Eugen Onegin Pjotr Tschaikowski
opernhaus zürich
Erster Akt 1. Bild Ein spätsommerlicher Nachmittag in der russischen Provinz. Die verwitwete Gutsbesitzerin Larina und die Kinderfrau Filipjewna, die Njanja, machen im Garten Konfitüre ein. Larinas Töchter, Tatjana und Olga, singen eine wehmütige Weise, welche in der Mutter Erinnerungen an ihre eigene Jugend heraufbeschwören, als sie von einem Leben in der Moskauer Gesellschaft und von einem schneidigen Kavalier träumte. Nun aber habe die Gewohnheit des ruhigen Lebens in der Provinz den Traum von Abenteuer und Glück verstummen lassen. Die Bauern des Gutes bringen der Herrin zum Zeichen, dass die Ernte eingebracht ist, eine geschmückte Garbe, singen Lieder und tanzen. Bei der verträumten Tatjana, die wie immer in ein romantisches Buch vertieft ist, rufen diese Gesänge eine melancholische Stimmung hervor, worüber sich ihre ausgelassene jüngere Schwester Olga sogleich lustig macht. Da kommt Olgas Bräutigam Wladimir Lenski, ein benachtbarter Gutsbesitzer und junger Poet, in Begleitung seines Freundes Eugen Onegin. Durch seine reservierte, aber elegante, weltmännische Art macht Onegin einen grossen Eindruck auf die schwärmerische Tatjana. Auch Onegin findet das junge Mädchen interessanter als ihre sorglos heitere Schwester und hänselt den sinnlos verliebten Lenski deswegen. Während Larina Vorbereitungen zum Abendessen trifft, gehen die jungen Leute im Garten spazieren: Die seit der Kindheit füreinander bestimmten Olga und Lenski turteln zutraulich miteinander, während sich Onegin und Tatjana formell unterhalten, sie jedoch ihre Schüchternheit und Erregung kaum verbergen kann. 2. Bild Es ist Abend. Die Njanja begleitet Tatjana zu Bett, hält aber auf deren Bitten eine Weile inne und erzählt von alten Zeiten. Tatjana ist sehr unruhig und aufgeregt. Schliesslich gesteht sie, dass sie zutiefst verliebt sei. Bewegt entschliesst sie sich, Onegin einen Brief zu schreiben, in dem sie ihm mit schwärmerischen Worten ihr Innerstes eröffnet, dass sie in ihm die Erfüllung ihrer Träume sieht und ihn bittet, sie aus der Enge ihres Lebens zu befreien. Schon geht die Sonne auf, und Tatjana beendet verzweifelt ihren Brief: War es richtig, sich dem Unbekannten so an den Hals zu werfen? Doch muss sie darauf vertrauen, dass er sich wie ein Ehrenmann verhalten wird. Der sich unbeholfen gebärdenden Njanja übergibt sie den Brief mit der Bitte, ihn diskret dem Empfänger zukommen zu lassen. 3. Bild In einem anderen Teil des Garten singen die Mägde beim Beerenpflücken ein traditionelles Lied. Erregt eilt Tatjana herbei, halb auf der Flucht, halb in Erwartung Onegins: Wird er ihre Hoffnungen erfüllen, sie abweisen oder sie gar schmachvoll der Welt preisgeben? Freundlich, aber kalt bedankt sich Onegin für die Aufrichtigkeit ihres Briefes und verspricht eine ebenso ehrliche Antwort: Er findet Tatjana zwar sehr nett, den Gedanken an eine Heirat aber unerträglich. Zudem seien auch die Träume junger Mädchen jeweils nicht von langer Dauer. Zuletzt gibt er ihr den Rat, ihre Gefühle kontrollieren zu lernen, damit ihre Unerfahrenheit nicht womöglich noch ausgenützt werde. Vor Demütigung und Kränkung ist Tatjana wie erschlagen.
