Ostvision August 2015

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519 | AUGUST 2015

Monatszeitschrift der Christlichen Ostmission

DER SCHÖNSTE SOMMER MEINES LEBENS! Persönlich Melanie Keller | Heimkinder Moldawien Ich habe nächtelang geweint | Sommerlager Der schönste Sommer meines Lebens | Porträt Susi Stauffer


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ostvision ostvisionaugust 2015

editorial

ostvision

«Und Jesus nahm ein Kind, stellte es mitten unter sie und herzte es und sprach zu seinen Jüngern: Wer ein solches Kind in meinem Namen aufnimmt, der nimmt mich auf!»

wird monatlich herausgegeben von der CHRISTLICHEN OSTMISSION (COM), Worb

Markus 9,36

Nr. 519: August 2015 Jahresabonnement: CHF 15.– Redaktion: Georges Dubi

Liebe Leserin, lieber Leser Immer noch ist Sommer. Die Zeit der langen Schulferien und der Ferienlager. Eine Zeit, in der Gemeinschaft gelebt wird. Oft eine Chance für Kinder und Jugendliche, Gemeinschaft einmal anders zu erleben als in Familie und Schule. Christliche Lager versuchen, biblische Erfahrungen aufzunehmen. Gott ist der Herr des Lagers. Er schützt und bewahrt und führt die Gemeinschaft wie damals das Volk Israel in der Wüste oder später Jesus und seine Jünger auf der Wanderschaft. So wie für frühere Generationen bei uns in der Schweiz ist so ein Lager für Kinder in Moldawien, Weissrussland, Rumänien, Russland, Zentralasien und in der Ukraine oft die einzige Möglichkeit, Ferien anders als zu Hause zu erleben. Hier wird Gemeinschaft eingeübt und gelebt. Die Älteren helfen den Jüngeren, die Stärkeren den Schwächeren, Buben und Mädchen helfen einander. Jedes Kind hat seine eigenen Gaben, jedes Kind ist ein Gewinn für die Gemeinschaft.

und möchten diese Liebe weitergeben. Sie möchten Kinder, die Jesus noch nicht kennen, zur Quelle aller Liebe führen. Mitarbeiter und Partner der Christlichen Ostmission ermöglichen Lager für Kinder, die benachteiligt sind: Behinderte, Strassenkinder, Waisen und Verwahrloste, Kinder aus Jugendgefängnissen und aus Kriegsgebieten. Für viele Kinder und Jugendliche beginnt mit so einem Lager ein neues Leben. Die christlichen Gemeinden, die unsere Lager durchführen, begleiten und betreuen die Teilnehmenden auch nachher im Alltag. Vielleicht sind Sie, liebe Leserin, lieber Leser, auch einmal als Kind durch ein Lager beschenkt worden. Vielleicht beten Sie für Lager und für Kinder in der Schweiz, die in Frieden und Wohlstand aufwachsen dürfen. Ich bitte Sie in Jesu Namen, bei der Lektüre unserer Zeitschrift Ihr Herz weit aufzutun für die Kinder im Osten, die uns besonders am Herzen liegen. Herzlich

Die Lagerleiter wurden in ihrer Kindheit selber von Älteren wunderbar beschenkt und möchten nun ihrerseits Jüngere be- Jürg Maurer schenken. Sie haben Jesu Liebe erfahren Stiftungsratsmitglied

Adresse: Telefon: Fax: E-Mail: Internet:

Christliche Ostmission Bodengasse 14 3076 Worb BE 031 838 12 12 031 839 63 44 mail@ostmission.ch www.ostmission.ch

Postkonto: Bankkonto:

