PARADOX Ausgabe 03

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NAZAR • VIECH • KRAUTSCHÄDL • THE SORROW • CLARA LUZIA • UVM

PARADOX

GRANADA GREEN LEAF

SPECIAL

HINTER DEN

KULISSEN VON

NAPALM RECORDS


p a r t y p l a n u n g www.vip-party-planung.com


HALLO! Es spielt Granada. Und das völlig zurecht. Spätestens wenn „Ottakring“ und „Eh Ok“ in die zweite Runde gehen, verliebt man sich in die „optimistische Tristesse“, die von der Band und ihrer Musik ausgeht. Den Platz am Cover haben sie sich verdient, weil wir der Überzeugung sind, dass die Jungs das heimische Musikbewusstsein nach Bilderbuch und Wanda noch einen Level höher heben werden. Dass der Musik aus Österreich durchaus ein Alleinstellungsmerkmal innewohnt, das außerhalb unserer Grenzen Beachtung findet, erklärt Thomas D von Fanta 4, den wir im Zuge unseres Nuke Festival Features als Special Guest zum Interview laden konnten. (Keine Sorge, PARADOX bleibt das Musikmagazin für die heimische Szene, doch wir brauchen Ausnahmen, um die Regel zu bestätigen.) Spricht man indes Camo & Krooked auf die Erfolgschancen im eigenen Land an, bemühen sie die Metapher vom Propheten im eigenen Land. Muss man als österreichischer Künstler tatsächlich erst im Ausland Ruhm ernten, um hierzulande anerkannt zu werden? Offenbar ist das so, doch das kann sich auch ändern. So wollen wir diese Zeilen mit einem Aufruf schließen: Geht hin zu den Konzerten dieser wunderbaren Künstler und Künstlerinnen, kauft ihre Platten und werft ihnen eure Unterwäsche und rote Rosen auf die Bühne. Sie haben es sich verdient.

Georg Chefredaktion

PARADOX

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INHALT

041 • CLARA LUZIA

072 • THE SORROW

048 • VIECH

016 • GRANADA

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006 • Krautschädl


/ interviews / features 010 • Ramona Rotstich Wie echt ist Ramona Rotstich wirklich?

022 • Polkov

Es gibt Neues von Polkov, Baby!

028 • Nuke Festival Von der Renaissance in die Zukunft.

040 • Suncrust Eine Nu Metal Band aus Graz

044 • The Sado Maso Guitar Club The Sado Maso Guitar Club sind zurück

050 • Shiny Crack Gordon Hip-Hop als Kollektiv

064 • Codes & Keys Willkommen im Synthie-Himmel

068 • Dhark Die neue Band aus Prometheus’ Asche

070 • RAF Camora Repräsentant eines vollkommenen Künstlers?

075 • A Life, a Song, a Cigarette

Neustart unter Freunden

080 • Sergeant Pluck Himself

...über ihr neues Album „Overhead“...

084 • Lemo Wie man(n) auch über Gefühle singen kann

089 • Ebony Archways Bei Ebony Archways geht es bunt zu

093 • R’n’Brass Band Von der Straße auf die großen Bühnen

032 • Thomas D von Fanta 4 … über künstlerische Integrität, den Hip-Hop...

036 • 5/8erl in Ehr’n

… über Vergangenheit, Gegenwart und die freie...

038 • Kamo & Krooked

... über die Fruchtbarkeit der heimischen Musiklandschaft

062 • Jacobs Moor Melodiöses Thrashmetalgebolze aus Wien

066 • Coffeeshock Company Super Skunk Rock Reggae und alles was dahinter steckt

072 • The Sorrow Auszeit, Käsknöpf le und 70.000 Tons of Metal

078 • Reverend Backf lash Rock’n’Roll, Punk und Humor

082 • Ecliptica Let’s Metal ‘n’ Roll

086 • Nazar Vorbild, Filmemacher, Fußballfan

096 • Solarjet Solarjet auf Höhenf lug

100 • Facelift 20 Jahre und mehr

/ specials & Sonstiges 014 • Der gemeine Reggae-Fan Stereotypen

046 • Der gemeine Grunge-Fan Stereotypen

052 • Musikalische Gadgets 054 • Das Greenleaf Special

/ REPORTAGEN 012 • Von Songtexten und Romanen

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108 • Kritiken

Nationale und internationale Reviews

Die literarische Qualität von Songtexten

102 • Festival Gadgets

024 • Napalm Records

104 • Festivalkalender

Hinter den Kulissen von Napalm Records

090 • Wenn die Musik spricht Triptonus, Cobario, Styronauten

106 • Dry Aged Beef Burger 003 • Editorial 114 • Vorschau & Impressum PARADOX

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Krautschädl

Reifes Kraut für alle Rüben Nach mehr als zehn Jahren konsequenter Arbeit sind Krautschädl vorläufig am kommerziellen Höhepunkt ihrer Karriere angelangt. Ein Interview über Musik, das Geschäft hinter ihr und ein bisschen Politik.

Ihr macht seit mittlerweile zwölf Jahren gemeinsam Musik und wart jetzt mit „Feiah Fonga“ das erste Mal an der Spitze der offiziellen Verkaufscharts zu finden. Provokant gefragt: Wolltet ihr bis jetzt nicht oder war es mit eurem bisherigen Stil schlichtweg nicht möglich, ein größeres Publikum zu erreichen? Wir hatten ja eigentlich immer schon sehr konsensfähige Songs im Programm. Der Unterschied ist einfach, dass die Radios jetzt aufgesprungen sind. Es hat sich viel weniger die Ausrichtung der Band als der mediale Rahmen verändert, in dem das Ganze stattfindet.

Wie wichtig ist es für euch, dass ihr den „Untergrund“ des Musikgeschäfts jahrelang miterlebt habt, bevor ihr der größeren Masse ein Begriff geworden seid? Wir glauben nicht, dass ein schneller Erfolg auf irgendeine Art und Weise ein Nachteil ist. Das ist meistens eher so ein Narrativ der Erfolglosen, um zumindest den ideellen Sieg davonzutragen. Fakt ist: Das Leben im von dir sogenannten Untergrund ist geil! Fakt ist auch: Es besteht da 6

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mehr Kontinuität, als man vielleicht annehmen möchte – wir sind halt jetzt einfach ein bisserl größere Fische, aber es ist immer noch derselbe Teich. Es gibt ja in Wirklichkeit auch gar keinen Untergrund im eigentlichen Sinn.

