSN 1614-9297
Viel Spaß mit FIVE #172! FIVE_MAG
André Voigt
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FIVE-ABOSERVICE Heft noch nicht da? Dann mailt an abo@fivemag.de ...
FIVE
inhalt
172
24 64
70 06
36
64
88
NBA-DRAFT 2020
DIE BILDER DER BUBBLE
INTERVIEW: MARTIN SCHILLER
NBA-Bands, Mixtape, Prospects,
Die große Vorschau auf den nächsten
FIVE bringt euch die stärksten Bilder
Wie wird man Coach eines Euroleague-
Moritz Wagner etc.
Rookie-Jahrgang. Was können die
der Monate von Orlando.
Teams? Was sind die Unterschiede zur
Erben von Zion und Ja?
70
G-League? Trainer-Senkrechtstarter
24 SECONDS
20
46
Martin Schiller im Gespräch.
Was macht den Dreierexperten der
NBA-ROOKIE-POINT-GUARDS
Die WNBA spielte in ihrer eigenen
94
Miami Heat so stark?
Ja Morants Rookie-Saison war extrem
Bubble ihren Meister aus … und die
IN-DRÉ-SSANT
gut. Doch wem gebührt die Ehre des
wurde von diesen Youngstern geprägt.
Ein Blick zurück auf die Bubble von
besten Rookie-Aufbaus aller Zeiten?
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Orlando und auf die unsicheren
NBA-SKILLS-CHECK: DUNCAN ROBINSON
22 ONE-ON-ONE: PAT BEVERLEY VS. MARCUS SMART Wer ist der bessere Aggressionsleader und Guardverteidiger?
24 NBA-OFFSEASON-REPORT 2020 Alle 30 NBA-Franchises im großen Check. Was sind ihre Transferpläne? Wer wird besser, wer fängt neu an?
54
25 UNTER 25
Monate, die vor der NBA liegen.
OG ANUNOBY
Oscar da Silva ist Münchner und spielt
96
Im Meisterjahr fast vergessen, drehte
an der Stanford University. Nächster
WARENKORB
der Ersatz für Kawhi Leonard 2019/20
Halt: die NBA-Draft 2021?
Das soll euer Style sein? Leute,
richtig auf.
82
2020 ist quasi vorbei … der KICKZ-
58
INTERVIEW: OSCAR DA SILVA
INTERVIEW: ULI SLEDZ
Warenkorb kleidet euch ein, damit ihr auch 2021 auf die Straße gehen könnt.
NICK NURSE
Ihr kennt weder seinen Namen noch
Über England und die G-League zum
seine Geschichte. Aber genau die muss
98
NBA-Meistercoach. Der so wirre wie
unbedingt erzählt werden … vertraut
IVAN BESLIC
innovative Weg von Nick Nurse.
uns einfach.
Trading Cards sammeln ist ein Hobby … bis das große Geld ins Spiel kommt.
05
24
Social media
twenty NBA-BANDNAMEN four seconds
Machen die sozialen Medien immer Spaß? Nein, beileibe nicht. Aber es gibt eben auf Twitter, Instagram und auch noch auf Facebook trotzdem diese Tage, an denen sich das Einloggen lohnt. So wie in den 48 Stunden, in denen die FIVE-Community dem Aufruf unseres Chefredakteurs folgte und gefakte NBA-Bandnamen erfand …
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Durant Durant
Blake That
EnesMayKantereit
Twenty And One Pilots Kentavious Coldplay Pope
Bron Direction LeBronski Beat VanFleetwood Mac
Ainge Against the Machine Sportsfreunde Splitter
Smashing Pumpfakes
DeRosenstolz
Guns ´n Moses
Kawhiser Chiefs Porzingis Khan Curry in the Sla Post Karl Malone ughterhouse A riza Franklin Lillard Skynyrd Baynes Addiction n Fools Harde Shaqira
Helene Fisher
De La Foul
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The Embiidles Felton John Kuz Fighters Ear Rage against Zach LaVine th Wind & Dreier REO Bandwagon M a r j Giannis Joplin Beasalneoy vBicoys& Michael Feine Sahne Swishfilet Three Points Down The Kelly Olynyk Family Ace of Bazemore ZZ Flop
Morey Mumford & Suns Kool and Boy
7 Seconds to Mars Grandmaster Nash Absolute BradMiller the Deng Cassellruter S Pussy KAT Dolls Draft Punk p a t z en S im mons & Garfunkel Tear s for Pierce
06
Def Lillard
No Ingles
mixtape
DAS FIVEMIXTAPE DES MONATS!
FIVE #172 A The Roots – The Nex t Movemen Jac Ross t – It’s Oka y To Be Bla DJ Khaled ck feat. Drake – GREECE Brandy – B orderline Majid Jord an – Supe rstar Chris Bro wn – Go C razy Buddy – S he Think Yo Gotti – Pose
„Bball is Jazz“, sagt Holger Geschwindner, und da hat der Mann recht! Trotzdem gibt es an dieser Stelle in loser Reihenfolge das FIVE-Mixtape des Monats, damit ihr euch beim nächsten Heimspiel nicht zu den Greatest Hits von The Police warmmachen müsst, nur weil „der Anschreiber die so gerne hört“. Einfach den QR-Code einscannen, und schon landet ihr bei den FIVE-Playlists auf Spotify.
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einwurf
EINWURF
twenty four seconds
Fotos: Steve DiPaola/NBAE via Getty Images
B
HERZ UND HUSTLE
In seiner Kolumne „Einwurf“ schaut Christian Orban über den Spielfeldrand hinaus und schreibt über die weniger beachteten Aspekte der Basketballkultur. Text: Christian Orban
ereits im Mai dieses Jahres hat die NBA einen der prägendsten Akteure der Ligageschichte verloren. Die Rede ist von Gerald Eugene Sloan, der krankheitsbedingt im Alter von 78 Jahren verstarb. Nicht weniger als 46 Jahre seines Lebens hatte er in der Association verbracht. 2009 war Jerry Sloan als Coach in die Basketball Hall of Fame aufgenommen worden. „Es ist einfach schwer für mich, über mich selbst zu sprechen“, betonte der bescheidene Erfolgsmensch damals in seiner Dankesrede. „Ich habe nicht das Gefühl, etwas erreicht zu haben.“ Sonach müssen das andere übernehmen. Etwa hat es Gewicht, wenn Trainerdoyen Gregg Popovich in Sloan einen „Mentor aus der Ferne“ sah, an dessen schnörkellosem Führungsstil er sich ein Beispiel nahm. Hinzu kommen imposante Erfolgszahlen: 1.223 Siege (inklusive Playoffs) hat Sloan als Headcoach der Utah Jazz gefeiert. Mit insgesamt 1.221 Hauptrundenerfolgen (94 davon mit den Chicago Bulls) rangiert er hinter Popovich, Lenny Wilkens und Don Nelson auf dem vierten Platz der Trainerrangliste der NBA. Von 1988 bis 2011 betreute Sloan die Jazz in 23 aufeinanderfolgenden Spielzeiten. Lediglich „Coach Pop“ (seit 1996 Headcoach der San Antonio Spurs) hat in der Ligageschichte länger als Übungsleiter einer Franchise amtiert. Dabei wiesen die Jazz während Sloans Ägide an den Salzseen nur ein einziges Mal eine negative Bilanz auf. Allein in den ersten zehn Jahren wurden acht 50-Siege-Saisons verbucht und insgesamt 19 Mal die Playoffs erreicht. Wiederholt führte Sloan sein Team in die NBA-Finals (1997 und 1998), in denen die „Unbeatabulls“ um Michael Jordan den ersehnten Titelgewinn jedoch verhinderten. Auch die Auszeichnung als „Coach of the Year“ blieb einem der erfolgreichsten Cheftrainer der NBA-Historie verwehrt. Gleichwohl ist Sloan – neben Popovich, Phil Jackson, Red Auerbach und Pat Riley – einer von nur fünf Trainern, die mehr als 15 Spielzeiten absolviert und hierbei mehr als 60 Prozent ihrer Partien
08
gewonnen haben. Spielerisch konnte Sloan mit „Stockalone“ auf eines der dominantesten Duos der Ligageschichte vertrauen. So fungierte die Pick-and-Roll-Brillanz von John Stockton und Karl Malone als Erfolgsmotor. Zugleich verkörperten sie fundamentalen Teambasketball und Beständigkeit, die bei Sloan stets großgeschrieben wurden. „Ich habe immer an Kontinuität geglaubt“, erklärte er 2008. „Manchen Jungs wird es hier und heute vielleicht nicht gefallen ... aber dann fangen sie an, zusammenzuspielen, und es ist nicht so schlimm, wenn sie anfangen zu gewinnen. Und das ist alles, wonach ich immer gestrebt habe. Wenn die Jungs wissen, was zu tun ist, dann hat man eine Chance.“ Hustle und defensive Hartnäckigkeit waren für Sloan unerlässlich und wurden unmissverständlich eingefordert. „Größe macht keinen Unterschied – das Herz ist es, was einen Unterschied macht“, lautete die entsprechende Ansage. „Ich denke, ich bin genauso kämpferisch wie jeder andere, der dieses Spiel gespielt hat. Ich werde jeden Abend alles geben und vorangehen“, betonte Sloan einmal. „Und das ist es, was ich von meinen Spielern erwarte.“ Dazu gehörte es gewiss auch, die Anweisungen des Trainers verlässlich umzusetzen sowie die Fundamentals des Spiels zu beherrschen und selbiges zu respektieren. Die ordnungsgemäße Spielbekleidung etwa – Trikot in der Hose, striktes Stirnbandverbot – war demnach obligatorisch. Für Sloan ging es dabei stets darum, bestmöglich seine Arbeit zu tun und Menschen positiv zu beeinflussen. Viele ehemalige Jazzer wie Ronnie Price und Thurl Bailey wissen das nachhaltig zu schätzen. „Durch seine Art zu führen hat er uns geholfen, bessere Menschen zu werden – anstatt uns nur zu besseren Basketballspielern zu machen“, erklärt Price. „Er hat uns gelehrt, wie man professionell arbeitet und eine lange, erfolgreiche Karriere erreicht.“ Bailey ergänzt: „Er war der harte Hund, der dir immer beistand und als Erster geholfen hat, wenn
etwas schieflief. Er war der Typ, mit dem man sich nicht anlegen wollte.“ Aufgewachsen im ländlichen Süden von Illinois, zumal als jüngstes von zehn Kindern einer alleinerziehenden Mutter (sein Vater verstarb leider schon frühzeitig), bestach Sloan auf dem Basketballcourt von Anfang an als unnachgiebiger Arbeiter und knallharter Verteidiger. Über die University of Evansville und Baltimore Bullets kam er als ExpansionDraftpick zu den 1966 neu gegründeten Chicago Bulls – wo er die erste Erfolgsphase der heute weltbekannten Franchise in der Folge ganz entscheidend mitprägte. So gewannen die Bulls der frühen 70er Jahre mit defensivfundiertem Teambasketball viermal in Folge mehr als 50 Partien und erreichten beständig die Playoffs. Wiederholt stand die Mannschaft um das Guard-Gespann Norm Van Lier/Jerry Sloan und das Forward-Duo Chet Walker/Bob Love in den Conference-Finals. 1975 wurde der Sprung in die NBA-Finals denkbar knapp verpasst. Chicagos Teamidentität verkörperte seinerzeit kein Akteur anschaulicher als Defensiv-Ass Sloan. Mit bedingungslosem Einsatz und seiner Hartnäckigkeit führte „The Original Bull“ die Herde in zehn Jahren (1966 bis 1976) insgesamt achtmal in die Postseason. Sechsmal wurde der zweifache All Star hierbei ins All-Defensive Team berufen (allein viermal ins First Team). Als Sloan aufgrund von Knieverletzungen mit 33 Jahren abtrat, hatte er für die Bulls im Schnitt 14,7 Punkte, 7,7 Rebounds, 2,6 Assists und 2,2 Steals erzielt. Verdientermaßen wurde 1978 seine Trikotnummer vier als erste in der FranchiseHistorie feierlich zurückgezogen. 1979 übernahm er dann als 37-Jähriger in der „Windy City“ die Zügel und machte fortan als NBA-Cheftrainer seine ersten Schritte. Später wechselte Sloan als Assistant Coach zu den Utah Jazz. Der Rest ist erinnernswerte Erfolgsgeschichte.
DAZN DAZN X FIVE:
DIE GEWINNER UND VERLIERER DER BUBBLE Es wächst zusammen, was zusammengehört! Ab sofort findet ihr an dieser Stelle DAZN x FIVE. Hier kommen die Kommentatoren und Experten eures LieblingsSport-Streamingdienstes zu Wort, um Themen rund um die NBA zu diskutieren. Den Anfang macht heute die Frage: Wer sind die Gewinner und Verlierer der Bubble von Orlando?
DIE DRAFT LIVE!
www.dazn.com
Auch wenn noch nicht feststeht, wann die Saison 2020/21 beginnt, die NBA-Draft 2020 findet am 18. November statt und wird von DAZN natürlich live übertragen. Außerdem im Programm: die NCAA, die spanische ACB, die Basketball Champions League sowie die türkische BSL.
Einer der großen Gewinner der Bubble ist ganz bestimmt Jimmy Butler. Bereits früh in der Saison ließ sich feststellen: Miami und der 31-Jährige – das passt. Dieser Eindruck verfestigte sich über die Wochen in Orlando. In Minnesota und Philadelphia noch mehr oder weniger gescheitert, war Butler in Miami endlich der klare und auch anerkannte Leader. Die Riley-DNA sofort verinnerlicht, lebte Butler in unglaublicher Art und Weise den Teamspirit der jungen und größtenteils unerfahrenen HeatMannschaft vor. In den Playoffs folgte und vertraute die Truppe von Coach Erik Spoelstra ihrem Superstar. Und Butler lieferte, gab seinem Team situativ in der Crunchtime, was es brauchte: Scoring und 40 Punkte im ersten Spiel im ConferenceSemifinale gegen Milwaukee, gleich drei defensive Stopps in den letzten Minuten des zweiten Spiels der ConferenceFinals gegen die Boston Celtics. Der Erfolg Miamis in der Bubble ist ganz eng verknüpft mit der Person Jimmy Butler. Weniger erfolgreich und damit ein großer Verlierer: die Milwaukee Bucks. Erneut als Top-Favorit im Osten in die Playoffs gestartet, mussten sich MVP Giannis Antetokounmpo und seine Kollegen wie bereits im vergangenen Jahr frühzeitig vom Ziel „Championship“ verabschieden. Beim 1-4 gegen Miami in den Conference-Semifinals wurde einmal mehr deutlich, dass die Bucks in dieser Konstellation weit von einem Titel entfernt sind. Coach Mike Budenholzer enttäuschte mit einfallslosem Coaching, fand offensiv keinerlei Mittel gegen die „Mauer“-Defense der Heat, die an die Toronto Raptors von 2019 erinnerte. Regular Season ist nicht gleich Postseason. Es braucht zwingend Veränderungen in Wisconsin.
Für mich gibt es einige Gewinner in der Bubble – allen voran die Teams mit starkem Zusammenhalt. Denver überzeugte, von vielen mehrfach rausgekehrt und rausgeschrieben aus den Playoffs. Dazu die Miami Heat: Ein Team ohne DEN großen Namen. Klar, Jimmy Butler ist All Star, ein verdienter Spieler. Aber er muss nicht jede Nacht sein Team tragen. Der Erfolg beginnt beim Trainerteam um Erik Spoelstra und spiegelt sich so bei jedem Einzelnen auf dem Parkett wider. Aber der größte Gewinner ist für mich schon eine Zeit lang wieder raus aus Disney World: die Phoenix Suns. Das beste Team der Seeding Games wurde schnell wieder vergessen. Vorher wurden die Suns noch belächelt, warum sie überhaupt dabei sein würden. Aber Devin Booker und Co. gewannen alle ihre acht Spiele, zeigten großen Einsatz und schockten die gesamte NBA-Welt. Solche Storys lieben wir, und plötzlich hatte Phoenix mehr Relevanz und vielleicht auch mehr Fans als seit 2010 zusammengenommen. Ein Einzug in das Play-In-Game hätte dem Ganzen sicherlich noch die Krone aufgesetzt. Ich bin gespannt, ob und wie das Team von Monty Williams darauf aufbauen kann. Die größten Enttäuschungen folgen oft nach den größten Erwartungen: Und die Los Angeles Clippers können mir noch so oft erzählen, dass sie dieses Jahr nicht bereits zwingend Meister werden wollten oder mussten. Aber einen so historischen Einbruch sieht man dann doch eher selten. Dem ganzen Trashtalk von Patrick Beverley und Co. müssen die Clippers kommende Saison erst mal richtige Taten folgen lassen.
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Legenden-Liebling des Monats
LEGENDEN-LIEBLING DES MONATS MJ, Magic, Larry, Kobe … sie sind die unsterblichen Legenden, die jeder kennt. An dieser Stelle wird aber ab sofort der Baller gedacht, die keine Überstars waren, aber auf die eine oder andere Art einfach Kult – die Legenden-Lieblinge des Monats!
G
lenn Robinsons Spitzname sagt eigentlich schon alles: „Big Dog“. Er war der Rudelführer. Der Anführer seiner Teams, der für die wichtigen Körbe. Das zeigte er schon an der Purdue University. Als Sophomore legte der 2,01 Meter lange Small Forward 1992/93 überragende 24,1 Punkte und 9,1 Rebounds auf. Werte, die er als Junior (ja, damals verbrachten Hochtalentierte mehr als ein Jahr am College …) auf 30,3 und 10,1 steigerte. Folgerichtig machten ihn die Milwaukee Bucks zum ersten Pick der Draft 1994 … oder? Na ja. In seinem Jahrgang gingen hinter ihm Jason Kidd (2. Pick) und Grant Hill (3.) in die NBA – zwei Spieler, die aus gutem Grund heute prominenter sind. Robinson sorgte noch vor seinem ersten Korb in der NBA für mächtig Aufruhr. Damals war das Konzept der „Rookie Contracts“ noch völlig unbekannt. Liganeulinge konnten wie Free Agents ihre Verträge mit den Teams, die sie gedraftet hatten, frei verhandeln. In Robinsons Fall ging es direkt um Big Money. Im Vorjahr hatte Larry Johnson (da schon ein etablierter Star) einen Zwölfjahresvertrag über 84 Millionen Dollar unterschrieben. Chris Webber sicherte sich im selben Jahr für sieben Saisons 74,4 Millionen Dollar. Robinsons Agent wollte noch einen draufsetzen: 100 Millionen Dollar
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für 13 Jahre NBA-Basketball. Sein Vertrag ist bis heute der höchste, der je von einem NBA-Rookie unterschrieben wurde … und führte deshalb in der Folge auch zum ersten Lockout der Ligageschichte. 1995 ruhte die Liga für drei Monate, während sich Spielergewerkschaft und NBA stritten. Ein Punkt auf der Tagesordnung: die zu hohen Rookie-Verträge. Nach zähen Verhandlungen wurde am Ende die „Rookie Salary Scale“ eingeführt, die noch heute Bestand hat – quasi festgelegte Beträge, die Erstrundenpicks in ihrem ersten Vertrag verdienen können. Sportlich lieferte „Big Dog“ direkt ab. Zwar gewannen Hill und Kidd zusammen den „Rookie of the Year“-Award, Robinson legte trotzdem als Debütant 21,9 Punkte, 6,4 Rebounds und 1,5 Assists auf. Damit war er direkt Topscorer der Bucks. Zusammen mit dem ein Jahr älteren Vin Baker bildete er das junge Duo, um das die Franchise ihre Zukunft aufbauen wollte. Es dauerte allerdings bis 1999/00, bevor Robinson endlich zum All Star gewählt wurde. Ab 1998/99 mit den Guards Ray Allen und Sam Cassell sowie Robinson waren die Bucks ein Playoffteam. 2001 erreichte Milwaukee sogar die Conference-Finals gegen Allen Iverson und die Philadelphia 76ers. Dort unterlagen die Bucks jedoch in sieben Spielen.
Diese Allen-Cassell-RobinsonTeams prägte eine ungewöhnliche Eigenschaft: 1999/00 und 2000/01 rangierten die Bucks von Coach George Karl offensiv auf dem zweiten und ersten Platz. Defensiv hingegen reichte es nur für den 26. und 20. Platz ligaweit. Genau diese Diskrepanz beschrieb auch Robinsons Spiel. Der „Big Dog“ war nicht auf diese Welt gekommen, um zu verteidigen. Er wusste, wo der Korb hing und wie er den Ball dort hineinbrachte. Robinson war ein Scorer der ganz alten Schule. Er postete auf, gab dir den Fadeaway oder den Spinmove. Er drehte sich mit dem Gesicht zum Verteidiger, täuschte den Drive an und ging zum Jumper hoch. Die Tragik der „Big Three“ der Bucks damals ist, dass jeder von ihnen Champion wurde. Nur halt nicht in Milwaukee. Cassell hatte zwei seiner Titel schon in Houston gewonnen und holte einen weiteren mit den Celtics. In Boston war Ray Allen ebenfalls Teil dieses Teams, und eine weitere Meisterschaft gewann er mit Miami. Auch Robinson wurde Champion. Das war 2005 als San Antonio Spur. Er absolvierte 14 Minuten in der Finalserie gegen die Detroit Pistons und erzielte zwei Punkte. Der „Big Dog“ war da nur noch der alte graue Hund, der auf der Couch schläft.
Seit Robinson 1993/94
Robinsons Stats als Freshman? Die gab es
Sein Sohn Glenn Robinson
Robinson sollte 1996 bei den
seine 30,3 Punkte pro Partie
nicht. Er durfte aufgrund zu schlechter Noten
III spielte 2019/20 bei den
Olympischen Spielen im Dream
auflegte, erreichte kein
nicht auflaufen. Im Sommer zwischen seinen
Philadelphia 76ers und
Team II auflaufen, verletzte
NCAA-Division-I-Topscorer
ersten beiden Unijahren verdiente er sich als
gewann 2017 den Slam-
sich aber und wurde durch Gary
mehr diesen Wert.
Schweißer etwas Geld dazu.
Dunk-Contest.
Payton ersetzt.
Fotos: Steve Woltmann/NBAE via Getty Images
GLENN ROBINSON
24
five-prospects
twenty four Carlos Alocen seconds
B
Prospects
ei Real Madrid steht ein Generationswechsel bevor: Während Spieler wie Felipe Reyes (40 Jahre), Jaycee Carroll (37) oder Rudy Fernandez (35) in Richtung Sonnenuntergang reiten, haben „Los Blancos“ zur neuen Saison frisches Blut in den Kader geholt. Alberto Abalde (25 Jahre) und Carlos Alocen (19) heißen die beiden spanischen Neuzugänge, die gemeinsam mit Gabriel Deck (25) und Usman Garuba (18) die neuen Eckpfeiler sein sollen. Carlos Alocen als Talent zu bezeichnen, ist angesichts seiner vielen Erfolge und Erfahrungen fast fragwürdig, obwohl er erst 19 Jahre jung ist. Zweimal (2019 und 2020) wurde er zum besten Nachwuchsspieler der ACB gewählt, wo er in der vergangenen Saison für Tecnyconta Saragossa in der Starting Five stand. Der 1,94 Meter große Spanier ist ein reiner Point Guard, der seine hochklassigen Gegenspieler in der besten Liga Europas regelmäßig schwindelig spielte. Denn Alocen ist ein Wirbelwind, flink, mit schnellen Schritten, sehr guter Körperbeherrschung und einem entsprechenden Ballhandling. Für seine Verteidiger ist er extrem schwer auszurechnen, da er den Sprungwurf aus dem Dribbling, einen noch etwas wackligen Distanzwurf und auch den Drive im Repertoire hat. Und dann wären da natürlich noch seine Fähigkeiten als Passgeber, denn mit seiner Größe und seiner starken Übersicht findet
12
Jeden Monat stellt euch Peter Bieg an dieser Stelle die größten Talente Europas und Deutschlands vor. Text: Peter Bieg
Alocen den freien Mann überdurchschnittlich gut. Lange Schritte, tiefe, schnelle Dribblings, Eurosteps – all diese Werkzeuge helfen Alocen auch gegen deutlich erfahrenere Spieler, seinen Korbdrang erfolgreich auszuleben. Am Ring kann er mit beiden Händen abschließen, da der in Saragossa geborene Spielmacher eine sehr gute Grundausbildung genossen hat. Alocens Spiel hat eine gewisse Lässigkeit, mit der er auch schwierige Bewegungen leicht erscheinen lässt. Es ist beeindruckend, wie abgezockt Alocen insbesondere offensiv bereits agiert, weshalb er in den kommenden Jahren zu den prägenden Spielern im spanischen Basketball gehören könnte. Am wohlsten fühlt er sich bisher im Open Court, wenn er im Fastbreak aufs Gas drücken und seine Kreativität und Schnelligkeit voll ausspielen kann. Als Vorbereiter und Vollstrecker ist er ein hochinteressanter Spieler. Auch als Verteidiger am Ball weiß Carlos Alocen zu gefallen: Mit sauberer Fußarbeit, schnellen Bewegungen zur Seite sowie technisch vorbildlichem Einsatz von Hüfte und Brust erzeugt er viel Druck. Abseits des Balles und im Pick-and-Roll sind in der Verteidigung noch (nachvollziehbare) Schwächen zu erkennen. Hier fehlt es ihm noch an Erfahrung, ebenso wie er bei seinen Ausflügen zum Ring noch etwas mehr Kraft und Körperspannung gebrauchen könnte. redaktion@fivemag.de
Carlos Alocen Geburtstag: 30.12.2000 Größe: 1,94 Meter Gewicht: 93 Kilo Position: Point Guard Verein: Real Madrid
Stats: 7,2 PPG, 3,4 APG, 2,5 RPG, 35,1 3P% (ACB 2019/20)
QR-code: Die Höhepunkte der vergangenen ACBSaison von Carlos Alocen. http://bit.ly/Alocen
Moe-diary
MOE DIARY Moritz Wagner absolviert momentan
seine zweite NBA-Saison in Washington, D.C. In FIVE nimmt er euch mit auf seine Reise, die ihn von Alba Berlin über die University of Michigan bis zu den Wizards geführt hat. Text: Moritz Wagner
Fotos: Borja B. Hojas/Getty Images
A
ls ich das erste Mal von der „Bubble“ gehört habe, war ich erst kein so großer Fan von der Idee. Um ganz ehrlich zu sein, hatte ich schlichtweg Schiss. Nachdem ich zwei Monate wegen Corona nicht das Haus verlassen hatte, war ich mir extrem unsicher. Ich hatte das Gefühl, dass die Experten immer noch um Erklärungen und potenzielle Lösungen rangen, und das half meiner Unsicherheit dann auch nicht besonders. Jetzt, drei Monate später, bin ich froh, dass ich die Chance hatte, in der Bubble von Orlando dabei zu sein. Nur eins von acht Spielen zu gewinnen, war jetzt nicht unbedingt spaßig, aber ich habe wirklich viel gelernt. Zurückblickend war die größte Herausforderung der Fakt, dass man nicht wegkommt vom Spiel. Man ist die ganze Zeit im Hotel mit den anderen Spielern und Teams um einen herum, und es ist echt schwierig, mental komplett abzuschalten. Die Familie war zu diesem Zeitpunkt noch nicht in Orlando erlaubt, und deswegen gab es auch keinerlei Ablenkung. Ich habe gelernt, wie man angelt, und diese Phase hat mich gezwungen, wirklich mal ein Buch in die Hand zu nehmen, denn meine Zeit als Gamer ist offiziell beendet. Ich bin so schlecht,
das läuft schlichtweg auf pure Zeitverschwendung hinaus. Eine Sache, die nach meinem Geschmack ein bisschen untergegangen ist: wie unglaublich krass die Trainingsanlagen waren. Die Art und Weise, wie es die NBA geschafft hat, innerhalb kürzester Zeit so ein Basketball-Wunderland aufzubauen, zeigt natürlich, was für unglaubliche Ressourcen sie hat … aber vor allem auch, was für eine coole Liga sie ist. Als ich die Trainingshallen das erste Mal gesehen habe, war ich wirklich tief beeindruckt. Was das Spielen angeht, war ich ähnlich positiv überrascht. Natürlich fehlen die Fans, und natürlich ist es etwas anderes. Aber trotzdem muss ich sagen, dass mir das während der Spiele kaum aufgefallen ist. Die NBA hat es wirklich geschafft, eine bühnenartige Atmosphäre zu schaffen, auf der jeder Wurf, jedes Dribbling und jeder Pass genauso viel bedeutet hat wie noch im Februar. Ich muss sagen, dass sich das jetzt ein wenig geändert hat, als die Playoffs starteten. Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich persönlich liebe an den Playoffs, dass jedes einzelne Spiel einer Serie irgendwie doch ein Kapitel für sich ist. Damit meine ich andere Trikots,
neue Zuschauer und vor allem verschiedene Hallen. Das ist jetzt zwar nicht gegeben, aber trotzdem freue ich mich jeden Morgen darauf, Spiele anzuschauen. Ich muss auch sagen, dass es nicht easy war, sechs Wochen einfach so auf einem Fleck zu verbringen. Ich habe größten Respekt vor den Teams, die immer noch dort sind. Auch wenn jetzt die Familien dazukamen, fühlt sich das schon nach einer extrem langen Zeit an. Da kann man schon einmal „heads butten“, wenn ihr wisst, was ich meine. Im Hinblick auf nächstes Jahr wurde uns bis jetzt noch nicht viel gesagt – was die Offseason auf der einen Seite natürlich extrem komisch macht, aber auf der anderen Seite extrem cool, da man trainiert, ohne ständig auf den Kalender gucken zu müssen. So macht mir Basketball natürlich am meisten Spaß. Und das werde ich auch tun bis dahin: arbeiten. Dann wird geguckt, wie sich das mit den Corona-Zahlen in den USA entwickelt – und auch, was mit der Wahl passiert. Ich persönlich stelle mich aber darauf ein, auch nächste Saison in einer Bubble zu verbringen. Anders kann ich mir das momentan echt nicht vorstellen. Doch bis dahin läuft noch viel Wasser die Spree hinunter ...
13
24
Bei der geburt getrennt
twenty four seconds
- kollisionskurs Basketball vs. Politik
Bei der geburt getrennt Don king
P
marcus smart 14
kollisionskurs
olitik und Sport gehören getrennt!“ Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie oft wir das in den letzten Monaten gehört haben. Praktisch immer, wenn wir uns auf unseren sozialen Kanälen gegen Rassismus, Ungleichheit und Polizeibrutalität ausgesprochen haben, kam der Kommentar. Als fast alle NBA-Spieler zum ersten Mal im stillen Protest während der amerikanischen Nationalhymne knieten und wir darüber berichteten, kam der Kommentar. Und natürlich kam er auch, als zum ersten Mal in der NBA-Geschichte Spiele aus Protest boykottiert wurden. „Der Sport soll sich nicht in die Politik einmischen. Dafür schaue ich mir keine Basketballspiele an. Shut up and dribble!“ Es gibt viele Leute, die davon überzeugt sind und dies immer wieder betonen, wenn die unsichtbare Grenze mal wieder überschritten wurde. Meine Frage an dieser Stelle ist: Gilt das auch für Teambesitzer? Ich frage nur, weil Spieler um das Recht kämpfen mussten, „Black Lives Matter“-T-Shirts tragen zu dürfen, während die Besitzer zahlreicher NBA-Teams seit Jahrzehnten die republikanische Partei unterstützen, deren Galionsfigur Donald Trump die BLM-Bewegung als „Symbol des Hasses“ abstempelt. Diese Milliardäre halten sich augenscheinlich nicht daran, Sport und Politik zu trennen. Warum verlangt man es also von den Spielern? Jerry Reinsdorf (Chicago Bulls), Clay Bennett (Oklahoma City Thunder), Richard DeVos (Orlando Magic), Gail Miller (Utah Jazz), Glen Taylor (Minnesota
Timberwolves), Micky Arison (Miami Heat), Peter Holt (San Antonio Spurs), Josh Harris (Philadelphia 76ers), James Dolan (New York Knicks) und Tilman Fertitta (Houston Rockets) sind allesamt stolze Spender an republikanische Organisationen, die den US-Präsidenten und dessen Gedankengut tatkräftig unterstützen. DeVos ist darüber hinaus auch der Schwiegervater von Betsy DeVos, der Bildungsministerin im Trump-Kabinett. Und Taylor unterstützte Ende 2017 den als „White Supremacist“ bekannten Steve King in dessen Kongress-Wahlkampf. Ihr müsst zugeben, dass Interessen im Konflikt stehen, wenn die Männer, die dir bei der Draft und der Vertragsunterzeichnung die Hand schütteln und betonen, wie wichtig du für das Team bist, im selben Moment das Geld, das du mit deiner Leistung dem Verein bringst, an Leute spenden, die kein Problem darin sehen, dass gewisse Grundrechte für Menschen deiner Hautfarbe nicht gelten. Es liegt in der Natur der Sache, dass Leute, die sich ein NBA-Team leisten können, viel, viel Geld haben. Und wo viel Geld ist, da ist früher oder später auch die Politik am Start. Besonders in der NBA, die zwar sowohl in puncto Popularität als auch in Sachen Umsatz immer noch nur die Nummer drei unter den amerikanischen Sportligen ist (nach NFL und MLB), aber bei Weitem den größten Global Reach hat, was wiederum internationale Sponsoren, Übertragungsrechte und einflussreiche Freunde in der ganzen Welt mit sich bringt. Sport und Politik voneinander trennen? Das ist ein Wunschgedanke, der von einer Unkenntnis zeugt, wie Profisport funktioniert. Verbindungen zwischen Sport und Politik gab es schon immer auf höchster Ebene. Und mit „immer“ meine ich tatsächlich seit Jahrhunderten. Der Lauf nach Marathon, Gladiatorenkämpfe im alten Rom, die ersten Ballspiele der Mayas: In vielerlei Hinsicht wurden Sportwettkämpfe, so wie wir sie heute kennen, durch politische Motivation geboren. Seit Jahrhunderten hält dabei die Elite die Zügel fest in der Hand und hat oft genug ihre Macht missbraucht. Meiner Meinung nach war es Zeit, dass die Spieler endlich von ihrer Popularität und enormen Medienkraft Gebrauch machen und dort gegensteuern, wo gegengesteuert werden muss. Sport und Politik voneinander trennen, damit Leute Rassismus und Polizeigewalt ausblenden und ungestört Basketball schauen können ... gimme a break, snowflake. Es geht um mehr. Robbin Barberan (Editor-in-Chief, KICKZ.com)
sneakers
SNEAKER HALL OF FAME: AIR FORCE 1 FIVE hat eine eigene Hall of Fame eröffnet! Ab sofort nehmen wir jeden Monat einen herausragenden Sneaker der Basketballschuhgeschichte in unsere Ruhmeshalle auf. Der „Inductee“ in diesem Monat? Der „Air Force 1“.
Fotos: Fernando Medina/Tibrina Hobson/Glenn James/Garrett Ellwood/Mike Ehrmann/Getty Images
E
s gibt Schuhe, die kennt jeder. Schuhe, die die Grenzen ihres Daseins als Basketballsneaker komplett sprengen. Einer der bekanntesten unter ihnen: der „Air Force 1“ (AF1) von Nike. 1982 kam die Kreation von Designer Bruce Kilgore auf den Markt und veränderte nicht weniger als … alles. „Bruder, du musst verstehen … in den 70ern waren Basketballschuhe richtig, richtig hart“, erinnert sich StreetballLegende und Sneakerhead Bobbito Garcia. „Damals hatten viele Jungs drei, vier, fünf Paar Socken an, weil die dir deine Dämpfung gaben. Als dann der ,Air Force 1‘ kam … plötzlich konntest du locker ein Paar Socken tragen. Der ,Air Force 1‘ war der Schuh, der die Messlatte für alle anderen extrem hoch legte.“ Hauptgrund für diesen ungewohnten Komfort war die Technik. Der AF1 – oder „Nike Airs“, wie sie auf der Straße genannt wurden – war der erste Schuh mit Air-Technologie. Diese kam vorher nur in Laufschuhen zum Einsatz und eröffnete dem Basketballsneaker völlig neue Möglichkeiten. Bruce Kilgore war dies aber nicht genug. Er verbaute außerdem die Gummisohle mit den konzentrischen Kreisen (Concentric Circle Outsole), den Gurt mit Klettverschluss (Proprioceptus Belt) und eine Schnürung, die dank Löchern in verschiedenen Abständen enger oder weiter gemacht werden konnte. Kilgore wollte von Anfang an einen Schuh designen, der für Basketballer gemacht ist. Deshalb nahm er mehrere Prototypen mit auf eine Reise zu diversen Colleges. Die Spieler sollten seine Kreation testen und Verbesserungen vorschlagen. Zum Release 1982 war Nike so von seinem neuen Flaggschiff überzeugt, dass die Firma sechs NBA-
DID YOU KNOW? Designer Bruce Kilgore designte neben dem „Air Force 1“ unter anderem auch den „Air Jordan II“. Vor seiner Zeit bei Nike gab er vor allem Küchengeräten und Autos ihren Look.
Profis unter Vertrag nahm, um den AF1 zu tragen. Moses Malone, Michael Cooper, Mychal Thompson, Jamaal Wilkes, Bobby Jones und Calvin Natt gingen als „The Original Six“ in die Geschichte ein. Sie bekamen von Nike personalisierte AF1s, deren Colorways sonst nicht zu kaufen waren. 1984 sollte der AF1 nicht mehr produziert werden, Nike hatte neuere Modelle in der Pipeline. Doch die alten Modelle liefen in den Großstädten weiterhin exzellent – und das nicht nur in der Basketballszene. Der cleane Look war plötzlich ein Statussymbol auf den Straßen. Deshalb wurden drei Sneakerläden aus Baltimore bei den Nike-Entscheidern in Beaverton vorstellig: Charley Rudo Sports, Cinderella Shoes und Downtown Locker Room. Die drei wurden in der Szene als „Three Amigos“ bekannt und erklärten den Managern, dass sie in den Städten mehr Schuhe verkaufen würden, wenn sie exklusive Colorways anbieten würden – vor allem vom AF1. Zusammen mit Nike kreierten die drei Shops den „Color of the Month“-Club. Jeden Monat gab es einen AF1 in einer neuen Farbe – und zwar nur in den drei Läden in Baltimore. Käufer kamen von überall, um sich die Designs zu sichern, und warteten in langen Schlangen. So etwas hatte es noch nie gegeben. Es war die Geburt der modernen Sneakerculture. Auf dem NBA-Parkett hielten sich die AF1s bis in die 2000er, als Jerry Stackhouse und vor allem Rasheed Wallace noch in ihnen aufliefen.
Name: Air Force 1 Hersteller: Nike Designer: Bruce Kilgore Jahr: 1982 Preis: 80 Dollar OG-Farben: weiß/grau
Angeblich inspirierte der Prototyp des „Air Force 1“ den legendären Nike-Designer Tinker Hatfield, ins Schuhdesign zu gehen – ursprünglich wollte er Architekt werden.
Bis heute sind 1.700 Farbvariationen des „Air Force 1“ erschienen. Nike verkauft noch heute um die 10 Millionen AF1s pro Jahr.
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Fotos: Rocky Widner/Ronald Martinez/Nathaniel S. Butler/Ron Hoskins/Ezra Shaw/Getty Images
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NBA-Gossip
TOP 5 DER NBA-ONE-HIT-WONDER Text: Marcel Nadim Aburakia
Ohne Fans im Gebäude und mit vielen außergewöhnlichen Maßnahmen, um eine globale Pandemie abzuwehren, musste in der Orlando-Blase ja quasi zwangsläufig komisches Zeug passieren. Aber dass sich T.J. Warren in „Prime Kevin Durant“ verwandeln würde, hatte so ziemlich niemand auf dem Zettel. In den ersten fünf Partien der Seeding Games erzielte der Pacer fast 35 Punkte bei mehr als 60 Prozent Wurfquote. Abnorme Zahlen, die auch relativ
JEROME JAMES
Wenn ein Spieler mit einem Punkteschnitt von 4,9 sich durch fünf gute Spiele knapp 30 Millionen Dollar verdienen kann, dann scheint das zunächst absolut unplausibel. Andererseits ist nichts unmöglich, wenn die New York Knicks involviert sind. Und damit zu Jerome James und den Playoffs 2005. In der Siegesserie der Seattle SuperSonics über die Sacramento Kings erzielte er völlig überraschend 17,2 Punkte, 9,4 Rebounds und 2,2 Blocks. Obwohl über die weiteren Runden die Zahlen sanken, reichte diese Stichprobe, die knapp einen Monat dauerte, den New York Knicks aus, um James mit einem langfristigen Vertrag zu belohnen, den Bill Simmons so kommentierte: „Isiah Thomas gibt Jerome James einen
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Fünfjahresvertrag über 29 Millionen Dollar. Ernsthaft, wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass James’ Agent ihn kurz vor den Playoffs zum Abendessen mitnahm und sagte: ,Schau, ich weiß, dass du faul bist, ich weiß, dass es dir egal ist, aber du musst einfach nur vier Wochen lang hart spielen, und ich garantiere, dass Isiah dir ein lächerliches Angebot machen wird ... kannst du das tun? Kannst du vier Wochen lang ins Schwitzen kommen? In diesem Sommer, nachdem wir den Vertrag unterschrieben haben, kannst du 75 Pfund zulegen, soweit es mich interessiert. Gib mir einfach nur vier Wochen!‘“ Für die Knicks gab es für das ganze Geld: 90 Spiele sowie durchschnittlich 2,5 Punkte und 1,8 Rebounds.
schnell wieder ihr Ende fanden. Ein klassisches One-Hit-Wonder (OHW) eben. Die Leistung und damit der Hype schießen in die Luft, um dann umso schneller auch wieder zur Erde zurückzukehren. Für T.J. gab’s ausgerechnet gegen Nemesis Jimmy Butler aka „Playoff Jimmy“ aka „Jimmy Buckets“ das Aus in den Playoffs, aber Warren kann sich wenigstens damit trösten, diese Top 5 der NBA-One-Hit-Wonder-Liste inspiriert zu haben.
RODRIGUE BEAUBOIS Dass die Knickerbockers regelmäßig danebenliegen, haben sie seit mehr als 20 Jahren bewiesen. Anders die Mavs um Mark Cuban, der mit Dirk einen Volltreffer landete und jetzt in Luka den nächsten Diamanten gefunden hat. Doch auch in Dallas war der Blick gelegentlich getrübt von plötzlichen Leistungsausbrüchen … wie bei Rodrigue Beaubois. Der spielte 2009/10 nie mehr als 12,5 Minuten (meist Garbage Time) in 56 Partien. Aber im März stiegen seine Minuten auf 18,7, und prompt erzielte er 13,4 Punkte und schoss 46,0 Prozent seiner Dreier. Seine Hot Streak wurde durch eine 40-Punkte-Performance gegen die Golden State Warriors getoppt. Da konnte Mark Cuban die rosarote Brille nicht absetzen … „Ich werde Roddy niemals traden“, sagte er damals gegenüber Reportern. „Es gibt vielleicht ein oder zwei Leute in der Liga, gegen die ich ihn eintauschen werde. Abgesehen davon ist er ziemlich unantastbar.“ Leider passierte für Beaubois und alle Mavs-Fans nach diesem Spiel sehr wenig. In seinen nächsten (und letzten) 134 Spielen betrug seine durchschnittliche Punktezahl 4,8. Nach vier Spielzeiten, in denen er fast nicht spielte, war er raus aus der Liga.
