Rigoletto

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RIGOLETTO

GIUSEPPE VER DI


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RIGOLETTO GIUSEPPE VERDI (1813–1901)




HANDLUNG Erster Akt Am Hof von Mantua werden Feste gefeiert, auf denen sich eine Männergesell­ schaft mit bösen Spässen und gegenseitigen Demütigungen amüsiert. Der Her­ zog berichtet, dass er hinter einem jungen, unbekannten Mädchen her ist, und erklärt anschliessend, dass er alle Frauen haben kann und es ihm Spass macht, den betrogenen Männern ins Gesicht zu lachen. Die Gräfin von Ceprano er­ scheint und wird vor den Augen ihres Ehemanns und der ganzen Hofgesellschaft vom Herzog und seinem Narren Rigoletto erniedrigt. Mit dem Vorschlag Rigo­ lettos, dem gehörnten Grafen Ceprano einen Kopf kürzer zu machen, schlägt die Stimmung gegen ihn um. Die Höflinge fordern Rache für die Gemeinheiten des Narren und haben auch schon eine Idee: Der Höfling Marullo bringt die Neuigkeit, dass Rigoletto in seinem Haus eine heimliche Geliebte versteckt. Plötzlich erscheint der Graf von Monterone. Er fordert Vergeltung für seine Tochter, die vom Herzog und seinen Männern geschändet wurde. Als Rigoletto den verzweifelten Vater verhöhnt, verflucht Monterone nicht nur den Herzog, sondern auch den Narren. Monterones Fluch nagt an Rigoletto. Da bietet ihm der geheimnisvolle Auftragsmörder Sparafucile seine Dienste an. Rigoletto sieht in dem Mörder ein Spiegelbild seiner eigenen Existenz und erkennt seine Niederträchtigkeit, die er beklagt und vor sich selbst zu rechtfertigen versucht. Zu Hause verwandelt sich Rigoletto in einen anderen Menschen. Seine Tochter Gilda bedeutet ihm alles. Er hat sie vor der Welt weggesperrt. Gilda aber sehnt sich nach Leben und Freiheit. Ihren Fragen nach der toten Mutter und dem Namen des Vaters weicht Rigoletto aus. Bevor er wieder geht, schärft er Gildas Gouvernante Giovanna ein, seine Tochter zu bewachen. Aber der Herzog hat Giovanna bestochen und trifft Gilda verkleidet als der arme Student Gualtier Maldé. Als Giovanna auf der Strasse Schritte hört, schickt sie den Herzog weg. Gilda träumt dem Namen ihres Geliebten nach. Die Höflinge kommen, um Rigolettos vermeintliche Geliebte zu rauben.

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Rigo­letto, durch Maskerade blind, beteiligt sich an der Aktion in dem Glauben, die Gräfin von Ceprano zu entführen. Zu spät erkennt er, dass er am Raub seiner eigenen Tochter mitgeholfen hat.

Zweiter Akt Der Herzog ist ausser sich vor Zorn darüber, dass ihm seine Geliebte geraubt wurde. Er erfährt, dass sie von seinen eigenen Leuten verschleppt und an den Hof gebracht wurde, und stürmt glücklich zu ihr. Von den Höflingen schadenfroh verhöhnt, versucht Rigoletto verzweifelt herauszufinden, wo seine Tochter ist. Als sich herausstellt, dass sie beim Herzog ist, fordert er, ausser sich vor Zorn und flehend, sein Kind zurück. Gilda er­ scheint und gesteht ihrem Vater, wie sehr sie den Herzog liebt. Rigoletto sieht die Reinheit seiner Tochter befleckt und schwört nach einem weiteren kurzen Auftritt von Monterone dessen Ruf nach blutiger Rache in die Tat umzusetzen. Danach will er die Stadt mit Gilda für immer verlassen.

Dritter Akt Gilda liebt den Herzog trotz allem. Rigoletto will ihr den wahren Charakter des Herzogs vorführen zum Hause Sparafuciles und lässt sie mitansehen, wie sich ihr Geliebter mit der Prostituierten Maddalena, der Schwester Sparafuciles, vergnügt. Rigoletto befiehlt seiner Tochter, in Männerkleidung die Stadt zu verlassen und beauftragt Sparafucile, den Herzog zu töten. Gilda ist heimlich zurückgekehrt und belauscht, während ein Unwetter aufzieht, wie Maddalena und Sparafucile darüber streiten, ob der Herzog um­ gebracht werden soll. Maddalena hat Mitleid mit ihm und überredet ihren Bruder, anstelle des Herzogs den Erstbesten zu ermorden, der vor Mitternacht an die Tür klopft. Gilda klopft an und gibt ihr Leben für den Herzog. Rigoletto kommt, um den Leichensack abzuholen. Triumphierend will er ihn in die Fluten werfen, als er die Stimme des Herzogs vernimmt. Er öffnet den Sack und sieht seine sterbende Tochter. Rigoletto muss erkennen, dass sich der Fluch an ihm erfüllt hat.

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MANTUA Im Mantua des Rigoletto sind Öffentliches und Privates nicht getrennt. Die Öffentlichkeit dringt gewaltsam in die Privatsphäre ein, und umgekehrt wird Intimstes in der Öffentlichkeit verhandelt. Es geht ständig um das Beobachten und Beobachtetwerden, Verbergen und Enthüllen. Auf der Suche nach einem adäquaten Bühnenraum für dieses Mantua ist unser Misstrauen gegenüber einem Theater, das die Geschichte mit viel Kulisse, Kostüm und Maske erzählt, immer grösser geworden und gleichzeitig das Vertrauen in Verdis Dramaturgie und seine Präzision der Figurenzeichnung gewachsen. Wir haben uns deshalb für einen Ort entschieden, der Bühne und Versteck, Festsaal und Versammlungs­ raum, intime Rückzugsnische und Richtstätte zugleich sein kann. Tatjana Gürbaca

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DIE GROSSE LEERE IM ZENTRUM DER MACHT Ein Gespräch mit Tatjana Gürbaca, der Regisseurin des «Rigoletto» Frau Gürbaca, in welcher Gesellschaft spielt Verdis Rigoletto? Das Stück offenbart eine für Verdi typische Konstellation: Es spielt in einer Gesellschaft, in deren Zentrum ein Machtvakuum herrscht, eine grosse Leere. Der Herzog von Mantua regiert nicht mehr. Er will nur noch feiern und sich amüsieren. Und weil die Mitte leer ist, entsteht um sie herum ein unglaub­ licher Wirbel. Die Hofgesellschaft buhlt umso hektischer um die Gunst der Macht und kämpft umso verbissener um die hierarchische Rangordnung. Die literarische Vorlage für den Rigoletto ist ja das Schauspiel Der König amüsiert sich von Victor Hugo, das zwanzig Jahre vor der Oper entstanden ist. Ursprünglich sollte das Stück bei Hugo Der König langweilt sich heissen. Sich amüsieren und sich langweilen liegen für Hugo also in dem Stück ganz nahe beieinander. Das weist doch stark darauf hin, dass sich hinter dem Amüse­ ment eine grosse Sinnleere auftut. Es wird eine Gesellschaft geschildert, die sich nur noch darüber definiert, alles haben zu können. Alles ist käuflich, auch die Liebe und sogar der Tod eines Menschen, den Rigoletto bei Sparafucile ja in Auftrag gibt. Diese Gesellschaft kennt keine Werte mehr. Man darf alles. Darin liegt eine grosse Aktualität. Womit amüsiert sich diese Gesellschaft? Mit Herabsetzungen und Demütigungen. Für das Fest des ersten Aktes hat Verdi eine feiernde Männergesellschaft komponiert, deren Vergnügen darin besteht, den anderen zu erniedrigen. Man fragt sich: Wo sind eigentlich die Frauen?

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In vielen Inszenierungen sind sie als Statistinnen anwesend. Stimmt. Es gab früher in den Bühnenverträgen von Chordamen einen Passus, der sie verpflichtete, im Rigoletto unentgeltlich als Statistinnen mitzuwirken. So wurden Figuren über eine Konvention in das Stück geholt, die Verdi gar nicht komponiert hat. Es gibt die Gräfin Ceprano, die einen kurzen Auftritt auf dem Fest hat. Als Objekt und Opfer! Die Frauen stehen in Rigoletto am untersten Ende der gesellschaftlichen Hackordnung. Die Gräfin Ceprano wird nur gebraucht, um dem Ehemann Schaden zufügen zu können. Denn die Männer setzen mit ihren Demütigungen am empfindlichsten Punkt an, den es in ihrem Leben gibt, das sind ihre Frauen und Töchter. Sie werden entehrt. Der Herzog singt in seiner Ballata, dass er jede Frau haben kann und es erscheint die Gräfin Ceprano. Sie will gleich wieder weg, mit offenkundig guten Gründen. Es ist spannend zu beobachten, wie hintergündig Verdi solche Momente auch musi­ kalisch anlegt, wenn er etwa auf jedem Akkord einer Bandamusik Akzente wie kleine aggressive Stiche notiert oder in den Tänzen plötzlich einen ironischen Unterton mitklingen lässt. Beim Auftritt der Gräfin Ceprano entsteht im Perigordino-Tanz plötzlich eine unangenehme Intimität innerhalb einer öffent­ lichen Situation.