Ihr singt in oberösterreichischem Dialekt - Wieso? Spiegelt der Dialekt die Verbundenheit zu eurer Heimat wider, oder fühlt ihr euch einfach wohler damit als mit Hochdeutsch? Ein folkloristischer Zugang von wegen: Dialekt ist Heimat. Oder schlimmer noch: Dialekt ist Authentizität. Das ist uns doch sehr zuwider. Wir singen im Dialekt, weil wir uns da am wohlsten fühlen und am ehesten die Qualität liefern können, die wir uns vorstellen. Wobei es dabei weniger um inhaltliche Aspekte, sondern vielmehr um eine bestimmte Klang-Ästhetik geht.

Geschnapste ist. Was am schlimmsten ist: Nicht nur materiell, sondern auch ideell. Das ist sicherlich nicht allein Symptom der Branchenkrise, sondern vielmehr ganz allgemein einer Zeit, die Krisen und Katastrophen zur Norm erhoben hat. Da kommen dann natürlich, wie in der Politik, die Hardliner nach oben. Wenn man sieht, was heute zum Teil für Zwiebackmäßige Rechenmeister Betriebe steuern, kann und darf einem schon schlecht werden. Es geht halt oft nur mehr um Planbarkeit, Funktionalität und darum, den Kommunikations-Flow aufrechtzuerhalten. Also auch darum, den Status quo aufrechtzuerhalten. Für Pop als eine Intervention gegen das Bestehende oder die Wirklichkeit selbst, bleibt da kaum mehr Platz. Die marktmäßige Hinrichtung der Kreativität führt also vor allem zu einem: Langeweile.

Ihr wart bei einem Major Label unter Vertrag. Was war damals

anders als jetzt? Wir sind halt jetzt gewissermaßen unsere eigenen Bosse. Das hat bekanntlich gute und schlechte Seiten. Positiv ist, dass wir deutlich mehr Freiheiten haben. Andererseits bleibt jetzt wieder viel mehr Arbeit an uns hängen.

Bilderbuch sind mit ihrem eigenen Label sehr gut unterwegs und ihr habt es mit einem kleineren (DB Music) jetzt bis nach ganz oben geschafft Sind Labels eurer Meinung nach überholte Institutionen? Allgemein kann man sagen, dass wir gerade einen gesellschaftlichen Umbruch erleben, dessen Auswirkungen sich jetzt noch nicht ermessen lassen, der aber zwingend

Glaubt ihr, dass ihr von dem Hype um den ominösen Austropop 2.0 profitiert? Indirekt, indem die großen Radios ein bisschen ihre Scheu davor verloren haben, mit heimischen Künstlern zu arbeiten. Ansonsten eher weniger – wir glauben auch nicht, dass wir mit diesem Hype assoziiert werden. Dafür sind wir doch zu wenig in Wien. Und rund um Wien ist, durchaus zum Teil auch auf eine sehr regressive, folkloristische Weise, ja bekanntlich dieser Hype zentriert.

Was ist eurer Meinung nach das größte Problem in der österreichischen Musikszene? Dass keine Sau mehr Platten kauft. Das gilt aber global. Und: Dass das neu ist. Wo jetzt viel weniger Geld da ist, kommt es immer wieder zu Umverteilungskämpfen, bei denen dann nicht selten der Musiker der PARADOX

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auch das gesamte Musikgeschäft fundamental verändern wird. Erste Möglichkeit: Die neuen Technologien wachsen uns über den Kopf, der Mensch regrediert und wird wieder zum Maschinentier oder zur Tiermaschine, beziehungsweise zur Konsummaschine. Wer braucht jetzt noch eine Musik, wo doch bereits die Motoren oder die Rechner im selben Takt dröhnen wie unsere Herzen und Gehirne? Zweite Möglichkeit: Wir erleben in noch stärkerem Ausmaß eine Renaissance des Nationalismus – Die Rechten übernehmen wieder mal Europa und damit auch den Kulturbetrieb. In dem Fall: Servus, Geschäft. Dritte Möglichkeit: Alles wird gut. Aber wie, bitteschön, soll das gehen?

„Booker sind heutzutage wichtiger als Labels“ – seht ihr das so? Natürlich haben die Booker an Bedeutung gewonnen, wo die Labels, die ja den einbrechenden beziehungsweise den bereits eingebrochenen Tonträgermarkt bedienen, an Bedeutung verloren haben. Deswegen liegen die BookingGebühren mittlerweile auch viel höher als noch vor zehn Jahren. Wir haben da allerdings mit unserer Agentur Ink Music richtig Glück gehabt. Die leisten eine Spitzenarbeit. In dem Bereich sind wir glücklich wie nie zuvor.

Nummer eins in den Charts und regelmäßig gut besuchte, teils auch größere Konzerte – ihr lebt für die Musik. Aber könnt ihr von ihr leben? Ich [Sonti] bin Germanist und arbeite sehr viel als Texter, unser Drummer ist Tontechniker und betreibt ein Studio und unser Sänger ist Physiotherapeut. Sonst ginge es nicht, das muss man schon sagen.

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Die politische Lage in Europa ist dramatisch wie selten zuvor – ist es eurer Meinung nach Aufgabe von KünstlerInnen, zu im wahrsten Sinne des Wortes weltbewegenden Themen Stellung zu beziehen und diese in der Kunst zu behandeln? Wir wollten eigentlich nie eine politische Band sein, sondern immer eher einen apolitischen Raum schaffen, in dem dann alles leiwond und supa ist. Oft ist es auch leichter, die negativen Dinge zu sehen und darüber zu schreiben - schreib einmal einen ironiefreien Lovesong, der nicht peinlich ist, oder einen Song über die Geilheit von Spritzer-Weiß, der nicht super peinlich ist. Da wird es dann schon schwieriger. Aber das ist es halt, was uns bewegt. Als Privatpersonen geht uns zurzeit allerdings so manches auf die Nieren, sodass wir bei den Konzerten jetzt doch immer klar Stellung bezogen haben - ob es um das peinliche Verhalten des Innenministeriums zurzeit geht oder um die grob fahrlässige und kulturgefährdende Politik der FPÖ. Irgendwann hört sich dann schon auch die Gaudi auf. Unsere Songs, unsere Riffs und Melodien wollen wir uns von tagespolitischen Themen aber nicht versauen lassen.

Kommt nach dem Erfolg jetzt eine ruhigere Phase? Wir gehen jetzt erstmal auf Sommertour. Mit Folkshilfe, Wanda und Seiler und Speer spielen wir am 16. Juli auf der Burg Clam und vorher am 11. Juni am Nova Rock. Das wird super!

Wenn jemand eines unbedingt von Krautschädl wissen sollte, dann wäre das, dass…? … wir wirklich so gut sind!