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RICHARD DUMAS Rookie-Schicksale können jedes Level an Erfolg annehmen. Von sehr wenig Spielzeit bis hin zu – wie in diesem Fall – einer wichtigen Rolle bei einem Finals-Team. 1992/93 lief Richard Dumas für die Phoenix Suns auf. Neben Charles Barkley und Kevin Johnson avancierte er dort zum viertbesten Scorer des Teams und war nicht unbeteiligt am Einzug ins NBA-Finale, wo es natürlich gegen Michael Jordans Chicago Bulls ging. Nach einem Sieg und 25 Punkten von Dumas in Spiel 5 pries ihn Suns-Trainer Paul Westphal: „Richard ist heiß gelaufen. Er ist ein sensationeller Spieler, und ich denke, er ist ein zukünftiger Dream Teamer.“ Gut, als Coach war wahrscheinlich viel Erleichterung und Hoffnung für die
sechste Partie mit im Spiel, doch sogar Lakers-Legende Magic Johnson verglich ihn mit Julius Erving in dessen Rookie-Saison. Dumas stand also nach Expertenmeinung eine Hall-of-Fame-Karriere bevor. Doch wäre dem so gewesen, wäre euch sein Name sicher geläufiger. Denn er verpasste direkt im Anschluss an seine erste Saison zwei Jahre aufgrund einer Sperre wegen Drogenmissbrauchs. Der Spieler, der dann übrig war, mag in der Rehabilitationsklinik Legendenstatus haben, doch in der NBA brachte er es nur noch auf 54 weitere Spiele, in denen er bei 6,0 Punkten im Schnitt blieb.
MIKE JAMES Wer Gelegenheitsfans fragt, ob sie Mike (Lamont) James kennen, wird höchstwahrscheinlich in fragende Augen blicken. Kann man Nicht-Experten auch nicht übel nehmen, denn Mike James war ein Niemand in dieser Liga. Eines dieser Gesichter, die eine Ewigkeit durch die NBA schwirren, aber nirgends so richtig einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Bis auf das Jahr 2005, da kannten ihn plötzlich alle. Immerhin lieferte er Leistungen, wie nur Dirk, Kobe und Co. das schafften. 20,3 Punkte, 5,8 Assists und 3,3 Rebounds samt einem All-Star-Jahr für die Toronto Raptors brachten ihm damals 20 Millionen Dollar ein. Doch so schnell ihn seine Vorstellung aus der Anonymität holte, so schnell
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verschwand er dort wieder. In sieben weiteren Saisons erzielte er nie über 12,0 Punkte im Schnitt – damit personifiziert er den Begriff One-HitWonder wie kein Zweiter. So extrem sein Fall ist, so beispielhaft ist das Schicksal solcher NBA-Spieler: One-Hit-WonderSaisons sind meist nicht auf das individuelle Talent zurückzuführen, sondern werden durch andere Faktoren bedingt. Manche bekommen in einem miserablen Team das grüne Licht zum Werfen und pumpen damit ihre Zahlen hoch, andere finden ein besonders passendes Matchup in den Playoffs – und ganz spezielle Fälle finden einen Punkt, an dem sie tatsächlich heiß laufen, bezahlt werden und sich mit dem Geldsack zufriedengeben.
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JEREMY LIN Nach vier eher unbekannten Namen toppt die Liste einer der 100 einflussreichsten Menschen des Jahres 2012. Die Rede ist vom König des Madison Square Garden, Jeremy Lin. „Seine Geschichte ist eine großartige Lektion für Kinder überall, weil sie so viele Vorurteile und Stereotypen entlarvt, die Kinder unfair zurückhalten. Er hat die Idee zerstreut, dass asiatisch-amerikanische Kids es in der NBA nicht schaffen können – und dass es ein Widerspruch wäre,
ein hervorragender Student außerhalb des Platzes und ein Weltklasse-Athlet auf dem Platz zu sein“, schrieb die „Times“ damals über ihn. Und so gerechtfertigt all der Hype 2011/12 war, umso weniger hörte man in den Jahren darauf vom einstigen Phänomen. Seine wahrscheinlich größte Leistung war nicht der statistische Beitrag, sondern dass der LinsanityWahn eine Periode der Basketballgeschichte war, die den Knicks einen kurzen Hoffnungsschimmer gab.
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Duncan
Robinson
DUNCAN ROBINSON
Coach Jens analysiert den Effekt von Dreiergott Robinson, beleuchtet die Rolle von Heat-Coach Erik Spoelstra, Bam Adebayo & Co. und dichtet die Cinderella-Story in vier Kapiteln etwas um. Text: Jens Leutenecker Name: Duncan McBryde Robinson Position: Small Forward Geburtstag: 22. April 1994 Größe: 2,01 Meter Gewicht: 97 Kilo Verein: Miami Heat Erfahrung: 2 Saisons
Stats 2019/20: 16,3 PPG 3,9 RPG 1,7 APG 1,2 TO 65,4 FG% 44,6 3P% (PER 36 MIN.)
Kapitel 2: Bam Adebayo kann Blöcke stellen 2,06 Meter, 115 Kilogramm Muskelmasse – Bam Adebayo ist ein unangenehmer Zeitgenosse, zumindest für alle Robinson-Verteidiger. 115 Punkte erzielen die Heat mit dem AdebayoRobinson-Tandem auf 100 Angriffe gerechnet, ein exzellenter Wert. Dabei greift Coach
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Spoelstra auf zwei interessante taktische Mittel zurück: der Handoff im Bereich der Birne und indirekte Blöcke an der Seite des Feldes. Mehr als 200 Handoffs mit Adebayo als ballübergebendem Spieler ließ Spoelstra für Robinson laufen, mit bestmöglichem Resultat: 1,22 Punkte pro Handoff bedeuten einen NBATopwert, ganze 70 Robinson-Dreier wurden von Adebayo vorbereitet. Dabei ist Robinson nicht der einzige Nutznießer von Adebayos massivem Körper, die Ballübergaben sorgen nämlich auch für Adebayo-Dunks. Kein Spieler hat mehr angetäuschte Handoffs eingesetzt als Adebayo in dieser NBA-Saison, und das liegt auch an der unmittelbaren Gefahr, die Robinson ausstrahlt. 71 Prozent aller Adebayo-Fake-Handoffs führen zu Punkten, wenn Robinson als möglicher Empfänger beteiligt ist. Die Synergie der beiden Spieler wird nicht zuletzt bei den indirekten Blöcken deutlich. Robinson startet häufig in den Ecken und bekommt dann einen oder mehrere Blöcke gestellt. Mit Adebayo als Blocksteller trifft er 40 Prozent seiner Dreier, bei allen anderen Mitspielern sind es 31 Prozent. Kurz gesagt: „Bam Adebayo knows how to hit guys!“ Kapitel 3: Die Miami-Heat-Organisation NBA-Insider und ESPNs journalistisches Aushängeschild Adrian Wojnarowski bringt bei den Miami Heat gerne sein Lieblingszitat an: „The Miami Heat are not for everyone!“ Mit ihrer hochprofessionellen Herangehensweise waren sie für Robinson jedoch genau die richtige Franchise, auf Anraten seines Agenten entschied sich der damals 24-Jährige für die Heat. In seinem ersten Jahr rockte er mit 21 Punkten und 48 Prozent Dreierquote die
G-League und erarbeitete sich 15 Einsätze in der NBA-Saison 2018/19. In der aktuellen Spielzeit hat Robinson eine ganz klare Rolle zugeordnet bekommen, die bei Fehlverhalten mit Bankminuten bestraft wird. 1. Robinson MUSS sofort werfen, wenn er den Ball und eine Wurfoption hat: In 82 Prozent seiner Abschlüsse hatte er den Ball zwei Sekunden oder weniger in den Händen. 2. Robinson soll nicht mehr als zweimal dribbeln: Genau zwölf Würfe in 73 Spielen nahm Robinson nach drei oder mehr Dribblings. 3. Mitteldistanz verboten: Auf 39 Dreierversuche kommt lediglich ein Mitteldistanzwurf. Die systematische Entwicklung von Robinson als Distanzschütze hat den Heat sehr positive Ergebnisse gebracht: Mit ihm erzielen sie auf 100 Angriffe 12 Punkte mehr als ohne ihn auf dem Feld, einzig MVP Giannis Antetokounmpo schneidet besser ab. Kapitel 4: Das Versagen des College-Systems Es mag hart klingen, aber Robinson ist nicht wegen, sondern trotz seiner College-Zeit zum NBA-Spieler geworden! Er überragte in der Division III, setzte dann ein Jahr nach seinem Transfer nach Michigan aus. Unter dem damaligen Michigan-Coach John Beilein kam er in der ersten Saison auf 11 Punkte in 29 Minuten – bei einem Net-Rating von sagenhaften 19 Punkten pro 100 Angriffe. Das Net-Rating blieb sagenhaft, aber die Spielzeit ging deutlich nach unten, und Beilein ließ kein einziges Play für ihn laufen. Das, was Robinson jetzt abliefert, durfte er in seinen drei MichiganJahren nicht zeigen – und flog deshalb unter dem NBA-Radar. redaktion@fivemag.de
Fotos: Jonathan Bachman/Getty Images
K
apitel 1: Duncan Robinson kann werfen 606 Dreierversuche in 73 Spielen, knapp 45 Prozent Trefferquote und 1,43 Punkte pro Wurf – Duncan Robinson lässt es brennen jenseits der Dreierlinie! Mehrere Blöcke abseits des Balles, angetäuschte Pickand-Rolls oder Handoffs – Coach Erik Spoelstra setzt mit einem breit gefächerten Playbook Miamis Ausnahmewerfer in Szene. Eine große Fähigkeit von Robinson ist, dass er nicht nur die freien Würfe verwandelt, sondern auch eng verteidigt seine Abschlüsse im Korb unterbringt. Fast 90 Prozent aller Dreierversuche in der NBA werden mit mindestens 1,20 Meter Abstand zum nächsten Gegner genommen. Logisch, denn wer nicht mindestens halb frei ist, wirft normalerweise nicht auf den Korb. Diese Logik greift beim 2,01 Meter großen Robinson jedoch nicht – er wirft auch, wenn er eigentlich nicht frei steht. Jeder dritte Dreier von Robinson ist sehr stark „contested“, der Verteidiger steht dabei maximal einen Meter von ihm entfernt. Im NBA-Schnitt finden diese Würfe nur in 30 Prozent aller Fälle ihr Ziel, Robinson verwandelt fast 37 Prozent dieser extrem schwierigen Abschlüsse. Oder anders gesagt: Fast die Hälfte aller NBA-Spieler werfen sogar schlechter als Robinson, wenn sie komplett frei abschließen können.
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FOLGT UNS AUF SOCIAL MEDIA Ihr folgt nur Accounts mit lahmen Memes? Eure Timeline ist voller selbstverliebter Hot-Take-Artists? Kommentarspalten sind für euch der Vorhof zur Hölle? Das muss doch nicht sein … denn die FIVE ist auch im Internet. Kommt vorbei, wir warten auf euch!
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BASKET BALL FOR LIFE
one-on-one
Marcus
marcus smart
Geburtstag: 06. März 1994 Größe: 1,90 Meter Gewicht: 99 Kilo Erfahrung: 6 Saisons
Stats 2019/20*: 14,6 PPG || 4,2 RPG 5,5 APG || 1,9 SPG 1,9 TPG || 37,5 FG% 34,7 3P% || 83,6 FT%
Advanced Stats: 13,8 PER || 18,9 USG 51,8 TS% || 6,3 RBR 21,1 AST**
Smart
vs.
Patrick
Beverley
S
echs NBA-Spielzeiten, sechs Jahre Boston Celtics, sechs Jahre „Defense first“ und „Offense second“ – Marcus Smart ist DER Charakterspieler für die Boston Celtics. Coach Brad Stevens setzte direkt in dessen Rookie-Jahr auf den inzwischen 26-Jährigen, Smart bekam nie weniger als 27 Minuten im Saisonschnitt. Der Combo Guard ist einer der wenigen Spieler, die den Wurf aus dem Dribbling deutlich besser treffen als den Jumpshot aus dem Catch-and-Shoot: Mit 35 Prozent Dreierquote aus dem Pick-and-Roll und Isolationen gehört Smart zu den besten 15 Prozent der NBA, das wird von vielen unterschätzt. Diese Wurffähigkeiten aus dem Dribbling erlauben es ihm, eine sehr gute Pick-and-Roll-Offense zu entwickeln. Smart konzentriert sich dabei auf den eigenen Abschluss, fast sechs von zehn Pick-and-Rolls enden mit einem Jumper, Runner oder Layup. Die Passfähigkeiten sind gut genug, um aggressive Pick-and-Roll-Verteidigungen zu bestrafen. Insbesondere das Zusammenspiel mit den Big Men um Daniel Theis, Enes Kanter und Co. klappt ausgezeichnet: 59 Prozent aller Centerabschlüsse enden mit einem Korberfolg. Als Ballhandler hat sich Smart stets weiterentwickelt, aber die Offensive abseits des Balles hat sich in dieser Saison nach einer deutlichen Leistungssteigerung im Vorjahr wieder verschlechtert. Smart trifft nur knapp 33 Prozent seiner Würfe „off catch“, 2018/19 waren das noch fast sechs Prozent mehr. Die Abschlüsse in Ringnähe per Floater oder Korbleger nach dem Attackieren von Closeouts enden nur in ganz schwachen 25 Prozent aller Fälle mit einem Korberfolg, da muss sich der 1,90 Meter große und 99 Kilogramm schwere Smart wieder deutlich verbessern.
one-on-one
Pat Beverley und Marcus Smart nerven. Das ist ihr Job. Dem Gegner unter die Haut gehen, vorne nicht allzu negativ auffallen. Wer ist der bessere Aggressionsleader? Text: Jens Leutenecker
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patrick beverley
Fotos: Brian Babineau/Atiba Jefferson/NBAE via Getty Images
P
atrick Beverley und seine Pickand-Roll-Offense haben sich auf den Beziehungsstatus „Es ist kompliziert“ geeinigt. Neben knallharter Ballverteidigung muss Beverley auch am offensiven Ende des Feldes für Effizienz sorgen, und das gelang ihm als Ballhandler in seiner Karriere nicht immer. In den letzten fünf NBA-Jahren spielte er pro Partie zwischen vier und fünf Pick-and-Rolls, kam jedoch nur ein einziges Mal über den NBADurchschnitt und rangiert mit 86 Punkten auf 100 Pick-and-Rolls im unteren NBA-Drittel. Beverleys Problem sind die äußerst schwachen Jumper aus dem Dribbling, im besagten Zeitraum traf er nur 28 Prozent seiner Dreier. Diese Wurfschwäche erlaubt es dem Ballverteidiger, unter dem Block durchzugehen und dadurch Hilfen vom dritten Spieler zu vermeiden. Die Mitspieler sind weniger frei, Beverley muss den Wurf aus dem Dribbling nehmen, und die Defense hat gewonnen. Der NBA-Schnitt bei der sogenannten „Under-Defense“ liegt bei 102 Punkten auf 100 Angriffe, Beverley kann diese sehr passive Verteidigung aber einfach nicht bestrafen und markiert nur 94 Zähler. „Es ist kompliziert …“ Es verwundert etwas, dass Beverley nicht in der Lage zu sein scheint, Dribble Jumper einigermaßen passabel zu verwandeln. Seine direkten Dreier ohne Dribbling fallen nämlich in 41 Prozent aller Fälle – ob gegen den Mann oder komplett frei, Beverley haut ihn rein. In seiner Karriere kommt er auf 38 Prozent Dreierquote bei mehr als vier Versuchen, das ist ein exzellenter Wert. Und da passt es auch ins Bild, dass die Clippers mit Beverley in der Rolle des „Three-and-D-Spezialisten“ neben Kawhi Leonard und Paul George im Lineup auf 118 Punkte bei nur 103 gegnerischen Punkten kommen.
fazit *Auf 36 Minuten Spielzeit hochgerechnet **PER – Player Efficiency Rating, USG – Usage Rate, TS% – True Shooting Percentage, AST – Assistrate, RBR – Reboundrate
Geburtstag: 12. Juli 1988 Größe: 1,85 Meter Gewicht: 81 Kilo Erfahrung: 8 Saisons
Stats 2019/20*: 10,9 PPG || 7,1 RPG 4,9 APG || 1,4 SPG 1,8 TPG || 43,1 FG% 38,8 3P% || 66,0 FT%
Advanced Stats: 12,5 PER || 13,3 USG 56,0 TS% || 10,3 RBR 18,2 AST**
Bevor wir uns ein Urteil
Ballhandlers: Nur 40 Prozent
Smart als auch Beverley sind
erlauben, werfen wir einen Blick
gegnerische Trefferquote sind
exzellente „Kettenhunde“.
auf die Gehaltsdimensionen:
ein sehr guter Wert und zwei
Offensiv ist Smart der bessere
In der kommenden Saison
Prozentpunkte besser als
Playmaker und Beverley der
verdienen beide Spieler fast
Marcus Smart.
bessere Spieler abseits des
exakt das gleiche Gehalt – etwas
Balles. Der Zuschlag in diesem
mehr als 13 Millionen Dollar.
in der Lage, mit richtigem
One-on-One geht an Marcus
Beide Verteidigungsspezialisten
Positionsspiel und ausreichend
Smart, da er deutlich mehr
liefern für dieses Gehalt
Schauspielerqualitäten
Crunchtime-Minuten gehen
ordentlich ab, wenngleich in
Ballverluste und Offensivfouls
durfte und in den Playoffs
unterschiedlichen Dimensionen.
zu erzwingen. Jedes fünfte Pick-
deutlich effizienter als Beverley
Patrick „Mr. 94 Feet“ Beverley
and-Roll mit Smart endet in
agierte – sowohl offensiv als
heftet sich an die Fersen des
einem gegnerischen Ballverlust,
auch defensiv. Smart hat einen
Aufbauspielers und minimiert
das ist ein überragender Wert.
halben Gang mehr und ist jünger,
dadurch die Wurfqualität des
Festzuhalten bleibt: Sowohl
deshalb gewinnt er dieses Duell!
Der wiederum ist
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Cover
Der
NBA-Offseason-Report
2020
Off NB A SEASONDER
-
Repo020
2
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Rt
Dieses Jahr ist alles anders.
Aber die nächste Free Agency
kommt bestimmt … irgendwann.
FIVE hat sich alle 30 Teams angeschaut. Wo kommen die Franchises her? Wo wollen sie hin? Wen können sie holen? Was wird spekuliert? Was ist realistisch? Viel Spaß mit dem großen NBA-OffseasonReport 2020!
Text: André Voigt
ATLANTA
HAWKS
Bilanz 2019/20: 20-47 / Lottery 26. ORtg, 27. DRtg Big Three: T. Young, J. Collins, C. Capela Draftpicks: 6. & 50. Capspace: 43 Mio. $ Ziel: die Playoffs
Die Atlanta Hawks wollen auf das nächste Level. Gut, das wollen natürlich irgendwie alle 30 Teams, aber im US-Bundesstaat Georgia pressiert es. Denn Trae Young ist mittlerweile ein All Star, doch im zweiten NBA-Jahr des Point Guards gewannen die Hawks neun Spiele weniger als in seiner Rookie-Saison. Insgesamt warten die Falken seit 2017 auf eine PlayoffTeilnahme. Young will endlich deutliche Fortschritte sehen … Um diese Durststrecke schnellstmöglich zu beenden, wurde General Manager Travis Schlenk bereits zur vergangenen Trade-Deadline aktiv. Mit Clint Capela kam ein DefensivCenter mit Qualität im Pick-and-Roll, der allerdings aufgrund einer schmerzhaften Plantarfasziitis 2019/20 keine Partie für die Hawks bestritt. Zusammen mit Young und Power Forward John Collins soll er den Kern des neuen Hawks-Teams bilden, um das Schlenk jetzt fähige Rollenspieler gruppieren soll.
BROOKLYN
NETS
Bilanz 2019/20: 35-37 / Erste Runde 22. ORtg, 9. DRtg Big Three: K. Irving, S. Dinwiddie, K. Durant Draftpicks: 19. & 55. Capspace: null Ziel: der Titel
Nach einer erfolgreichen Saison 2019/20 steht Celtics-Manager Danny Ainge vor einer relativ ruhigen Offseason. Der Klub dürfte zum ersten Mal seit 2012/13 wieder Luxussteuer zahlen müssen und kann nur 5,7 Millionen Dollar (Taxpayer Midlevel Exception) für Free Agents ausgeben. Gleichzeitig darf Ainge gleich viermal in der Draft zugreifen, 14 Spieler haben (inklusive Spieleroptionen) garantierte Verträge – darunter Gordon Hayward, der kaum aus seinem letzten Vertragsjahr über 34,2 Millionen Dollar aussteigen dürfte. Chefstratege Ainge wird sich also in erster Linie wohl damit begnügen, junge Projekte zu identifizieren und die Bank in Sachen Distanzwurf etwas aufzupolstern.
In Brooklyn heißt es: „Volle Kraft voraus!“ Kevin Durant kommt zurück von seinem Achillessehnenriss, Kyrie Irvings Schulter ist auskuriert. Steve Nash ist der neue Coach, und in einer Eastern Conference, in der es kein Überteam gibt, muss der Titel das Ziel dieser Franchise sein. Nur … wo geht es genau zur Meisterschaft? Die Nets setzten bisher auf einen Kader voller selbst entwickelter Spieler, die anderswo durchs Raster gefallen waren. Zum Beispiel Caris LeVert, Joe Harris oder Spencer Dinwiddie … sie alle machten in New York eine erstaunliche Entwicklung durch. Irving erklärte aber bereits im Januar, dass sein Team Verstärkungen brauchen würde – das hörte sich an, als wäre er der General Manager der Nets und nicht Sean Marks. Letzterer muss nun entscheiden, ob und wie er die eigene Tiefe in einen dritten All Star umzumünzen versucht. Keine leichte Entscheidung. Harris ist zum Beispiel Free Agent und dürfte anderswo Begehrlichkeiten wecken. Dinwiddie kann 2021 aus seinem Vertrag aussteigen. Soll er für einen zweistelligen Millionenbetrag pro Jahr verlängert werden, wenn noch überhaupt nicht klar ist, ob er neben Irving funktioniert? Marks wird sicherlich in Absprache mit seinem neuen Cheftrainer und den Überstars auf die Suche nach einer großen Lösung gehen. Die Namen von Bradley Beal und Victor Oladipo schwirrten bereits durch die Medien, Durant lobte jedoch nach dem Ausscheiden der Nets aus der NBA-Bubble in Orlando LeVert in höchsten Tönen – vielleicht setzt Marks deshalb auch vorerst auf die kleine Lösung.
Gerüchte: Paul Millsap, Avery Bradley, Aron Baynes
Gerüchte: Victor Oladipo, Bradley Beal, Zach LaVine
BOSTON
Gerüchte: Buddy Hield, Spencer Dinwiddie, Caris LeVert, Davis Bertans
CELTICS
Bilanz 2019/20: 48-24 / ConferenceFinals 4. ORtg, 4. DRtg Big Three: J. Tatum, J. Brown K. Walker Draftpicks: 14., 26., 30. & 47. Capspace: null Ziel: der Titel
Fotos: Kevin C. Cox/Steven Freeman/NBAE via Getty Images
Dafür stehen dem Macher unter anderem rund 43 Millionen Dollar (wenn das Salary Cap ungefähr gleich bleibt) sowie der sechste Pick der Draft zur Verfügung. Das liest sich jedoch positiver, als es wahrscheinlich sein wird. Denn: In dieser Offseason sind quasi keine vertragsfreien Stars auf dem Markt, und der Draft-Jahrgang bietet zwar wohl viele brauchbare Rollenspieler, aber kaum richtige Hochkaräter. „Wait for next year“ ist zwar eigentlich keine Option für die Hawks, gleichzeitig werden nach der kommenden Saison eine Menge Stars vertragsfrei. Die Hawks dürften also eine Strategie fahren, die in Sachen Trades opportunistisch ist, ohne dabei mit der Brechstange zu agieren. Schlenk will junge Veteranen, die dem Kader etwas Halt geben, plus einige preiswerte alte Hasen à la Vince Carter. Mindestens sechs Spieler im Kader werden zu Saisonbeginn unter 23 Jahre alt sein, da braucht es diese Stabilität. Wichtigste Personalie ist aber Collins. Er will eine maximale Vertragsverlängerung. Schlenk hingegen will ein Jahr warten und maximale Flexibilität 2021. Hier müssen Manager und Spieler einen Konsens finden.
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Cover CHARLOTTE
Der
NBA-Offseason-Report
HORNETS
Bilanz 2019/20: 23-42 / Lottery 29. ORtg, 24. DRtg Big Three: D. Graham, T. Rozier, M. Bridges Draftpicks: 3. & 32. Capspace: 20 Mio. $ Ziel: weiter aufbauen
Die Charlotte Hornets befinden sich in einem Neuaufbau. Nicht am Anfang, sondern bereits beim zweiten Schritt. Denn durch die unerwartete Entwicklung von Devonte’ Graham (26 Jahre) in der vergangenen Saison sowie die Leistungen von Miles Bridges und P.J. Washington (beide 22) liegt bereits ein junges Fundament, zu dem sich Terry Rozier (25) und Malik Monk (22) gesellen. Würde es also Sinn ergeben, mit den 20 Millionen Dollar Capspace auf die Jagd nach Veteranen zu gehen? Nein. 2021 winken üppige 70 Millionen Dollar, die in Free Agents investiert werden können. Die kommende Saison steht also klar unter der Prämisse, wieder gut zu draften und gern anderswo ungewollte Verträge vielleicht gegen Erstrundenpicks aufzunehmen. Manager Mitch Kupchak wird zudem den auslaufenden 27-Millionen-Dollar-Deal von Nicolas Batum überall anbieten und hoffen, dass der Franzose die kommende Spielzeit als Werbung in eigener Sache begreifen wird. Ebenfalls per Trade mit Sicherheit zu haben: Veteran Cody Zeller. Gerüchte: keine
CLEVELAND
CAVALIERS
Fotos: David Sherman/Jeff Haynes/NBAE via Getty Images
Bilanz 2019/20: 19-46 / Lottery 25. ORtg, 29. DRtg Big Three: C. Sexton, K. Love, A. Drummond Draftpicks: 5. Capspace: null Ziel: der nächste Schritt
Die Cavaliers sind am Anfang eines Neuaufbaus, der über die Draft bewerkstelligt werden soll. Collin Sexton, Darius Garland und Cedi Osman sind das junge Gesicht der Cavs. Allerdings gibt es eben auch Kevin Love und Andre Drummond. Das Big-Man-Duo erhält zusammen im kommenden Jahr knapp 60 Millionen Dollar. Dafür muss Drummond zwar seine Option auf das letzte Vertragsjahr ziehen, aber in finanziell unsicheren Zeiten wird er dies auf jeden Fall tun. Was also machen? Will jemand die beiden Veteranen zu diesen Bezügen verpflichten (Loves Deal läuft noch bis 2023)? Was ist mit Free Agent Tristan Thompson? Auf Coach J.B. Bickerstaff und Manager Koby Altman kommt keine ganz so leichte Offseason zu. Am wahrscheinlichsten ist, dass die Entscheider auf die Jugend setzen und hoffen, dass Love bzw. Drummond für Stabilität an beiden Enden des Feldes sorgen. Vor allem Letzterer dürfte die neue Spielzeit als Bewerbung für einen neuen Vertrag verstehen und eventuell schon während der neuen Saison getradet werden können. Gut draften, Spieler entwickeln, gern schlechte Verträge aufnehmen und sich das mit Erstrundenpicks bezahlen lassen … das dürfte wohl die Marschrichtung in Ohio sein. Gerüchte: keine
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CHICAGO
2020
BULLS
Bilanz 2019/20: 22-43 / Lottery 27. ORtg, 12. DRtg Big Three: Z. LaVine, W. Carter, L. Markkanen Draftpicks: 4. & 44. Capspace: null Ziel: die Playoffs
Die Offseason der Bulls ist eine Großbaustelle. Neues Management, neuer Coach, neue Richtung … abseits des Feldes geht eine neue Mannschaft für Chicago an den Start. General Manager Arturas Karnisovas entließ den umstrittenen Jim Boylen, der seinem Team defensiv zwar einiges an Struktur gab, offensiv aber Innovation vermissen ließ. Hinzu kam ein stets gut gefülltes Bulls-Lazarett, sodass die schon 2019/20 anvisierten Playoffs nicht realisiert wurden. Damit dieses Ziel 2021 erreicht wird, muss der bisherige Kader besser funktionieren. Capspace gibt es bis auf Exceptions nicht … es sei denn, Otto Porter steigt aus
seinem letzten Vertragsjahr aus, welches ihm 28,5 Millionen Dollar einbringt. Spoiler Alert: Das wird er nicht. Karnisovas wird also vor allem auf den vierten Pick der Draft setzen, um sein Team zu verbessern. Sein junger Kader (nur Thaddeus Young ist über 30 Jahre alt) könnte noch jünger werden … Allerdings kann Karnisovas auch einen radikaleren Weg gehen. Der vierte Pick der Draft und die anderswo sicherlich begehrten Young und Tomas Satoransky könnten per Trade zu haben sein. Es gibt auch immer wieder Tradegerüchte um Zach LaVine, der in diesem Jahr eine Vertragsverlängerung unterschreiben kann, genau wie Lauri Markkanen. Kris Dunn und Denzel Valentine sind Restricted Free Agents. Baut Karnisovas also eventuell doch größer um? Wird der junge Kern bestehend aus Coby White, Wendell Carter und Markkanen im Fokus einer Neuausrichtung stehen? Chicago könnte ein spannender Player in dieser Offseason werden. Gerüchte: keine so wirklich
DENVER
NUGGETS
Bilanz 2019/20: 46-27 / Conference-Finals 5. ORtg, 16. DRtg Big Three: J. Murray, W. Barton, N. Jokic Draftpicks: 22. Capspace: null Ziel: der Titel
DALLAS
MAVERICKS
Bilanz 2019/20: 43-23 / Erste Runde 1. ORtg, 18. DRtg Big Three: L. Doncic, T. Hardaway Jr., K. Porzingis Draftpicks: 18. & 31. Capspace: null Ziel: Conference-Finals
Als die Clippers in der zweiten Runde der Playoffs gegen die Nuggets ausschieden, dürften in Dallas nicht wenige an das eigene Duell mit dem anderen Team aus L.A. gedacht haben. Die Mavericks waren nah dran, ihrerseits den Titelfavoriten zu stürzen, mussten aber früh in der Serie auf den am Meniskus verletzten Kristaps Porzingis sowie die vorher schon ausgeschiedenen Dwight Powell und Jalen Brunson verzichten. Was wäre, wenn? Diese Frage dürfte die Planungen von Manager Donnie Nelson und Besitzer Mark Cuban maßgeblich beeinflussen. Der Wiederaufbau in der PostDirk-Ära ging in Rekordzeit vonstatten. Luka Doncic avancierte im zweiten Jahr zum All-NBA-First-Teamer und MVPAnwärter, Porzingis gewöhnte sich immer
besser an die eigene Rolle an dessen Seite. Die Offensive war 2019/20 die effizienteste aller NBA-Zeiten, die Bank funktionierte … einzig der dritte Scorer fehlte. Kann Tim Hardaway Jr. der drittbeste Spieler eines Meisterteams sein? Genau das werden sich Nelson und Cuban jetzt lange fragen. Zieht der Flügel seine Option auf eine weitere Saison (wahrscheinlich), ist er eh in Dallas. Wird er Free Agent, stehen die Macher vor einer nicht ganz leichten Entscheidung: Hardaway einen längeren Deal geben oder auf die tiefe Free Agency 2021 warten? Genau für 2021 plant Nelson schon länger, nach heutigem Stand stehen ihm dann knapp 30 Millionen Dollar zur Verfügung, um sogar einen echten Star nach Texas zu holen. Wer das sein könnte? Giannis Antetokounmpo (sofern er nicht vorher verlängert) ist der große Preis, eine kleinere Lösung könnten zum Beispiel Victor Oladipo oder Jrue Holiday sein. Doch bis dahin kann noch viel passieren. Dallas wird in dieser Offseason deshalb eher die ruhige Hand walten lassen … es sei denn, ein echter Hochkaräter wird aufgrund akuter Veränderungswünsche per Trade verfügbar.
Manchmal geht es ganz schnell in der NBA. Zumindest ist es bei den Denver Nuggets gerade so. 2018/19 zum ersten Mal seit 2013 wieder in den Playoffs, 2019/20 Titelkandidat über Nacht. Der Grund für diesen rasanten Aufstieg? Kaum ein General Manager (überhaupt einer?) draftete in den vergangenen Jahren so erfolgreich wie Denvers Entscheider Tim Connelly. Mit Michael Porter (13. Pick, Draft 2018), Monte Morris (51., 2017), Jamal Murray (7., 2016), Malik Beasley (19., 2016) und Nikola Jokic (41., 2014) verpflichtete er gleich fünf aktuelle Rotationsspieler via Talentziehung. Zudem lässt sich argumentieren, dass er auch für die Utah Jazz einen grandiosen Job gemacht hat … Connelly draftete und tradete sofort Donovan Mitchell (13., 2017) und Rudy Gobert (27., 2013) an den Salzsee, aber in beiden Jahren bestand auf Shooting Guard sowie Center bei den Nuggets kein Bedarf. Zurück in die Zukunft: Die Nuggets haben ihr sich über Jahre andeutendes enormes Potenzial 2020 realisiert. Sie sind ein Titelkandidat, der in dieser Offseason ans Feintuning gehen wird. Paul Millsap und Mason Plumlee sind wichtige Free Agents, die in einem kalten Markt wahrscheinlich sogar zu deutlich reduzierten Bezügen gehalten werden könnten. Torrey Craig wird Restricted Free Agent, dürfte aber keine extrem lukrativen Angebote erhalten. Jerami Grant hat eine Spieleroption über 9,3 Millionen Dollar. Er könnte aussteigen. Denvers Kader dürfte also 2020/21 viel mit der Vorversion gemein haben. Connelly wird aber mit Sicherheit Szenarien durchspielen, um die Defensive zu stärken und eventuell sogar nach einem dritten Star zu greifen. Doch vielleicht haben die Nuggets diesen ja mit Michael Porter Jr. schon im Kader? Porter und Bol Bol (der als Rookie gute Ansätze zeigte) für einen etablierten All Star zu traden, der ein Dreier-und-Defense-Profil mitbringt, wäre die optimale Lösung.
Gerüchte: Giannis Antetokounmpo 2021
Gerüchte: Bradley Beal, Jrue Holiday
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Cover DETROIT
Der
PISTONS
Bilanz 2019/20: 20-46 / Lottery 21. ORtg, 22. DRtg Big Three: D. Rose, L. Kennard, B. Griffin Draftpicks: 7. Capspace: 30 bis 43 Mio. $ Ziel: den Neuaufbau starten
Die Detroit Pistons stehen wieder am Anfang. Sicher, Blake Griffin bekommt bis 2022 (das letzte Jahr ist eine Spieleroption) 76 Millionen Dollar überwiesen, aber ansonsten beginnen die Kolben quasi bei null. Vor allem, wenn Tony Snell auf sein letztes Vertragsjahr verzichtet (12,2 Millionen Dollar). Mit den bis zu 43 Millionen Dollar an Capspace dürfte
Fotos: Andrew D. Bernstein/Scott Cunningham/NBAE via Getty Images
GOLDEN STATE
WARRIORS
Bilanz 2019/20: 15-50 / Lottery 30. ORtg, 26. DRtg Big Three: S. Curry, K. Thompson, D. Green Draftpicks: 2., 48. & 51. Capspace: null Ziel: der Titel
Die Dynastie endete recht abrupt in San Francisco. Oder wurde sie nur für eine gewisse Zeit unterbrochen? Genau dafür will Manager Bob Myers bei den Golden State Warriors sorgen. Nach einem Seuchenjahr ohne Klay Thompson (Kreuzbandriss) und weitgehend Steph Curry (Handbruch) wurde die Franchise mit dem zweiten Pick der Draft 2020 „belohnt“. Genau dieses Wahlrecht soll jetzt der Startschuss für die Rückkehr in die Riege der Titelfavoriten sein.Tradet
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NBA-Offseason-Report
2020
der neue General Manager Troy Weaver aber eher konservativ umgehen. Anstatt irgendwo Veteranen anzuheuern, wird erwartet, dass der zuletzt bei den Oklahoma City Thunder unter Sam Presti arbeitende Weaver langfristig denkt. Wahrscheinlich wird er sich das Aufnehmen anderswo ungewollter Verträge mit Erstrundenpicks bezahlen lassen. Wenn er Free Agents holt, dann eher nur mit Einjahresverträgen, um sich künftig finanzielle Flexibilität zu bewahren. Das würde Weaver Zeit geben, um zu entscheiden, was künftig mit Griffin passieren soll. Detroit dürfte hoffen, dass sich der All Star nach seiner überstandenen Knieverletzung 2020/21 in Galaform präsentiert. Ähnliches gilt für den noch ein Jahr unter Vertrag stehenden
Derrick Rose. Beide könnten anderswo Begehrlichkeiten wecken, und Weaver wäre Trades sicher nicht abgeneigt, da beide nicht in die Version eines Neuaufbaus passen. Anders verhält es sich jedoch bei Christian Wood. Der Power Forward machte 2019/20 enorme Fortschritte und wird komplett vertragsfrei. Zusammen mit Luke Kennard und Seou Doumbouya kann er zum jungen Kern des Teams werden. Die Pistons werden ihn auf jeden Fall halten wollen. Es stellt sich jedoch die Frage, ob er woanders als StretchBig-Man nicht auch hoch im Kurs steht und wie attraktiv ihm ein Rolle bei einem Playoffteam erscheint.
Myers den Pick? Wenn ja, mit wem? Denn das Wahlrecht allein würde keinen Star in die Bay Area bringen. Wäre also der in der Vorsaison geholte Andrew Wiggins im Paket zu haben? Die Spekulationen schossen nach der Lottery ins Kraut. Der Name, der indes am meisten gehandelt wurde, war keiner der „sexy“ Kandidaten à la Bradley Beal oder (schluck) Giannis Antetokounmpo. Nein, John Collins von den Atlanta Hawks soll ins Visier der „Dubs“ geraten sein. Ein athletischer Big Man mit Dreier? Das würde ganz gut passen. Collins würde aber wahrscheinlich gern schon in dieser Offseason seinen Vertrag in Atlanta verlängern. Ein Trade für einen All Star dürfte jedoch nur zu realisieren sein, wenn Wiggins mit seinem noch bis 2023 laufenden Vertrag über 95 Millionen Dollar Teil des Deals ist. Dafür müsste Myers sicherlich nicht nur den zweiten Pick dieser
Draft dazugeben, sondern mindestens auch noch das von Minnesota erstandene Erstrundenwahlrecht 2021. Myers verfügt außerdem über eine sogenannte „Trade Exception“ in Höhe von 17,2 Millionen Dollar. Einfach gesagt: Diese Exception ist ein Gutschein, für den er einen Spieler per Trade holen kann, der maximal 17,2 Millionen Dollar Jahresgehalt einstreicht. Will also irgendwo ein Team einen für die Warriors brauchbaren Spieler loswerden? Eventuell, wenn der zweite Pick dieser Draft mit dabei ist … den könnte der Teamarchitekt an die Exception heften, einen anderen Spieler jedoch nicht. Die Warriors haben also die Möglichkeit, via Trade, Draft und Exception nachzuladen. Eine Superstar-Lösung scheint aber unrealistisch.
Gerüchte: Griffin und Rose sind zu haben
Gerüchte: John Collins, Aaron Gordon. Traden sie den zweiten Pick und Wiggins?
HOUSTON
ROCKETS
Bilanz 2019/20: 44-28 / Zweite Runde 6. ORtg, 14. DRtg Big Three: J. Harden, R. Westbrook, R. Covington Draftpicks: keine Capspace: null Ziel: der Titel
Der große Knall blieb direkt nach dem letztlich dann doch klaren Ausscheiden gegen die L.A. Lakers in Houston aus. Coach Mike D’Antoni verabschiedete sich zwar nach vier Jahren, einer Teilnahme an den Conference-Finals und einem schlussendlich gescheiterten Microball-Versuch, Manager Daryl Morey indes blieb. Rockets-Besitzer Tilman Fertitta beauftragte ihn mit der Suche nach einem neuen Übungsleiter und Verstärkungen für den Kader. Nur … woher sollen die kommen? Morey ist einer der innovativsten Macher der Liga, nicht weniger als 73 Trades fädelte er seit 2007 ein. Unter seiner Führung verzeichnete die Franchise keine Saison mit weniger Siegen als Niederlagen. Er hat allerdings 2020 schlicht kaum Optionen. Draftpicks? Keine am Start. Platz unter dem Salary Cap? Null. Die Rockets können quasi nur einen Erstrundenpick (2021 oder 2022) traden. Damit ist kaum ein Start zu machen. Nein, Morey bleiben nicht viele Optionen. Er wird hoffen, dass er – zusammen mit seinem neuen Coach – wie schon bei Austin Rivers, Ben McLemore oder Danuel House Rollenspieler billig verpflichten und dann selbst entwickeln kann. Allerdings erscheint der aktuelle Kader mit seinem Verzicht auf Big Men in einer Sackgasse und die Paarung Westbrook-Harden in den Playoffs nicht optimal … Sollte also das Starduo James Harden und Russell Westbrook aufgebrochen werden? Harden ist unantastbar, Westbrook fand nach längerer Verletzungspause in den Playoffs überhaupt nicht zu seinem Spiel und verdient bis 2023 (das letzte Jahr ist eine Spieleroption) bis zu 131,5 Millionen Dollar. Am 12. November wird er 32 Jahre alt. Wer will ihn zu diesen Bezügen haben? Die New York Knicks könnten ein Paket aus fähigen Veteranen und Youngstern schnüren. Wollen sie das? Würde Morey das wollen? Oder glaubt er an die Paarung Harden-Westbrook?
INDIANA
PACERS
Bilanz 2019/20: 45-28 / Erste Runde 19. ORtg, 6. DRtg Big Three: V. Oladipo, T.J. Warren, D. Sabonis Draftpicks: 54. Capspace: null Ziel: Conference-Finals
Manager Kevin Pritchard muss sich nach der Verpflichtung eines neuen Coaches zuvorderst um die möglichen Verlängerungen für Victor Oladipo und T.J. Warren kümmern. Es gibt jedoch ein Problem: Beiden winken als Free Agents (Oladipo 2021, Warren 2022) lukrativere Verträge – natürlich nur, wenn sie maximal abliefern. Wetten sie also auf sich selbst?
LOS ANGELES
CLIPPERS
Bilanz 2019/20: 49-23 / Zweite Runde 2. ORtg, 5. DRtg Big Three: K. Leonard, P. George, M. Harrell Draftpicks: 57. Capspace: null Ziel: der Titel
Die Clippers sind die größte Enttäuschung der Saison 2019/20. Das Management um Lawrence Frank ging mit den Verpflichtungen von Kawhi Leonard und Paul George all-in, schickte fünf Erstrundenpicks für „PG13“ nach Oklahoma City. Das Team bekam jede verfügbare Verstärkung während der Saison und steht jetzt doch vor einer recht ungewissen Zukunft. Denn bereits 2021 können Leonard und George Free Agents werden. Marcus Morris, Reggie Jackson, aber vor allem Montrezl Harrell gehen schon jetzt in die
Oder wählen sie – wenn es das Angebot gibt – die finanzielle Sicherheit? Oladipo kommt nach einer schweren Verletzung gerade erst wieder in Fahrt. Warren spielte in der Bubble so gut wie noch nie in seiner Karriere, lieferte gegen die Heat in den Playoffs dann jedoch nicht ab. Sollte sich Oladipo mit den Pacers nicht einigen können – und sollte die Franchise den Eindruck gewinnen, dass ihr All Star als Free Agent geht –, dann wäre ein Trade wohl sehr wahrscheinlich. Über einen Transfer von Myles Turner wird schon seit Monaten spekuliert, da sein Zusammenspiel mit Domantas Sabonis nicht optimal lief. Echte Gerüchte gab es aber bisher keine. Gerüchte: Oladipo zu den Nets?
