Ostvision - Juni 2016

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529 | JUNI 2016

Monatszeitschrift der Christlichen Ostmission

JAHRESBERICHT 2015


jahresbericht

ostvision wird monatlich herausgegeben von der CHRISTLICHEN OSTMISSION (COM), Worb

Nr. 529: Juni 2016 Jahresabonnement: CHF 15.– Redaktion: Georges Dubi

Inhaltsverzeichnis Editorial

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Wort des Präsidenten

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Profil der Christlichen Ostmission

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Wir helfen direkt Nothilfe

6–11

Wir schützen Frauen- und Kinderhandel

12–15

Wir bauen auf Bildung und Gewerbeförderung

16–21

Sommerlager

22–23

Ehrenamtliche Mitarbeit

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Aktion Weihnachtspäckli

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Patenschaften

26–27

Adresse: Telefon: Fax: E-Mail: Internet:

Christliche Ostmission Bodengasse 14 3076 Worb BE 031 838 12 12 031 839 63 44 mail@ostmission.ch www.ostmission.ch

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30-6880-4 Spar + Leihkasse Münsingen, 16 0.264.720.06

Kontrolle der Bücher: Unico Treuhand AG, Burgdorf Spenden sind in allen Kantonen steuer­ abzugsberechtigt. Nähere Auskünfte er­teilt unser Sekretariat. Gehen für ein Projekt mehr Spenden als benötigt ein, werden diese für ähnliche Zwecke ein­gesetzt. Bildquelle: COM Wenn nicht anders vermerkt, haben die abgebildeten Personen keinen Zusammenhang mit den erwähnten Beispielen. Gestaltung: Thomas Martin Druck: Stämpfli AG, Bern Papier: Das Magazin ist auf chlorfrei gebleichtem und FSC-zertifiziertem Papier gedruckt. Geschäftsleitung: Georges Dubi, Missionsleiter Gallus Tannheimer Stiftungsrat: Mario Brühlmann, Orpund, Präsident Pfr. Thomas Hurni, Madiswil, Vizepräsident Lilo Hadorn, Selzach Pfr. Matthias Schüürmann, Reitnau Dr. Christian Bock, Seedorf Thomas Haller, Langenthal Pfr. Jürg Maurer, Hirschthal Beauftragter des Stiftungsrates: Günther Baumann

Die Christliche Ostmission hat den Ehrenkodex unter­zeichnet. Das Gütesiegel verpflichtet die Unterzeichner zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Ihrer Spende.

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jahresbericht

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editorial Was ist Gerechtigkeit? Liebe Leserin, lieber Leser

Diskussionen zum Thema Gerechtigkeit nehmen in unserer Gesellschaft einen im­ mer gewichtigeren Platz ein. Das hat Grün­ de: Ein Grossteil der Weltbevölkerung lebt in Armut, viele werden diskriminiert oder gar verfolgt. Was aber ist Gerechtigkeit und wie schafft man Gerechtigkeit? Viele meinen, durchs Umverteilen von vermeintlich unrechtmäs­ sigem Besitz könne man Gerechtigkeit schaffen. Ist die Ursache der Ungerechtig­ keit, dass einige viel und andere wenig be­ sitzen? Und kann man dies durch Umver­ teilen lösen? Wohl kaum. Zwar wollen alle in einer guten und gerechten Welt leben, aber in der Regel nur dann, wenn andere dafür bezahlen. Eine gerechte Welt wird es nie geben, so sehr wir uns auch darum bemühen. Gottes Gerechtigkeit hingegen ist erlebbar und erfahrbar. Es wäre gut, wenn wir Christen wieder mehr von dieser Gerechtigkeit spre­ chen würden und von dem, der Gerechtig­ keit ist. Gerechtigkeit ist keine Erfindung der Welt; Gott hat sie erschaffen und de­ finiert. Zwar merzen wir die Probleme der Welt nicht aus, wenn wir über Gottes Gerechtig­ keit sprechen. Doch wir tragen dazu bei, dass Menschen, die in Ungerechtigkeit und Armut leben, erkennen, dass sie bei Gott wertvoll und geliebt sind. Wer dies begreift, ob arm oder reich, und sich mit Gott ver­

söhnt, der wird bereit, Verantwortung zu übernehmen. Verantwortung ist ein Schlüs­ sel, der die Tür zur Gerechtigkeit öffnet. Die eindrücklichsten Erlebnisse meiner lang­ jährigen Missionstätigkeit waren Begegnun­ gen mit Christen, die trotz Verfolgung, Armut und Ausbeutung bei Gott Gerechtigkeit er­ fahren haben. Dies erfüllt sie mit dem gros­ sen Frieden, den es braucht, um nicht zu verzweifeln, an das Gute zu glauben und an der Verbesserung der Umstände zu ar­ beiten. Diese Begegnungen kann ich nicht in Worte fassen, sie haben mir aber auf eindrückliche Weise klar gemacht, dass Gott andere Massstäbe hat, als wir sie uns vorstellen können. Je besser wir Gottes Massstäbe erkennen, desto fähiger wer­ den wir, Veränderungen zu bewirken und zu helfen, dass mehr Menschen Gerechtig­ keit erfahren. Sie haben im vergangenen Jahr wieder dazu beigetragen, dass tausende Hilfe be­ kommen, neue Hoffnung geschöpft und Gerechtigkeit erfahren haben – Arme, Be­ nachteiligte, Missbrauchte, gequälte Kinder, Frauen und Männer. Ich danke Ihnen herz­ lich für Ihren grossen Einsatz, Ihre Verbun­ denheit und Treue!

Georges Dubi Missionsleiter

In die Welt bist du gekommen, Jesu, als ein Licht der Welt. Wer ins Herz dich aufgenommen, sich im Glauben an dich hält, der erfährt’s wie du gewiss Licht bringst in die Finsternis. Johann Christoph Blumhardt


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wort des präsidenten «Ich bin der HERR, dein Gott, der dich aus Ägypten geführt hat, aus dem Sklavenhaus. Du sollst keine anderen Götter neben mir haben.» 5. Mose 5, 6-7