Text Michael Bertl Fotos pierer


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RAMONA ROTSTICH 10

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Wie echt ist Ramona Rotstich wirklich? Leuchtend rote Haare, entschlossene Mimik und ein neckisches Funkeln in den Augen – das ist Ramona Rotstich, eine Popsängerin und Songwriterin aus Wien. In Songs wie „Tausche Mann gegen Schuhe“ oder „Mit Liebe gemacht“ aus ihrem Album „Raketenbaby“ offenbart sie Gedanken, die zwar jeder von uns schon einmal hatte, jedoch nur wenige so offen aussprechen. Aber ist Ramona Rotstich wirklich diejenige, die wir in ihren Videos erleben dürfen? Eine junge Frau, die mit ihrer ElectroPop-Musik polarisiert und die frei ausspricht, was sie sich gerade denkt? Wie sieht die ungeschminkte Ramona aus? Im Interview verrät sie, dass sie privat sehr ähnlich ist und sie sich im Lauf der Zeit zu der heutigen Person entwickelt hat. Die roten Haare sind zwar zu ihrem Markenzeichen geworden, die trägt sie aber eigentlich nur, weil sie selbst darauf steht. Und die Musik? Die ist eine Mischung aus synthetischen Popmusik-Klängen und ehrlichen, selbstgeschriebenen Texten.

Musikalisch Frust abbauen Beim Texten der Songs kann sie ordentlich Dampf ablassen: “Als Musikerin habe ich das Glück, verschiedene Ausdrucksmöglichkeiten zu nutzen, um Frust abzubauen. Das heißt, ich muss niemandem wehtun oder Autos zerstören, um mich abzureagieren.” Für alles, was sie nicht in ihren eigenen Songs loswerden kann, dienen ihr Titel, die sie für andere Künstler schreibt. Dafür ist es ihr sehr wichtig, die jeweilige Person kennenzulernen. Nur so kann sie sich in andere hineinversetzen, um

authentische Titel zu schreiben. Als Person und nicht nur als Musikerin auf der Platte oder der Bühne wahrgenommen zu werden, ist etwas, das Ramona sich auch für sich selbst wünscht: “Oft arbeitet man zwei Jahre an einem Album und die Fans bekommen dann nur die Platte zu hören oder ein Musikvideo zu sehen und das war’s dann für mehrere Wochen oder Monate. Das möchte ich bei mir nicht. Es gibt Leute, die interessieren sich auch für das, was ich in der Zwischenzeit mache.” Das ist der Grund, warum sie viele Momente ihres Lebens in Youtube-Videos oder Facebook-Posts festhält. Sie möchte damit die Distanz zwischen sich als Sängerin und ihren Fans verringern. Schlechte Erfahrungen hat sie bislang kaum gemacht. Trotzdem ist sie sich bewusst, dass Social Media Aktivitäten die Gefahr von „Hatern“ bergen. Ist Kritik allerdings nicht konstruktiv, dann beschäftigt sich Ramona nicht mehr damit und hakt die Geschichte als „dumm gelaufen“ ab.

Neue Welten erobern Was ihr dafür umso besser gelingt, ist der facettenreiche Einsatz ihrer Stimme. Ramona hat neuerdings Gefallen an A Capella Versionen ihrer Songs gefunden. Ein Kontrast zu den sonst flotten Songs, die von schnellen Beats und Schlagzeugsounds leben, der zeigt, wie abwechslungsreich die Sängerin sein kann. Mal sehen, zu welchem musikalischen Planeten sich das Raketenbaby Ramona Rotstich als nächstes aufmachen wird.

Text Claudia Niedermeier


Foto: Mato Johannik

PARADOX 11 WWW.POP-NEWS.AT


/Von Songtexten und Romanen

verbalen Brechdurchfall oder große Worte zum Wesen des Lebens und der Liebe hält – kalt lassen sie jedenfalls kaum jemanden und am liebsten verfolgen sie einen an jeden noch so undenkbaren Ort. Dass Marco Michael seine Brötchen, die er mittlerweile ganz schön dekadent belegen kann, als Musiker und nicht als Literat verdient, scheint er bestens verschmerzt zu haben. Als Betätigungsfeld bleiben ihm ja immer noch die Wanda’schen Songtexte und deren Machart hat wohl einen nicht unwesentlichen Beitrag zum derzeitigen Erfolg der Band geleistet.

Die literarische Qualität von Songtexten kann mitunter grausam sein, fallweise haben die gesungenen Worte aber auch einen besonderen Feinschliff. Und bei manchen Künstlern kommt zum musikalischen Talent tatsächlich auch ein literarisches.

“Ist das elegant du glaubst du stehst daneben / Flasche in der Hand - das ist dein ganzes Leben / Immer schaust du aus als wärst du schon erledigt / ein Vorhang weht allein und traurig in Venedig”

Die einen verspüren bei diesen Zeilen akutes Ohrensausen inklusive leichter Übelkeit, die anderen glauben den Sinn und Unsinn des Lebens damit endlich akkurat in Worte gefasst. Ist der Mann hinter diesen Zeilen – ja, ihr wisst es sicher längst, es handelt sich dabei um Marco Michael Wanda – ein Sprachkünstler oder ein penetranter Stümper? Die Antwort darauf liegt zweifellos im Ohr des Zuhörers. Eines steht jedoch fest: Der Verfasser dieser Verse studierte am Institut für Sprachkunst der Universität für angewandte Kunst in Wien. Ob man die Songtexte von Wanda nun für 12

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333 Kolumnen Einige seiner Kollegen halten es aber dann doch lieber dezidiert mit beiden Standbeinen. So ist etwa Ernst Molden als Musiker und als Autor umtriebig. Neben seinen zahlreichen Alben, zuletzt etwa “Unser Österreich” gemeinsam mit dem Nino aus Wien, schuf der Wiener Theaterstücke, Romane, Essays und noch einiges mehr. Vielen mag er auch aus der Wochenendbeilage der Tageszeitung Kurier bekannt sein, für die er bis letztes Jahr insgesamt 333 Kolumnen unter dem Titel “Wien Mitte” verfasste. Darin reflektierte er auch gerne mal seine musikalische Tätigkeit. Musizieren und Schreiben verflechten sich hier also auf engste Weise und genügend LeserInnen und HörerInnen waren wohl von beidem gleichsam angetan. Eine weitere Zusammenarbeit von Ernst Molden führt uns zum nächsten Kollegen, der ebenfalls Literarisches und Musikalisches auf den Markt wirft. Dabei handelt es sich um Werner Krispel, zusammen mit Molden bildete er The Red River Two, die 2013 ein Album veröffentlichten. Ein Jahr zuvor erschien Krispels erster Roman “Der Sommer als Joe Strummer kam”. Wie der Titel schon verrät, geht es auch darin durchaus um Musik, genauer gesagt spielt die stark autobiographisch gefärbte Geschichte in der Punk- und Hardcoreszene der 70er und 80er Jahre in Linz. Aus der Punk-Ecke kam auch Krispels erste Band Die Feuerlöscher, aktuell schreibt er im Augustin über Musik.