Das komplette Programmbuch können Sie auf www.opernhaus.ch/shop oder am Vorstellungsabend im Foyer des Opernhauses erwerben Privates wird in die Öffentlichkeit gezerrt. Das ist Thema des Festes. Und deshalb müssen alle immerzu auf der Hut sein, nicht selbst rangenommen zu werden. Keiner kann es sich leisten, zu ent­ spannen. Diese Gesellschaft steht permanent unter Stress und ist entsprechend aggressiv. Ich musste bei der Arbeit an unserer Inszenierung an ein kleines Buch von Kathrin Röggla denken mit dem Titel Wir schlafen nicht. Es thema­ tisiert den Lebensirrsinn im Milieu der Manager und Unternehmensberater von heute und wie unter dem Zwang permanenter Verfügbarkeit der Schlaf zu einem raren Gut wird. Ich finde es eine schöne Pointe, dass sich in Rigoletto ausgerechnet der Mörder Sparafucile als der ruhende Pol des Stücks erweist. Der Herzog kommt im dritten Akt zu ihm, trifft Maddalena und legt sich erst einmal schlafen. Eigentlich sehr merkwürdig. Die Nähe von Schlaf und

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Tod ist da angelegt: Bei Sparafucile finden die Figuren ihre Ruhe und sei es die letzte. In dieser Stress-Gesellschaft kann der Tod eben auch eine Erlösung sein. Und man fragt sich, ob Gildas Tod wirklich nur ein Opfer ist, das sie für den Herzog bringt oder ob sie nicht auch ein stückweit die Flucht ergreift aus dieser Welt. Ist es ein rauschhaftes Fest, dass da gefeiert wird? Für mich hat diese Art zu feiern etwas Verkrampftes und Festgefahrenes. Die Abläufe sind genormt. Mir kommt es vor, als kenne jeder die Rituale schon in- und auswendig. Michel Houllebecq hat einmal ein schönes Essay über das Feiern geschrieben und darüber, dass es uns heutzutage nicht mehr gelingt, in ekstatische Zustände zu geraten. Wir suchen sie immer wieder mit einer ge­ wissen Verzweiflung, aber wir kommen nicht weg von der Wirklichkeit. Der Kopf bleibt immer eingeschaltet. Dieser Gedanke war mir wichtig. In un­ serer Inszenierung gibt es deshalb auch keine alkoholischen Getränke, es ist eher ein Fest des Antirauschs. Jeder achtet auf Selbstkontrolle und Taktik. Die Witze Rigolettos sind von grosser Kälte und richten sich bösartig immer nur gegen die anderen. Er ist kein Komiker im Stile eines Buster Keaton oder Charlie Chaplin, die sich mit wunderbaren Ironie und einer gewissen Tragik selbst als das Komische in den Mittelpunkt einer Handlung gestellt haben. Und die Frauen? Sie bringen Liebesfähigkeit mit. Durch sie macht Verdi ein utopisches Tür­ chen auf. Das gilt für Gilda, die aus dem System aussteigt. Ihre Liebe wird zur Gegenmacht, die sich über alle Käuflichkeit erhebt. Das gilt aber auch für Maddalena, die in dem Stück ja eigentlich für die käufliche Liebe steht. Sie empfindet am Ende Mitleid mit dem Herzog. Es ist kein Zufall, dass sie diesen biblischen Namen trägt. Welche Entwicklung macht Gilda in dem Stück? Eine Riesenentwicklung. Sie ist ja zu Beginn fast wie Parsifal, eine unwissende, entfernt von der Welt lebende und von allem abgeschottete junge Frau. Ein Mädchen an der Schwelle zum Erwachsensein. Man spürt die Pubertät. Sie

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kommt in ein Alter, in dem der Vater und Giovanna ihr nicht mehr ausreichen. Sie spürt, dass es noch etwas anderes geben muss als ihr enge Welt. Sie will raus, mehr sehen, mehr erleben. Und dann erlebt sie ihre allererste grosse Liebe. Das ist ein riesiger Schritt. Und jede Erfahrung macht sie erwachsener: die Ent­ führung, die Nacht mit dem Herzog, die Entscheidung, sich gegen die Rachegedanken ihres Vaters zu stellen, bis hin zu dem unglaublichen Akt, mit dem sie sich opfert. Sie bringt damit ja nicht nur eine private Geschichte zu Ende, sondern schmeisst sich dem ganzen perfiden, korrupten System entgegen. Es ist fast schon Jesus Christus, wenn sie sagt: Ich sterbe für euch alle und für den, der mir am meisten angetan hat.

Das komplette Programmbuch können Sie auf Gilda schmeisst sich www.opernhaus.ch/shop dem ganzen perfiden und korrupten System entgegen oder am Vorstellungsabend im Foyer des Opernhauses erwerben

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Musikalisch fällt auf, dass sie es in der Nähe ihres Vaters nie schafft, einen Bogen auszusingen. Der Vater unterbricht sie ständig und würgt sie ab. Erst ganz am Ende, wenn sie eigentlich schon tot ist, schafft sie es lange Bögen zu singen. Plötzlich wird ihr Gesang schwebend und frei und gross und atmet. Man hat das Gefühl, dass sie zum ersten Mal den Raum bekommt, alles das zu sagen, was sie sagen will. Der Herzog scheint allenfalls im Moment der Selbstberauschung an die Liebe zu glauben. Ist er ein so entwicklungslos in sich selbst kreisender Charakter, wie sein La donna è mobile-Liedchen nahelegt?

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Ich weiss nicht, ob der Herzog wirklich ein Entwicklung durchmacht. Aber ich finde, dass bei ihm am Ende schon eine Frustration über das eigene Sosein sichtbar wird. Er hat ja etwas Infantiles, ein Charakter wie ein Kind und kann einem auch irgendwie leidtun. Wie schrecklich öde muss es sein, wenn man alles haben kann und keine Wünsche mehr offen bleiben. Ich glaube, dass das auch eine Form von Verzweiflung beinhaltet. Vielleicht wird für ihn in der Begegnung mit Gilda tatsächlich ein alternativer Lebensweg erkennbar. Seine Auftrittsarie im zweiten Akt scheint darüber Auskunft zu geben. Ihm geht der Studentennamen, den er sich gegeben hat, nicht aus dem Sinn und womöglich denkt er in diesem Moment darüber nach, ob ihm das Leben als armer Student nicht mehr geben würde. Im dritten Akt bin ich mir nicht so sicher, ob er das La donna è mobile wirklich nur für Maddalena singt und nicht auch für Gilda – mit einer gewissen Wut, dass er durch sie nicht ein anderer hat werden können und feststeckt in seinem langweiligen Dasein. Spielt es für Gildas Liebe eine Rolle, was der Herzog für sie empfindet? Gar nicht. Das ist doch wie bei Goethe: «Und wenn ich dich lieb habe, was geht’s dich an?» Die Schauspielvorlage zu Rigoletto stammt von Victor Hugo. Was hat Verdi an dem Stoff gereizt? Mich erstaunt immer wieder, wie viel Mut Verdi hatte, sich solche brisanten Stoffe auszusuchen. Das Stück wurde 1832 als Schauspiel uraufgeführt und sofort verboten. Und es blieb in Frankreich 50 Jahre lang verboten. Als Verdi am Rigoletto schrieb, war es in Frankreich immer noch verboten. Verdi hat sich da offenen Auges in eine brisante Situation begeben. Ihm muss völlig klar gewesen sein, was auf ihn zukam, als er den Stoff von Victor Hugo wählte. Worin lag die politische Brisanz der Schauspielvorlage? Bei Victor Hugo ist ganz klar, dass sich der König an Blanche, die bei Verdi zu Gilda wird, vergeht, ähnlich wie in Emilia Galotti oder Kabale und Liebe. Ein Adeliger vergewaltigt eine Bürgerstochter. Das ist natürlich skandalös und führt vor, wie verrottet die Sitten in diesem Königreich sind.

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Und warum wollte Verdi unbedingt aus diesem Stoff eine Oper machen? Weil er, so wie ich ihn in vielen Stücken wahrnehme, ein sehr politischer Mensch war. Er war eine Symbolfigur des Risorgimento, der Unabhängigkeitsbewe­ gung in Italien, und engagierte sich Zeit seines Lebens für politische und gesell­ ­schaftliche Belange. 1861 wurde er Abgeordneter im italienischen Parlament und dreizehn Jahre später sogar zum Senator des Königreichs Italien ernannt. 1848, also drei Jahre vor der Uraufführung des Rigoletto schreibt er an den Lib­ret­tisten Piave: «Denkst Du, ich will mich nun mit Noten abgeben, mit Klängen? 1848 kann es keine andere Musik geben, die von italienischen Ohren willkommen geheissen wird, ausser der Musik der Kanonen!»

Das komplette Programmbuch können Sie auf Verdi war ein sehr politischer Mensch. www.opernhaus.ch/shop Ihm war die Brisanz des Stoffes völlig klar oder am Vorstellungsabend im Foyer des Opernhauses erwerben

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Was ist in Giuseppe Verdis Rigoletto anders als in Victor Hugos Der König amüsiert sich? Hugo übt scharfe Gesellschaftskritik. Er zeichnet in Schwarzweiss. Eindeutig. Inspiriert vom Marionettentheater. Antipsychologisch. Verdi ist weniger eindeutig, er zeichnet ein differenzierteres Bild. Zum Beispiel bleibt bei ihm offen, was genau zwischen Gilda und dem Herzog im Schlafzimmer passiert ist. Er hat diese Szene, die bei Hugo existiert, nicht vertont. Es ist daher denk­ bar, dass diese Nacht von Gilda gewollt war, dass sie sie genossen hat und so etwas wie Liebe und Glück erlebt hat und daraus die Kraft für ihren Opfer­ tod schöpft.

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Woraus könnte man ableiten, dass sie die Nacht mit dem Herzog genossen hat? Da ist zum Beispiel das erste Duett zwischen dem Herzog und Gilda, das jeden Rahmen sprengt. Zunächst entwickelt sich die Szene ganz konventionell. Er tritt auf und überrascht sie. Sie ist erschrocken. Und er beginnt mit der üblichen Masche, mit der er Frauen erobert: Er singt, berauscht von seiner eige­ nen Unwiderstehlichkeit. Sie setzt mit ein. Aber dann kippt das Duett aus der Form, gerät aus dem Takt, schweift aus und mündet in eine unfassbar lange Kadenz, die ich so aus keiner anderen Oper in Erinnerung habe. Das Orchester schweigt – und sie singen und singen. Es findet unüberhörbar etwas Grosses zwischen den beiden statt. Einen weiteren Hinweis liefert die Szene im zweiten Akt, wenn Gilda aus dem Schlafzimmer des Herzogs kommt: Nur Rigoletto singt die ganze Zeit von Rache. Gilda macht da nicht mit. Wenn sie in dieser Szene von der Schande singt, die sie empfindet, bezieht diese sich also nicht auf die Liebesnacht, sondern auf die Blossstellung vor dem Vater und der Hofgesellschaft? Vielleicht empfindet sie ja auch Scham über sich selbst, weil sie wollte, was da passiert ist. Das ist ja das Tolle, an dem Stück, dass es so viele Ambiva­ lenzen gibt. Dass sich manche Fragen nicht eindeutig beantwortet lassen. Rigoletto ist voll von solchen Leerstellen, die Verdi unbeantwortet lässt. Das beginnt schon bei den Räumen. Wir sehen zum Beispiel nie Gildas Zimmer. Wir schauen immer nur auf Fassaden. Es gibt komplizierte Bühnenanweisungen, die immer so konzipiert sind, dass man das Dahinter kaum oder gar nicht sieht. Man ahnt höchstens, was dahinter passiert. Die Begegnung zwischen Gilda und Rigoletto etwa findet auf dem Hof und auf dem Balkon vor dem Haus statt. Warum? Die Szenen sind immer in Zwischenräumen und Zwischenzustän­ den angesiedelt. Der Halbsatz «Das ziemlich verlassene Ende einer Sackgasse» vor der Sparafucile-Szene ist auch mehr als eine Ortsbeschreibung. Das beschreibt eine Lebenssituation. Das gleiche gilt für Rigolettos Buckel, von dem ich ebenfalls glaube, dass er metaphorisch gemeint ist als Metapher für