Unternehmer werden zu Segensträgern – weil sie in ihrem Geschäft die biblischen 10 Gebote beherzigen Herr Bich aus Zentralvietnam ist ein wunderbares Beispiel eines gesegneten Geschäftsmannes. Vor Jahren baute er eine Metallbaufirma auf. Er produzierte mit Sonnenenergie betriebene Kochgeräte für arme Familien in abgelegenen Dörfern. Und er wurde damit erfolgreich. Zahlreiche Mütter müssen nicht mehr täglich mehrere Stunden in einem rauchigen, kleinen Raum Mahlzeiten zubereiten. Mit den neuen Kochgeräten geht alles viel einfacher und die Frauen bleiben gesünder. Was zeichnet Herrn Bich aus? In den Seminaren der Christlichen Ostmission lernte er, sein Geschäft professionell und nach christlichen Prinzipien zu führen. Die 10 Gebote halfen ihm, klare Leitlinien für sein Geschäft festzulegen. Das war nicht immer einfach. Mehrmals wurde er von der Polizei abgeführt und tagelang verhört, weil er im Obergeschoss seiner Firma einen Gottesdienstraum eingerichtet hatte. Dort wurde gebetet, lautstark gesungen und Gott die Ehre gegeben. Der Erfolg seiner Firma und der Nutzen für die Kunden waren unübersehbar, sogar für die Polizei. So liess sie ihn gewähren. Im Seminar war Herr Bich fasziniert von der Idee der Multiplikation. Wie könnte er seinen Erfolg vervielfachen und für noch mehr Menschen ein Segen sein? Die Lösung war schnell gefunden. Er gründete einen Klub mit gleichgesinnten Geschäftsleuten. Diese liessen sich von der Ostmission zu Mentoren

ausbilden. Mentoren sind erfahrene Profis, die Jungunternehmen unterstützen. In entlegenen Dörfern schulen und begleiten sie nun einfache Menschen, damit diese kleine Familienbetriebe gründen können. Und plötzlich beginnen Leute Hühner zu züchten, Häuser zu bauen, Gewürze zu pflanzen oder Hauswände zu streichen. So schaffen sie Einkommen für ihre Familien und überwinden ihre Armut. Wenn sich Geschäftsleute an den biblischen 10 Geboten orientieren, werden sie zu Segensträgern für viele. Warum? Sie trachten danach, den Willen Gottes zu erkennen und diesen in ihrem Geschäft umzusetzen. Damit steht nicht mehr der eigene Gewinn im Vordergrund, sondern das Leben von Jungunternehmern. Sie werden gesegnet und zu einem Segen für andere. Von diesem Gott wollen wir uns bei der Christlichen Ostmission in allen Projekten leiten, befähigen und segnen lassen. Mit praktischer Nächstenliebe und Professionalität arbeiten unsere Mitarbeitenden und Partner in vielen Ländern täglich daran, Menschen aus ihrem Sklavenhaus zu befreien. Ich danke Ihnen von ganzem Herzen, dass Sie uns dabei treu unterstützen. In Christus verbunden Mario Brühlmann Präsident


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PROFIL DER CHRISTLICHEN OSTMISSIONI Seit über 40 Jahren setzt sich die Christliche Ostmission in Osteuropa, Zentral- und Südostasien für arme, verfolgte, benachteiligte und missbrauchte Menschen ein. Sie arbeitet ganzheitlich und verfolgt, wo immer möglich, das Ziel, dass Menschen ihrer Armut entrinnen und ein selbstständiges, würdiges Leben beginnen.

WIR HELFEN DIREKT IN NOTSITUATIONEN UND KATASTROPHEN In einigen Ländern der ehemaligen Sowjetunion lebt die Hälfte der Bevölkerung unter der Armutsgrenze, oft in bitterster Armut. Die Christliche Ostmission kümmert sich um solche Menschen. Sie unterstützt sie mit Lebensmitteln, Kleidern und Medikamenten. Das hilft, Krisen oder Engpässe zu überstehen. Viele fassen durch die Hilfe neuen Mut und werden damit fähig, wieder selbst für sich zu sorgen.

WIR SCHÜTZEN VOR FRAUEN- UND KINDERHANDEL Jedes Jahr fallen weltweit über zweieinhalb Millionen Personen Menschenhändlern zum Opfer. Die Christliche Ostmission kämpft auf verschiedenen Ebenen gegen dieses Verbrechen: Sie engagiert sich in der Prävention und hilft, Kinder und Frauen aus den Fängen von Menschenhändlern zu befreien. Sie hilft Opfern, Zuflucht an sicheren Orten zu finden, wo sie betreut und unterstützt werden, bis sie wieder in der Gesellschaft Fuss fassen können. Für gefährdete Kinder sucht die Mission lokale Pflegefamilien.

WIR BAUEN AUF DURCH BILDUNG, GEWERBE- UND LANDWIRTSCHAFTSFÖRDERUNG Ohne Arbeit stecken Menschen in der Armut fest. Gewerbe- und Landwirtschaftsförderung schafft Arbeitsplätze und hilft vielen, der Armut und Hoffnungslosigkeit zu entkommen. Deshalb engagiert sich die Christliche Ostmission seit 25 Jahren in diesem Bereich. Sie bildet Menschen aus und berät sie beim Aufbau von Unternehmen. Erfolgreiche Unternehmer sorgen für sich und ihre Familien – und tragen zur Bekämpfung von Armut und Ungerechtigkeit in ihren Ländern bei.

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«EINES TAGES, ALS WIR ÜBERHAUPT KEINEN AUSWEG MEHR SAHEN, BEKAMEN WIR EIN GROSSES LEBENSMITTELPAKET!» Jelena M., 46


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WIR HELFEN DIREKT Nothilfe

in Notsituationen und Katastrophen

«Als unsere Tochter Alina vor 16 Jahren geboren wurde, freuten mein Mann und ich uns riesig, nun waren wir eine richtige Familie. Nach vier Monaten geschah etwas Unerwartetes: Alina erkrankte ernsthaft. Ihr Hirndruck stieg und bis die Ärzte erkannten, was passierte, war es zu spät, Alina war am ganzen Körper gelähmt.

ben und liess sich scheiden. Nicht genug damit, dass Alina und ich alleine dastanden, er nahm auch noch das Pferd und die Kuh mit. Ich war total am Ende und wusste nicht mehr weiter. Die monatliche Behindertenrente für Alina entspricht rund 16 Schweizer Franken. Ein Paket Windeln, auf die Alina angewiesen ist, kostet 13 Franken. Wir hatten nichts mehr!

Für uns begann eine sehr schwere Zeit. Ich konnte nicht mehr arbeiten, denn Alina benötigte rund um die Uhr Betreuung. Mein Mann arbeitete, und wir konnten ein günstiges Pferd kaufen. Später auch eine Kuh. Sie gab nur wenig Milch, aber es reichte für uns. Ich konnte jeden Tag für Alina Brei kochen. Ich zog Küken auf für den Eigenbedarf und zum Verkaufen. Unser Pferd vermieteten wir an Bauern aus umliegenden Dörfern, die damit auf ihren Feldern arbeiteten. Es war ein hartes Leben, aber wir kamen durch.

