Sonderedition umbruch 1

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Feldkreuze, Bildstöcke und religiöse Bildwerke in Köln-Worringen Ein Rundgang mit Toni Jägers

St. Pankratius Am Worringer Bruch www.st.pankratius.info


Vorwort det: Es erscheint jedoch in einem zeitgenössischen Layout und beinhaltet bisher noch nicht veröffentlichte Fotos aller Worringer Wegekreuze.

Heimatforscher Toni Jägers

 Der ehemalige Schulrek-

Neuauflage Oktober 2012 Text: Toni Jägers Historische Bilder ©: Rheinisches Bildarchiv Köln, Stadtkonservator Köln Fotos: Matthias Gill, Bernd Tuchen, Marita Heider Redaktion und Koordination: Matthias Gill, Bernd Tuchen Layout: Werber 21 GmbH, Dorothee Flören Lektorat: Marita Heider, Sabine Simons Druck: Druckpartner Essen, www.druck-partner.de Auflage: 2.000 Stück

tor und allseits bekannte Heimatforscher Toni Jägers hat nicht nur zwei Bücher, sondern auch eine Reihe von Dokumentationen über Worringen herausgegeben, von denen eine Ende der 1970er Jahre unter dem Titel „Feldkreuze, Bildstöcke und religiöse Bildwerke in Köln-Worringen“ erschienen ist. Das Heft, das Sie nun in Händen halten, ist ein Nachdruck, der sich inhaltlich nur in wenigen Nuancen vom über dreißig Jahre alten Original unterschei-

Die Fotos stammen aus den 1950er/1960er Jahren und gehören zum umfangreichen Bestand des Stadtkonservators und des Rheinischen Bildarchivs, denen ich sehr für die Genehmigung zur Veröffentlichung danke. Die zahlreichen historischen Bilder werden ergänzt durch neuere Aufnahmen aus den letzten beiden Jahren. Dieses Heft wird nicht zum Verkauf angeboten. Im Gegenteil: Es wird kostenlos abgegeben. Bezugsquellen in Worringen sind das Pastoralbüro der katholischen Kirchengemeinde St. Pankratius Am Worringer Bruch, St. Tönnisstr. 33, direkt nebenan die Katholische Öffentliche Bücherei

und das Heimatarchiv Worringen, Breiter Wall 4. Gegen eine Spende, die der Öffentlichkeitsarbeit der Kirchengemeinde zu Gute kommt, überreicht man Ihnen dort gerne ein Exemplar dieses Heftes. Bernd Tuchen Worringen, Oktober 2012

Dokumentation über Feldkreuze von 1970

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Feldkreuze, Bildstöcke und religiöse Bildwerke in Köln-Worringen Ein Rundgang mit Toni Jägers 5


Einstimmung 6

 Das langsam wiederer-

wachende Interesse an der historischen Vergangenheit unserer Heimat und an dem kunstgeschichtlichen und volkskundlichen Wissen um bedeutende Bauwerke, Häuser und Kirchen – ich erinnere an die romanischen Kirchen in Köln – hat auch die Chance eröffnet, die schlichten Denkmale der Volkskunst, nämlich die Wegekreuze, Bildstöcke und andere religiöse Bildwerke einer historischen, kunstgeschichtlichen und heimatkundlichen Würdigung und Betrachtung zu unterziehen. In Köln gibt es noch 191 solcher religiösen, steinernen Flurmale. Wir wollen heute auf einer Wanderung besonderer Art durch Worringen einige der bemerkenswertesten, ehemals hier errichteten Wegekreuze besuchen und erleben. Jedes der Worringer Wegekreuze hat seine besondere

Geschichte. Alle dokumentierten einmal die religiöse Gesinnung der Bewohner unserer Heimat, ihren Glauben und ihr Gottvertrauen. Zum anderen sind sie bemerkenswert wegen ihrer volkskundlichen Besonderheiten, an denen sich ein interessantes Stück Worringer Ortsgeschichte nachvollziehen lässt. In vielen Gegenden Deutschlands findet man in Dörfern und Städten sowie in Gottes freier Natur religiöse Bildwerke, Kreuze, Denkmäler, Heiligenhäuschen, Bildstöcke und dergleichen mehr, die von unseren Vorfahren aus den verschiedensten Anlässen errichtet worden sind. Sie sollten einmal die Erinnerung an ein besonderes Ereignis freudiger oder trauriger Art wachhalten, zum anderen die Vorübergehenden zum Nachdenken

anregen oder ganz einfach schlichte Zeichen der Verehrung Gottes sein. In ihrer Bedeutung aber sind sie alle gleichermaßen Zeugnisse des Glaubens und der Frömmigkeit unserer Ahnen, Zeichen der Anbetung des Gekreuzigten oder der Verehrung der Heiligen, aber auch gedacht und errichtet als Fürbitte für die Verstorbenen und Lebenden, wie aus den meisten Inschriften darauf zu ersehen ist. In Bayern und in den Alpen sind es vorwiegend Bildstöcke, die den Wanderer in Wiese und Feld, im Wald, in den Bergen, an den Straßen in Stadt und Dorf grüßen. Man bezeichnet sie dort auch als Denksteine, Betsäulen, Martersäulen oder Marterl. Bei uns im Rheinland dagegen herrschen Wege- und Feldkreuze und andere Bildwerke vor. Diese erheben oft keinen An-

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spruch auf hohen künstlerischen Wert. Nicht alle Steinmetze waren große Meister. Sie waren von den damaligen finanziellen Möglichkeiten der Stifter abhängig, was Größe, Gestaltung, Aufwand und Material angingen. Nach Kräften waren sie bemüht, im Sinne ihrer Auftraggeber den Steinen Sinn und Leben zu geben. Wegen des Alters der Wegekreuze und der frommen Gesinnung, aus der sie errichtet wurden, sind sie es wert, beachtet und in der richtigen Weise betrachtet zu werden. Der Brauch, Male und Zeichen zu setzen, ist so alt wie die Menschheit. Wurden sie im Anfang aufgestellt, um böse Geister zu bannen oder gute günstig zu stimmen, so übernahm in christlicher Zeit das Kreuz diese Funktion. Im Kölner Raum haben die Kreuze überwiegend Schutz- und Abwehrfunktion. Das Kreuz am