30-6880-4 Spar + Leihkasse Münsingen, 16 0.264.720.06

Kontrolle der Bücher: Unico Treuhand AG, Burgdorf Spenden sind in allen Kantonen steuer­ abzugsberechtigt. Nähere Auskünfte er­teilt unser Sekretariat. Gehen für ein Projekt mehr Spenden als benötigt ein, werden diese für ähnliche Zwecke ein­gesetzt. Bildquelle: COM Wenn nicht anders vermerkt, haben die abgebildeten Personen keinen Zusammenhang mit den erwähnten Beispielen. Gestaltung: Thomas Martin Druck: Stämpfli AG, Bern Papier: Das Magazin ist auf chlorfrei gebleichtem und FSC-zertifiziertem Papier gedruckt. Geschäftsleitung: Georges Dubi, Missionsleiter Gallus Tannheimer Stephan Schär Stiftungsrat: Mario Brühlmann, Orpund, Präsident Pfr. Thomas Hurni, Leutwil, Vizepräsident Lilo Hadorn, Selzach Pfr. Matthias Schüürmann, Reitnau Christian Bock, Seedorf Thomas Haller, Langenthal Pfr. Jürg Maurer, Hirschthal Beauftragter des Stiftungsrates: Günther Baumann Die Christliche Ostmission hat den Ehrenkodex unter­zeichnet. Das Gütesiegel verpflichtet die Unterzeichner zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Ihrer Spende.

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persönlich

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Melanie Keller MENSCHEN unterwegs mit uns

Gottes Pläne sind oft ausserhalb unserer Vorstellungskraft. Nach meiner Kindheit in einem Aargauer Dorf und einem Berufsabschluss als Grafikerin hätte ich nie gedacht, dass ich wenige Jahre später in Nepal ein Projekt für Familienbetriebe koordinieren würde. Ferne Länder haben mich von klein auf fasziniert und fremde Kulturen durfte ich als eine Bereicherung kennen lernen. Ein Einsatz mit Strassenkindern in Indien und Nepal stellte meine Welt 2011 auf den Kopf. Gott öffnete mein Herz für Nepal, seither hat er es stetig geformt und geschliffen. Es war nicht schwierig, das Land und die Menschen lieben zu lernen. Zurück in der Schweiz arbeitete ich knapp zwei Jahre bei der Christlichen Ostmission in Worb. Ich durfte meine Grafikfähigkeiten für die Anliegen einsetzen, die mir Gott aufs Herz gelegt hatte. Doch Nepal liess mich nicht mehr los. Menschen, die hier leben, behaupten, man könne Nepal nicht nur einmal besuchen. Für mich traf das zu. Während einer weiteren Reise zum «Dach der Welt» verspürte ich Gottes Ruf hierhin. Ohne genaue Kenntnis der Details, aber im Vertrauen auf Gottes Plan verabschiedete ich mich schweren Herzens von der COM und der Schweiz.

Ich weiss, dass ich diese Arbeit nur mit Gottes Hilfe machen kann. Drei Jahre nach meinem ersten Aufenthalt hatte mich Nepal wieder. Anfänglich arbeitete ich mit einer anderen Organisation, doch dann hat Gott mit dem Projekt «Familienbetriebe» die Türen zur COM wieder weit aufgestossen. Die Ausbildungsseminare für Unternehmer, welche die Mission in anderen Ländern anbietet, werden in adaptierter Form auch in Nepal stattfinden. Nach einem Startseminar im Januar 2015 habe ich im April meine Stelle als Vertreterin des Projekts «Familienbetriebe» in Nepal antreten dürfen. Zu meinen Aufgaben gehören der Aufbau eines Büros, die

Organisation der Seminare und die Koordination der Zusammenarbeit mit lokalen Kirchen und Teilnehmern. Die fremde Sprache und Kultur bedeuten oft Frustration und Freude zugleich. Ich weiss, dass ich diese Arbeit nur mit Gottes Hilfe machen kann. In Nepals Dörfern fehlt nicht nur die Hoffnung, es fehlen auch die Ehemänner, die Väter und die Söhne, die im Ausland arbeiten. Es fehlen Möglichkeiten und es fehlen die Tausenden von Frauen und Kindern, die nach Indien oder in andere Länder verkauft wurden. Der ganzheitliche Ansatz, der die Vision des Projekts ausmacht, soll die Dörfer ganzheitlich verändern. Dafür beten wir. Mein Weg nach Nepal hat über viele Umwege geführt – die wahrscheinlich bitter nötig waren. Dennoch stehe ich erst ganz am Anfang. Erdbeben, die Land, Leute und Vertrauen erschüttern, sind schwierig, aber sie bieten auch eine Chance, dass Gott und seine Liebe, Macht und Hoffnung in diesem einzigartigen Land sichtbar werden. Ich bin mir der Verantwortung dieser Aufgabe bewusst. Ich schätze aber genauso die enorme Chance, welche sie mit sich bringt. Ich sehe es als Privileg, in einem fremden Land mit Menschen zusammenarbeiten zu dürfen, die mir zwar fremd sind, Gott aber ganz und gar nicht. Die Gewissheit, mich in Seinem Plan zu bewegen, ist ein Vorrecht. Vielen Dank für alle Gebete für die neue Arbeit und für das vom Erdbeben zerrüttete Land.


