Ostvision - Juli 2018

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554 | JULI 2018

Monatszeitschrift der Christlichen Ostmission

«ICH HABE DIE HOFFNUNG NICHT VERLOREN»

Persönlich Parsashu Ram Gisi | Weissrussland Kampagne gegen Menschenhandel | Moldawien Humanitäre Hilfe gibt Hoffnung und Kraft | Porträt Hanspeter Ledermann


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ostvision ostvisionmai 2018

editorial

ostvision

Hoffnung und Liebe – Liebe und Hoffnung Liebe Missionsfreunde

Nr. 554: Juli 2018 Jahresabonnement: CHF 15.–

Kennen Sie Momente der Hoffnungslosigkeit? Zeiten, in denen Sie an keine positive Veränderung mehr glauben konnten? Haben Sie sich dann mit der Situation abgefunden, sich arrangiert und aufgegeben? Vielleicht sind Sie auch verzweifelt oder wollten der Situation einfach entfliehen.

merksamkeit, Interesse und Zuneigung. Im Projekt «Wir Kinder von Moldawien» engagieren sich Hunderte solcher Menschen ehrenamtlich: In kirchlichen Tageszentren organisieren sie Mittagstische, Aufgabenhilfe und Spiele für verwahrloste Kinder und erzählen diesen biblische Geschichten.

Hoffnungslosigkeit und Perspektivenlosigkeit haben sich im Laufe der Jahrzehnte in Moldawien breit gemacht. Armut und Abwanderung im grossen Stil prägen das Land. Unzählige Frauen und Männer sind schon gegangen, weitere möchten gehen. Viele sehen in ihrem Land keine Zukunft und haben keine Hoffnung.

Was es für sie bedeute, dass ihre Kinder ins Tageszentrum gehen können, fragten wir eine Mutter mit sieben Kindern: «Es gibt mir Hoffnung», antwortete sie. Die Kinder spüren in den Zentren Wertschätzung und Liebe und das weckt in ihnen Kraft zum Gestalten ihres Lebens.

«Wir helfen direkt», «Wir schützen» und «Wir bauen auf» heissen die drei Arbeitszweige der Christlichen Ostmission. In Moldawien übt die Mission alle drei Tätigkeiten aus. Da stellt sich die Frage: Wie kann eine Geisteshaltung der Zuversicht, der Ausdauer und des Muts geweckt werden, eine Geisteshaltung, die wichtig ist für die Gestaltung einer besseren Zukunft?

wird monatlich herausgegeben von der CHRISTLICHEN OSTMISSION (COM), Worb

Was erleben wir doch für erstaunliche Geschichten! Wir sehen Christen, die über die befreiende Gnade eine Geisteshaltung der Hoffnung geschenkt bekommen haben (Römer 5, 3–4). In ihnen wächst eine starke Liebe zu anderen Menschen (Römer 5, 5). Mit dieser Liebe begegnen die Christen nun hoffnungslosen Menschen und wecken in ihnen neue Hoffnung. Es ist die verändernde Kraft der Liebe Gottes, die ihre Wirkung zeigt. Kurz gesagt: Gnade, Hoffnung und Liebe – diese Liebe bewirkt Hoffnung, die am Anfang einer neuen Geisteshaltung steht.

Wir erleben beeindruckende Geschichten von der Wirkung moldawischer Christen, die sich in unseren Projekten engagieren. Es sind Menschen, welche die befreiende Gnade Gottes erlebt haben und aus einer Wir freuen uns sehr, Sie an unserer Arbeit durch Jesus Christus geschenkten Hoff- teilhaben zu lassen, und danken Ihnen für nung heraus von den bedrückenden Um- Ihre Begleitung und Unterstützung. ständen frei geworden sind und nun andere Menschen wahrnehmen und auf sie zugehen. Sie erzählen uns, wie mit der Hoffnung im Herzen die Liebe zu Menschen gewachsen ist. In unseren Projekten Günther Baumann begegnen sie Hilfsempfängern mit Auf- Beauftragter des Stiftungsrates