Einiges Aufsehen und stimmige Verkaufszahlen erreichte im Jahr 2015 ein deutscher Musiker mit seinem Romandebüt: “Sophia, der Tod und ich” von Thees Uhlmann widmet sich den ganz großen Fragen des Lebens. Darin steht der Tod persönlich vor der Türe und will den Erzähler mitnehmen. Damit schaffte es Uhlmann auf die Spiegel-Bestsellerliste und kann neben musikalischen Erfolgen mit seiner früheren Band Tomte und seinem Soloprojekt auch einen literarischen Erfolg einfahren. Der Autor von Songs wie “Zum Laichen und Sterben ziehen die Lachse den Fluss hinauf” veröffentlichte allerdings bereits 2000 mit “Wir könnten Freunde werden. Die Tocotronic Tourtagebücher” ein Buch und schrieb für die Magazine Intro, Spex, Visions und Musikexpress.

Cave, Cohen und Kinderbücher Auch international finden sich interessante Geschichten um Romane von berühmten Musikern. So veröffentlichte der kanadische Singer/Songwriter Leonard Cohen vor seiner Weltkarriere als Musiker mit “The Favorite Game” und “Beautiful Losers” in den 60ern zwei Romane, die wenig Beachtung fanden, schließlich aber durch seine Bekanntheit als Musiker doch noch in den Fokus der Öffentlichkeit gerieten und heute zu Klassikern der kanadischen Literatur zählen. Ein weiterer Musiker von Weltrang, der auch mit Erfolg in die Tastatur haut, ist Nick Cave. Seine Romane “Und die Eselin sah den Engel” sowie “Der Tod des Bunny Munro” sind, wie die Titel schon vermuten lassen, ebenso von Düsternis und Morbidität geprägt, wie seine Musik. An ein gänzlich anderes Zielpublikum wendet sich da schon Colin Meloy, der Sänger von The Decemberists. Er veröffentlichte mit “Wildwood” ein Kinderbuch, in dem er von magischen Abenteuern in der Wildnis erzählt. Und wenn hier schon ausführlich von Schriftstellern und Musikern in Personalunion die Rede ist, darf einer keineswegs fehlen, obwohl er nie einen Roman veröffentlicht hat: Bob Dylan, der aufgrund der Qualität seiner Texte jahrelang als Anwärter auf den Literaturnobelpreis galt. Bekommen hat er ihn nie, dennoch ist der Übergang von Musik zu Literatur hier wohl ein fließender.

VOM TOD UND DEN LACHENDEN LACHSEN.\ Text Carina Stiegler

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DER GEMEINE REGGAE-FAN STEREOTYPEN

KOPFBEDECKUNG Gestaltet in den traditionellen Farben von Jamaika, Hand gestrickt aus ultradicker Wolle, verbrigt diese Kopfbedeckung legendäre Haarpracht: Dreads

BRUSTBEKLEIDUNG

Meist ziert die Brust des Reggae-Fans ein in jamaikafarben gehaltenes Portrait des Reggaekünstlers Bob Marley oder eine Darstellung fünfblättriger, botanischer Kräuter.

WERKZEUGE Zu den täglich im Gebrauch befindlichen Werkzeugen zählen vor allem Longpapers, feinste Sensimilla Buds, ein Grinder sowie ein Gerät zur Feuerherstellung, alles sicher verstaut in der Jackentasche.

SCHUHWERK

Je nach Wetter- und Straßenbedingungen greift der Reggae-Fan auf unterschiedlichstes Schuhwerk zu. Besonders beliebt ist allerdings die Natursohle, auch barfuß genannt.

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Kennt ihr den schon: „Was sagt ein Reggae-Fan, wenn er nichts mehr zu rauchen hat? … Kann mal jemand diese Scheiß-Musik ausmachen?!“ Seit den Tagen von Bob Marley, Jimmy Cliff und John Holt ist der gemeine Reggae-Fan zu jeder Tages- und Nachtzeit bekifft. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass 100% aller Reggae-Fans in unseren Breiten Ganja konsumieren, allerdings nur 10% aller Jamaikaner. Irgendwie haben sich wohl die Werte der Reggaekultur auf dem Weg vom Ursprungsland bis zu uns etwas verändert. Da es beim gemeinen Reggae-Fan nur noch darum geht, wer am breitesten ist und weder Religiöses noch Politisches in der Musik eine fundamentale Rolle spielt, werden Reggae-Fans auch nur begrenzt ernstgenommen. Entsprechend dem Gras-Konsum sieht auch der Tanzstil der Fans zu den typischen Off Beat Klängen der Reggaemusik aus. Allerdings ist nicht nur dieser, sondern auch der Kleidungsstil der Reggae-Fans mehr als fragwürdig. Neben den Dreadlocks tragen diese meist weit geschnittene,

übertrieben bunte Kleidung, viel zu große Wollmützen, selbst wenn man keine Dreadlocks darunter zu verbergen hat, und Schuhwerk, aus dem sie jeden Moment herauszuschlupfen drohen. In der Kleidung und der Bewegungsart spiegelt sich die gesamte Lebenseinstellung des gemeinen Reggae-Fans wider. Es geht darum, leichtfüßig und entspannt durchs Leben zu kommen. Stress muss auf alle Fälle vermieden werden. Das Schöne daran ist, dass die Gemeinschaft und Geselligkeit eine große Rolle spielen. Auch wenn es zuvor hieß, es gehe nur noch ums Kiffen, so sind doch Liebe, Frieden und Zusammengehörigkeit zentrale Werte unter den Reggae-Fans. Bei all den Vorurteilen gegenüber der Reggaemusik und ihren Fans muss man doch ehrlich gestehen, dass es wohl jedem Musikfan warm ums Herz wird, wenn er Songs wie „Three little birds“ oder „I can see clearly now“ zu hören bekommt. Nur dem Reggae ist es schließlich gelungen, eine Klangfusion aus den Jazzanfängen, dem Beatles-Aufbruch und der HippieÄra zu vollziehen.

