541 | JUNI 2017
Monatszeitschrift der Christlichen Ostmission
JAHRESAUSGABE 2016/2017
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Jahresausgabe
ostvision wird monatlich herausgegeben von der CHRISTLICHEN OSTMISSION (COM), Worb
Nr. 541: Juni 2017 Jahresabonnement: CHF 15.– Redaktion: Georges Dubi, Beatrice Käufeler, Thomas Martin Adresse: Christliche Ostmission Bodengasse 14 3076 Worb BE Telefon: 031 838 12 12 Fax: 031 839 63 44 E-Mail: mail@ostmission.ch Internet: www.ostmission.ch Postkonto: 30-6880-4 Bankkonto: Spar + Leihkasse Münsingen, 16 0.264.720.06 Kontrolle der Bücher: Unico Treuhand AG, Burgdorf Spenden sind in allen Kantonen steuer abzugsberechtigt. Nähere Auskünfte erteilt unser Sekretariat. Gehen für ein Projekt mehr Spenden als benötigt ein, werden diese für ähnliche Zwecke eingesetzt. Bildquellen: COM, Adobe Stock (S. 10 und 12) Wenn nicht anders vermerkt, haben die abgebildeten Personen keinen Zusammenhang mit den erwähnten Beispielen. Gestaltung: Thomas Martin Druck: Stämpfli AG, Bern Papier: Das Magazin ist auf chlorfrei gebleichtem und FSC-zertifiziertem Papier gedruckt.
Inhaltsverzeichnis
Geschäftsleitung: Georges Dubi, Missionsleiter Gallus Tannheimer
Wort des Präsidenten
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Profil der Christlichen Ostmission
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Wir helfen direkt. Nothilfe
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Wir schützen. Frauen- und Kinderhandel
10 – 13
Wir bauen auf. Bildung und Gewerbeförderung
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Mission
18–19
Wir Kinder von Moldawien
20 – 21
Aktion Weihnachtspäckli
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Ehrenamtliche Mitarbeit
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Stiftungsrat: Mario Brühlmann, Orpund, Präsident Pfr. Thomas Hurni, Madiswil, Vizepräsident Lilo Hadorn, Selzach Pfr. Matthias Schüürmann, Reitnau Thomas Haller, Langenthal Beauftragter des Stiftungsrates: Günther Baumann Die Christliche Ostmission hat den Ehrenkodex unterzeichnet. Das Gütesiegel verpflichtet die Unterzeichner zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Ihrer Spende.
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wort des präsidenten Die Probleme sind noch nicht gelöst, aber es gibt Grund zur Hoffnung Liebe Leserin, lieber Leser
Probleme sind das tägliche Brot der Christlichen Ostmission. Doch glücklicherweise beschäftigen uns weniger die eigenen Probleme, als vielmehr jene von tausenden von Menschen in Not, von Rumänien über Zentralasien und Vietnam bis nach Indonesien. Viele leiden täglich an Hunger, Kälte, Krankheit, Armut oder unter Verfolgung und Gewalt. Im Lukasevangelium lesen wir, wie der auferstandene Jesus mit seinen Jüngern zu Tisch sass und mit ihnen das Brot teilte. Bis zu diesem Moment war ihnen nicht bewusst gewesen, wer mit ihnen am Tische war. Erst beim Brechen des Brotes wurden ihnen die Augen geöffnet, und sie erkannten ihn. Kurz danach verschwand er. Was blieb von ihm zurück? Hoffnung. Hoffnungslosigkeit ist wahrscheinlich die schmerzlichste Schmach. Leiden ohne Ende, keine Aussicht auf positive Veränderung. Das Gefühl, unerwünscht, verachtet oder vergessen zu sein. Genau das erleben Millionen Menschen täglich. Und was tun wir dagegen? Seit über vierzig Jahren versuchen wir, von Jesus zu lernen und diesen Menschen in dreifacher Weise zu begegnen:
• Wir gehen zu ihnen und bringen ihnen Kleider, Nahrung und Medikamente. Über 200 ehrenamtliche Mitarbeitende helfen mit, in unseren Sammelstellen Kleider für den Transport bereitzustellen. Spender helfen uns, viele Tonnen Kartoffeln und lebensnotwendige Medikamente zu kaufen und zu verteilen.
• Wir suchen die Menschen auf und bieten ihnen Schutz vor Gewalt und Ausbeutung. Unsere lokalen Mitarbeiter identifizieren Opfer, betreiben Schutzhäuser und helfen den Opfern, das ertragene Leid zu verarbeiten.
• Wir gehen zu den Armen und helfen ihnen, eigene Familienbetriebe aufzubauen, die ihnen selbst und Mitarbeitenden ein Einkommen ermöglichen. Dabei unterstützen uns treue lokale Mentoren. In allen Arbeitszweigen bringen wir die Liebe Christi ganz praktisch zu Menschen in Not. Diese Sprache verstehen alle, unabhängig von Religion und Politik. Sie öffnet Ohren und Herzen für tiefe Gespräche. Und daraus wächst Hoffnung. Echte Hoffnung, die bis in die Ewigkeit wirkt. Fehlt die Hoffnung, sind Probleme erdrückend und unerträglich. Hoffnung hingegen gibt Kraft zum Durchhalten und Verändern. Im Namen aller Mitarbeitenden und Partner der Christlichen Ostmission danke ich Ihnen von ganzem Herzen für Ihre treue Unterstützung mit Gaben und im Gebet. Gemeinsam können wir ein grosser Segen für viele Benachteiligte sein. In Christus verbunden,
Mario Brühlmann Präsident
Und es geschah, als er mit ihnen zu Tisch sass, nahm er das Brot, segnete es, brach es und gab es ihnen. Da wurden ihre Augen geöffnet, und sie erkannten ihn. Und er verschwand vor ihnen. Luk. 24, 30– 31
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Jahresausgabe
PROFIL DER CHRISTLICHEN OSTMISSIONI Seit über 40 Jahren setzt sich die Christliche Ostmission in Osteuropa, Zentral- und Südostasien für arme, verfolgte, benachteiligte und missbrauchte Menschen ein. Sie arbeitet ganzheitlich und verfolgt, wo immer möglich, das Ziel, dass Menschen ihrer Armut entrinnen und ein selbstständiges, würdiges Leben beginnen.