Redaktion: Georges Dubi, Beatrice Käufeler, Thomas Martin Adresse: Christliche Ostmission Bodengasse 14 3076 Worb BE Telefon: 031 838 12 12 Fax: 031 839 63 44 E-Mail: mail@ostmission.ch Internet: www.ostmission.ch Postkonto: 30-6880-4 Bankkonto: Spar + Leihkasse Münsingen, 16 0.264.720.06 Kontrolle der Bücher: Unico Treuhand AG, Burgdorf Spenden sind in allen Kantonen steuer­ abzugsberechtigt. Nähere Auskünfte er­teilt unser Sekretariat. Gehen für ein Projekt mehr Spenden als benötigt ein, werden diese für ähnliche Zwecke ein­gesetzt. Bildquelle: COM Wenn nicht anders vermerkt, haben die abgebildeten Personen keinen Zusammenhang mit den erwähnten Beispielen. Gestaltung: Thomas Martin Druck: Stämpfli AG, Bern Papier: Das Magazin ist auf chlorfrei gebleichtem und FSC-zertifiziertem Papier gedruckt. Geschäftsleitung: Georges Dubi, Missionsleiter Gallus Tannheimer Stiftungsrat: Mario Brühlmann, Orpund, Präsident Pfr. Thomas Hurni, Madiswil, Vizepräsident Lilo Hadorn, Selzach Pfr. Matthias Schüürmann, Reitnau Thomas Haller, Langenthal Beauftragter des Stiftungsrates: Günther Baumann

Das unabhängige Gütesiegel der Stiftung Ehrenkodex attestiert eine umfassende Qualität der Arbeit sowie einen sorgsamen Umgang mit Spendengeldern.

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persönlich

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Parsashu Ram Gisi Nepal MENSCHEN unterwegs mit uns

Mein Name ist Parsashu Ram Gisi, ich wohne in Kathmandu. Hier in Nepal sind Drogen ein grosses Problem. Anders als man vermuten könnte, stammen viele Drogenabhängige nicht aus den unteren Schichten. Nein, häufig sind es Menschen aus der Mittel- und Oberschicht. Ich war einer von ihnen. Jahrelang war ich von Drogen jeglicher Art abhängig. Weil ich meine Sucht nur mit Drogenhandel finanzieren konnte, war ich immer wieder im Gefängnis. Dann wurde ich Christ. Allerdings war damit mein Drogenproblem nicht gelöst. Wieder wurde ich verhaftet. Dann flüchtete ich aus dem Gefängnis und begab mich direkt in eine christliche Drogenrehabilitation. Nach fünf Tagen verstand ich auf einmal Gottes Gnade. Mehr noch: Ich wurde erfüllt von dieser Gnade. Von einem Moment auf den anderen verspürte ich kein Verlangen mehr nach Drogen. Dabei ist es bis heute geblieben.

Auch sonst hat sich in meinem Leben viel verändert. Zusammen mit meiner Familie habe ich selbst ein christliches Rehabilitationszentrum aufgebaut. Bei uns sollen die Menschen nicht nur von den Drogen wegkommen. Wir ermöglichen ihnen eine Berufsausbildung, damit sie sich nach der Rehabilitation eine eigene Existenz aufbauen können. Um Menschen den Weg in eine berufliche Zukunft aufzuzeigen, braucht es Wissen und das fehlte mir natürlich. Deshalb habe ich die Gewerbeförderungsseminare der christlichen Ostmission besucht. Dort habe ich viel Rüstzeug bekommen, um die Menschen bei uns im Reha-Zentrum auf eine gute Zukunft vorzubereiten. Von der Ausbildung bin ich begeistert, sie hat mir die Augen für ganz neue Möglichkeiten geöffnet. Genau das möchte ich nun anderen weitergeben.