Vertragsfreiheit, JaMychal Green kann aus seinem Vertrag aussteigen. Die Clippers müssen das Trio bzw. Quartett halten, was im Umkehrschluss bedeutet, dass der Klub die Luxussteuer zahlen wird – was Besitzer Steve Ballmer jedoch wenig jucken dürfte, denn sein Vermögen wird auf ca. 76 Milliarden Dollar geschätzt. Allerdings dürfte der Markt für die vier kein allzu umkämpfter sein. Selbst „Sixth Man of the Year“ Harrell ist als defensiv wenig fähiger Center nicht extrem begehrt. Also „More of the same“ in ClipperLand? Das Team wird versuchen nachzuladen, vielleicht mit einem Trade von Lou Williams, dessen Vertrag 2021 ausläuft. Ansonsten bleiben nur wieder Veteranen, die mit gering dotierten Jahresverträgen kommen. Fragt sich: Wollen diese Veteranen für ein Team spielen, das in Sachen Zusammenhalt solche Defizite zeigte? Gerüchte: keine
Gerüchte: Westbrook traden?
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Cover
LOS ANGELES
Der
LAKERS
Fotos: Nathaniel S. Butler/Garrett Ellwood/NBAE via Getty Images
Bilanz 2019/20: 52-19 / Conference-Finals 11. ORtg, 3. DRtg Big Three: L. James, A. Davis, K. Kuzma Draftpicks: 28. Capspace: null Ziel: der Titel
NBA-Offseason-Report
MEMPHIS
GRIZZLIES
Bilanz 2019/20: 34-39 / Play-In Game 20. ORtg, 15. DRtg Big Three: J. Morant, D. Brooks, J. Jackson Jr. Draftpicks: 40. Capspace: null Ziel: Youngsters entwickeln
Die Free Agency von Anthony Davis dürfte bei den Lakers niemandem auch nur eine Schweißperle auf die Stirn treiben. Der Big Man wird aus seinem Deal aussteigen und dann einen Maximalvertrag bei „Purple and Gold“ unterschreiben – das ist so sicher wie die Captain-Obvious-Tweets von Magic Johnson. Dann aber wird die Offseason der Lakers interessant … denn neben Danny Green, Kyle Kuzma und Alex Caruso (alle bis 2021 unter Vertrag) werden alle Ergänzungsspieler in der Rotation Free Agents (bzw. können sie das via Spieleroption werden). Einzig Kentavious Caldwell-Pope verdient (8,5 Millionen Dollar) unter den Akteuren aus der zweiten Reihe weit über fünf Millionen Dollar. Was fordern sie? Wie viel würden sie woanders verdienen? Manager Rob Pelinka wird auf jeden Fall den Markt nach Veteranen absuchen, die zum Ende der Karriere noch mal im Glanz der Lakers und mit vielen freien Würfen (danke, LeBron!) auf Titeljagd gehen wollen. Eine spektakulärere Neuverpflichtung könnte wohl nur per Trade von Kyle Kuzma plus Caldwell-Pope oder Green realisiert werden.
Der drittjüngste Kader in der NBA absolvierte eine grandiose Saison, in der die Erwartungen bei Weitem übertroffen wurden. Das Sahnehäubchen – eine Erstrundenserie gegen die Lakers – gab es zwar nach der Niederlage im Play-In Game gegen Portland nicht, aber das war einigermaßen zu verschmerzen. 2020/21 stehen zwölf Akteure des Vorjahres weiter im Kader – elf von ihnen sind jünger als 30 Jahre, Ja Morant und Jaren Jackson Jr. werden zum Saisonstart 21 Jahre alt sein. Justise Winslow, Neuverpflichtung aus dem Februar, wird 2020/21 seine ersten Partien für die Grizzlies absolvieren. Ansonsten dürfte nicht viel passieren in Tennessee. Capspace gibt es keinen. De’Anthony Melton und Josh Jackson werden Free Agents. Tradekandidaten gibt es abgesehen von Gorgui Dieng (wer will ihn?) keine. Die Grizzlies werden weiter von Coach Taylor Jenkins lernen und zusammenwachsen. Das mag auf den ersten Blick ziemlich langweilig sein, ist aber höchst erfreulich.
Gerüchte: keine
Gerüchte: keine
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2020
MIAMI
HEAT
Bilanz 2019/20: 44-29 / Conference-Finals 7. ORtg, 11. DRtg Big Three: J. Butler, D. Robinson, B. Adebayo Draftpicks: 20. Capspace: bis zu 42,4 Mio. $
Der Run der Miami Heat 2019/20 war grandios. Im Sommer stehen trotzdem einige harte Entscheidungen an. Goran Dragic, Solomon Hill, Meyers Leonard, Jae Crowder und Derrick Jones Jr. werden Free Agents, Kelly Olynyk kann aus seinem Vertrag aussteigen. Bringt Manager Pat Riley die Helden des Playoff-Runs 2020 zurück? Oder spekuliert er auf eine große Lösung? Und falls Letzteres passiert: Wann soll es diese Lösung sein? 2020 oder 2021? Dass die Heat eines der Teams sind, die schon länger für den Tag planen, an dem eventuell Giannis Antetokounmpo Milwaukee verlassen will, ist kein Geheimnis. Allerdings kann eine Vertragsverlängerung des Griechen bei den Bucks solche Planspiele zunichtemachen. Gleiches gilt übrigens für einen anderen Spieler, dessen Name schon mit Miami in Verbindung gebracht wurde: Victor Oladipo. Riley dürfte also zweigleisig planen. Gut möglich, dass er die Helden zurückbringt. Für ein Jahr. Dann könnte er 2021, wenn der Free-Agent-Jahrgang um einiges interessanter ist, wieder auf die Jagd gehen, um den Geist von 2010 (mal abgesehen von der peinlichen „Not two, not three, not four“-Nummer) erneut aufleben zu lassen. Gerüchte: Giannis Antetokounmpo, Victor Oladipo
MINNESOTA
TIMBERWOLVES Bilanz 2019/20: 19-45 / Lottery 24. ORtg, 21. DRtg Big Three: D. Russell, M. Beasley, K. Towns Draftpicks: 1., 17. & 33. Capspace: null Ziel: die Playoffs
MILWAUKEE
BUCKS
Bilanz 2019/20: 56-17 / Zweite Runde 8. ORtg, 1. DRtg Big Three: E. Bledsoe, K. Middleton, G. Antetokounmpo Draftpicks: 24. Capspace: null
Will Giannis Antetokounmpo? Diese Frage bestimmt die Offseason der Bucks 2020. Was er wollen soll? Na, die „Supermax“Vertragsverlängerung. Milwaukee kann ihm mit Beginn der Free Agency einen neuen Fünfjahresvertrag (Start 2021/22 und bei einem Salary Cap von ca. 109 Millionen Dollar) über 221,5 Millionen Dollar bieten. Ein Wert, der allerdings abhängig vom Salary Cap der Liga ist. Doch auch wenn es ein paar Millionen weniger sein könnten, im Vergleich zu diesem Deal stinken die maximal möglichen Offerten der Konkurrenz bitter ab. Denn alle anderen 29 Teams könnten ihm nur ein Arbeitspapier über vier Jahre und insgesamt 141 Millionen Dollar bieten. Antetokounmpo könnte allerdings auch anderswo für weniger Jahre unterschreiben und dann (wenn das Post-Corona-SalaryCap wieder steigt) mit einem neuen Anschlussdeal eventuell verlorene Dollars wieder reinholen … Neben der Frage, ob der MVP sich langfristig bindet (zu Redaktionsschluss sah es ganz danach aus), steht die Zukunft von Mike Budenholzer in den Sternen. Dass „Coach Bud“ ein exzellenter Trainer für die reguläre Saison ist, steht außer Frage –
immerhin gewannen die Bucks mit dem von ihm erdachten Konzept wie schon 2018/19 in dieser Saison die meisten Spiele der Liga. Doch das erneut ernüchternde Ende in den Playoffs, eine klar hervortretende fehlende taktische Flexibilität, eine Diskussion über die Minuten seiner Stars (zu wenig) … all das kratzte dann halt doch an seinem Standing in Milwaukee. Auf jeden Fall muss Manager John Horst seinen besten Spieler in alle größeren Entscheidungen miteinbeziehen. Viele Möglichkeiten wird Horst jedoch nicht haben. Chris Paul wird immer wieder mit den Bucks in Verbindung gebracht. Kann so ein Trade gelingen? Ja, wenn sich OKC zum Beispiel für Eric Bledsoe, Ersan Ilyasova, D.J. Wilson, Donte DiVincenzo und den 20. Pick dieser Draft erwärmen könnte. Horst wird auf jeden Fall einige Telefonate dieser Art führen, denn dass Milwaukee mehr Playmaking braucht, mehr Scoring von der Eins, das wurde in den Playoffs erneut klar ersichtlich. Neben einem Trade für einen Star braucht es aber auf jeden Fall auch wieder Veteranen, die für ein Jahr und kleines Geld anheuern. Doch um die reißen sich in dieser Offseason wieder gleich mehrere Teams. Milwaukee hat also einige Hausaufgaben zu machen, um Giannis Antetokounmpo davon zu überzeugen, sich langfristig an die Bucks zu binden. Tut er das nicht, muss die Franchise die Situation genau beobachten und im Zweifel vor der TradeDeadline 2021 einen Deal finden, damit sie ihren Star nicht ohne Gegenwert verliert.
Die Timberwolves haben ihren großen Deal schon gemacht. Anfang Februar kam D’Angelo Russell via Trade von den Golden State Warriors. Bereits am Flughafen wurde der Guard damals von seinem Kumpel Karl-Anthony Towns in Minnesota empfangen. Etwaige Abwanderungsgedanken des All Stars waren damit (vorerst?) ad acta gelegt. Jetzt obliegt es Manager Gersson Rosas, den beiden jungen Hochkarätern ein passendes Korsett an Rollenspielern zusammenzustellen. Und zwei dieser Akteure kamen ebenfalls per Trade: Malik Beasley (20,7 PPG und 42,6 3P% als Wolf) und Juancho Hernangomez (12,9 PPG, 42,0 3P%). Die beiden Ex-Nuggets überzeugten in größerer Rolle und hoffen nun als Restricted Free Agents auf neue Verträge. Die dürften sie bekommen, aber wohl nicht exorbitant hohe – dafür fehlt es in dieser Offseason an der Konkurrenz. Rosas wird aber vor allem seine Strategie rund um die Draft genau planen. Der erste Pick ist natürlich Gold wert, doch in einem Jahrgang ohne klare Nummer eins und ohne künftige MVPKandidaten … würde es da nicht unter Umständen Sinn ergeben, nach unten zu traden? Warum nicht das erste Wahlrecht für ein späteres und eine Dreingabe von einem weiteren künftigen Pick oder Spieler abgeben? Immer vorausgesetzt, die Coaches und Scouts verlieben sich nicht doch noch unsterblich in eines der Talente … Auch mit den anderen beiden Picks lässt sich vortrefflich handeln. Denn die Wolves brauchen eigentlich nicht noch mehr junge Spieler, und es gibt einige Teams, die dieses Jahr keinen eigenen Erstrundenpick haben. Rosas wird also viel telefonieren und hoffen, dass sein Starduo von Saisonbeginn an funktioniert und die anderen Talente im Team Fortschritte machen.
Gerüchte: Chris Paul
Gerüchte: keine
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Cover
Der
NBA-Offseason-Report
2020
OKLAHOMA CITY
NEW YORK
NEW ORLEANS
PELICANS
Fotos: Jesse D. Garrabrant/Andrew D. Bernstein/NBAE via Getty Images
Bilanz 2019/20: 30-42 / Lottery 17. ORtg, 19. DRtg Big Three: J. Holiday, B. Ingram, Z. Williamson Draftpicks: 13., 39., 42. & 60. Capspace: null Ziel: die Playoffs
Am Ende war die Saison 2019/20 eine Enttäuschung. Die Pelicans verpassten in der Bubble von Orlando die Playoffs, was Coach Alvin Gentry den Job kostete. Natürlich war das Erreichen der Postseason kein absolutes Muss – vor allem nicht, weil Superrookie Zion Williamson verletzungsbedingt nur 24 Partien absolvierte –, doch der Hochgeschwindigkeitsbasketball von Gentry war einfach nicht erfolgreich genug. Neben der Suche nach einem neuen Trainer (und damit einer neuen taktischen Ausrichtung) steht auf der To-do-Liste von Manager David Griffin die Personalie Brandon Ingram ganz oben. Der Most Improved Player und erstmalige All Star wird Restricted Free Agent. Seine Leistungen (23,8 PPG, 6,1 RPG, 39,1 3P%) schreien nach einem Maximalvertrag. Allerdings fehlt so ein bisschen der Markt für seine Dienste: Nur die Hawks, Knicks und Heat könnten überhaupt einen solchen Deal anbieten. Dennoch sollte Griffin alles tun, um Ingram glücklich zu machen. Ansonsten steht der Kader für 2020/21 abseits der Free Agency von Big Man Derrick Favors und Guard E’Twaun Moore. Beide sind brauchbare Akteure, aber nicht unentbehrlich. Jrue Holiday hingegen ist einer der am meisten unterbewerteten Guards der NBA und kann seinen Vertrag verlängern. Gleichzeitig findet er sich in allerlei Tradegerüchten wieder. Gut möglich, dass es einen Transfer gibt, sollten sich beide Seiten nicht auf eine „Extension“ einigen oder eine andere Franchise ein Angebot machen, das New Orleans nicht ablehnen kann. Übrigens: Griffin könnte auch Offerten für J.J. Redick (Free Agent 2021) bekommen und schwach werden, wenn er ab jetzt vor allem auf seine Youngsters setzen will. Gerüchte: Jrue Holiday
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KNICKS
Bilanz 2019/20: 21-45 / Lottery 28. ORtg, 23. DRtg Big Three: R.J. Barrett, J. Randle, M. Robinson Draftpicks: 8., 27. & 38. Capspace: bis zu 50 Mio. $ Ziel: irgendein nachhaltiger Neuaufbau
THUNDER
Bilanz 2019/20: 44-28 / Erste Runde 16. ORtg, 7. DRtg Big Three: C. Paul, S. Gilgeous-Alexander, D. Schröder Draftpicks: 25. & 53. Capspace: null Ziel: der Neuaufbau
Können die Knicks Neuaufbau? Seit dem Sommer 2013 lautet die Antwort auf diese Frage: nein, gar nicht. Das soll sich jetzt unter der Führung des neuen starken Basketballpersonalchefs Leon Rose ändern. Der ehemalige Spieleragent verpflichtete Tom Thibodeau als Coach und findet vor allem junge Talente im Kader. Also wäre es nachvollziehbar, wenn die ‘Bockers geduldig weiter über die Draft aufbauen, anderswo nicht mehr gewollte Verträge aufnehmen und sich das mit Erstrundenpicks und/oder jungen Talenten bezahlen lassen. Allerdings versteckt sich im vorangegangenen Satz schon der Grund, warum genau das nicht passieren könnte. Um Verträge aufzunehmen und dem Handelspartner finanzielle Entlastung zu bescheren, muss man selbst weit genug unter dem Salary Cap liegen. Weit genug, damit der Partner keine ungefähr gleich hohen Verträge zurücknehmen muss, damit alles regelkonform ist. Capspace? Den hätte New York, wenn Bobby Portis, Taj Gibson, Wayne Ellington, Elfrid Payton und Reggie Bullock entlassen werden – ihre Verträge sind nicht garantiert (bzw. haben die Knicks bei Portis eine Option auf die Saison 2020/21). Mit den dann freien 50 Millionen Dollar könnten natürlich auch Free Agents verpflichtet werden! Eventuell sogar ein maximal hoch bezahlter oder mehrere mittelhoch bezahlte … Knicks-Fans dürfte beim Lesen dieser letzten Zeilen die Magensäure in den Mund gestiegen sein. Es gibt Gerüchte, die alles andere als das Bild eines geduldigen Rebuilds zeichnen. Da fallen die Namen von Fred VanVleet, Donovan Mitchell, Chris Paul und (schluck) Russell Westbrook. Wollen Thibodeau und Rose den schnellen Erfolg? Oder nutzen sie 2020/21, um die Youngsters ranzulassen, clever zu draften und dann eventuell in der Offseason 2021 Veteranen zu holen? Versuchen sie vielleicht sogar, in der Draft nach oben zu traden? Es wird spannend … hoffentlich wiederholen die Entscheider nicht die Fehler der Vergangenheit.
Schon 2019/20 wurde über einen Neuaufbau der Thunder spekuliert. Chris Paul? Zu alt und zu teuer. Dennis Schröder? Noch ein Point Guard? Danilo Gallinari? Werdender Free Agent, am besten für ihn holen, was geht. Steven Adams? Zu oldschool und zu teuer. Dann passierte aber etwas Komisches auf dem Weg in den Rebuild: OKC gewann unter der Führung von Paul und warf fast die Houston Rockets aus den Playoffs. Jetzt ist Gallinari Free Agent, Chris Paul ein Jahr älter, und die Frage lautet erneut: Was macht Manager Sam Presti? Oklahoma City war noch nie ein Magnet für Free Agents. Das FinalsTeam um Kevin Durant, Russell Westbrook und James Harden baute Presti über die Draft zusammen. Dank der Trades von Paul George und Westbrook verfügen die Thunder über neun Extra-Erstrundenpicks – der Tisch für den Neuaufbau ist also gedeckt. Und er wird wieder über die Draft bzw. Trades passieren. Doch wann genau kommt er? Variante eins: Der Macher lässt Gallinari ziehen und findet einen TradePartner für Paul (die Bucks?). Der „CP3“Deal sollte im Idealfall nur kurzfristige Verträge, Draftpicks und interessante junge Spieler bringen. Schröder wäre dann Starter oder der Nächste, der zu haben ist. Selbiges dürfte für Adams gelten – beide werden 2021 Free Agents (sofern sie keine Verlängerungen unterschreiben), und warum nicht rausholen, was zu holen ist? Für diese Variante spricht unter anderem die Tatsache, dass Coach Billy Donovan und die Thunder sich einvernehmlich trennten, weil sie keine gemeinsame Perspektive erarbeiten konnten. Variante zwei: Presti findet keinen Trade für Paul, einigt sich aber mit Gallinari auf einen Einjahresvertrag, und die Thunder machen erst mal genau so weiter. Für diesen Weg würde sprechen, dass 2020/21 – sollten Fans irgendwann wieder zugelassen werden – die Chesapeake Energy Arena voll sein dürfte, denn diese Thunder wären ein klarer Playoff-Kandidat. 2021 könnte Presti dann mit massig Platz unter dem Salary Cap erneut überlegen, wo die Zukunft der Franchise liegen soll. In den Händen des vermeintlichen FranchisePlayers Shai Gilgeous-Alexander? Presti hat einige Optionen, doch am Ende muss er auch Talente in die Stadt holen, eine Garantie dafür sind die vielen Picks nicht.
Gerüchte: Fred VanVleet, Donovan Mitchell, Chris Paul, Russell Westbrook
Gerüchte: Chris Paul zu den Bucks oder den Knicks?
ORLANDO
MAGIC
Bilanz 2019/20: 33-40 / Erste Runde 23. ORtg, 10. DRtg Big Three: M. Fultz, A. Gordon, N. Vucevic Draftpicks: 15. & 45. Capspace: null Ziel: die zweite Runde
Die Orlando Magic sind Mittelmaß. Seit Coach Steve Clifford an Bord ist, erreichten die Magischen zweimal die Playoffs und schieden direkt in Runde eins aus. Kein Wunder. Nikola Vucevic ist zwar All Star, aber kein Superstar. Evan Fournier und Terrence Ross sind brauchbare Scorer, aber keine Go-to-Guys. Aaron Gordon (4. Pick, 2014), Markelle Fultz (1., 2017), Mo Bamba (6., 2018) und Jonathan Isaac (6., 2017) sind Lottery-Picks … aber keiner von ihnen sieht aus wie ein Superstar. Obwohl: Isaac machte durchaus (vor allem defensiv) Anstalten, 2019/20 so
PHILADELPHIA
76ERS
Bilanz 2019/20: 43-30 / Erste Runde 13. ORtg, 8. DRtg Big Three: B. Simmons, T. Harris, J. Embiid Draftpicks: 21., 34., 36., 49. & 59. Capspace: null Ziel: der Titel
Fangen wir mit den schlechten Nachrichten an: Die Sixers sind (hinter den Warriors) 2020/21 das teuerste Team der Liga. Sie haben keinen Coach. Ihre beiden Stars Ben Simmons und Joel Embiid scheinen nicht wirklich basketballerisch zusammenzupassen. Al Horford und Tobias Harris bekommen in den nächsten drei Jahren zusammen 61,8, 63,0 und 64,1 Millionen Dollar. Erst 2022/23 liegen die Sixers (nach heutigem Stand) unter dem Salary Cap. General Manager Elton Brand dürfte als Erstes die Trainerfrage klären. Interessenten gab es genug: Mike D’Antoni, Tyronn Lue, Becky Hammon, Jason Kidd und so ziemlich jeder andere potenzielle Headcoach wurde mit den 76ers in Verbindung gebracht. Der Nachfolger von
richtig durchzustarten, bis er sich verletzte, zurückkam und noch mal verletzte. Gordon, Bamba und Fultz? Sie haben Potenzial … aber jeder für sich offenbart zum Teil krasse Löcher in seinem Spiel. Was also tun? Auf das interne Wachstum der eigenen Talente hoffen? Nach einer großen Lösung (lies: einem Trade für einen Überstar) fahnden? Wahrscheinlich bleibt nur Ersteres. Evan Fournier wird wohl seine Spieleroption auf die kommende Saison ziehen … und selbst wenn er Free Agent wird, läge das Team über dem Salary Cap. Chefstratege Jeff Weltman wird geduldig sein müssen. Aber vielleicht ist ja an den Gerüchten über das Interesse der Golden State Warriors an Aaron Gordon etwas dran. Der zweite Pick der Draft könnte Orlando einen Schub geben, auch wenn selbst nach einem solchen Trade erst mal Geduld gefragt sein wird.
PHOENIX
SUNS
Bilanz 2019/20: 34-39 / Lottery 12. ORtg, 17. DRtg Big Three: D. Booker, K. Oubre, D. Ayton Draftpicks: 10. Capspace: unter Umständen Ziel: die Playoffs
Brett Brown dürfte aber kaum antreten, ohne die Richtung der Franchise zu kennen. Soll heißen: Keiner nimmt diesen Job an, ohne zu wissen, ob entweder Ben Simmons oder Joel Embiid getradet werden soll. Allein deshalb erscheint es unwahrscheinlich, dass einer der beiden All Stars weggeschickt wird. Nach Jahren des unter Brown eher uninspirierten Offensivbasketballs dürfte die Hoffnung, dass ein neuer Mann an der Pfeife auch im Angriff für neuen Schwung sorgt, nicht unberechtigt sein. Natürlich dürfte Brand zuhören, wenn es entsprechende Offerten gibt. Lieber würde er aber Horford oder Harris abstoßen, die beide einfach zu viel Geld für ihre Leistungen verdienen. Doch wer weiß, vielleicht schafft auch hier ein neuer Coach bald Abhilfe. Spannend sind jedoch Planspiele auf ESPN.com, die die 76ers mit den Kings in Verbindung bringen. Könnte ein Trade von Horford und Harris für Buddy Hield und Harrison Barnes beiden Franchises helfen? Interessant wird auch sein, was die Sixers mit ihren fünf Draftpicks 2020 anstellen.
Die großen Gewinner der Seeding Games von Orlando? Das waren die in der Bubble ungeschlagenen Suns. Phoenix verpasste zwar die Playoffs, gewann aber ligaweit gehörig an Respekt, und die Franchise konnte mit breiter Brust in die Offseason gehen: Der eigene Weg ist – nach Jahren des Umherirrens ohne klare Richtung – der richtige. Mit Devin Booker steht ein werdender Superstar im Kader, der Supporting Cast ist jung und fähig. In diesem Transferfenster gilt es diesen Trend jetzt zu untermauern. Capspace gibt es theoretisch, dies setzt aber voraus, dass man sich von Spielern trennt. Laut dem Salary-CapExperten Bobby Marks von ESPN.com könnten die Suns (je nach Höhe des Caps) um die 20 Millionen Dollar zur Verfügung haben. Dafür müssten sie aber auf die Dienste von Dario Saric, Aron Baynes und Frank Kaminski verzichten – alle drei lieferten 2019/20 ordentliche bis sehr gute Leistungen. Entscheidet sich General Manager James Jones für seine bisherigen Spieler, wird er darauf hoffen, sich mit ihnen auf Verträge zu einigen, die im zweiten Jahr nicht garantiert sind oder eine Teamoption beinhalten – auch die Suns hätten gern im Sommer 2021 maximale Flexibilität. Auch etwaige Ersatzspieler würde der Ex-Profi sicher gern nur kurzfristig binden. Ansonsten muss Jones entscheiden, was mit Kelly Oubre Jr. passieren soll. Dessen Vertrag läuft in der kommenden Offseason aus. Oubre legte 2019/20 starke 18,7 Punkte auf. Hinter ihm werden aber mit Mikal Bridges und Cam Johnson zwei Spieler auf derselben Position immer besser. Diese Personalie gilt es zu beobachten. Alles in allem dürfte Jones aber nicht zu viel ändern wollen. Diese Suns haben in Orlando gezeigt, dass sie zu einem Team zusammenwachsen, für das die Postseason keine Utopie ist. Allerdings machte im Dunstkreis der Suns ein Name dann doch die Runde: Fred VanVleet. Um ihn nach Arizona zu lotsen, müsste jedoch Ricky Rubio zu einem Team mit Capspace getradet werden, sodass der nötige Platz für VanVleet frei wird.
Gerüchte: Buddy Hield, Harrison Barnes
Gerüchte: Fred VanVleet
Gerüchte: Aaron Gordon zu Golden State
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Cover PORTLAND
Der
NBA-Offseason-Report
TRAIL BLAZERS
2020
Fotos: Michael LeBrecht III./Joe Murphy/NBAE via Getty Images
Bilanz 2019/20: 35-39 / Erste Runde 3. ORtg, 28. DRtg Big Three: D. Lillard, C.J. McCollum, J. Nurkic Draftpicks: 16. & 46. Capspace: bis zu 16 Mio. $ Ziel: der Titel
Die Blazers waren der nominelle Gewinner der Seeding Games, als sie sich über das Play-In-Game in ihre Erstrundenserie gegen die Lakers spielten. Spätestens dort wurden die eklatanten Probleme dieses Kaders jedoch abermals deutlich. Vor allem auf den Flügelpositionen klafft defensiv ein riesiges Loch. Platz unter dem Salary Cap findet Personalchef Neil Olshey allerdings kaum in dieser Offseason. 16 Millionen könnten es sein, dafür müssten aber Rodney Hood und Mario Hezonja ihre Spieleroptionen ziehen und aus ihren Verträgen aussteigen. Also dürfte eine Frage auf Wiedervorlage kommen, die seit Jahren bei den Blazers immer mal wieder diskutiert wird: Was bekommen wir für C.J. McCollum? Natürlich: Sein Zusammenspiel mit Damian Lillard ist grandios. Gemeinsam gehören beide zu den absolut besten Backcourts der Welt. Doch „Dame“ ist unantastbar (Jusuf Nurkic aufgrund seiner Defensive auch) und McCollum der Einzige im Kader, der realistisch gesehen einen gewissen Gegenwert bringen könnte. Allerdings ist sein Zusammenspiel mit Lillard so ausgereift, dass ein Trade unrealistisch erscheint. Die beiden Guards machen sich gegenseitig besser und vertrauen sich. Olshey wird also wohl auf die interne Verbesserung seiner Youngsters setzen. Zach Collins, Gary Trent Jr., Anfernee Simons und Nassir Little sind alle unter 23 Jahre alt. Sie dürften einen Schritt nach vorne machen. Punktuelle Verbesserungen auf dem Flügel könnte da schon eher der 2021 auslaufende Vertrag von Trevor Ariza bringen. Würde ein Team, das Geld sparen will, einen jüngeren Flügelverteidiger für Ariza plus Portlands Erstrundenpick in dieser Saison oder in Zukunft traden? Und dann ist da auch noch der schon angesprochene Rodney Hood. Nach seinem Achillessehnenriss dürfte er kaum lukrativere Angebote bekommen als seine Spieleroption auf 2020/21. Kommt er bei halbwegs alter Stärke zurück, gibt er Headcoach Terry Stotts eine Scoringoption von der Bank. Bleiben Carmelo Anthony und Hassan Whiteside. Letzterer dürfte sich anderswo einen Job suchen können – Nurkic ist gesetzt, brauchbare Backups auf Center sind für sehr kleines Geld zu haben. Anthony äußerte den Wunsch, in Portland zu bleiben, und könnte ebenfalls als Scorer in der Zweiten Fünf helfen. Gerüchte: keine
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SACRAMENTO
KINGS
SAN ANTONIO
SPURS
Bilanz 2019/20: 31-41 / Lottery 18. ORtg, 20. DRtg Big Three: D. Fox, B. Hield, B. Bogdanovic Draftpicks: 12., 35., 43. & 52. Capspace: bis zu 12 Mio. $ Ziel: die Playoffs
Bilanz 2019/20: 32-39 / Lottery 9. ORtg, 25. DRtg Big Three: D. White, D. DeRozan, L. Aldridge Draftpicks: 11. & 41. Capspace: bis zu 19 Mio. $ Ziel: die Playoffs
Monte McNair heißt der Mann, der die Sacramento Kings in die Zukunft führen soll. Der neue General Manager kam aus Houston und hat direkt einige große Entscheidungen zu fällen. De’Aaron Fox kann eine Vertragsverlängerung unterschreiben und dürfte diese auch bekommen – er ist der Franchise-Player der Kings. Anders sieht es da schon mit Bogdan Bogdanovic aus. Der Serbe verdrängte Buddy Hield während der Saison aus der Ersten Fünf und lieferte sehr solide Statistiken. Der 28-Jährige dürfte ligaweit begehrt sein, ist aber „nur“ ein Restricted Free Agent – die Kings können also mit jedem Angebot gleichziehen und ihn so in Nordkalifornien halten. In einem Jahr, in dem nur Atlanta, Charlotte, Detroit, Miami und New York sicher Capspace haben, bleibt abzuwarten, ob sich ein Markt für ihn entwickelt. Eine andere Möglichkeit wäre ein Sign-and-Trade. Bogdanovic würde in diesem Szenario einen Vertrag bei den Kings unterschreiben und dann sofort zu einem anderen Team getradet. Oder Bogdanovic bleibt, und Buddy Hield ist via Trade zu haben … McNair hat genügend Zeit, um alle möglichen Szenarien ganz in Ruhe durchzuspielen. Ansonsten dürfte das Team die Option auf eine weitere Saison mit Nemanja Bjelica ziehen, Jabari Parker wird wohl nicht aus seinem Vertrag aussteigen und in „Sacto“ bleiben. Kommt es so, muss McNair den Kader noch mit billigen Free Agents abrunden. Spannend ist dabei: Welche Richtung schlägt der neue Mann taktisch ein?
Eines vorweg: Die Spurs werden wohl keinen Capspace haben. Nur wenn DeMar DeRozan auf sein letztes Vertragsjahr verzichtet (unwahrscheinlich) und Free Agent Jakob Pöltl geht, hätten die Texaner einige Dollars über. Manager R.C. Buford und Coach Gregg Popovich stehen vor einer Entscheidung, die sie so noch nie treffen mussten: Wollen sie neu anfangen? Und wenn ja, wann? Erstmals seit 1997 verpassten die Spurs die Playoffs. 2021 werden die Veteranen DeRozan (es sei denn, er geht schon in dieser Offseason), LaMarcus Aldridge, Rudy Gay und Patty Mills Free Agents. Für die Saison 2021/22 steht momentan nur Dejounte Murray mit einem garantierten Vertrag in den Büchern. Sollte die Entscheidung auf diese Offseason fallen, würde das Entscheiderduo seine Veteranen schon jetzt ligaweit offerieren, um sie meistbietend zu traden. Der Fokus läge dann klar auf der Zukunft und den Youngstern im Team. Die vier Altverdienten wären mit Sicherheit sehr begehrt. Sollten die Spurs noch ein Jahr in fast unveränderter Formation zusammenspielen, würde sich Buford darauf konzentrieren, preiswerte Ergänzungsspieler zu verpflichten, und dann vor allem auf die Jugend setzen – wie es die Spurs auch schon in der Bubble von Orlando getan haben. So oder so steht ein Neuaufbau bevor. Ob den dann Gregg Popovich mitverantwortet, darf allerdings bezweifelt werden. Gut möglich, dass diese Saison seine letzte in der NBA als Coach ist.
Gerüchte: keine
Gerüchte: keine
TORONTO
RAPTORS
Bilanz 2019/20: 53-19 / Zweite Runde 14. ORtg, 2. DRtg Big Three: K. Lowry, N. Powell, P. Siakam Draftpicks: 29. & 59. Capspace: bis zu 28 Mio. $ Ziel: die Playoffs
Die Raptors blicken momentan nicht nur auf diese Offseason, sondern auch schon in Richtung 2021. Im Hier und Jetzt muss Manager Masai Ujiri mit
UTAH
JAZZ
Bilanz 2019/20: 44-28 / Erste Runde 10. ORtg, 13. DRtg Big Three: D. Mitchell, B. Bogdanovic, R. Gobert Draftpicks: 23. Capspace: bis zu 30 Mio. $ Ziel: die Conference-Finals
Die Utah Jazz stehen vor einem interessanten Sommer. Nicht, weil sie viel Capspace haben. Mike Conley dürfte nicht aus seinem Vertrag aussteigen, was den potenziellen Platz unter dem
WASHINGTON
der Free Agency von Fred VanVleet umgehen, der gehalten werden soll, aber bei den Teams mit Capspace durchaus begehrt sein dürfte. Außerdem sollte OG Anunoby mit einer Vertragsverlängerung gebunden und Serge Ibaka gern zu geringeren Bezügen (zuletzt 23,3 Mio. $) gehalten werden. Ujiri will aber im kommenden Jahr flexibel sein. Auch er schielt auf die großen Namen der dann anstehenden Free Agency. 2021 will er bei Stars vorstellig werden und die Vorzüge seines Kaders anpreisen. Keine schlechte Taktik,
wenn ein Star sich vorstellen kann, neben VanVleet, Siakam und Anunoby in die Zukunft zu gehen – immerhin sind sie alle bereits Champions. Marc Gasol dürfte dann nicht mehr Teil der Planungen sein. So effektiv er defensiv 2019/20 auch war, an ihm nagt merklich der Zahn der Zeit. Die Raptors wollen also weiter um die Playoffs mitspielen, ihre jungen Leistungsträger entwickeln und dann einen Star von außen holen.
Salary Cap auffrisst. Das ist aber okay, Manager Dennis Lindsey hat mit den eigenen Spielern genug zu tun. Da wäre die Supermax-Verlängerung, die er wohl Donovan Mitchell direkt nach Beginn der Free Agency geben wird … und die, die er Rudy Gobert wohl nicht offeriert. Finanziell würde es der Franchise einfach das Genick brechen, wenn sie in zwei Akteure um die 90 Millionen Dollar pro Jahr investiert. Genau das wäre bei zwei dieser Verträge aber in ein paar Saisons der Fall. Überhaupt: Wie steht Lindsey zum Duo Mitchell-Gobert? Öffentlich hat er gesagt, dass er um dieses Paar das
Team verstärken will, aber ist das wirklich die richtige Entscheidung? Selbst ohne Supermax wird Goberts Verlängerung teuer, und offensiv ist der Franzose nach wie vor einigermaßen beschränkt. Auf jeden Fall wird der Kaderarchitekt Free Agent Jordan Clarkson halten wollen. Der kam per Trade in der vergangenen Saison und gab der Bank einen arg benötigten Offensivschub. Nach Clarkson gibt es dann nur noch kleinere Verträge für Veteranen, die den sehr breit aufgestellten Kader punktuell verstärken sollen.
WIZARDS
Gerüchte: keine
Gerüchte: keine
Bilanz 2019/20: 25-47 / Lottery 15. ORtg, 20. DRtg Big Three: J. Wall, B. Beal, R. Hachimura Draftpicks: 9. & 37. Capspace: null Ziel: die Playoffs
Die Gerüchte um einen Trade von Bradley Beal dürften so schnell nicht verstummen. Die Wizards scheinen daran aber nicht interessiert zu sein. Zumindest so lange, bis sie gesehen haben, ob die BackcourtPartnerschaft von John Wall und Beal nicht doch noch funktioniert. Wall kehrt von einem Achillessehnenriss zurück und soll mit Beal das junge Wizards-Team anführen. Das Duo soll Würfe für Rui Hachimura, Moritz Wagner und Co. kreieren, selbst scoren, die Playoffs erreichen. Dazu braucht es aber wohl auch Davis Bertans. Der Free Agent wird einer der begehrtesten Vertragsfreien des Sommers sein und entsprechend teuer werden. Da die Wizards jedoch in den kommenden Jahren keinen Platz unter dem Salary Cap haben dürften, ist es fast schon ein Muss, ihn zu halten – auch wenn es teuer wird. Ansonsten gilt: abwarten. Falls Wall wirklich gesund sowie halbwegs bei alter Stärke ist und spielerisch mit Beal harmoniert, könnte das Team 2020/21 durchaus überraschen. Gerüchte: keine
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nba
NBA-Draft
2020
NBA DRAFT R ÄTS ELRAT EN ZW ISC HE N „B OOM“ UND „B UST “ Spoiler Alert: Die NBA-Draft 2020 polarisiert. Dass die Meinungen bei der Evaluation von NBA-Talenten auseinanderdriften, ist nicht neu – die Extreme in diesem Jahr schon. Während die Pessimisten die talentärmste Klasse der vergangenen Dekade prognostizieren, sprechen andere Experten von verstecktem Potenzial und spannenden Langzeitprojekten. Naturgemäß liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte. FIVE bringt an dieser Stelle Licht ins Dunkel und präsentiert euch die Hauptprotagonisten der „Class of 2020“ – inklusive der hauseigenen Mockdraft mit Kurzvorstellungen unserer Top-30-Picks. Text: Björn Lehmkühler & Torben Adelhardt
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NUMMER-EINS-PICK GESUCHT
Fotos: Christian Petersen/Getty Images
Welcher Spieler darf sich zuerst die Cap seines ersten Basketball-Arbeitgebers aufsetzen? Bei den populärsten Mockdrafts steht Anthony Edwards hoch in der Gunst. Auch die Playmaker LaMelo Ball und Killian Hayes sowie Center James Wiseman rangieren zuweilen auf der Pole-Position. Zu Recht?
ANTHONY EDWARDS
Combo Guard, Georgia, 1,96 Meter, 19 Jahre Stats: 19,1 PPG, 5,2 RPG, 2,8 APG, 1,3 SPG, 105,8 ORTG, 47,3 eFG% Bereits vor der NCAA-Saison 2019/20 gehörte Anthony Edwards nicht nur zu den meistgehypten College-Freshmen, sondern auch zu den heißesten Anwärtern auf den ersten Pick. Zwölf Monate später steht nun die NBA-Draft 2020 unmittelbar bevor, und Edwards gilt noch immer als Favorit, um als Erster seinen Namen zu hören. Der Beleg für eine spektakuläre Saison, in der der „Antman“ vollends überzeugte? Nicht wirklich … Zugegebenermaßen lastete ein großer Druck auf den breiten Schultern des „Power Guards“. Als primäre Angriffsoption und Ballhandler sollte der 19-Jährige die Georgia Bulldogs zu ihrer ersten March-Madness-Teilnahme seit fünf Jahren führen. Am Ende landete die Uni mit einer ausgeglichenen Bilanz von 16 Siegen und ebenso vielen Niederlagen auf dem vorletzten Platz in der SEC. Edwards offenbarte in seinen 32 NCAA-Partien, dass er als explosiver Athlet mit ausgeprägtem Scoring-Instinkt jede Defensive zu beschäftigen weiß und sich jederzeit seinen eigenen Abschluss kreieren kann. Ob von der Dreierlinie, aus der Mitteldistanz oder direkt am Korb: Edwards strahlt von jeder Position im Halbfeld Scoring-Gefahr aus. Seine ausbaufähige Dreierquote von 29,4 Prozent (7,7 Versuche pro Partie) steht dabei in einem direkten Zusammenhang mit seiner ebenfalls ausbaufähigen Wurfauswahl. Insgesamt trat Edwards zu selten als verlässlicher Playmaker auf. Immer wieder entschied er sich für einen Wurf aus dem Dribbling, statt mit seinem explosiven Antritt den Korb zu attackieren und auf diese Weise seinen Teamkollegen freie Abschlussoptionen zu verschaffen. Der Guard beendete 270 seiner Angriffe mit einem Sprungwurf und generierte daraus magere 0,76 Punkte pro Abschluss (27. Perzentil). Es ist bezeichnend, dass die Georgia Bulldogs in allen drei Spielen, in denen Edwards mehr als 30 Punkte auflegte, als Verlierer vom Platz gingen. Auch wenn das allgemeine Talentlevel des Teams von Headcoach Tom Crean nicht den allerhöchsten NCAA-Ansprüchen genügte, hätte Edwards durch eine klügere Entscheidungsfindung als Ballhandler die Georgia-Offensive effektiver gestalten können. Mit einer Usage Rate von 30 Prozent war der 19-Jährige die dominante Figur im Angriffsspiel und ließ trotz vereinzelter Lichtblicke als Passer – speziell in Driveand-Kick-Situationen – den Eindruck vermissen, dass er der klare Fixpunkt einer NBA-Offensive sein kann. Zudem rief er im Bulldogs-Trikot allzu selten sein volles defensives Potenzial ab und zeigte sich zu häufig unaufmerksam bis desinteressiert.