WIR HELFEN DIREKT
WIR SCHÜTZEN
WIR BAUEN AUF
IN NOTSITUATIONEN, KATASTROPHEN UND KRIEGEN
VOR FRAUENUND KINDERHANDEL
DURCH BILDUNG, GEWERBE- UND LANDWIRTSCHAFTSFÖRDERUNG
In einigen Ländern der ehe maligen Sowjetunion leben viele Menschen unter der Armutsgrenze, oft in bitters ter Armut. Die Christliche Ostmission kümmert sich um solche Menschen. Sie unter stützt sie mit Lebensmitteln, Kleidern und Medikamenten. Das hilft, Krisen oder Eng pässe zu überstehen. Durch die Hilfe schöpfen viele neuen Mut und das macht sie fähig, wieder selbst für sich zu sorgen. Bei Naturkatastro phen und Kriegen leistet die Mission Sofort- und sobald wie möglich Aufbauhilfe.
Jedes Jahr werden weltweit über zweieinhalb Millionen Menschen Opfer des Men schenhandels. Die Christliche Ostmission kämpft auf ver schiedenen Ebenen gegen die ses Verbrechen: Sie engagiert sich in der Prävention und hilft, Kinder und Frauen aus den Fängen von Menschen händlern zu befreien. Sie hilft Opfern, Zuflucht an sicheren Orten zu finden, wo sie be treut und unterstützt werden, bis sie wieder in der Gesell schaft Fuss fassen können. Für gefährdete Kinder sucht die Mission lokale Pflegefamilien.
Menschen ohne Arbeit leben in Armut. Gewerbe- und Land wirtschaftsförderung schafft Arbeitsplätze und hilft vielen, der Armut und Hoffnungs losigkeit zu entkommen. Aus diesem Grund engagiert sich die COM schon seit 25 Jahren in diesem Bereich. Sie bildet Menschen aus und berät sie beim Aufbau von Unternehmen. Erfolgreiche Unternehmer sorgen für sich und ihre Familien – und tragen zur Bekämpfung von Armut und Ungerechtigkeit in ihren Ländern bei.
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DIE WELT VERÄNDERT SICH. UNSERE HILFE BLEIBT UND SCHAFFT MENSCHENWÜRDE.
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Jahresausgabe
«DANK LEBENSMITTELPAKETEN GEHEN WIR NICHT UNTER.»
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WIR HELFEN DIREKT
Eigentlich lief alles gut in unserer Ehe und mit unseren vier Kindern. Nur wurde das Le ben in Moldawien immer schwieriger und so beschlossen mein Mann und ich, nach Mos kau zu gehen und dort Arbeit zu suchen. Bald wurden wir fündig: Zusammen legten wir Fliesen. Es war harte Arbeit, aber wir konn ten unsere Familie gut ernähren. Aber dann änderte sich alles. Wir erhielten eine Nachricht von der Polizei: Unser Sohn war auf dem Fussgängerstreifen überfahren worden. Die Verletzungen waren gravierend. Ilias Beinknochen waren zertrümmert wor den und die Ärzte meinten, er werde mindes tens fünf Operationen brauchen. Das stellte uns vor eine grosse Herausforderung, denn wir hatten nur Geld für eine Operation. Mein Mann tat das, was viele russische Männer in solchen Situationen tun: Er machte sich aus dem Staub und ward nicht mehr gesehen. Zu allem Unglück stand ich nun auch noch ohne Mann da! Weil ich moldawische Staats bürgerin bin, hatte mein Sohn kein Anrecht auf kostenlose Behandlung in Russland. Aber Gott hat geholfen, ich habe in dieser schwe ren Zeit so viel Menschlichkeit erlebt. Mein Arbeitgeber und die Arbeitskollegen legten Geld zusammen und einige Ärzte sagten zu, kostenlos zu operieren. So konnte unser Sohn die notwendigen Operationen machen las sen. Die Gegensätze waren extrem: auf der einen Seite so viel Leid und Schmerz, auf der anderen Seite so viel Ermutigung und Hilfe! Es waren sehr schwierige Zeiten. Doch die Operationen verliefen gut, Ilia wurde gesund und konnte wieder zur Schule gehen. Nach der letzten Operation waren unsere Reisepässe abgelaufen und wir mussten nach
Moldawien fahren, um neue zu beantragen. Danach wollten wir so schnell wie möglich nach Moskau zurück. Doch dann kam wie der alles ganz anders: Auf der Rückreise nach Moskau wurde uns im Zug die Tasche mit den Pässen und anderen Dokumenten gestohlen. Ohne Papiere konnten wir nicht nach Russ land einreisen. Mit einem Schlag hatten wir alles verloren: unsere Dokumente, unser Da heim und unsere Existenz! Nun wohnen wir seit zwei Jahren wieder hier in Moldawien. Ein Mann hat mir eine alte Bruchbude vermietet. Hier ist es für mich praktisch unmöglich, Arbeit zu finden. Ich halte uns mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Aber das verdiente Geld reicht nirgendwo hin. Es gelingt mir knapp, die Miete zu be zahlen, aber viel mehr schaffe ich nicht. Der Strom ist uns längst abgestellt worden, denn wie sollte ich dafür auch bezahlen? Im Win ter machen die Kinder ihre Hausaufgaben bei Kerzenlicht. Es geht uns schlecht, doch ich klage nicht. Gott schaut zu uns, wir sind alle gesund. Und dann sind da ja noch die Lebensmittelpakete, die wir jeden Monat bekommen. Ohne sie würde es nicht gehen. Was sind sie doch für eine Hilfe und Ermutigung! Dank ihnen hal ten wir den Kopf über Wasser und versinken nicht im Ozean unserer Probleme. Ich bin den Spendern grenzenlos dankbar und den Menschen, die uns mit Lebensmittel paketen helfen. Dank dieser Hilfe haben mei ne Kinder immer etwas auf dem Teller und werden satt. Stela Nastas Moldawien
Nothilfe
in Notsituationen und Katastrophen
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Jahresausgabe
WEIT UND BREIT KEINE HOFFNUNG Das Dorf im Westen Moldawiens ist typisch. Wer konnte, ist gegangen. Zurück bleiben fast nur Alte und Kranke. Es gibt praktisch keine Arbeitsstellen, man versorgt sich selbst, so gut es geht. Hoffnung auf eine Verbesserung ist nicht in Sicht. Die ehemalige Schuldirektorin und jetzige Bürgermeisterin Angela Ababei tut alles, da mit das 4000-Seelen-Dorf erhalten bleibt. Sie kümmert sich um die Bewohner, sorgt dafür, dass kein Abfall herumliegt und dass im Winter niemand verhungert oder erfriert. Doch die verlotterte Infrastruktur verbessern kann sie nicht. Dafür gibt es kein Geld vom Staat. Nur nebenbei erwähnt sie, dass ihr Lohn nicht reicht, um den Lebensunterhalt für sich und ihre beiden Töchter zu decken. Glücklicherweise arbeite der Mann seit sechs Jahren in Frankreich und könne Geld nach Hause schicken.