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ostvision WIR SCHÜTZEN vor Frauen- und Kinderhandel

MENSCHENHANDEL IN WEISSRUSSLAND

Selbst im autoritär regierten Weissrussland fallen viele dem Menschenhandel zum Opfer, obwohl der Staat hart gegen Menschenhändler vorgeht. Deshalb beteiligt sich die Christliche Ostmission an einer Präventionskampagne des Weissrussischen Roten Kreuzes. Es gibt verschiedene Formen von Menschenhandel. In Weissrussland ist Arbeitsausbeutung besonders häufig. Zudem werden zahlreiche Kinder für pornografische Zwecke oder von Pädophilen vermarktet und miss-

braucht. Der Kontakt zwischen Opfern und Ausbeutern kommt oft im Internet zustande. Meist operieren die Täter von einem anderen Land aus und können darum kaum belangt werden. Präventionskampagne läuft Seit März läuft die Kampagne in den Städten Minsk, Gomel, Grodno, Brest, Vitebs und Mogilev. An verschiedensten Orten informiert sie über die Gefahren des Menschenhandels: in Schulen, Waisenhäusern, Sozialzentren, Spitälern, Schlafstellen, Ausbildungsstätten der Armee, bei Transport- und Reise­unternehmen,


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FRAUEN- UND KINDERHANDEL H! IST GRAUSAM C U A N EIG W H C S

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«Ich wusste nicht, dass Menschenhändler auch über soziale Medien an ihre Opfer kommen. Dass sogar Schülerinnen ihre Freundinnen rekrutieren und verkaufen können, hätte ich nie gedacht! Ich bin froh, dass ich nun die Gefahren kenne und mich schützen kann. Dies auch, weil ich vorhabe, im Ausland Arbeit zu suchen.» Anton, 27 Jahre

Präventionsanlass an einer Schule

Grenzbehörden und im Innenministerium. 140 Anlässe sind bis Ende Jahr geplant. Rund 40 Mitarbeitende des Weiss­russischen Roten Kreuzes, darunter viele Ehren­amtliche, helfen bei der Kampagne mit. Bereits sind nach einem Infoanlass ­Opfer identifiziert worden. Die Reaktionen der Zuhörer bestätigen, wie wichtig Information ist. Viele wollen ins Ausland und wissen nur wenig über sichere Migration. Andere sind bereits bei der Nutzung

sozialer Netzwerke in kritische Situationen geraten. Die Kampagne wird demnächst auf vier beliebten lokalen Internetportalen aufgeschaltet. Sie informiert über das Verbrechen und erklärt, wie man sich vor Gefahren schützen kann. Weiter werden hilfreiche Kontakt­ adressen und eine Hotline bekannt gemacht. Die Internetkampagne erreicht um die drei Millionen Menschen.

Bereits sind nach einem Infoanlass Opfer identifiziert worden.


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ostvision

«ICH HABE DIE HOFFNUNG NICHT VERLOREN» MOLDAWIEN Was für Menschen bekommen humanitäre Hilfe von der Mission? Nina in Moldawien ist ein typisches Beispiel. Ihr Leben war nicht einfach, aber irgendwie ging es immer – bis ein Schicksalsschlag alles änderte. Alles wurde anders in Ninas Leben, als ihr Mann sie verliess. Eines Tages hatte er das Gefühl, dass sein Leben auch ohne Familie schwierig genug sei, und machte sich davon. Nun stand Nina alleine da mit ihren Kindern Alisa und Danila – und der Verantwortung für die eigene, geistig kranke Mutter. Diese benötigt mehr Aufmerksamkeit und Betreuung als die Kinder. Nina konnte die Mutter nicht alleine lassen und in ein Heim geben wollte sie sie nicht, also gab sie ihren geliebten Beruf als Schreinerin auf. Hilfe von ihrem Mann erhält sie nicht, er hat sich ganz aus der Verantwortung gestohlen, bezahlt nichts an den Unterhalt der gemeinsamen Kinder. Für Nina ist das Leben schwierig geworden: Sie hat kaum ein Einkommen, muss ihre Kinder alleine grossziehen und sich um die pflegebedürftige Mutter kümmern. Sie liebt ihre Kinder sehr. Wie sie mit ihnen umgeht, zeigt deutlich, dass sie eine liebevolle und fürsorgliche Mutter ist, die nur das Beste für ihre Kinder will. Die Hilfe gibt uns Kraft Die Familie kämpft ums Überleben, wie Nina selbst erzählt: «Wir leben hauptsächlich von der Rente meiner Mutter. Kindergeld gibt es in Moldawien nur während anderthalb Jahren. Im Moment bekomme ich noch Kindergeld für Danila, doch es sind nur 30 Franken


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pro Monat. Meine Mutter kann mir krankheitsbedingt nicht helfen. Ich kann ihr auch die Kinder nicht anvertrauen.