Wege sollte Felder und Frucht, Dorf, Haus und Hof schützen und bewahren. Zu Beginn der Neuzeit änderte sich die Motivierung zur Stiftung von Wegekreuzen. Nun wurden sie überwiegend „Zur Ehre Gottes“, „Des bitteren Leidens Jesu“ usw. errichtet und waren vielfach auf bestimmte Personen, die Stifter, bezogen. Fast immer ist ihr Name erwähnt. Da sie Besitzer oder Pächter großer Höfe waren, findet man die Wegekreuze meistens an Grenzpunkten ihres Besitzes, wo sie übrigens auch in die Flurprozessionen einbezogen waren. So können hier die Besitzund Machtverhältnisse im Worringen des 18. und 19. Jahrhunderts rekonstruiert werden. Dass die Bauern früher hier reich und mächtig waren und z. B. auch den Schultheiß stellten, davon wissen die alten Worringer

heute noch zu berichten. Nach dem Grund der Errichtung der Denkmäler lassen sich drei Arten von Kreuzen unterscheiden:

on eines Wegekreuzes ja widerspricht. Es hat ja nicht den Charakter einer „Gedenkstätte“.

 Andachtskreuze  Totengedächtniskreuze  Kreuze für besondere Vorkommnisse Die Wegekreuze stehen überall dort, wo Menschen vorübergehen, an Feldwegen, Dorfstraßen, an Hausecken, am Dorfausgang, in der Nähe der Kirche und des Kirchhofs, besonders aber an Wegekreuzungen. Das soll zurückgehen auf eine Anregung oder Anordnung des Papstes Leo III, an Weges-Ecken, wo man sich zu begegnen pflegt, Kreuze zu errichten. Die früher in der Feldflur Worringens stehenden Kreuze wurden oft von den verschiedensten Prozessionen aufgesucht. Damals war es Brauch, dass der

Fronleichnamsaltar 2012 Om Maat

begleitende Priester das Allerheiligste mitführte, welches an den Feldkreuzen in einer kleinen Nische abgestellt wurde. Hier und da werden heute bei den Bittprozessionen die Kreuze noch aufgesucht. Historische Wegekreuze sind üblicherweise nicht von einer schmückenden Anlage umgeben, sondern sie stehen als eigenständige Objekte und Zeichen vor einer Häusergruppe oder an bestimmten Orientierungs-

punkten in der Landschaft, oft betont durch einzelne Bäume oder Baumgruppen. Da einzelne Kreuze in Worringen wiederholt den Platz gewechselt haben und der direkte Bezug zum originalen Standort nicht mehr gegeben war, hat man für die letzte Stelle einen einfachen, schlichten Rahmen geschaffen. Bewusst wurde auf eine weitere Gestaltung des Standortes verzichtet, die dem Wesen und der Funkti-

Leider ist bei einigen Bildwerken der Grund der Errichtung nicht mehr bekannt, weil die Inschriften, aus welchen Gründen auch immer, vernichtet worden sind. Daraus kann man ersehen, wie viel Ortsgeschichte im Laufe der Jahrzehnte in Vergessenheit geraten, ja verloren gegangen ist.

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Karte: © www.openstreetmap.org

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WEgEKREuzE in WoRRingEn 1. Bergerkreuz (Kreuzung St. Tönnisstraße – Alte Straße)

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2. Hagelkreuz (An der südlichen Ecke des Krebelshofs) 3. Derichs- oder Deres-Kreuz (Alte Straße Ecke Ramratherweg)

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4. Kreuz am Lingche (Ecke Hackenbroicher Str. – Bitterstraße) 5. Fronhofs- oder Fronleichnamskreuz (Ecke Bitterstraße – Hackhauser Weg) 6. Basaltkreuz (Worringer Friedhof bei den Priester-Gräbern) 7. Schiffermadonna (B9 in Richtung Fühlingen Abzweig Alte Neusser Landstraße) 8. Totengedächtniskreuz an der alten St. Pankratiuskirche (Alte Neusser Landstraße)

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9. Johannesbild (Ecke Alte Neusser Landstraße – Langelerweg)

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10. Das Holzkreuz von 1981 (südlicher Ortseingang, Alte Neusser Landtraße Ecke Senfweg, etwas versteckt) 11. Kreuzigungsgruppe In der Lohn (Straße In der Lohn) 12. Missionskreuz (an der Ostseite unserer Pfarrkirche)

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BERgERKREuz Wir wandern über die St.-Tönnis-Straße, die vor Jahrzehnten noch Bergerstraße hieß, westwärts. An der Ecke zum Bruchpfädchen steht, baumbeschattet, gepflegt und schön gemalt, das nach dem benachbarten Bergerhof so benannte „Bergerkreuz“. Dieses Denkmal aus Stenzelberger Trachyt beeindruckt den Betrachter durch seine wohlproportionierten Abmessungen in seiner schlank aufragenden Form. Die Höhe des Feldkreuzes beträgt 4.25 Meter und die Breite 0.52 Meter.

Das heute bei der Stadt Köln als Denkmal geführte Transformatorenhäuschen zeigt noch zwei Straßennamen an. An dieser Stelle ging die St. Tönnisstraße in die Sinnersdorferstraße über.

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 Die deutlich lesbare

Inschrift auf dem Sockelteil im abgesetzten und oben wie unten bogig gerahmten Feld ist interessant und aufschlussreich: PRO GLORIA PII I ESV POSVERVNT PAVLVS BREV VER ET CHRISTINA DHAMENS Zu Deutsch: “Zur Ehre des gütigen Jesus haben (dies) errichtet Paulus Breuer und Christina Dhamens”. Durch die beiden Stifternamen, die uns noch ein paar Mal auf den Worringer Wegekreuzen begegnen, könnte man, wie Christa Zingsheim in „Wegekreuze und Bildstöcke in Köln“ schreibt, vom genealogischen „Urkreuz“ in Worringen sprechen. Paul Breuer war Pächter oder Besitzer des Bergerhofes. Er bezeugte