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WIR BAUEN AUF durch Bildung und Gewerbeförderung

«ICH HABE NÄCHTELANG GEWEINT» HEIMKINDER MOLDAWIEN


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Georges Dubi Missionsleiter

Moldawien schliesst nach und nach alle Kinderheime, so wie «Fachleute» internationaler Organisationen es empfohlen haben. Die Behörden set­ zen das Vorhaben um, obschon alle Beteiligten wissen, dass es für die meisten Kinder schlecht ist. Die Christliche Ostmission hilft, indem sie Kindern wie zum Beispiel Maria Pflegefamilien vermittelt. Maria erblickte das Licht der Welt in der Region Tscheljabinsk in Russland. Als die Kleine erst einen Monat alt war, zog die Mutter mit ihr und ihrem Bruder nach Moldawien. Der Vater blieb in Russland und weder seine Frau noch die Kinder haben je wieder etwas von ihm gehört. Die kleine Familie lebte in einem alten, heruntergekommenen Haus. Maria war gerade dreijährig, als eines Tages ihre Mutter verschwand. Sie liess die beiden kleinen Kinder alleine im Haus zurück, im tiefsten Winter, ohne Essen, Heizung und Pflege! Unvorstellbar! Die Behörde schritt ein und brachte die Geschwister in ein Kinderheim.

sah, wie andere Kinder spielten und glücklich waren, dann brach es mir das Herz. Ich wollte meine Eltern. Tag und Nacht wartete ich auf sie. Jetzt habe ich eine Familie Zurückblickend sehe ich: Gott hat meine Gebete erhört. Heute lebe ich in einer Pflegefamilie, habe einen Vater, eine Mutter, Brüder und Schwestern. Und mittendrin das Wichtigste: Gott. Mein Glück ist unbeschreiblich! Ich habe viel gelernt und eine Welt entdeckt, die mir unbekannt war – eine schöne Welt. Die Zeit der Hoffnungslosigkeit und der Tränen liegt weit zurück. Es geht mir wunderbar und ich bin voller Hoffnung für die Zukunft. Danke! Heute bin ich fröhlich, weil ich das wahre Leben in Christus kennen gelernt habe. Ich darf gar nicht daran denken, was wäre, wenn diese Familie mich nicht aufgenommen hätte! Deshalb herzlichen Dank an alle Menschen, denen die Heimkinder in Moldawien nicht gleichgültig sind. Sie haben mir eine C ­ hance gegeben und mir ein ganz neues Leben ermöglicht. In tiefer Dankbarkeit wünsche ich ihnen allen Gottes reichen Segen.»

«Tag und Nacht wartete ich auf meine Eltern.» Wer bin ich? Marias Erinnerungen an jene Zeit sind schmerzlich: «Es war schrecklich, ich verstand nicht, was passiert war. Die ersten Jahre im Heim schlief ich kaum und weinte jede Nacht. Am Morgen war das Kissen jeweils nass. Was ich durchmachte, kann man nicht als Leben bezeichnen. Meine grösste Frage war: Wer bin ich und weshalb haben mich meine Eltern verlassen? Wenn ich über den Zaun schaute, der das Heim umgab, und

Viele moldawische Kinder leben in zerrütteten Familien.