Wir zogen zu meiner Mutter. Sie gibt ihre ganze Rente von knapp 60 Franken her, um Medikamente und Windeln für Alina zu kaufen. Für Lebensmittel bleibt praktisch nichts übrig. Ich weiss nicht, wie die Leute von der Mission von uns hörten. Eines Tages, als wir überhaupt keinen Ausweg mehr sahen, standen sie vor der Tür und brachten uns ein gros­ ses Lebensmittelpaket! Ich konnte es nicht fassen, es war ein wahres Wunder! Ich fasste neuen Mut. Seither bekommen wir regelmäs­ sig Lebensmittelpakete.

Wir hatten nichts mehr Letztes Jahr ist das alles zusammengebrochen. Mein Mann verliess Alina und mich. Er hatte einfach keine Kraft mehr, die Last mit uns zu tragen. Er wollte ein leichteres Le-

Ich kann keine grossen Worte machen. Mein Herz ist einfach voll Dankbarkeit den Menschen gegenüber, die uns in unserer grossen Not nicht alleine lassen! Möge Gott Sie alle segnen.»


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WIR HELFEN DIREKT in Notsituationen und Katastrophen

NUN VERARMT AUCH DIE MITTELSCHICHT Georges Dubi Missionsleiter

Die Befreiung vom Kommunismus hat die Hoffnung der Menschen auf ein besseres Leben nicht erfüllt. Vielmehr hat der wirtschaftliche Zusammenbruch im Gebiet der ehemaligen Sowjetunion Arbeitslosigkeit und Armut gebracht. Hoffnung auf eine baldige Normalisierung gibt es kaum. Nach dem Zusammenbruch der russischen Wirtschaft machten viele Menschen Bekanntschaft mit etwas, das sie nur aus der antiwestlichen Propaganda ihrer Regierung gekannt hatten: Arbeitslosigkeit. Viele Industriebetriebe wurden geschlossen, ohne den Menschen Alternativen zu bieten, ganze Landstriche lahmgelegt. Hoffnungslosigkeit und Armut folgten. Vielerorts hat sich die Situation bis heute nicht verbessert. Besonders hart trifft dies grosse Familien, Alleinerziehende, alte Menschen, Behinderte und Kranke. Sozialleistungen und Renten, sofern sie überhaupt ausbezahlt werden, decken nicht einmal den elementarsten Lebensbedarf.

Die Korruption funktioniert Verlass ist in vielen Staaten der GUS nur auf die Korruption, die in allen Bereichen gang und gäbe ist. Staatliche Strukturen sind kaum mehr vorhanden, in vielen Regionen verschärfen nationalistische Konflikte und Abspaltungen die Situation. In den ostukrai­ nischen Verwaltungsregionen Donezk und Lugansk hat der Krieg die Situation zusätzlich verschärft. In Russland, Moldawien und der Ukraine steigt die Zahl der armen Menschen rasant. Zunehmend trifft sie auch Menschen, die eine Arbeit haben, denn die Löhne sinken. Der grösste Teil des Einkommens muss für Lebensmittel, Miete und Nebenkosten sowie andere Güter des täglichen Bedarfs ausgegeben werden. Zu mehr reicht es oft nicht. In Moldawien, dem ärmsten Land Europas, hat beinahe die Hälfte der arbeitsfähigen Bevölkerung das Land verlassen. 250 000 Kinder wachsen in einer Umgebung auf, die nicht kindgerecht ist. Teilweise erhalten sie nicht einmal täglich eine warme Mahlzeit.


Die Christliche Ostmission hilft Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion berührt uns bei der Christlichen Ostmission die Not der verarmten Bevölkerung in Weissrussland, Moldawien und der Ukrai­ne. Rund 250 Tonnen Gebrauchtkleider aus der Schweiz wurden in diese Länder gebracht und verteilt. 2015 wurden 680 Tonnen Grundnahrungsmittel vor Ort eingekauft (davon 400 Tonnen Kartoffeln), und 85 Tonnen Heizmaterial an Bedürftige abgegeben. Viele der Armen kämen ohne die Hilfe der Mission nicht über die Runden. Für die Rentner ist das besonders bitter. Sie haben den Krieg überlebt, sich für den Staat aufgeopfert – und jetzt kümmert der sich nicht um sie. Ihre Renten sind ein Hohn. Die Hilfe der Mission hilft Armen doppelt: Einerseits ermöglicht sie ihnen das Überleben, andererseits gibt sie ihnen die Würde zurück, die der Staat und die Gesellschaft ihnen verweigern. Das Wissen, dass Menschen in der Schweiz sie nicht vergessen und ihnen helfen, schenkt ihnen Mut und neue Zuversicht. Bei der Verteilung der Hilfsgüter kann die Christliche Ostmission auf ihre jahrelange Erfahrung und gute Kontakte zu Kirchen, christlichen Organisationen und Sozialämtern zählen. Die Zusammenarbeit mit Sozial­ ämtern stellt sicher, dass die Hilfsgüter zu den Ärmsten gelangen. Diese müssen den Empfang schriftlich quittieren.

Korruption ist keine Option Die administrativen Hürden für die Einfuhr, den Einkauf und die Verteilung von Hilfsgütern sind hoch. Ständig wechselnde Gesetze erschweren die Arbeit zusätzlich. Oft wissen nicht einmal die Beamten, welches Gesetz gerade gilt. Mit kleinen und grösseren Geschenken liessen sich viele Probleme mit Behörden aus der Welt schaffen. Doch für die Christliche Ostmission kommt Korruption nicht in Frage, auch wenn dadurch die Arbeit einfacher würde.

Fasst jemand wieder Mut, ist eine wichtige Voraussetzung für Veränderungen erfüllt. Die Hilfe ist nachhaltig Humanitäre Hilfe verändert die Umstände nicht, die jemanden in die Armut gestürzt haben. Sie hilft aber, eine schwierige Zeit zu überstehen. Ebenso wichtig ist, dass humanitäre Hilfe Mut macht und den Empfängern zeigt, dass sie nicht vergessen und verlassen sind. Entmutigte und hoffnungslose Menschen können sich nicht vorstellen, dass Besserung möglich ist. Fasst hingegen jemand wieder Mut, ist eine wichtige Voraussetzung für Veränderungen erfüllt. Deshalb ist die humanitäre Hilfe ein erster Schritt und die Grundlage für eine bessere Zukunft.