zusammen mit dem Fronhofshalfen Peter Dahmen eine Grundstückseintragung im Jahre 1757. Wahrscheinlich war Christina Dhamens dessen Schwester. Hier wird ein interessantes Stück Ortsgeschichte deutlich – und somit auch der heimatkundliche Wert der Flurdenkmale. Viele Steinmetze der damaligen Zeit meißelten in Denkmal-Inschriften einige besonders auffallende Großbuchstaben wie römische Ziffern ein. Diese Zahlen ergaben dann zusammengezählt das Jahr der Errichtung des Denkmals. Deutlich zu lesen und zu berechnen ist beim „Bergerkreuz“ die Jahreszahl 1741. Man nennt diese Art der Inschrift in der Fachsprache „Chronogramm“, d. h. Zeitangaben-Inschrift. Auf dem Sockel kragt die Konsole für die Expositions-

nische im Mittelteil vor, die mit einem zu einer Muschel ausgeformten Baldachin abschließt, der zu beiden Seiten mit Blattwerk geschmückt ist. Über der Abdeckhaube, also unter dem eigentlichen Kreuz, lachen zwei leider schon verwitterte Engelköpfe mit Flügeln darunter den Beschauer an. Der Bergerhof, nach dem das Feldkreuz seinen Namen trägt, wird schon 1291 urkundlich erwähnt. Er liegt am Fuß der Niederterrasse („am Berge“) und war bis vor kurzem im Besitz der Familie Heusgen.

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Das imposante Bergerkreuz begrüßt uns, wenn wir aus Richtung Autobahn/Roggendorf nach Hause kommen.


HAgELKREuz Vor dem Krebelshof treffen wir auf das „Hagelkreuz“. Dieses altehrwürdige Flurdenkmal, nach der Jahreszahl in der inschrift das älteste in Worringen, entspricht ganz und gar nicht dem Typus eines Feldkreuzes. Es ist schlicht aus zwei Sandsteinblöcken aufgebaut, die je einen geschrägten Abschluss haben. Darüber erhebt sich ein einfaches Kreuz in klarer Formgestaltung und den Maßen: Höhe 2.51 Meter, Sockelbreite 0.51 Meter, Mittelbreite 0.37 Meter.

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 In der Sockelzone lautet

die Inschrift:

AD 1411 HAT ADOLFF DIEPELKOFFEN JUNGER GESEL DIESES CREUTZ LASEN AUFERBAUEN ZUR HÖSTER EHREN GOTES Wortlaut, Schreibweise, Schrift und Steinmaterial lassen bei Experten an der Datierung von 1411 zweifeln. Die Fakten weisen eher in das 18. Jahrhundert, wofür sich zahlreiche vergleichbare Texte an anderen Kreuzen anführen lassen. Im Mittelblock, der sonst die Expositionsnische aufnimmt, liest man oberhalb eines Gesimses eine zweite Inschrift: Dieses Kreutz errichtet von A. Gert. Cremerius Bergerhof bei Worriengen am 11. Nov. 1851

J. Gummich in Cöln

Anna Gertrud Cremerius war die Tochter des Bürger-

meisters Franz Adam Cremerius vom Bergerhof in Worringen. Sie hat das alte Kreuz 1851 restaurieren lassen. Es ist hierzulande als „Hagelkreuz“ bekannt. Diese Bezeichnung deutet darauf hin, dass es aus einem besonderen Anlass oder zu einem bestimmten Zweck errichtet wurde, sei es aufgrund eines Gelübdes oder aus Dankbarkeit der Stifter gegenüber Gott, weil er sie und die Feldfrüchte, Haus und Hof, vor Unwetter, insbesondere vor Hagelschlag, beschützt und bewahrt hatte. Das Hagelkreuz stand nicht immer an der jetzigen Stelle, sondern am nördlichen Ende der Worringer Feldflur, und zwar an der Kreuzung Alte Straße und dem damaligen Nievenheimer Weg. Mit dem Kreuz wurde eine Grenze der Besitzungen des Berger hofes angezeigt.

Als 1913 die damalige I. G. Farbenindustrie (heute Bayer-Werke) dieses Gelände erwarb, wurde der Nievenheimer Weg eingezogen und das Kreuz abgebrochen. Dank des Entgegenkommens der Eigentümer des Denkmals, der Familie Heusgen vom Bergerhof, konnte es im Jahre 1933 an der jetzigen Stelle wieder aufgestellt werden.

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Hier wird es durch die Beziehung zum ehemaligen Hof und der noch ländlichen Umgebung seinem Stiftungssinn als Feldkreuz wieder gerecht. Einer alten Überlieferung nach soll das Kreuz, dessen Korpus aus Eisen ist, einmal vom Blitz während eines schrecklichen Unwetters getroffen worden sein.

Auf der Alte Straße – zwischen Bergerhof und Krebelshof – treffen wir auf das Hagelkreuz.


DERiCHS – oDER DERES – KREuz unser Weg führt weiter über die Alte Straße bis zum Ramrather Weg zum sog. Derichsoder Deres-Kreuz. Bis 1959 stand das Wegekreuz an der Kreuzung des Dörnchenswegs mit der Alte Straße, einer Straße, die einst von Dormagen kommend am Berger Hof vorbei nach Köln führte, heute aber durch die industrieanlagen unterbrochen ist. Das Kreuz musste infolge der Werksvergrößerung der Erdöl-Chemie 1967 um 50 Meter nach Süden versetzt werden.

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 An seinem jetzigen

„locus sanctus“, dem „heiligen Ort“, bildet das Derichskreuz, bei den alten Worringern auch „DeresKreuz“ genannt, ein markantes Bindeglied zwischen der Bayer-Wohnsiedlung und den Werksanlagen der Erdöl-Chemie. In seiner betont schlichten Form steht es hier in beschaulicher Ruhe auf einem liebevoll gestalteten Plätzchen an der Ecke einer langgestreckten, breiträumigen Baumkulisse, welche als Lärmschutzstreifen angelegt wurde, als unübersehbarer Blick- und Anziehungspunkt für die Werksbesucher und Anwohner. Das aus Trachyt gebildete Derichskreuz ist harmonisch und wohlabgemessen aufgebaut. Es misst 3.63 m in der Höhe und 0.49 m in der Breite. Auf einer abgeschrägten Grundplatte erhebt sich der Sockel, auf

dem die eingefasste Inschrift zu lesen ist:

mit den Balken-Dreipässen nach oben.