Text Bernhard Hof bauer

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GRANADA 16

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Von Ottakring bis Graz Am Montag nach dem jährlichen Lendwirbel im Mai, einer einwöchigen Kulturveranstaltung beispiellosen Ausmaßes, scheint Graz ein wenig verschlafen bis verkatert zu sein. Hier zeigt sich die tiefe Verwurzelung Granadas mit der Stadt. Am frühen Nachmittag treffen zwei Fünftel der Band zum Interview und Fotoshooting im Bunker ein. Den Beweis, dass Thomas Petritsch und Lukacz Custos auch nach einem strapaziösen Wochenende noch fotogen sind, liefern diese Seiten. Dass Granada eine große Zukunft vor sich hat, ebenfalls. Noch am Samstag zuvor spielte Petritsch als Effi auf den Tischen im Cafe der Murinsel, um eine Initiative gegen den Bau eines neuen Kraftwerks an der Mur zu unterstützen. Mit dem Soloprojekt Effi wurde er mit englischem Gesang und reichlich Experimentierfreudigkeit zwischen Electro, Swing und Indie bekannt. Mit Granada schlägt er gemeinsam mit seinen vier neugewonnenen Bandmitgliedern Roland Hanslmeier, Jürgen Schmidt, Alexander Christof und Lukacz Custos in eine andere Kerbe. Das Quintett bewegt sich nahe am klassischen Austropop, sprachlich wie musikalisch. Die Texte könnten charmanter nicht sein, wenn Petritsch in das Mikrofon raunt: „In Ottakring ist das Leben dir gutgesinnt,

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a wennst pinkelst gegen‘ Wind.“ Doch sie ohne jedes Empathievermögen in diese Schublade zu stoßen, wäre zu kurzsichtig. Da mischt sich mal ein Indie-Vibe rein oder ein Hauch Balkan, mal ein verschmitztes Lächeln, dann wieder schizophrener Schwermut. Eine Evolution des Austropop für das 21. Jahrhundert sozusagen. Was von Effi geblieben ist, ist die charmante Stimme des Frontmanns aus der Südsteiermark. Dass die Band ausgerechnet Billy Joel’s „Vienna“ in ihr eigenes „Wien wort auf di“ verwandelt, hat dann wohl weniger mit der besungenen Stadt zu tun, als vielmehr mit der hintergründigen Botschaft des Songs.

Mit „Wien wort auf di“ habt ihr ein äußerst gelungenes Cover von Billy Joels „Vienna“ veröffentlicht. Thomas Petritsch: Ich hab Billy Joel in der Zeit, in der das Album entstanden ist, sehr häufig gehört. „Vienna“ hat von der Charakteristik her so gut reingepasst, dass ich mich daran versucht habe. Es war eine Herausforderung. Ich wollte schauen, ob das auch im Deutschen funktioniert. Es geht um dieses, zur heutigen Zeit passende Phänomen, dass die Leute zu viel arbeiten und nicht zurückschalten, dass sie immer mehr und immer weiter wollen. Man tut einfach zu viel.

''Wandern ist auch schön.'' Die erste Textzeile ist „slow down you crazy child, you’re so ambitious for a juvenile.” Man strebt nach etwas und vergisst dabei zu leben.

War tatsächlich der Auftrag, das Titellied zu Michael Riebls Film „Planet Ottakring“ zu


Petritsch: Das Projekt hat dadurch, dass ich dabei bin und die Songs geschrieben habe, natürlich mit Effi zu tun. Es war mir wichtig einen Strich zu ziehen, weil die Besetzung auch eine völlig andere ist und es musikalisch in eine andere Richtung geht. Es ist nicht so eklektisch wie Effi, es ist brachialer und erdiger.

Wieso Granada? Gerade hinsichtlich des deutschen Gesangs wirkt der Name irreführend.

schreiben, die Geburtsstunde von Granada?

schreiben. Ich hab das sehr genossen und einen anderen Ansatz gefunden, Songs zu schreiben.

Petritsch: Wir haben lange überlegt, haben versucht Austrozismen zu finden, haben in Wörterbüchern nachgeschlagen und sind im Endeffekt doch abgekommen von dem zu Naheliegenden. Als wir Granada gelesen haben, haben wir gedacht, das passt eigentlich perfekt. Es geht aber nicht um den Ort Granada, es geht um das Auto, den Ford Granada aus den 70er-Jahren. Und der Name klingt auch wirklich schön.

Petritsch: Ja absolut. Ich hab vom Michi Riebl den Auftrag bekommen, bin reingekippt und hab mehrere Nummern eingespielt. Es wäre ewig schade gewesen, die Nummern wegzuschmeißen.

Was ist der Hintergrund Ist Granada wirklich ein des neuen Namens? Die neue Bandprojekt? Man kennt dich Gesangssprache, die zusätz- ja als Solokünstler. lichen Bandmitglieder? Hättest du als Effi auf Deutsch singen Petritsch: Absolut ein Bandprojekt. Bei den Songs, die wir aufgenommen Thomas, als Effi singst du eng- können? haben, bin ich mit den Ideen gekommen. Im Proberaum haben wir lisch, bei Granada hast du die Sprache gewechselt. Deutschsprachiger Dialektgesang ist spätestens seit Bilderbuch und Wanda wieder angesagt. Ist bei Granada dahingehend ein wenig Berechnung dabei? Petritsch: Nein, das ist Zufall. Ich hatte großen Respekt davor, deutschsprachige Musik zu machen und ich hab es auch nie probiert. Erst durch die Arbeit am Film bin ich draufgekommen, dass es sehr viel Spaß macht, in der Muttersprache zu PARADOX

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die Songs angespielt, gewisse Hebel gedreht, wo es nicht gepasst hat, und die Songs gemeinsam ausgearbeitet.

Bei „Wien wort auf di“ haben die anderen dann aber Sendepause. Lukacz Custos: Das ist immer der Bringer, wenn der Alex und der Thomas die Nummer live performen. Emotional geht das super auf. Zum einen forderst du die Leute, aber zum anderen holst du sie ab und bringst sie zurück. Ich würde sagen, es ist ein sehr verantwortungsvoller Umgang mit dem Publikum. Die Songs passen auch zusammen. Die Aussage von „Wien wort auf di“ kann man auch auf „Palmen am Balkon“ umlegen. Es ist ein dramaturgischer Bogen vorhanden, ohne dass es im Zusammenhang steht.