«Die Lebensmittel lassen uns daran glauben, dass wir die schwierige Zeit überstehen.» Um irgendwie über die Runden zu kommen, nehme ich Gelegenheitsarbeiten an: Ich gehe bei anderen Leuten im Haushalt aufräumen und putzen. Weil ich meine Kinder nicht daheim bei Mutter lassen kann, nehme ich sie mit. Eigentlich sollte ich für sie da sein, mit

ihnen spielen und basteln. Kleine Kinder haben doch andere Bedürfnisse, als der Mutter beim Putzen zuzuschauen. Aber ich habe die Hoffnung nicht verloren. Immerhin haben wir ein Dach über dem Kopf, das uns vor Regen und Schnee schützt. Ich danke Gott, dass Er meine Hoffnung stärkt durch die Hilfe, die ich aus der Schweiz bekomme. Die Lebensmittel sind uns eine riesen­ grosse Unterstützung. Doch es geht um mehr: Sie lassen uns daran glauben, dass wir die schwierige Zeit überstehen. Und sie geben uns Kraft, um daran zu arbeiten, einmal ein besseres Leben zu haben. Arbeiten kann ich nämlich schon, dafür hat mir Gott zwei Hände und Verstand gegeben. Ich danke Gott für alle Menschen, die an uns denken und uns helfen. Ich bitte Ihn, dass Er sie segnet und vor allem Bösen bewahrt.»

Nina O. kümmert sich nicht nur um ihre zwei Kinder, sondern auch um ihre pflegebedürftige Mutter.


ostvision porträt

WER IST ...? Zurück zu den Wurzeln Ende 1978 trat ich als junger Familienvater meine Stelle als EDV-Operator in der Christlichen Ostmission (COM) an. Die COM war damals noch an der Scheyenholzstrasse in Rüfenacht ansässig. Meine Arbeit war die Bedienung eines aus heutiger Sicht als Dinosaurier zu klassifizierenden Computers. Ebenso wurde ich für Film- und andere Vorträge eingesetzt. Kurz darauf baute die COM ihr heutiges Gebäude an der Bodengasse in Worb. Im Frühling 1980 zog die Mission dort ein. Wir als Familie wohnten für acht Jahre im selben Haus. Zum Arbeitsplatz musste ich mich nur zwei Stockwerke nach unten bewegen, was Vorteile, aber manchmal auch Nachteile hatte. Eine der Hauptaufgaben der Mission war damals das Schmuggeln von Bibeln hinter den Eisernen Vorhang. Bei einer solchen Mission im Winter 1981 wurden mein Partner und ich bei der Ausreise aus Rumänien fünf Tage an der Grenze festgehalten. Das war eine besondere Erfahrung für uns zwei und eine schwierige Zeit für unsere Familien. Nach gut zehn Jahren ging meine Zeit in der COM dann zu Ende. Vor zirka drei Jahren lud der Missionsleiter Georges Dubi meine Frau und mich zu einem Besuch in Worb ein. Die COM hat sich in den Jahren meiner Abwesenheit sehr verändert und ist erfreulicherweise stark gewachsen! Mit der Pensionierung hat sich für mich die Möglichkeit ergeben, als Kleiderchauffeur wieder für die Mission tätig zu werden, was mich sehr freut. Hanspeter Ledermann

Helfen Sie mit, das Schweigen zu überwinden! Der Aufkleber «Frauen- und Kinderhandel ist grausam. Schweigen auch!» kann unter mail@ostmission.ch oder Telefon 031 838 12 12 bestellt werden.


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