A 1758 HAT DER EHR UND DU GENDREICHER JUNGER GESELL WILHELMUS – HAMECHER DIESES CREUTZ ZU EHREN DES GEKREUTZIGSTEN HEILANDS I. C. AUFRICHTEN LASEN

Warum heißt das traditionsreiche Derichskreuz im Volksmund auch „DeresKreuz“? Ist das eine mundartliche Abkürzung von „Derichs“, oder ist eine andere Erklärung zutreffend? „Deres“ war vor vielen Jahrzehnten ein Bei- und Spitzname für die hiesige, alteingesessene und angesehene Familie Ubber. Diese hatte sich um die Erhaltung und Pflege des ehrwürdigen Wegekreuzes verdient gemacht. Die Angehörigen der Familie Ubber galten im Dorf als dickköpfig.

Der Bildhauer trennte die Wörter, wie er es gerade brauchte, ohne Rücksicht auf die Rechtschreibung. Auch kürzte er nach eigenem Gutdünken ab. Der abgesetzte Mittelteil des Denkmals hat die für die Wegekreuze des 18. Jahrhunderts typische Expositionsnische mit einem zu einer Muschel ausgeformten Abschluss, die in jüngster Zeit mit einem kunstvoll geschmiedeten Gitter versehen worden ist. Über der helmartigen Abdeckhaube strebt das Kreuz

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Weil auf alt-worringer Platt dickköpfig = deres hieß, nannte man dieses Kreuz treffend das „Deres-Kreuz“.

Zwischen den Anlagen der chemischen Industrie und der Bayer-Siedlung „Im Jammertal“ steht das Derichskreuz.


KREuz AM LingCHE An der Kreuzung Hackenbroicher Straße und Bitterstraße finden wir in einer gärtnerisch ansprechend gestalteten umgebung, unter einer vor einigen Jahren neu gepflanzten Linde stehend, das Kreuz „Am Lingche“, ein typisches Feldkreuz des 18. Jahrhunderts. Höhen und Tiefen in der geschichte Worringens hat dieses Wegekreuz erlebt, das einst im Schatten eines uralten, riesigen Lindenbaums, des sog. „Lingchens“ stand, welches schon im Worringer Baubuch im Jahre 1553 erwähnt wurde.

 Folgende Inschrift gibt

uns Kunde über die Stifter und das Jahr der Errichtung des 3.25 Meter hohen und 0.52 Meter breiten, aus Trachyt gebildeten Wegekreuzes. Sein Aufbau wurde schon mehrfach an anderen Kreuzen beschrieben. AD 1780 JOHANNES TUNWALT ANNA MARIA POTENHEIMS PILGERAMS HALBWINER DAS CREUTZ LASSEN AUFRICHTEN Aus dem Namen Tunwalt ist unzweifelhaft der in Worringen oft vorkommende Name „Dünwald“ geworden. „Pilgerams Halbwiner“ bedeutet so viel wie Teilbauer oder Teilpächter auf dem Pilgramshof (bekanntlich einer der ehemals domkapitularischen Höfe an der St.-Tönnis-Str. 32, heute im Besitz der Famile NesselerZillikens). Der zweite Teil der Inschrift beinhaltet ein Chronogramm:

ERRICCHT VON EHLEUT HEINRICH BITTER V ANNA GERTRUD DHAMEN Es heißt also, dass das Kreuz noch einmal, und zwar 76 Jahre später, von Heinrich Bitter und Anna Gertrud Dhamen aufgerichtet wurde. Deren Namen begegnen uns noch einmal am Fronhof- oder Fronleichnamskreuz. Zählt man die übergroß eingemeißelten Buchstaben, die ja auch römische Ziffern des Schriftfeldes sind, zusammen, so ergibt sich aus dem Chronogramm die Jahreszahl der Errichtung des Kreuzes: 1856. Hier die Erklärung: CCL = 100 + 100 + 50 = 250 CIV = 100 + 1 + 5 = 106 DM = 500 + 1000 = 1500 1856 Der zweite Aufbau des Kreuzes lässt sich dadurch erklären, dass das Denkmal

als religiöses Zeichen während der Franzosenherrschaft nach 1800 entfernt werden musste. Aus der Zeit der Wiedererrichtung stammt der MetallgussKorpus. Die uralte, mächtige Dorflinde, unter deren grünem Laubdach sich die Jugend früher gern ein Stelldichein gab, und die Alten ihr Schwätzchen hielten, wo früher fromme Pilger rasteten und die Kinder spielten, war Jahrhunderte hindurch ein beliebter Treffpunkt am Rande des alten Dorfes. Ein heftiger Sturm in den frühen Morgenstunden des 2. Mai 1979 fällte den alten Baum und beschädigte das Kreuz schwer. Dem Engagement der Worringer Bevölkerung und der Stadtkonservatorin Frau Dr. Kier war es zu verdanken, dass das Wegekreuz mit tatkräftiger Unterstützung der Gemeinnützigen Wohnungs-Gesellschaft Köln renoviert und 1980 eine neue Linde gepflanzt wurde.

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FRoHnHoFS- oDER FRonLEiCHnAMSKREuz

Mit 4,40 Metern eine imposante Erscheinung: das Fronhof- oder Fronleichnamskreuz.

Wir setzen unseren Weg fort bis zur Ecke Bitterstraße – Hackhauser Weg. Dort steht an einem mit jungen Bäumen bestandenen Plätzchen das „Fronhofs- oder Fronleichnamskreuz“, 4.40 Meter hoch und ideal eingefügt in das Worringer ortsbild. Es gehört zur gruppe der Andachtskreuze, die bei Prozessionen und Bittgängen eine besondere Aufgabe hatten.