Wie stellt man sich ein typisches Granada Konzert vor? Petritsch: Es ist hochenergetisch. Ich bin total ausgelaugt nach so einem Konzert, weil es sehr viel abverlangt, aber natürlich sehr viel Spaß macht und einen in die Höhe treibt. Da kann man noch mal zurückkommen auf die Frage, ob es ein reines Bandprojekt ist. Es würde anders gar nicht funktionieren, die Charaktere sind alle so toll, der Jürgen, der Roland, der Alexander, der Lukacz und ich. Das harmoniert einfach. Custos: Was mich an den Songs so überzeugt hat, ist diese optimistische Tristesse. Es hat alles einen gewissen Charme und gleichzeitig eine gewisse Reife.

bezeichnen? Petritsch: Das typisch österreichische Bild gibt’s eigentlich nicht. Das Launische, Zwidere ist ja das Bild des Wiener Grantlers. Da gibt’s natürlich noch ein anderes Bild. Grad in der Steiermark ist die Mentalität wieder eine andere. Ich seh’ mich eher dort verwurzelt, wo ich aufgewachsen bin. Ich komm aus der Südsteiermark – mehr Sonne und weniger Regen als im Rest Österreichs. Natürlich ist da auch ein gewisser Wurschtigkeits-Faktor dabei, aber anders als weiter oben im Norden. Lukacz, du kannst das gut beurteilen als Wiener. Custos: Ich bin zwar in Wien geboren, aber aufgewachsen in Niederösterreich. Hab aber in meiner Kindheit viel Zeit in Wien verbracht, es war schon interessant. Der Punkt ist der: Mit meinem fortlaufenden Lebensfortschritt hab ich Wien auch von anderen Seiten kennengelernt. Als Lebensmittelpunkt steht es momentan nicht im Raum. Ich glaub, ich brauch eher kleinere Verhältnisse.

Ist das Cover-Artwork zu „Ottakring“ und „Eh Ok“ eine Anspielung auf Bruce Springsteen? Die Ähnlichkeit zu „The Essential Bruce Springsteen“ ist ziemlich groß. Petritsch: Es war eine Wertschätzung an einen großartigen Künstler. Ich schätze ihn als großen amerikanischen Songwriter. Er steht für das ganze Songwritertum Amerikas. Custos: Da muss ich dir widersprechen. Ich bin da eher beim Dylan. Natürlich ist Springsteen auch nicht irrelevant.

Eure Texte muten sehr österreichisch an, etwas Gejammer und diese generelle Petritsch: Dylan, klar. Dann müssten wir Tom Waits auch erwähnen. „eh wurscht“ - Mentalität. Seid das ihr? Würdet ihr euch Granada trifft stark den als typischen Österreicher klassischen Austropop der 20

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Bei mir hat’s auch nicht viel mit dem

eigentlichen Austropop zu tun


70er und 80er Jahre. Wo findet man die größten musikalischen Einflüsse der Gruppe? Custos: Tom Waits ist vom Songwriting her auf alle Fälle mein stärkster Einfluss gewesen. Im Deutschsprachigen Roland Neuwirth, so alte Wienerlieder. Aber hauptsächlich Blues und Waits. Petritsch: Bei mir hat’s auch nicht viel mit dem eigentlichen Austropop zu tun, sondern kommt mehr aus dem Amerikanischen. Aus dem Motown,

Soul und dem Funk, die Musik der 60er und 70er eigentlich. In letzter Zeit hab ich häufig STS gehört. Gefällt mir sehr gut, speziell das Arrangement und Songwriting. Es ist poppiger als das Wienerlied, hat auch sehr starke Anleihen bei den Beatles.

Was dürfen wir uns 2016 noch von Granada erwarten? Petritsch: Das Album wird wahrscheinlich im Herbst erscheinen. Vorher veröffentlichen wir einen Teil der Lieder als EP.

Ihr spielt im September am Nuke Festival in Graz. Gibt es jemanden oder etwas, worauf ihr euch besonders freut? Petritsch: Ich freu mich besonders auf die 5/8erl in Ehr’n. Custos: Ich weiß noch gar nicht, wer spielt, außer Granada und 5/8erl. Aber das hört sich schon gut an. Petritsch: Die 5/8erl haben wir auf der Tour mit Fiva kennengelernt. Irrsinnig sympathische Zeitgenossen, wir haben uns sehr gut verstanden. Ich freu mich schon drauf, in Graz alle wiederzusehen.

Gibt es langfristige Pläne mit Granada oder möchtest du dich in Zukunft wieder auf Effi Zum Thema „Palmen am Balkon“, konzentrieren? wo wird 2016 der Urlaub Petritsch: Zurzeit ist das Herzensding verbracht? Granada. Wir waren jetzt im Studio und sind dadurch zusammengewachsen, natürlich auch durch die ganzen Konzerte, die wir gespielt haben. Das Hauptaugenmerk liegt auf Granada, womit ich aber nicht sagen will, dass Effi gestorben ist. Ich glaube, als Künstler ist es wichtig, mehrere Projekte zu machen. Man kann durch neue Projekte lernen und geht Dinge wieder anders an. Wenn man ständig bei einem Projekt bleibt, dann kommt irgendwann ein Alltagstrott rein. Man braucht die Abwechslung. Projektbezogen zu arbeiten ist für mich persönlich das Schönste.

Petritsch: Ich werd wahrscheinlich zuhause bleiben, nicht gerade am Balkon, aber in Graz ist es im Sommer auch schön. Außerdem ist heuer die EM und ich bin ein leidenschaftlicher Fußballschauer. Wenn die EM ist, ist Urlaub. Custos: Ich werde wahrscheinlich zwei Wochen einfach mit dem Rucksack wandern, vielleicht an‘s Meer gehen, statt zu fahren. Petritsch: Es müssen nicht immer die Malediven sein, Wandern ist auch schön.

Text Georg Zsif kovits

Fotos Sascha Pseiner

Interview Ron D Woo

Location Bunker, Graz

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Auch das im Herbst erscheinende Album wird dem Sound der Vorab-Single folgen und einige wichtige Zutaten seines Vorgängers durch neue ersetzen, wie wir im Interview in Erfahrung bringen konnten. Außerdem verriet uns Polkov, unter welchen außergewöhnlichen Bedingungen das neue Album entstand, auf welche Begegnungen die Band besonders gerne zurückblickt und wie sie die momentane Situation für österreichische Bands einschätzt. Ach ja, und irgendwas war da auch noch mit Ingwer und George W. Bush….