LEBENSMITTELVERTEILUNG 2015 Moldawien

340 Tonnen

Rumänien 30 Tonnen Ukraine 60 Tonnen Russland 35 Tonnen Weissrussland 180 Tonnen Zentralasien 35 Tonnen Total

680 Tonnen

Neue Perspektiven Dank der Hilfe der Christlichen Ostmission

Nothilfe

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WIR HELFEN DIREKT in Notsituationen und Katastrophen

KLEIDER, SCHUHE, WÄSCHE

Ruth Thomann Projektleiterin

Für Menschen in Not sind gebrauchte Kleider aus der Schweiz ein riesiges Geschenk, das sie wieder Hoffnung schöpfen lässt. Rund 250 Tonnen gebrauchte Kleider, Schuhe und Wäsche gelangten 2015 von der Schweiz nach Moldawien, Weissrussland, Rumänien und in die Ukraine. Lokale Mitarbeitende verteilten die Kleider an Bedürftige sowie in Kinder- und Altersheimen. Dabei arbeiten sie mit lokalen Sozialämtern, Kirchgemeinden und Hilfsorganisationen zusammen. Viele ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der ganzen Schweiz sorgen dafür, dass diese grosse Hilfe möglich wird. Für die Begünstigten sind die Kleider eine grosse Hilfe. Wertvoll ist auch die Erfahrung, nicht vergessen zu gehen. Dass unbekannte Menschen aus der Schweiz sie beschenken, macht den Empfängern Mut und lässt sie wieder Hoffnung schöpfen. Alles verloren Danil und Nastja stammen aus der Ostukrai­ ne. Bis zum Ausbruch des Krieges hatte das junge Ehepaar ein gutes Leben. Dann kam plötzlich alles anders. Die beiden mussten fliehen und alles zurücklassen, was sie besassen. «Wir wurden in der unabhängigen Ukraine geboren. Als wir uns im Oktober 2013 kennen lernten, waren wir 22 Jahre alt. Wir wussten sofort, dass wir zusammengehörten, doch wir ahnten nicht, welche Umstürze uns erwarteten. Trotz grosser politischer und wirtschaftlicher Probleme war die Ukraine damals noch ein ungeteiltes, unabhängiges Land.

Lokale Mitarbeitende verteilen die Kleider aus der Schweiz an Bedürftige.

Rasch verschlechterte sich das politische Klima. Die Landeswährung verlor an Wert


und alles wurde massiv teurer. Ein politischer Machtwechsel fand statt und eines Morgens wachten wir in einem anderen Land auf. Plötzlich wurden friedliche Bürger umgebracht – von Menschen, die vorher mit uns zusammengelebt hatten und die gleiche Sprache und den gleichen kulturellen Hintergrund haben. Eine ausländische Armee besetzte die Krim. Dann brauchten wir plötzlich eine Erlaubnis, um die Ostukraine in Richtung Kiew zu verlassen oder zurückzukehren. Es gab Grenzposten und in der Ostukraine, die auf einmal die ‹Volksrepublik Donezk› sein sollte, wurde der russische Rubel eingeführt. All diese Umstürze und Kriege führten zu grossen ideologischen Kämpfen unter den Menschen; Familien und Verwandte verfeindeten sich. Der Krieg durchdrang jede Lebenssphäre. Vor dem Krieg führten wir beide ein stabiles Leben: Wir hatten Arbeit in einem guten Beruf und konnten unser Leben planen. Mit dem Krieg verloren wir beide die Stelle. Einige Verwandte brachen den Kontakt ab, weil sie politisch anders dachten als wir. Im März 2015 kam unser Sohn Matwej zur Welt. Im gleichen Monat wurde unser Zuhause von einem Geschoss getroffen und teilweise zerstört. Wir mussten handeln und unsere Heimat sofort verlassen. Ohne Hab und Gut flohen wir, in der Hoffnung, unser Leben zu retten. Auf Hilfe angewiesen Nie hätten wir gedacht, dass wir einmal nichts mehr haben würden. Jetzt sind wir darauf angewiesen, uns im Flüchtlingszentrum in Saporoschje beschenken zu lassen. Dass fremde Menschen aus der fernen Schweiz für uns und andere Vertriebene Kleider schicken, berührt uns tief und gibt uns neuen Mut. Wir erhalten auch Lebensmittel, Hygieneartikel und Windeln für unser Baby. In Saporoschje Arbeit zu finden, ist im Moment nicht möglich. Aber wir haben ein Zimmer in

einem ehemaligen Studentenheim und mit der Unterstützung des Flüchtlingszentrums können wir überleben. Mein Mann fährt regelmässig mit Freunden zurück in unsere Wohnung, um sie wieder instand zu stellen. Die Schiessereien in unserer Region haben nachgelassen. Wir wollen so schnell wie möglich zurück in die Heimat.

«Dass fremde Menschen aus der fernen Schweiz für uns und andere Vertriebene Kleider schicken, berührt uns tief und gibt uns neuen Mut.» Ein herzliches Dankeschön allen Menschen, die so grosszügig mit uns teilen und uns helfen, die schwere Not im Land zu überbrücken!» Danil und Nastja mit Matwej

Danil und Nastja mussten kurz nach der Geburt ihres Sohnes ohne Hab und Gut fliehen.

Nothilfe

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«NICHTS KONNTE SIE STOPPEN, WEDER MEINE TRÄNEN NOCH MEIN FLEHEN UM GNADE.» Rodika, 20 Adobe Stock

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WIR SCHÜTZEN

Rodika war 20 und hatte die Hoffnung aufgegeben, Arbeit zu finden. Da erhielt sie eines Tages ein Angebot: Arbeit in einem Lebensmittelladen in der Türkei! Sie sagte zu. Ein Bekannter half ihr, Reisedokumente und ein Ticket zu beschaffen. Was danach passierte, erzählt Rodika selbst: «Als ich in der Türkei ankam, wurde ich in ein Auto verfrachtet und weggefahren. Wenn ich daran denke, was danach geschah, graut mir immer noch und es fliessen Tränen. Die Leute nahmen mir die Papiere weg, schlugen mich fürchterlich und sperrten mich in einen Raum. Noch am selben Abend vergewaltigten sie mich. Jeden Tag musste ich auf einer Baustelle Steine und Sand schleppen. Abends kamen wildfremde Menschen in mein Zimmer, um schreckliche Dinge mit mir anzustellen. Nichts konnte sie stoppen, weder meine Tränen noch mein Flehen um Gnade. Erst nach zwei Jahren befreite mich die Polizei und ich wurde nach Moldawien zurückgebracht. Als ich noch in Gefangenschaft war, träumte ich von der Freiheit. Doch als ich frei war, fühlte ich mich nicht besser. Meine Verwandten wollten nichts mehr von

