UNSEEN PROFIT - Zum Potenzial von temporären Nutzungen in der Immobilienentwicklung

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Oft werden rechtliche Bedenken gegen Zwischen­ nutzungen ins Treffen geführt. Tatsächlich ergeben sich einige rechtliche Fragestellungen bei der Vertrags­gestaltung und der Auswahl des richtigen rechtlichen Rahmens. Diese Fragestellungen sind aber durchaus lösbar, wie der nachfolgende Beitrag zeigt.

sind grundsätzlich abdingbar, das heißt, es bestehen bei der Vertragserrichtung verschiedenste Gestaltungs­ möglichkeiten. Vorsicht ist allerdings bei der Regelung einer Kostentragung durch den Zwischen­nutzenden geboten. Unentgeltlichkeit bedeutet zwar nicht, dass gar keine Kosten­übernahme vereinbart werden kann, es bestehen aber enge Grenzen. Unproblematisch sind jene Kosten, die sich direkt und unmittelbar aus dem Gebrauch der Räumlichkeiten beziehungsweise der Liegenschaften ergeben, wie etwa die Kosten für Warmwasser und Heizung, Liftbetriebskosten sowie die Kosten der Hausverwaltung oder Haus­ betreuung. Jene Kosten, welche die Eigentümerin und der Eigentümer unabhängig von einer konkreten Nutzung oder Überlassung der Räumlich­keiten treffen, wie etwa Grund­steuer, Bank­gebühren, Kleinreparaturkosten, Raten für Sanierungs­darlehen, Beiträge zur Rücklage nach dem WEG und ähnliches, stellen an sich Entgelt dar; und es kann im Fall der Kostenübernahme ab einem gewissen Ausmaß ein Mietvertrag vorliegen (unschädlich sind im Verhältnis zum Nutzwert vernach­lässigbaren Beträge – der sogenannte Anerkennungszins).

Aus juristischer Sicht ist vorweg klarzustellen, dass es keine Sondernormen für Zwischennutzungen von Geschäftsräumlichkeiten gibt. Zwischennutzungen sind also grundsätzlich zunächst in die allgemeinen rechtlichen Regelungen für Mietverträge beziehungs­ weise Leihverträge einzuordnen. Bei der Zwischennutzung werden Räumlichkeiten oder Liegenschaften vorübergehend überlassen, bis sie von der Liegenschaftseigentümerin und dem -eigentümer ihrem eigentlichen Zweck wieder zugeführt werden. Da es sich hierbei um eine Zwischenphase oder -lösung handelt, erfolgt die Überlassung meist zu anderen Konditionen als bei herkömmlichen Raumüberlassungen. Miete oder Leihe? Da Zwischennutzungen nicht zwangsweise unent­ geltlich sein müssen, ist als Vorfrage zu beantworten, ob für die Überlassung der Räumlichkeiten ein Mietzins oder eine sonstige wirtschaftlich relevante Gegenleistung entrichtet wird. Daran knüpft sich die Frage, welche Rechtsgrundlagen auf das Vertrags­­ verhältnis anzuwenden sind. Die Miete von Räumlich­ keiten unterliegt grundsätzlich dem Anwendungs­ bereich des Mietrechtsgesetzes (MRG). Das MRG stellt ein Sondergesetz für Mietverhältnisse dar, wobei in § 1 ausführlich geregelt wird, auf welche Mietverhältnisse es anzuwenden ist – und ob alle seine Bestimmungen (Vollanwendungsbereich) oder nur Teile davon (Teilanwendungsbereich) zur Anwendung gelangen. Die Bestimmungen des MRG sind zu einem großen Teil Mieterschutzbestimmungen und können einzelvertraglich nicht abbedungen werden. Werden die Räumlichkeiten unentgeltlich überlassen, so liegt meist eine Leihe vor, beziehungsweise – bei der Möglichkeit des jederzeitigen Widerrufs – die Sonder­form des Prekariums. Die gesetzlichen Bestimmungen für Leihverhältnisse (§§ 971 ff ABGB)

Es sei aber davor gewarnt, sich auf unklare Regelungen oder Umgehungskonstruktionen einzulassen. Für den Bereich der Überlassung von Geschäftsräumlichkeiten gibt es hier auch wenig Anlass, weil sowohl bei unent­ geltlichen als auch entgeltlichen Verträgen jede Art der zeitlichen Befristung möglich ist. Aspekte der Instandhaltung und Instandsetzung Wesentlich bei der Vertragsgestaltung können auch Fragen der Instandhaltung oder eventuell Instandsetzung beziehungsweise Haftung und Gewährleistung sein. Soll nämlich dem Zwischen­ nutzenden (neben den laufenden Kosten) weitere Instandsetzungsmaßnahmen oder auch die Verpflichtung zur Beseitigung schwerer Schäden des Objektes überbunden werden, so kann dies gegen das Vorliegen eines Leihvertrags oder Prekariums sprechen. Gerade wenn es sich aber um Objekte handelt, die nach der Zwischennutzung etwa abgerissen werden sollen, haben die Eigentümerin und der Eigentümer jedoch oft kein Interesse daran, noch irgendwelche Investitionen tätigen zu müssen.

5. RAHMENBEDINGUNGEN TEMPORÄRER NUTZUNGEN

Harald Karl, Pepelnik & Karl Rechtsanwälte / Kreative Räume Wien und Valerie Brödl, Paradocks

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Rechtliche Rahmenbedingungen für Zwischennutzungen von Geschäftsräumlichkeiten


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