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nba
NBA-Draft
2020
LAMELO BALL
Ballhandler, Illawarra, 2,01 Meter, 19 Jahre Stats: 17,0 PPG, 7,6 RPG, 6,8 APG, 1,6 SPG, 25,0 3P%
Fotos: Paul Kane/Joe Murphy/Getty Images
LaMelo Ball personifiziert die kontroverse Draftklasse wie kein Zweiter. Im Falle des jüngsten Ball-Bruders gehen die Meinungen weit auseinander: Ist er ein wilder Zocker mit Streetball-Flair, zweifelhafter Wurfauswahl und nicht existenter Defensivarbeit – oder ein brillanter Spielgestalter, der mit seiner Spielübersicht sowie Ballhandling- und Passfähigkeiten eine Offensive orchestrieren kann? Keine Frage: Ball polarisiert. Der Playmaker steht in der Öffentlichkeit, seit er als 14-jähriger Freshman an der Seite seiner beiden Brüder für die Chino Hills Highschool auflief, Ganzfeld-Assists spielte und mit schöner Regelmäßigkeit Würfe aus über zehn Metern Entfernung nahm. Spektakel? Definitiv. Substanz? Hier herrscht im Diskurs momentan noch Uneinigkeit. Nach seinen Stationen in Kalifornien, Litauen und Ohio spielte Ball in der vergangenen Saison für die Illawarra Hawks in der australischen Profiliga NBL. Dort trat der Aufbauspieler schließlich den Beweis an, dass er auch auf professionellem Level mit seinem Spielstil effektiv sein kann. In seinen zwölf NBL-Partien zeigte er als primärer Ballhandler, wieso ihm manche Scouts das größte Potenzial unter allen Draftees bescheinigen. Ball verfügt über herausragende Dribblingfähigkeiten, die es ihm erlauben, an jeden Ort im Halbfeld zu gelangen. Der junge Guard legt sich seine Gegenspieler mit Tempowechseln, effektiven HesitationBewegungen und schnellen Crossovern zurecht, um sie dann im richtigen Winkel zu attackieren. Ball hält dabei stets seinen Kopf oben und kann dank seiner Größe über eine Vielzahl von Verteidigern hinwegsehen. Er antizipiert Passgelegenheiten, ehe sie sich eröffnen, und hat ein natürliches Gespür für die richtigen Abspielmomente. Obwohl Ball als Dribbler in Pickand-Roll-Spielzügen sowohl für sich als auch seine Teamkollegen konstant Wurfgelegenheiten herausspielt, ist seine allgemeine Entscheidungsfindung in der Offensive noch zu bemängeln. Er nimmt lange Pullup-Dreier zu Beginn der Wurfuhr, verzettelt sich in Dribbelorgien oder spielt einen spektakulären Pass, mit dem seine Mitspieler nicht rechnen. Ball muss sein Offensivspiel weiter ausmisten und lernen, dass weniger manchmal mehr ist. Für seine Defensivarbeit wurde er jahrelang gerügt, bei den Illawarra Hawks zeigte der Guard zumindest bei der Verteidigung des Ballhandlers erfreuliche Fortschritte. Problematisch ist hingegen, dass Ball noch immer gefühlt an jedem Block hängen bleibt und durch mangelhaftes Positionsspiel oftmals Lücken in das defensive Teamgefüge reißt.
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JAMES WISEMAN
Big Man, Memphis, 2,16 Meter, 19 Jahre Stats: 19,7 PPG, 10,7 RPG, 3,0 BPG, 70,4 FT%, 80,0 FG% 69 Minuten – so lange stand James Wiseman auf den Parkettböden der NCAA. Damit unterbot der Big Man selbst die Dauer von Spielfilmen der Kategorie Action-B-Ware. Aufgrund von Verstößen gegen bestehende Regularien hinsichtlich der finanziellen Unterstützung von Highschool-Talenten sperrte die NCAA Wiseman für zwölf Spiele. Eine Suspendierung, die der Top-Rekrut des vergangenen Highschool-Jahrgangs jedoch eigenhändig verkürzte – indem er nämlich einfach seine Exmatrikulation bei der Universität von Memphis einreichte. Somit währte die NCAA-Karriere von Wiseman lediglich drei Partien. NBA-Scouts und Draft-Analysten stehen seitdem vor der Herausforderung, das Gesehene richtig einzuordnen und die Stärken sowie Schwachstellen im Spiel von Wiseman in ein größeres Gesamtbild zu bringen. Zugegebenermaßen sind die Vorzüge des jungen Athleten auf den ersten Blick erkennbar: 2,16 Meter Körpergröße, eine Armspannweite nahe der 2,30 Meter und ein koordinierter Bewegungsablauf, der es dem Hünen erlaubt, in Transition-Situationen Schritt zu halten. Wiseman ist kein massiver Center-Brocken, wie es Greg Oden in diesem Alter war, sondern entspricht eher dem gazellenartigen Typus eines modernen Big Man. Der 19-Jährige hat seine offensiven Stärken im Pick-and-Roll, wenn er nach einem Block schnell in Richtung Korb abrollen und die Lobanspiele seiner Teamkollegen verwerten kann. Seine exorbitant hohe Feldwurfquote von knapp 77 Prozent rührt daher, dass Wiseman von der College-Konkurrenz auf den FrontcourtPositionen in unmittelbarer Ringnähe nicht zu stoppen war. Allein durch seine Länge liefert Wiseman vertikales Spacing, das in einer Pickand-Roll-zentrierten Offensive mit genügend Schützen auf dem Flügel hervorragend zur Geltung kommen sollte. Ähnlich sieht es in der Defensive aus. Auch hier bringt er mit seiner Länge und ordentlichen Mobilität die physischen Qualitäten mit, um ein effektiver Ringbeschützer zu sein. Die Problematik bezüglich Wiseman als potenzieller Top-3-Pick wird jedoch offensichtlich, wenn wir uns den aktuellen Wert von NBA-Centern anschauen, die als „Rimrunner“ im Angriff operieren und in der Defensive primär in einer „Drop-Coverage“ funktionieren. Spätestens in den Playoffs und im direkten Matchup gegen Teams mit einer „Five-Out“-Aufstellung werden selbst elitäre Ringbeschützer wie Rudy Gobert vom Feld gespielt oder sind längst nicht so effektiv. Ein Schicksal, das auch Wiseman ereilt? Auf Highschool- und AAU-Ebene offenbarte der Pivot Defizite in der Pick-andRoll-Verteidigung und hatte Probleme, die Drives seiner Gegner zu unterbinden. Obwohl Wiseman über eine ordentliche Fußarbeit verfügt, wirkt er zuweilen noch etwas „hüftsteif“ und kann schnelle Richtungswechsel seiner Gegenspieler nur mit Zeitverzögerung kontern.
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nba
NBA-Draft
2020
KILLIAN HAYES
Point Guard, Ulm, 1,96 Meter, 19 Jahre Stats: 11,6 PPG, 5,3 APG, 3,2 RPG, 21,8 3P%, 63,2 FG%
Fotos: TF-Images/Kevin C. Cox/Seffi Magriso/Euroleague Basketball via Getty Images/David K Purdy/Getty Images
Wo würde Killian Hayes in den amerikanischen Mockdrafts stehen, wenn er seine Leistungen in den letzten zwölf Monaten nicht gegen Mannschaften wie medi Bayreuth und Maccabi Rishon LeZion vollbracht hätte, sondern im direkten Duell mit den amerikanischen Top-Talenten in der Big-Ten- oder Pac-12-Conference? Mit Sicherheit wäre er noch prominenter in der Debatte um den ersten Draftpick vertreten, als er es ohnehin schon ist. Denn die Entwicklung, die Hayes als Playmaker in seiner ersten – und schließlich einzigen – BBL-Saison bei ratiopharm Ulm genommen hat, war phänomenal. Dass der französische Point Guard zu den vielversprechendsten NBA-Talenten seines Jahrgangs gehört, war spätestens seit der U17-WM im Sommer 2018 offensichtlich. Hayes führte seine Mannschaft mit 16,1 Punkten, 3,3 Assists und 2,7 Steals bis ins Finalspiel und deutete im Laufe des Turniers seine Fähigkeiten als Werfer aus dem Dribbling und kreativer Passgeber an – obwohl er in der französischen Nationalmannschaft noch bei den meisten Angriffen abseits des Balls agierte. In der vergangenen Saison debütierte Hayes als 18-Jähriger in der BBL und bekam vom Ulmer Headcoach Jaka Lakovic die Verantwortung für das Offensivspiel seines Teams übertragen. Als Ballhandler hat Hayes seine klaren Stärken im Pickand-Roll-Angriff. Seine Spielübersicht sowie das Passspiel aus dem Dribbling gehören mit zum Besten, was die Playmaker-Garde der diesjährigen Draftklasse zu bieten hat. Der Franzose erkennt defensive Rotationen, spielt zielgenaue Pässe auf die Weakside oder bedient seine Big Men per Lobanspiel oder Bodenpass. In diesem Bereich ähneln sich LaMelo Ball und Hayes, da beide das Talent besitzen, ihre Mitspieler „freizupassen“ – sprich Kollegen allein durch ihre Übersicht und Passfähigkeiten in optimale Abschlussgelegenheiten zu bringen. Hayes forciert zuweilen jedoch noch zu komplizierte Anspiele, die wiederum häufig zu direkten Turnovern und Fastbreak-Punkten für den Gegner führen. Der 19-Jährige ist kein Überathlet, der eine Verteidigung allein durch seine Antrittsschnelligkeit und Power beim Zug zum Korb unter Druck setzen kann. Stattdessen bereitet er seine Drives durch verschiedene Dribblemoves vor, ehe er seinen Verteidiger attackiert und entweder in seinen PullupWurf übergeht oder bis zum Korb gelangt. Dank seiner Länge und guten Körperbalance schafft es Hayes, dort überdurchschnittlich effizient abzuschließen. Seine letztjährige Freiwurfquote von 87,6 Prozent (78 von 89 Versuchen) impliziert zudem ein sehr gutes Wurfgefühl, das auch bei seinen Abschlüssen aus der Mitteldistanz im Rahmen von Floatern zu beobachten war. Bemerkenswert ist, dass Hayes mehr Probleme mit seinem Distanzwurf aus dem Catch-and-Shoot als aus dem Dribbling hat. Vor allem seine Stepback-Dreier wecken Erinnerungen an James Harden und Luka Doncic, bei denen dieser Wurf zur präferierten Abschlussoption zählt. Hayes befindet sich selbstredend nicht auf dem gleichen Talentlevel wie der slowenische Wunderknabe der Dallas Mavericks. Mit seinen Fertigkeiten als Pickand-Roll-Ballhandler und guten Ansätzen in der TeamDefense zählt Hayes jedoch zu den besten Point-GuardTalenten in diesem Jahr.
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DER REST DER TOP TEN
Basketball-Savants, „Three-and-D“-Spezialisten und Verteidigungsexperten: In diesem Jahr stehen die Chancen sehr gut, dass der beste Spieler der Draftklasse gar nicht unter den ersten drei Picks selektiert wird. Hier die restlichen Kandidaten aus der prognostizierten Top Ten.
ISAAC OKORO
Forward, Auburn, 1,98 Meter, 19 Jahre Stats: 12,9 PPG, 4,4 RPG, 2,0 APG, 116,5 ORTG, 68,4 TS%
Was die physische Statur betrifft, können nur ganz wenige Draftees ein besseres Paket anbieten als Isaac Okoro: eine Beinmuskulatur, die sogar Roberto Carlos und Cristiano Ronaldo die Schamesröte ins Gesicht treiben würde, extrem breite Schultern und zudem ein Kampfgewicht von mehr als 220 Pfund. Okoro paart diese körperlichen Attribute mit einer hohen Explosivität in seinen Bewegungen und starker Athletik. All diese Aspekte machen ihn zu einem herausragenden Defensivtalent, das auf dem NBANiveau gleich mehrere Positionen checken kann. Okoro erlaubte in seiner einzigen College-Spielzeit seinen Gegenspielern in Eins-gegen-einsSituationen lediglich 0,48 Punkte pro Abschluss. Im Angriff der Auburn Tigers agierte er die meiste Zeit auf dem Flügel, wo er entweder nach Cuts oder aus dem Spotup seine Korbabschlüsse nahm. Trotz eines wackligen Sprungwurfs war Okoro ein effizienter Offensivspieler (1,01 PPP), was vornehmlich mit seinen Qualitäten als Slasher zusammenhängt. Wenn der bullige Flügelspieler mit dem Ball in der Hand den Korb attackierte, schepperte es in schöner Regelmäßigkeit. Eine Trefferquote von 67,0 Prozent in unmittelbarer Korbnähe ist für einen nominellen Flügelspieler ein extrem hoher Wert. Statt „Three-and-D“ könnte Okoro mittelfristig eher das Rollenprofil des sekundären Ballhandlers übernehmen, der durch seine Drives die Offensive ankurbelt.
TYRESE HALIBURTON
Guard/Forward, Iowa State, 1,96 Meter, 20 Jahre Stats: 15,2 PPG, 5,9 RPG, 6,5 APG, 121,5 ORTG, 63,1 TS%
DENI AVDIJA
Forward, Tel Aviv, 2,05 Meter, 19 Jahre Stats: 9,0 PPG, 4,6 RPG, 2,0 APG, 58,8 FT%, 33,0 3P%
Der junge Israeli hinterließ in den vergangenen beiden Jahren bei allen Nachwuchsturnieren, in denen er auflief, einen bleibenden Eindruck: 12,7 Punkte und 6,4 Rebounds bei der U20-Europameisterschaft 2018, 18,4 Punkte, 8,3 Rebounds und 5,4 Assists bei der U20-Europameisterschaft 2019. Dass Avdija in beiden Fällen zusätzlich mit der Goldmedaille im Gepäck nach Hause fuhr, krönte seine individuellen Leistungen. Der vielseitige Flügelspieler mimte in seinen Teams den De-factoPlaymaker und verfügt für einen Spieler seiner Größe über ein sehr gutes Passspiel, das sowohl in Pickand-Roll- als auch Postup-Situationen zum Tragen kommt. Der Sprungwurf gehört noch nicht zu seinen effektivsten Waffen, jedoch schien Avdija in den vergangenen Monaten an seiner Wurfform gearbeitet zu haben, wie seine Auftritte für Maccabi Tel Aviv nach der Corona-Pause offenbarten. Generell legte der Youngster in seinen letzten Spielen für den Heimatverein starke Performances hin und wirkte auch als Verteidiger wesentlich agiler und aufmerksamer, als es bei der Nationalmannschaft streckenweise aussah. Flügelspieler, die variabel einsetzbar sind und im Angriff auch den Ball auf den Boden setzen können, sind in der NBA gefragt – Spieler wie Deni Avdija.
Tyrese Haliburton erlebte in den vergangenen Jahren einen kometenhaften Aufstieg: Vom NoName als Highschool-Absolvent bis hin zum elitären FreshmanRollenspieler bei Iowa State, ehe er als Führungsspieler bei der U19-Weltmeisterschaft 2019 die Goldmedaille gewann und zuletzt in die Riege der besten NCAAPlaymaker vorstieß. Haliburton musste die letzte College-Saison verletzungsbedingt nach 22 Spielen beenden, trat aber in diesen Partien den Beweis an, dass er auch als primäre Angriffsoption und Vollzeit-Ballhandler eine Offensive leiten kann. „Hali“ steigerte seine Usage Rate von 9,2 auf 20,1 Prozent, agierte vermehrt als Dribbler im Pickand-Roll und zog öfters mit dem Ball in der Hand zum Korb. Der Sophomore war der absolute Hauptgrund dafür, dass die Cyclones nach den Abgängen von Talen Horton-Tucker, Marial Shayok und Nick Weiler-Babb in der Big-12Conference noch konkurrenzfähig blieben. Haliburton ist kein explosiver Dribbler, der allein durch seine Aggressivität und Scoring-Gefahr eine Defensive dazu bringt, auf ihn zu reagieren. Stattdessen ist er als großgewachsener Aufbauspieler mit einem überragenden Spielverständnis gesegnet. Haliburton erkennt Lücken in der gegnerischen Verteidigung blitzschnell und seziert eine Defensive mit zielgenauen Pässen. Die Zahl seiner Assists wäre in der vergangenen Saison signifikant höher ausgefallen, wenn seine Schützen auf dem Flügel ihre Würfe konstanter getroffen hätten. Dass Haliburton seine Distanzwürfe aus dem Catch-andShoot mit tödlicher Präzision trifft (1,49 PPP), erlaubt es ihm, auch neben einem weiteren Ballhandler aufzulaufen. In Kombination mit seiner guten Team-Defense ist Haliburton der ideale Backcourt-Partner für jeden Scoring Guard.
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nba
NBA-Draft
OBI TOPPIN
ONYEKA OKONGWU
DEVIN VASSELL
Der 22-Jährige war ohne jeden Zweifel der beste College-Spieler in der vergangenen Saison. Toppin fungierte als Fixpunkt der besten Offensive des Landes und hievte mit seinen Skills als Smallball-Center die Dayton Flyers in den Favoritenkreis der March Madness. In der „Five-Out“-Aufstellung von Headcoach Anthony Grant agierte Toppin gleichermaßen auf dem Flügel wie im Lowpost. Er war ein wandelndes Mismatch für die College-Konkurrenz: Langsamere Gegenspieler attackierte er mit seinem Drive vom Flügel oder nahm den Distanzwurf (39,0 3P%), falls der Verteidiger gar nicht erst die Zone verließ. Kleinere Kontrahenten wiederum überpowerte er in Korbnähe. Toppin war dank dieser offensiven Variabilität für jede Defensive des Landes nur schwer zu stoppen, was wiederum NCAA-Analysten wie Matt Norlander und Gary Parrish (CBS) in ihren Mockdrafts dazu veranlasste, Toppin als sicheren Top-3-Pick zu proklamieren. Ein heikler Tipp. So gut Toppin auf dem NCAALevel auch war: In der NBA werden seine offensiven Vorteile marginalisiert und seine Schwachstellen deutlicher offengelegt. Obwohl er ein kraftvoller Springer ist, fußt seine Athletik eher auf Power als auf Explosivität und Dynamik. Toppin hatte schon bei Dayton defensive Schwierigkeiten, wenn er am Flügel verteidigen musste. Aufgrund einer lahmen Fußarbeit und fehlender Agilität schaffte er es oftmals nicht, den gegnerischen Drive effektiv zu unterbinden. Und dass er bei einem NBA-Team als nomineller Fünfer den Korb beschützen soll, wirkt utopisch. Es macht einen Unterschied, ob ein Guard- oder ein Big-Man-Talent solche Defizite in der Verteidigung mitbringt. Der Center stellt die letzte Verteidigungsinstanz jeder NBA-Defense dar und sollte dementsprechend kein Minusfaktor sein. Wenn bei Toppin der Distanzwurf effektiv fällt und er in einem Fastbreakorientierten System spielt, sollte er ein brauchbarer Offensivspieler werden. Eine adäquate Rolle in der Verteidigung für ihn zu finden, ist jedoch eine Herkulesaufgabe für jeden Trainer.
James Wiseman, Isaiah Stewart, Vernon Carey Jr. und Armando Bacot: Auf der ESPN-Liste der besten Center-Talente des Jahrgangs 2020 fand sich Onyeka Okongwu erst auf dem fünften Rang wieder. Dementsprechend gering fiel vor der NCAA-Saison 2019/20 der Hype um den 2,06-Meter-Big-Man aus. Mit seinen Leistungen in den ersten Saisonmonaten – inklusive zweier 20-10-Double-DoublePartien zum Auftakt – katapultierte sich Okongwu aber auf die vorderen Ränge aller Draft-Boards. Im Gegensatz zu den anderen Freshman-Centern wie Stewart und Carey Jr., die ihre offensiven Qualitäten im PostupSpiel besitzen, ist Okongwu ein agiler Big Man mit Sprungfedern unter den Füßen. Als kongenialer Pick-and-Roll-Partner der USC-Guards Ethan Anderson und Elijah Weaver vollstreckte Okongwu die Anspiele in Korbnähe höchst effizient (72,6 FG%). Den Kalifornier als stupiden Resteverwerter abzustempeln, würde seinem Potenzial jedoch nicht gerecht werden. Okongwu bewies auf dem College-Niveau, dass er über einen soften Shooting-Touch verfügt, mit beiden Händen abschließen kann und seine Mitspieler mit Pässen aus dem Abrollen oder Postup findet. Viele Experten attestieren Okongwu sogar die wesentlich bessere NBA-Zukunft als James Wiseman. Der Grund: seine Qualitäten in der Defensive. Die Quervergleiche mit dem Heat-All-Star Bam Adebayo liegen nicht nur aufgrund ihrer ähnlichen Physis auf der Hand. Okongwu verfügt zwar aktuell nicht über Adebayos Passfähigkeit, überzeugt jedoch wie dieser als Ringbeschützer mit einem hervorragenden Timing bei seinen Blocks sowie einem schnellen zweiten Sprung. Im Gegensatz zu Wiseman bietet der USC-Big seinem zukünftigen NBAHeadcoach Flexibilität bei der Auswahl der Verteidigungsarten des gegnerischen Pickand-Rolls. Der gebürtige Nigerianer kommt zur richtigen Zeit in die NBA. Sollte er bei den gezeigten Ansätzen als Werfer und Passgeber aus der Mitteldistanz weitere Entwicklungsschritte nehmen, ist Okongwu ein All-Star-Kandidat.
Es gab eine Zeit, da war jedes NBA-Team auf der Suche nach dem nächsten „LeBronStopper“ – ein kräftiger Flügelverteidiger mit sehr guter Athletik, der den besten Spieler des Gegners an die Kette legt. Mittlerweile ist bei den meisten NBA-Teams und Experten die Erkenntnis gereift, dass es weniger auf die individuellen Fertigkeiten als Eins-gegen-eins-Verteidiger ankommt. Stattdessen sind nun primär vielseitige Verteidiger gesucht, die ein müheloses Switchen im Teamverbund sicherstellen und außerdem verschiedene Spielertypen in Schach halten können. Auftritt: Devin Vassell. Der 20-jährige Abgänger der Florida State University ist der wohl beste Teamverteidiger unter allen Flügelspielern, die sich in diesem Jahr zur Draft angemeldet haben. Vassell antizipiert gegnerische Spielzüge frühzeitig und rotiert dementsprechend. Obwohl er in der Verteidigungsarbeit mit viel Energie und Dynamik zu Werke geht, wirkt Vassell zu keinem Zeitpunkt überdreht. Er ist bei der Verteidigung der Passwege sehr aufmerksam und sammelt hier immer wieder Steals ein, ohne dabei seinen Mann aus den Augen zu verlieren oder eine gute Verteidigungsposition aufzugeben. Seine Athletik und seine Handlungsschnelligkeit erlauben es ihm, auch als Ringbeschützer Einfluss zu nehmen und Lücken in der eigenen Zone zu stopfen. Bei den Seminoles war es Vassell bereits gewohnt, jeden direkten Block zu switchen, sodass er auf NCAA-Niveau gleichermaßen Guards wie Big Men verteidigen musste. Zu seinen Stärken als Teamverteidiger gesellt sich ein sicherer Sprungwurf von jenseits der Dreierlinie, weshalb Vassell den prototypischen „Threeand-D“-Forward darstellt. Hier tun sich Vergleiche mit Spielern wie Mikal Bridges und (dem jungen) Danny Green auf. Was den 20-Jährigen jedoch als Upside-Pick so spannend macht: sein Potenzial als Werfer aus dem Dribbling, der sich auch seinen eigenen Wurf kreieren kann. Dadurch wäre Vassell nicht mehr nur ein spannender Rollenspieler, sondern eine veritable zweite Angriffsoption in einem NBA-Playoff-Team.
Big/Forward, Dayton, 2,06 Meter, 22 Jahre Stats: 20,0 PPG, 7,5 RPG, 1,2 BPG, 2,2 APG, 68,4 TS%
Fotos: Justin Casterline/Soobum Im/Harry How/Michael Hickey/Silas Walker/Donald Page/Getty Images
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Big Man, USC, 2,06 Meter, 19 Jahre Stats: 16,2 PPG, 8,6 RPG, 2,7 BPG, 1,1 APG, 64,5 TS%
Forward, Florida State, 1,98 Meter, 20 Jahre Stats: 12,7 PPG, 5,1 RPG, 1,6 APG, 1,4 SPG, 1,0 BPG
„DARK HORSES“
Zwischen Startermaterial und Bankwärmer: Bei den folgenden Spielern scheint der Himmel das Limit zu sein – wenn denn so einiges richtig läuft.
COLE ANTHONY
TYRESE MAXEY
Vom potenziellen Top-Pick zum großen Fragezeichen der Draft: An Cole Anthony scheiden sich die Geister. Die einen sehen in dem Guard noch immer einen dynamischen Scorer mit sicherem Pullup-Wurf und starken Playmaking-Ansätzen. Die anderen attestieren ihm im besten Fall eine NBA-Karriere als Mikrowelle von der Bank. Fakt ist: Die NCAA-Saison hätte für den Aufbauspieler auf individueller Ebene kaum schlechter verlaufen können. Verletzungen, fehlende Spielpraxis und ein desaströses Offensivsystem machten Anthony das Leben schwer und ließen ihn die DraftBoards nach unten purzeln. Der Ballhandler hatte sichtlich Probleme, am Korb abzuschließen, und verzettelte sich immer wieder in schwierigen Einzelaktionen. Auf Highschool- und AAU-Ebene wirkte Anthony beim Zug zum Korb noch deutlich explosiver und athletischer, weshalb seine Probleme bei UNC tatsächlich auf die Nachwirkungen seiner Knieverletzung zurückzuführen sein könnten. Welchen Anthony werden wir zukünftig in der NBA zu sehen bekommen?
Der Kentucky-Guard startete mit einem Knall in seine NCAA-Karriere: 26 Punkte steuerte Maxey beim Erfolg über die Michigan State Spartans bei und traf drei seiner sieben Distanzwürfe. Es sollte sein bestes Saisonspiel bleiben … Der Freshman ließ in seinen Leistungen die notwendige Konstanz vermissen und hatte auch mit seinem Sprungwurf aus der Mittel- (35,7 FG%) und Dreierdistanz (29,2 3P%) zu kämpfen. Neben den Guards Immanuel Quickley und Ashton Hagans operierte Maxey nur in Teilzeit als Pick-andRoll-Ballhandler – obwohl er in diesen Spielzügen auf sehr gute Effizienzwerte kam (0,93 PPP) und den Korb am effektivsten attackieren konnte. Wenn sein Distanzwurf aus dem Catch-and-Shoot in der NBA verlässlich fällt, ist Maxey für die Rolle des Off-Guards prädestiniert. Auch weil er mit seiner Länge (2,03 Meter Armspannweite) und Athletik am defensiven Ende des Feldes den gegnerischen Ballhandlern das Leben schwer machen kann.
Combo Guard, North Carolina, 1,90 Meter, 20 Jahre Stats: 18,5 PPG, 5,7 RPG, 4,0 APG, 99,9 ORTG, 50,1 TS%
KIRA LEWIS JR.
Guard, Alabama, 1,90 Meter, 19 Jahre Stats: 18,5 PPG, 5,2 APG, 4,8 RPG, 109,8 ORTG, 56,0 TS%
Combo Guard, Kentucky, 1,90 Meter, 19 Jahre Stats: 14,0 PPG, 4,3 RPG, 3,2 APG, 107,1 ORTG, 53,1 TS%
De’Aaron Fox 2.0? Die Vergleiche mit dem Aufbauspieler der Sacramento Kings sind im Fall von Kira Lewis offensichtlich: Mit dem Ball in den Händen verfügen beide Guards über ein atemberaubendes Tempo, was sie zu gefährlichen Playmakern in Fastbreak-Momenten macht. Im Gegensatz zu Fox blieb Lewis aber noch für ein zweites Jahr in der NCAA und überzeugte in der abgelaufenen College-Spielzeit mit einem ausgereifteren PointGuard-Spiel. Sein verbessertes Spielverständnis im Pick-and-Roll und beim Zug zum Korb eröffneten sowohl ihm als auch seinen Teamkollegen bessere Wurfgelegenheiten. Lewis verbrachte den Löwenanteil seiner offensiven Aktionen mit dem Ball in den eigenen Händen, konnte aber auch als Schütze überzeugen. 57,0 Prozent Trefferquote bei den Eckendreiern ist ein starkes Indiz dafür, dass Lewis auch abseits des Balles einen Mehrwert für sein Team generiert und neben einem weiteren Ballhandler koexistieren kann.
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nba MOCKDRAFT Die Prognose der NBA-Draft gleicht bekanntlich eher einem Blick in die Glaskugel als einer wissenschaftlichen Analyse. In diesem Jahr besticht die Draft durch ein besonderes Maß an Unklarheit: vom fehlenden eindeutigen Star-Talent an der Spitze über den stark veränderten Pre-Draft-Prozess bis hin zu der Frage, ob die Draft selbst überhaupt am aktuell geplanten Datum stattfinden wird. FIVE hat sich dennoch auf eine Tour durch die diversen Gerüchteküchen gemacht und sich im Videokeller vergraben, um etwas Licht in den aktuellen DraftNebel zu bringen. Natürlich in dem Bewusstsein, dass am Ende doch wieder alles anders kommen wird als ursprünglich gedacht …
1. Minnesota Timberwolves ANTHONY EDWARDS (Georgia) Die Timberwolves befinden sich in einer durchaus heiklen Situation. Denn ein eindeutiger Kandidat für den ersten Draftpick à la Anthony Davis oder Zion Williamson hat sich dieses Jahr nicht hervorgetan. Anthony Edwards gilt als Favorit und ergäbe als athletischer Guard mit großem Scoring-Potenzial durchaus Sinn – sofern er seine Entscheidungsfindung und defensive Intensität im Vergleich zu seiner Saison in Georgia massiv verbessert. In Minnesota dürfte man in diesem Szenario kräftig die Wolfspfoten drücken, dass der 1,96-Meter-Mann mehr wird als nur ein bulligerer Andrew Wiggins.
2. Golden State Warriors JAMES WISEMAN (Memphis) Dass die Warriors offen für TradeAngebote sind, ist kein Geheimnis. Denn beim Kampf um die Larry O’Brien Trophy würde kurzfristig wohl der passende NBA-Veteran mehr helfen als die verfügbaren Draft-Kandidaten. Dass zumeist James Wiseman an zweiter Stelle gehandelt wird, hat vor allem damit zu tun, dass nicht viele Menschen auf dem Planeten über dessen athletische und physische Qualitäten verfügen. Dadurch könnte der 2,16-MeterMann für die Warriors (oder deren Trade-Partner) zumindest als Shotblocker und „Rimrunner“ in Erscheinung treten. Dass der
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NBA-Draft
2020
USC-Center Onyeka Okongwu mit seinem defensiven Skillset womöglich besser in die moderne NBA passt, möchten wir an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen.
3. Charlotte Hornets LAMELO BALL (Illawara Hawks/AUS) LaMelo Ball ließ während seines Intermezzos in Australien immer wieder seine Kreativität und Passqualitäten aufblitzen, welche ihn zu einem der interessantesten Playmaker dieser Draft machen. Nicht umsonst wird der jüngste Ball-Bruder in vielen DraftRankings an erster Stelle geführt. Glauben die Hornets daran, dass Ball seine Schwachstellen ausmerzen kann, dürften sie trotz Terry Roziers Vertrag und Devonte’ Grahams positiver Entwicklung an dritter Stelle zugreifen – sofern ihnen nicht schon ein anderes Team zuvorgekommen ist.
4. Chicago Bulls DENI AVDIJA (Maccabi Tel Aviv/ISR) Nein, mit einem zweiten Luka Doncic sollten Bulls-Fans hier nicht rechnen. Doch auch wenn sich „MVP der israelischen Liga“ nicht ganz so beeindruckend liest wie „Euroleague-MVP“, muss sich Deni Avdija keinesfalls verstecken und wurde zuletzt vermehrt als Top-5-Pick gehandelt. Der Israeli bringt für einen Forward vielseitige Fähigkeiten und PlaymakingQualitäten mit und wäre neben Zach LaVine, Lauri Markkanen und Wendell Carter Jr. eine interessante Ergänzung – wenn sein zukünftiger Headcoach den ungewöhnlichen Spielertypen richtig einzusetzen weiß.
5. Cleveland Cavaliers OBI TOPPIN (Dayton) Nur rund drei Stunden Anreise hätte Obi Toppin aus Dayton, Ohio, wo er letztes Jahr die NCAA-Konkurrenz dominierte. Mit seiner Explosivität und seinen Scoring-Qualitäten würde er den Cavaliers sofort helfen. Fraglich ist, wie viel Potenzial der 22-Jährige mitbringt und welche Rolle er in der ohnehin schwachen Cavs-Defensive einnehmen würde. Denn bisher ist Toppin weder ein Ringbeschützer noch ein mobiler Flügel-Verteidiger. Während die meisten Experten ihn als Top-5-Pick betrachten, sehen
ihn einige sogar außerhalb der Top Ten.
6. Atlanta Hawks TYRESE HALIBURTON (Iowa State) Mit Trae Young haben die Hawks wohl ihren primären Spielmacher für die nächsten Jahre gefunden und könnten mit Tyrese Haliburton hier eine passende Ergänzung verpflichten. Mit seinem Spielgefühl und seinen ausgezeichneten Passqualitäten eignet sich der 20-Jährige exzellent als zweiter Spielmacher. Mit 1,96 Meter Körpergröße und 2,03 Meter Armspannweite sollte er auch neben Young agieren können und dürfte auch bei anderen Top-TenTeams recht weit oben auf der Liste stehen.
7. Detroit Pistons ONYEKA OKONGWU (USC) Es gibt durchaus Argumente, nicht Wiseman oder Toppin, sondern Onyeka Okongwu als bestes Pivot-Talent dieser Draft einzuschätzen. Denn der 19-Jährige ist ein fähiger Inside-Scorer, Rebounder und Ringbeschützer, der defensiv auch außerhalb der Zone seinen Mann steht. Nach dem Abgang von Andre Drummond könnte der 2,06-Meter-Mann aus Los Angeles die Pistons unter dem Korb verstärken – sofern er an siebter Stelle noch zu haben ist.
Flügelspieler ist ein physisch starker Verteidiger, der auch im Fluss der Offensive Akzente setzen kann. Deshalb steht er bei vielen Lottery-Teams hoch im Kurs und könnte auch früher über die Draft-Theke gehen. Um sein offensives Potenzial auszuschöpfen, muss entweder der Sprungwurf effizienter fallen (28,6 3P%) oder sein Ballhandling sicherer werden.
10. Phoenix Suns DEVIN VASSELL (Florida State) Dass die Phoenix Suns mit Mikal Bridges vorletztes Jahr bereits einen ähnlichen Spielertypen gedraftet haben, sollte sie nicht davon abhalten, Devin Vassell zu verpflichten – und mit ihm einen der besten Flügel-Verteidiger dieser Draft. Ein Geheimtipp ist der 20-Jährige nicht mehr und sollte auch einige Plätze weiter oben in Betracht gezogen werden.
11. San Antonio Spurs PATRICK WILLIAMS (Florida State) Auch Vassells Teamkollege Patrick Williams hat sich vom Geheimtipp zum LotteryKandidaten entwickelt. Im August 2001 geboren, ist er einer der jüngsten Spieler dieser Draft und bringt Explosivität, Physis und interessantes Two-Way-Potenzial auf den Forward-Positionen mit. Gut möglich, dass die Spurs ihn als Teil ihres Neuaufbaus ins Auge fassen.
8. New York Knicks KILLIAN HAYES
12. Sacramento Kings SADDIQ BEY
(ratiopharm Ulm) Sind die Knicks-Verantwortlichen (und -Fans) bereit, drei Jahre nach Frank Ntilikina erneut mit dem achten Draftpick auf einen französischen Guard zu setzen? Sie sollten es sein, denn Hayes verfügt über das Potenzial, zu einem der besten Spieler dieser Draft-Klasse zu avancieren. Der 18-Jährige ist zwar stark auf seine linke Hand fokussiert, zeigt aber großes Talent als Playmaker und im Pick-and-Roll sowie Potenzial als Sprungwerfer.
(Villanova) Viele Mannschaften in dieser Draft dürften nach Verstärkung auf den Flügelpositionen suchen, insbesondere nach wurfstarken, smarten und defensiv kompetenten Akteuren. Hiervon könnte Saddiq Bey profitieren, der viele dieser Anforderungen erfüllt und in der vergangenen Saison mit dem „Julius Erving Award“ für den besten College-SmallForward ausgezeichnet wurde.
9. Washington Wizards ISAAC OKORO
(Vanderbilt) Von der Nachfrage nach Shooting dürfte auch Aaron Nesmith profitieren, der vergangene Saison 52,2 Prozent seiner Dreier verwandelte und zu den besten Schützen dieser Draft-Klasse zählt. Auch wenn sein Spiel aktuell sehr stark auf diese Rolle
(Auburn) Nach den Cleveland Cavaliers wiesen die Washington Wizards in der regulären Saison das zweitschlechteste Defensivrating der NBA auf. Da käme Isaac Okoro gerade recht, denn der 19-jährige
13. New Orleans Pelicans AARON NESMITH
beschränkt ist, könnte er als Spotup-Schütze Freiräume für Zion Williamson, Brandon Ingram und Co. schaffen.
14. Boston Celtics COLE ANTHONY (North Carolina) Mit dem Pick der Memphis Grizzlies könnten die Boston Celtics ihre Guard-Rotation verstärken, zum Beispiel mit Cole Anthony. Vor einem Jahr galt Anthony noch als sicherer Top-5Kandidat. Nach einer verkorksten Saison mit North Carolina fiel er zuletzt in den Draft-Prognosen aber teilweise in die mittlere erste Runde, wo er nun einen guten Gegenwert liefern könnte – und sei es auch nur als Scorer von der Bank.
15. Orlando Magic KIRA LEWIS JR. (Alabama) Kira Lewis war als vergleichsweise junger Sophomore in Alabama ausgesprochen produktiv und konnte sich in den erweiterten Kreis der Lottery-Kandidaten spielen. So könnte er etwa die weiterhin dünne Guard-Rotation der Orlando Magic aufwerten. Lewis zählt zu den schnellsten Spielern dieser Draft, mit 75 Kilogramm aber auch zu den absoluten Leichtgewichten.
16. Portland Trail Blazers PRECIOUS ACHIUWA (Memphis) Trotz seiner – insbesondere offensiven – Limitierungen wird Precious Achiuwa teilweise als potenzieller Lottery-Pick gehandelt. Dabei besticht er vor allem durch seine Athletik und Intensität in der Defensive, an den Brettern und als „Rimrunner“. Damit könnte er – zumindest perspektivisch – auch die CenterRotation der Blazers bereichern.
17. Minnesota Timberwolves TYRESE MAXEY (Kentucky) Tyrese Maxey ist engagiert in der Verteidigung und ein besserer Scorer, als es seine Quoten (42,7 FG%, 29,2 3P%) auf den ersten Blick vermuten lassen. Darauf wird zumindest das Team bauen, das den Kentucky-Guard verpflichtet.
18. Dallas Mavericks JOSH GREEN (Arizona) Die Mavericks dürften in der Draft ihre Augen unter anderem auf
Flügelspieler gerichtet haben, die verteidigen und den Distanzwurf treffen können. Der Australier Josh Green konnte in Arizona zumindest seine defensiven Qualitäten überzeugend unter Beweis stellen und deutete mit 36,1 Prozent von jenseits der Dreierlinie sein Potenzial als Distanzschütze an.
19. Brooklyn Nets ALEKSEJ POKUSEVSKI (Olympiakos) Ein 2,18-Meter-Mann mit Guard-Skills? Der 18-jährige Aleksej Pokusevski sorgte im Jugendbereich als beweglicher und kreativer Sevenfooter für Aufsehen. „Poku“ kann den Fastbreak als Ballhandler laufen, curlt um Blöcke wie ein Flügelspieler und trifft den Dreier. Der Serbe ist aber nicht nur wegen seines spindeldürren Körpers ein „Langzeitprojekt“, sondern benötigt mit Sicherheit auch eine längere Phase der Akklimatisierung. Gut möglich, dass bereits ein Team in der Lottery auf das Talent des Europäers setzt – und nicht erst die Brooklyn Nets an 19. Position.
20. Miami Heat JALEN SMITH (Mar yland) Dank seiner Kombination aus Rebounding (10,5 RPG), Shotblocking (2,4 BPG) und Shooting (36,8 3P%) wurde Jalen Smith zuletzt sogar als potenzieller Lottery-Pick gehandelt. Fragezeichen sind zwar vorhanden, doch wenn er sein Potenzial abrufen kann, wäre er nicht nur für die Miami Heat eine Bereicherung auf den großen Positionen.
21. Philadelphia 76ers TYRELL TERRY (Stanford) Tyrell Terry verwandelte als Freshman 40,8 Prozent seiner Dreier, 89,1 Prozent seiner Freiwürfe und zeigte gute Ansätze als Offensivspieler. Gerade aufgrund seiner Wurfqualitäten sollte er trotz suboptimaler Körpermaße (1,86 Meter, 73 Kilogramm) bei den Philadelphia 76ers weit oben auf der DraftWunschliste stehen.
22. Denver Nuggets R.J. HAMPTON (New Zealand Breakers) Wie LaMelo Ball wagte auch R.J. Hampton den Sprung in die australische Basketballliga,
lieferte aber für seinen neuseeländischen Arbeitgeber schwankende Leistungen ab. Dank seiner Athletik und seines Potenzials als Combo Guard ist er dennoch ein Kandidat für die mittlere erste Runde und wäre den Nuggets an 22. Position womöglich das Risiko wert.
23. Utah Jazz THÉO MALEDON (ASVEL) Für seine 19 Jahre ist Théo Maledon bereits ein recht abgeklärter Spielmacher und stand für ASVEL Villeurbanne in der vergangenen EuroleagueSaison immerhin rund 18 Minuten pro Partie auf dem Parkett. Über sein (Star-)Potenzial in der NBA lässt sich streiten, doch dank seiner Produktivität könnte in der ersten Runde ein Team wie Utah zugreifen.
24. Milwaukee Bucks DESMOND BANE (TCU) Desmond Bane wird vielerorts als Zweitrundenpick gehandelt. Warum eigentlich? In seinen vier Jahren bei den TCU Horned Frogs traf er 44,2 Prozent seiner Dreier und machte signifikante Fortschritte als Dribbler und Passgeber in Pick-and-RollSpielzügen. Sein Potenzial ist begrenzt, aber der 22-Jährige bringt genau jene Fähigkeiten mit, die einigen Teams weiterhelfen würden, zum Beispiel den Milwaukee Bucks.
25. Oklahoma City Thunder JADEN MCDANIELS (Washington) Als 2,06 Meter großer Flügelspieler mit gefährlichem Sprungwurf und adäquatem Ballhandling wurde Jaden McDaniels vor der Saison als absolutes Top-Talent gepriesen. Nach einer enttäuschenden Freshman-Saison ist das Interesse abgekühlt, doch am Ende der ersten Runde könnte ein Team wie die Thunder auf das Talent des 19-Jährigen wetten.
26. Boston Celtics LEANDRO BOLMARO (FC Barcelona) Die Boston Celtics gehen mit gleich drei Erstrundenpicks in die Draft und könnten es sich deshalb erlauben, ein Talent in Übersee zu „parken“. Hierfür bietet sich Leandro Bolmaro geradezu an, denn der kreative argentinische Guard wird wohl vorerst weiter in
Barcelona an seinem Spiel – und an seinem Wurf – arbeiten.
27. New York Knicks ISAIAH STEWART (Washington) Dass Isaiah Stewart seine Rückennummer 33 zu Ehren von Center-Legende Patrick Ewing trägt, prädestiniert ihn geradezu für den Knicks-Pick. Natürlich ist Stewart spielerisch weit von Ewings Sphären entfernt, doch dank seiner physischen Präsenz und intensiven Spielweise könnte der Big Man durchaus in der ersten Runde landen.
28. Los Angeles Lakers CASSIUS WINSTON (Michigan State) Seine Körpergröße (1,86 Meter) und sein Alter (22 Jahre) reduzieren den Draftwert von Cassius Winston. Dank seiner Qualitäten und Fähigkeiten als Spielmacher, Anführer und Schütze (42,3 3P%) ist er jedoch einer von vielen interessanten Point-Guard-Kandidaten in der späten ersten oder frühen zweiten Runde – wie auch Devon Dotson, Malachi Flynn, Tre Jones, Yam Madar, Nico Mannion, Payton Pritchard, Immanuel Quickley, Jahmi’us Ramsey oder „DraftSleeper“ Grant Riller.