mir wissen. Die Leute im Dorf fanden heraus, was mit mir passiert war und liessen mich ihre Verachtung spüren. Vor lauter Scham verliess ich mein Zuhause. Danach kam ich in ein Rehabilitationszen­ trum. Hier werde ich geliebt und akzeptiert. Die Mitarbeitenden tragen Sorge zu mir und sind in der Zwischenzeit meine engsten Freunde geworden. Ich habe kochen gelernt und zu arbeiten begonnen. Was ich durchmachen musste, kann ich unmöglich vergessen. Mein Innerstes wurde auf unmenschliche Art zerstört. Ich werde Jahre brauchen, um seelisch wieder gesund zu werden. Ich bitte Gott, dass er mir hilft, Frieden im Herzen zu erlangen und frei zu werden von anklagenden Gedanken, Hass und bitteren Erinnerungen.»

Frauen- und Kinderhandel

vor Frauen- und Kinderhandel


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WIR SCHÜTZEN vor Frauen- und Kinderhandel

HILFE DER COM Beatrice Käufeler Projektleiterin

Prävention Gefährdete müssen die Gefahren kennen! Darum legt die Christliche Ostmission (COM) bei ihrem Engagement gegen den Menschenhandel viel Gewicht auf die Prävention. In Rumänien laufen Aufklärungskampagnen an Berufsmittelschulen und in Roma-Dörfern, in Moldawien an Schulen und in Heimen. In Indien und Nepal werden Kinder auf Bahnhöfen und an Grenzübergängen abgefangen und so vor Menschenhändlern geschützt. Indem wir Frauen schulen, erreichen wir Bevölkerungsgruppen in abgelegenen nepalesischen Dörfern. In Nepal, Kambodscha und neu auch in Afghanistan werden Behörden und Nichtregierungsorganisationen aufgeklärt und geschult. Viele Kinder brauchen direkte Schutzmassnahmen. Vor vielen Jahren hat die COM in Moldawien ein Familienplatzierungsprojekt für Heimkinder initiiert und angefangen, Dorfkinder in einem Tageszentrum zu betreuen. In Indien wurden im Rotlichtviertel und in Dörfern, in denen Kinderhandel stattfindet, Tageszentren eröffnet. Kinder, die eine 24Stunden-Betreuung an einem sicheren Ort benötigen, werden in ein Schutzhaus vermittelt. Wichtig bei den Hilfsprogrammen ist stets die schulische Förderung der Kinder. Damit geben wir ihnen eine echte Chance, später der Armut zu entfliehen. Opferbefreiung und Rückschaffung Durch Kontrollen an strategischen Orten wie Grenzübergängen und Bahnhöfen kön-

nen Opfer und potenzielle Opfer identifiziert und in einem Übergangsheim betreut werden. Betroffene möchten meist nach Hause zurückkehren. Wir analysieren Gefahren und Risiken und treffen Sicherheitsvorkehrungen, wo dies angezeigt ist. Opfer, die einen Platz in einem Schutzhaus und Hilfe bei der Aufarbeitung ihrer Erlebnisse benötigen, finden Unterschlupf und erhalten kompetente Betreuung. Rehabilitation und Reintegration In einem Schutzhaus erhalten Betroffene psychologische, medizinische und juristische Hilfe. Sie werden zudem ermutigt, den oder die Täter anzuzeigen. Schulische Förderung und Vorbereitungskurse für eine Lehroder Arbeitsstelle oder einen höheren Schulabschluss sind Teil der Therapie. Die Reintegration wird stark erleichtert, wenn Angehörige diesen Prozess mittragen. Wo dies nicht der Fall ist, werden ehemalige Opfer beim Aufbau eines neuen sozialen Netzes begleitet. Einige müssen zu ihrem eigenen Schutz eine neue Identität annehmen. Auch nach ihrer Reintegration werden die Frauen begleitet, beraten und unterstützt. Schweiz In der Schweiz informiert die COM über den Menschenhandel und macht auf Faktoren aufmerksam, die ihn fördern und begünstigen. Ehrenamtlich Mitarbeitende sensibilisieren ihr persönliches Umfeld und zeigen Hilfsmöglichkeiten auf. Vor zehn Jahren startete die COM ein nationales Gebetsnetz.


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FRAUEN- UND KINDERHANDEL

LÄNDER UND PROJEKTE Schweiz

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Moldawien

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• Öffentlichkeitsarbeit • Schulung von ehrenamtlich Mitarbeitenden für ihre Sensibilisierungsarbeit • Nationales Gebetsnetz gegen Menschenhandel 2

• Pflege-, Ferien- und Adoptionsplätze in molda­ wischen Familien für Heimkinder • Schulische Förderung und Begleitung von gefährdeten Kindern aus sozial schwachen Familien • Schutzhaus für Opfer, psychologisch-medizinische Hilfe, Weiterbildungskurse • Betreuung ehemaliger Opfer an ihrem Wohnort • Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit 3

Kambodscha

• Betreuung, Ausbildung und Wiedereingliederung ehemaliger Opfer • Schulische Förderung traumatisierter und verletzlicher Kinder • Ausbildungskurse für Seelsorger und Therapeuten anderer Hilfsorganisationen

Afghanistan

• Schutzhaus für ausgebeutete Frauen und Kinder, Ausbildungsmöglichkeiten, Reintegrationshilfe 7

Rumänien

• Aufklärungsarbeit unter Risikogruppen (Roma, Jugendliche an Berufsmittelschulen, Heimkinder)

Indien

• Tageszentrum und Nachtkrippe für Kinder in einem Rotlichtviertel • Auffangen von Kindern an Bahnhöfen, bevor sie in eine Ausbeutungssituation geraten • Tageszentren in Dörfern, wo Kinder ausgebeutet werden • Aufbau von Selbsthilfegruppen, Förderung der Dorf­ entwicklung 1 4

Nepal

• Schutzhaus für Mütter und ihre Kinder, ganzheitliche Betreuung • Auffangen von Mädchen und Frauen an indisch-nepalesischen Grenzübergängen, bevor sie an Bordelle verkauft werden, Betreuung, Repatriierung • Aufklärung in Dörfern durch speziell dafür geschulte Mädchen

Fakten Menschenhandel Weltweit

2,5 Millionen Opfer jährlich (davon 80% Frauen und Kinder)

In der EU

500 000 Opfer jährlich (davon 20 – 40% aus Osteuropa)

In der Schweiz

offiziell 1500 – 3000 Opfer jährlich (hohe Dunkelziffer)

Umsatz Menschenhandel

weltweit 30–35 Milliarden US-Dollar pro Jahr

Die Zahlen basieren auf Erhebungen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), des Regionalen Informationszentrums der Vereinten Nationen für Westeuropa (UNRIC), der internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und des Bundesamtes für Polizei (fedpol).