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einen Menschen, der durch die gesellschaftlichen Umstände, in denen er lebt, entstellt ist. Ganz bildlich: Nach oben buckeln und nach unten treten, das macht eine schiefe Haltung. Im dritten Akt gibt es noch eine aufschlussreiche Bühnenbeschreibung: «Die Wand ist so voller Risse, dass man von draussen sehen kann, was drinnen passiert.» Auch das beschreibt die Figuren. Alle versuchen sie sich im dritten Akt zusam­ menzureissen und brechen doch auseinander. Der Satz lässt aber auch deutlich werden, dass das Öffentliche und das Private in diesem Mantua nicht mehr zu trennen sind. Es ist ein Kennzeichen verkommener Staatsformen, wenn der Staat als institutionalisierte Öffentlichkeit das Private nicht mehr achtet. In Rigoletto dringen die Höflinge in ein Haus ein und rauben eine Frau. In dieser Welt stehen alle unter permanenter Beobachtung und die öffentliche Masse, sprich der Chor, ist Motor des Geschehens. Die Dinge würden nicht so schrecklich schief gehen, wenn nicht ständig der Druck der Öffentlichkeit auf allem lasten würde. Es sind die Blicke der anderen, die das Ganze ins Katastrophische treiben. Bei Verdi bekommt man immer ein ganzes Welttheater vorgesetzt. Eine Spieluhr, die so konstruiert ist, dass sie sich am Ende selbst zerstören muss. Mir fallen da immer die Skulpturen von Tinguely ein.

Das komplette Programmbuch können Sie auf www.opernhaus.ch/shop oder am Vorstellungsabend im Foyer des Opernhauses erwerben Wie funktioniert die Mechanik in dieser selbstzerstörerischen Welt­ theater-Spieluhr? Eigentlich ist das Strukturalismus. Das System, die Struktur, bestimmt den Einzelnen, setzt die Dinge in Bewegung und führt in die Katastrophe, weil das System in sich nicht stimmt. War das Verdi bewusst? Absolut. Alle seine Stücke handeln davon und funktionieren so, Un ballo in maschera etwa oder Macbeth: Ein König will unbedingt an die Macht kommen, aber wenn er dann an der Macht ist, hat er gar keine Projekte mehr und

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kann sich deshalb auch nicht halten. Er steht im Zenit und das ist zugleich sein Untergang. Die Welle, die ihn hochspült, untergräbt ihn zugleich. In Rigoletto singt Gilda am Ende, obwohl sie schon tot in einem Sack liegt. Opernskeptiker schütteln darüber bis heute fassungslos den Kopf. Wie erklärt man ihnen diese Szene? Das ist auch wieder so ein surreal gedachter Moment bei Verdi. Wie man ja bei vielen Auftritten denkt: Ist das real oder passiert das womöglich nur im Kopf von Rigoletto? Die erste Begegnung zwischen Rigoletto und Sparafucile ist beispielsweise so geschrieben, dass die Szene auch komplett von einem Sänger gesungen werden könnte. Die beiden singen nie gleichzeitig in einer sich ergänzenden Linie. Die Szene wirkt wie ein inneres Selbstgespräch.

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In der Oper können Dinge geschehen, die auf einer ganz anderen Wirklichkeitsebene stattfinden

Wie geht man als Regisseur mit solchen surrealen Momenten um? Man freut sich darüber. Das ist ja das Tolle an Oper. Wir leben heute in einer irrsinnig dem Realismus verhafteten Zeit. Das finde ich so schade. Wir führen ein normales Leben, dessen Fakten klar zu benennen sind. Aber sind unsere Fantasien und Träume nicht genauso wichtig wie das, was real ist? Vielleicht sogar noch wichtiger? Es ist toll, dass die Kunstform Oper davon etwas sichtbar machen kann. Musik kann die Zeit anhalten. In der Oper können Dinge geschehen, die auf einer ganz anderen Wirklichkeitsebene stattfinden.

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Und es ist wunderbar, dass man dafür als Opernregisseur Bilder finden darf. Ich glaube, das ist der Grund, warum ich überhaupt Oper mache. Sie ist für mich der grösstmögliche Widerspruch zu einer Gegenwart, die uns auf eine eindimensionale, nur noch konsumierende Existenz reduzieren will – in ihrer Überfülle an Erscheinungsformen und Darstellungsebenen, die uns herausfordern zum Mitdenken, Hinterfragen und Nichteinverstandensein. Meistens ist in der Oper ja gerade das Widersprüchlichste am spannendsten, das Unerklärbare und Unwahrscheinliche. Verdi ist darin der unerreichte Meister. Das Gespräch führte Claus Spahn

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Alle: «Alles ist Freude, alles ist Fest, alles lädt uns ein zur Lust.» (Tutto è gioia, tutto è festa, tutto invitaci a goder)




DIE FEIER Das Ziel der Feier ist es, uns vergessen zu machen, dass wir einsam, elend und dem Tode geweiht sind. Anders gesagt, es ist das Ziel der Feier, uns in Tiere zu verwandeln. Deshalb hat der Primitive ein hoch entwickeltes Gespür fürs Feiern. Eine gute Dosis halluzinogener Pflanzen, drei Tamburins, und die Sache geht in Ordnung: ein Nichts amüsiert ihn. Im Gegensatz dazu gerät der durchschnittliche Westeuropäer erst am Ende endloser Rave-Partys, aus denen er taub und mit Drogen voll gepumpt heraus­ kommt, in eine unzulängliche Ekstase: Er hat überhaupt kein Gespür mehr fürs Feiern. Sich seiner zutiefst bewusst, den anderen vollkommen fremd, terrorisiert vom Gedanken an den Tod, ist er wirklich unfähig, zu welcher Fusion auch immer zu gelangen. Trotzdem bleibt er eigensinnig. Der Verlust seiner tieri­ schen Kondition betrübt ihn, er empfindet darüber Scham und Verdruss. Er wäre gern ein Lebemann oder würde zumindest gern als ein solcher gelten. Er befindet sich in einer scheusslichen Lage. Michel Houellebecq

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BUNGA BUNGA Bunga Bunga oder Bunga Bunga Party wurde 2010 als Bezeichnung für SexPartys des italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi bekannt und hielt schnell Einzug in den Sprachgebrauch und die Populärkultur vieler Länder. Anlass war eine Affäre Berlusconis, bei der ihm Förderung der Prostitution mit Minderjährgen vorgeworfen wurde. Bei der Aufklärung dieser Affäre wird Bunga Bunga beschrieben als «… angebliche Angewohnheit des Hausherrn von Arcore», also Berlusconi, «nach dem traditionellen Abendessen schöne Frauen und interessierte Gäste zu einer Art erotischem Dessert ins Separée einzuladen…» Medienberichten zufolge wurde der Ausdruck Silvio Berlusconi durch Muammar al-Gaddafi bekannt als als ein Ritus in seinem afrikanischen Harem. Wikipedia

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Chloé Chavanon Spielzeit 2012/13



WAS AMÜSIERT DIE MÄNNER? Ein Gespräch mit der Kulturwissenschaftlerin Elisabeth Bronfen über Trieb, Spass und Gewalt bei feiernden Alphatieren

Frau Bronfen, Männer feiern gerne mit Männern. Sie tun es im Fussballstadion und im Offizierscasino, beim Vatertagsausflug und in der Tabledance-Bar, nach dem Managerworkshop und beim Junggesellenabschied. Was fällt auf, wenn sich Männer treffen, um Spass zu haben? Ich würde sagen, sie neigen dazu, sich kritikloser ihren Wünschen und Instinkten hinzugeben. So merkwürdig das zu Beginn des 21. Jahrhunderts klingen mag: Ich glaube, dass die Anwesenheit von Frauen noch immer eine zügelnde Wirkung hat. Fehlen sie, ist gleichsam eine zivilisierende Instanz aufgehoben. Durch die Homogenität der Gruppe wird das Ausleben von Begehren ge­ fördert. Männerbündlerisches Verhalten, wie wir es etwa beim Militär oder im Sport erleben, entwickelt eine Dynamik hin zu Aggression und sexueller Lust und die bleibt ohne Frauen ungebremst. Sie sprechen Frauen alleine durch ihr Geschlecht eine zivilisierende Wirkung zu? Man muss da natürlich vorsichtig sein und darf nichts verabsolutieren, das Frauen­bild hat sich in den letzten hundert Jahren ja auch stark verändert. Aber grundsätzlich ist es schon noch so, dass in der christlichen Kultur aus­ge­ hend von der Mutter Maria die Frau auf einer symbolischen Ebene für das Versöhnliche, Friedensstiftende und Mitleidende steht, im Gegensatz zum strengen Vater. Und auf der konkret lebensweltlichen Ebene bleibt bis heute schlicht festzustellen: Frauen sind anders. Unabhängig von aller Emanzipation gibt es eine Geschlechterdifferenz.

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Was entfacht in Männerrunden die Dynamik zu Aggression und sexueller Lust? Man muss erst einmal grundsätzlich verstehen, dass Lust immer an Aggression gebunden ist und zwar jegliche Form von Lust. Ich meine damit nicht nur den sexuellen Akt, sondern alles, was mit Instinkten zu tun hat. Unter Männern ist die Frage, wer potenter ist, von grosser Bedeutung. Potenz ist relativ und muss immer im Vergleich festgestellt werden. Man muss die eigene Macht aus­ üben, um sich ihrer sicher zu sein. Daraus entsteht eine Spirale. In homogen auftrumpfenden Männerrunden werden die Frauen gerne in bezahlte Rollen gedrängt. Sie sind dann Serviererinnen oder Callgirls.