29. Toronto Raptors ROBERT WOODARD II (Mississippi State) Auch Robert Woodard II könnte vom Interesse an Flügelspielern profitieren. Der athletische 2,01-Meter-Mann ist ein engagierter Teamverteidiger und zeigte zuletzt auch offensive Fortschritte, etwa als Distanzschütze (42,9 3P%). Andere Optionen auf den Positionen zwei und drei sind beispielsweise Ty-Shon Alexander, Elijah Hughes, Isaiah Joe, Skylar Mays oder Cassius Stanley.
30. Boston Celtics XAVIER TILLMAN SR. (Michigan State) Mit 21 Jahren tritt der zweifache Familienvater Xavier Tillman Sr. bereits wie ein Profi auf und überzeugt als solider und smarter Innenspieler, der als Blocksteller im Pick-and-Roll abschließen und den offenen Mann finden kann. Er konkurriert auf den großen Positionen mit Spielern wie Udoka Azubuike, Tyler Bey, Vernon Carey Jr., Zeke Nnaji, Daniel Oturu, Paul Reed oder dem talentierten, aber oft verletzten Killian Tillie.
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Rookie-Point-Guards
RO OK IE - POIN T-G UA R DS
Ein Meister als Lehrling Ja Morant hat als Rookie für Begeisterung gesorgt und den Memphis Grizzlies neues Leben eingehaucht. Immer wieder wurde im Zusammenhang mit seiner starken Saison erwähnt, dass gerade Aufbauspieler in ihrem ersten Jahr zumeist wenig bis nichts zu Siegen beitragen, während Morant eine Ausnahme darstellt. Das stimmt auch … aber er ist in dieser Hinsicht nicht der Erste. Text: Ole Frerks
Fotos: Kevin C. Cox/Getty Images
A
m Ende sollte es nicht ganz reichen. Obwohl sein dezimiertes Team sich gut verkaufte und Ja Morant selbst mit 35 Punkten noch ein spätes Career High auflegte (das von der NBA zwar nicht als RegularSeason-Career-High gezählt wird, aber wie auch immer), entpuppten sich die Portland Trail Blazers am Ende dann doch als zu stark: Mit 126:122 sicherten sich Damian Lillard & Co. das Playoff-Ticket für die Bubblemania 2020. Morant und die Grizzlies konnten ihre spektakuläre Saison damit nicht krönen – noch zum Zeitpunkt der Coronavirus-Unterbrechung hatte Memphis die mit Abstand beste Ausgangsposition für Platz acht im Westen, doch in den Seeding Games ging ihnen Fortuna und auch das Personal flöten, zudem stieß der „Rookie of the Year“ zeitweise an seine Grenzen. Mehr denn je verteidigten gegnerische Teams den Überathleten unter den für ihn gesetzten Blöcken, ließen ihm
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also den Wurf, der als derzeit größte Schwachstelle seines Spiels gilt. Er brauchte eine Weile, um sich darauf einzustellen. „Er ist ein großartiger Spieler, schon als Rookie ein Star“, lobte Lillard seinen Kollegen Morant dennoch – richtigerweise. Obwohl die Krönung am Ende fehlte, legte Morant, dessen Vater sein erster Hater war, eine der besseren RookieSaisons der Geschichte für Point Guards hin. Niemand erwartete irgendetwas von den Grizzlies, weil Rookie-Einser so selten etwas zu Siegen beitragen, doch genau dies tat Morant von Anfang an. Nicht nur seine 17,8 Punkte und 7,3 Assists pro Partie waren eindrucksvoll, sondern auch die Tatsache, dass Memphis in Jahr eins ohne die langjährigen Franchise-Player Marc Gasol und Mike Conley eine höhere Siegquote hatte (46,6 Prozent) als im Jahr davor (40,2).
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Rookie-Point-Guards
DIE GRUNDREGELN Solche Debüts sind für Point Guards selten – was unweigerlich zur Frage führt: Mit wem misst sich Morant eigentlich? Es folgt eine Suche nach den besten Aufbaufrischlings-Spielzeiten (nimm das, Duden!) der bisherigen NBA-Geschichte. Natürlich geht das nicht ohne ein paar Grundregeln.
REGEL #1: Statistiken sind natürlich wichtig, aber nicht allein entscheidend, insbesondere auf der Eins. Ein echter Point Guard definiert sich weniger über die eigenen Punkte als über die zusätzlichen Siege, die er seinem Team ermöglicht. Nennen wir es die Nicht-Steve-Francis-Klausel.
REGEL #2: Offense wird etwas stärker gewichtet als Defense, da die allermeisten Point Guards hier nicht unbedingt auf einem hohen Level starten und der Einfluss eines 1,85-Meter-Verteidigers in den allermeisten Fällen ohnehin etwas limitiert ist. Das heißt allerdings nicht, dass der schlechteste Verteidiger der Liga hier trotzdem aufgeführt wird. Sorry, Trae Young.
REGEL #3:
Fotos: Jesse D. Garrabrant/Lou Capozzola/NBAE via Getty Images
Das Spiel befindet sich in einem ständigen Wandel, weshalb generationsübergreifende Vergleiche immer ein wenig komplex sind. Hier wird deswegen kein Spieler benachteiligt, der in seiner Ära keinen überragenden Dreier hatte, wenn es damals nicht erforderlich war. Wir setzen den Cut-Off-Punkt dennoch am Anfang der modernen Ära, zur Einführung der Dreierlinie in der NBA (1979). Damit verabschieden wir uns vor allem von Oscar Robertsons unvergleichlicher Rookie-Saison, in der „The Big O“ 30,5 Punkte, 10,1 Rebounds und 9,7 Assists in einer Liga auflegte, die mit der heutigen quasi nichts mehr gemein hat.
REGEL #4: Hat der Spieler als Rookie wirklich auf der Point-Guard-Position gespielt? Luka Doncic oder LeBron James können nach heutiger Sichtweise natürlich als Point Guards oder (korrekter) „Lead-Playmaker“ bezeichnet werden, beide firmierten als Rookies aber nicht als solche und fallen damit hier raus. Es gibt noch einen größeren Fall, den wir extra erwähnen müssen.
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SONDERFALL:
Magic Johnson (1979/80, Los Angeles Lakers) 18,0 Punkte, 7,7 Rebounds, 7,3 Assists, 2,4 Steals, 53,4 eFG%, 20,6 PER, 10,5 Win Shares, 4,8 VORP
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O Magic gilt den allermeisten NBA-Fans als bester Point Guard der Geschichte. Seine Rookie-Saison hat das mehr als nur angekündigt. Mehr Win Shares als Rookie verzeichnete sonst nur Robertson (siehe links), dazu hat Johnson als einziger NBA-Spieler überhaupt in seiner ersten Saison den Titel und den Finals-MVP-Award abgeräumt. Sein sechstes Spiel der 1980er Finals, als er für den verletzten Kareem AbdulJabbar einsprang und die Partie als Center eröffnete (und dann zwischen allen Positionen hin und her wechselte), ging nicht nur aufgrund der Zahlen (42 Punkte, 15 Rebounds, 7 Assists) als eine der besten Leistungen aller Zeiten in die Geschichte ein. Eigentlich spricht also vieles dafür, Johnson an die erste Stelle dieser Auflistung zu stellen und die Suche zu beenden. Es gibt da nur ein Problem: Es dauerte solide vier Jahre, bis Magic bei den Lakers wirklich zum Point Guard wurde. Die Kontrolle übernahm er zwar etwas früher, aber in Jahr eins war er noch nicht einmal der Spieler mit den meisten Assists bei der „Lake Show“ – diese Ehre ging an Norm Nixon, der all seine 39,3 Minuten auf der Eins verbrachte. Johnson firmierte als Shooting Guard. Die Lakers tradeten Nixon 1983 vor allem deshalb für Byron Scott und Swen Nater, weil sie die Zügel endgültig und vor allem auch endlich offiziell in die Hände von Magic legen wollten. So schwer es fällt: Die RookieSaison des dreimaligen MVPs kann damit hier nicht berücksichtigt werden.
SONDERFALL 2:
Die Good-Stats-Bad-Team-All-Stars Es geschieht nicht unbedingt selten, dass ein hoch gepickter Point Guard bei einem ziemlich miesen Team landet, den Ball in die Hand bekommt und von der Leine gelassen wird. Das kann sich auf die Entwicklung dieser Spieler sehr unterschiedlich auswirken. Manche lernen in einem solchen Szenario eher die schlechten Angewohnheiten, andere werden zu echten Anführern, wieder andere wechseln nach einer Weile auch einfach die Position. Hier kommen zwei völlig unterschiedliche Beispiele:
Michael Carter-Williams
(1996/97, Philadelphia 76ers) 23,5 Punkte, 4,1 Rebounds, 7,5 Assists, 2,1 Steals, 46,7 eFG%, 18,0 PER, 4,1 Win Shares, 2,2 VORP
(2013/14, Philadelphia 76ers) 16,7 Punkte, 6,2 Rebounds, 6,3 Assists, 1,9 Steals, 43,1 eFG%, 15,5 PER, 1,3 Win Shares, 0,9 VORP
Zugegeben, „A.I.“ hätte guten Gewissens auch die Top 5 erreichen können. Statistisch gibt es trotz seiner Wurfquoten sehr wenig zu meckern: In Sachen nackte Zahlen war seit Robertson kein RookieEinser so produktiv, auch die Advanced Stats fanden Iverson nicht unsympathisch. Die Argumente gegen ihn lauten: Er war eigentlich kein Point Guard, und Philly war nicht ganz zufällig auch mit ihm ein mieses Team (22 statt 18 Siege im Vorjahr). Trotzdem war es knapp, denn Iversons Einfluss erstreckte sich gewissermaßen fast mehr auf die Liga als auf sein eigenes Team. Sein Spiel begeisterte, nicht nur aufgrund des legendären Crossovers gegen Michael Jordan. Er brachte Flair, HipHop, Cornrows, zu Beginn seiner Karriere jede Menge Hops – und Punkte. Iverson wurde zum ersten Rookie überhaupt, der in fünf aufeinanderfolgenden Spielen mindestens 40 Punkte auflegte. Dass dies nicht zwingend das beste Rezept für erfolgreichen Basketball war, realisierten die Sixers etwas später, als sie Iverson zum Shooting Guard machten und um ihn herum ein Team von Rollenspielern zusammenbauten. Iverson wurde 2001 zum MVP und führte Philly in die Finals, er ist also definitiv ein positives Beispiel für RookiePoint-Guards aus dieser Kategorie. Allerdings muss auch erwähnt werden, dass er in seiner Karriere nur dann wirklich funktionierte, wenn er das Geschehen diktierte und den Großteil der Offense seines Teams im Alleingang schulterte. Er war nur eben auch sehr gut darin.
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Allen Iverson
Noch vor Tyreke Evans ist „MCW“ der im Endeffekt „mieseste“ Spieler mit einer exzellenten Rookie-Saison. Bei den „Process“-Sixers durfte Carter-Williams viel mit dem Ball in der Hand anfangen und legte in seinem ersten Karriere-Spiel sogar fast ein Triple-Double auf (bei einem Sieg gegen LeBrons Heat!). Seine Statistiken erzählen aber nicht einmal die Hälfte der Wahrheit. Die Sixers waren ein grottenschlechtes Team mit der schlechtesten Offense der Liga – geschenkt. Carter-Williams war aber auch kein Spieler für die heutige NBA, als der Überraschungseffekt erst verpufft war. Schon in Jahr zwei tradete Philly den „Rookie des Jahres“, seither sucht er Jahr für Jahr nach einer Rolle und Anstellung, weil er bis heute (unter anderem) zu den schlechtesten Schützen der Liga gehört.
WEITERE BEISPIELE: Steve Francis (1999/00, Houston Rockets) 18,0 Punkte, 5,3 Rebounds, 6,6 Assists, 49,3 eFG%, 18,4 PER, 6,4 Win Shares, 2,8 VORP
Damon Stoudamire (1995/96, Toronto Raptors) 19,0 Punkte, 4,0 Rebounds, 9,3 Assists, 48,5 eFG%, 16,7 PER, 4,3 Win Shares, 1,6 VORP
Trae Young (2018/19, Atlanta Hawks) 19,1 Punkte, 3,7 Rebounds, 8,1 Assists, 48,0 eFG%, 17,0 PER, 3,3 Win Shares, 0,9 VORP
Stephen Curry (2009/10, Golden State Warriors) 17,5 Punkte, 4,5 Rebounds, 5,9 Assists, 53,5 eFG%, 16,3 PER, 4,7 Win Shares, 2,0 VORP
Kyrie Irving (2011/12, Cleveland Cavaliers) 18,5 Punkte, 3,7 Rebounds, 5,4 Assists, 51,7 eFG%, 21,4 PER, 4,1 Win Shares, 2,4 VORP
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Rookie-Point-Guards
KNAPP VORBEI AN DER TOP 5 SCHRAMMTEN NEBEN IVERSON DIE FOLGENDEN ROOKIES:
Penny Hardaway Hardaway verteilte seine Minuten nahezu gleichwertig auf drei Positionen (eins bis drei), trotzdem ist er ganz nah an der Top 5. Penny transformierte die Magic binnen eines Jahres von einem durchschnittlichen zum drittbesten Offensiv-Team der Liga, weil er sich nahezu blind mit Shaq verstand. Eigentlich der perfekte Konterpart für die Naturgewalt des Centers, auch wenn es nicht lange dabei blieb.
Stephon Marbury (1996/97, Minnesota Timberwolves) 15,8 Punkte, 2,7 Rebounds, 7,8 Assists, 46,6 eFG%, 16,1 PER, 3,7 Win Shares, 1,2 VORP
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(1993/94, Orlando Magic) 16,0 Punkte, 5,4 Rebounds, 6,6 Assists, 2,3 Steals, 48,9 eFG%, 17,4 PER, 7,1 Win Shares, 3,8 VORP
Ben Simmons (2017/18, Philadelphia 76ers) 15,8 Punkte, 8,1 Rebounds, 8,2 Assists, 1,7 Steals, 54,5 eFG%, 20,0 PER, 9,2 Win Shares, 4,5 VORP
Der junge „Starbury“ hatte alles, was sich ein Team von seinem jungen Point Guard wünschen kann, und harmonierte prächtig mit Kevin Garnett. Im ersten Jahr des vermeintlichen Traumduos holte Minnesota 14 Siege mehr als im Vorjahr und erreichte erstmals in seiner Franchise-Historie die Playoffs, wo „Steph“ sich auf 21 und 8 steigerte. Die Harmonie hielt nicht lange, aber an Marburys Rookie-Jahr gibt es wenig bis nichts auszusetzen.
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Das statistisch kompletteste Rookie-Jahr seit Robertson. Simmons ist nur bedingt als echter Point Guard zu bezeichnen, was ihm hier einige Minuspunkte einbringt. Philly holte stolze 24 Siege mehr als im Vorjahr. Nun aber zur Top 5!
PLATZ 5:
PLATZ 4:
Mark Jackson
Derrick Rose
(1987/88, New York Knicks) 13,6 Punkte, 10,6 Assists, 4,8 Rebounds, 2,5 Steals, 44,8 eFG%, 15,6 PER, 7,6 Win Shares, 3,9 VORP
(2008/09, Chicago Bulls) 16,8 Punkte, 3,9 Rebounds, 6,3 Assists, 48,2 eFG%, 16 PER, 4,9 Win Shares, 1,2 VORP
Fotos: Focus on Sport/D. Clarke Evans/Christian Petersen/Andy Hayt/NBAE via Getty Images/Doug Pensinger /Allspor
Mama, there goes that man! Jackson kam nach vier Jahren am St. John’s College sehr reif in die Liga und legte im Alter von 22 Jahren gleich seine womöglich beste Saison in der NBA hin, die ihm gleichzeitig auch den Award als „Rookie of the Year“ einbrachte. Seine 10,6 Assists pro Spiel sind bis heute ein Rookie-Rekord, später in seiner Karriere war er sogar der Grund für eine Regeländerung. Da sich Jackson so gerne im Post platzierte und 15 Sekunden am Stück mit dem Rücken zum Korb abwartete, bis sich eine Assist-Möglichkeit bot, führte die NBA die „Mark Jackson Rule“ ein, um zu verbieten, dass Spieler fünf Sekunden oder mehr mit dem Rücken zum Korb dribbeln. Nicht nur deshalb fällt es eher schwer, sich Jacksons eher langsames Spiel in der heutigen Liga vorzustellen. Aber sei’s drum: Zu seiner Zeit funktionierte Jacksons Spiel blendend, gemeinsam mit Patrick Ewing sorgte er dafür, dass die Knicks in seiner Rookie-Saison stolze 14 Siege mehr holten als im Vorjahr und zum ersten Mal nach drei Jahren Pause wieder in die Playoffs einzogen. Dort wurde gegen die Celtics verloren, Jackson verkaufte sich mit 14,3 Punkten und 9,8 Assists aber auch hier sehr ordentlich. Sein Spiel beschrieb Jackson in einem Feature der „Sports Illustrated“ aus dem Jahr 1988 mal sehr einleuchtend: „Beim Basketball ist die Geschwindigkeit überhaupt nicht wichtig. Ein großartiger Spieler wie Larry Bird hat quasi gar kein Tempo. Es geht vor allem darum, deinem Gegenspieler einen Nachteil zu verschaffen.“ Dass er selbst in der Draft auf Position 18 fiel (bis Malcolm Brodgon 2017 war Jackson der letzte Nicht-LotteryROTY), lag seiner Meinung nach auch daran: „Die Scouts und Kritiker bewerten Basketballspieler wie Eiskunstläufer – die schönen kriegen die 10,0. Sie haben nicht gesehen, was ich gemacht und wie ich es gemacht habe. Ich war nie spektakulär, ich habe es einfach getan.“
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Explosive Point Guards gab es vorher schon einige, insbesondere kommt einem Francis in den Sinn – und Iverson natürlich sowieso. Rose allerdings trieb diese Berufsbezeichnung auf die Spitze, allein in seiner Rookie-Saison sammelte er mehr Poster ein als ein übermotivierter Teenager. Mehr noch als das spricht indes der Impact, den Rose auf sein neues Team hatte, für diese hohe Platzierung. Als Hometown-Kid hauchte Rose der darbenden BullsFranchise neues Leben ein, war die Identifikationsfigur, die Chicago im Prinzip seit einem gewissen Michael Jeffrey Jordan gesucht hatte. Rose spielte vorne wie hinten mit großem Eifer und Einsatz und konnte sein Team schon als 20-Jähriger mitreißen. Am Ende von knappen Spielen stand er nicht immer auf dem Court, trotzdem war er hauptverantwortlich für eine Verbesserung um acht Siege im Vergleich zum Vorjahr sowie das Erreichen der Playoffs. Dort konnte Rose seine ohnehin schon starke Spielzeit sogar noch steigern: In der Erstrundenserie gegen den amtierenden Meister aus Boston legte Rose das (gleichauf mit Kareem Abdul-Jabbar) punktreichste Rookie-Debüt der Geschichte hin, das Luka Doncic mit 42 Zählern im Jahr 2020 übertroffen hat (36 Punkte, 11 Assists). Die jungen Bulls zwangen die Celtics tatsächlich sogar in ein siebtes Spiel. Über die Serie sah Rose mit seiner 20-6-6-Statline genau wie der Superstar aus, der er nur zwei Jahre später sein sollte, als er als jüngster Spieler der NBA-Historie MVP wurde. Die traurige Geschichte seither ist bekannt, seine ersten drei Jahre in der NBA präsentieren aber allein schon einen recht faszinierenden Hall-of-Fame-Case. Den Grundstein legte sein Rookie-Jahr. Rose war als Debütant ähnlich spektakulär unterwegs wie Morant, suchte im Gegensatz zum Grizzlies-Guard etwas weniger den Pass als den eigenen Abschluss. Auch er konnte das Spiel aber gut lesen, und auch er landete bei seinen halsbrecherischen Drives zum Korb des Öfteren auf dem Hosenboden. Eint die beiden eine Schwäche, ist es der Wurf – ein konstanter, stabiler Shooter ist „D-Rose“ auch in seinen späteren Jahren nicht geworden. Morant war hier als Rookie schon einen Schritt weiter.
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Rookie-Point-Guards
PLATZ 3:
PLATZ 2:
Isiah Thomas
Jason Kidd
(1981/82, Detroit Pistons) 17,0 Punkte, 2,9 Rebounds, 7,8 Assists, 2,1 Steals, 43,2 eFG%, 14,5 PER, 2,3 Win Shares, 0,7 VORP
(1994/95, Dallas Mavericks) 11,7 Punkte, 5,4 Rebounds, 7,7 Assists, 1,9 Steals, 42,6 eFG%, 15,1 PER, 3,7 Win Shares, 2,0 VORP
O Der beste Point Guard aus Chicago war Rose trotzdem weder „insgesamt“ noch als Rookie. Beide Titel gehen an „Zeke“, der es bereits in seiner ersten Saison ins All-Star-Game schaffte und bei den Detroit Pistons eine mindestens vergleichbare Kehrtwende mit sich brachte wie Rose später in seiner rund 300 Meilen entfernten Heimatstadt. Thomas kam 1981 zum zweitschlechtesten Team der NBA und machte dieses nahezu umgehend konkurrenzfähig. Er war vom ersten Tag an der beste Spieler seiner Mannschaft und der unumstrittene Anführer. Mit dem (großzügig gemessen) 1,85 Meter großen Guard gewannen die Pistons umgehend 18 Spiele mehr als im Vorjahr, auch wenn die Playoffs knapp verpasst wurden. Thomas’ Spiel war dabei nicht unbedingt Analyticsfreundlich, insbesondere sein Scoring. Einen guten Wurf von draußen eignete er sich nie wirklich an, stattdessen nahm er recht viele Versuche aus der Mitteldistanz und schwierige Finishes in unmittelbarer Korbnähe, wo ihm seine geringe Größe nicht behilflich war. Das erklärt eine verhältnismäßig niedrige effektive Wurfquote, die allerdings nur die halbe Wahrheit erzählt. Denn: Thomas nahm viele seiner Würfe im letzten Viertel gegen deutlich erhöhten Druck in der Defensive. Wenige Point Guards verkörperten so sehr wie er die Devise, über drei Viertel die Teamkollegen zu involvieren, um dann im letzten Viertel vermehrt selbst zu übernehmen. Er hätte deutlich mehr scoren und sich leichtere Abschlüsse selbst holen können – aber Thomas verlor nie den Fokus auf das große Ganze und wusste, dass er sein Team mitnehmen musste. Dass es auch anders ging, zeigte er jedoch oft genug. Bei seinem NBA-Debüt legte er 31 Punkte und 11 Assists auf, drei weitere 30+-Punkte-Spiele folgten. Auch mit nur 12 oder 13 Punkten beeinflusste er aber nahezu jedes Spiel positiv, zumal er auch ein bärenstarker Verteidiger war. Im Prinzip schaffte Thomas in Detroit über ein solides Jahrzehnt die Blaupause für klassisches Point-Guard-Spiel in Perfektion – und das ließ sich schon sehr früh erkennen. „Nach einer schlechten Phase berief Isiah ein Teammeeting ein, unerhört für einen Rookie, und sagte: ‚Ich bin nicht hergekommen, um zu verlieren, und wenn ihr nicht gewinnen wollt, dann spielt nicht.‘ Er war 20 und hat sich mit jedem angelegt. Von dem Tag an war es Isiahs Team“, erinnerte sich FOX-Sports-Kommentator Greg Kelser später an den jungen Isiah. Nicht aus Zufall wurde Thomas der wichtigste Piston der Geschichte.
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O Gerade auf der Eins gibt es so einige Spieler, die eine Partie beeinflussen und sogar dominieren können, ohne dabei selbst großartig als Scorer aufzufallen. Kidd war dafür über lange Jahre womöglich das extremste Beispiel: Als er in die Liga kam, war sein Jumper so schlecht, dass man ihm den Spitznamen „Ason“ verpasste – er hatte halt keinen „J“. Und trotzdem war sein Einfluss nicht von der Hand zu weisen. Kidd konnte nicht effizient scoren, aber er konnte alles andere. Zu Beginn seiner Karriere war Kidd sehr schnell, eine gute Länge und defensive Instinkte hatte er über seine gesamte Laufbahn. Er las das Spiel besser als fast jeder andere vor oder nach ihm und machte während seiner Hall-of-Fame-Karriere eine Heerschar von Rollenspielern zu Multimillionären. 1994 kam er bei den Mavs zu einem Team, das in Jamal Mashburn und Jim Jackson zwar zwei interessante Talente hatte, in der Vorsaison aber mit nur 13 Siegen das mit ziemlich großem Abstand schlechteste Team der Liga gewesen war. Im Jahr davor waren es sogar nur elf gewesen, niemand nahm die Mavs auch nur im Geringsten ernst. Das „New Kidd in Town“, wie der Point Guard vermarktet wurde, sollte das ändern. Und das tat er auch. Dallas gewann mit dem neuen Floor General gleich 23 Spiele mehr als in der Vorsaison, keiner der hier diskutierten Einser brachte einen größeren Turnaround mit sich. Vor allem offensiv war sein Einfluss unglaublich: Satte sieben Punkte mehr erzielten die Mavs mit Kidd pro 100 Ballbesitze. Insbesondere den Fastbreak lief abgesehen von Magic vermutlich kein Point Guard jemals mit größerer Effizienz und gleichzeitig mehr Style. Die „drei Js“ implodierten zwar wenig später aufgrund der berühmten „Affäre“ mit Toni Braxton, als Rookie sorgte Kidd jedoch für enorme Begeisterung und teilte sich auch den ROTY-Award mit Grant Hill. Es war der Auftakt für eine Hall-of-Fame-Karriere, die keinen wirklich geradlinigen Verlauf nahm, denn Kidd musste erst 38 Jahre alt werden, um dann erneut bei den Mavs spielend einen Titel zu gewinnen. Zu diesem Zeitpunkt waren zwei Drittel seiner Würfe aus dem Feld Dreier – es blieb also nicht bei „Ason“.
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Fotos: Joe Murphy/Focus on Sport/Getty Images
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(2005/06, New Orleans/ Oklahoma City Hornets) 16,1 Punkte, 5,1 Rebounds, 7,8 Assists, 2,2 Steals, 45,6 eFG%, 22,1 PER, 10,4 Win Shares, 5,1 VORP
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Chris Paul
Man wird nicht aus Zufall zum „Point God“. Paul legte die einzige moderne Point-Guard-Saison hin, die sich auch in Sachen Advanced Metrics mit Magic Johnsons Debütjahr messen kann, und entwickelte dabei gewissermaßen die alte Formel von Thomas weiter. „CP3“ war als Rookie zwar noch kein guter Schütze (28,2 3P%), er musste jedoch respektiert werden. Das öffnete alles andere. Ähnlich wie Thomas war Paul in seinen ersten Jahren atemberaubend schnell und dazu noch richtig athletisch. So komisch das heutzutage klingt, selbst Poster-Dunks lieferte Paul mehr als nur einmal (Grüße an Dwight Howard). Auch bei ihm kam und kommt das Scoring jedoch nie an erster Stelle, denn Paul ist noch ein „echter“ Floor General. Schon als Rookie spielte er die fünftmeisten Assists der Liga und hob das
Offensivrating der Hornets immerhin um 4,0 Punkte an. Noch wichtiger natürlich: Das zuvor zweitschlechteste Team der Liga (18 Siege) gewann mit ihm immerhin 38 Partien, auch wenn es in Jahr eins noch nicht für die Postseason reichte. Blickt man allerdings auf den damaligen Kader der Hornets (mal abgesehen von David West), ist 38 schon eine mehr als beeindruckende Zahl. Pauls Rookie-Saison ist auch aus analytischer Sicht nahezu beispiellos für Point Guards. Er belegte ligaweit Platz 20 beim Player Efficiency Rating (man beachte noch einmal die Dreierquote), Platz 17 bei den Win Shares, Platz 14 beim Box Plus/Minus und Platz 16 beim Value Over Replacement Player – wie erwähnt auf einer Position, die normalerweise erst mühsam erlernt werden muss. Paul eroberte die NBA im Sturm und wurde
völlig zu Recht zum „Rookie of the Year“ gewählt, selbst ins All-Star-Game hätte er als Neuling wohl bereits gehört. „So gut war ich nie“, ließ sich sogar Thomas im Lauf von Pauls Rookie-Saison zitieren – dem würden wir zwar widersprechen, aber zumindest für Rookies, die nicht Magic heißen, hat „CP3“ den bisher gültigen Goldstandard gesetzt. Ganz ohne Seitenhieb geht es übrigens auch nicht: Es zeichnete sich bereits vor der Draft ab, dass Paul der beste Spieler seines Jahrgangs sein würde. Die Atlanta Hawks zogen an zweiter Position trotzdem Marvin Williams, OBWOHL sie eigentlich einen Point Guard brauchten. Der durch Hurrikan „Katrina“ erschütterten Stadt New Orleans haben sie damit möglicherweise die BasketballExistenz gerettet. redaktion@fivemag.de
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Fotos: Jeffrey D. Allred/NBAE via Getty Images
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OG Anunoby hat sich in seiner dritten NBA-Saison zu einem nahezu perfekten modernen Rollenspieler entwickelt. Abgeschlossen ist seine Evolution deswegen aber noch lange nicht … Text: Ole Frerks
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as muss ein moderner Flügel heutzutage können, der kein Superstar ist und trotzdem von jedem Team mit Kusshand genommen werden würde? Der ohne Probleme in jedes Team integriert werden könnte? Was muss er haben, damit ein Coach nicht genügend Spieler seiner Bauart im Kader haben wollen würde? Die oberflächliche Antwort darauf ist knapp und klingt dem Namen nach wie eine Boygroup aus den 90ern: „3&D“ … Dreier werfen, Defense spielen. Dieser Stempel wird mittlerweile vielen Flügelspielern aufgedrückt, die defensiv zumindest nicht ständig negativ auffallen und vorne an guten Tagen zwei Dreier treffen können. „3&D“ ist sozusagen ein Qualitätssiegel für Rollenspieler. Dabei sind die echten Exemplare immer noch rar – sonst wären sie nicht so heiß begehrt. Die Unterschiede in dieser Spieler-Kaste sind massiv, obwohl der Stempel so ein simples Jobprofil suggeriert. Wer richtig gut in beiderlei Hinsicht ist, fällt trotzdem auf und kann fest damit rechnen, eine lange und lukrative Karriere hinzulegen. OG Anunoby hat sich in seiner dritten Saison weit oben an der Spitze dieser Kategorie eingenistet. Mit nur 23 Jahren gehört der gebürtige Londoner bereits zu den weltbesten Rollenspielern – dabei ist ihm ein Jahr seiner Entwicklung beinahe ein Stück weit verloren gegangen. Die Geschwindigkeit dieser Entwicklung wiederum suggeriert,
dass Anunoby noch längst nicht am Ende angekommen ist. Das macht ihn zu einem der spannenderen Spieler der Liga, zumal er die Langzeitplanungen seines Teams entscheidend beeinflussen könnte. Eine gewisse Unvorhersehbarkeit gehört bei Ogugua Anunoby jedoch scheinbar einfach dazu.
King James wusste Bescheid
Eine kurze Zeitreise. Anunoby wurde 2017 primär deshalb erst an 23. Stelle gedraftet, weil er sich am College in Indiana einen Kreuzbandriss zugezogen hatte. Seine Eckdaten klangen jedoch schon damals nach einem prototypischen NBA-Wing: riesige Hände, 2,03 Meter Größe, knapp 2,20 Meter Armspannweite, gebaut wie ein Felsblock, defensiv äußerst switchable, vorne mit den Ansätzen eines guten Shooters (36,5 Prozent Dreierquote in zwei College-Jahren). Im Gegensatz zu vielen anderen Spielern mit vergleichbaren Maßen übertrug Anunoby sein Game nahezu sofort auf das neue Level. Bereits im 13. NBA-Spiel machte ihn Raptors-Coach Dwane Casey zum Starter, weil er die Defense verbesserte und seine Dreier traf (37,1 3P% als Rookie). Mit 20 Jahren hinterließ er als Playoff-Starter gegen die Wizards einen starken Eindruck, beim Sweep durch LeBron James’ Cavs wiederum zahlte er – wie auch sein ganzes Team – überwiegend Lehrgeld. Anunoby war im dritten Spiel der Verteidiger, über den James seinen absurden einhändigen Running Bankshot mit der Sirene versenkte, was einerseits bitter war und andererseits zeigte, wie viel Vertrauen die Raptors schon damals in ihren Youngster setzten. Anunoby traf in diesem Spiel nebenbei auch vier von sieben Dreiern, war mit 18 Zählern nach Kyle Lowry Torontos bester Offensivspieler. „Ich denke, seine Zukunft sieht rosig aus“, war selbst James damals beeindruckt von Anunoby. „Eigentlich hat seine Zeit schon angefangen.“ Auch Casey zeigte sich angetan: „Es gibt niemanden, der James im Eins-gegen-
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eins stoppt, aber er lässt ihn für jeden Zentimeter auf dem Platz hart arbeiten, und so muss es sein.“ Offensiv sei Anunoby „eine positive Überraschung“ gewesen.
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Den Sweep verhinderte Anunoby aber nicht – ebenso wenig wie das Aus von Coach Casey, der durch seinen Assistenten Nick Nurse ersetzt wurde. Oder den Umbau bei den Raptors, die den vermeintlichen Franchise-Player DeMar DeRozan für einen echten Franchise-Player namens Kawhi Leonard nach San Antonio tradeten. Allerdings wurden die Spurs schon damals harsch dafür kritisiert, dass sie in diesem Deal weder Anunoby noch Pascal Siakam zurückbekamen und dazu auch noch Danny Green „verschenkten“. Ein Trade, der aus ihrer Sicht mit jedem Jahr ein bisschen schlimmer aussieht. Dabei lag dies zunächst vor allem an Siakam. Der Kameruner überholte Anunoby in der internen Hackordnung und nahm auch dessen Platz als Starter ein, was allerdings nicht nur an seiner eigenen (beispiellosen) Entwicklung lag. Zu Beginn des Training Camps 2018 verstarb Anunobys Vater, es war der Startschuss für ein sehr kompliziertes Jahr mit Ablenkungen neben dem Court und Verletzungen, die ihn immer wieder ausbremsten, wenn es gerade besser zu werden schien. So auch direkt vor den Playoffs 2019, als sich Anunoby einer NotfallAppendektomie unterziehen musste und damit den gesamten Titellauf seines
„OG wird für eine richtig lange Zeit richtig gut in dieser Liga sein.“ Kyle Lowry -----------
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Teams verpasste. Während Siakam den Sprung zum Star machte, erlebte Anunobys Spiel in Jahr zwei eine gewisse Regression, zumal er regelmäßig abseits seiner angestammten Small-Forward-Position spielen musste. Siakam unterschrieb vor der Spielzeit 2019/20 eine vorzeitige Vertragsverlängerung (vier Jahre, 130 Mio.) und wurde zum neuen FranchisePlayer. Dennoch war es offensichtlich, dass auch Anunoby in dieser Saison ein Schlüsselspieler sein würde. Mit Leonard
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und Green verließen schließlich gleich zwei Starter den Champion Richtung Los Angeles, der Weg war also (wieder) frei. Der Geist nach einem Sommer mit viel Training – unter anderem mit Kobe Bryant – ebenfalls. „Sein Körper sieht großartig aus, er ist wieder gesund. Er wirkt vom Kopf her sehr frei, klar und zufrieden. Er spielt im Training jetzt häufiger mit einem Lächeln im Gesicht, und ich denke, er wird wirklich ein großartiges Jahr haben“, sagte Nurse beim Medientag 2019. Er sollte recht behalten.
Die Antwort auf Stars
Anunoby ist seit Saisonbeginn wieder Vollzeitstarter – nicht aus Not, sondern aufgrund seiner Klasse. Defensiv war er von Beginn seiner Karriere an überdurchschnittlich, in Jahr drei ist er auf dem Weg zum Elite-Verteidiger. Nurse setzt ihn auf fast alle gegnerischen Stars an, die Größe ist unwichtig. Zwischen Spencer
Dinwiddie und Anthony Davis hat Anunoby schon alles verteidigt. Natürlich ist er auch die erste Antwort auf Spieler wie LeBron, Kawhi oder Giannis Antetokounmpo – Siakam wird hier mit zunehmender Offensivlast weniger zugemutet, Anunoby wiederum wendet hier den Großteil seiner Energie auf. Er ist sehr beweglich und trotzdem kräftig genug, um Bully-Ball zu verhindern. Er versteht seine Rotationen und setzt seine Länge ein, um Lücken schnell zu schließen. In einem Kollektiv von unheimlich intelligenten Teamverteidigern sticht Anunoby bei Toronto als wohl wertvollster Individualverteidiger heraus, insbesondere auf dem Flügel. In der Regular Season erlaubte er gegen Isolationen (wohlgemerkt gegen die besten NBA-Spieler) nur 0,61 Punkte pro Ballbesitz, gut für das 93. Perzentil. Beim Defensive Real Plus-Minus von ESPN war er 2019/20 der fünftbeste Spieler auf seiner Position.
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Siakam > OG?
Während Defensive bekanntlich mit Zahlen unheimlich schwer zu greifen ist, sticht bei Anunoby vor allem die Vielseitigkeit heraus. Der Statistik „Versatility“ von „BBall Index“-Experte Krishna Narsu zufolge verteidigte Anunoby zu je 24 Prozent Small Forwards und Shooting Guards, zu 22 Prozent Power Forwards und zu 16 respektive 13 Prozent Point Guards und Center! Fred VanVleet lobte diese Vielseitigkeit, nachdem Anunoby in aufeinanderfolgenden Partien LeBron James und Heat-Center Bam Adebayo verteidigt hatte: „Egal, gegen wen er spielt, er ist unser primärer Verteidiger, und je mehr er diese Rolle annimmt, desto mehr Erfolg werden wir haben. Er kann deiner Offense sehr viele Probleme bereiten, und mit seiner Größe, Geschwindigkeit und Stärke gibt es eine lange Liste von Leuten, die er verteidigen muss. Er gibt uns diese Variabilität, von der in letzter Zeit immer gesprochen wird.“
Nur Gasol wirft weniger
Fotos: Kim Klement-Pool/David Sherman/Kevin C. Cox/Michael J. LeBrecht II/NBAE via Getty Images
Für den Moment beschränkt sich dieser Ausdruck in erster Linie noch auf Anunobys Defense, doch auch die Offense trendet in die richtige Richtung. In der Regular Season schraubte er seine Dreierquote auf 39,0 Prozent, seine True Shooting Percentage von 58,4 reichte ligaweit sogar für den 19. Platz. Aus den Ecken
trifft Anunoby über 40,0 Prozent, fast ausschließlich aus dem Catch-and-Shoot, aber auch vom Flügel drückt er mittlerweile recht gerne und effektiv ab. Die Mitteldistanz meidet er nahezu komplett, direkt am Korb schließt er mit 68,0 Prozent ab. Sein Wurfprofil ist damit das eines prototypischen modernen Rollenspielers, der in der Ecke parkt oder opportunistisch Backdoor-Cuts läuft, inklusive der niedrigen Usage Rate (14,3 Prozent). Marc Gasol ist der einzige Raptors-Rotationsspieler, der 2019/20 weniger Angriffe abschloss als Anunoby. Beim Spanier ist dies gewissermaßen der erklärte Wunsch,
bei Anunoby ist es mehr eine Frage der Rolle – und der Limitierungen. Anunoby kam mit einem schwachen Ballhandling in die Liga, was ihn gerade bei Drives und dem Attackieren von Closeouts limitierte, allerdings hat er hier bereits große Fortschritte gemacht. Noch als Rookie hatte Anunoby bei seinen 1,9 Drives eine Turnover-Rate von 13,5 Prozent, 2019/20 waren es 3,5 Drives und deutlich leichter tolerierbare 8,4 Prozent. In den Seeding Games in Orlando trat er mit neuer Konsequenz auf, die er seiner „unermüdlichen“ Arbeit am Ballhandling während der QuarantäneZeit zuschrieb. Diese sollte ihm auch beim Bewältigen seiner letzten größeren Schwäche behilflich sein. Bei aller Kraft und Agilität ist Anunoby bisher nämlich nicht in der Lage gewesen, konsequent an die Freiwurflinie zu gehen. Im Gegenteil: 1,5 Freebies pro Partie in dieser Spielzeit waren ein deutliches Career High, sind eigentlich aber natürlich zu wenig, um einen größeren Anteil an der Offensive zu beanspruchen. Je wohler er sich damit fühlt, aggressiv zum Korb zu gehen, desto mehr sollte sich auch diese Zahl in die richtige Richtung entwickeln. Das Gute für Anunoby: Obwohl es erst sein drittes Jahr ist, spielt er gewissermaßen
ein gutes Player-Development-Team in Toronto und natürlich ohnehin die nötigen körperlichen Voraussetzungen. Ungewiss wiederum ist, inwiefern Toronto es sich leisten kann, diesen Diamanten weiter zu schleifen. In der 2020er Offseason kann Anunoby erstmals eine Vertragsverlängerung unterzeichnen, Raptors-Chef Masai Ujiri schielt aber bekanntlich auf den potenziell stark besetzten Free-Agent-Jahrgang 2021, in dem auch ein gewisser griechischer Freak eventuell zu haben sein wird. Da wird der General Manager die Bücher vorerst nicht weiter belasten wollen, sofern Antetokounmpo nicht ohnehin vorher einen Supermax-Vertrag unterschreibt. Für 2021/22 stehen bei den Raptors bisher nur Siakam und Norman Powell unter Vertrag, die höchste Priorität in dieser Offseason dürfte wohl Fred VanVleet haben. Bei Anunoby hingegen ist erst im nächsten Sommer mit einem neuen Arbeitspapier zu rechnen. Bis dahin wird die Chefetage der Raptors sehr genau beobachten, ob er mehr den Schritt zu einem Star in der Offensive schafft oder einfach nur die Blaupause eines Rollenspielers bleibt. Sorgen wird sich so oder so niemand um Anunoby machen müssen. „OG wird für eine richtig lange Zeit richtig gut in dieser Liga sein“, sagt Kyle Lowry korrekterweise. Für die aktuelle Version
bereits mit House Money. Ein fähiger „3&D“-Akteur, was ihm vor der Draft 2017 prognostiziert wurde, ist Anunoby bereits – und eben noch mehr. Er hat jetzt schon genug gezeigt, um sich bei guter Gesundheit ein solides Jahrzehnt in der NBA zu halten und dabei jede Menge Geld zu verdienen. Alles, was noch hinzukommt, ist prinzipiell ein Bonus – und dieser ist in Reichweite, um im Vertragssprech zu bleiben. Anunobys Weg zu einem Spieler, der hocheffiziente 17 Punkte erzielt, elitär verteidigt und damit mindestens in der All-Star-Konversation landet, ist nicht so weit. Er hat die richtige Arbeitseinstellung,
von Anunoby hätte vermutlich jedes Team einen Platz im Kader, da er so vielseitig ist: Er würde bei den Microball-Rockets ebenso reinpassen wie bei den Lakers mit ihrem großen Frontcourt. Spieler, die die Flügel-Superstars der Liga solide verteidigen können, stehen hoch im Kurs in einer Zeit, in der diese die moderne NBA dominieren. Umso mehr, wenn jene Verteidiger dann auch noch in der Offensive effizient agieren und die Superstars auf der anderen Seite zumindest ein wenig beschäftigen. OG Anunoby tut all dies jetzt schon. Und bald tut er vermutlich noch mehr. redaktion@fivemag.de
Der Floor ist schon erreicht
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NICK NURSE OUTSIDE THE BOX Mit Nick Nurse verbinden viele die „Box-and-One“Defense. Doch diese in der NBA ungewöhnliche Verteidigungsstrategie ist nur ein Bespiel für den Innovationsgeist des Meistertrainers von 2019. Vor seiner Zeit bei den Toronto Raptors musste Nurse in der G-League und in Großbritannien Lehrgeld zahlen – doch dies half ihm, zu dem zu werden, der er heute ist. Text: Manuel Baraniak
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Fotos: David Sherman/NBAE via Getty Images
ine Basketball-Nation ist Großbritannien beileibe nicht. Die beste Platzierung bei einer Europameisterschaft war ein 13. Rang, an einer Weltmeisterschaft hat die britische Auswahl noch nie teilgenommen. Die Versuche der Euroleague, nachhaltig ein Team in London zu installieren, sind bislang stets gescheitert. Und kennt ihr den derzeit besten britischen Basketballer? Nein? Gut, wir nämlich auch nicht. Und doch kreuzten sich in der britischen Basketball-Liga einst
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die Wege zweier Akteure, die die jüngere NBA-Geschichte durchaus geprägt haben: die von Nick Nurse und Masai Ujiri. Der eine ist momentan Headcoach, der andere „President of Basketball Operations“ der Toronto Raptors. Und damit sind beide NBAChampions von 2019. Beide waren zu ihrer Zeit aber auch nicht wirklich talentierte Basketballer. In der Spielzeit 1996/97 lief Ujiri für das englische Team Derby Rams auf. Die Mannschaft, bei der Nurse sechs Jahre zuvor seine „Profikarriere“ begonnen hatte – als
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„Ich möchte andere Wege gehen. Manchmal werden sie vielleicht scheitern, aber was ist das nächste große Ding? Nick Nurse ist diese Art von Denker. Er denkt das Spiel einfach anders.“ Masai Ujiri -----------
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Spielertrainer. In der Saison 1996/97 ging Nurse in sein zweites Jahr als Headcoach der Birmingham Bullets – als Titelverteidiger. Doch so weit wäre es beinahe nicht gekommen, und Nurse hätte wohl keinen NBA-Meisterring am Finger stecken. „Wir standen bei 8-8, ich ging auf mein Hotelzimmer und dachte mir, dass ich vielleicht besser meine Sachen packen und nach Hause fliegen sollte“, erinnert sich Nurse an den ernüchternden Start in die Saison 1995/96. „Ich habe vier Dinge aufgeschrieben, von denen ich dachte, dass ich sie gerne tun würde.“ Leiter eines Freizeitzentrums, eine Arbeit in der Immobilienbranche oder etwas mit seinem Abschluss in Rechnungswesen anfangen – das waren drei der vier Dinge, die auf dem Zettel des damals 29-Jährigen standen. „Aber all diese Dinge sahen für mich wie absolute Scheiße aus … deswegen sagte ich mir, dass ich lieber an meinem Coaching arbeiten und dahintersteigen sollte.“ Ein gutes Jahrzehnt später lässt sich konstatieren, dass Nurse dies eindrucksvoll gelungen ist.