Eure neue Single “My Sweet Oblivion” klingt deutlich weniger folklastig, als man es von euch gewohnt ist. Welcher Umstand hat diese Veränderung bewirkt? Wir haben uns im Herbst 2014 drei Wochen in einem Haus in der Bretagne eingenistet und haben gemeinsam gekocht und gegessen und versucht, neues Material als zum Leben zu erwecken. Zu dem Zeitpunkt war das Debütalbum zwar noch gar nicht veröffentlicht, allerdings haben wir gemerkt, dass wir im Vergleich dazu die ganze Sache ein bisschen anders angehen wollten. Anstatt von einem rudimentären Arrangement mit Westerngitarre oder Piano auszugehen 22

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Welche Überraschungen darf man sich von eurem im Herbst erscheinenden Album erwarten? Durch die gemeinsame Arbeitsweise ist das neue Album mit Sicherheit eine schlüssige Platte geworden, wobei ähnlich wie auf dem Debüt - wohl auch einige Überraschungen lauern. PedalSteel Gitarre wird es aber diesmal keine geben und auch kein Sax oder Trompeten. Streicher kommen diesmal von analogen Synths.

Was sind abgesehen von der Albumveröffentlichung eure Pläne für die nächste Zeit? Wir möchten gerne wieder reisen, viel reisen, möglichst weit reisen, und im Idealfall dort schöne Konzerte spielen.

Wo soll der Weg von Polkov im Idealfall langfristig noch hinführen? Zu den besten Songs, die uns möglich sind.

Mit eurer aktuellen Besetzung von sieben Leuten sprengt ihr die übliche Bandgröße. Welche Vorteile ergeben sich für euch daraus? Eine komplexe Organisation und Logistik, sodass wir möglichst wenig unter Langeweile leiden.

Und wo liegen die Schwierigkeiten dabei? Wir sind alle sehr gut befreundet und müssen immer so viel privates Zeug reden.

Foto: Rytis Seskaitis

und darauf dann aufzubauen, haben wir gemeinsam als Band versucht, aus einem Guss zu arrangieren – das hat uns den Weg gezeigt, wohin die Reise geht.

ES GIBT NEUES VON POLKOV, BABY!

Mit ihrer aktuellen Single “My Sweet Oblivion” gelang es Polkov, zu überraschen: Auf Wiedersehen Folkund Countryanleihen, hallo Synths und ordentlich Hall auf der Stimme. Dennoch schmiegt sich auch der neue Song so nachhaltig in die Gehörgänge, wie man es von den Tracks des ersten Albums aus dem Jahr 2014 und der im Sommer 2015 erschienenen EP gewohnt war. Im Jahr 2012 gegründet, zählt die Formation um Laurenz Jandl mit Florentina Finder, Alexander Hackl, Jakob Kolb, Günther Paulitsch, Paul Pfleger und Jürgen Schmidt mittlerweile sieben Mitglieder, von denen man einige aus anderen Zusammenhängen kennt. So ist etwa Alex Hackl auch bei Farewell Dear Ghost für die Gitarre zuständig.


Was war das Highlight eurer bisherigen Bandgeschichte? Eines unserer Highlights im letzten Jahr war ein Straßenmusiker in Tallinn, mit dem wir uns angefreundet haben. Er ist australischer Jude und hat uns zu sich nach Hause eingeladen. Er wohnt alleine in einer alten sowjetischen Olympia-Halle im Industriegebiet am Hafen von Tallinn. Die überdimensionale Halle war Austragungsort der Olympischen Spiele in Russland 1980 und ist seit Jahren stillgelegt und verfallen... und jetzt sein Zuhause und Studio.

Glaubt ihr an die allheilenden und heiligen Kräfte des Ingwer Strunks?

Wie schwer ist es wirklich für eine (österreichische) Band, Und was wäre dann die Antwort über die Runden zu kommen? auf diese Frage? Leider schon oft sauschwer. Aber das Ja.

ist nicht nur in Österreich so, auch, wenn wir das manchmal gerne glauben wollen.

Spürt ihr momentan so etwas wie einen Aufwind in der Mit unserer Website musicösterreichischen Rock- und news.at und dem PARADOX Popszene? Magazin haben wir es uns zum Ziel gesetzt, die Ja! Es wird deshalb vielleicht österreichische Musikszene auch in Deutschland mehr und selbstbewusster österreichisch von zu fördern. Darum die letzte Und gab es auch so etwas wie den Österreichern gesprochen. Das ist Frage: Habt ihr irgendwelche schon lange überfällig. einen absoluten Tiefpunkt? Tipps für junge, ambitionierte wie sieht es mit österreichische Musikerinnen Leider haben wir eine offizielle Absage Und von George W. Bush bekommen, KollegInnen in der Szene aus? und Musiker? weil wir so gerne Hundeportraits als verwendet hätten.

eines seiner Albumcover

Überwiegt Kollegialität oder Konkurrenzdenken?

Gibt es eine Frage, die ihr immer schon gerne beantwortet hättet, die euch aber in Interviews noch nie gestellt wurde?

Es gibt echt sehr viele super Sachen und auch einige nicht so besondere. Aber jeder sollte respektiert werden, der es riskiert, sein Herzblut für eine Sache zu bündeln.

Im Zweifelsfall lieber Songschreiben als Netzwerken und nicht zu viele Bandwettbewerbe spielen.

Text Carina Stiegler PARADOX

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Hinter den Kulissen von Napalm Records Das Label für harte Angelegenheiten. Das österreichische Label Napalm Records hat sich auf metallische Klänge und rockige Beats spezialisiert. Obwohl das Label seinen Sitz in Eisenerz hat, ist sein Name weltweit bekannt.

Was als Ein-Mann-Unternehmen in der Wohnung des Großvaters von Gründer und Kopf Markus Riedler begann, hat sich zu einem souveränen und international erfolgreichen Metalund Rock-Label entwickelt. Mit TopChartplatzierungen von Bands wie Powerwolf, Alestorm, Saltatio Mortis oder Kamelot darf der Geschäftsführer stolz auf eine beeindruckende Erfolgsgeschichte zurückblicken.

Seit seinen Anfängen in den 90ern fanden über 200 Bands den physischen oder virtuellen Weg in seine Räumlichkeiten, ist sein Name auf über 450 Alben zu finden und hat es mittlerweile von Österreich über Deutschland bis nach Amerika etliche Fans der härteren Klänge um sich geschart. Die Rede ist vom österreichischen Label Napalm Records.