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Unter Männern spielt die Hackordnung eine wichtige Rolle, warum? Man redet ja gerne von den Alphatieren, nicht wahr. Damit Gruppe funktio­ nieren, braucht es zentrale Figuren, um die herum sich andere scharen. Es muss Führerfiguren geben und solche, die sich dem Führer unterwerfen. Im Sinne einer doppelten Lust: Der eine möchte der Beherrschende sein und der andere der Beherrschte. Das ist nicht unbedingt etwas Geschlechtliches. So definieren sich soziale Verhältnisse. Wir sprechen über das Thema im Hinblick auf die Oper Rigoletto, in der das Beherrschen und Beherrschtwerden ein zentrales Motiv ist.

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Eine sich vermeintlich amüsierende, männliche Hofgesellschaft treibt in der Oper die Handlung mit bösen Spässen und Demütigungen voran. Demütigung ist traditionell einer der erfolgreichsten Wege, sich seiner Macht zu vergewissern. Rigoletto ist als Hofnarr für die Schadenfreude zuständig. Welche Funktion hat sie im Machtgerangel der Alphatiere? Sich über andere lustig zu machen hat als karnevaleske Aktion zunächst einmal etwas Befreiendes. Das karnevaleske Fest ist eine Ausnahmesituation, die sich von der Ordnung mit dem Wissen absetzt, dass man am Ende wieder in sie zurückkehrt. Man macht etwas, was man normalerweise nicht darf.

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Demütigung ist einer der erfolgreichsten Wege, sich seiner Macht zu vergewissern

Es ist eine Auszeit, in der man Sachen erproben und ausleben kann. Ordnung wird zu Unordnung, das Hohe wird erniedrigt und umgekehrt. Dazu ge­hört auch die Schadenfreude. Sie hat eigentlich eine regulierende gesellschaft­ liche Funktion. Denn der Spass ist an das Unglück eines Höherstehenden gebunden. Der wird durch den Schaden und den Spott auf die gleiche Ebene herabgestuft. Er wird für einen Moment geschrumpft. Man sieht das etwa bei Meisterschaftsfeiern im Fussball, wenn die Spieler volle Biergläser über dem Kopf des Trainer ausgiessen, der die Autoritäts­person ist.

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Genau. Der Autoritätsperson wird für einen Augenblick gezeigt, dass sie eigentlich auch nicht höher steht. Das funktioniert aber nur, wenn sie tat­ säch­lich höher steht, sondern würde die Besudelung keinen Sinn machen. In der Herabstufung ist sie zugleich eine Bestätigung der Autorität. Aber von dieser befreienden und regulierenden Funktion der Schadenfreude kann in der Rigolettowelt nicht die Rede sein. Da laufen die Männerspässe aus dem Ruder und werden zu Rachelust. Graf Monterone spricht anklagend von Orgien. Frauen werden entführt und vergewaltigt. Das ist die andere Richtung, die so eine Grenzüberschreitung einschlagen kann. Das Fest artet aus und die freigesetzte – ich nenne sie mal barbarische – männliche Kraft mündet in tatsächliche Gewaltakte. Und das erleben wir ja in der Realität immer wieder. Auf Parties oder auch in der unseligen Ver­ schwisterung von Rausch und Gewalt im Krieg.

Das komplette Programmbuch können Sie auf Liegt in ausgelassenen Männerfeiern grundsätzlich ein Bedrohungs­ www.opernhaus.ch/shop potential gegenüber Frauen? Ich sag es mal vorsichtig: Sie können bedrohlich für alle werden, die nicht dazu­ oder am Vorstellungsabend im Foyer gehören. Das müssen ja nicht nur Frauen sein, es können auch andere Ausgegrenzte sein, etwa Homosexuelle oder Menschen anderer ethnischer Herkunft. denke tatsächlich, dass aus homogenen Gruppen, weil desJa, ichOpernhauses erwerben sie ein Aussen brauchen, strukturell Bedrohung erwächst. In den Opern ist das auch ein Grund, warum immer Frauen geopfert werden, denken Sie nur an Gilda in Rigoletto. Sie sind das notwendige Opfer, dass aus der Kohä­ renz einer Gruppe hervorgeht. Sie sind dann aber in der Logik der Opern­ handlung auch das Opfer, das die Gruppe zu entlarvt. Über die weibliche Leiche wird ein Blick von aussen installiert: Schaut auf die Konsequenz dessen, was da passiert ist. Schadenfreude kann eben auch zu realem Schaden führen. Das zeigt Oper, auch um den Spiegel auf uns Zuschauer zurückzuwerfen: Habt ihr euch amüsiert? Und worüber?

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WIR SCHLAFEN NICHT life-style der senior-associate: ein wenig geistesgestört seien die arbeitszeiten schon, das sei ihm klar, wenn einem die arbeit nicht über alles gehe, dann könne man das auch nicht machen. das verstünde sich von selbst. man mache ja locker 14 stunden, wenn nicht gar 16 oder mehr. und das sei natürlich ein riesenunter­ schied. gerade diese zwei stunden mehr, die einem von der freien zeit noch abgeknappst würden, die könnten sie einem irgendwann nicht mehr bezahlen. diese letzte stunde freizeit, die sie einem wegnähmen, die sei einfach die teu­ erste. müsse er zugeben: die wenigsten könnten so was auf dauer durchhalten. (…) er habe sich zeitweise runterdimensioniert auf drei stunden schlaf. das könne er eine ganze weile durchhalten, und wenn es sein müsse, sage er mal, könne er auch einige zeit praktisch ohne schlaf existieren. das ginge aber nur wenige tage gut. «tatsache ist, man kann diese dinge trainieren.» er kenne einen, der brauche konstant nur eine stunde schlaf am tag, also er müsse schon sagen, das bewundere er sehr. er finde es immer wieder erstaunlich, wozu der mensch­ liche körper fähig sei. gerade, wenn man denkt, das sei jetzt ein standardbedürf­ nis, «ohne das geht es jetzt wirklich nicht. und man sieht: es geht doch».

runterkommen der it-supporter: ja, das schwierigste sei das runterkommen. er habe das immer wieder festgestellt. die stresssituationen alleine seien es nicht. es sei mehr das runterkommen, das dann so anstrengend sei. er wisse dann meist nichts mit sich anzufangen, sei unansprechbar, bzw. könne es passieren, dass ihn eine depres­ sion erwische oder er krank werde. (…) die key account managerin: sie sei auch nicht ansprechbar. sie sei eine ganze weile nicht ansprechbar, trinke dann dauernd wasser. ja, wasser, richtig wasser. sie trinke dann literweise wasser, als wäre der ganze körper völlig dehy­ driert, als würde sie am verdursten sein, aber nach einer weile beruhige sich das wieder. das müsse irgendeine fehlfunktion sein. (…)

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der senior associate: er komme erst gar nicht runter. meist suche er sich gleich wieder einen neuen stress, also er würde sagen: so richtig runterkommen tue er nicht. wieso auch? das runterkommen wäre für ihn viel stressiger, als sich einen neuen stress zu organisieren. es erscheine einfacher, sich auf demselben aktionslevel zu halten, ja, ihm erscheine der eigentliche stress gar nicht so stres­ sig wie das runterkommen.

schmerz­vermeidung der senior associate: wie man sich schmerzen erspare? er würde sagen, durch noch mehr training. man müsse sich eben noch mehr verankern in den abläufen. schmerz sei meistens ein zeichen für ungenügend übung, für fehlgesteuerte prozesse, «man hat etwas nicht richtig im griff».(…) die online-redakteurin: tabletten, natürlich tabletten, was sonst. «ich mei­ ne, wovon reden wir hier?» nein, sie fange jetzt nicht mit der analgetika-kultur an, die es natürlich zu kritisieren gelte, die analgetika-kultur, die uns von allen seiten überwuchere und von der man sage, dass sie eigentlich aus amerika stamme, wo sie längst in die ibuprofen-kultur für die massen und die prozackultur für die etwas besser gestellten zerfallen sei. sie gebe es durchaus zu: auch sie werfe durchaus ihre ration ein in stosszeiten wie diesen, anders ginge es ja auch gar nicht. die key account managerin: sie erspare sich schmerzen nicht, nein, sie gehe da immer voll durch, d. h. wenn sie krank werde, gehe sie meist auch nicht ins bett, dazu habe sie keine zeit, das könne sie sich im moment nicht leisten. «schauen sie sich doch an, was hier jetzt los ist! ist das etwa der zeitpunkt, an dem man ins bett gehen kann?» nein, das könne man nicht. und wenn man sie jetzt fragen würde, ob sie fieber habe, müsse sie sagen, sie wisse es nicht. sie habe da etwas den überblick verloren. (…) der senior associate: ob er jemanden kollabieren sehen habe? ob er wirklich jemanden kollabieren sehen habe? er könne das nicht so genau sagen, «hier jedenfalls nicht» (lacht), nein, im ernst, er glaube eher nicht, er glaube, das habe sich eher immer anders erledigt. die betroffenen seien meist schon weggewesen. «so jemand hält sich in einem unternehmen ja nicht.»

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wir schlafen nicht der senior associate: er denke dexedrin, also keine hexerei. mit dexedrin werde so was leicht gemacht. oder ephedrin, so vom wirkstoff her. captagon habe man das früher genannt. und heute werde es wohl auch noch so heissen, so vom markennamen her. wachmacher eben, amphetamine. er habe das zeug gar nicht genommen, wie gesagt, er brauche das ja nicht mehr. das laufe bei ihm rein über den adrenalinspiegel ab. (…) der it-supporter: also kollegen hätten sich das gesicht gewaschen, kollegen hätten frischluft geschnappt, sie hätten red bull getrunken, auch kaffee verhin­ dere in gewisser weise den schlaf. er schaffe das ohne. er brauche das nicht. er könne mittlerweile trinken, was er wolle, er merke das nicht mehr. (…) der partner: «nein, da kann ich sie beruhigen.» er könne sich ja so manche erschöpfungszustände vorstellen, aber ein erschöpfungszustand sei das nicht. er sei ja seit jahren an seine schlaflosigkeit gewöhnt, da sei nichts aufregendes für ihn dabei. sicher, ein paar wahrnehmungsstörungen träten schon auf mit der zeit, würde er sagen, und dass es so ruhig geworden sei, liege mehr an seinem inneren zustand.