40 Arbeitsplätze auf 4000 Einwohner Ganze 40 Bewohner des Dorfes haben eine geregelte Arbeit, sie sind bei der Gemeinde im öffentlichen Dienst angestellt. Die anderen ver suchen, sich als Selbstversorger über Wasser zu halten oder sie leben von Geld, das ihnen Verwandte aus dem Ausland überweisen. Doch es gibt auch Menschen im Dorf, die weder die eine noch die andere Möglichkeit haben. Es sind die Kranken und diejenigen, die einfach zu alt sind, um noch für sich selbst zu sorgen. Ohne Hilfe sind sie ver loren. «Wir sind so dankbar für die Lebensmittel und das Heizmate rial, das wir von der Mission bekommen. Seit wir mit der Mission zu sammenarbeiten, kommt es nur noch ganz selten vor, dass jemand erfriert oder verhungert», sagt Angela Ababei.
Bürgermeisterin Angela Ababei
Die Christliche Ostmission verteilt in Zusammenarbeit mit christlichen Partnern und lokalen Sozialämtern pro Jahr rund
WIR HELFEN DIREKT in Notsituationen und Katastrophen
85 HEIZMATERIAL TONNEN
250 KLEIDER
Russland
TONNEN
700 LEBENSMITTEL
Pro
de r jek tlän
Weissrussland Ukraine
TONNEN
40 000 PÄCKLI
Rumänien
Moldawien
WEIHNACHTS-
Tadschikistan
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Hoffnungslos? Die Situation in diesen Ländern wäre eigentlich hoffnungslos, gäbe es da nicht noch eine andere Seite: Viele Verantwortliche von politi schen Gemeinden und Sozialämtern setzen sich nach Kräften für be nachteiligte Mitbürger ein, obschon es dazu mangels Geld praktisch keinen Spielraum gibt.
Missionsleiter Georges Dubi im Gespräch mit der Bürgermeisterin
Die Situation im völlig verarmten Molda wien ist dramatisch, die Not unbeschreib lich. Nicht in allen Projektländern der Christ lichen Ostmission ist die Armut derart gross. Doch in vielen Ländern der GUS wird das
Hoffnungsvoll! Dann gibt es viele christliche Kirchen, deren Mitglieder sich ehrenamt lich für Benachteiligte einsetzen, sie besuchen, unterstützen und ih nen beistehen. Lokale Kirchen und christliche Organisationen sind die Schlüsselpartner der humanitären Hilfe der Christlichen Ostmission. Lebensmittel, Heizmaterial und Kleider sind für viele Bedürftige le bensnotwendig. Die Zusammenarbeit mit Christen gewährleistet, dass diese Menschen nicht nur materiell versorgt, sondern auch geistlich begleitet werden. Denn notwendig in der ehemaligen Sowjetunion ist nicht nur, dass die Menschen genug zu essen haben. Sie müssen auch die Quelle des Lebens kennen. Diese Lebensquelle ist nicht nur Hoffnung für die Betroffenen, sie ist die Hoffnung für die Welt.
DINA SHEVCENKO
«Ich bedanke mich bei den Menschen in der Schweiz, weil sie uns Kohle und Kartoffeln für den Winter geschenkt haben. Selber könnten wir uns das nie leisten, denn unser Einkommen ist miserabel. Sie haben uns das alles geschenkt, obwohl mein Mann im Gefängnis ist! Sie retten unsere Kinder, die wegen seiner Fehler leiden müssen. Das ist eine riesige Hilfe für uns. Dank Ihren guten Herzen wird es im Winter in unserem Haus warm und wir werden etwas zum Essen haben!»
NINA ASTAFINA
«Es ist mir ganz wichtig zu sagen, dass diese Unterstützung eine grosse Hilfe und Freude für uns ist. Sie bewirkt, dass ich wieder Hoffnung habe, mit meinen Kindern diese schwierigen Zeiten zu überstehen und es schaffe, unser Leben besser zu gestalten. Wir arbeiten sehr gern und Gott hat uns dafür Hände, Füsse und Verstand gegeben.»
Nothilfe
Leben für Rentner, Kranke, kinderreiche Familien und alleinerzie hende Mütter immer schwieriger.
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Jahresausgabe
«WAS FOLGTE, WAR EIN ALBTRAUM.»