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 Auf der massiven Bo-

denplatte steht ein einfacher, zweifach abgesetzter Untersockel von 0.78 Meter Breite. Der eigentliche Sockelteil, 0.63 Meter breit, zeigt die von Profilleisten und an den vier Ecken mit schmückendem Blattwerk umgebene Inschrift: Zur Ehre Gottes und zur Erinnerung an ihre verstorbenen Eltern Anton Bitter und Anna Elis. Kluth Paul Dahmen und Petronella Lemper errichteten dieses Kreuz die Eheleute Heinrich Bitter und Anna G. Dahmen Eigenthümer des Frohnhofes zu Worringen, 1857 Eine vielsagende Inschrift! Mit ihr werden nicht nur Alter und Stifter des Wegekreuzes genannt, hier erfährt man auch, wie die angrenzende Bitterstraße zu ihrem Namen kam und warum das Kreuz auch

„Fronhofskreuz“ genannt wird. Der Fronhof, im Mittelalter und bis zur Franzosenzeit Sitz des Schultheißen von Worringen und lokale Gerichtsstätte (heute Altenwohnheim und Zentralverwaltung des Clarenbachwerks Köln), liegt an der St.-Tönnis-Straße 15. Weil früher an diesem Kreuz bei der Fronleichnamsprozession ein Segensaltar errichtet wurde, den die Ordensschwestern des Krankenhauses schmückten, nannte man es auch „Fronleichnamskreuz“. Der Inschriftsockel ist an drei Seiten von Profilleisten gerahmt und zeigt an den vier Ecken erhaben geformten Blattschmuck. Auf dem zweifach gegliederten Absatz darüber läuft ringsum ein Streifen mit Rankenwerk. Der Mittelteil, 0.44 Meter breit, hat eine hohe Expositionsnische, die, wie bei den bisher beschriebe-

nen Wegekreuzen des 18. Jahrhunderts, auch oben zu einer Muschel ausgebildet ist und die zur Aufstellung des Ziboriums bei Prozessionen oder Andachten diente, aber auch manchmal mit einer Figur geschmückt war.

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Darüber strebt das neogotische Kreuz (ohne Korpus) nach oben. Die Kreuzbalken enden in Dreipässen. Das Denkmal aus Sandstein, insgesamt 4.40 Meter hoch und 0.75 Meter breit, wurde von dem Kölner Steinmetz J. Gummich geschaffen, dessen Namen noch auf dem Untersockel zu lesen ist. Es wurde 1969 von dem Worringer Bildhauer Hilarius Schwarz restauriert. Lange Zeit war es von einem Eisengitter umgeben, das aber nach und nach verschwand.

Das Kreuz Im Mittelpunkt der herbstlichen Mittagssonne.


BASALTKREuz ursprünglich stand das Kreuz an der Ecke St.-Tönnis-Straße / Westerburgstraße – zum 50-jährigen Priesterjubiläum des Pastors Johannes greiss. Mittlerweile steht das Kreuz aber nicht mehr hier, sondern am grab von Johannes greiss auf dem Worringer Friedhof – in dem Bereich des Worringer Friedhofs, in dem sich auch die gräber weiterer Worringer Priester befinden. Das grab befindet sich in unmittelbarer nachbarschaft zu den gräbern von 13 russischen zwangsarbeitern des 1. Weltkrieges und den gedenksteinen von deutschen Soldaten, die aus Worringen stammten und opfer des 2. Weltkrieges geworden sind.

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 Die Granitplatte, die das

Grab bedeckt, zeigt das heilige Opfer (das Sinnbild des Erntens und Kelterns der Traube, bevor sie zu Wein wird) sowie das heilige Brot (entspricht dem irdischen Leben und Sterben) und das Christuszeichen, Fische (Zeichen des christlichen Lebens) und Ähren (Auferstehungszeichen, Sinnbild der Lebensernte). Die Inschrift des Kreuzes lautet: ZUR ERINNERUNG AN DEN 24. FEB. 1983 GOLDENES PRIESTERJUBILÄUM DES AUS WORRINGEN STAMMENDEN PASTORS JOHANNES GREISS

Detail der Grabplatte

Aus der Inschrift der Grabplatte geht ebenfalls hervor, dass hier neben Johannes Greiss auch die in Worringen tätig gewesenen Priester Johannes E. Hackenbroich und Hubert Hinkens ihre letzte Ruhestätte gefunden haben.

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Pfarrer Johannes Greiss

Das Basaltkreuz zum Andenken an Pfarrer Johannes Greiss stand ursprünglich an der Westerburgstraße.


SCHiFFERMADonnA

Die Schiffermadonna wacht über Auto- und Wasserstraße, auf denen täglich tausende Fahrzeuge und Schiffe unterwegs sind.

An der nördlichen Einmündung der Alten neusser Landstraße in die neusser Landstraße hinter dem Haus nr. 310 befindet sich in einer kleinen, gepflegten Rasenanlage, umgeben von schattigen Bäumen, die „Worringer Schiffermadonna“. Auf einer 2.20 Meter hohen und 0.41 Meter breiten quadratischen Stelle steht eine 1.50 Meter große Marienstatue mit dem Jesuskind auf dem linken Arm. in vielen Städten und Dörfern am Rhein, in denen die Menschen dem Beruf des Fischers oder Schiffers nachgingen, war es früher guter Brauch, eine „Schiffermadonna“ in der nähe des Stromes aufzustellen, die ihre schützende Hand über sie und den Fluss halten sollte.

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 Unsere Marienstatue

fand nach einigen Standortwechseln hier im Jahre 1966 ihren endgültigen festen und würdigen Platz im Angesicht des Rheins. 1933 ließ die damalige Eigentümerin der Mariensäule, die Witwe Anton Hulbert, den Bildstock gründlich reinigen, wobei sich dann – eigenartigerweise auf der Rückseite des Postaments ganz unten – die Inschrift zeigte, welche Aufschluss über das Alter des Bildstocks gab: AUFBAUUNG ANNO 1742 Das heißt, dass im Jahre 1742 die Mariensäule an ihrem ersten Standplatz errichtet wurde. Der befand sich an der Neusser Landstraße gegenüber der Einmündung der Dornstraße. Damals führte die Neusser Landstraße rheinseitig hinter der damaligen Gastwirtschaft von Anton Harff vorbei. Auf der vertieften Sockelvorder-

seite kam nach der Reinigung unter den im länglichen, gerahmten Rechteckfeld herabhängenden steinernen Blumen-, Blütenund Blattornamenten folgende Inschrift zutage: PETER BOES UND CHRISTINA BREUER ANNO 1850 Der Name Breuer weist auf den Bergerhof hin, dessen Besitzer 1757 Paul Breuer war. Sein Name ist uns beim Bergerkreuz begegnet. Die Jahreszahl 1850 schließt auf die erste Versetzung der Madonna. Der Bau der jetzigen Neusser Landstraße zwischen Worringen und Dormagen ab 1832 machte es erforderlich, dass die Staue auf die linke Straßenseite versetzt wurde. Beim ersten Standort war früher der Sammelpunkt für die Worringer Kevelaer-Fußpilger. Am Fronleichnamstag wurde bei der Schifferma-

donna stets ein schön geschmückter Prozessionsaltar aufgebaut.