Das komplette Programmbuch können Sie auf www.opernhaus.ch/shop oder am Vorstellungsabend im Foyer des Opernhauses erwerben Kathrin Röggla

(Kathrin Röggla hat in ihrem Roman «Wir schlafen nicht» Interviews mit Unternehmensberatern, Managern, Redakteuren und Praktikanten geführt und diese zu einem Porträt der modernen Arbeitswelt verwoben.)

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Quinn Kelsey Spielzeit 2012/13



Herzog: «Es gibt keine Liebe ohne Freiheit!» (Non v’è amor se non v’ha libertà)


Alle Ereignisse haben ihren Ursprung in der leichtfertigen und zügellosen Figur des Herzogs, die Befürchtungen Rigolettos, die Gefühle Gildas etc. etc., die viele ausgezeichnete dramatische Anhaltspunkte darstellen, unter anderem die Szene des Quartetts, die, was den Effekt angeht, eine der besten ist, deren unser Theater sich rühmen kann. Giuseppe Verdi in einem Brief an Antonio Somma, 22. April 1853

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Saimir Pirgu Spielzeit 2012/13


EIN GEWISSENLOSER VERFÜHRER? Der Herzog – ein gewissenloser Verführer, der eine Frau nach der anderen sich nimmt, hernach kaltblütig beiseite wirft? Oder ein unentwegt Liebender, der sich nach Glück sehnt, ohne es über den Augenblick hinaus zu finden; einer, der krank geworden ist vor unerfüllter Sehnsucht, ausgezehrt vom unstillbaren Verlangen, getrieben von einer Frau zur anderen, verurteilt, sie zu erobern und zu verwerfen? Don Giovannis Nachfahre, freilich ohne Höllenfahrt – es sei denn, es wäre die Hölle, die ihn rastlos von einer Frau zur anderen treibt, es seien Höllenflammen, die ihn solcherart verzehren? Wie auch immer. Er lebt, liebt, begehrt für den Augenblick, aber er liebt, begehrt die Frauen mit aller je erdenklichen Sehnsucht, Hingabe – bis sie ihm gehören. Und danach? Seit drei Monaten immerhin begegnet er Gilda in der Kirche. Dass sie, ein Kind noch, uneinnehmbar ist, gereicht ihm zur Herausforderung, die alles Bis­ herige übersteigt. Dem Begehren ist Anbetung, Ehrfurcht beigemischt, den Lie­ besschwüren die Sehnsucht nach ewigem Beisammensein, nach endgültiger, bruchloser Harmonie. Bis die Uneinnehmbare in seinen Armen liegt – in den Armen des vermeintlichen Studenten, endlich in denen des Herrschers, dem Gilda frei Haus geliefert wird? Im Dunkel bleibt, was in seinem Gemach, zwischen ihm und Gilda sich ereignet. Ihr angstvoller Bericht gilt dem vermeintlichen Studenten und der Entführung, der Vater darf das Erzählte komplettieren nach eigenem Gutdünken, freilich aus bisheriger Erfahrung – hat die sich aufs Neue bestätigt? Gerd Rienäcker

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EINE CHARISMATISCHE PERSÖNLICHKEIT Gilda bedeutet für den Herzog ein Erlebnis von anderer Qualität, als er es bis dahin hatte. Er merkt, dass es auch noch etwas anderes gibt als das flüchtige Abenteuer. Gilda fasziniert ihn durch ihre Andersartigkeit – die Ferne zur Welt und zur Gesellschaft, in der sie lebt – und vor allem durch ihre moralische In­ tegrität. Dass er überhaupt fähig ist, dies wahrzunehmen, zeigt eine Sensibilität, die dem Vorbild der Rolle, Victor Hugos Franz I., gänzlich fehlt. Entsprechend ist er auch nicht so skrupellos und zynisch wie jener. (…) Franz I., des Herzogs Pendant in Hugos Drama, nimmt sich, was er begehrt, und zwar rücksichtslos und notfalls mit Gewalt. Davon kann in der Oper keine Rede sein. Der Herzog hat es nicht nötig, zumindest den Frauen gegenüber, Gewalt anzuwenden. Er besitzt offenkundig Attraktivität genug, um auch ohne das zum Ziel zu kommen, und die Musik umgibt ihn mit dem Charme des ju­ gendlichen Verführers. Auch hier ist die Oper plausibler als Hugos Drama, in dem sowohl die Liebe Gildas als auch die Zuneigung Maddalenas sinnlich-phy­ siognomisch unbegründet bleiben. Es ist, als hätten Verdi und Piave den Herzog tatsächlich als jenen Apoll zeichnen wollen, als den Maddalena ihn in der Szene nach dem Quartett des dritten Aktes charakterisiert, eine charismatische Persön­ lichkeit, die trotz aller charakterlicher Fehler für sich einnimmt – nicht zuletzt auch Zuschauer und Hörer. Egon Voss

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Saimir Pirgu Spielzeit 2012/13

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Ich behaupte, dass in der Arie «La donna è mobile» mehr Substanz und mehr wahre Erfindung steckt als in dem rhetorischen Redeschwall von Richard Wagners Tetralogie. Igor Strawinsky


STARK EMPFUNDENE TÖNE Nichtdestoweniger wird der Herzog von Verdi nicht bloss als herrschaftlicher Bonvivant dargestellt, der sich leichtfertig alle Rechte herausnimmt. Die Musik zeichnet ihn auch als wahrer Gefühle fähig – wo es um Gilda geht, ist er nur wenig der oberflächliche Frauenjäger und Verführer, sondern findet immer wie­ der auch stark empfundene Töne. Auch die überdrehte Fröhlichkeit des Schlagers La donna è mobile spricht von einem tieferen Gefühl: dem von Verletztheit wie von Enttäuschung, dass eben auf die Frauen kein Verlass ist. So sucht Verdis Musikdramatik fern aller Schwarzweissmalerei den Menschen in der Vielfalt und Vielschichtigkeit seiner Regungen und Strebungen zu erfassen, den wahren Menschen zu zeigen bzw. die Wahrheit des Menschen aufzuzeigen. Dieter Schnebel

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Saimir Pirgu, Aleksandra Kurzak Spielzeit 2012/13



Rigoletto: «Oh Menschen! Oh Natur! Ihr habt mich niederträchtig gemacht!» (O uomini! O natura! Vil scellerato mi faceste voi!)


DIE LACHENDE MASKE Dieses Lachen auf meinem Gesicht hat ein König mir aufgezwungen. Dies Lachen zeugt von der allgemeinen Trostlosigkeit. Dies Lachen bedeutet Hass, verbissenes Schweigen, Wut, Verzweiflung. Dies Lachen ist eine Frucht der Oual. Es ist ein erzwungenes Lachen. Hätte Satan dieses Lachen, so würde dieses Lachen Gott verdammen. Aber das Ewige gleicht nicht dem Vergängli­ chen; es ist absolut und deshalb gerecht. Gott hasst das Tun der Könige. Oh, Sie halten mich für eine Ausnahme! Ich bin ein Sinnbild. O ihr allmächtigen Toren, die ihr seid, öffnet die Augen. Ich verkörpere alles. Ich bin die Mensch­ heit, wie ihre Herren sie zugerichtet haben. Der Mensch ist ein entstellter Krüppel. Was mir angetan wurde, ist auch der Menschheit angetan worden. Recht, Gerechtigkeit, Wahrheit, Vernunft, Einsicht hat man ihr verstümmelt, wie man mir Augen, Nase und Ohren verstümmelt hat; wie mir, so hat man auch der Menschheit Schmerz und Zorn ins Herz gesenkt und aufs Gesicht eine zufriedene Maske gelegt. Wo Gottes Finger lag, hat die Kralle des Königs sich eingegraben. (…)Alles, was Sie sehen, bin ich. Sie feiern Feste – das ist mein Lachen. Sie feiern öffentliche Lustbarkeiten – das ist mein Lachen. Sie feiern Hochzeiten, Weihefeste, Krönungen - das ist mein Lachen. Sie feiern die Geburt von Prinzen – das ist mein Lachen. Über Ihnen droht Donner - das ist mein Lachen. Victor Hugo, «L’Homme qui rit» (Die lachende Maske), 1869

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Quinn Kelsey Spielzeit 2012/13

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DAS ÖFFENTLICHE UND DAS PRIVATE Zum Kernbestand liberalen Denkens im 19. Jahrhundert zählt das Postulat der Trennung von öffentlicher und privater Sphäre. Während der öffentliche Bereich der des allgemeinen Diskurses ist, der Offenlegung aller den Staat und die Gesellschaft betreffenden Fragen und Probleme, der Erörterung staatlicher wie gesellschaftlicher Ziele und Entwicklungen. ist der private Bereich der Ausbil­ dung von individueller Autonomie und einer der Allgemeinheit entzogenen Lebensführung vorbehalten. Privatheit bedeutet, in einem eigenverantworteten Raum die selbstgesetzten Präferenzen und Vorlieben zu leben, unkontrolliert und verschont vom intervenierenden Eingriff anderer seinen Neigungen nach­ zugehen. sich so zu verhalten, dass darin – um Kant zu paraphrasieren – die eigene Person, der eigene Wille, das eigene Leben Zweck an sich selbst ist. In Verdis Opernstoffen freilich zeigt sich, dass diese für bürgerliche Ge­ sell­schaften fundamentale Trennung in den dramatischen Abläufen und den sie be­stimmenden individuellen Motiven nicht durchgehalten werden kann bzw. in ihrer ungewollten, aber unvermeidbaren wechselseitigen Durchdringung zu Konsequenzen führt, die die Soziologen als «nicht intendierte Folgen des Han­ delns» bezeichnen. Dort, wo es einerseits um politische Konflikte geht, die ja «öffentliche» sind, entwickelt sich andererseits zumeist eine private (Liebes-) Hand­lung parallel dazu, gibt es privat intiierte Konflikte und dramatische Lagen. Beides aber ist nicht zu trennen, verweist vielmehr aufeinander, geht jeweils im anderen Stoff auf, schafft auf der einen Seite die Motivation für das Handeln im anderen Bereich und umgekehrt. Private Konflikte können repräsentativ für öffentliche stehen, und umgekehrt wirkt sich privat aus, was aus dem öffentli­ chen Bereich zurückschlägt. In fast allen Opern Verdis funktioniert dieser Ver­ zahnungs- und Verflechtungsmechanismus, dramatisch vielleicht am eindrucks­ vollsten in Rigoletto und Un ballo in maschera.