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WIR SCHÜTZEN vor Frauen- und Kinderhandel
In dieser verzweifelten Situation lernte ich Natasha kennen. Sie sagte mir, dass ich als Babysitterin in der Türkei monatlich 1000 US-Dollar verdienen könne. In meiner Hoff nungslosigkeit entschied ich mich für die sen Schritt. Die beiden Kinder brachte ich zu meinen Eltern. Am Flughafen stellte mir Natasha fünf Frauen vor, die auch in die Türkei flogen. Drei weitere Frauen lernte ich bei der An kunft in Istanbul kennen. Was folgte, war ein Albtraum. Wir wurden zu einer Bar gefah ren und in ein Zimmer gesperrt. Dann wur den wir gezwungen, Freier sexuell zu bedie nen. Pro Tag kamen etwa zwölf Freier. Das Geld, das sie bezahlten, kassierte der Zuhäl ter. Zu essen bekamen wir nichts, auch keine
Kleider oder Medikamente. Manchmal ga ben Freier etwas Trinkgeld und so hatten wir doch etwas zu essen. Nach einem Monat nahmen meine Eltern Kontakt mit Natasha auf. Sie wollten wissen, wie es mir gehe. Natasha informierte den Zu hälter in der Türkei. Dieser zwang mich, am Telefon falsche Aussagen zu machen. Sonst werde er meine Kinder und Eltern töten, drohte er. Ich war verzweifelt und fing an zu trinken. Zwei Monate später brachte mich der Zuhälter mit vier anderen Frauen in eine Wohnung, wo sich einige seiner Freunde aufhielten. Diese waren bald so betrunken, dass sie ein schliefen. Ich und eine andere Frau nutzten die Gelegenheit, um zu flüchten. Wohin, hat ten wir aber keine Ahnung. Bei einer Tank stelle beschloss ich, einem Freier zu telefo nieren und ihm unsere Not anzuvertrauen. Dieser wurde kurz darauf vom Zuhälter kon taktiert. Doch er verriet uns nicht, sondern kaufte uns eine Busfahrkarte, damit wir in die Berge fliehen konnten. Mit dem wenigen Trinkgeld, das wir hatten, kamen wir über die Runden. Sieben Tage später half uns der Mann, nach Istanbul zu kommen und be zahlte ein Hotelzimmer für uns. Ich fand bald darauf Arbeit auf dem Markt, so dass ich Geld für meine Heimreise verdienen konnte. Heute lebe ich mit meinen Kindern im Haus meiner Eltern.»
Frauen- und Kinderhandel
«Ich bin mit zwei Geschwistern in Slobozia, einem Dorf in Moldawien, aufgewachsen. Unsere Eltern arbeiteten fleissig und versorg ten uns gut. Mit zwanzig heiratete ich. Mein Mann entpuppte sich als Trinker. Er schlug mich und unser Neugeborenes oft. Ich arbei tete hart, doch er riss das ganze Geld, das ich nach Hause brachte, an sich. Als ich mit dem zweiten Kind schwanger war, versuchte ich, mehr zu verdienen. Mit einem Bankkredit er öffnete ich ein kleines Kaffee. Doch die Ein nahmen waren zu gering und bald war ich bankrott. So stand ich da mit leeren Taschen und Schulden bei der Bank! Wie sollte ich meine Kinder ernähren?
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Jahresausgabe
SKLAVEREI IM 21. JAHRHUNDERT
Menschenhandel ist eine moderne Form der Sklaverei. Mit Täuschung, Drohung, Nötigung oder subtiler Manipulation werden Menschen in ein Abhängigkeitsverhältnis gebracht und ausgebeutet. Meist steht die sexuelle Ausbeutung im Vordergrund. Manche Opfer werden bei der Arbeit ausgebeutet oder ihnen werden Körperorgane entnommen. Der Handel ist für die Täter äusserst lukrativ, weil die Nachfrage nach sexuellen Angeboten, billigen Arbeitskräften oder menschli chen Organen hoch ist. Menschen, die in diesem Netz gefangen sind, erleiden unsägliche Qualen. Manche überleben es nicht. Laut der polizeilichen Kriminalstatistik Schweiz wurden in den Jah ren 2009 bis 2014 jeweils zwischen 45 und 78 Straftaten von Men schenhandel erfasst. 2014 wurden 15 Personen wegen Menschen
Fakten Menschenhandel Weltweit
2,5 Millionen Opfer jährlich (davon 80% Frauen und Kinder)
In der EU
500 000 Opfer jährlich (hohe Dunkelziffer)
In der Schweiz
1500 – 3000 Opfer jährlich (hohe Dunkelziffer)
handel verurteilt. Die meisten Täter kommen ungeschoren davon, denn für die Opfer und auch für deren Angehörige ist es gefährlich, in einem Verfahren auszusagen.
Opfer sind vorwiegend Frauen und Kinder. Auch sind manche Opfer traumatisiert und darum kaum fähig, vor Gericht stichhaltige Aussagen zu machen. Das erschwert die ohne hin schon schwierige Beweislage.
Die Zahlen basieren auf Erhebungen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), des Regionalen Informationszentrums der Vereinten Nationen für Westeuropa (UNRIC), der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und des Bundesamtes für Polizei (fedpol). Der Sonderausschuss für organisierte Kriminalität, Korruption und Geldwäsche (CRIM) des EU-Parlaments schätzt, dass im Jahr 2013 in der EU 880 000 Menschen unter sklavenähnlichen Bedingungen ausgebeutet wurden, davon 270 000 Opfer sexuell.
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FRAUEN- UND KINDERHANDEL
LÄNDER UND PROJEKTE Schweiz
WIR CHEN BRAU
• Öffentlichkeitsarbeit • Schulung von ehrenamtlichen Mitarbeitenden, die ihr Umfeld aufklären und sensibilisieren • Nationales Gebetsnetz gegen Menschenhandel 2
SIE!