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Als 1957 der Randkanal gebaut wurde, musste der Bildstock von dort wieder weichen. Er fand, wie schon gesagt, 1966 seinen letzten Aufstellungsplatz hier an der Einmündung der Alten Neusser Landstraße in die Neusser Landstraße. Die Mariensäule besteht aus hellem WolkenburgerSiebengebirgs-Trachyt. Die schön gestaltete Madonna in ihrem kunstvoll gefälteten Gewand schaut zum nicht weit entfernten Rhein. Leider ist die Nase der Figur durch Witterungseinflüsse beschädigt. Das Jesuskind trägt liebliche Züge. Mit dem vorgestreckten Fuß tritt die Muttergottes auf einen Gänse- oder Entenkopf: ein Zeichen des Sieges über das Böse?

Historisches Luftbild von Worringen, der Standort der Schiffermadonna befindet sich im weißen Kreis.


ToTEngEDÄCHTniSKREuz An DER ALTEn KiRCHE Auf dem Hof vor der alten Kirche am „Markt“, dem ehemaligen Schulhof der alten Mädchenschule, steht ein gedenkkreuz, das um 1855 in Erinnerung an den verstorbenen Worringer Bürgermeister Franz Adam Cremerius vom Bergerhof und seiner Ehefrau errichtet wurde. Es ist aus gelbem Sandstein und Moselkalkstein gefertigt und zeigt in seinem Aufbau vielerlei Stilelemente. neugotische, romanische und barocke Formen wechseln sich ab. Der Steinmetz und die Stifterin des gedächtniskreuzes wollten wohl für ihre zeit etwas Besonderes und für ihr persönliches Kunstempfinden Schönes zur Ehre gottes und für die nachwelt schaffen. 26

 Über der Standplatte

zeigt der abgestufte Sockel die in Profilleisten eingerahmte Inschrift: Zur christlichen Erinnerung an den Wohlgebornen Herrn Franz Adam Cremerius 37 Jahre Bürgermeister von Worringen Ritter des rothen Adler Orden, geb. 1764 den 6. Mai, gest. 1832 den 20 Sept. und dessen Ehefrau die Wohlgeborne Frau Mar. Hel. Breuer geb. 1751 den 25. Nov. gest. 1818 den 22. Oct. aus kindlicher Ehrfurcht gewidmed von der Sie innig liebenden einizgen Tocher Anna Gertrud Cremerius Der Name Anna Gertrud Cremerius ist uns noch vom Hagelkreuz bekannt. Auf der Rückseite des Denkmalsockels ist zu lesen: Bete für die hier seit Jahrhunderten ruhenden

Verstorbenen besonders für Math. Franz Jos. Aloys Desant von 1787 bis 1827 Pfarrer in Worringen Hier war der Bereich des einstigen Friedhofs bei der alten Worringer Pfarrkirche St. Pankratius bis 1837. Eine mehrfach profilierte Platte, ausgekragt, leitet den Sockelteil des Denkmals über zum Mittelteil. Die Nische, in der eine schöne, kleine Marienstatue steht, ist über dem Halbrund des Muschelbaldachins mit sieben 6-zackigen Sternen verziert. Die Figur soll die „Maria Immaculata“ darstellen. Sie weist auf das Dogma von der unbefleckten Empfängnis Mariens hin, das 1854 verkündet wurde. So darf die Entstehungszeit des Gedächtniskreuzes um 1855 – 1860 angenommen werden. Darauf weisen auch die Schmuckelemente hin, die

Auf dem Hof der alten St. Pankratiuskirche befindet sich das Totengedächtniskreuz aus dem Jahr 1855.

vorher noch nicht verwendet wurden. Darüber sieht man unter einem flachen Giebel mit Blattplastiken, der alle vier Seiten des Denkmals bekrönt, zwei ineinander gelegte Hände und rechts und links davon als zusätzlichen Schmuck zur Mitte hin sich öffnende kleinblättrige Zweige. Die Balken des neugotischen Kreuzes enden in Dreipässen. Höhe = 4.00 Meter Sockelbreite = 0.81 Meter Mittelteilbreite = 0.56 Meter

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Die Nische, in der sich früher eine Heiligenstatue befand, ist heute noch am Haus Alte Neusser Landstraße 310 zu sehen.

Die Umfriedung des Denkmals besteht aus einem noch originalen Eisengitterzaun.


JoHAnnESBiLD An der Ecke Alte neusser Landstraße – Langelerweg steht, von alten Linden umgeben, auf einem stufenartigen 0.77 Meter hohen unterbau eine 1.70 Meter hohe, schlanke Rundsäule und darauf das 1.10 Meter große Standbild des hl. Johannes von nepomuk. Die aus Muschelkalk gestaltete Figur zeigt schon Verwitterungserscheinungen.

Ein Postkartenmotiv von 1890 zeigt einige Worringer Ortsansichten.

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 Am 16. Mai feiert die

Kirche das Fest des böhmischen Heiligen Johannes von Nepomuk. Er starb als Verfechter kirchlicher Gerechtigkeit. Sein standhaftes und energisches Eintreten für das Recht der Kirche und der Armen und die Weigerung, das Beichtgeheimnis zu brechen, erzürnte König Wenzel, der ihn gefangen setzen und foltern ließ. Schließlich wurde Johannes von Nepomuk auf seinen Befehl hin am 20. März des Jahres 1393 in Prag von einer Brücke in die Moldau gestoßen und ertränkt. Sein Leichnam wurde später aufgefunden und im Veitsdom zu Prag beigesetzt. Um sein Leben und um die Auffindung seines Leichnams ranken sich mancherlei Legenden. Seit dem 18. Jahrhundert zeigen viele Bildstöcke und Bildsäulen Johannes von Nepomuk als „Brückenheiligen“, also als Schutzpatron