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WIR BAUEN AUF durch Bildung und Gewerbeförderung

MOLDAWIEN

DER SCHÖNSTE SOMMER MEINES LEBENS! Georges Dubi Missionsleiter

Spenderinnen und Spender aus der Schweiz haben 6 000 Kindern in Ost­ eu­ropa einmalige und unvergessliche Ferien ermöglicht. Herzlichen Dank für diese Grosszügigkeit. ­Emilia er­ zählt, was sie erlebt hat. «Vor den Sommerferien sagte meine Mutter, sie habe eine Überraschung für mich. Ich war ganz aufgeregt und konnte kaum warten. Zwei Tage vor der Abreise sagte sie mir schliesslich, dass ich in ein Kinderlager fahren dürfe. Ich war zum ersten Mal in einem Kinderlager. Es war überhaupt das erste Mal, dass ich von zuhause weg war. Wir hatten so liebe Betreuer und das Essen war so gut. Es gab jeden Tag etwas Anderes!

«Es war das erste Mal, dass ich von zuhause weg war.» Das Geld reicht nur fürs Nötigste Als ich noch klein war, starb mein Vater. Mama und ich blieben alleine zurück. Ich war immer mit ihr zuhause. Sie muss sehr hart arbeiten. Ich muss sehr selbständig sein und daheim fast alles alleine machen.

In den Ferienlagern werden neue Freundschaften geschlossen.

Seit vielen Jahren hat meine Mutter davon geträumt, dass ich irgendwohin fahren, et-


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was Neues sehen und erleben könnte. Doch solches liegt für uns nicht drin. Das Geld, das wir haben, reicht kaum, um das Nötigste zu bezahlen. Im Winter müssen wir immer ­grosse Schulden machen, um heizen zu können. Im Sommer müssen wir jeweils die Schulden abbezahlen. Meine Mutter kann nicht freinehmen und sie kann mich auch nicht in die Ferien schicken. Ein Traum ist wahr geworden! Aber in diesem Jahr ist unser Traum wahr geworden: Ich wurde in das Kinderlager Betha-

nien eingeladen! Ich freute mich sehr. Die Zeit im Kinderlager war wunderbar und ich bin sehr dankbar dafür. Es war so schön und interessant hier! Hier hat man mich gelehrt, nicht traurig zu sein! Jetzt kenne ich viele Lieder über Jesus und kann Verse aus der Bibel auswendig aufsagen! Ich kann die Lieder auch zuhause singen. Für gutes Benehmen und die Teilnahme an verschiedenen Spielen wurden wir hier ausgezeichnet. Es war der schönste Sommer meines Lebens!»

Die Kinder erleben viele frohe, unvergessliche und lehrreiche Momente.

Für Emilia ist mit dem Besuch des Kinderlagers ein Traum in Erfüllung gegangen.


ostvision persönlich

WER IST ...? Seit dem 1. Mai 2014 arbeite und wohne ich mit meiner Familie im Haus der Christlichen Ostmission in Worb. Ich bin als Hauswartin angestellt. Da mein Mann Michael seit acht Jahren bei der COM arbeitet, ist sie mir schon seit längerer Zeit bekannt. Meine Aufgaben sind vor allem die Reinigung der Büros und der allgemeinen Räume sowie die Pflege der Umgebung. Ich liebe den Kontakt zu den ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Kleiderraum und helfe aktiv bei der Aktion Weihnachtspäckli mit. Helfen zu können, wo grosse Not herrscht, und damit Gottes Liebe weiterzugeben, macht mich sehr dankbar. Michael und ich haben drei erwachsene Söhne und eine Schwiegertochter. Susi Stauffer

DIE DREI SÄULEN DER COM

WIR HELFEN DIREKT in Notsituationen und Katastrophen

WIR BAUEN AUF durch Bildung und Gewerbeförderung

WIR SCHÜTZEN vor Frauen- und Kinderhandel

WILLKOMMEN IM STIFTUNGSRAT An seiner Sitzung vom 1. Juni 2015 hat der Stiftungsrat der Christlichen Ostmission Pfarrer Matthias Schüürmann als neues Mitglied gewählt. Wir freuen uns ausserordentlich, dass Matthias Schüürmann sich als Stiftungsrat für die Mission engagieren wird. Matthias Schüürmann lebt mit seiner Familie in Reitnau, wo er als reformierter Pfarrer wirkt. Der Stiftungsrat und die Mitarbeitenden wünschen ihm Gottes Segen in seiner neuen Aufgabe und freuen sich auf die Zusammenarbeit mit ihm.


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