Moldawien
• Pflege-, Ferien- und Adoptionsplätze in moldawischen Familien für gefährdete Heimkinder • Förderung und Begleitung von gefährdeten Kindern aus sozial schwachen Familien • Schutzwohnung für Opfer, psychologisch-medizinische Hilfe, Weiterbildungskurse, Reintegrationshilfe • Identifikation von Opfern, die isoliert in Dörfern leben • Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit 3
Indien
• Tageszentrum und Nachtkrippe für Kinder, die im Rotlichtviertel wohnen • Integrationshilfe für Jugendliche aus dem Rotlichtviertel • Hilfe zum Ausstieg aus der Prostitution für gehandelte Frauen, Weiterbildungskurse • Auffangen von Kindern an Bahnhöfen, bevor sie in eine Ausbeutungssituation geraten • Tageszentren in Dörfern, wo Kinder ausgebeutet werden • Aufbau von Selbsthilfegruppen und Familienbetrieben, Förderung der Dorfentwicklung 4
Nichtwissen, Wegsehen und Schweigen ermöglicht und fördert den Menschenhandel. Damit eine breite Öffentlichkeit über dieses Verbrechen Bescheid weiss, braucht es Menschen, die sich engagieren. Bereits setzen sich gegen dreissig Ehrenamtliche ein und sensibilisieren ihr persönliches Umfeld für die Problematik.
Nepal
• Schutzhaus für Mütter und ihre Kinder, ganzheitliche Betreuung • Auffangen von Mädchen und Frauen an indisch-nepalesischen Grenzübergängen, bevor sie an Bordelle verkauft werden, Betreuung, Repatriierung • Aufklärung unter Risikogruppen durch speziell dafür geschulte junge Frauen 5
Die Christliche Ostmission sucht weitere Menschen, die bereit sind, aktiv zu werden.
Kambodscha
• Betreuung, Ausbildung und Wiedereingliederung ehemaliger Opfer • Schulische Förderung traumatisierter und verletzlicher Kinder • Ausbildungskurse für Seelsorger und Therapeuten anderer Hilfsorganisationen 6
MENSCHENHANDEL LEBT VOM SCHWEIGEN. WIR SCHWEIGEN NICHT!
Rufen Sie uns an, wir freuen uns auf Sie. Telefon 031 838 12 12 oder E-Mail an mail@ostmission.ch
Afghanistan
• Schutzhaus für ausgebeutete Frauen und Kinder, therapeutische Begleitung, Ausbildungsmöglichkeiten, Reintegrationshilfe
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«Als Christen dürfen wir nicht tatenlos zusehen, es ist unsere Pflicht zu handeln.» R. A., ehrenamtliche Mitarbeiterin im Bereich Frauen- und Kinderhandel
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Frauen- und Kinderhandel
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Jahresausgabe
«ICH LIEBE ES, DEN FRAUEN IN UNSEREM DORF ZU HELFEN, IHR LEBEN ZU VERBESSERN.»
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WIR BAUEN AUF durch Bildung und Gewerbeförderung
Mit zwölf hielt ich es nicht mehr aus und lief weg. Das war zur Zeit der politischen Unru hen und Veränderungen in Nepal. Aber wo hin als junges Mädchen? Damals gab es nur eine Möglichkeit: Ich schloss mich der kom munistischen Armee an. Zum Kämpfen war ich natürlich noch zu jung und so wurde ich Teil ihrer Propagandaabteilung, musste sin gen und tanzen. In der Armee lernte ich meinen jetzigen Mann kennen. Wir verliebten uns und hei rateten, ich war damals sechzehn. Nach der Hochzeit verliessen wir die Armee und zo gen zu seinen Eltern. Das Haus und die Le bensumstände waren erbärmlich. Wir pach teten Land, arbeiteten Tag und Nacht und trotzdem reichte es nur gerade zum Über leben. Trotz aller Anstrengungen verdien ten wir nicht einmal genug, um unsere Toch ter zu ernähren, die in der Zwischenzeit zur Welt gekommen war. Eines war klar: Ohne eigenes Land hatten wir keine Chance auf ein menschenwürdiges Leben. Dann kamen Leute von der Mission auf mich zu und sagten, sie könnten mir helfen, ge nug Geld zu verdienen. Wie das möglich sein sollte, konnte ich mir nicht vorstellen. Trotz dem ging ich zum Ausbildungskurs, zu dem sie mich eingeladen hatten. Meine zwei Mo nate alte Tochter nahm ich mit. Sie schrie un unterbrochen, denn ich hatte zu wenig Milch und kein Geld, um Babynahrung zu kaufen. Hilflos Das war ein Schlüsselerlebnis für mich. Mein Kind hatte Hunger und ich konnte ihm nichts
geben. Das ist hart für jede Mutter. Ich begriff, wie wichtig dieser Kurs für mich werden könnte. Ohne Ausbildung hatte ich keine Chance, dem Elend zu entkommen. Andererseits konnte ich mit mei nem schreienden Baby nicht an der Ausbildung teilnehmen. Da kam eine Kursteilnehmerin auf mich zu und gab mir Geld, damit ich mei nem Kind etwas zu essen kaufen konnte. Nach dem Kurs kam die Ausbildnerin auf mich zu und fragte, ob ich das Gelernte anderen Frauen weitergeben möchte. Ich sollte Multi plikatorin werden? Das war eine wunderbare Chance für mich und ermutigte mich sehr. Ich begann damit, andere Frauen in meinem Dorf anzuleiten und ihnen zu zeigen, wie sie eine eigene Existenz aufbauen können. Endlich Geld verdienen Endlich war ich in der Lage, selbst Geld zu verdienen. Und ich konnte erst noch anderen helfen, das Gleiche zu tun. In unserem Dorf hat sich dadurch einiges zum Guten verändert. Wie viele andere arbeitet auch mein Mann im Ausland. Aber durch die Veränderungen im Dorf, die von uns Frauen ausgegangen sind, realisieren immer mehr Männer, dass ihre Zukunft nicht im Ausland liegt, sondern hier in Nepal. Für uns Frauen und unsere Kinder ist das natürlich wunderbar. Wir sehen unsere Männer einmal pro Jahr, wenn sie einen guten Arbeitgeber haben. Viele kommen sogar nur alle drei Jahre einmal nach Hause. Mehr Ferien werden ihnen nicht zugestanden. Zudem verdienen viele der Männer im Ausland so we nig, dass sie nichts heimschicken können. Seit meiner ersten Ausbildung sind Jahre vergangen und vieles hat sich verändert. Ich kann meine Tochter sogar in eine Privatschule schicken. Leider sind die staatlichen Schulen sehr schlecht und ich möchte ihr eine gute Ausbildung ermöglichen. Mit meinem Verdienst und dem, was mein Mann ab und zu aus dem Ausland schicken kann, konnte ich sogar ein bescheidenes Haus bauen. Dort kann ich die Frauen empfangen, die ich ausbilde und auf ihrem Weg begleite. Ich liebe es, den Frauen in unserem Dorf zu helfen, ihr Leben zu ver bessern. Und ich bin der Christlichen Ostmission von Herzen dank bar, dass ich die Ausbildung und auch Weiterbildungen machen konnte. Nun ist mein grösster Wunsch, dass mein Mann nicht mehr ins Ausland reist und selbst einen Familienbetrieb aufbaut. Meine Erfahrungen haben ihm dazu Mut gemacht. Redika N., Nepal
Gewerbeförderung
Meine Eltern liessen sich scheiden, als ich drei Jahre alt war. Ich kam danach zur Fami lie meiner Mutter und wuchs dort auf. Das war sehr schwierig, denn ich war für sie nur eine Haussklavin.