der Brücken. Die vielen Überschwemmungen des Rheins mit ihren katastrophalen Folgen für den Ort in vergangenen Jahrhunderten lassen die Aufstellung der Heiligenstatue in der Nähe des Rheins, auf den sie von der hohen Säule bittend herabblickt, daraus erklären, dass der Märtyrer Johannes von Nepomuk nicht nur gegen Verleumdung und irrige Urteile, sondern auch gegen Wassergefahren angerufen wurde. Die Heiligenfigur ist mit Rochett und Kreuz dargestellt – Attribute, die auf sein priesterliches Amt und auf seinen Märtyrertod hinweisen. Das Standbild hatte früher weiter südlich an der Alten Neusser Landstraße – Ecke Senfweg gestanden und musste in den 20er Jahren wegen Grundstücksumlegungen entfernt werden. Beim Abbruch wurde die Figur fast zerstört und die Säule beschädigt. Die Reste

lagerten lange Zeit auf dem Gelände der damaligen Worringer Gasfabrik am Hackhauser Weg. Den Bemühungen kunstsinniger Bürger gelang es, dass die zuständigen Kölner städtischen Dienststellen der Denkmalpflege das Johannesbild samt Säule wiederherstellen und auf dem heutigen Platz aufrichten ließen. Leider ist auch dieses Wahrzeichen der Volksfrömmigkeit in Worringen ohne Inschrift. Deshalb können weder Stifter noch genaues Alter (vermutlich 18. Jh) bestimmt werden. In früheren Zeiten hielten hier am „Johannesbild“ – so wird es in Worringen seit jeher liebevoll genannt – die Fußpilgerprozessionen auf dem Weg nach Kevelaer an, und der begleitende Priester fand Zeit für eine kurze Predigt. Heute noch ist der Standort des Denkmals ein beliebtes Ruhe- und Rastplätzchen für Jung und Alt. 

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An der Ecke Alte Neusser Landstraße / Langelerweg finden wir die Säule, auf der die verwitterte Figur des Johannes von Nepomuk zu sehen ist.


DAS nEuE HoLzKREuz Von 1981 Die Wegekreuz-Rundwanderung soll abgeschlossen werden mit der Betrachtung eines neuen Kreuzes aus jüngster zeit. Am Süd-Eingang von Worringen grüßt an der Ecke Alte neusser Landstraße – Senfweg ein in seiner Form und gestaltung etwas ungewöhnliches Holzkreuz. Es ist ein echtes Wegezeichen im Stil der heutigen zeit, ein Anziehungs- und Blickpunkt für jeden, der aus Richtung Köln in unseren ort kommt, wenn er die ersten Häuser erreicht.  

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 Man sucht auf den

ersten Blick vergeblich den Korpus des gekreuzigten Heilands. Seine Gestalt ist ersetzt durch modern empfundene und stilistisch einwandfrei gestaltete Symbole von Fischen, Ähren und Traube, die wie Geheimzeichen entschlüsselt werden wollen. Den Fisch malten die Christen schon in den Verfolgungen der ersten Jahrhunderte in den Sand der Wege, wenn sie sich einander zu erkennen gaben. Das griechische Wort für Fisch = Ichthys enthält die Anfangsbuchstaben eines kurzen Glaubensbekenntnisses: J Ch Th Y S

esoùs ristos eou los oter

= Jesus = Christus = Gottes = Sohn = Retter

Über und unter dem Fisch sieht man drei Ähren und

eine Weintraube. Mit allen drei Zeichen ist Worringen eng verbunden: Hier wurde und wird Getreide angebaut. Der Fisch aus dem nahen Rhein diente ebenfalls früher dem Lebensunterhalt der hier wohnenden Menschen. Die Traube (Wein) deutet auf die Lebensfreude der Worringer hin. Das massive eichene 2.20 Meter hohe Kreuz, als ein Zeichen unserer Generation, wurde initiiert von Toni Jägers, entworfen, in seiner prägnanten Form gestaltet und künstlerisch geschnitzt von Hans Esser. Es wurde am Christkönigsfest 1981 unter dem Patronat des Pfarrgemeinderates von St. Pankratius feierlich eingeweiht. Möge die Betrachtung der Kreuze und Denkmäler, dieser steinernen Zeugen des Glaubens unserer Vorfahren, an denen wir so oft

acht- und gedankenlos vorübergehen, mit dazu beitragen, dass wir Menschen von heute wieder die rechte Beziehung zu ihnen finden. Gerade bei uns im geschichtsträchtigen Worringen sollten wir uns auf die Wurzeln der Überlieferung unserer Ahnen hin und wieder besinnen, sowie auf deren Erfahrungen und Erkenntnisse, damit uns diese Zeichen zum Nachdenken führen.

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Sie dokumentieren einmal die religiöse Gesinnung der Bewohner unserer Heimat. Aus ihrem Glauben und ihrem Gottvertrauen entstanden diese Zeugen aus alter Zeit. Die heutige Generation möge sie in treue Obhut nehmen zur Ehre Gottes und zum Segen der Heimat!

Ein hölzernes Wegekreuz begrüßt uns, wenn wir über die Alte Neusser Landstraße in den Ort kommen.


KREuzigungSgRuPPE in DER LoHn Wir gehen wieder ortseinwärts zur Straße „in der Lohn“. in einer Kurve entdecken wir, angelehnt an eine Hauswand, einen eindrucksvollen Bildstock, eine verhältnismäßig gut erhaltene Kreuzigungsgruppe in einem altar- und chorähnlichen umbau, „Aedicula“ genannt. Sie ist von zwei schmucklosen Rundsäulen mit wulstigen Kapitellen flankiert. Diese tragen das gewölbte, schützende Dach. in dieser Rundbogennische aus verputzten und gestrichenen Feldbrandziegeln steht das einfache, klar gestaltete Kreuz aus Trachyt. Rechts und links davon sind die Figuren der gottesmutter und des Apostels Johannes, beide wie das Kreuz aus Trachyt, an der Rückwand postiert.

Die Nische, in der eine Statue der Mutter Gottes aufgestellt war, befand sich am Haus Breiter Wall 6.

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 Unter dem Kreuz ist die

in der angedeuteten Expositionsnische befindliche weibliche Steinstatuette nicht mehr deutbar. Da viele Bildstöcke ähnlicher Art aus der Bitte um Vergebung und Erlösung von Sünden entstanden sind (hier ist der Ausdruck vom Erlösertod Jesu sehr sinnfällig), könnte die kleine, bescheidene Figur die Bittstellerin darstellen. Vielleicht ist sie auch die Patronin der unbekannten Stifterin, die zum Beistand oder zur Unterstützung des Gebets zugezogen ist. Vielleicht ist sie aber die Stifterin selbst, deren abwärts gerichtete Hand auf eine Inschrift weist, sie sich einmal auf dem Sockelteil befand.