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Im Rigoletto hat Verdi die Trennung der privaten und der öffentlichen Sphäre nicht nur durch scheinbare Abgrenzung von Lebensbereichen konkretisiert – auf der einen Seite der fürstliche Hof, auf der anderen Seite das private Haus Rigolettos, in dem er Gilda, seine Tochter, vor aller Aussenwelt unversehrt auf­ bewahrt – sondern sie zugleich auch noch in die Person des Protagonisten selbst verlegt. Rigoletto ist einerseits eine öffentliche Person, ein Narr – und das heisst: Er gehört zum Hof, hat dort die Funktion eines kritischen Regulativs der Macht, denn er allein als Narr kann, ja muss seinem Herrn, dem Herzog, sagen, was anderen nicht gestattet ist. Aber eben diese öffentliche Funktion, in der er ab­ hängig ist von der Gnade seines Herrn, verbiegt seinen Charakter und zerstört seine moralische Integrität – es ist kein Zufall, dass er körperlich missgestaltet ist. Der Versuch Rigolettos, sich abends zu Hause einen Rest der ei­ge­nen Wür­ de zu bewahren und das, was ihm das Liebste ist, seine Tochter, dem Zugriff des öffentlichen Lebens zu entziehen, kann nicht gelingen, weil er eine gewollte Persönlichkeitsspaltung voraussetzt, die auf Dauer nicht durchzuhalten ist. (...) Es ist die praktische Unmöglichkeit – so wäre aus gesellschaftstheoretischer Sicht hinzuzufügen –, privates und öffentliches Leben säuberlich gegeneinander abzuschotten.

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Quinn Kelsey, Aleksandra Kurzak Spielzeit 2012/13


WARUM DER MENSCH ZUR SCHADENFREUDE NEIGT Warum freuen wir uns über das Unglück anderer – auch dann, wenn wir nicht mal persönlich profitieren? Und was passiert im Gehirn, wenn wir das teuflische Gefühl auskosten? Anfang des Jahres erschien in Science eine Studie, in der japa­nische Forscher genau dies untersuchten. Ihre Probanden lernten zu Beginn der Untersuchung eine Person kennen, in die sie sich anschliessend im Hirnscan­ ner möglichst gut hineinversetzen sollten: einen typischen Loser, der gerade ein Bewerbungsgespräch bei einem IT-Unternehmen vermasselt hatte, ein Bankdrücker im Baseball-Team war und keine Freundin hatte. Im Scanner be­ gegnete ihm ein Alter Ego mit ähnlichen Hobbys und Zielen, aber mit ent­ scheidenden Unterschieden: Er hat Talent im Baseball, eine Freundin und den IT-Job. Für die Schadenfreude sollten anschliessend Gemeinheiten sorgen, die den Studenten widerfuhren: eine Suspendierung durch den Sportklub, eine Affäre des Partners, finanzielle Probleme des Arbeitgebers. Was die Wissenschaftler entdeckten: Je mehr wir eine Person zuvor beneiden, desto grösser ist anschlies­ send die Schadenfreude. Und starken Neid löste bei den Probanden nur ihr Alter Ego aus, eben jene Person, die genau in den Bereichen erfolgreich war, die den Probanden persönlich wichtig waren. Doch was passierte in den Gehir­ nen, der schadenfrohen Probanden? Bei den Probanden war eine erhöhte Hirn­ aktivität vor allem im ventralen Striatum zu beobachten, das gemeinhin als das Belohnungszentrum des Menschen bezeichnet wird, hier entfalten also norma­ lerweise Kokain, Sex und Glücksspiele ihre Wirkung. «Das Unglück anderer kann uns genauso erfreuen, wie ein Geschenk», sagt der Psychologe Manfred Holodynski von der Universität Münster. Schadenfreu­ de stärkt uns, auch wenn wir gar keine direkte Belohnung empfangen. «Sie wirkt psychisch entlastend», sagt er, denn es komme dadurch zu einer Aufwertung des Selbst. «Schadenfreude wirkt dadurch auch sozial regulierend, da sie den vermeintlichen Überflieger in den Augen anderer wieder auf sein menschliches

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Mass zurückstutzt.» Und genau wegen dieser Funktion habe jede Gesellschaft die Schadenfreude institutionalisiert. «Früher war es der Hofnarr, heute sind es das Kabarett und der Karneval, die für Schadenfreude in unserer Gesellschaft sorgen.» (…) Bleibt die Frage, ob das teuflische Gefühl angeboren oder erlernt ist. Um dies herauszufinden, testete der Psychologe Manfred Holodynski Vier- bis Acht­ jährige: Die Kinder durften ein Glas Apfelsaft eines Erwachsenen heimlich ge­ gen Zitronensaft austauschen. Setzte der Erwachsene dann zum Trinken an, so verhielten sich die Kinder sehr unterschiedlich: Die Vierjährigen zeigen auf das Glas und wollen den Erwachsenen warnen. Die Fünf- bis Siebenjährigen hatten zwar ein Gespür für Schadenfreude, konnten aber ihre Vorfreude nicht verber­ gen. Erst Achtjährigen gelingt der Streich einigermassen: Sie setzen ein Poker­ face auf und kosten anschliessend den bittersüssen Schaden des anderen aus. Schadenfreude scheint sich also erst in der Grundschule zu entwickeln. «Hier sind Kinder immer stärker Teil von Gruppen, in denen es um Status und Posi­ tionierung geht», sagt Psychologe Holodynski. Und wenn Menschen mitein­ ander konkurrieren, ist die Freude über das Unglück anderer eben nicht weit. Schadenfreude sprudelt also nicht aus der Hölle, sondern entspringt wie kaum ein anderes Gefühl mitten aus dem menschlichen Miteinander.

Das komplette Programmbuch können Sie auf www.opernhaus.ch/shop oder am Vorstellungsabend im Foyer des Opernhauses erwerben Andreas Maisch in «Die Welt» 1. Dezember 2009

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ZUM CHARAKTER DES MENSCHEN Der schlechteste Zug in der menschlichen Natur bleibt aber die Schadenfreude, da sie der Grausamkeit enge verwandt ist, ja eigentlich von dieser sich wie Theorie und Praxis unterscheidet, überhaupt da eintritt, wo das Mitleid seine Stelle finden sollte. Der Neid ist, wenn gleich verwerflich, doch noch einer Entscheidung fähig und überhaupt menschlich; während die Schadenfreude teuflisch und ihr Hohn das Gelächter der Hölle ist.» Arthur Schopenhauer

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Verdis Welttheater verleugnet nie die Nähe zum Kasperle-Theater, Wider­sprüche werden nicht einem höheren Sinn zuliebe weg­­­eskamotiert, sondern bleiben ungeschönt erhalten. Ulrich Schreiber

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Quinn Kelsey, Chloé Chavanon, Saimir Pirgu Spielzeit 2012/13



Gilda: «Ich folge der Liebe!» (Amor mi trascina!)


DAS SINGVÖGELCHEN Gilda, Rigolettos einziger Trost, ist durch angstgeschüttelte Vaterliebe in ein Singvögelchen verwandelt, das im Käfig nach freien Lüften sich sehnt; nur gibt es keine Freiheit, statt dessen die Entführung und grausige Desillusion, den Tod. Und es hat, bei alldem, der Vater die Hand im Spiel: Ahnungslos, mit Chloé Chavanon einer Binde vor den Augen und Ohren, hält er die Leiter, damit die Tochter fortgeschleppt werden kann. (…) Gilda, die Reine, der Engel? Zwiefach Gefangen ist sie: Eingesperrt zuhau­ se, damit niemand sie dem Vater wegnehme, eingesperrt in Bilder, die andere sich von ihr machen, in Bilder zugleich, die sie von anderen sich macht. Dem Vater darf sie die Stirne glatt streichen, für ihn und mit ihm Tränen vergiessen über sein Leid, von dem sie doch nichts erfährt. Das macht sie zum Singvögel­ chen, dessen liebliches Zwitschern ihn für kurze Zeit aufheitert. Dem vermeint­ lichen Studenten taugt sie als Engel und als begehrenswerte Frau, je nachdem. Und es scheint, sie gleicht den Bildern: Ihre Singvogelweise überträgt sie noch in die unerlaubten Gefilde, in ihre Sehnsucht nach Freiheit, nach Liebe, die einzig mit dem, ach, so mittellosen, aber liebreizenden Studenten mit dem Namen Gualtier Maldé sich verbindet. Was bleibt ihr anderes übrig, da sie, ein Kind noch und eingesperrt, nichts von den Schwierigkeiten der Liebe, Zwei­ samkeit weiss? So unerfahren ihre Liebe, so unbedingt, unumstösslich: Sie verlangt, dass die Liebende sich opfert, um den Geliebten zu retten, ihn, der längst sie betrog. Der Unbedingtheit gehorcht, dass sie reinen Tisch macht, und wenn es, Brechts Worte aufnehmend, der leere sei; dass sie Schluss-Steine setzt, ein für allemal. Es lässt sich das Unbedingte, Unumstössliche ohne die bisherige Gefangen­ schaft, ohne die Sehnsucht nach Freiheit nicht recht verstehen; es ist der Sing­ vogel, der in die freien Lüfte sterbend sich erhebt…. Gerd Rienäcker

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Aleksandra Kurzak Spielzeit 2012/13