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Jahresausgabe
1000 WEITERE FAMILIENBETRIEBE Die Christliche Ostmission will in den nächsten Jahren 1000 weitere Familien- und Kleinbetriebe aufbauen helfen. Diese haben viele positive Wirkungen: Sie sind ein Weg aus der Armutsfalle und eine Alternative zur Migration. Familien bleiben zusammen, anstatt jahrelang getrennt zu sein. In Projektländern der Christlichen Ostmis sion sehen viele Menschen die Migration als einzige Möglichkeit, ein Einkommen zu er zielen. Manche nehmen sogar Kredite auf, um die Reise ins Ausland überhaupt finanzieren zu können. Migration als einzige Möglichkeit? Viele Arbeitssuchende aus asiatischen Län dern ziehen in die Arabischen Emirate. Dort
bekommen sie allerdings nur minderwertige Jobs und werden ausgebeutet. Nur alle drei Jahre können sie für zwei Wochen die Fami lie in der Heimat besuchen. Die Anzahl de rer, die überhaupt keinen Lohn erhalten oder nichts sparen können, ist gross. Frauen wer den häufig auch sexuell ausgebeutet. Die Mi gration schadet auch den Herkunftsländern, weil fähige und willige Arbeitskräfte das Land verlassen und zur Entwicklung der eigenen Wirtschaft und Gesellschaft fehlen. Eine sehr gute Alternative Die Christliche Ostmission fördert seit über zwanzig Jahren den Aufbau von Familienund Kleingewerbebetrieben. Dabei stellt sie die christliche Geschäftsethik ins Zentrum der Ausbildung. Für christliche Gemeinden vor Ort hat dies eine grosse Bedeutung. Chris ten werden in vielen unserer Projektländer
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GEWERBEFÖRDERUNG DER CHRISTLICHEN OSTMISSION Seit 25 Jahren ist die Förderung von Familien- und Kleingewerbebetrieben ein Schwerpunkt der Christlichen Ostmission. Sie fördert Menschen, die ein kleines Unternehmen gründen wollen, und bildet sie aus, dies auf der Grundlage der christlichen Ethik und der biblischen Gebote. Das ist ein wichtiger Beitrag zur Armutsbekämpfung und zur Stärkung der Gesellschaft. Die COM fördert Gewerbe- und Familienbetriebe in Rumänien, Moldawien, Zentralasien, Vietnam und Nepal.
«Wenn wir unser Denken verändern, verändern wir auch unser Leben. Die Christliche Ostmission hilft uns dabei.»
benachteiligt oder sogar verfolgt. Funktio nierende Familien- und Gewerbebetriebe er möglichen es christlichen Unternehmern, nicht nur den eigenen Lebensunterhalt zu bestrei ten, sondern auch kirchliche Aktivitäten zu finanzieren. Zudem vermitteln sie ein ande res, positives Bild der Christen. Betriebe, die nach christlichen Prinzipien geführt werden, beeindrucken Kunden und das weitere Um feld und sie machen viele fragend. Ihr Bei spiel soll andere Interessierte ermutigen und anspornen, es ihnen gleichzutun.
Wissen und Erfahrung weitergeben Während 25 Jahren hat die Christliche Ost mission in verantwortungsbewusste Chris ten investiert und ihnen geholfen, einen ei genen Betrieb aufzubauen. Diese Investition hat sich sehr gelohnt. Viele von ihnen stellen jetzt ihr Wissen und ihre Erfahrung Jung unternehmern zur Verfügung. Mit einem speziellen Programm bildet die COM sie aus, damit sie auch ihre Aufgabe als Mentoren professionell und wirkungsvoll erfüllen kön nen. Die Hilfe zur Selbsthilfe wirkt.
Christliche Geschäftsethik steht im Zentrum der COM-Gewerbeförderung.
Gewerbeförderung
Nguyen Phi, Vietnam
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Jahresausgabe
«DIE PRÜGEL HABEN MEINE BERUFUNG NUR BESTÄTIGT» Die zentralasiatischen Republiken erleben seit dem Zerfall der Sowjet union dramatische Umbrüche und eine regelrechte Identitätskrise. Weil vieles unsicher ist, wird der Islam als gemeinsame Bezugsgrösse wieder wichtig. Problematisch ist, dass der extreme Islam an Einfluss gewinnt. Aus Furcht davor schränken die Regierungen religiöse Freiheiten ein, worunter auch die Christen leiden. Nun ist mein erstes Studienjahr in Chisinau vorbei. Für mich als Usbeke ist es ein grosses Privileg, hier studieren zu dürfen. Ich lerne, die Bibel richtig zu lesen und zu verstehen. Mit Hilfe der Dozenten entdecke ich in der Bibel jeden Tag neue, tiefe Wahrheiten. Vor vielen Jahren ging meine Mutter zu ei ner ärztlichen Untersuchung ins Kranken haus, weil sie sich unwohl fühlte. Danach eröffneten ihr die Ärzte eine schreckliche Diagnose: Krebs. Sofort suchten meine Eltern nach Behandlungsmöglichkeiten, aber alles war vergebens. Alle Ärzte waren der Mei nung, dass es zu spät sei und niemand mehr helfen könne. Eine Bekannte gab dann mei ner Mutter die Adresse eines Pastors und meine Eltern suchten diesen sogleich auf.