Fotos: Michael Reaves/Jesse D. Garrabrant/NBAE via Getty Images
Inside the Box
„Like a fool, I went and stayed too long“, wird sich Nurse damals auf dem Hotelzimmer in England vielleicht gedacht haben – bei seiner Mission, sich auf der britischen Insel einen Namen als Coach zu machen. Mit jenem Satz beginnt das Lied „Signed, Sealed, Delivered“ von Stevie Wonder, der erste Song, den die Soul-Legende in Eigenregie produzierte. Als die kanadische Band Arkells Ende Juni 2019 jenes Stück in Toronto zum Besten gibt, erscheint niemand Geringeres als Nick Nurse auf der Bühne – samt E-Gitarre in den Händen. Der passionierte HobbyMusiker – eigentlich ist das Piano sein Go-to-Instrument – unterstützt tatsächlich eine kanadische Alt-RockBand bei einer Cover-Version eines Stevie-Wonder-Songs … was für ein Beispiel des „Outside the Box“-Denkens des Meistertrainers. Wenige Wochen zuvor schockt Nurse die NBA-Welt mit einem anderen „Outside the Box“-Ansatz – und einer „Box-and-One“-Defense. Im zweiten Finals-Spiel gegen die Golden State Warriors packt Nurse diese besondere Verteidigungsstrategie aus: Während sich vier RaptorsSpieler in einer Zone aufstellen – zwei vorne, zwei hinten, also in Form eines Quadrats oder eben einer Box –, übernimmt ein Akteur, in diesem Fall Fred VanVleet, den gegnerischen Goto-Guy Stephen Curry.
Über seinen Spontaneinfall während einer Auszeit gut fünf Minuten vor Schluss und mit einem 94:106-Rückstand konfrontiert, sagt Nurse rückblickend: „Ich so: ,Ich denke über eine Box-and-One nach. Was denkt ihr?‘ Und sie so: ,Gut, und wie sieht die aus?‘“ Obwohl sich die Raptors darauf also nicht vorbereitet haben, funktioniert sie: Acht Angriffe in Folge und über fünf Minuten erzielen die Warriors keine Punkte, Stephen Curry wirft in dieser Phase kein einziges Mal auf den Korb, bis auf zwei Punkte kommen die Raptors heran – ehe Andre Iguodala mit dem Gamewinner-Dreier sieben Sekunden vor Schluss die furiose Aufholjagd Torontos beendet. „Ich kann mich nicht erinnern, dies jemals in der NBA gesehen zu haben“, zeigt sich Warriors-Coach Steve Kerr überrascht. „In der neunten Klasse hat eine Mannschaft mal eine gegen mich gespielt. Ich bin sehr stolz, dies verkünden zu dürfen: Wie Steph hatte ich eine Box-and-One gegen mich“, scherzt Kerr damals. Curry bezeichnet die Defensivstrategie derweil als „minderwertig“. Rückblickend mag Torontos Box-and-One vielleicht zu sehr gefeiert werden – schließlich verlieren die Raptors jene Partie, zudem ist diese Verteidigungsstrategie nicht der Schlüssel für den Gewinn der Meisterschaft gewesen. Aber sie steht exemplarisch für Nurses Philosophie, seine Taktik-Expertise sowie sein Selbstbewusstsein, auf solch einer Bühne zu improvisieren. Schon zuvor in den EasternConference-Finals zeigt Nurse mit einer damals eher ungewöhnlichen Methode, wie Bucks-Star und MVP Giannis Antetokounmpo zumindest zu bremsen ist. Die Raptors-Verteidigung macht die Zone dicht und baut sich zu einer Wand auf. Eine Strategie, die man mittlerweile häufiger sieht, die Nurse jedoch erst angestoßen hat. „Nurse ist so erfolgreich, weil er das Spiel liebt: Er ist ein Student des Spiels, er schaut ständig Videos an und findet immer Wege, dem anderen Coach gedanklich einen Schritt voraus zu sein“, stellt Curtis Stinson gegenüber „CBC News“ eine Stärke von Nurse heraus. Stinson spielte vier Jahre lang in der NBA G-League unter Nurse, beide feierten in Diensten der Iowa Energy einen Titel. „In der Verteidigung packt er diese unterschiedlichen Sachen aus, die andere Coaches noch nie gemacht haben. Von manchen Dingen hatte ich noch nicht mal gehört …“ Ob die NBA, deren Entwicklungsliga oder auch die
britische BBL – letztlich ist es immer noch derselbe Sport. „Als ich in die NBA gekommen bin und mit anderen Coaches gesprochen habe, sagten manche Sachen wie: ,Das ist nicht mehr die Entwicklungsliga, diese Dinge kannst du in der NBA nicht machen‘“, blickt Nurse im Podcast bei Zach Lowe auf eine gewisse Reserviertheit von außen zurück. „Aber genau das machen wir. Ich habe einfach die Gemeinsamkeiten gesehen: wie man ein Training leitet, wie man eine FilmSession durchführt, wie man den Gegner scoutet. Und wie man selbst ein Verlangen besitzt, seine Jungs dazu zu bringen, so gut und so hart wie möglich zusammenzuspielen. Das deckt eine Menge im Basketball ab.“
Outside the league
Bevor Nurse das Amt des Cheftrainers in Toronto übernehmen und zum neunten Coach der Liga-Historie avancieren kann, der in seinem ersten Jahr gleich den Meistertitel feiert, muss er erst mal einen Posten als Assistant Coach finden. Und davor versucht Nurse, in der NBA-Entwicklungsliga Fuß zu fassen, als „Einstiegspunkt“ in die NBA – was sich aber als äußert schwierig herausstellt. „Ich versuchte, zurück in die USA zu kommen. Es war einfach an der Zeit. Denn egal, wie viel ich hier [in England] gewann, es schien, als würde davon niemand Notiz nehmen“, schildert Nurse gegenüber „Sportsnet“ sein Vorhaben. „Aber ich konnte nicht einmal einen Job als Assistant Coach in der D-League ergattern.“ Im Jahr 2006 trägt die NBAEntwicklungsliga noch den Namen D-League und beheimatet gerade mal zwölf statt der mittlerweile 28 Mannschaften. Als Nurse in Des Moines, Iowa, von der Autobahn abfährt und die kürzlich fertiggestellte Wells Fargo Arena erblickt, reift bei ihm der Gedanke, dass man hier doch auch ein D-League-Expansion-Team installieren könnte. Den damaligen LigaPräsidenten Phil Evans kann Nurse recht schnell überzeugen. Über einen Freund und Trainerkollegen wird Nurse an Jerry Crawford, einen Anwalt im Bundesstaat Iowa, weitergeleitet, der das Projekt stemmen könnte. Der lehnt Nurses Vorschlag zwar zunächst mit den Worten „nicht ein weiteres verdammtes Minor-League-BasketballTeam“ ab – doch bereits ein Jahr später bestreiten die Iowa Energy (heute Iowa Wolves) ihr erstes Spiel in der Entwicklungsliga, mit Nick Nurse als Headcoach an der Seitenlinie. Nach 18 Jahren kehrt Nurse damit nach Iowa zurück. In
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seiner College-Zeit spielt Nurse für die University of Northern Iowa und bricht den Schulrekord für die höchste Dreierquote in einer College-Laufbahn. Dass es für eine NBA-Karriere jedoch nicht reichen würde, wird Nurse früh bewusst – weshalb er bereits in seinem Senior-Jahr mit der Rolle des Assistant Coaches die Weichen für eine Trainerlaufbahn legt. Als Spielertrainer fungiert Nurse schließlich auch 1990/91 bei den Derby Rams – zum Start seiner „Profikarriere“ als 23-Jähriger. In der britischen Liga kreuzen sich ein gutes Jahrzehnt später dann auch die Wege von Nurse und Mike Taylor: Nurse damals als Coach der Brighton Bears, Taylor als Trainer der Essex Leopards. Die beiden verbindet zudem ein gemeinsames Jahr bei den Rio Grande Valley Vipers, in der Saison 2011/12 assistiert Taylor dabei Nurse. Im Gespräch mit FIVE erklärt Taylor, dass Nurse „sich sehr früh selbst herausgefordert hat. Er wollte ein Headcoach sein, er wollte ein Team führen – also ging er nach Großbritannien. Dort hat er die Chance erhalten, wirklich zu arbeiten, zu wachsen und sich zu verbessern.“ Und das auch erfolgreich: Zwei Titel gewinnt Nurse in der britischen Liga, zweimal wird er zum „Coach des Jahres“ gewählt, mit den London Towers darf er in einer Saison auch in der Euroleague ran. „He paid his dues“, sagt der US-Amerikaner dazu, so beschreibt auch Taylor den Werdegang von Nurse. „Acht Jahre nach unserer gemeinsamen Zeit in der Entwicklungsliga gewinnt er einen NBATitel. Es ist ein Beweis, wie man sich nach oben arbeiten kann“, führt Taylor aus. „Für mich ist das inspirierend und ermutigend – er ist ein Vorbild.“ Als Nurse und Taylor beim Farmteam der Houston Rockets zusammenarbeiten, hat sich Nurse bereits ein gewisses Renommee aufgebaut. In vier Jahren in Iowa führt er die Mannschaft immer weiter und schließlich sogar bis zur Meisterschaft. Dann folgt der Wechsel zu den Vipers, mit denen Nurse in seinem zweiten Jahr ebenfalls den Titel in der Entwicklungsliga holt. An der G-League schätzt Mike Taylor Folgendes: „Wenn man als Trainer das System eines anderen Trainers coacht, dann erweitert es deinen Horizont. Es hilft dir bei der Entwicklung.“ Und Martin Schiller, der amtierende „G-League Headcoach of the Year“ und seit diesem Sommer Cheftrainer von Zalgiris Kaunas, meint im Interview in dieser Ausgabe: „Ich glaube, es ist die beste Liga der Welt, um als junger Headcoach anzufangen
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– weil du einfach coachen kannst. Und man kann ohne den unmittelbaren Druck coachen, nach vier Niederlagen in Folge vielleicht seinen Job zu verlieren. Daher finde ich die G-League für Trainer fast noch wertvoller als für Spieler!“ Schiller nennt die G-League auch ein „Labor“, in dem viel experimentiert wird. So lässt Nurse bei den Vipers über eine Zeitspanne von vier Wochen täglich 150 Imitationen von Freiwürfen üben, wie es Steve Nash vor einem Freiwurf immer getan hat. „Wenn es nicht funktioniert, dann knüllt man es einfach zusammen und wirft es weg. Aber was, wenn man wirklich etwas findet, das funktioniert und deinem Spiel hilft? Wenn man an etwas kratzt, das niemand zuvor versucht hat?“, führt Nurse seinen Innovationsgeist aus. Für die Rockets sind die Vipers auch die Gelegenheit, ihre „Moreyball“Idee zu testen. In beiden Jahren mit Nurse als Coach führen die Vipers die Liga beim Dreieranteil sowie der Pace an. Als Nurse 2013 schließlich einen Job als Assistant Coach in der NBA ergattert und bei den Raptors anheuert, verwundert es nicht, dass er später hauptverantwortlich für den Umschwung zu einer wesentlich moderneren Offensive ist. In der Saison 2017/18 stellen die Raptors schließlich die zweiteffizienteste Offensive der Liga. Doch trotz eines neuen FranchiseRekords von 59 Siegen wird der damalige Headcoach Dwane Casey – immerhin „Coach of the Year“ – entlassen. In die Playoffs lässt sich der Erfolg der Hauptrunde leider nicht übertragen, Caseys „Pound the rock“Ansatz soll deshalb frischem Wind Platz machen.
Inside the Job
„Die NBA ist eine Liga der Nachahmer. Wir kopieren alles, was jeder andere tut“, urteilt Masai Ujiri gegenüber „Sportsnet“ – und erklärt in dem Zusammenhang die Anstellung von Nurse. „Ich möchte andere Wege gehen. Manchmal werden sie vielleicht scheitern, aber was ist das nächste große Ding? Nick Nurse ist diese Art von Denker. Er denkt das Spiel einfach anders.“ So sehr Nurse die NBAWelt durch den Meistertitel positiv überraschte, nach dem Abgang von Finals-MVP Kawhi Leonard würde die Saison 2019/20 die richtige Reifeprüfung darstellen – auf die Nurse dann mit noch mehr Experimentierfreude reagierte. Box-and-One? Gibt es beispielsweise erneut in den Playoffs zu sehen, als die Raptors im sechsten Spiel gegen die Boston Celtics so Kemba Walker ausschalten. Mit einer
„Triangle and Two“ gegen Portland hält Toronto Damian Lillard bei 2 von 12 aus dem Feld. Durch eine Ganzfeldpresse gegen Dallas holt man einen 30-Punkte-Rückstand auf. Und eine Doppel-Strategie gegen James Harden ist so anders, dass laut Zach Lowe die Tracking-StatsFirma „Second Spectrum“ gar nicht die Leistungsfähigkeit hat, diese zu kategorisieren und einzuordnen … Die Idee der „Scram Switches“ – des schnellen Übergebens des Gegenspielers ballabseits, nachdem ein Defensivspieler am Ball verteidigt hat – vollziehen die Raptors sogar am Flügel, während andere Teams dies nur am Zonenrand tun. Dazu haben die Raptors eine „gewöhnliche“ 3-2-Zone im Repertoire – mit Pascal Siakam an der Spitze, wohlgemerkt einem Power Forward. „So viele Offensiven in der Liga, unsere eingeschlossen, bestehen aus FourOut, Drive-and-Kick und Spacing. Ich finde, oftmals braucht man seinem Gegenspieler nicht über das ganze Feld hinterherrennen – wenn du einfach auf derselben Seite des Feldes bleiben kannst und alles von einer Zone aus betrachtest“, erklärt Nurse, warum die Raptors so häufig wie keine andere Mannschaft in der NBA auf eine Zonenverteidigung zurückgreifen. Kein Team verändert seine Defensivkonzepte im Lauf der Hauptrunde mehr als die Raptors. Wenn in den Playoffs oftmals die Rede von „Adjustments“ ist, muss man auch anführen, dass Teams die Hauptrunde nutzen, um ihr System – und damit ihre Identität – zu verinnerlichen. Warum das System also umwerfen? Doch gerade weil Nurse so viel ändert, können die Raptors in den Playoffs auf so unterschiedliche Möglichkeiten zurückgreifen – und die Gegner vor Herausforderungen stellen. In den Playoffs 2020 war für die Raptors zwar in der zweiten Runde Endstation, doch die Sieben-Spiele-Serie gegen Boston war ein gleichwertiger, auch taktisch ansehnlicher Kampf. Der aber auch untermauert hat, dass Nurse an der Halbfeld-Offensive arbeiten muss – was wiederum mit der Entwicklung von Pascal Siakam zusammenhängt. Wenn Draymond Green sagt: „Es gibt 82-Partien-Spieler, und es gibt 16-Partien-Spieler“, und damit natürlich das gehobene Level in den Playoffs anspricht, dann kann man dies auch auf Coaches zurückführen (Schwenk auf Mike Budenholzer). Nick Nurse hat schon nach zwei Jahren als NBAHeadcoach bewiesen, dass er beides sein kann. Dank seines „Outside the Box“-Denkens. redaktion@fivemag.de
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BUBBLE LIFE Die Pandemie-Bubble von Orlando wird in die Geschichte der Association eingehen. Wir haben die Fotos fĂźr euch, damit ihr dieses hoffentlich einmalige Ereignis immer vor Augen habt. Fotos: Getty Images
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RISE & SHINE a n n a e r BSte wart Während in der WNBA derzeit die Playoffs laufen, schauen wir auf die besten Jungprofis der Liga. Dazu haben wir 25 aufstrebende Spielerinnen versammelt, die bereits brillieren und das Geschehen in der „W“ zukünftig dominieren. Es ist also „She Got Next“ angesagt.
Fotos: Ned Dishman/NBAE via Getty Images
Text: Christian Orban
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it nur zwölf Franchises und maximal 144 Kaderplätzen ist die WNBA eine Liga der Veteraninnen, die auf und neben dem Feld den Ton angeben. Zur entsprechend hohen Talentdichte tragen indes auch vielversprechende und leistungsstarke Youngsters bei. Das gilt besonders in dieser Saison, in der einige Ligagrößen vor allem aus gesundheitlichen Gründen nicht am Start sind. In Zeiten der „Wubble“ erhalten sonach zuvorderst
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jüngere Akteurinnen mehr Spielanteile und größere Rollen. Vielfach verstehen sie diese Chancen dann auch schon eindrucksvoll zu nutzen. Zugleich zeigen sich etablierte Jungstars nochmals verbessert und tragen Topteams. So gehören A’ja Wilson und Breanna Stewart gewiss zu den wertvollsten Spielerinnen der „W“. Hinzu kommen hochtalentierte Zweitjahresprofis und Rookies, welche zu begeistern wissen. Sie werden das Ligageschehen in den nächsten Jahren
nachhaltig mitbestimmen. Generell gilt dies für die 25 Spielerinnen, die wir hier im Rahmen einer „Bestenliste“ versammelt haben und vorstellen wollen. Es handelt sich dabei kultürlich um eine subjektive Übung, die Ausschlüsse bedingt. Nicht zuletzt hinsichtlich des Alters: Die Auserwählten waren zu Saisonbeginn ausnahmslos 25 Jahre oder jünger. Profis, die 2020 gesundheits- und verletzungsbedingt nicht (mehr) zum Einsatz kommen, finden gleichwohl Berücksichtigung.
#1 BREANNA STEWART
FORWARD | SEATTLE STORM | 26 JAHRE STATS 2020: 18,5 PPG, 62,9 TS%, 7,2 RPG, 3,2 APG, 1,5 SPG, 1,5 BPG Was Breanna Stewart in ihrer jungen Karriere bereits erreicht hat, ist eindrucksvoll: Sie ist die erfolgreichste Spielerin der NCAA-Historie (je viermal Champ und Most Outstanding Player), zweifache Weltmeisterin sowie OlympiaSiegerin mit den USA. 2016 war Stewart „Rookie des Jahres“, zudem 2018 sowohl MVP der Hauptrunde als auch der WNBA-Finals, als die Seattle Storm per Sweep die Meisterschaft einfuhren. 2019 wurde die für viele beste Spielerin der Welt zudem als wertvollste Akteurin der Euroleague ausgezeichnet. In diesem Jahr könnte „Stewie“ mit den Storm ihren zweiten MVP-Award und Meistertitel gewinnen. So präsentiert sie sich nach einem Achillessehnenriss im Vorjahr in bestechender Form. Stewart ist dabei eine komplette Spielerin ohne echte Schwächen. Mit ihrem Mix aus Länge, Beweglichkeit und Zähigkeit, ihrer Spielstärke und dem exzellenten Wurf ist sie nicht zu verteidigen. Die 1,93 Meter große Viererin brilliert als Dreierschützin (41,9 3P% bei 4,8 3PA) und aus der Halbdistanz. Sie ist versiert am Zonenrand, überaus abschlussstark am Ring und kommt an die Freiwurflinie. Leichtfüßig wie ein Guard, kann „Stewie“ auch per Drive attackieren und den Schnellangriff laufen. Als fähige sekundäre Playmakerin hat sie zudem ihre Nebenfrauen im Blick und weiß obendrein als aktive Verteidigerin zu überzeugen.
#2 A’JA WILSON
FORWARD | LAS VEGAS ACES | 24 STATS: 19,6 PPG, 53,3 TS%, 8,3 RPG, 1,8 APG, 1,3 SPG, 1,5 BPG Nach einer imposanten College-Karriere (Champ und MOP 2017, National Player of the Year 2018) spielte A’ja Wilson in ihrer ersten WNBA-Saison nicht minder beachtlich auf. So legte sie 20,7 Punkte, 8,0 Rebounds sowie 1,7 Blocks auf und führte die Liga bei den verwandelten Freiwürfen an. All-Star-Ehren und die Auszeichnung als „Rookie des Jahres 2018“ waren folgerichtig. 2019 verpasste Wilson verletzungsbedingt einige Partien, derweil ihre Gesamtproduktion aufgrund der Ankunft von Liz Cambage etwas zurückging. Ihre Klasse und Weiterentwicklung standen indes überhaupt nicht zur Debatte. In dieser Saison hat Wilson ohne Zonen-Dominatorin Cambage nun mehr Spielraum und liefert auf MVP-Niveau ab. Die größte Stärke der versierten Scorerin ist dabei ihr Faceup-Game und die Mitteldistanz ihr Wohlfühlbereich (besonders von den Elbows ist sie „money“). Mit ihrer Agilität und erstklassigen Fußarbeit liebt sie es, Gegenspielerinnen auszutanzen und Fouls zu provozieren. Indes darf die 1,93 Meter große Viererin noch öfter zum Ring gehen, wo sie sehr sicher finisht. Auch fehlt ihrem Spiel noch der Dreier – nur einen einzigen hat sie in der „W“ bislang versucht (16 in vier College-Jahren). Am eigenen Korb überzeugt Wilson als Rebounderin
A jna Wils o und effektive Verteidigerin. Nicht zuletzt sei an dieser Stelle auf ihre erfrischende Spiel- und Lebensfreude verwiesen.
#3 NAPHEESA COLLIER
FORWARD | MINNESOTA LYNX | 23 STATS: 15,6 PPG, 58,9 TS%, 8,8 RPG, 3,4 APG, 1,8 SPG, 0,9 BPG Wie Stewart und Wilson kann Napheesa Collier auf eine großartige College-Karriere zurückblicken. Bereits in ihrem ersten Jahr gewann sie 2016 mit den UConn Huskies um „Stewie“ den Titel. Drei weitere Final-FourTeilnahmen folgten. Heute ist Collier eine der (statistisch) herausragenden Absolventinnen des Vorzeigeprogramms. Auch in der WNBA wusste die vielseitige Flügelspielerin mit konstanten Leistungen direkt zu begeistern. So wurde sie 2019 für das All-Star-Game nachnominiert und avancierte wohlverdient zum „Rookie des Jahres“. Was Collier auszeichnet, ist ihre Reife und Abgeklärtheit. Sie weiß, was für sie funktioniert, forciert nichts und lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Entsprechend effizient agiert die smarte und spielstarke Allrounderin im Angriffsfluss. Sie schneidet klug zum Korb und finisht exzellent in der Zone. Zugleich arbeitet „Phee“ famos am offensiven Brett und strahlt auch aus der Distanz Gefahr aus. Verstärkt zeigt die 1,85-Meter-Frau zudem, dass sie den Ball auf den Boden setzen und verteilen kann. Bereits als Rookie bestach sie als Individual- und Teamverteidigerin, die gut antizipiert und mehrere Positionen decken kann. Abseits des Feldes hat Collier einen Buchklub sowie mit Wilson den Podcast „Tea with A & Phee“ an den Start gebracht.
#4 ARIKE OGUNBOWALE
GUARD | DALLAS WINGS | 23 STATS: 21,6 PPG, 51,9 TS%, 2,5 RPG, 3,3 APG, 1,8 SPG Bevor sie für die Dallas Wings auf Korbjagd ging, führte Arike Ogunbowale Notre Dame zum NCAATitel. So wurde sie 2018 als „Most Outstanding Player“ geehrt, nachdem sie sowohl im Halbfinale als auch im Meisterschaftsspiel den Gamewinner versenkte. In ihrem Abschlussjahr verhalf Ogunbowale (21,4 PPG) den Fighting Irish erneut zum Finaleinzug – doch vergab sie trotz 31 Punkten diesmal in den Schlusssekunden einen entscheidenden Freiwurf. In der WNBA brauchte die erwiesene Scoring-Maschine ein paar Partien, um sich einzufinden. Dann erzielte sie in 13 ihrer letzten
14 Saisonspiele 20 oder mehr Punkte, darunter fünfmal mindestens 30 Zähler. Letztlich konnte die Zweitplatzierte der Rookie-Wahl ligaweit den dritthöchsten Punkteschnitt vorweisen (19,1 PPG). Nur wenige Spielerinnen sind dabei so berauschend mit dem Ball in der Hand wie Ogunbowale. Jederzeit kann sich die explosive Dribblerin den eigenen Wurf kreieren, überall auf dem Feld strahlt sie Gefahr aus. Besonders in Transition und per Drive weiß die energische 1,73-Meter-Frau zu punkten. Hinzu kommt ihr guter Distanzwurf, den sie dank des schnellen Release selbstbewusst fliegen lässt. Indes lässt Ogunbowales Wurfauswahl und -effizienz noch zu wünschen übrig. Sekundäres Playmaking bringt sie derweil ballsicher ein. Am defensiven Ende hat sie etwas zugelegt.
#5 DIAMOND DESHIELDS
GUARD/FORWARD | CHICAGO SKY | 25 STATS: 6,8 PPG, 48,9 TS%, 1,8 RPG, 1,5 APG, 0,9 SPG, 17,2 MPG Aufgrund von Knieproblemen kam Diamond DeShields in dieser Saison zunächst nur in limitierten Minuten zum Einsatz. Vermag sie diese zu überwinden, wovon ausgegangen wird, kann eine der elektrifizierendsten Spielerinnen der Liga endlich den anvisierten Sprung zum Superstar vollziehen. Im Vorjahr wurde DeShields als Sophomore (16,2 PPG, 5,5 RPG, 2,4 APG) ins All-Star- und All-WNBA Second Team berufen. Zudem erreichte sie mit den Chicago Sky die Postseason und lieferte beachtlich ab: 25 Punkte in ihrem ersten Playoff-Spiel – in der LigaHistorie ist dies die fünfthöchste Ausbeute einer Debütantin. In physischer Topverfassung darf DeShields als die herausragende Athletin der „W“ gelten. 2019 generierte keine Spielerin im Schnellangriff mehr Punkte als die 1,85 Meter große Flügelscorerin, die durch ihren ausgeprägten Korbdrang besticht und furchtlos attackiert. Der explosive erste Schritt und eine imposante Hangtime sind hierbei ebenso hilfreich wie die Fähigkeit, Fouls zu ziehen. Abseits ihrer Abschlussstärke am Ring muss DeShields noch an ein paar Dingen arbeiten. Zuvorderst an ihrem Distanzwurf, der noch nicht zuverlässig fällt. Auch ihre linke Hand sowie die Effizienz und Entscheidungsfindung als Ballführerin sind verbesserungswürdig. Defensiv verfügt DeShields über Lockdown-Potenzial – das sie nur noch konstant abrufen muss.
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#6 KELSEY MITCHELL GUARD | INDIANA FEVER | 24 STATS: 19,0 PPG, 62,8 TS%, 2,6 RPG, 2,6 APG
Kelsey Mitchell amtiert als die erfolgreichste Dreierschützin der NCAA-Historie. In vier Jahren hat sie für die Ohio State Buckeyes insgesamt 3.402 Punkte (24,5 PPG) erzielt. Nur Namensvetterin Kelsey Plum konnte am College mehr Zähler verbuchen. Es ist also leicht ersichtlich, dass Mitchell als Scoring-Guard für „Buckets“ sorgen kann. Als zweiter Pick der 2018er Draft hat sie dies in ihren ersten beiden WNBA-Spielzeiten unter Beweis gestellt (12,7 bzw. 13,6 PPG). Doch ließ die exzellente Werferin dabei noch die gewünschte Effizienz und Konstanz vermissen. Den erwarteten Leistungssprung hat Mitchell nun in dieser Saison vollzogen. Zunächst ist ihre Wurfauswahl verbessert: So finisht die dynamische 1,73-Meter-Frau mehr denn je in Korbnähe. Rund die Hälfte ihrer Würfe sind weiterhin Dreier, die sie erstklassig trifft (43,2 3P% bei 6,8 3PA). Hierzu bewegt sich Mitchell klug ohne Ball, kann aber auch locker aus dem Dribbling einnetzen – ohne zu balldominant zu sein. Zudem vermag sie ihre Nebenfrauen einzubinden, wenngleich ihr Entscheidungsverhalten ausbaufähig ist. In der Verteidigung tut sich die „Splash Sister“ nach wie vor schwer.
#7 CHENNEDY CARTER GUARD | ATLANTA DREAM | 21 STATS: 17,0 PPG, 55,4 TS%, 2,4 RPG, 3,9 APG, 25,5 MPG
An der Texas A&M University machte Chennedy Carter als Scoring-Maschine (22,5 PPG) auf sich aufmerksam. Mit ihrer Geschwindigkeit und dem schnellen Wurf kreierte sich die 1,75 Meter große
Ballführerin jederzeit den eigenen Abschluss – wobei sie auch als kreative Playmakerin zu überzeugen wusste. Diese Qualitäten stellt Carter (vierter Pick 2020) nun in der „W“ einnehmend zur Schau. Als Rookie-Point-Guard geht sie selbstbewusst voran, pusht den Ball und bringt diesen gekonnt im Korb unter. Sie amtiert als jüngste Spielerin, die in einer WNBA-Partie mehr als 30 Punkte markiert hat. Beeindruckend ist vor allem, mit welcher Leichtigkeit Carter wiederholt in die Zone kommt und am Ring famos finisht. So ziehen nur wenige Spielerinnen mehr Freiwürfe. Dabei ist „Hollywood“ stets im Angriffsmodus: Sie weist ligaweit die höchste Nutzungsrate auf und kreiert sich mehr als drei Viertel ihrer Abschlüsse selbst. Zumal sie es ebenfalls versteht, den Mitspielerinnen den Ball zu servieren. Und auch wenn ihre Entscheidungsfindung und das Defensivverhalten noch ausbaufähig sind, gehört Carter fraglos zu den talentiertesten Youngstern der Liga.
#8 SABRINA IONESCU GUARD | NEW YORK LIBERTY | 22 STATS: 18,3 PPG, 59,3 TS%, 4,7 RPG, 4,0 APG, 26,6 MPG
Leider zog sich Nummer-eins-Pick Sabrina Ionescu in ihrem erst dritten Profispiel eine Knöchelverletzung zu, die für sie das vorzeitige Ende ihrer Rookie-Saison bedeutete. Zuvor hatte die Alleskönnerin ihr Superstar-Potenzial bereits eindrucksvoll aufscheinen lassen. So legte sie gegen die Dallas Wings 33 Punkte sowie jeweils sieben Rebounds und Assists auf. Sechs ihrer zehn Dreier netzte sie dabei ein. Schon jetzt dürfen sich alle Basketballfans auf Sabrinas (der Vorname
Saltyou Sabal
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genügt) Rückkehr im Trikot der jungen „Libs“ freuen … Ihre grandiosen College-Rekorde sind derweil wohl dokumentiert: Niemand hat in der Historie der NCAA mehr Triple-Doubles (26) generiert als die 1,80 Meter große Ballführerin. Sie ist die einzige Spielerin, die in der Division I 2.000 Karriere-Punkte sowie 1.000 Assists und 1.000 Rebounds gesammelt hat. Ebenso erhielt die vormalige Anführerin der Oregon Ducks zahlreiche nationale Auszeichnungen als „Player of the Year“.
#9 SATOU SABALLY
FORWARD | DALLAS WINGS | 22 STATS: 11,2 PPG, 46,7 TS%, 7,0 RPG, 2,2 APG, 0,9 BPG Während Ionescu pausieren muss, hat ihre einstige College-Mitspielerin wiederholt vielversprechende Leistungen dargeboten und ihr großes Talent aufblitzen lassen. Bereits in ihrer dritten WNBA-Partie lieferte Satou Sabally eine Glanzvorstellung ab: 23 Punkte (9/9 FT) gepaart mit 17 Rebounds – allein sieben davon im Angriff. Dieses Spiel verweist auch auf die Dinge, die für die junge Berlinerin in der „W“ bisher sehr gut funktionieren: Sie arbeitet vortrefflich am offensiven Brett, zeigt sich abschlussstark am Ring und extrem treffsicher von der Freiwurflinie (93,3 FT%). Sabally kann beide ForwardPositionen spielen und besticht mit ihrem Mix aus Länge, Beweglichkeit und Spielstärke. Gerade die Fähigkeit, den Ball auf den Boden zu setzen und sich den eigenen Abschluss zu kreieren, ist für 1,93 Meter große Spielerinnen keine Selbstverständlichkeit. Indes muss Saballys Wurf fallen (nur 5/32 Dreier), um Ogunbowale als CoStar ideal zu ergänzen. Defensiv hält sie ordentlich dagegen, ist aber gegen physische Bigs (noch) angreifbar und zu unerfahren.
#10 TEAIRA MCCOWAN CENTER | INDIANA FEVER | 23 STATS: 10,5 PPG, 53,2 TS%, 7,4 RPG, 0,7 BPG, 22,0 MPG
In ihrer Rookie-Saison hat Teaira McCowan 2019 an beiden Enden überzeugt. Zwar brauchte die 2,01 Meter große und physische Brettcenterin eine Weile, um in der „W“ anzukommen – doch dominierte sie nach der All-Star-Pause in imposanter Manier: 14,9 Punkte (bei 53,4 FG%), 10,9 Rebounds und 1,1 Blocks. Auch in dieser Saison demonstriert McCowan ihre Abschlussstärke am Korb und ihre Rebounding-Qualitäten. Nur Centerin-Legende Sylvia Fowles (ein gutes Vorbild) generiert mehr Zähler aus zweiten Wurfchancen. Indes darf McCowan ihre körperlichen Vorteile noch besser ausspielen und in der Zone dominanter sowie konstanter auftreten. Zugleich bleiben in ihrem Spiel größere Baustellen bestehen: Defensiv ist es die mangelnde Fußschnelligkeit, durch die sich die Verteidigung im Raum bzw. meist flinkerer Gegenspielerinnen schwierig gestaltet. Offensiv muss McCowan ihr Passspiel und idealerweise einen Mitteldistanzwurf entwickeln. Das Potenzial und die Lernbereitschaft sind definitiv vorhanden.
#11 ARIEL ATKINS
#12 JORDIN CANADA
#13 KIA NURSE
Die vielleicht beste Three-and-D-Akteurin der gesamten Liga war bereits im letzten Jahr ein extrem wichtiger Teil des Meisterteams der Washington Mystics. In dieser Saison versenken nur wenige Spielerinnen mehr Dreier als Drittjahresprofi Ariel Atkins. Knapp die Hälfte ihrer Wurfversuche nimmt sie von Downtown (47,3 3P%). Zugleich kann sie aber auch attackieren und aus dem Dribbling vorzugsweise den sicheren Halbdistanzwurf einnetzen. Hinzu kommt Atkins’ verlässliche Präsenz am anderen Ende des Feldes, wo sie druckvoll verteidigt und als Balldiebin besticht. Wiederholt wurde die 1,73 Meter große und robuste Flügelspielerin ins All-Defensive Second Team berufen.
Als Point-Guard-Legende Sue Bird 2019 verletzt fehlte, übernahm Jordin Canada den Spielaufbau der Storm. Mit Erfolg: Seattle erreichte überraschend die zweite Playoff-Runde, Canada begeisterte als offensiver Wirbelwind und Lockdown-Verteidigerin. Ob ihrer herausragenden Defense am Ball wurde die beste Balldiebin der Liga ins All-Defensive First Team gewählt. Im Angriff ist Canada (1,68 Meter) mit ihrer Geschwindigkeit in Transition und beim Zug zum Korb kaum zu stoppen. Dabei darf die kreative und passstarke Ballführerin noch öfter den Weg an die Freiwurflinie finden sowie an ihrer Entscheidungsfindung arbeiten. Der (verbesserte) Sprungwurf bleibt derweil die Hauptbaustelle in ihrem Spiel.
2019 wurde Kia Nurse in ihrem zweiten Jahr (13,6 PPG, 35,3 3P%) erstmals ins All-StarTeam berufen, wobei sie sogar startete. Die Kernkompetenz der 1,83 Meter großen und athletischen Flügelspielerin ist der Dreier. Kaum eine Akteurin drückt häufiger von außen ab – auch wenn sie in dieser Saison eine Wurfflaute zu überwinden hatte. Zudem versteht es Nurse, den Ball auf den Boden zu setzen und Freiwürfe zu ziehen. An der Seite von Aufbaudynamo Sabrina Ionescu stellt die meisterschaftserfahrene Jungveteranin sonach eine ideale Ergänzung dar. Sowohl in der NCAA als auch in der australischen WNBL gewann das Gesicht des kanadischen Frauen-Basketballs je zweimal den Titel.
GUARD/FORWARD | WASHINGTON MYSTICS | 24 STATS: 14,6 PPG, 60,7 TS%, 3,2 RPG, 2,3 APG, 1,4 SPG
GUARD | SEATTLE STORM | 25 STATS: 7,8 PPG, 48,6 TS%, 2,5 RPG, 5,3 APG, 1,7 SPG, 24,6 MPG
G/FORWARD | NEW YORK LIBERTY | 24 STATS: 11,5 PPG, 42,6 TS%, 2,5 RPG, 1,5 APG, 25,1 MPG
#14 ALLISHA GRAY
G/FORWARD | DALLAS WINGS | 25 STATS: 12,1 PPG, 57,2 TS%, 4,1 RPG, 1,2 APG, 23,1 MPG Gemeinsam mit A’ja Wilson führte Allisha Gray die South Carolina Gamecocks 2017 zur College-Meisterschaft. Nachdem sie von den Dallas Wings an vierter Stelle gedraftet wurde, absolvierte Gray eine gute Debütsaison (13,0 PPG, 3,9 RPG) und gewann die Auszeichnung als „WNBA Rookie of the Year“. Seither hat die 1,83 Meter große Flügelspielerin ihre offensive Effizienz beständig verbessert. So ist sie eine versierte Angreiferin, die den Dreier (40,8 3P%) und Drive im Repertoire hat sowie an die Freiwurflinie kommt. Im jungen Team der Wings um Arike Ogunbowale und Satou Sabally ist Gray als verlässliche Komplementär-Scorerin gefragt, die teils auch als „Sixth Woman“ fungiert.
#15 MYISHA HINES-ALLEN
Fotos: Ned Dishman/NBAE via Getty Images
F/CENTER | WASHINGTON MYSTICS | 24 STATS: 16,7 PPG, 59,7 TS%, 8,0 RPG, 1,8 APG, 1,5 SPG
2019 kam Myisha Hines-Allen im tiefen und starbesetzen Meisterteam der Washington Mystics nicht zum Zug (7,8 MPG). Als Drittjahresprofi hat sie nun einen signifikanten Sprung vollzogen – da sie ohne drei Leistungsträgerinnen im Frontcourt reichlich Spielzeit erhält. Dabei weiß die nur 1,85 Meter große Powerplayerin mit ihrer Abschluss- und Reboundstärke zu gefallen. Auch vermag sie dank ihrer Physis und Mobilität alle FrontcourtPositionen zu decken. Offensiv kann Hines-Allen am Ball agieren (zu viele Turnovers), den Break laufen sowie den soliden Jumper aus der Halbund Dreierdistanz einnetzen.
Jo rdin Canada
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WNBA
WNBA-Youngsters
#16 KELSEY PLUM
#19 JULIE ALLEMAND
#20 CRYSTAL DANGERFIELD
Als Nummer-eins-Pick von 2017 tat sich Kelsey Plum in ihren ersten Profijahren schwer damit, in der „W“ ihre Rolle zu finden. So fiel der Wurf der erfolgreichsten Korbjägerin der NCAA-Historie nicht wie erhofft. Defensiv zeigte sich die 1,73 Meter große Aufbauspielerin angreifbar. Schließlich folgte in der Endrunde 2019 der verspätete Durchbruch: Mit 15,2 Punkten (bei 59,3 TS%), 7,8 Assists und 4,8 Rebounds spielte sie groß auf und avancierte zu „Playoff Plum“. Der Jumper fiel, sie finishte in der Zone, verteilte zuverlässig den Ball und trat defensiv engagiert auf. Der jähe Dämpfer: ein Achillessehnenriss in der Offseason 2020 …
In dieser Saison müssen die Indiana Fever auf All-Star-Guard Erica Wheeler verzichten. Kein Problem – denn Rookie Julie Allemand ist eindrucksvoll hervorgetreten. Bereits 2016 in der dritten Runde von Indy gedraftet, sammelte die junge Belgierin in Europa Spielerfahrung. Nun orchestriert sie die Fever-Offense wie eine Veteranin. Allemand brilliert als Passfirst-Point-Guard und macht zudem das Feld mit ihrem einnehmend sicheren Dreier weit (52,3 3P%). Auch tritt sie defensiv engagiert auf.
Es ist nie wirklich eine Überraschung, wenn eine UConn-Spielerin in der „W“ frühzeitig brilliert. So hat auch Crystal Dangerfield direkt begeistert, die bei der Draft 2020 in die zweite Runde fiel. Die überaus flinke und gewandte Einserin finisht trotz ihrer Körpergröße (1,65 Meter) gut in Korbnähe. Zudem sitzt der Sprungwurf aus dem Dribbling, der Dreier fällt ebenso. Als Playmakerin findet Dangerfield ihre Nebenfrauen, und auch defensiv zeigt sie sich äußerst kompetitiv.