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SCHAM ÜBER DIE HINGABE Wenn Gilda im dritten Akt behauptet, der Herzog liebe sie, so erscheint das nicht so aus der Luft gegriffen und illusionär wie bei Victor Hugo, was im übrigen auch die Vertonung in ihrer schnörkellosen Kantabilität nahezulegen scheint. Diese nämlich kontrastiert auffällig zum Stil von Gildas berühmter Arie im ersten Akt. Dort ist die Gesangslinie von Beginn an durch Pausen gleichsam zersetzt und in der Folge dann durch Triller, Melismen und allerhand variie­ rendes Figurenwerk in eine Künstlichkeit erhoben, die den Boden der Tatsachen längst verlassen hat. Sie entspricht damit den illusionären Vorstellungen, die sich Gilda macht. Sie hängt ihr Herz an einen Namen, der eine Fiktion ist, und einzig um diesen falschen Namen dreht sich die gesamte Arie. Dieser Name ist allem Anschein nach überhaupt der erste, der ihr auf eigenes Fragen hin anver­ traut wird; denn ausser dem eigenen Namen kennt sie offenkundig nur denje­ nigen ihrer Gouvernante. Er bedeutet für sie darum nicht allein, dass sie den­ jenigen beim Namen nennen kann, den sie liebt, sondern auch und vor allem, dass ihr jemand Vertrauen entgegenbringt. Dieses Vertrauen schenkt ihr sonst niemand, nicht einmal der Vater, der ihr seinen Namen konsequent verschweigt. Um so bitterer ist die Enttäuschung für sie, als sich herausstellt, dass der Ge­ liebte einen falschen Namen genannt, ihr das für sie so wichtige Vertrauen gerade nicht gewährt, sondern sie im Gegenteil darum betrogen hat. Gilda wird nicht nur in ihrer Sehnsucht nach Liebesglück enttäuscht, sondern in ihrem Selbstwertgefühl, ihrer Identität geschädigt. Im Unterschied zum Drama Hugos bleibt in der Oper offen, ob der Her­ zog, bevor er sich Gildas bemächtigt, sich als derjenige zu erkennen gibt, der er tatsächlich ist. Denkbar oder sogar wahrscheinlich ist eine durchaus von aller Gewalt freie Verführungsszene, wie sie schon im Anschluss an das Duett im ersten Akt, ein Liebesduett vorstellbar wäre. Auf diese Weise wird nicht nur die zynische Brutalität Franz I. bei Hugo ausgeklammert, sondern zugleich auch Gildas Rolle in ein anderes Licht gerückt. Die Schande, von der sie im Rezitativ

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vor dem Duett des zweiten Aktes spricht, betrifft notwendig nicht mehr allein, vermutlich nicht einmal vornehmlich die Entehrung, als die Rigoletto sie auf­ fasst, sondern drückt die Scham über ihre Hingabe aus, hat also weniger mit der Tat des Herzogs zu tun als mit Gildas eigenem Verhalten. Ihrem strengen Vater gegenüber muss sie selbstverständlich von «Schande» sprechen, und um ihre eigene Rolle zu verbergen, stellt sie es so dar, als hätten die Höflinge sie nur entführt, um sie dem Herzog auszuliefern. Von der Gewalt, die ihr den Worten nach widerfahren ist, weiss die Musik jedoch nichts. Den Worten «E a forza qui m’addussero/Nell’ansia piu crudel» steht sie in ihrer Wendung zum hellen CDur und mit dem Aufschwung der Singstimme zu fast jubelndem Ausdruck diametral entgegen, deutet damit versteckt auf ein erfahrenes Glück, das gleich­ sam offiziell einzugestehen sich verbietet. Egon Voss

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Aleksandra Kurzak Spielzeit 2012/13


Soll Liebe in der Gesellschaft eine bessere vorstellen, so vermag sie es nicht als friedliche Enklave, sondern nur im bewussten Widerstand. Theodor W. Adorno

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Aleksandra Kurzak Spielzeit 2012/13

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Cheyne Davidson, Aleksandra Kurzak Spielzeit 2012/13


Ich entsinne mich vor allem, wie in dem Rezitativ, das dem Quartett im «Rigoletto» vorangeht, der Vater Gilda den Geliebten in der Schenke zeigt und sie fragt: «Liebst du ihn noch immer?» … und sie antwortet: «Ich liebe ihn.» Kein Wort kann die erhabene Empfindung schildern, die bei ihr in dieser Antwort lag. Giuseppe Verdi an Giulio Ricordi über die Darstellung der Gilda durch Adelina Patti, 5. November 1877

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TODESRAUM GRENZT AN MUSIK Es mag eine Legende sein, dass Sterbende, in ihrem zurücksinkenden Zustand, Musik vernehmen. Oder vielmehr ein bildlicher Ausdruck, so wie der umgekehr­ te, bedeutend nüchternere, wonach der Mensch in schmerzlichen Zuständen die Engel im Himmel pfeifen hört. Ein Ausdruck, der, wie vieles in der Welt, der Sphärenharmonie so direkt ins Gesicht schlägt, wie umgekehrt die legendäre Äolsharfe im Sterben diesen alten Mythos oft wieder zu konventionell nimmt. Aber wenn es noch dahingestellt sein mag, ob Sterbende Musik hören, so hören doch Lebende in der Musik höchst wahlverwandt ein Sterben; Todesraum grenzt vermittelt an Musik. Er grenzt an ihre häufige Introvertiertheit, er grenzt vor allem an ihr unsichtiges Material, an ihre beständige Tendenz, im Unsicht­ baren, worin sie beginnt, wohin sie weiterzielt, ein Universum ohne Äusserlich­ keit zu bezeichnen. Dergleichen kann bloss gefühlig sein und ist dann an sich allein noch wenig mehr als Negation oder allgemeines Hinaus oder Empor, das ungesteuert, wo nicht selber todverfallen wallt. Aber ungefühlig, mit Position, geht Musik wirklich dem Tod entgegen, intendiert – dem Inhalt eines Bibel­ worts gemäss -, «ihn in Sieg verschlungen zu haben.» Das Liebeslied, das zuerst Sehnsucht nach Vereinigung über Hindernisse ausdrückte oder Trost in Hoff­ nung, Hoffnung im Trost gab, geht als produktive Todesmusik in die künftige Nacht, zündet die Lampen eines trotzdem nicht Verhinderten an. Regen, Sturm, Wolken, Blitz, selbst Zusammenbruch werden dieser Heimat ein rätselhafter Weg oder eine rätselhafte konkordante Umgebung; wieviel tiefe Musik hat ihr Dunkel, ja ihr Licht von diesem Ingredienz Todesnacht und brennt aus ihrem Schwarz gerade eine andere als die sonst schon vorhandene Helle.

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Ernst Bloch

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Ich glaube, dass die Liebe auf der Nachtseite der Welt ist, verderblicher als jedes Verbrechen, als alle Ketzereien. Ich glaube, dass, wo sie aufkommt, ein Wirbel entsteht, wie vor dem ersten Schöpfungstag. Ich glaube, dass die Liebe unschuldig ist und zum Untergang führt: dass es nur weitergeht mit Schuld und mit dem Kommen vor alle Instanzen. Ich glaube, dass die Liebenden gerechterweise in die Luft fliegen und immer geflogen sind… Ja, auffliegen müssen sie, denn nichts und niemand darf ihnen zu nahe kommen. Sie sind wie die seltenen Elemente, die da und dort gefunden werden, jene Wahnsinnsstoffe mit Strahl- und Brandkraft, die alles zersetzen und die Welt in Frage stellen.

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Aleksandra Kurzak Spielzeit 2012/13



Christof Fischesser Spielzeit 2012/13



RIGOLETTO GIUSEPPE VERDI (1813–1901) Oper in drei Akten Libretto von Francesco Maria Piave nach dem Schauspiel «Le Roi s’amuse» von Victor Hugo Uraufführung 11. März 1851, Teatro La Fenice, Venedig

Personen

Der Herzog von Mantua Rigoletto, sein Narr

Tenor

Bariton

Gilda, dessen Tochter

Sopran

Sparafucile, Auftragsmörder

Mezzosopran

Maddalena, seine Schwester Giovanna, Gildas Gesellschafterin Der Graf von Monterone Marullo, ein Höfling

Bariton

Bariton

Matteo Borsa, ein Höfling Der Graf von Ceprano Die Gräfin, seine Frau Diener des Hofes Page der Herzogin

Alt

Mezzosopran

Tenor

Bass

Mezzosopran Bass

Mezzosopran (Tenor)

Höflinge Schauplatz der Handlung

Stadt Mantua und Umgebung


ATTO PRIMO

ERSTER AKT

N.1. PRELUDIO

NR. 1 VORSPIEL

Sala magnifica nel palazzo ducale con porte nel fondo che mettono ad altre sale, pure splendidamente illuminate; folla di Cavalieri e Dame in gran costume che passeggiano nelle sale del fondo; paggi che vanno e vengono. Nelle sale in fondo si vedrà ballare.

Ein prächtiger Saal im herzoglichen Palast. Hinten Türen, die in andere, hell erleuchtete Säle führen. Eine Menge Herren und Damen in Festkleidung, die in den Sälen im Hinter­grund promenieren. Pagen, die kommen und gehen. In den hinteren Sälen sieht man, wie getanzt wird.

N.2. INTRODUZIONE

NR. 2 EINLEITUNG

SCENA I

SZENE I

Da una delle sale vengono parlando fra loro il Duca e Borsa.

Aus einem der Säle kommen plaudernd der Herzog und Borsa.

DUCA

HERZOG

Della mia bella incognita borghese toccare il fin dell’avventura io voglio.

Ich will das Abenteuer mit meiner schönen unbe­ kannten Bürgerin zum Ziel führen.

BORSA

BORSA

Di quella giovin che vedete al tempio?

Mit diesem Mädchen, das Ihr in der Kirche seht?

DUCA

HERZOG

Da tre mesi ogni festa.

An jedem Sonntag seit drei Monaten.

BORSA

BORSA

La sua dimora?

Wo wohnt sie denn?

DUCA In un remoto calle;

misterioso un uom v’entra ogni notte.

HERZOG

In einer entlegenen Gasse. Ein geheimnisvoller Mann besucht sie jede Nacht.

BORSA

BORSA

E sa colei chi sia l’amante suo?

Und weiss sie, wer ihr Verehrer ist?

DUCA

HERZOG

Lo ignora.

Sie weiss es nicht.

Un gruppo di Dame e Cavalieri attraversa la sala.

Eine Gruppe von Damen und Herren schreitet durch den Saal.

BORSA

BORSA

Quante beltà!… Mirate.

So viele Schönheiten!… Schaut.

DUCA

HERZOG

Le vince tutte di Cepran la sposa.

Cepranos Frau übertrifft sie alle.


BORSA

BORSA

Non v’oda il conte, o Duca…

Wenn Euch nur der Graf nicht hört, Herzog…

DUCA

HERZOG

A me che importa?

Was kümmert es mich?

BORSA

BORSA

Dirlo ad altra ei potria…

Er könnte es einer anderen sagen…

DUCA

HERZOG

Né sventura per me certo saria.

Das wäre gewiss kein Unglück für mich.

BALLATA

BALLADE

DUCA

HERZOG

Questa o quella per me pari sono a quant’altre d’intorno mi vedo, del mio core l’impero non cedo meglio ad una che ad altra beltà. La costoro avvenenza è qual dono di che il fato ne infiora la vita; s’oggi questa mi torna gradita, forse un’altra doman lo sarà.