In manchen zentralasiatischen Ländern sind Bibeln nicht erlaubt.
Mutter wird geheilt Er selbst könne nicht helfen, sagte der Pas tor, aber er könne für meine Mutter beten. Das tat er dann auch. Nach einem Monat musste sie zur nächsten Kontrolle ins Spi tal. Die Ärzte waren nicht nur erstaunt, sie konnten es einfach nicht glauben: Sie fan den keine Spuren mehr von Krebs, alles war
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bestens, meine Mutter war gesund! Das war für uns eine gewaltige Antwort auf der Su che nach Gott. Für die gesamte Familie war klar: Das ist der Gott, zu dem wir uns ab so fort bekennen. Bald darauf reiste Vater nach Moskau, um sich auf einer Bibelschule zum Pastor ausbil den zu lassen. Das hat dem Sicherheitsdienst unseres Landes gar nicht gefallen, seitdem ist meine Familie unter Dauerkontrolle. Sie beschatten uns nicht nur, sie tun alles, um uns vom Glauben wegzubringen. Verhaftet, verprügelt und trotzdem berufen Anfang 2016 machte ich mich mit Geschwis tern auf zum Gottesdienst. Schon beim Betre ten des Gebäudes fiel uns die ungewöhnliche Stille auf. Kurz darauf spürte ich einen kräf tigen Schlag auf meinem Kopf. Dann wurden wir in Handschellen gelegt und ins Gefäng nis abgeführt. Über mehrere Tage wurde ich
verprügelt. Die Peiniger verlangten von mir, Christus zu verleugnen. Und ich sollte ein Do kument unterschreiben, in dem stand, dass ich einer radikalen Sekte angehöre und Atten
Sie tun alles, um uns vom Glauben wegzubringen. tate geplant hätte. Das machte ich natürlich nicht und schlussendlich wurde ich freige lassen. Doch ich musste noch eine Busse von 500 US-Dollar bezahlen, eine grosse Summe für uns. Bereits vor diesem Erlebnis war mir klar, dass ich Gott als Pastor dienen wollte. Die Verhöre im Gefängnis und die Schläge ha ben mir diese Berufung einfach nochmals bestätigt. Fahrrak M.*
CHRISTLICHE OSTMISSION ZENTRAL ASIEN
Mission
Die COM ermöglicht Christen aus Zentralasien ein Studium in Theologie, Sozialarbeit und Management, und dies seit über 20 Jahren. Ein Teil der Studierenden bildet sich in Zentralasien aus, andere in Moldawien. Weil die Kirche in Zentralasien zu klein ist, um ihre Pastoren zu finanzieren, lernen diese auch, zur Sicherung ihres Lebensunterhalts einen eigenen Familienbetrieb aufzubauen. Zudem lernen sie, wie sie als Mentoren Gemeindegliedern helfen können, dies ebenfalls zu tun und so ihre Existenz zu bestreiten.
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1 Kasachstan | 2 Kirgistan | 3 Tadschikistan | 4 Usbekistan | 5 Moldawien
* Name wurde zum Schutz der Betroffenen geändert.
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Jahresausgabe
OHNE HILFE HABEN SIE KEINE CHANCE
Zuhause erleben Viktor und seine Schwester nicht viel Schönes.
Eine Viertelmillion moldawischer Kinder ist sich selbst überlassen. Ihre Eltern sind Alkoholiker, psychisch angeschlagen, überfordert – und unfähig, ihren Kindern ein Daheim zu bieten. Oder sie leben im Ausland, weil sie in der Heimat keine Aussicht auf Arbeit haben. Aus diesen vielen Kindern werden nie Erwachsene, die ihr Leben meistern. «Er betrinkt sich jeden Tag und zwingt mich zu Arbeiten, für die ich gar nicht genug Kraft habe», erzählt Viktor* von seinem Vater. Die Mutter ist dem Jungen und seiner Schwes ter auch keine Hilfe. Jahrelanger Alkohol
missbrauch und wohl auch Misshandlungen durch den Vater haben sie wahnsinnig wer den lassen. Sie ignoriert Viktor, quält seine Schwester und hat sogar versucht, sie umzu bringen. Beide fürchten sich vor ihren Eltern. Eine Oase für Viktor Der Leiter der Kirche in Hijdieni war durch einen anonymen Anruf alarmiert worden und informierte darauf die Polizei und das Sozialamt. Obschon die Kinder in grosser Ge fahr sind und Gewalt erfahren, schreiten die Behörden nicht ein. Für Viktor ist das Tageszentrum der Kirche zur Oase geworden. Hier bekommt er Zu
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wendung, praktische Hilfe und jeden Tag eine warme Mahlzeit. Und er sieht und er fährt, dass es noch ein anderes Leben gibt als dasjenige, das er zuhause erdulden muss. Das hilft ihm, Hoffnung zu schöpfen. Es gibt Hoffnung für Moldawiens Kinder Die Christliche Ostmission ermutigt christli che Gemeinden in Moldawien, Angebote für verwahrloste Kinder aufzubauen. Und sie un terstützt und befähigt sie bei der Umsetzung. Sie vernetzt Gemeinden und löst damit eine Bewegung aus, die das Schicksal vernachläs
sigter Kinder zum Guten wenden und damit das Land verändern kann. Bisher engagieren sich 15 christliche Gemein den in der Bewegung «Wir Kinder von Mol dawien» und es werden laufend mehr. Rund 500 Kinder profitieren bereits von warmen Mahlzeiten, Hilfe bei den Hausaufgaben und einem Ort, wo sie ihre Freizeit verbringen können. Die Verantwortlichen der Gemein den bauen auch Kontakt zu den Eltern auf und setzen alles daran, die Lebensumstände der Kinder in ihrem Zuhause ebenfalls zu verbessern.