GUARD | LAS VEGAS ACES | 26 STATS 2019: 8,6 PPG, 47,2 TS%, 2,9 RPG, 3,0 APG, 25,5 MPG
GUARD | INDIANA FEVER | 24 STATS: 7,9 PPG, 69,1 TS%, 4,2 RPG, 5,4 APG, 1,7 SPG
#17 JACKIE YOUNG
GUARD | LAS VEGAS ACES | 23 STATS: 9,6 PPG, 54,3 TS%, 3,9 RPG, 2,1 APG, 24,7 MPG 2018 College-Champ mit Notre Dame, 2019 erster Pick der WNBA-Draft und Starterin bei den ambitionierten Las Vegas Aces. Für Jackie Young ist in den vergangenen Jahren einiges sehr, sehr gut gelaufen. Als Rookie überzeugte sie als Ballverteilerin sowie als vielseitig effektive Verteidigerin. In puncto Korbgefahr bestand indes Nachholbedarf (6,6 PPG bei 35,2 eFG%). So hat Young an ihrem Wurf gearbeitet, der nunmehr aus der Halbdistanz sicher fällt. Auch attackiert sie selbstbewusster und finisht besser in Korbnähe – wenngleich die physisch starke Aufbauspielerin (1,83 Meter) noch öfter bis zum Ring gehen und mehr Freiwürfe ziehen darf. Wünschenswert wäre zudem etwas Dreiergefahr …
#18 AZURÁ STEVENS
F/CENTER | CHICAGO SKY | 24 STATS: 11,5 PPG, 59,1 TS%, 5,9 RPG, 1,5 APG, 0,9 SPG, 1,8 BPG Nach einer vielversprechenden Rookie-Saison (8,9 PPG, 4,6 RPG, 1,1 BPG) für die Dallas Wings kam Azurá Stevens 2019 verletzungsbedingt kaum zum Einsatz. Danach folgte der Trade zu den Chicago Sky, wo sie nun in ihrem ersten Jahr als Starterin beachtlich aufspielt. Mit ihrer Länge (1,98 Meter), ihrer Beweglichkeit, den Defensivqualitäten und dem guten Wurf glänzt Stevens als „Skilled Big“ – für die der Entwicklungshimmel grenzenlos scheint.
C r yesrtfaiel ld Dang 74
GUARD | MINNESOTA LYNX | 22 STATS: 14,7 PPG, 59,9 TS%, 1,7 RPG, 3,2 APG
#22 BRIONNA JONES
F/CENTER | CONNECTICUT SUN | 24 STATS: 11,4 PPG, 60,4 TS%, 5,7 RPG, 1,2 APG, 1,5 SPG, 25,3 MPG Da die Connecticut Sun in dieser Saison ohne Starcenterin Jonquel Jones auskommen müssen, erhielt Brionna Jones nach drei Lehrjahren (8,0 MPG) die Chance zu starten. Diese weiß die 1,90 Meter große Innenspielerin produktiv zu nutzen. Am Ring und in der Zone finisht Jones zuverlässig, wobei sie am offensiven Brett beherzt zupackt und zweite Wurfchancen verwertet. Defensiv hält sie mit ihrer Physis grundsolide dagegen.
#23 LEXIE BROWN
GUARD | MINNESOTA LYNX | 25 STATS: 8,0 PPG, 44,6 TS%, 2,5 RPG, 2,8 APG, 2,4 SPG Lexie Brown ist eine fähige Dreierschützin, die sekundäres Playmaking einbringt und am anderen Ende druckvoll verteidigt. Was ihr im ersten Jahr als Starterin noch fehlt, ist die nötige Konstanz in ihren schwankenden Leistungen. Am Rande: Browns Vater ist der vormalige NBA-Guard Dee Brown, der in den 1990er Jahren für die Boston Celtics seine Reeboks aufpumpte.
#24 ASIA DURR
GUARD | NEW YORK LIBERTY | 23 STATS 2019: 9,7 PPG, 54,1 TS%, 1,6 RPG, 1,7 APG 2019 an zweiter Stelle gedraftet, konnte Asia Durr als Rookie verletzungsbedingt nur 18 Partien bestreiten. Auch blieb der begnadeten Scorerin der anvisierte Zweitjahressprung verwehrt. Denn die Infektion mit Covid-19 zog einen langwierigen Genesungsprozess nach sich, der Durrs Teilnahme am Spielbetrieb unmöglich machte. Es bleibt zu hoffen, dass sie 2021 endlich durchstarten kann.
#25 EZI MAGBEGOR
Fotos: Stephen Gosling/NBAE via Getty Images
CENTER | SEATTLE STORM | 21 STATS: 6,8 PPG, 57,6 TS%, 2,8 RPG, 1,0 BPG, 13,8 MPG Ezi Magbegor – zurzeit die jüngste WNBASpielerin – trägt als Rookie bereits beachtlich bei. So besticht die fluide Ausnahmeathletin als Vollstreckerin und vielseitige Verteidigerin. Mit ihrer Länge (1,93 Meter) und Beweglichkeit fordert Magbegor innen wie außen Würfe heraus. Offensiv hat die Australierin gezeigt, dass sie den Ball auch auf den Boden setzen kann. Ihr Potenzial und die Lernkurve sind immens.
#21 KAHLEAH COPPER G/FORWARD | CHICAGO SKY | 26 STATS: 14,3 PPG, 58,4 TS%, 4,5 RPG, 1,8 APG, 0,9 SPG
Als Ersatzstarterin für Diamond DeShields spielt Kahleah Copper in ihrem fünften Jahr den besten Basketball ihrer Profikarriere. Dabei überzeugt
Kah leah Co p pe r
sie mit beständigen Leistungen und repliziert einiges, was eine fitte DeShields zu bieten hat. So sucht die athletische Flügelspielerin (1,85 Meter) vorzugsweise den (schnellen) Weg zum Korb, wo sie sehr sicher abschließt. Der Distanzwurf ist derweil nicht Coppers größte Stärke – aber Fortschritte sind deutlich erkennbar.
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interview
Oscar
da
Silva
OSCAR DA SILVA „I C H
W I L L
D E N
S P R U N G
I N
D I E
N B A
S C H A F F E N“
München-Schwabing, Anfang September. In einer urigen, kleinen und gut versteckten Sporthalle trainiert Oscar da Silva, eines der größten Basketball-Talente Deutschlands. Die Halle gleicht einem Denkmal. Ein paar Ehrenplaketten an den Wänden gehen zurück bis ins Jahr 1915, und in der Ecke steht ein Schwebebalken, der aussieht, als hätte Turnvater Jahn selbst darauf trainiert. Der alte Parkettboden knarzt bei jedem Schritt, und die Linien auf dem Feld sind längst verblasst. Es ist nicht der typische Ort, wo man einen NBA-Draft-Anwärter der Klasse 2021 vermuten würde. Aber Oscar ist einfach … anders. Interview: Robbin Barberan
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IVE: Oscar, interessante Wahl für ein Basketball-Training. Was machst du hier in dieser kleinen, unscheinbaren Halle? Oscar da Silva: Die Halle hier ist eine absolute Institution in München. Einige Basketball-Legenden haben hier schon trainiert, unter anderem Dr. J, Kobe Bryant und letzten Sommer Kyle Korver. Alles ein bisschen versteckt, ein bisschen intimer. Für das Individualtraining der IBAM (International Basketball Academy Munich) ist es ideal, weil die Halle dem Verein gehört, deshalb können wir hier jeden Tag rein, ohne dass wir fragen müssen.
Wie sehr hat dir die IBAM bisher in deiner persönlichen BasketballEntwicklung geholfen? Sehr viel. Ich hab hier JBBL gespielt und später NBBL, wo es dann bei mir ernster wurde und ich beschloss, dass ich mit Basketball mehr erreichen wollte. Die IBAM hat mir die Chance gegeben, mich durch den Basketball auszudrücken und gemeinsam mit mir zu schauen, wie weit ich kommen kann. Das hat mir eine Plattform gegeben, um dahin zu kommen, wo ich jetzt bin. Hier wurde ich von den College-Scouts entdeckt, und schon immer war es mehr als ein Verein für mich. Es ist auch ein Stück Familie. Ich verstehe mich sehr gut mit meinen ehemaligen Mitspielern und Trainern, deshalb ist es immer schön, hier wieder herzukommen und miteinander zu trainieren.
Fotos: Nelson Ndongala
Lass uns kurz auf die College-Scouts zurückkommen, damit wir uns das etwas besser vorstellen können. Wie läuft das genau ab? Nach meinem ersten NBBL-Jahr haben sich die ersten Scouts gemeldet, die finden dich dann irgendwie. Jedes College-Team hat ja eigens Leute dafür abgestellt, die den ganzen Tag damit beschäftigt sind, ihr Basketball-Team zusammenzustellen. Und die haben mir dann direkt auf Facebook oder WhatsApp geschrieben oder gingen über Robby (IBAM-Coach Robby Scheinberg, Anm. d. Red.), um ihr Interesse an mir zu bekunden. Die IBAM hilft aber auf Wunsch auch aktiv bei der Suche, Ansprache und Auswahl von US-Colleges, damit man das richtige Programm für sich findet. Mehrere Colleges haben sich für dich interessiert, aber du hast dich damals für die Stanford University entschieden. Was waren da die Faktoren, die für deine Entscheidung ausschlaggebend waren? Ich habe von Anfang an eine Uni gesucht, die mir auch akademisch etwas bietet. Natürlich ist der Weg über Europa auch nicht verkehrt, aber ich wollte unbedingt meinen Abschluss machen. Es war mir wichtig, dass ich beides haben kann: Basketball auf absolutem Top-Niveau und mich für die Karriere nach dem Sport absichern. Hinzu kam, dass ich mich
bei meinem Campus-Visit damals direkt heimisch gefühlt und sofort eine super Beziehung zum Trainerstab und den Spielern aufgebaut habe. Mit welchen Erwartungen gehst du nun für dein Senior Year zurück? Mit großen Erwartungen auf jeden Fall! Wir haben vergangenes Jahr schon vorgelegt und gezeigt, dass wir Großes erreichen können. Wir haben eine erstklassige Recruiting Class, die uns nun verstärkt, und gleichzeitig haben wir nur zwei Spieler aus dem Vorjahr verloren, die wirklich Minuten
„Das ist der Grund, warum ich mich hier jeden Tag in die Halle stelle und an meinem Game arbeite. Das Ziel NBA ist ständig in meinem Hinterkopf, wenn ich trainiere.“ -----------
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gespielt haben. Unser Ziel ist es, auf jeden Fall das Final Four zu erreichen. Hast du dir denn auch persönliche Ziele gesteckt? Ja klar. Das ist mein letztes Jahr am College. Nach dieser Saison will ich den Sprung in die NBA schaffen – deshalb will ich als Führungsspieler mit großem Selbstvertrauen vorneweg gehen und mit Dominanz und Konstanz überzeugen. Verspürst du als Senior und einer der besten Spieler in der Pac-12-Conference 2019/20 (All-Pac-12 First Team, Anm. d. Red.) einen besonderen Druck? Nein, ich stelle selbst hohe Anforderungen an mich, wie zum Beispiel mehr Verantwortung zu übernehmen und dabei mehr zu punkten und noch konstanter Dreier zu treffen. Ich will noch aktiver und zwingender auf dem Feld sein … solche Sachen. Ich habe mich in den vergangenen Jahren zwar kontinuierlich weiterentwickelt
und eine gute Saison 2019/20 gespielt, aber ich denke, da ist noch viel Luft nach oben. Besonders was meinen Wurf von außen angeht. Das war auch das Feedback, was ich von vielen NBA-Verantwortlichen bekommen habe. Ansonsten sind natürlich Athletik und Fitness ganz oben auf der Liste der Sachen, die man immer verbessern kann. In Stanford studierst du Biologie und beschäftigst dich unter anderem mit der Stammzellenforschung. Gibt es für dich als Basketballer hin und wieder einen Zwiespalt, in welche Richtung die Karriere gehen soll? Eigentlich gar nicht. Ich habe schon einen ziemlich klaren Plan davon, was ich machen will. Und der Fokus liegt auf Basketball. Aber es ist auch schön, hin und wieder mal etwas anderes zu machen, weil man doch sehr viel Zeit mit der Mannschaft verbringt, in der Halle, beim Physio und beim Werfen nach dem Training … Deswegen finde ich es gut, wenn man noch etwas anderes neben dem Basketball hat, was einen auf andere Gedanken kommen lässt. Es ist natürlich cool, dass ich an dieser renommierten Uni die Gelegenheit habe, mich mit so einem spannenden Thema wie Stammzellenforschung auseinanderzusetzen. Besser wird’s nicht, was die Qualität angeht. Anstatt ans College zu gehen, hättest du damals auch gleich bei einem Profi-Verein unterschreiben können … Das stimmt. Die Entscheidung, ob man ans College geht oder in Europa bleibt, ist natürlich jedem selbst überlassen. Keiner der beiden Wege ist meiner Meinung nach verkehrt. Mir persönlich hat das College alles gegeben, was ich mir erwartet habe. Aber ich kann auch gut verstehen, wenn man keinen Bock hat zu studieren und lieber gleich Geld in Europa verdienen will. Nur was kommt danach? Die wenigsten machen sich Gedanken über die Karriere nach der Karriere. Sie kapieren nicht, dass du am Ende deiner Basketball-Karriere in einem Alter bist, in dem ein normaler Mensch noch das ganze Berufsleben vor sich hat. Als Ex-Profi stehst du mit 30 bis 35 Jahren mit wenig und im schlimmsten Fall mit nichts da. Manche machen nicht einmal Abi, weil sie schon mit 15 oder 16 Jahren ProB oder ProA spielen oder vielleicht sogar in der Bundesliga mittrainieren. Das hat dann schon das Potenzial, so ein trauriges Schicksal zu werden, wenn man das ganze Geld aus seiner Karriere verballert und dann mit leeren Händen dasteht. Denkst du manchmal daran, dass du selbst in ein oder zwei Jahren dort auf dem Parkett stehen könntest, wenn du dir NBA-Spiele anschaust? Auf jeden Fall! Das ist der Grund, warum ich mich hier jeden Tag in die Halle stelle und an meinem Game arbeite. Das Ziel
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interview
Oscar
NBA ist ständig in meinem Hinterkopf, wenn ich trainiere. Und wenn ich ein NBA-Spiel schaue, achte ich schon genau auf die Moves und überlege, wie man die verteidigen kann oder wie ich mein Arsenal noch erweitern muss. Natürlich probiert man dann nach dem Training die eine oder andere Bewegung aus. Da kann man sich auf jeden Fall immer was abschauen. Es sind halt die besten Spieler der Welt. Nachdem die NCAA-Saison offiziell abgesagt wurde, warst du seit Mitte März wieder in München. Wie hat sich da Corona auf deinen persönlichen Alltag ausgewirkt? Es war okay und für mich persönlich ehrlich gesagt nicht so schlimm. Auf jeden Fall schön, wieder einen ganzen Sommer in München zu sein! Das habe ich sehr genossen. Zu Anfang saß ich halt noch viel am Computer und hab mir Vorlesungen reingezogen, Notizen gemacht und gelernt. Deshalb war ich über die meiste Zeit des Lockdowns tatsächlich mit der Uni beschäftigt, wenn ich nicht an Dingen wie Fitness, Athletik, Kraft, Technik oder Stabilität gearbeitet habe. Ab Juni, als es dann warm wurde, war die Uni dann auch durch und das Virus inzwischen relativ gut unter Kontrolle, sodass ich den Sommer genießen konnte. Neben Basketball an den Eisbach fahren, an den See, bisschen angeln … so Zeug. Du hast über den Sommer aber auch stark an deinem Game gearbeitet. Was kannst du jetzt besser als vor der Pandemie? Ich denke, ich bin ein besserer Schütze geworden. Aber auch Ballhandling und Agilität habe ich verbessert. Ich bin natürlich auch viel im Kraftraum gewesen. Alles in allem war das ein gutes „Trainingscamp“ für mich, und ich gehe gestärkt in die neue Saison. Kam die Entscheidung der NCAA, die laufende Saison aufgrund der CoronaPandemie komplett abzusagen, überraschend für dich? (überlegt) Nein, nicht wirklich. Wir hatten ein Spiel, was wir leider verloren haben, und noch in der Umkleide haben wir auf unseren Handys gesehen, dass die NBA ihren Spielbetrieb eingestellt hat. Da haben wir uns schon gedacht, dass sie dann bestimmt auch keine College-Jungs weiterspielen lassen. Und dann kam schon zwei Tage später das offizielle Statement der NCAA. Apropos Statement. In der NBA setzen die Spieler, aber auch die Liga selbst seit dem Restart ein starkes Zeichen gegen Rassismus, Ungleichheit und Polizeibrutalität. Wie ist deine persönliche Meinung dazu? Top! Die NBA ist eine ganz, ganz, ganz vorbildliche Liga! Nicht nur die Spieler, aber auch generell die NBA als Organisation ist sehr progressiv und zeigt anderen
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Sportligen, wie man vorbildlich vorangeht. Den großen „Black Lives Matter“-Schriftzug in der Halle, aber auch den Spielern die Gelegenheit zu geben, mit Botschaften auf den Trikots Statements zu setzen, finde ich sehr stark und auch wichtig! Denkst du, dass solche Proteste auch auf College-Ebene denkbar sind? (überlegt) Ich glaube, da kommt es darauf an, wer es macht. Du bist in der NCAA zuerst mal einer von vielen. Wenn es eine Mannschaft wie Duke oder Kentucky macht, dann hat das schon eine große Wirkung. Aber in der NBA bist du eher ein Star und hast dadurch automatisch eine größere Plattform als ein College-Spieler. Wie empfindest du die derzeitige Situation in den USA in Hinblick auf die politischen und sozialen Unruhen?
„die nba ist sehr progressiv und zeigt anderen sportligen, wie man vorbildlich vorangeht.“ -----------
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Schwierige Frage. Die Kacke ist echt am Dampfen zurzeit. Und die Position einer Führungsrolle, die eigentlich dringend benötigt wird, wird leider nicht ausgefüllt. Ich sitze oft zu Hause, schaue mir die News an und frage mich, wie so etwas sein kann in einem so reichen und tollen Land … dass es da Leute gibt, die sich auf so einen Mist einlassen. Es ist richtig schade und hat den USA besonders im letzten Halbjahr auch seine Grenzen aufgezeigt und den Spiegel vorgehalten. Ich hoffe, sie lernen daraus. Als Nichtamerikaner hast du eine andere Perspektive. Kannst du mit deinen Teamkollegen über das Thema sprechen? Ja, natürlich. Wir haben als Mannschaft offen und oft darüber gesprochen, besonders als die Proteste überall losgingen. Wir sind uns natürlich alle einig, dass da einiges falsch läuft und dass das so mit der Polizeibrutalität nicht weitergehen kann. Viele meiner Teamkollegen sind schwarz oder halbschwarz und haben von ihren eigenen Erfahrungen erzählt. Dass sie wirklich teilweise auf der Straße gehen, einen Polizisten sehen und Angst kriegen. Dann in den nächsten Hauseingang
verschwinden oder um die nächste Ecke laufen, weil sie Angst haben, es könnte ihnen etwas angetan werden. Ich bin Gott sei Dank in einem Land aufgewachsen, wo es solche Probleme nicht in dem Ausmaß gibt wie in Amerika, und für mich ist es schockierend zu sehen, dass es meinen Teammates so nahegeht. Ich meine, natürlich geht es jedem nahe, ein Video zu sehen, wo jemand auf offener Straße ermordet wird. Aber zu sehen, dass die Angst im Alltag meiner Freunde so präsent ist, ist tough. Auf der anderen Seite … wenn du abends in Kalifornien unterwegs bist, ist für einen amerikanischen Polizisten der Unterschied zwischen dir und einem schwarzen Amerikaner auch nicht auf Anhieb erkennbar. Das stimmt, und da habe ich tatsächlich auch schon öfter drüber nachgedacht. Allerdings bin ich in der glücklichen Situation, direkt auf dem Campus zu wohnen, da kann so etwas eigentlich nicht passieren. Und sonst sind wir als geschlossene Mannschaft unterwegs und auf jeden Fall safe. Ab und zu fährt man mal in die Stadt, und dann gibt es natürliche gewisse Areas, wo man nach Einbruch der Dunkelheit echt nicht mehr hingehen sollte. Dein jüngerer Bruder Tristan spielt in der nächsten Saison auch am College, an der University of Colorado. Konntest du ihm Tipps für sein Freshman Year geben? Ja, schon. Obwohl natürlich sein Freshman Year aufgrund der Pandemie kein normales Schuljahr werden wird und auch kein normaler „Betrieb“ stattfinden kann. Da wird er sich viel auf eigene Faust erschließen müssen. Aber wenn er Fragen hat, bin ich natürlich immer für ihn da, und ich hab ihm auch ein paar Sachen aus eigener Erfahrung mitgeben können. Gab es auch ein bisschen Trashtalk für den Fall, dass ihr demnächst gegeneinander spielt? Jaja, auf jeden Fall. Sogar von seinen Mannschaftskollegen. Die meinten schon, dass mein kleiner Bruder mich garantiert fertigmacht! (lacht) Apropos Trashtalk. Du sprichst sechs Sprachen. In welcher Sprache fluchst du auf dem Spielfeld? In Amerika schon auf Deutsch! Da kann ich am besten fluchen. Bisschen auf Serbisch auch. Das bleibt nicht aus, wenn man ein paar Jungs aus dem ehemaligen Jugoslawien in der Mannschaft hat. Da schnappst du hier und da ein paar Wörter auf. Ich muss aber dazusagen, dass ich die sechs Sprachen nicht alle fließend spreche. (lacht) Mein Französisch ist mittlerweile so lala, und Latein hab ich gelernt, aber das ist ja keine Sprache, die man spricht. Portugiesisch, Spanisch, Deutsch und Englisch müssen reichen.
Die Amerikaner werden beeindruckt sein. Hast du schon in Pressekonferenzen mit deinem Sprachtalent glänzen können? Die Amis feiern das richtig, das stimmt. Ich habe dann immer ein bisschen Angst, dass sie mich vor laufenden Kameras bitten, die Antwort in allen sechs Sprachen zu sagen. Das wäre ganz schön madig. Das Thema Fashion wird bei jungen Athleten immer wichtiger. Wie würdest du deinen eigenen Style beschreiben? „Athleisure“. Eher sportlich. Es muss bequem sein. Aber trotzdem clean. Hast du einen Lieblingssneaker? „Ultra Boost“ für den Alltag und sonst 1er Jordans. Damit kann man eigentlich nix falsch machen. Gibt es etwas in deinem Kleiderschrank, was so hässlich ist, dass du es nicht anziehst, aber solchen nostalgischen Wert hat, dass du dich auch nicht davon trennen kannst? (lacht) Gute Frage. Ich würde sagen, mein neongrünes DJK-Sportbund-ShootingShirt. Das habe ich erst letztens wieder daheim ausgegraben, das ist mittlerweile bestimmt zehn Jahre alt. Ästhetisch nicht gerade berauschend, aber ich habe es trotzdem sehr, sehr gern, und es ist auch wieder in meine Lieblings-TrainingsT-Shirt-Rotation gewandert. Hast du dir schon Gedanken gemacht, was du bei der NBA-Draft anziehen würdest? (lacht) Hey, man soll das Fell des Bären nicht verteilen, bevor er erlegt ist. Ansonsten ist doch klar: bayerische Lederhosen. Aber dafür müsste ich dann auch in der ersten Runde gedraftet werden, damit es sich lohnt. Was machst du gerne, wenn du nicht Basketball spielst? Angeln! Ich angle, seitdem ich zehn Jahre alt bin, und hab auch während der Quarantäne meinen Angelschein gemacht.
Fotos: Nelson Ndongala
Angeln ist auch in der NBA-Bubble immer populärer geworden, wenn man sich die zahlreichen Vlogs anschaut … Ja, ich hab das eine Video von Isaac Bonga auf Snapchat gesehen, wie er diesen Fisch da rauszieht und den dann auf den Boden fallen lässt. Und der Fisch zappelt da zehn Minuten rum! Das hat mir schon so ein bisschen das Herz gebrochen, um ehrlich zu sein. (lacht) Basketball war nicht deine erste Liebe. Was hast du vorher gemacht? Ich hab vorher Fußball gespielt und den brasilianischen Kampfsport Capoeira gemacht. Nachdem ich mit Fußball aufgehört habe, hat mich mein Vater zum Basketball-Training beim DJK geschickt. Ich war acht Jahre alt und schon ein Stück größer als Gleichaltrige. redaktion@fivemag.de
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Oscar
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IBAM-COACH „Oscar hat gute Chancen, in die NBA zu kommen und sich zu etablieren. Er ist smart und versteht das Spiel auch von der mentalen Seite. Ich sehe ihn als Baller, der gerade zur heutigen Zeit auf mehreren Positionen spielen und verteidigen kann, der Mismatches erkennt und ausnutzt und auch aus der Distanz immer eine Gefahr ist. Bei letzterem gilt es sich noch zu verbessern, besonders bei Dreiern aus dem Dribbling heraus. Aber daran haben wir diesen Sommer gearbeitet, und Oscar hat da auch einen großen Schritt nach vorne gemacht. Trotzdem ist es uns hier bei der IBAM auch wichtig, dass die Kids nicht nur im Basketball gut sind, sondern sich als Persönlichkeit entwickeln können. Die ,Education‘ muss stimmen, genauso wie die ,Passion‘. Den Spielern hier die richtigen Werte zu vermitteln, ist uns genauso wichtig wie gutes Ballhandling und konstante Distanzwürfe. Es erfüllt mich mit dem größten Stolz, so einen Spieler in die Welt zu schicken – und Oscar ist dafür ein tolles Beispiel!“
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Fotos: Nelson Ndongala
ROBBY SCHEINBERG
interview
Uli
Sledz
ULI SLEDZ „BASKETBALL HAT MICH GERETTET“
Er war der erste Deutsche an einem US-College und ist der bis heute älteste Freshman in der NCAA-Geschichte: Uli Sledz, 70 Jahre alt, 2,14 Meter groß, inzwischen Schiedsrichterausbilder für Euroleague und BBL. Bei Pizza, Salat und der für ihn obligatorischen Cola hat FIVE mit dem Ex-Nationalspieler über prägende Erlebnisse in der Drogenberatung gesprochen und erfahren, wieso Sledz eigentlich nie hätte Sport machen dürfen. Interview: Peter Bieg
Fotos: Ulf Duda/Uli Sledz
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IVE: Uli, vor knapp einer Woche bist du 70 Jahre alt geworden. Gab es eine große Feier? Uli Sledz: Überhaupt nicht, ich bin immer froh, wenn der Tag vorbei ist (lacht). Aber mir ist aufgefallen, dass ich vor 60 Jahren erstmals mit Basketball in Berührung gekommen bin. Mit zehn Jahren, als ich in die Realschule gekommen bin, hat mein Sportlehrer gefragt, wer Mannschaftssport machen möchte. Ich habe bei Basketball einfach mal ja gesagt. Ich war so eine Gurke damals (lacht und zeigt mitgebrachte Fotos). Es gab zwei Sprüche, wenn ich in die Umkleide kam: „Oh, man hört den Uli. Sein Gerippe klappert.“ Und dann: „Was willst du hier
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drin? Du hast doch deine private Umkleide. Draußen, hinter dem Laternenpfahl. Es sieht dich doch eh niemand.“ Mit 18 Jahren hatte ich bei 2,10 Meter 55 Kilo. Bei 2,14 Meter bin ich hängen geblieben, ich wäre gern 2,20 Meter geworden (schmunzelt). Seit ihren Anfängen im Jahr 1960 ist die Gurke auf jeden Fall ganz schön in der Welt rumgekommen … Mit 17 Jahren und 2,00 Meter Körpergröße ging es 1967 bei meinem Heimatverein BG Buer in der damals zweigeteilten Bundesliga für mich los. Denn Basketball hat mich gerettet: Die Realschule habe ich gerade so gepackt, das anschließende Wirtschaftsgymnasium nach einem Jahr
geschmissen, zu faul. Dann dreijährige Lehre zum Baukaufmann. Das hat mir eigentlich ganz gut gefallen, bis auf die Berufsschule. Und vier Wochen vor der Prüfung … bin ich abgehauen! Du hast Schiss vor der Prüfung gehabt? Ich habe Schiss gehabt, weil ich die letzten anderthalb Jahre vor der Prüfung nichts mehr gemacht habe. Ich bin zur Berufsschule immer aus Gelsenkirchen mit dem Zug gefahren. Und dann war ich entweder in Oberhausen, Essen, Düsseldorf oder Duisburg im Bahnhofskino. Ich habe dann dort zwei Filme angeguckt und bin wieder nach Hause gefahren.
„Ich komm dort die Rolltreppe runter, und der erste Satz des Headcoaches war original: ,You are never seven feet. Never ever.‘“ -----------
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Uli
Kein besonders solides Fundament. Nein. 1971, im Alter von 21 Jahren, hatte ich nichts vorzuweisen. Null. Mein Vater war so was von entnervt. Dann sah ich in einer Basketball-Zeitschrift die Annonce einer Papierfabrik aus Aschaffenburg. Die suchten Außendienstmitarbeiter, vorzugsweise Basketballer. Der Chef dort hat mir dann einen Job bei einem Bauunternehmen organisiert. Außerdem sollte ich bei einem Turnier mitspielen. Eine Woche drauf war ich also wieder in Aschaffenburg zum Spiel. Ich kam aufs Feld, und die Halle war voll. Die Sponsoren hatten allen Bescheid gegeben: Da kommt einer, riesengroß. Und dieser Riesentyp hat dann auch nicht enttäuscht! Mein Job hat auch gepasst: Kaufmännischer Leiter war ich sogar. Da habe ich dann ein Jahr gearbeitet, eine Saison. Und danach? Dann juckte es mich, der TSV Nördlingen war in die erste Bundesliga aufgestiegen und hatte eine Annonce in derselben Basketball-Zeitschrift. Auch dort habe ich bei einem Sponsor gearbeitet, und das setzte sich auch so fort. Immer durch Vitamin B. Im März 1973 bin ich zurück nach Aschaffenburg. Bist du dort länger geblieben? Das Thema war bald wieder beendet, und ich bekam einen Anruf aus Wolfenbüttel, von Trainerlegende Hannes Neumann. Er wollte mich haben, 1974. Ich habe direkt in Selbstüberschätzung gebadet (lacht). Damals gab es nur die zwei: Dr. Hagedorn, Leverkusen, und Dr. Neumann, das waren die Trainergurus. Bei einem von den beiden zu spielen, war das Größte. Zwei Jahre war ich beim MTV Wolfenbüttel. Das Team wurde von Jägermeister gesponsert, und ich war dort kaufmännischer Angestellter, wenn ich nicht mit Basketball beschäftigt war. Profis gab es damals nicht. Man musste entweder bei der Bundeswehr sein, Student oder einen Arbeitsvertrag haben. In Wolfenbüttel wurdest du zum deutschen Nationalspieler. Genau. 1975 bin ich Nationalspieler geworden, und wir hatten die beste Mannschaft, die jemals in Wolfenbüttel gespielt hat. Ich durfte drei Jahre in der Nationalmannschaft mitmachen, bis ich dann nach Amerika ging. Ich war sehr stolz, in dieser Mannschaft mitspielen zu dürfen. Mein Pech war, dass ich mir 1976 eine Knieverletzung eingehandelt habe. Meniskusriss, ohne Fremdeinwirkung, was zwei bis drei Monate Pause bedeutete. Ich habe jedoch viel zu früh versucht, wieder zu spielen. Wie ging es danach weiter? 1976 bin ich dann weitergezogen, zum DTV Charlottenburg, mit dem Ziel: Aufstieg in die erste Liga. Alle Nationalspieler, die in Berlin gespielt haben, waren beim
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Sledz
Senator für Jugend und Sport angestellt. Da haben sie mich gefragt, ob ich in der Drogenberatung mitarbeiten will. Wenn ich kein Training hatte, bin ich morgens um 9:00 Uhr angetreten. Da saßen und standen sie schon auf dem Flur: Elfjährige, Zwölfjährige, Dreizehnjährige, Arme voller Einstiche. Ich habe bei den Beratungen zugehört, war mit bei Hausbesuchen. Ich habe zum ersten Mal Demut gespürt, was ich für Privilegien habe. Das hatte ich mir vorher nie überlegt, ich bin ja immer nur weitergeschoben worden und habe selbst nie etwas gemacht. Wir hatten in Charlottenburg eine sehr gute Mannschaft. Unser Amerikaner hieß Malek AbdulMansour. Ein super Typ! Wir erreichten die Finals um den Aufstieg gegen Göttingen. Nur ganz knapp waren wir unterlegen, denn durch den Ramadan war Malek als gläubiger Moslem körperlich geschwächt und konnte seine gewohnte Leistung nicht bringen. Den Aufstieg so knapp zu verpassen, war bitter.
Fotos: Ulf Duda/Uli Sledz
Wie lief es für dich persönlich beim DTV Charlottenburg? Während der Saison habe ich immer mehr Probleme mit meinem linken Knie bekommen, weil ich es in Wolfenbüttel nicht auskuriert hatte. Am Ende der Saison waren dann Räumungsarbeiten angesagt. Ich bin in eine Berliner Klinik, zu Oberarzt Dr. Groher. Zwei Meter groß, Hände wie Bratpfannen – aber Finger aus Gold. Dr. Groher hatte eine Eigenart, für die ich ihn verflucht habe. Zwei Tage nach der Operation kam er rein und fragte: „Und, hast du Hunger?“ „Ja, ich habe Hunger“, habe ich gesagt. „Dann möchte ich, dass du dein Bein von der Matratze hebst“, war die Antwort. Sag ich: „Sorry, ich spür das Ding überhaupt nicht.“ „Okay, dann komm ich morgen wieder“, sagt er. Ich hatte einen Zorn! Ich habe die Nacht über dagelegen und geheult. Am nächsten Tag kam er wieder: „Und, hast du Hunger?“ Ich habe eine weitere Lektion für mein restliches Leben gelernt. Mit all meinem Zorn ist es mir gelungen, mein Bein ein paar Millimeter zu heben. Die Schwester kommt rein: ein Stück Fleisch, Eier, alles! Nach zwei Wochen war ich in der Lage – von der Matratze hoch, mit Belastung –, das Bein wieder zu bewegen. Auch, weil mich ein finnischer Physio in Ausbildung sechs Stunden pro Tag gequält hat. Scheint eine echt gute Zeit gewesen zu sein im Krankenhaus … Das wurde noch viel besser: Ich bekam Besuch von amerikanischen Freunden. Die Jungs erzählten, dass am nächsten Abend die „Berlin Braves“ – eine US-Auswahl – gegen eine Highschool-Mannschaft aus Bellingham, Washington spielen würden. Meine Kumpels wollten, dass ich mal aus dem Bett rauskomme. Sie haben einen Bulli organisiert, mich in einen Rollstuhl gesetzt und zur Halle gefahren. In der Halle hat sich mir dann ein Chuck Randall
vorgestellt, Headcoach des Western Washington State College in Bellingham. Er wollte, dass ich für ihn spiele. Ich sagte: „Drei Gründe sprechen dagegen. Erstens: Ich bin gar kein Amerikaner. Zweitens: Ich werde 27 Jahre alt. Drittens: Ich habe gerade eine schwere Knieoperation hinter mich gebracht.“ Alle drei Argumente waren ihm völlig egal. Coach Randall schwärmte von den pneumatischen Trainingsgeräten für eine schnelle Genesung und wollte sich sogar um ein Stipendium für mich kümmern. Auch ein Paul Hallgrimsson hat sich mir vorgestellt, der Coach der Highschool-Mannschaft. Er war dann später mein Trainer in Langen, denn die Basketballwelt ist klein … Wie bist du mit dem völlig unverhofften Uni-Angebot umgegangen? Später am Abend habe ich meinen amerikanischen Freund – einen Lieutenant Colonel – gefragt, was er darüber denkt. Wir haben damals jeden Freitag freundschaftlich gepokert, seine Frau hat gekocht. Der Colonel wollte verhindern, dass wir ständig in den Clubs rumhängen. Der Typ war längst zu meiner zweiten Vaterfigur in Deutschland geworden. Er hat mir eine Frage gestellt, die ich nie wieder vergessen habe: „Was hast du jetzt?“ Da musste ich leider sagen: „Nix.“ Du hast dich also trotz deines Alters für das College entschieden? Ich hatte mich entschieden, in Deutschland alles gekündigt. Nach einer Woche ruft der Coach wieder an: „Tut mir leid, wir können es nicht machen.“ Ich dachte: „Ey, jetzt bin ich am Arsch.“ Gescheitert ist es am Vollstipendium. Ich hätte 5.000 Dollar pro Semester selbst zahlen müssen – und tschüss! Ich bin erst mal zum Colonel in eine Einliegerwohnung gezogen. Zwei Wochen später klingelt das Telefon erneut. Coach Randall hatte mit einem befreundeten Kollegen ausgehandelt, dass ich die erste Saison für eine andere Uni spielen würde. Es war die University of Washington. Zwei Tage vorher hatte dort ein gewisser Cliff Robinson abgesagt, und das Stipendium war frei! Der Typ hat später 18 Jahre in der NBA gespielt. Das Stipendium war übrigens 45.000 Dollar für ein Studienjahr wert. Das war Anfang August 1977, und schon im September sollte ich in Seattle sein! Wo sollte ich so schnell alle Papiere herbekommen? Und da kommt der Lieutenant Colonel ins Spiel: Er hat den ganzen erforderlichen Schriftverkehr in die USA über Militärmaschinen abgewickelt. Die gingen zufällig alle 48 Stunden von Berlin nach Seattle und zurück. Ich glaube, das Ganze hat insgesamt keine Woche gedauert! Zum guten Schluss fehlte mir die Kohle für den Flieger. Ich musste also meine Eltern anrufen und habe gesagt: „Ich verlasse Berlin.“ Mein Vater war dran und hat gefragt, wo es denn jetzt wieder
hingeht. „Diesmal ist es ein bisschen weiter“, druckste ich. Man muss wissen, dass meine Eltern Gelsenkirchen und Umgebung nie verlassen haben. „Ich geh nach Amerika“, sagte ich. „Nach Seattle, in Washington.“ Daraufhin holte er meine Mutter ans Telefon. Sie hat mich nur mit Ulrich angesprochen! Ulrich – so haben mich bis heute nur zwei Menschen genannt: meine Mutter und meine spätere Sekretärin, jeweils wenn ich etwas verbockt hatte. Und Ulrich landete bald darauf in Seattle. Ich komm dort die Rolltreppe runter, und der erste Satz des Headcoaches war original: „You are never seven feet. Never ever.“ Der Punkt war nämlich der, dass sie mich auch genommen haben, weil ich sieben Fuß groß war. Und sie hatten noch einen Spieler verpflichtet, Peter Gudmundsson. Ein 2,18 Meter großes Baby aus Island, das später dann sogar für die L.A. Lakers spielte. Wir sind direkt zur Uni gefahren, ins riesige Büro des Coaches. „Schuhe aus. Socken aus. Stell dich mal an die Wand“, hat er gesagt – und mich gemessen. Ich war 2,14 Meter groß, und er war happy. Die Amerikaner sind absolut versessen auf „Sevenfooters“. Und dein Coach hatte gleich zwei davon. Washington war die erste Universität, die zwei internationale „Sevenfooter“ im Kader hatte. Ich wurde rumgereicht wie ein bunter Hund. Der 27-jährige deutsche Riese, kann der überhaupt spielen? Ist egal (lacht). Ich war der älteste Freshman, Sophomore und Junior, der jemals in einem NCAADivision-I-College Teamsport gemacht hat. Dann kamen die ersten Interviews, das Fernsehen, die Zeitungen. Es ging richtig rund … Lustig war auch unser Grillfest mit unseren Sponsoren, den sogenannten „Boosters“. Da gab es dann T-Bone-Steak, Burger, Mais … Mais mag ich nicht. Dann habe ich den ersten ganz tollen Satz von mir gegeben: „Well, in Germany, we feed corn to the pigs.“ Was ja auch stimmt, Mais ist Schweinefutter (lacht). Kamst du überhaupt zum Trainieren? Von meiner Knie-OP wussten sie ja und haben mich für vier Wochen im Kraftraum eingesperrt. Jeden Tag acht Stunden. Zwei Physios haben dort mit mir gearbeitet. Ich bin danach aufs Feld und habe jahrelang keine Probleme mehr gehabt. Die Bedingungen waren super. Es gab ein Gebäude mit zehn Basketball-Fullcourts! Ich habe zum ersten Mal Parkettboden gesehen. Ich hatte in Berlin auf Betonboden gespielt, mit einer Linoleumschicht! Unsere Basketballschuhe bekamen wir vom Ausstatter angepasst. Wir haben fünf Paar bekommen und durften sie eine Woche lang Probe tragen. Bei jedem Training waren drei Physiotherapeuten, drei Trainer und Ärzte ohne Ende. Jeden Freitag wurden wir komplett durch die Mangel gedreht. Bloß hat keiner gemerkt, dass ich
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Uli
ein Loch im Herzen hatte! Ich hätte nie in meinem Leben Sport machen dürfen. 2006 ist das durch Zufall erkannt worden. Dazu musste ich 56 Jahre alt werden! Das Loch in meinem Herzen war unterhalb der Rippe. Bei einem gezielten Ellbogen wäre ich umgefallen, und keiner hätte gewusst, wieso. Aber wir schweifen ab (lacht). Wie lief die Vorbereitung auf die erste Saison mit den Washington Huskies? Ich habe gedacht: „Ich geh wieder nach Hause!“ Montags, mittwochs und freitags wurde gelaufen, sechs Wochen lang. Bei Wind und Wetter sind wir gelaufen, ab der fünften Woche acht Meilen! Da musste ich aufgrund von Asthma passen und stattdessen die Stufen in der Halle laufen, Treppen ohne Ende. 1989 habe ich meine Hochzeitsreise dorthin gemacht und meiner Frau die „Treppe der Leiden“ gezeigt. Dienstags, donnerstags und samstags haben wir Sprints gemacht: zwanzigmal 50 Yards, zehnmal 100 Yards, zehnmal 220 Yards und zehnmal 440 Yards, die Stadionrunde. Anschließend die Treppen hoch. Und das immer gesteigert. Samstags und sonntags war normales Training. Also Rennerei. Dann Pause. Dann Training, drei Stunden. Dann Pause. Dann Spiel. Diese drei Jahre als Basketballer in Amerika haben mir weitere acht Jahre als Basketballer in Deutschland gegeben. Blieb dir noch Zeit zum Studieren? Ich habe ernsthaft studiert. Wir mussten zu jeder Zeit mindestens einen Notendurchschnitt von 3,5 in deutschen Noten haben, sonst hätten wir nicht trainieren dürfen. Ich hatte einen Notendurchschnitt von 3,6 auf der amerikanischen Skala, wobei die Bestnote 4,0 entspricht. Ich habe vor allem Sprachen studiert. Ich habe aber auch ein Zertifikat als Masseur gemacht, an der Eastern University und bei der CampusSecurity gearbeitet. Wie hast du dich sportlich geschlagen? Im Training habe ich Peter Gudmundsson ausgestochen. In den Vorbereitungsspielen war ich oft in der Starting Lineup oder zumindest nahe dran. Als im Januar die wichtigen Spiele begannen, war ich dann aber weg vom Fenster. Denn unsere Booster wollten Gudmundsson spielen sehen. Das war mir aber egal! Ich war 27 Jahre alt, der erste deutsche Spieler an einer Uni und bestimmt der Einzige, der keinen Eindruck hinterlassen hat. Aber ich habe einen Abdruck hinterlassen. Nach mir kamen ja Detlef Schrempf und Chris Welp, die nicht nur an der UW, sondern auch in der NBA erfolgreich waren. Ich bin sehr froh, dass sie und auch weitere Spieler viel Erfolg hatten. Die „Sports Illustrated“ hat mich mal als „Monument of Immobility“ bezeichnet – bestimmt eine korrekte Zusammenfassung. Aber für mich unbedeutend. Ich habe
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Sledz
alles, was ich erlebt habe, in meiner beruflichen Laufbahn sehr gut genutzt. Was für ein Spielertyp warst du eigentlich all die Jahre? Natürlich haben sie mich ans Brett gestellt. Da ich nur Schuhgröße 50 hatte, war ich auch recht schnell auf den Beinen für 2,14 Meter. Ich habe in Amerika gelernt zu werfen, hatte einen Mitteldistanzwurf, konnte den Hookshot links und rechts. Als ich 1980 zurückkam, war ich sehr schwer auszurechnen. Was hast du noch gelernt? Jetzt kommt die wichtigste Person neben meiner Frau ins Spiel: Mac McPherson. Mac war ein Unternehmer, Chef von Radar Electric, nachdem er zuvor viele Male vergeblich versucht hatte, erfolgreich zu sein. Er besaß zu dem Zeitpunkt geschätzte 20 Millionen Dollar. Er hat fünf Spieler betreut, inoffiziell unterstützt. Nach jedem Training sind wir zu ihm zum Mittagessen, teils in elitäre Restaurants, in Schlappen, Sporthosen und Poloshirts. Mac hat sich hingesetzt und genossen, wie wir das Buffet abgeräumt haben. In seinem Haus hatte ich eine Einliegerwohnung, mehr als 100 Quadratmeter groß. Mit Spielecke, Flipper und allem Zeug. Aber das war mir gar nicht wichtig. In drei Jahren hat er mir das Leben erklärt. Er hat mir mehr beigebracht als mein Papa in 21 Jahren zu Hause. Ja, der hatte richtig Geld. Ja, er hat mir nach dem Spiel 100 oder 200 Dollar zugesteckt und gesagt, ich solle mir einen schönen Abend machen. Ja, ich bin im Cadillac zur Uni gefahren. Aber wenn er rausgefunden hat, dass ich mal faul war – da war der Cadillac weg! Ich habe so viel von diesem Menschen gelernt, was ich später als Chef und Schiedsrichtercoach nutzen konnte. Der Umgang mit Menschen, die Tonlage … Er hatte die Macht. Aber er hat auch die höchsten Löhne und Gehälter in den ganzen USA bezahlt. Ich war sogar bei seiner Beerdigung. Ich habe Mum und Dad zu ihm und seiner Frau gesagt, obwohl ich damals fast 30 Jahre alt war. Wie ging es nach dem ersten Jahr bei den Washington Huskies für dich weiter? Dann war ich noch zwei Jahre auf der Eastern Washington University. Anfang 1979 hörte ich Gerüchte aus Deutschland, dass sich Vereine bei mir melden würden. Aber die Einzigen, die sich wirklich gemeldet haben, waren der TV Langen und Coach Paul Hallgrimsson. Du erinnerst dich, der alte Highschool-Coach aus Bellingham! Dann habe ich 1979 einen Arbeitsvertrag bei AMP unterschrieben und bin 1980 an meinem Geburtstag zurück nach Deutschland geflogen. Was für ein Job war das bei AMP? Ich hatte nicht geglaubt, dass ich bei einer deutschen Firma arbeiten könnte, mein Lebenslauf war ja nicht wirklich gut. Aber der damalige AMP-Europa-Chef
war lange in den USA und hat mir, dem Paradiesvogel, eine Chance gegeben. Ich habe dort über die Jahre alles Mögliche gelernt, ohne vorher Ahnung gehabt zu haben: Fotografieren, Satz, Layout. Ich war neun Jahre Europa-Direktor für Advertising. Anschließend habe ich unter anderem ein Lager für AMP hochgezogen und wieder alles gelernt, von Anfang an. Das hat alles solchen Spaß gemacht! In Deutschland habe ich auch meine Frau Doris kennengelernt: 1987, als ich mal wieder eine Knie-OP brauchte. Sie war die Sekretärin des Chefarztes. Doris musste zuerst noch meine letzten Jahre als Spieler ertragen, ein Schiedsrichterhasser auf dem Feld, mit Eis auf den Knien nach den Spielen. Und danach meine Schiri-Karriere und anschließend mein Job als Kommissar (bis 2018) und Schiedsrichtercoach (bis heute) mit vielen Abwesenheiten durch internationale Einsätze. „Ein glücklicher Mann in Job und Hobby ist ein guter Mann zu Hause“, hat sie gesagt und mich immer unterstützt. 24 Hochzeitstage habe ich verpasst, den 25. jedoch nicht. Ich bin ihr unendlich dankbar, dass sie mich gestützt, mich auch mal aufgerichtet und vor allem immer hinter meinen Entscheidungen gestanden hat – auch wenn sie ab und zu auch mal total absurd erschienen und manchmal auch waren. Sie und Mac waren und sind meine wichtigsten Personen im Leben – Fixpunkte, ohne die ich jetzt nicht die Gelegenheit hätte, von meinem doch wilden Leben zu erzählen. Und inzwischen bist du offiziell Rentner? 2011 bin ich dann nach 31 tollen Jahren bei AMP ausgeschieden. Nachdem ich lange Jahre als Schiri gearbeitet habe, bin ich seit 2003 Schiedsrichtercoach in der Euroleague. Dann war ich ab 2005 auch bei der FIBA, war dort Kommissar und Schiedsrichtercoach und habe mich um die Talententwicklung gekümmert. Inzwischen betreue ich für die Euroleague zwischen 35 und 40 Spiele pro Saison. Wie viele Kilometer und Stunden verbringst du noch heute mit Basketball? Ungefähr 40.000 Kilometer pro Jahr und circa 50 Stunden pro Woche – die Fahrten zu Live-Einsätzen in Euroleague, BBL und anderen Ligen sind da noch nicht eingerechnet. Hast du in Sachen Basketball noch Ziele? Nein, ich habe so viel erreicht. Erstens als Aktiver, als Spieler, Trainer und Schiedsrichter, ohne als Spieler wirklich sehr gut gewesen zu sein. Zweitens als Kommissar, 19 Jahre in der BBL, 12 Jahre in der Euroleague. Drittens als Schiedsrichtercoach. Ob in der Euroleague oder in der Oberliga, ich habe es zu meiner Aufgabe gemacht, Schiedsrichter zu entwickeln – zum Vorteil des Gesamtpakets Basketball! redaktion@fivemag.de
„Ich war 27 Jahre alt, der erste deutsche Spieler an einer Uni und bestimmt der Einzige, der keinen Eindruck hinterlassen hat.“
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Fotos: Ulf Duda/Uli Sledz
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interview
Martin
Schiller
Martin Schiller „DIE G-LEAGUE IST FÜR TRAINER NOCH WERTVOLLER ALS FÜR SPIELER“
Martin Schillers ungewöhnlicher wie erfolgreicher Weg als Trainer hat sich in diesem Jahr fortgesetzt: Nach drei Jahren bei den Salt Lake City Stars und dem Titel als „G-League Headcoach of the Year“ hat der gebürtige Österreicher Zalgiris Kaunas übernommen. Im Interview erklärt Schiller, warum er keine Probleme hat, in die Fußstapfen von Sarunas Jasikevicius zu treten, welche Herausforderungen die G-League an ihn gestellt hat und warum die Entwicklungsliga eine noch größere Konkurrenz für Europa geworden ist.