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Frauen- und Kinderhandel

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«WIR HABEN GOTTES RUF ANGENOMMEN UND DANACH VIEL MEHR ERLEBT, ALS WIR UNS JE VORSTELLEN KONNTEN.» Karol und Magdalena Szöcs, Rumänien


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WIR BAUEN AUF durch Bildung und Gewerbeförderung

ES BEGANN VOR 25 JAHREN Nach der politischen Wende und dem wirtschaftlichen Zusammenbruch Rumäniens begann die Christliche Ostmission (COM), fähigen und willigen Frauen und Männern beim Aufbau eines eigenen Betriebs zu helfen. Wir wollten Christen befähigen, für sich und ihre Familien zu sorgen, Arbeitsplätze zu schaffen und sich am Aufbau des Landes zu beteiligen.

Von Beginn an mit dabei war Karol Szöcs. Er war technischer Leiter der rumänischen Niederlassung der COM und wurde später selbst Unternehmer. Vom Angestellten zum Unternehmer «Als die Christliche Ostmission mir die Stelle als technischer Verantwortlicher anbot, zögerte ich nicht lange, obschon ich grossen Respekt vor der neuen Aufgabe hatte. Eine neue Stelle, ein ausländischer Arbeitgeber und technische Beratung in allen möglichen Gewerben – das

war eine Herausforderung. Aber ich packte die Chance und nahm die Stelle an. Die Aufgabe war vielfältig. In einer ersten Phase prüften wir Anträge von Interessenten, anschliessend besuchten wir sie und klärten in persönlichen Gesprächen die mögliche Zusammenarbeit ab. Gleichzeitig evaluierten wir, welche Maschinen und Geräte sie für den Start der eigenen Firma benötigten. Gebrauchte Maschinen aus der Schweiz In den ersten Jahren lieferte die Christliche Ostmission gebrauchte und revidierte Maschinen nach Rumänien. Die Verzollung war anfänglich sehr schwierig. Niemand glaubte uns, dass wir die Maschinen dazu verwenden würden, um Rumänen zu helfen, eigene Betriebe aufzubauen. Vielmehr wurde vermutet, dass wir damit grosse Geschäfte machen wollten. Wie ist es möglich, dass jemand mit so guten Maschinen armen Leuten helfen will? Mit der Zeit merkten nicht nur die Leute

Gewerbeförderung

Rumänien war der Beginn des Engagements der COM in der Gewerbeförderung. Mit Hilfe der DEZA (Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit) sind in 25 Jahren über 1000 Gewerbe- und Landwirtschaftsbetriebe aufgebaut und über 10 000 Arbeitsplätze geschaffen worden. Die Erfahrungen und Erfolge in Rumänien haben uns geholfen, das Programm später auf andere osteuropäische Länder und nach Zentral- und Südostasien auszudehnen.


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jahresbericht

Karols Firma ermöglicht 30 Personen eine Arbeitsstelle.

am Zoll, sondern auch die Behörden, dass dem wirklich so war. Und sie erkannten die Bedeutung des Projekts für Rumänien. Die Arbeit bei der Mission hat mir sehr viel Freude bereitet. Die vielen Kontakte mit unterschiedlichsten Menschen waren interessant, und die Möglichkeit, beim Aufbau in Rumänien mitzuhelfen, war faszinierend. Die Mission hat nicht nur Maschinen nach Rumänien geliefert, sondern die Betriebsinhaber ausgebildet. Von Anfang an übersetzte ich während der Seminare und lernte dabei selbst sehr viel. Ich hatte einen Traumjob Obschon ich einen Traumjob hatte, begann mich etwas immer mehr zu beschäftigen. Oft fuhr ich mit meiner Familie in den Ferien zu unserer Grossmutter. Sie lebte in Ghindari, einem Dorf im Kanton Mures. Die idyllische und verträumte Lage des Dorfes täuschte. Praktisch niemand hatte Arbeit, das Leben der Dorfbewohner war geprägt von Hoffnungslosigkeit und Alkohol. Dies machte

mich zunehmend traurig und fragend. Gibt es für diese Leute wirklich keine Hoffnung? Zusammen mit meiner Frau Magdalena beteten wir viel und fragten Gott, was wir tun könnten. Nach einiger Zeit bekamen wir die Gewissheit, dass es unsere Aufgabe war, nach Ghindari zu ziehen und ein neues Leben aufzubauen. Es war keine leichte Entscheidung, den sicheren Job und das schöne Haus aufzugeben. Wir entschieden uns, eine eigene Firma aufzubauen, Arbeitsplätze zu schaffen und als Familie ein Vorbild zu sein. Unternehmer und Missionar Mit Hilfe der Mission konnten wir die Firma starten. Schon bald begannen wir mit Hauskreisen, zu denen wir Nachbarn und Bekannte einluden. Nun leben wir schon 16 Jahre hier im Dorf und es gefällt uns sehr gut. Aus der kleinen Firma ist ein Betrieb mit 30 Angestellten geworden. Wir stellen Artikel für die Hochseefischerei und andere Feinmetallprodukte her. Das meiste exportieren wir, vorwiegend nach Skandinavien.


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WIR BAUEN AUF durch Bildung und Gewerbeförderung

Aus den Hauskreisen ist eine Kirche mit 30 Mitgliedern entstanden, die fest zum Dorf gehört. Rund 100 Jugendliche besuchen die wöchentlichen Jungscharanlässe und die Ferienlager! Rückblickend auf die vergangenen 25 Jahre darf ich sagen: Gott hat es mit uns gut gemeint. Als christliche Familie und Unternehmer konnten wir in unserem Dorf Akzente setzen und Hoffnung vermitteln. Als Christen müssen wir Entscheidungen treffen und Herausforderungen annehmen. Meist ist dies mit viel Arbeit und oft auch mit Schmerz verbunden. Aber wenn Gott segnet, übertrifft

dies alles, was wir uns vorstellen können, und es lohnt sich. Beauftragt und befähigt Meine Zeit als Mitarbeiter bei der Christlichen Ostmission hat meiner Frau und mir eine neue Sicht von Mission gegeben. Dies hat uns später beim Start und Aufbau unserer Firma und Kirche sehr geholfen. Nach dieser ‹Schule› hat Gott uns nach Ghindari gerufen und den Auftrag gegeben, sein Wort zu verkünden und unseren Mitmenschen Hoffnung zu vermitteln. Er hat uns befähigt, Türen geöffnet und sehr viele Kontakte geschenkt. In all den Jahren haben wir Gottes Treue und Segen immer wieder deutlich gespürt. Ihm und allen, die uns auf diesem Weg begleitet und unterstützt haben, danken wir von Herzen.» Karol und Magdalena Szöcs Ghindari, Rumänien

Wöchentliche Jungscharanlässe und Ferienlager werden von rund 100 Kindern und Jugendlichen besucht.

