Als Raumunternehmen braucht es Kenntnisse in vielen verschiedenen Bereichen, auch in wirtschaftlichen Fragen. Braucht man dafür ein wirtschaftliches Studium, oder ist man mit einem anderen Ausbildungshintergrund qualifizierter? KO Da gibt es keine eindeutige Antwort. Man entwickelt eigentlich eine Antenne zu einer anderen Welt, der Welt der Nutzerinnen und Nutzer. Man kann das mit dem DesignThinking vergleichen, das ja produkt- und nutzerinnenorientiert ist und dadurch viel näher am Markt dran ist. Raumunternehmen sind näher an der Gesellschaft dran als am Immobilienmarkt. Ihnen ist bekannt, welche Räume gebraucht werden, welche
Räume gemeinschaftlich genutzt werden können, welche Mieten dafür bezahlt werden können, welche Nutzungskonzepte erfolgreich sind, welche Mischnutzungen sich auszahlen. Dieses Wissen bekommen Raumunternehmen nicht durch Standort- und Marktanalysen, sondern durch ihre Netzwerke. Wäre ein Studiengang für Raumunter nehmerinnen und -unternehmer sinnvoll? KO Raumunternehmen leben eigentlich sehr stark am Puls der Zeit. Sie müssen ständig darüber nachdenken, was Städte und Nachbarschaften heute brauchen, wie sie sich entwickeln. Ich bin mir nicht sicher, ob man das in einem Studiengang vermitteln kann. Eine Kernkompetenz von Raum unternehmen ist ja auch eine Affinität für gemeinwohlorientierte Projekte. Man stellt Kontakt zu Behörden her, und auch zur Politik. Gleichzeitig braucht man eine Antenne für die Bedürfnisse von Raumsuchenden, von jungen Leuten, Start-ups oder kulturell Aktiven. Diese Antenne hilft Raumunternehmen, gute Projekte auf die Beine zu stellen. Wenn man „Raumunternehmen“ als Studium andenken würde, dann ginge es in Richtung eines dualen Studiums: Es sollte total praxisorientiert sein, und das Prototyping eines konkreten Projektes wäre essenziell.
4. RAUMUNTERNEHMEN IM FOKUS
Raumunternehmen stehen mit ihrem Geschäftsfeld zwischen Immobilien besitzerinnen, Immobilienentwicklern, Raumnutzerinnen und Mietern. Wie sieht die Immobilienwelt Raumunternehmen? KO Auf jeden Fall als Pioniere, als Do-it-yourselfProjektentwickelnde, die sich mit einer Idee einen Ort aneignen, ein Profil für diesen Ort entwickeln und den vorhandenen Raum eigenständig bespielen. Und das Interessante ist: In diesem Geschäftsfeld verbinden sich eine am Gemeinwohl orientierte Nutzung mit wirtschaftlichen Gewinnüberlegungen.
Klaus Overmeyer, Landschaftsarchitekt und Stadtentwickler, im Gespräch mit Paradocks
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Interview