Diese oder jene ist für mich gleich wie die anderen, die mich umgeben. Die Herrschaft über mein Herz überlasse ich weder der einen noch der anderen Schönen. Ihr Reiz ist ein Geschenk, mit dem uns das Schicksal das Leben verschönert. Wenn mir heute die eine gefällt, wird es morgen vielleicht eine andere sein.

La costanza, tiranna del core, detestiamo qual morbo crudele, sol chi vuole si serbi fidele; non v’è amor, se non v’ha libertà. De’ mariti il geloso furore, degli amanti le smanie derido; anco d’Argo i cent’occhi disfido se mi punge una qualche beltà.

Die Treue, Tyrannin des Herzens, ist uns verhasst wie eine grausame Krankheit. Wer treu bleibt, ist selber schuld, es gibt keine Liebe ohne Freiheit. Ich lache über das eifersüchtige Rasen der Ehemänner, über den Zorn der Liebhaber. Ich nehme es selbst mit den hundert Augen des Argus auf, wenn mir nach einer Schönheit ist.

SCENA II – MINUETTO E PERIGORDINO

SZENE II – MENUETT UND PERIGORDINO

Detti, il Conte di Ceprano che segue da lungi la sua sposa servita da altro Cavaliere. Dame e Signori entrano da varie parti.

Die Vorigen, der Graf von Ceprano, der von weitem seiner Frau folgt, die ein anderer Herr begleitet. Damen und Herren treten von verschiedenen Seiten auf.

Intanto nella sala in fondo si ballerà il Minuetto.

In den hinteren Sälen wird das Menuett getanzt.

DUCA va ad incontrare la Contessa di Ceprano e le dice con molta galanteria

HERZOG geht auf die Gräfin Ceprano zu und sagt galant zu ihr

Partite?… crudele!

Ihr geht?… Wie grausam!

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CONTESSA DI CEPRANO

GRÄFIN CEPRANO

Seguire lo sposo m’è forza a Ceprano.

Ich muss meinem Gatten nach Ceprano folgen.

DUCA

HERZOG

Ma dee luminoso in Corte tal astro qual sole brillare. Per voi qui ciascuno dovrà palpitare. Per voi già possente la fiamma d’amore

Ein Stern wie Ihr muss hier am Hofe strahlend wie die Sonne glänzen. Ein jeder dürfte für Euch schwärmen. Das mächtige Feuer der Liebe

con enfasi, baciandole la mano

mit Nachdruck, ihre Hand küssend

inebria, conquide, distrugge il mio core.

berauscht, erobert, verzehrt mein Herz.

CONTESSA DI CEPRANO

GRÄFIN CEPRANO

Calmatevi…

Beruhigt Euch…

DUCA

HERZOG

La fiamma d’amore inebria, conquide, distrugge il mio core.

Das Feuer der Liebe berauscht, erobert, verzehrt mein Herz.

CONTESSA DI CEPRANO

GRÄFIN CEPRANO

Calmatevi…

Beruhigt Euch…

Il Conte le dà il braccio ed esce con lei

Er reicht ihr den Arm und geht mit ihr ab.

SCENA III

SZENE III

Detti e Rigoletto, che s’incontra nel signor di Ceprano; poi Cortigiani

Die Vorigen und Rigoletto, der auf den Grafen Ceprano trifft; dann Höflinge

RIGOLETTO

RIGOLETTO

al Conte di Ceprano

zum Grafen Ceprano

In testa che avete, signor di Ceprano?

Was habt Ihr auf dem Kopf, Graf Ceprano?

Ceprano fa un gesto d’impazienza e segue il Duca.

Ceprano macht eine ungeduldige Geste und folgt dem Herzog.

RIGOLETTO ai Cortigiani

RIGOLETTO zu den Höflingen

Ei sbuffa! vedete?

Er schnaubt! Seht Ihr?

BORSA, CORO

BORSA, CHOR

Che festa!

Was für ein Fest!

RIGOLETTO

RIGOLETTO

Oh sì!..

Oh ja!..

BORSA, CORO

BORSA, CHOR

Il Duca qui pur si diverte!

Auch der Herzog amüsiert sich!

RIGOLETTO

RIGOLETTO

Così non è sempre? che nuove scoperte! Il giuoco ed il vino, le feste, la danza,

Ist es nicht immer so? Welch neuartige Entdeckung! Spiel und Wein, Feste und Tanz,


Programmheft RIGOLETTO Oper in drei Akten von Giuseppe Verdi (1813–1901)

Das komplette Programmbuch können Sie auf www.opernhaus.ch/shop oder am Vorstellungsabend im Foyer des Opernhauses erwerben Premiere am 3. Februar 2013, Spielzeit 2012/13

Wiederaufnahme am 10. April 2022, Spielzeit 2021/22 Herausgeber Intendant

Opernhaus Zürich Andreas Homoki

Zusammenstellung, Redaktion

Claus Spahn

Layout, Grafische Gestaltung

Florian Streit

Titelseite Visual

Anzeigenverkauf

Schriftkonzept und Logo Druck

Textnachweise: Die Gespräche mit Tatjana Gürbaca und Elisabeth Bronfen sowie die Handlung sind Originalbeiträge für dieses Heft. – Michel Houellebecq: «Die Welt als Supermarkt», RowohltVer­lag, Reinbek 1999 – Kathrin Röggla: «Wir schlafen nicht», Fischer-Verlag, Frankfurt 2006 – Giuseppe Verdi: Briefe, Fi­ scher-­Verlag, Frankfurt 1979. – Gerd Rienäcker: «Gedanken­ split­ter zu Verdis Rigoletto» in: Programmbuch «Rigoletto» der Bayerischen Staatsoper, Spielzeit 2004/2005 – Egon Voss: «Rigoletto» in Verdi-Handbuch, Hg: Anselm Gerhard/Uwe Schweikert, Metzler/ Bärenreiter-Verlag, Stuttgart 2001 – Igor Strawinsky: Musikalische Poetik, Schott-Verlag, Mainz 1949 – Dieter Schnebel «Die schwierige Wahrheit des Lebens» in: Giuseppe Verdi: Rigoletto; Hg Attila Csampai/Dietmar Holland, Rowohlt-Verlag, Reinbek 1982 – Victor Hugo: «Die lachende Maske», zitiert nach: Programmbuch «Rigoletto» der Staats-

François Berthoud

Opernhaus Zürich, Marketing

Telefon 044 268 66 33, inserate@opernhaus.ch Studio Geissbühler Fineprint AG

oper Stuttgart, Spielzeit 1993/94 – Udo Bermbach: «Wo Macht ganz auf Verbrechen beruht», Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 1997 – Ulrich Schreiber: Die Geschichte des Musik­ theaters – «Die erfundene Wahrheit – Das musikalische Welttheater Giuseppe Verdis», Bärenreiter-Verlag, Kassel 2000 – Arthur Schopenhauer: «Parerga und Paralipomena», Dio­genes-Verlag, Zürich 2007 – Theodor W. Adorno: Minima Moralia, Frankfurt 1951 – Ingeborg Bachmann: «Der gute Gott von Man­ hattan», Reclam-Verlag, Stuttgart 1991 – Ernst Bloch: «Das Prinzip Hoffnung», Suhrkamp-Verlag, Frankfurt 1964 Urheber, die nicht erreicht werden konnten, werden zwecks nachträglicher Rechtsabgeltung um Nachricht gebeten. Bildnachweise: Die Produktionsbilder fotografierte Hans Jörg Michel


Schlossoper Haldenstein 2022

Giuseppe Verdi «Il trovatore» 3. bis 27. August 2022 Andrea Zogg, Regie Philippe Bach, Musikalische Leitung Olivia Grandy, Kostüme Roger Stieger, Bühne und technische Leitung Patrick Hunka, Lichtdesign Armin Caduff, Choreinstudierung Bettina Glaus, Regieassistenz Gerardo Garciacano (Bariton), Il Conte di Luna Elif Aytekin (Sopran), Leonora Maria Riccarda Wesseling (Mezzosopran), Azucena Jordanka Milkova (Mezzosopran), Azucena N. N. (Tenor), Manrico Flurin Caduff (Bass), Ferrando Anika Defuns (Sopran), Ines Claudio Simonet (Tenor), Ruiz und un messo Kammerphilharmonie Graubünden Chor der Schlossoper Haldenstein ––

Sichern Sie sich Ihr Ticket unter: www.schlossoper.ch


Unsere Vorstellungen werden ermöglicht dank der Subvention des Kantons Zürich sowie den Beiträgen der Kantone Luzern, Uri, Schwyz, Zug und Aargau im Rahmen der interkantonalen Kulturlastenvereinbarung und den Kantonen Nidwalden und Obwalden. PARTNER

PRODUKTIONSSPONSOREN AMAG Clariant Foundation

Freunde der Oper Zürich Zürich Versicherungs-Gesellschaft AG

PROJEKTSPONSOREN Baugarten Stiftung René und Susanne Braginsky-Stiftung Freunde des Balletts Zürich

Ringier AG Georg und Bertha Schwyzer-Winiker-Stiftung Hans und Edith Sulzer-Oravecz-Stiftung

Ernst Göhner Stiftung

Swiss Life

Hans Imholz-Stiftung

Swiss Re

Kühne-Stiftung

Zürcher Kantonalbank

GÖNNERINNEN UND GÖNNER Josef und Pirkko Ackermann Alfons’ Blumenmarkt Familie Thomas Bär Bergos Privatbank Margot Bodmer Elektro Compagnoni AG Stiftung Melinda Esterházy de Galantha Fitnessparks Migros Zürich Fritz Gerber Stiftung Egon-und-Ingrid-Hug-Stiftung Walter B. Kielholz Stiftung KPMG AG

Stiftung LYRA zur Förderung hochbegabter, junger Musiker und Musikerinnen Die Mobiliar Fondation Les Mûrons Mutschler Ventures AG Neue Zürcher Zeitung AG Pro Helvetia, Schweizer Kulturstiftung StockArt – Stiftung für Musik Else von Sick Stiftung Ernst von Siemens Musikstiftung Elisabeth Weber-Stiftung Hulda und Gustav Zumsteg-Stiftung

Landis & Gyr Stiftung FÖRDERINNEN UND FÖRDERER CORAL STUDIO SA Theodor und Constantin Davidoff Stiftung Frankfurter Bankgesellschaft (Schweiz) AG Garmin Switzerland

Horego AG Richards Foundation Luzius R. Sprüngli Madlen und Thomas von Stockar



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