BILLY TALENT
Foto: Vincent Grundke (vollvincent.com)
BREAK A TRADITION. Man darf wohl behaupten, dass die kanadische Band BILLY TALENT nicht mehr aus der alternativen Musiklandschaft wegzudenken ist. Schließlich dürften sie vielen ein Begriff sein seit ihrem Durchbruch mit „Billy Talent II“ und den damit verbunden Hits wie „Red flags“ und „Fallen leaves“, mit denen sie vom Geheimtipp zu Stars wurden und den Grundstein für drei weitere, sehr erfolgreiche Studioalben und unzählige Tournee legten. Doch all das führte dazu, dass BILLY TALENT eigentlich gar kein klassisches Album mehr machen wollten, sondern aus dem traditionellen Zyklus bestehend aus Studio-Promo-Tour ausbrechen wollten. Warum uns jetzt mit „Crisis Of Faith“ doch ein neues Studioalbum erwartet, inwiefern es sich von den anderen unterscheidet und was die Band diesmal beeinflusst hat, erzählt uns Sänger Ben Kowalewicz.
I
hr habt 2019 mit den Singles „Forgiveness I + II“ angefangen, neue Musik zu veröffentlichen. Dies ist mittlerweile über zwei Jahre her. War es von Anfang an gedacht, diese Songs als Kick-off für den neuen Albumzyklus zu nutzen? Das ist eine gute Frage. Eigentlich wollten wir ungezwungen ein bisschen Musik machen. So haben wir angefangen zu schreiben. Nachdem ein Song fertig war, haben wir ihn aufgenommen und veröffentlicht. Wir waren müde von diesen klassischen Albenzyklen, in denen man ein ganzes Album schreibt, es aufnimmt, veröffentlicht, Promo betreibt und auf Tour geht, nur um danach von vorne anzufangen. Wir wollten etwas anderes machen. Also haben wir erst einmal angefangen, einen Film zu produzieren, den wir episodenweise veröffentlichten wollten und der von unserer Musik begleitet werden sollte. Und dann kam Corona und hat unsere Planung zunichte gemacht. Darum haben wir uns dazu entschieden, es erst einmal langsam anzugehen und in dieser Zeit mehr an Songs zu arbeiten. Wir waren hier in Toronto fast zehn Monate im Lockdown, in denen wir uns nicht sehen konnten. Also mussten die anderen separat ins Studio gehen, um ihre Parts aufzunehmen, was mir wie-
derum viel Zeit gegeben hat, an den Texten zu arbeiten. Aber was ich eigentlich sagen wollte: Wir wollten es einmal auf einem anderen Weg versuchen und jetzt hat es das Universum für uns geregelt. Und da wir am Ende doch eine tolle Mischung an Liedern zusammenhatten, waren wir uns auch einig, das als Album zu veröffentlichen. Du hast jetzt schon die Kurzfilme angesprochen, die als Musikvideos fungieren und auf eurem YouTubeKanal zu finden sind. Wurde das Projekt durch die Pandemie beeinträchtigt? Es gab ein Konzept und vor der Pandemie hatten wir es davon schon die Hälfte abgedreht. Mit der Pandemie kamen aber auch die Probleme für den Regisseure und die Crew, da sie viele Drehpausen einlegen mussten, was zu unerwarteten Probleme geführt hat. Anders als in der Musik kannst du ja nicht einfach stoppen und die Idee irgendwann wieder aufgreifen. Bei einem Film ist man von so vielen Dingen abhängig: das Wetter, die Jahreszeit, Schauspielerverfügbarkeit ... Wie haben es zum Glück trotzdem geschafft, es fertig zu stellen und es ist großartig geworden. Auch wenn es anfangs anders gedacht war.
Anders als bei einem Musikvideo spielt ihr selbst ja keine Rollen in den Clips. Wie war es also im Vergleich zum Drehen von Musikvideos? Den Vergleich können wir gar nicht ziehen, da mit Ausnahme von unserem Schlagzeuger Aaron niemand von uns vor Ort war, als sie es in den USA gedreht haben. Wir haben die Arbeit also dem Regisseur überlassen, aber es ist schon seltsam, selbst nicht darin vorzukommen. So passt es aber immerhin dazu, dass wir ja mit Traditionen brechen wollten. Wir machen dieses Musikding jetzt fast drei Dekaden und sind auch durch damit, eine Rockband zu sein, die vor einem Graffiti posiert. Ich bin nach wie vor begeistert von unserer alten Videos, die uns auch als Band definieren, aber nach all der Zeit ist es legitim, auch mal etwas Neues zu versuchen. Kommen wir zurück auf die Musik, die dieses Mal extrem divers ausgefallen ist. Von progressiv angehauchten Stücken bis hin zu Post-Hardcore und Nineties Alternative Rock könnte man „Crisis Of Faith“ vermutlich als euer abwechslungsreichstes Album bezeichnen. Woher kommen die Einflüsse? Sicher wäre das eine gute Frage für Ian, der unsere Songs hauptsächlich schreibt. Wie schon gesagt,
16
16-17_Fuze92.indd 16
09.01.22 16:16