«Meine Lehrerin staunt, wie ich nun plötzlich grosse Fortschritte mache.» «Jeden Tag bekomme ich hier etwas Feines zu essen! Und jeden Tag kann ich genug essen. Das gibt es daheim nie. Schwester Tamara hilft mir bei den Schulaufgaben, besonders beim Auswendiglernen von Gedichten. Wenn ich am nächsten Tag in die Schule gehe, lobt mich die Lehrerin. Sie staunt, wie ich nun plötzlich grosse Fortschritte mache und eine gute Schülerin geworden bin.» Anna*, 9 Jahre * Namen geändert
MIT IHRER UNTERSTÜTZUNG SCHÖPFEN MOLDAWIENS KINDER NEUE HOFFNUNG. 50 franken
patenschaft
Damit bekommt ein Kind zwei Wochen lang täglich ein Mittagessen sowie persönliche Betreuung, Aufgabenhilfe und einen sicheren Ort, wo es die Freizeit verbringen kann.
Mit einer Patenschaft geben Sie dem Projekt «Wir Kinder von Moldawien» einen festen Boden und ermöglichen die langfristige Weiterführung. www.ostmission.ch/moldawien
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Jahresausgabe
97 000 WEIHNACHTSPÄCKLI AKTION WEIHNACHTSPÄCKLI Es werden jedes Jahr mehr! Für viele Frauen, Männer und Kinder ist die Aktion Weihnachtspäckli eine g rosse Sache, auf die sie sich das ganze Jahr freuen und vorbreiten. Nur durch ein aussergewöhnliches Engage ment und die Grosszügigkeit von Tausenden war es auch 2016 wieder möglich, so viele Päckli zu sammeln. Die Aktion war ein be
eindruckendes Zeugnis gelebter Solidarität und Verbundenheit mit den Ärmsten Osteu ropas. Die Weihnachtspäckli wurden in Albanien, Bulgarien, Moldawien, Weissrussland, Ru mänien, Serbien und in der Ukraine freudig erwartet. Unzählige lokale Kirchen haben sie mit ihren Gemeindegliedern verteilt und ein drückliche Weihnachtsfeiern veranstaltet.
Die Aktion Weihnachtspäckli ist eine Kooperation der Missions- und Hilfswerke HMK, LIO, AVC und COM.
Grosse Freude und tiefe Dankbarkeit bei den Beschenkten
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WIR CHEN BRAU
SIE!
GEMEINSAM GUTES TUN Mehr als 250 ehrenamtlich Mitarbeitende engagieren sich für die Christliche Ostmission. Sie machen es möglich, dass jedes Jahr über 250 Tonnen Kleider und über 90 000 Weihnachtspäckli nach Osteuropa gebracht werden können. Ehrenamtliche helfen auch mit, dass Frauen- und Kinder handel in der Schweiz zunehmend zu einem Thema wird und sie hel fen uns, Paten für die 250 000 Sozialwaisen in Moldawien zu finden.
Gemeinsam können wir Gutes tun: Sind Sie dabei? Kleidersammelstelle Worb:
Aktion Weihnachtspäckli:
Annahme und Sortieren von Kleidern für Bedürftige in Moldawien, Weissrussland und der Ukraine. Ideal, wenn Sie im Grossraum Bern wohnen.
Mithilfe bei einer der vielen, über die ganze Schweiz verteilten Sammel stellen. Für diese Aufgabe ist eine gute körperliche Verfassung notwendig.
Kleidertransporte Schweiz:
Frauen- und Kinderhandel:
Kleider bei den verschiedenen Aussenstellen abholen und nach Worb fahren. Führerschein B ist Voraussetzung. Ideal, wenn Sie im Grossraum Bern wohnen.
Das Unrecht Menschenhandel in der Schweiz zunehmend zu einem Thema machen, im Bekanntenkreis sensibilisieren, für die Verbesserung der Situation beten.
Eine Kleidersammelstelle betreiben:
Wir Kinder von Moldawien:
Für die COM eine regionale Kleidersammelstelle betreiben oder eine neue anfangen, falls es in Ihrer Region noch keine gibt.
Als Botschafterin oder Botschafter im persönlichen Umfeld über das grosse Leid vieler moldawischer Kinder informieren und mithelfen, Paten für dieses Projekt zu finden.
Wir suchen Menschen, die mithelfen. Sind Sie daran interessiert, in einem dieser Bereiche mitzuarbeiten? Rufen Sie uns an, wir freuen uns auf Sie. Telefon 031 838 12 12 oder E-Mail an mail@ostmission.ch
«Hier leben viele Kinder verwahrlost und in grosser Armut. Für sie setzen wir uns ganz besonders ein. Wir wollen ihnen zeigen, dass es eine andere, eine gute Welt gibt. Im Rahmen des Projekts ‹Wir Kinder von Moldawien› laden wir täglich Kinder zum Mittagessen ein und bieten ihnen ein Nachmittagsprogramm. Wir helfen ihnen bei den Hausaufgaben, erzählen ihnen von Gott und geben ihnen Gelegenheit zum Spielen. Nicht nur für die Kinder ist das ein grosser Segen; das ganze Dorf sieht, dass es etwas anderes als Alkohol und Hoffnungslosigkeit gibt. Den vielen Betern und Spendern aus der Schweiz danken wir von Herzen. Mit ihrer Verbundenheit helfen sie mit, dies alles möglich zu machen.» Dumitru Joacabine, ehrenamtlicher Mitarbeiter, Moldawien