Gewerbeförderung

Ehrenamtlich bin ich weiterhin für die Christliche Ostmission tätig. In ihrem Auftrag berate ich Jungunternehmer in Vietnam. Viele sind in einer ähnlichen Situation wie wir früher in Rumänien. So kann ich sie aus eigener Erfahrung beraten und beim Aufbau ihrer Betriebe unterstützen.


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WIR BAUEN AUF durch Bildung und Gewerbeförderung

GOTT HAT ANDERE MASSSTÄBE MOLDAWIEN / ZENTRALASIEN

Georges Dubi Missionsleiter

Moldawien, das ärmste Land Euro­ pas, ist ein hoffnungsloser Fall. Dass es besser wird, glauben selbst Optimisten nicht; wer kann, wandert aus. Doch dieses «Land ohne Zukunft» ist ein wichtiges Fundament der Kirche Zentralasiens. Unter dem Kommunismus wurde die christliche Kirche unterdrückt und verfolgt. Bibelschulen waren staatlich kontrolliert und nur wenige Gläubige konnten dort studieren. So fehlten nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion ausgebildete Pastoren. Die Gagausen waren der Schlüssel 1993 gründete die Baptistenkirche in der Hauptstadt Chisinau eine Bibelschule. Nach vier Jahren beschloss die Leitung, eine spezielle Ausbildung für die Gagausen Moldawiens anzubieten. Dieses Volk lebt in einer autonomen Region, ist mehrheitlich christlichorthodox und zählt zur südwestlichen oder oghusischen Gruppe der Turkvölker. Seine Sprache ähnelt dem anatolischen Türkisch. Mentalität, Traditionen und Lebensführung der Gagausen unterscheiden sich stark von denen Moldawiens, deshalb war ein separater Kurs angezeigt. Die spezielle Ausbildung stiess auf grosses Interesse. Es war der Beginn einer grossen Vision, welche für die Kirche Zentralasiens wegweisend werden sollte.

Ein Grossteil der Studierenden an der Christlichen Universität «Divitia Gratiae» kommt aus Zentralasien.

Fundament der Kirche Zentralasiens Diese bestand hauptsächlich aus russischund deutschstämmigen Gläubigen. Viele von ihnen verliessen die Region und so wurde die Kirche stetig kleiner. Um ihr Überleben zu sichern, war es dringend, interessierten Gläubigen eine theologische Ausbildung zu ermöglichen.


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Es war der Beginn einer grossen Vision, welche für die Kirche Zentralasiens wegweisend werden sollte. An der Universität bilden sich die Studierenden in Theologie, Sozialarbeit und Management aus. Für die Rückkehr nach Zentral­ asien ist es wichtig, einen anerkannten Abschluss vorweisen zu können. Die meisten Kirchen sind zu klein, um ihre Pastoren zu bezahlen. Auf Initiative und mit praktischer Hilfe der Christlichen Ostmission erhalten künftige Pastoren auch eine Management­ ausbildung. Damit können sie in ihrer Heimat einer bezahlten Arbeit nachgehen.

… in alle Welt Seit 1997 haben 268 junge Menschen aus Zentralasien ihr Studium in Chisinau abgeschlossen. Die meisten von ihnen sind nach Zentralasien zurückgekehrt und im kirchlichen Dienst tätig. An Aus- und Weiterbildungen in Zentralasien haben 320 Christen teilgenommen. Einige haben ihr Tätigkeitsgebiet erweitert und arbeiten als Missionare in Afghanistan, Pakistan, im Iran, im Irak und in der Türkei. Damit ist die UDG nicht nur zum Segen der Kirchen Zentralasiens geworden, sondern zum Segen und zur Ermutigung aller Christen. Niemand hat es geahnt, doch das Land, an das niemand glaubt und das alle verlassen, ist zum wichtigen Baustein für die Kirche in Zentralasien geworden. Was wir für machbar halten, ist nicht wichtig; entscheidend sind Gottes unendliche Möglichkeiten. Die Christliche Ostmission unterstützt und fördert die Universität seit Jahren finanziell und auch praktisch, nämlich mit Referenten aus der Schweiz. Die COM ist zum wichtigsten Partner der UDG geworden.

Mission

In der Region gab es keine theologische Schule und ein Studium im Ausland kam nicht in Frage: Es kostete zu viel und Aufenthaltsbewilligungen waren ein grosses Problem. In Moldawien war und ist das anders: Personen aus Zentralasien können sich problemlos im Land aufhalten und studieren. Die Ausbildung wird in Russisch angeboten, der offiziellen Landessprache in Zentralasien während der Sowjetzeit.

Aus der einstigen Bibelschule ist inzwischen die Universität «Divitia Gratiae» (UDG) geworden, ein Eckstein der theologischen Ausbildung für Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan. In diesen Ländern können sich Christen nicht frei entfalten. Vielmehr müssen sie mit vielerlei Benachteiligungen leben, manchmal gar Verfolgung ertragen. Ihr Interesse an Aus- und Weiterbildung ist gross. Deshalb hat die UDG in den einzelnen Ländern Ausbildungsstätten ins Leben gerufen. Allerdings können sie nur im Versteckten funktionieren, weil die Staaten christliche Bildung nicht dulden.