Fotos: Jeffrey D. Allred/NBAE via Getty Images
Text und Interview: Manual Baraniak
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ls ich in Vilnius meine Familie am Flughafen abgeholt habe, hat der Taxifahrer mir viel Erfolg für die Saison gewünscht.“ Martin Schiller erkennt in diesem Sommer frühzeitig, dass er in einem basketballverrückten Land aufgeschlagen ist. Der gebürtige Österreicher hat nach drei Jahren in der NBA G-League nun den litauischen Traditionsklub und EuroleagueTeilnehmer Zalgiris Kaunas übernommen. Die Basketballbesessenheit im Baltikum bemerkt der 38-Jährige „auch daran, dass meine Anonymität in der Stadt nicht mehr gegeben ist – obwohl
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wir noch gar keine Spiele hatten“, führt Schiller aus, als wir Ende August – rund vier Wochen vor Saisonstart der litauischen Liga – mit ihm sprechen. Der ehemalige Assistant Coach der deutschen Nationalmannschaft und langjährige Assistenztrainer in der BBL zeigt als Nachfolger der litauischen Basketball-Legende Sarunas Jasikevicius, welch besonderen Karriereweg er eingeschlagen hat. FIVE: Hast du die Michael-Jordan-Doku „The Last Dance“ verfolgt? Was ist dein Takeaway gewesen?
Martin Schiller: Ich habe die Doku komplett gesehen. Es hat Spaß gemacht, weil das auch meine Jugend war – ich bin ein Kind der 90er. Mein Takeaway: wie extrem gut Phil Jackson die Truppe geführt hat. Egos hier, Egos da, die Spieler, das Management ... das muss schwierig gewesen sein. Eine Doku in der Art könnte ich mir auch über eine deutsche Nationalmannschaft vorstellen: die bei der EM 2015. Dirk Nowitzki mit seinen letzten Länderspielen, Dennis Schröder als Rising Star, Henrik Rödl als Europameister und CollegeChamp, Chris Fleming als späterer
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interview
Martin
„Du hast am Montag vielleicht die beste und am Freitag vielleicht die schlechteste Mannschaft der Liga – einfach abhängig davon, wer spielt und wer nicht, wer hoch- und wer runtergeschickt wird.“ -----------
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Kandidat bei den New York Knicks und … Martin Schiller als neuer Headcoach von Zalgiris Kaunas. Da gäbe es viele Geschichten zu erzählen, oder? (lacht) Ja! Es gibt einige Werdegänge innerhalb des Teams, die sehr interessant sind. Aber das zu vergleichen mit der Dynastie der Chicago Bulls, ist ein bisschen weit hergeholt. Für mich persönlich war die Zeit sehr wichtig. Ich habe Beziehungen aufgebaut, die geblieben sind und woraus sich Freundschaften entwickelt haben: ob mit Henrik Rödl, Chris
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Schiller
Fleming oder Alex Jensen, der meinen Namen bei den Salt Lake City Stars ins Spiel gebracht hat. Ich trage die gesamte Zeit bei der Nationalmannschaft sehr in Ehren. Obwohl wir 2015 nicht über die Vorrunde hinausgekommen sind, konnten wir uns vom Arbeitsumfang und der Arbeitsintensität nichts vorwerfen lassen. Das tut man sich selbst gegenüber natürlich dennoch, aber wir hatten uns intern sehr gefunden. Wir waren und sind ein richtig eingeschworener Haufen. Das wurde schließlich weitergetragen bis zu einer sehr erfolgreichen Europameisterschaft 2017. Und dass Henrik das Bundestraineramt übernommen hat, ist wirklich schön, weil das so organisch gewesen ist. Neben dir war auch Chris Fleming im Sommer auf dem Trainermarkt gefragt: als Kandidat bei den New York Knicks. Fleming hat sich in der NBA einen Namen als wichtiger Assistant Coach gemacht. Doch wie hat er den deutschen Basketball geprägt? Zum einen durch seine Dynastie in Bamberg, zum anderen aber schon durch seine Zeit davor bei den Artland Dragons: Er ist von der zweiten in die erste Liga aufgestiegen, hat sich für den ULEB Cup qualifiziert, hat es bis in die BBL-Finals geschafft und den Klub zum Pokalsieg geführt. Chris ist Amerikaner, aber auch Europäer – diese Mischung gibt es selten. Er hatte somit einen Stil, der in der BBL
schwer wiederzufinden war. In den 2000er Jahren gab es in der BBL ja den USamerikanischen und den Balkan-Einfluss – Chris hatte beides. Und diese Mischung hat er geprägt. Als wir vor drei Jahren zu deinem Amtsantritt bei den Salt Lake City Stars gesprochen haben, sagtest du: „Das Angebot aus Utah kam aus dem Nichts.“ Wie war es nun bei deinem Engagement bei Zalgiris? Das Angebot aus Utah kam zwar aus dem Nichts, allerdings gab es die Verbindung zu Alex Jensen aus der 2015er Nationalmannschaft. Daher ist das „Nichts“ etwas zu relativieren. Das Angebot von Zalgiris kam nun wirklich aus dem Nichts. Ich saß zu Hause und habe einen Anruf erhalten, dass Zalgiris mich interviewen möchte. Da gab es tatsächlich keine Verbindung zu irgendwem. Das ging über ein Scouting-System, das sie nicht nur für Spieler, sondern auch für Trainer haben. Deren Scouts waren auch beim G-League Winter Showcase vor Ort, den wir mit den Stars gewonnen haben. Ich war natürlich nicht der einzige Kandidat. So wie ich es verstanden habe, ging es auch um Litauer – die es aber nicht gemacht haben oder vielleicht auch nicht machen wollten. Es sind ja große Fußstapfen, die Sarunas Jasikevicius hinterlässt. Es kann natürlich sein, dass manche nicht in diese Fußstapfen treten wollen. Dann hat Zalgiris die Coaching-Suche geöffnet und nach
einem bestimmten Profil gesucht. Da gab es ein paar Kandidaten, von denen ich mich durchsetzen konnte. Da du die großen Fußstapfen von Sarunas Jasikevicius ansprichst, womit der Druck sicherlich recht hoch sein dürfte – von deiner Seite gab es keine Bedenken? Nein, die hatte ich nicht. Der externe Druck erhöht sich wahrscheinlich schon – dadurch, dass er hier war, ein toller Trainer und eine Legende ist. Aber daran kann ich nichts ändern. Mein persönlicher, intrinsischer Druck ist deshalb nicht größer. Ich habe genug zu tun und genug Dinge, auf die ich mich fokussieren muss. Von daher habe ich mir nicht überlegt, ob ich den Job deswegen nicht übernehmen soll.
Fotos: Melissa Majchrzak/NBAE via Getty Images
Wie lief der Interview-Prozess ab? An einem Donnerstag erhielt ich den Anruf, dass ich am Sonntagmorgen ein Zoom-Interview hätte – das heißt, ich hatte 48 Stunden Zeit, mir einen Überblick über Zalgiris zu verschafften und die Mannschaft kennenzulernen. Das Team stand ja schon. Das waren intensive 48 Stunden, in denen ich nicht viel geschlafen habe ... (lacht) Diese Interviews sind mehr eine Präsentation als ein Frage-AntwortSpiel: Ich habe beschrieben, wie ich arbeite und was ich mir bei Zalgiris vorstelle. Ich hatte in meiner Präsentation vier bis fünf große Themen gesetzt. Das Ganze hat eineinhalb Stunden gedauert. Wie gesagt gab es andere Kandidaten, aber die Verantwortlichen von Zalgiris haben sich relativ schnell wieder bei mir gemeldet – und wir waren uns einig. Dann ging es nur noch um das Vertragswerk. Wie hätten deine Pläne in den USA ausgesehen, wenn das Angebot von Zalgiris nicht gekommen wäre? Nachdem du zum Headcoach des Jahres in der G-League gewählt worden warst – hast du vielleicht auch auf eine Rolle als Assistant Coach in der NBA geschielt? Ja, ganz klar. In diesem Sommer war für mich das klare Ziel, einen Job als Assistant Coach in der NBA zu bekommen. Und das wäre nicht nur auf die Utah Jazz beschränkt gewesen. In der NBA läuft es ja anders als in Europa: Hier gibt es bestimmte Klubs, die Trainer aus bestimmten Trainerfamilien gar nicht nehmen würden, weil untereinander eine gewisse Rivalität herrscht und man früher oft gegeneinander gespielt hat. So etwas gibt es in der NBA eigentlich gar nicht, die NBA ist da mehr ein Unternehmen. Dort geht es immer ums Nachrücken, um die nächste Option. Zum Beispiel ist Johnnie Bryant, zuletzt zweiter Assistant Coach der Utah Jazz, nun Associate Headcoach bei den New York Knicks. Bei so einer Möglichkeit, wenn du vom zweiten zum ersten Assistant Coach aufsteigen kannst, denkst du gar nicht darüber nach. Und sobald der neue Job ein höherer ist, kommt man überall heraus.
Es ist schwer, die eigene Arbeit zu beurteilen. Aber wie hast du Zalgiris von dir überzeugt? Lass es mich so erklären: Zalgiris orientiert sich in der eigenen Entwicklung sehr am europäischen Fußball und an der NBA. Das sieht man schon an der Trainingsstätte – das ist wie eine NBA-Facility. Da sie das tun und da die Euroleague sich mit ihrem Modus an die NBA annähert, haben sie jemanden gesucht, der mit dieser Art von Modus etwas Erfahrung hat. Ich glaube auch, dass sie einen jungen Trainer gesucht haben und dass sie auch einen gewissen Mut haben, einen solchen Move zu machen. Du konntest den Kader bei Zalgiris nicht selbst bestimmen. Fällt dir das vielleicht leichter, weil du in der G-League mit wechselnden Kadern arbeiten und dich demnach immer wieder auf Veränderungen einstellen musstest? Wenn die Mannschaft hier steht, dann bleibt sie größtenteils auch so, es gibt nicht so viele Wechsel und Flexibilität im Kader. Deswegen würde ich nicht unbedingt „leichter“ sagen. Aber es stimmt schon: Strukturiert, konzentriert und organisiert zu arbeiten, aber im gleichen Atemzug immer flexibel sein zu müssen, habe ich in den vergangenen drei Jahren extrem gemacht – darum geht es in der G-League einfach. Generell muss man auch sagen, dass in der NBA und in der G-League Mannschaften sehr stark vom Front Office zusammengestellt werden – und nicht von den Trainern. Das ist ein großer Unterschied zu Europa, vor allem zur BBL, wo es ja ganz wenige Sportdirektoren gibt, die zudem wirklich Einfluss auf die Zusammenstellung der Mannschaft haben. Wenn du dich in der NBA und G-League etablierst und etwas Glück hast, hast du auch als Trainer Einfluss auf die Zusammenstellung – das hatte ich, aber das ist nicht die Regel. Dennoch kenne ich das Szenario, das viele andere Trainer nicht kennen: Die Mannschaft steht, du trainierst sie, und los geht die Saison. Lass uns weiter auf deine Zeit in der G-League zurückblicken: Du hast dich mit den Stars von Saison zu Saison gesteigert. Auch haben es einige Spieler, mit denen du dort gearbeitet hast, in die Rotation der Utah Jazz geschafft. Wie schwer ist es eigentlich, in der G-League Siege und Entwicklung zu kombinieren? Du sprichst es an: Spieler wie Tony Bradley, Georges Niang oder Juwan Morgan haben es in die feste Rotation geschafft. Das zeigt, dass wir sehr viel Spielerentwicklung betrieben haben. Wir haben aber auch sehr viel Wert auf das Gewinnen gelegt: Denn das ist auch ein Teil der Entwicklung von Spielern. Dass Gewinnen wichtig ist, haben wir immer wieder an die Spieler herangetragen. Ich habe schon oft eine Grundsatzdiskussion darüber geführt: Dass man Entwicklung
über Gewinnen stellen muss, daran glaube ich nicht – ich bin der Meinung, dass beides geht. Es ist auch so, dass die Spieler von erfolgreichen Teams die sind, die Call-ups in die NBA erhalten. Am Ende des Tages bleibt es ein Sport, in dem man gewinnen muss, um erfolgreich zu sein. Entwicklung bedeutet für mich auch: Fehler zu machen ist okay, vielleicht sogar erwünscht, weil man daraus im besten Fall lernt. Trifft dies auch auf den Headcoach zu? Absolut. Ich glaube, es ist die beste Liga der Welt, um als junger Headcoach anzufangen – weil du einfach coachen kannst. Wegen des Saisonendes aufgrund der Corona-Pandemie waren es nicht 150, aber immerhin 142 Spiele in drei Saisons, die ich gecoacht habe. Im Grunde innerhalb von eineinhalb Jahren, weil eine Saison sechs Monate lang ist. Das ist eine immense Anzahl an Spielen, die man als junger Trainer oftmals nicht erhält. Das sind ja fast vier BBL-Saisons. Natürlich ist es eine andere Art des Spiels, aber letztlich ist es eine Möglichkeit, zu coachen und in dem besser zu werden, was man tut. Und man kann ohne den unmittelbaren Druck coachen, nach vier Niederlagen in Folge vielleicht seinen Job zu verlieren – und dann nicht mehr an seinem Handwerkszeug zu arbeiten. Daher finde ich die G-League für Trainer fast noch wertvoller als für Spieler! Was waren die größten Herausforderungen in der G-League, die Trainer in Europa vielleicht nicht kennen? Eine Herausforderung ist natürlich die Einflussnahme des Managements, wenn es um die Minutenvorgaben von Spielern, die vom NBA-Team heruntergeschickt werden, und von Two-Way-Spielern geht. Die haben klare Minutenvorgaben, die erfüllt werden müssen. Eine andere Herausforderung ist die unglaubliche Fluktuation an Spielern. Die Preseason eingeschlossen, hatte ich in der vergangenen Saison rund 21 Spieler im Kader – das geht aber schon mal hoch bis auf 26 Spieler. Du hast am Montag vielleicht die beste und am Freitag vielleicht die schlechteste Mannschaft der Liga – einfach abhängig davon, wer spielt und wer nicht, wer hoch- und wer runtergeschickt wird. Außerdem ist die Frequenz an Spielen sehr hoch: Drei Partien innerhalb von vier Tagen kennt man in Europa nicht, außer es handelt sich um eine Europameisterschaft. Wenn man an einem Freitagabend um 19:00 Uhr in Salt Lake City und am nächsten Tag um 17:00 Uhr in Los Angeles spielt und keinen Privatjet zur Verfügung hat, sondern kommerziell fliegen und früh am Morgen los muss ... dann ist das hart. Ansonsten gibt es noch die kulturellen Herausforderungen in den USA. Welche meinst du? Es ist ein ganz anderer Basketball, es ist
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interview
Martin
eine ganz andere Mentalität, und es ist ein ganz anderer „breed of athlete“, wie man in den USA sagt. Dort hast du auch ganz andere soziale Herausforderungen als in Deutschland, welche es immer wieder zu reflektieren gilt. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll ... aber die Waffengewalt in den USA ist etwas, das wir uns in Europa gar nicht vorstellen können: die Tatsache, dass es in den USA mehr Waffen als Menschen gibt und dass im Grunde jeder eine besitzen kann. In drei Jahren G-League haben vier meiner Spieler Freunde durch Waffengewalt verloren. Du musst deinen Spieler für ein Begräbnis nach Hause schicken, und drei Tage später ist er wieder im Training. Das ist eine ganze andere Welt ... ... und für einen Trainer auch eine psychologische Komponente. Ja, absolut. Der Sport in den USA ist ja auch eine unglaublich große Industrie. Die Systeme in der Highschool, am College und im AAU-Basketball erziehen Spieler in dem Glauben, dass sie sehr, sehr gut sind. Das sind sie oftmals, keine Frage, aber erkläre einem Spieler mal, der aus einem guten College-Programm kommt und jetzt in der G-League spielt: „Ja, du hast vor 15.000 Leuten gespielt – aber das tust du jetzt nicht mehr.“ Die Realität trifft einen oft schnell und hart. Das ist auch eine große psychologische Herausforderung. Eine andere Herausforderung wird sein, ein wirkliches Team aus Spielern zu formen, die eigentlich gar nicht in der G-League sein wollen. Ja, das ist sehr schwer. Keiner will in der G-League sein. Oder sagen wir es so: Jeder will so schnell wie möglich raus. Wenn man eine G-League-Mannschaft dazu bringt, zu verteidigen und den Ball zu bewegen, hat man wirklich etwas geschafft. Das ist gar keine leichte Aufgabe. (schmunzelt) Wie habt ihr das als Organisation und als Coaching-Stab hinbekommen? Das Entscheidende für uns war das Rekrutieren der richtigen Spieler. Wir haben im Sommer extrem viel Arbeit investiert: Wir sind von Camp zu Camp gereist und haben uns Spieler angeschaut. Wir haben für die Utah Jazz die Pre-DraftWorkouts gemacht – welche gleichzeitig ein Rekrutierungspool für die G-LeagueTeams sind. Wir haben mit dem General Manager sehr eng zusammengearbeitet. Wir haben viel Herzblut investiert, um eine Mannschaft zusammenzustellen, die in einer solchen G-League-Saison bestehen kann. Wir sind einen anderen Weg als viele Teams gegangen und haben gesagt: Wir brauchen gute Charaktere. Das ist in dieser Liga auch nicht leicht, weil es viele Spieler mit unglaublichem Talent, aber fragwürdigem Charakter gibt ... Du hast drei Jahre in der G-League gearbeitet. In dieser Zeit sind die Gehälter
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Schiller
gestiegen, es sind Two-Way-Verträge eingeführt worden, die Liga wurde professioneller. Aber hat sich auch die Qualität der Spieler gesteigert? Ganz subjektiv würde ich sagen: ja. Ich kann das aber nicht an objektiven Merkmalen festmachen. Ihr Stigma verliert die G-League langsam. Das sieht man ja allein daran, dass Zalgiris Kaunas mir den Job angeboten hat. Es ist nicht mehr die Liga von früher mit wilden Besitzern und wilden Geschichten – die gibt es
„Die G-League ist eine brutale Konkurrenz. Sie macht den europäischen Markt nicht kaputt, aber durch die TwoWay-Verträge nimmst du im Grunde 60 hochqualifizierte US-Spieler vom Markt.“ -----------
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zwar immer noch, aber die Liga wird von mehr und mehr NBA-Teams wirklich als Entwicklungswerkzeug genutzt. Und je stärker diese Teams involviert sind, desto mehr gewinnt die Liga an Professionalität und auch einfach an Sinn. Dennoch muss ich sagen, dass es schwer ist, Spieler aus der G-League zu rekrutieren: Du hast dort Spieler mit NBA-Qualität, aber auch Spieler mit Euroleague-, Eurocup-, BBL- und ProA-Qualität. Dadurch, dass Spieler so unterschiedlicher Qualität in einem Team zusammenspielen, sind die Leistungen schwer einzuschätzen und in ein Verhältnis zu setzen. Das Ganze ist schwer zu entziffern. Ich bin ja jetzt sozusagen ein „G-League-Alumnus“, und ich glaube auch an die Liga. Dennoch würde ich
Spielern, die nicht gedraftet werden, sowie Borderline-NBA-Spielern immer raten, nach Europa zu gehen. Ein Beispiel: Nick WeilerBabb und Khadeen Carrington, letztes Jahr in Ludwigsburg, haben beim Portsmouth Invitational Tournament extrem gut gespielt. Sie hatten einige Angebote für Training-Camp-Deals. Aber sie sind nach Europa gegangen, was ihnen extrem gutgetan hat. Zurück in die G-League geht’s immer. Aber man darf nicht zu lange in der Liga spielen, sonst fährt der europäische Zug ab, und du läufst Gefahr, für immer in der G-League zu bleiben. Ist die G-League eine noch größere Konkurrenz für Europa geworden? Die G-League ist eine brutale Konkurrenz. Sie macht den europäischen Markt nicht kaputt, aber durch die Two-WayVerträge nimmst du im Grunde 60 hochqualifizierte US-Spieler vom Markt, die früher eben auf dem europäischen Markt gelandet wären. Dann hast du die Spieler, die in der Saisonvorbereitung für 85.000 Dollar brutto Exhibit-10-Verträge unterschreiben. Die sagen: „Ich könnte auch 85.000 oder bis zu 200.000 Dollar netto in Europa verdienen, aber ich bleibe trotzdem in den USA.“ Wir Europäer verstehen das oft nicht – aber jetzt, wo ich in der G-League war, verstehe ich es: Deren Traum ist nicht die Euroleague, nicht die BBL, deren Traum ist die NBA. Und wenn sich dieser Traum nur etwas andeutet, dann versuchen sie, ihn zu realisieren. NBA- und G-League-Teams haben auf diese Rookies auch viel mehr Zugriff und einen Rekrutierungsvorteil gegenüber europäischen Teams, weil du einfach diesen Traum verkaufst. So bescheuert wir Europäer das manchmal finden, aber es gibt dann solche Geschichten wie die von Juwan Morgan. Den hatten wir für unser G-LeagueTeam rekrutiert. Er hat in der Summer League nur 4,7 Punkte erzielt, weil er nicht auf seiner angestammten Position gespielt hat. Nach drei Spielen in der G-League wird er ins NBA-Team berufen, weil Stanton Kidd gecuttet wird. Und Morgan geht innerhalb eines Tages von 85.000 auf 750.000 Dollar! Und jetzt ist er der erste Spieler gewesen, der als ungedrafteter Akteur zu Saisonbeginn mit Exhibit-10-Vertrag in einem NBA-PlayoffSpiel gestartet ist … diese Geschichten gibt es auch. Deswegen kann man den Jungs auch keinen Vorwurf machen. Es ist dennoch ein schmaler Grat. Und wenn ich ein Agent wäre, würde ich den Spielern immer raten, nach Europa zu gehen. Das Problem ist: Das wollen die Spieler nicht hören – und dann bist du auch nicht mehr deren Agent. Es ist nicht einfach. Aber um nochmal auf die Ausgangsfrage zurückzukommen: Die G-League mitsamt ihrer Struktur ist tatsächlich ein sehr großer Konkurrent für Europa geworden. redaktion@fivemag.de
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Fotos: Lawrence Peart/NBAE via Getty Images
in-dre-ssant
Die
Bubble
von
Orlando
In-DrĂŠ-ssant Die Bubble und die Zukunft
Die NBA-Bubble war ein voller Erfolg. Doch wie ist das dort Geschehene einzuordnen? Wie geht es in der besten Basketballliga der Welt weiter? Und vor allem wann? Text: AndrĂŠ Voigt 94
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orweg: Bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe war die NBASaison 2019/20 noch nicht beendet. Weder der Meister noch die Finalisten standen fest – danke, Corona! Wenn aber nicht in den letzten Tagen der Conference-Finals ein Himmelskörper auf den ESPN Wide World of Sports Complex und Disney World gefallen ist, lässt sich schon jetzt resümieren: Die Bubble in Orlando war ein voller Erfolg. Klar, Lou Williams bekam zwischendurch Appetit auf Chicken Wings, und Danuel House hielt die Einsamkeit nicht mehr aus, aber ansonsten penetrierte nichts die NBA-Blase. Die enormen logistischen und finanziellen Anstrengungen zahlten sich schlussendlich aus. Die Association kürte einen Champion, verzeichnete einen Imagegewinn und zeigte Geschlossenheit. Genau diese Geschlossenheit verhinderte dann auch den Abbruch der Saison mitten in den Playoffs. Der Mord an George Floyd und vor allem die Ereignisse in Kenosha im US-Bundesstaat Wisconsin stellten die Liga vor eine noch nie dagewesene Zerreißprobe, die den gesamten nordamerikanischen Sport erfasste. Es war irgendwie bezeichnend, dass nicht Covid-19, sondern der systemische Rassismus in den Vereinigten Staaten von Amerika die größte Gefahr für die Bubble war. Am Ende gingen die Spiele weiter, genau wie der Protest gegen die grassierende, rassistisch motivierte Polizeigewalt in den USA. Mehr noch: Diese emotional aufgeladenen Tage, an denen die komplette NBA stillstand, sorgten dafür, dass die Liga ihrer großen sozialen Verantwortung gerecht wurde. Gleichzeitig wurde deutlich, dass Adam Silver und seine 30 NBA-Governors, aber auch die Profis der NBA noch viel mehr tun können.
Fotos: Kevin C. Cox/Mike Ehrmann/Getty Images
Kein Sternchen
Aber zurück aufs Parkett. Zuvor geäußerte Befürchtungen, dass die Darbietungen auf den beiden Courts der Bubble nicht das gewohnte Niveau erreichen würden, bewahrheiteten sich nicht. Natürlich: Es gab Load Management während der Seeding Games, aber das hätte es schließlich auch bei einem „normalen“ Saisonverlauf gegeben. Es überwogen klar die Positivgeschichten der Platzierungsspiele: die erfrischenden, ungeschlagenen Phoenix Suns, Devin Booker, BubbleMVP Damian Lillard, nicht aufsteckende Brooklyn Nets, um nur einige zu nennen. Auch die Mär, dass der Titel 2020 einer wäre, an den ein Sternchen angeheftet werden müsse, wurde als genau das entlarvt … der Weg zur Meisterschaft 2020 war nicht leichter als in anderen Jahren. Im Gegenteil: Er war schwerer. Einen Heimvorteil gab es nicht. Selbst Teams,
die 1-3 in einer Serie zurücklagen, gaben nicht auf, wussten sie doch, dass sie nicht in einer fremden Arena antreten mussten. Die Reisestrapazen waren nicht existent und alle Akteure entsprechend frischer. Die Spieler mussten sich Tag für Tag selbst motivieren – keine einfache Aufgabe, wenn dich ansonsten 20.000 Fans in den Playoffs nach vorn peitschen. Manchen fiel das leicht, andere mussten diesen Extragang erst finden. Favoriten strauchelten, Außenseiter machten große Rückstände wett. Es gab unfassbare Einzelleistungen, Buzzerbeater und Ausraster. Am Ende fehlten „nur“ die Fans.
Die Zukunft
Auch wenn sie in Orlando fehlten: Die Fans sind der wichtigste Faktor, wenn es um die Saison 2020/21 geht. Deren Beginn steht derzeit in den Sternen. Die Rede war erst vom 01. Dezember, dann vom ersten Weihnachtsfeiertag, es gibt sogar Szenarien, die den nächsten NBA-Start erst im Februar 2021 verorten. Warum die Association sich bis zum Redaktionsschluss gerade mal auf den Termin für die Draft (18. November) festlegen wollte? Die Verantwortlichen spielen auf Zeit und hoffen auf Covid-19Schnelltests und einen Impfstoff. Beide würden es erlauben, vor einer NBAPartie alle Zuschauer, alle Mitarbeiter in den Arenen und natürlich die Teams zu
testen oder geimpfte Personen einfach so hineinzulassen. Wäre das aufwendig? Sicher. Kosten diese Tests kein Geld? Doch, sie sind aber sehr preiswert. Und genau da liegt natürlich der Hase im Pfeffer. Es geht um die Finanzen der Klubs. Die 30 Besitzer wollen nach Möglichkeit kein einziges Heimspiel vor leeren Rängen absolvieren müssen. Sie wollen – wenn irgend möglich – nicht in regionalen Bubbles spielen, wo zum Beispiel alle Teams der Central Division in der Trainingsanlage der Chicago Bulls gegeneinander antreten. Deshalb unterstützt die NBA auch eine Studie der Yale University in Sachen Schnelltests. Deshalb wollen die Bosse warten und müssen abwägen. Wie viele Monate können sie warten? Die Teams, die nicht in der Bubble gespielt haben, trainieren zwar inzwischen wieder, aber wie lange sollen sie noch ohne richtigen Wettbewerb sein? Was ist mit der Saison 2021/22? Wann soll sie beginnen? Werden NBA-Profis bei Olympia in Tokio dabei sein – sollten diese Spiele denn überhaupt stattfinden? Die Arbeit für die NBA endet nicht mit der Bubble von Orlando. Die Finals 2020 sind nur ein Etappenziel. Bis hierhin hat sich die Association eine glatte Eins mit Sternchen verdient – und auf dieses Sternchen kann die NBA stolz sein. dre@fivemag.de
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ivan beslic
ivan beslic The hobby and the money
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reunde, das Jagen und Sammeln liegt in den Urinstinkten der Menschheit verankert und galt schon in der Steinzeit als eine der wichtigsten Waffen der Evolution. Während wir heutzutage unsere Nahrung eher im Supermarkt bekommen und sie nicht mehr selbst erlegen oder irgendwo finden müssen, ist der tief verwurzelte Urtrieb, Dinge anzuhäufen, jedoch geblieben. Ob Ü-Eier-Figuren, Schrumpfköpfe, Münzen oder Modellautos – die Geschmäcker und Sammelleidenschaften sind verschieden. Ein anderes Hobby, das gerade eine Renaissance erlebt und mir sehr am Herzen liegt: Trading Cards. Ehrlich gesagt waren Sportkarten schon immer sehr begehrt, wenn man überlegt, dass schon vor über 100 Jahren Baseballkarten in den USA gesammelt wurden und bis heute traditionell von Großvätern an Enkel weitergegeben werden wie Geheimratsecken. #Klingonenstirn Klar: Die Menschen verbinden Sport mit Emotionen und lieben alles, was damit zusammenhängt. No disrespect, aber Trading Cards sind halt viel fresher als z.B. eine angelutschte Briefmarke! Gegen den coolsten Dunk im Kleinformat, eine Unterschrift
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oder sogar ein Stück „Game Worn Jersey“ deines Lieblingsspielers wirkt die Blaue Mauritius höchstens wie ein Abziehbild vom Kaugummiautomaten. Als mein Bruder Kiki und ich 1997 angefangen haben zu sammeln, ging es uns darum, so viele Karten unserer Lieblingsspieler Kobe Bryant und Antoine Walker zusammenzukriegen, wie wir nur konnten. In einer damals noch analogen Zeit ohne Internet war es schwierig, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Beliebte Treffpunkte waren damals Comic Stores, wo Päckchen gerissen, getauscht oder einfach nur mit der Sammlung angegeben wurde. #madeyoulook Die Jagd nach der vermeintlich kompletten Sammlung wurde bereits im jungen Alter zur Lebensaufgabe gemacht, was das Taschengeldkonto härter strapazierte als sämtliche Releases für das Nintendo 64. #nomoneynofunny Mit der Ankunft des Internets wurde es dann einfacher, sich weltweit mit Sammlern zu connecten, und Deals werden seitdem per Knopfdruck gemacht. Mühsam ernährte sich davor das Eichhörnchen, und die Lücken im Kartenordner füllten sich allmählich, was dazu führte, dass Kiki und ich über die Jahre beachtliche Sammlungen unserer Spieler anhäuften. Doch genau hier kommt die Schattenseite unserer Leidenschaft ins Spiel: der Fluch und Segen des Geldes. Meine Sammlung hat für mich emotional einen unbezahlbaren Wert und erntet unter Kennern zwar Respekt, aber ihr könnt euch wahrscheinlich vorstellen, dass die Kobe-Bryant-Karten meines Bruders einen Ticken mehr wert sind als meine von Antoine Walker. Das Hobby hat sich in den letzten Jahren sehr stark verändert, die Verkaufspreise einiger Karten sind himmelhoch explodiert wie der unaussprechliche Eyjafjallajökull. Während sich dieses Jahr die ganze Welt im gefühlten Ausnahmezustand befindet, sorgte der tragische Tod von Kobe und die weltweite Aufmerksamkeit für eine kranke Wertsteigerung seiner Karten. Und selbst das Corona-Wirtschaftschaos leistete seinen Beitrag, denn während Aktien in den Keller fielen, fanden Börsenhaie und Investoren in „Highend Cards“ eine neue potente Geldanlage. Diese Dudes werden auch „Flipper“ genannt … Eines der begehrtesten Sammlerstücke ist zum Beispiel die signierte „LeBron James Upper Deck Exquisite Rookie Card“. Anfänglich um 2.000 Dollar gehandelt, würde man sich heutzutage sehr glücklich schätzen, ein Exemplar davon für unter 300.000 Dollar ergattern zu können. Eine seltenere Parallelversion dieser Karte ging neulich sogar für lächerlich hohe 1,8 Millionen Dollar über den Ladentisch. #rekordpreis Die Kultkarte schlechthin, die „1986 Fleer Rookie Card (RC)“ von Michael Jordan, wurde vor 20 Jahren für stattliche 5.000 Dollar gehandelt. Im Mai ging sie für 96.000 Dollar weg … Zugegeben, das sind jetzt etwas krassere Beispiele, aber es zeigt einen klaren Aufwärtstrend, und das Ende der Fahnenstange ist noch lange nicht erreicht. Es geht hier nicht mehr nur darum, bunte Bildchen zu sammeln.
Das Angebot und die Nachfrage der bedruckten Pappkärtchen lockt gut betuchte Investoren, und die machen das Ganze zu einem MillionenDollar-Business. Die Ausmaße des Wahnsinns nehmen auch bei Luka Doncic und Zion Williamson kranke Züge an. Für RCs werden zurzeit Preise bezahlt, die unrealistischer nicht sein könnten. Renommierte Auktionshäuser setzen sogar Kopfgelder aus und zahlen bis zu 500.000 Dollar für begehrte Exemplare. #WTF? Die Leute spekulieren auf glorreiche Karrieren dieser beiden Wunderjungen und investieren entsprechend. Aber aufgepasst! Größere Summen in junge Spieler zu investieren, könnte auch nach hinten losgehen, denn Verletzungen oder die Kardashians haben auch schon gefeierte Spieler wie etwa Derrick Rose oder Lamar Odom zu Fall gebracht. #KardashianFluch Doch vergessen wir mal diese utopischen Summen und all die Flitzpiepen, die sich nur wegen der Moneten im Hobby tummeln. In einem digitalen Zeitalter, in dem sonst nur noch Tinder-Matches und Likes gesammelt werden, freut es mich wirklich zu sehen, wie Trading Cards ein Revival feiern. Die Jugend hat Bock, alte Sammler entstauben ihre Ordner, und es wird wieder gehustled, was das Zeug hält. Die Liga ist voller junger aufregender Spieler wie Booker, Morant oder Tatum, und die Oldschooler kommen auch auf ihre Kosten, denn Legenden wie Allen Iverson oder Charles Barkley unterschreiben auch heute noch fleißig Karten. Panini haut zudem jedes Jahr neue aufregende Serien auf den Markt, und besonders die Glitzerkarten funkeln mehr denn je. #Sonnenbrille Beim „Boxbreaken“ muss man natürlich auch das nötige Glück haben, um nicht nur Nieten und Trash zu erwischen, aber sogar die teuerste Karte der Welt wurde aus einer 5-Dollar-Packung gezogen. #HotBox Der Shit ist real, wenn sogar MVPs wie Giannis oder LeBron ihre eigenen Karten sammeln oder der House DJ und Kuchenliebhaber Steve Aoki bei Insta mit seinen Karten flext. #truestory Mein Bruder Kiki fungiert mittlerweile sogar als Kartenbotschafter im Hobby und organisiert jährlich seit 2009 Europas größte Trading Card Convention, die dieses Jahr aufgrund von Corona leider abgesagt werden musste. Schon witzig, wenn man bedenkt, dass wir früher wegen unserer Sammelkarten nur müde belächelt wurden und die Leidenschaft als nerdiger Kinderkram abgestempelt wurde. Verdammt, sogar alte Pokemon-Karten sind heutzutage ein Vermögen wert. Allerdings: Es ist zwar schön, wenn die eigene Collection irgendwann an Wert gewinnt, aber Cash ist nicht alles in diesem Hobby. Und das sage ich nicht nur, weil ich Antoine Walker sammele. #RespectTheHustle Freunde, sammelt das, worauf ihr Bock habt … und lasst euch nicht von jedem Hype blenden. Stay nerdy & keep it real! Peace, Ivan & Kiki
>>>> Wer Fragen rund um Trading Cards hat oder einen Anlaufpunkt braucht, kann sich gerne bei Kiki auf Instagram unter @croatiantwins melden. #wherehobbyhappens
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C LOS ANGELES LAKERS