Die Inschrift wurde irgendwann aus Unkenntnis ihrer Bedeutung entfernt, so dass die Namen der Stifter und das Alter das Bildstocks heute nicht mehr exakt festzustellen sind. Einige Fachleute weisen die Kreuzigungsgruppe der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts zu, andere wiederum dem 18. Jahrhundert.

Gesamthöhe des Bildstocks = 4.20 Meter Gesamtbreite = 2.45 Meter Großfiguren = 0.80 Meter Kleine Figur = 0.45 Meter Kreuz = 2.10 Meter

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Lange Zeit wurde früher hier bei der Fronleichnamsprozession der Segen erteilt. Das eindrucksvolle steinerne Bildwerk soll in alter Zeit, wie erzählt wird, an einer anderen Stelle des Dorfes gestanden haben. Entgegen der ersten Deutung soll es aufgrund einer alten Überlieferung nach einer Hochwasser- und Überschwemmungskatastrophe des Rheins zum Dank dafür, dass die Worringer Bevölkerung glimpflich davongekommen war, errichtet worden sein.

An der Kreuzigungsgruppe In der Lohn verweilten die Teilnehmer der Fronleichnamsprozessionen vergangener Jahre für ein Gebet oder eine Andacht.


MiSSionSKREuz

AM WÄgKRÜTz

Erwähnt werden soll zum Schluss noch das an der ostseite des Turmes unserer Pfarrkirche hängende 3.15 Meter große „Missionskreuz“. Es ist ein äußeres, symbolhaftes zeichen der Buße, das die Menschen vor Jahrzehnten hier in Erkenntnis ihrer Sündenhaftigkeit dem Herrgott weihten. Es wurde von einem alten kunstsinnigen Worringer Schreinermeister, dessen name leider nicht mehr bekannt ist, geschnitzt. gegen Ende der 70er Jahre ist es restauriert und mit einem neuen bogigen (statt wie bisher giebelförmigen) Baldachin versehen worden.

Von Peter Berchem (1866 – 1922)

Corpus Roggendorf

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Fühlinger Kreuz

Fühlingen Grabkreuz

Wegekreuz in Langel

Et steiht e Wägkrütz vör der Stadt Verloßen un vergesse; Der Meister, der et hät gemaht, weed keiner wahl mieh wesse.

Se mahten an dem Wägkrütz Halt, Die su op heim ahn ginge, un han dem Herrgott dran verzallt, Wovun ehr Hätz wollt springe.

Et steiht do unger ’nem ahlen Baum, ne Reß geiht durch de Medde; Der Herrgott dran erkennt mer kaum, Dä hät et mihts geledde.

Dä hät se stomm bloß angeloot Bei ehrem bettere Klage, un jedem wor, als wenn hä hoot: „ich hatt noch mieh ze drage“. Dann wood dat Hätz do unger stell, Wie schwer et hatt geledde, un saht getrus: „Wie gott et well!“ un kunnt sich widder bedde.

Doch wenn dat Krütz verzälle künnt, Et wöß uns vill ze sage Vun Minscheleid und Minschesünd, Wat all wood derrgedrage. Der ein gingk en de Stadt erenn Voll Hoffnung, unverdorve, un kom zoröck met schwerem Senn. Sing unschold wor gestorve.

Damals und heute: Das Missionskreuz an der Ostseite der Worringer St. Pankratiuskirche.

Pestkreuz Rheinkassel

Der andere trok zor Stadt eruus, De ganze Welt ze kaufe, un schlech sich beddelärm noh Huus un stervensmöd vum Laufe.

Wegekreuz Thenhoven

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St. Pankratius Am Worringer Bruch www.st.pankratius.info

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Die Hinrichtung Jesu Da lieferte er (Pontius Pilatus) ihnen Jesus aus, damit er gekreuzigt würde. Sie übernahmen Jesus. Er trug sein Kreuz und ging hinaus zur sogenannten Schädelhöhe, die auf Hebräisch Golgota heißt. Dort kreuzigten sie ihn und mit ihm zwei andere, auf jeder Seite einen, in der Mitte Jesus. Pilatus ließ auch ein Schild anfertigen und oben am Kreuz befestigen; die Inschrift lautete: Jesus von Nazaret, der König der Juden. Dieses Schild lasen viele Juden, weil der Platz, wo Jesus gekreuzigt wurde, nahe bei der Stadt lag. Die Inschrift war hebräisch, lateinisch und griechisch abgefasst. Die Hohenpriester der Juden sagten zu Pilatus: Schreib nicht: Der König der Juden, sondern dass er gesagt hat: Ich bin der König der Juden. Pilatus antwortete: Was ich geschrieben habe, habe ich geschrieben. Nachdem die Soldaten Jesus ans Kreuz geschlagen hatten, nahmen sie seine Kleider und machten vier Teile daraus, für jeden Soldaten einen. Sie nahmen auch sein Untergewand, das von oben her ganz durchgewebt und ohne Naht war. Sie sagten zueinander: Wir wollen es nicht zerteilen, sondern darum losen, wem es gehören soll. So sollte sich das Schriftwort erfüllen: Sie verteilten meine Kleider unter sich und warfen das Los um mein Gewand. Dies führten die Soldaten aus. Bei dem Kreuz Jesu standen seine Mutter und die Schwester seiner Mutter, Maria, die Frau des Klopas, und Maria von Magdala. Als Jesus seine Mutter sah und bei ihr den Jünger, den er liebte, sagte er zu seiner Mutter: Frau, siehe, dein Sohn! Dann sagte er zu dem Jünger: Siehe, deine Mutter! Und von jener Stunde an nahm sie der Jünger zu sich. Danach, als Jesus wusste, dass nun alles vollbracht war, sagte er, damit sich die Schrift erfüllte: Mich dürstet. Ein Gefäß mit Essig stand da. Sie steckten einen Schwamm mit Essig auf einen Ysopzweig und hielten ihn an seinen Mund. Als Jesus von dem Essig genommen hatte, sprach er: Es ist vollbracht! Und er neigte das Haupt und gab seinen Geist auf. Aus dem Johannesevangelium, Kap. 19, Vers 16-30


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