Studium in Theologie, Sozialarbeit und Management


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«Ich sollte abgetrieben werden! Das verlangte mein Vater von meiner Mutter, denn es würde zu teuer mit mir. Sie verliess ihn und sorgt nun alleine für mich. Ich bin zum ersten Mal im Lager. Hier erlebe ich, dass Jesus mich liebt und dass er mich haben wollte. Ich geniesse die Zeit mit den vielen Freunden, die ich hier gefunden habe.» Marina*, 13


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Georges Dubi Missionsleiter

ISOMMERFERIEN FÜR 6000 KINDER Die finanzielle Hilfe aus der Schweiz war überwältigend. Spenderinnen und Spender haben es möglich gemacht, dass 2015 über 6000 Kinder in Osteuropa wunderschöne Ferien verbringen durften. Jeden Tag eine warme Mahlzeit, jeden Tag genug zu essen. Für viele Kinder in Osteuropa ist das keine Selbstverständlichkeit. In den Sommerlagern gibt es Essen bis genug, Mitarbeitende, die sich der Kinder annehmen, mit ihnen spielen und sie spüren lassen, dass sie geliebt werden. Es sind Kinder aus ärmsten Verhältnissen und zerrütteten Familien. Kirchgemeinden vor Ort betreuen und begleiten die Kinder nach den Lagern. Nicht selten sind die Lager der Wendepunkt im Leben der Kinder. Sie lernen Gott kennen und werden durch die Nachbetreuung in ein soziales Netz eingebunden. Dadurch haben sie Chancen auf eine bessere Zukunft.

In den Sommerlagern lernen die Kinder eine neue Welt kennen.

KINDERLAGER 2015: 6160 KINDER 1

Russland

250 Kinder

2

Weissrussland

650 Kinder

3

Moldawien

3200 Kinder

4

Ukraine

5

Rumänien

370 Kinder

6

Turkmenistan

40 Kinder

7

Usbekistan

40 Kinder

8

Tadschikistan

360 Kinder

* Name geändert

1 2

1250 Kinder u. Jugendliche

4 7 5

3 6

8


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jahresbericht

HELFEN SIE MIT? Judith Brunner Verantwortliche Kleidersammlung

Die ehrenamtlich Mitarbeitenden – über 200 Personen – sind eine wichtige Stütze der Christlichen Ostmission. Ohne sie wäre es nicht möglich, jährlich 250 Tonnen Kleider und über 90 000 Weihnachtspäckli von der Schweiz nach Rumänien, Moldawien, Weissrussland und in die Ukraine zu bringen. Zehntausende Bedürftige in Osteuropa erfahren dadurch Hilfe und Ermutigung.

Möchten Sie auch mithelfen? • Kleiderannahme in Worb: Annahme und Sortieren von Kleidern für unsere Hilfsgütertransporte nach Rumänien, Mol­ dawien, Weissrussland und in die Ukraine. Ideal ist ein Wohnsitz im Grossraum Bern. • Transporte: Kleidertransporte in der ganzen Schweiz mit einem Kleinbus. Chauffeure müssen den Führerschein Ka­ tegorie B besitzen. Ideal ist ein Wohnsitz im Grossraum Bern. • Eine Kleidersammelstelle betreiben: Möchten Sie für die Christliche Ostmission eine Kleidersammelstelle eröffnen und be­ treiben? Wir suchen Ehrenamtliche, wel­ che diese Aufgabe übernehmen möchten. • Aktion Weihnachtspäckli: Mithilfe bei einer Sammelstelle (gesamte Schweiz), Annahme und Stapeln der Weihnachts­ päckli. Für diese Aufgabe ist eine gute körperliche Verfassung notwendig. • Frauen- und Kinderhandel: Andere für das Thema sensibilisieren. Der Men­ schenhandel lebt vom Schweigen. Für Opfer – verzweifelte Frauen und Kinder – ist es entscheidend, dass andere ihre Stimme erheben. Wir suchen Mitarbeite­ rinnen und Mitarbeiter, die uns dabei un­ terstützen, ihr persönliches Umfeld sensi­ bilisieren und das Engagement der Christ­ lichen Ostmission bekannt machen. Sind Sie interessiert an einer dieser Aufgaben? Melden Sie sich, wir freuen uns auf Ihren Anruf! Telefon 031 838 12 12.

Grosses ehrenamtliches Engagement für Bedürftige in Osteuropa


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94 700 WEIHNACHTSPÄCKLI AKTION WEIHNACHTSPÄCKLI Herzlichen Dank für Ihre Weihnachtspäckli und für die tatkräftige Mithilfe, sei es beim Zusammenführen der Päckli oder an einer der Sammelstellen! Danke auch für alle Gebete und Spenden! 94 700 Päckli haben bedürftigen Kindern und Erwachsenen in Osteuropa riesengrosse Freude bereitet und grosse Dankbarkeit ausgelöst.

Die Aktion Weihnachtspäckli ist ein Gemeinschaftsprojekt folgender Organisationen: Aktion für verfolgte Christen und Notleidende (AVC), Hilfe für Mensch und Kirche (HMK), Licht im Osten (LIO) und Christliche Ostmission (COM). Unter www.weihnachtspäckli.ch finden Sie weitere Informationen.


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jahresbericht

ns e d r we

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NACHHALTIG HELFEN MIT PROJEKTPATENSCHAFTEN


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Projektpatenschaften ermöglichen langfristige und nachhaltige Hilfe. Für die Begünstigten – Familien, Kinder, ältere Leute oder ganze Dörfer – sind sie Ermutigung und bedeuten sie Hoffnung auf eine bessere Zukunft.

PATENSCHAFT «WIR KINDER VON MOLDAWIEN» Täglich eine warme Mahlzeit, Betreuung und Förderung für Sozialwaisen in Moldawien

PATENSCHAFT FRAUEN- UND KINDERHANDEL Schutz und Förderung von gefährdeten Kindern und Erwachsenen | Schulbesuch, Ausbildung und berufliche Integration | Prävention und Aufklärungskampagnen

PATENSCHAFT LEBENSMITTEL Grundnahrungsmittel und Winterhilfe für bedürftige Familien, alleinstehende Rentner, Behinderte, Kranke sowie Suppenküchen in Osteuropa

PATENSCHAFT «KINDER MIT ZUKUNFT» Betreuung, Förderung und Schulbildung für benachteiligte und gefährdete Mädchen und Buben

PATENSCHAFT SPITEX «BETHANIEN» IN WEISSRUSSLAND Betreuung von allein gelassenen Behinderten, von einsamen Alten und Kranken, Hilfe bei der Körperpflege und im Haushalt sowie medizinische Grundversorgung

Anmeldung auf www.ostmission.ch oder unter 031 838 12 12 In den Bereichen Mission, Indien, Kambodscha und Albanien werden bestehende Patenschaften weitergeführt, jedoch keine neuen angeboten.


«Unser Gemeinderat dankt der Christlichen Ostmission von ganzem Herzen für die Unterstützung der Kinder von Moldawien. Die Zusammenarbeit mit der Baptistenkirche erachten wir als sehr wertvoll, da wir so den Kindern materiell und geistlich beistehen können.» Valentina Caica, Gemeindepräsidentin von Chiriet-Lunga


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