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Zweiter Akt 1. Bild Einige Zeit später findet bei Larins ein Ball anlässlich von Tatjanas Namenstag statt, bei dem alle Nachbarn versammelt sind. Während die jungen Leute tanzen, begutachten sie die Alten – und verärgern sogleich Onegin, in dem sie zwar Tatjanas Bräutigam, aber auch einen schrecklichen Flegel und ungehörigen Menschen sehen. Verdrossen über den provinziellen Klatsch beschliesst er, Lenski, auf dessen Drängen er einzig auf diesen Ball kam, gehörig eins auszuwischen, und beginnt, Olga den Hof zu machen. Um den übertrieben eifersüchtigen Lenski ein wenig zu hänseln, geht Olga zum Schein darauf ein. Die Tänze werden von Triquet unterbrochen, einem in der Nähe wohnenden Franzosen, welcher als Gratulation zum Entzücken der Gesellschaft ein pastorales Couplet vorträgt, welches auf Tatjana gemünzt ist. Die Tänze gehen weiter, und wieder schenkt Onegin in auffälliger Weise nur Olga seine Aufmerksamkeit. Dies bringt Lenski so sehr in Rage, dass er schliesslich Onegin öffentlich anklagt, Olga verführen zu wollen. Aller Versuche der Umstehenden und Onegins selber zum Trotz, Lenski zu beruhigen, kommt es schliesslich zur formellen Herausforderung zum Duell. 2. Bild Am nächsten Morgen, im winterlichen Wald. Lenski und sein Sekundant Sarezki erwarten den Gegner. Lenski träumt vor sich hin, sieht in Gedanken sein Grabmal und wünscht die geliebte Olga herbei. Onegin erscheint. Zum Sekundanten hat er seinen unscheinbaren Diener Guillot gewählt. Alles wird vorbereitet, man schreitet zum Duell. Onegin erschiesst Lenski, der sofort stirbt.
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Dritter Akt 1. Bild Einige Jahre später. Saal in einem herrschaftlichen Palais in St. Petersburg. Mit einer grandiosen Polonaise wird ein prächtiges Fest gefeiert. Nach Jahren des ziellosen Umherreisens, der Untätigkeit und inneren Unrast ist Onegin in die Hauptstadt zurückgekehrt und betrachtet widerwillig das Geschehen. In der Fürstin Gremin, die ihm durch ihre Schönheit, aber auch ihren natürlichen Adel auffällt, meint er Tatjana wiederzuerkennen. Und in der Tat: Inzwischen ist sie mit seinem Verwandten, dem angesehenen Fürsten Gremin verheiratet. Gremin lobt seine Frau, die er zutiefst liebt: Durch ihr Wesen hat sie sein Leben in der steifen, hohlen Welt des Hofes ganz und gar verändert. Dann stellt er den aufgeregten Onegin seiner Frau vor. Sie erkennt in ihm höflich den früheren Nachbarn, zeigt aber keinerlei innere Teilnahme und zieht sich zurück. Der Überschwang seiner Gefühle lässt Onegin erkennen, wie sehr er Tatjana doch liebt. 2. Bild Onegin hat Tatjana einen nicht weniger flammenden Brief geschrieben, als sie einst ihm, und damit ihre längst verdrängten Gefühle von neuem in Wallung gebracht. Schliesslich verschafft er sich sogar Zutritt zu ihren Gemächern und begegnet der Verwirrten allein. Standhaft weist sie ihn ab, beschuldigt ihn gar, sie nurmehr verführen zu wollen, weil sie nun so viel zu verlieren habe. Aber nein: Onegins Gefühle für sie sind echt; verzweifelt fleht er sie an, Gatten und Haus zu verlassen und mit ihm wegzugehen. Tatjana gibt so weit nach, um einzugestehen, dass ihre Gefühle für ihn unverändert sind. Doch die Pflicht siegt. Nach einem Moment des Schwankens stösst sie ihn endgültig von sich. Onegin bleibt mit seinem Schmerz und seiner Schande allein.
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