„Riesen-Challenge“

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Der Ursprung von Napalm Records liegt in der Schulzeit von Markus Riedler, als der Steirer nach und nach eine große Leidenschaft für Musik und insbesondere für Rock und Metal zu entwickeln begann. Es dauerte nicht lange und nach der Leitung des Pungent Stench Fanclubs wurde er

von der Death Metal Band Disastrous Murmur gebeten, eine Mini-CD von ihnen zu produzieren. Die HAKAusbildung wurde da geflissentlich hinten angestellt und nachdem sich das Produkt ungewöhnlich gut verkaufte, war schnell eine gewisse Entwicklung zu erkennen. Dennoch hatte Markus Riedler nie die ausdrückliche Absicht, ein Label zu gründen. „Meine Eltern haben mir abgeraten, haben gesagt, ich soll nicht selbstständig werden, sondern ‘was Gscheit’s’ machen. Das wär’ in ihren Augen wahrscheinlich ein Beamtenjob gewesen – oder im Erzberg mit der Spitzhake“, lacht Markus Riedler. Mit einer Unternehmensgründung wollte er sich länger nicht auseinandersetzen: „Man startet mit dem aus purem Idealismus und es wird irgendwie ein Wirtschaftszweig und die


Haupteinnahmequelle für einen. Man lebt davon – und dann nimmt das irgendwann richtig konkrete Formen an.“ In eine Unternehmensform wurden seine Machenschaften letztendlich mehr oder weniger von außen gepresst. Als Markus Riedler begann, auch Stores in Wien zu beliefern und Rechnungen mit Mehrwertsteuer von ihm verlangt wurden, musste er sich schlussendlich etwas einfallen lassen. Auch der Postler wurde bereits etwas misstrauisch. Immerhin war Markus Riedlers Wohnung voller CDs, die von dem Postboten in Unmengen zugestellt wurden: „Der hat gefragt, was ich da eigentlich die ganze Zeit bekomme. Aber ich hab’ mich immer ein bisschen bedeckt halten müssen, weil ich konnte ja nicht ohne Unternehmen von einer eigenen Firma reden. Es war schon eine Riesen-Challenge am Anfang.“

Eisenerz und die große weite Welt

Auch, wenn das Logo mit Doppelkopfadler und österreichischer Flagge Österreich imposant und theatralisch repräsentieren soll, war die Grundeinstellung für Markus Riedler immer: „Schnell weg aus Österreich. Der Markt ist einfach zu klein.“ So sind heutzutage nicht mehr so viele österreichische Künstler unter Vertrag, wie zu Beginn. Dennoch versucht Napalm Records, die heimische Musiklandschaft zu fördern: „Ich bin nach wie vor so patriotisch eingestellt, dass, wenn es etwas Interessantes und Gutes aus Österreich gibt, wir versuchen sollten, das unter Vertrag zu nehmen.“ Als jüngstes Beispiel nennt Markus Riedler die Band Drescher, die im Februar 2016 ein Teil der Napalm Familie wurde.

Als Band bei Napalm Records Um als Band von Napalm Records unter Vertrag genommen zu werden, sollte

die Musik ausgereift sein, der Social Media-Auftritt passen und mitreißende Live-Shows zum guten Ton gehören. Wenn „nicht nur plump irgendein Demo abgeliefert wird“ und das Label im Idealfall von sich aus auf die Band aufmerksam wird, sind die Karten gut. Spontanbewerbungen sind da eher ein Glücksspiel: „Wir bekommen zwar noch immer viel zugeschickt, aber das meiste ist wirklich – und das muss ich leider so sagen – einfach Rotz“, meint Markus Riedler. Hat man allerdings einmal die volle Aufmerksamkeit des Labels auf sich gezogen, übernimmt Napalm Records das finanzielle Risiko und investiert bis zu 700.000 Euro in eine Band. Eine Band erhält Unterstützung beim Marketing, Tipps in kreativen Fragen und dreht mit dem Label das Napalm Records Musikvideo. Bei Korpiklaani und Alestorm wurde sogar bei der Namensfindung und den Cover Artworks nachgeholfen. Grundsätzlich hat Napalm Records

Im Nachhinein hat sich die Entscheidung zum selbstständigen Unternehmen für Markus Riedler als goldrichtig erwiesen. Noch heute ist der Hauptsitz des Labels im überschaubaren Eisenerz. In Bezug auf die Kontaktaufnahme mit internationalen Bands waren der Sitz und die Herkunft Napalm Records jedoch noch nie von Nachteil: „Die Künstler schauen viel mehr darauf, welche internationale Präsenz und welchen Ruf wir haben.“ Die Anschrift am Hammerplatz hat sogar schon einige Male für Aufsehen gesorgt: „Bands fragen uns oft, ob wir diese Anschrift gekauft haben“, lacht Markus Riedler und zieht das Fazit, dass, wenn die Idee passt, es sicher nicht so wichtig ist, woher man kommt. So konnte das Label vor kurzem auch die schwedische Power Metal Band Hammerfall von dem Konkurrenten Nuclear Blast abwerben, worauf Markus Riedler besonders stolz ist.

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immer ein Auge auf die Produkte, die von den unter Vertrag genommenen Bands entstehen. Da können natürlich auch Unstimmigkeiten auftreten, wie es zum Beispiel mit der Heavy Metal Band W.A.S.P. der Fall war. Vom Entwurf des Artworks von „Golgotha“ war Markus Riedler nicht sonderlich begeistert und ließ das Cover sogar von einem professionellen Grafiker nachzeichnen: „Das schaute wirklich um Meilen besser aus: moderner, gut und zeitgemäßer umgesetzt.“ Blackie Lawless, Mastermind von W.A.S.P., war allerdings gar nicht beeindruckt und setzte letztendlich seinen Erstentwurf durch. Der Versuch, dem alten Hasen des Genres das Thema moderner näherzubringen, ging da daneben.

Das heikle Thema Politik Als Firma mit einem guten internationalen Ruf hat Napalm Records ein gewisses Image aufrechtzuerhalten. Ein Thema, das erst kürzlich polarisierte, war beispielsweise die Neuerscheinung der Band Varg, die die Frage nach einer rechten Ausrichtung aufwarf. „Wenn 26

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“Meine Eltern haben mir abgeraten, haben gesagt, ich soll nicht selbstständig werden, sondern ‘was Gscheit’s’ machen. Das wär’ in ihren Augen wahrscheinlich ein Beamtenjob gewesen – oder im Erzberg mit der Spitzhake.”


es irgendwo eindeutig erkennbar ist, dass es in eine politische, also rechte Richtung geht, machen wir das Thema natürlich nicht“, erklärt Markus Riedler. „Aber das haben wir bei Varg dann nicht gesehen und sie distanzieren sich auch ganz klar von rechts.“ Dass Politik grundsätzlich nichts in der Musik verloren habe und nicht im Interesse von Napalm Records sei, betont Markus Riedler stark. Generell hätte der Geschäftsführer aber des Öfteren mit „Moralaposteln“ der Szene zu kämpfen. So wurde ein Mitarbeiter des Labels sogar einmal nicht in die Arena in Wien gelassen, weil er das Labeleigene T-Shirt mit Doppelkopfadler trug. Auch der Wikipedia-Eintrag über Napalm Records sorgte schon öfter für Furore. Darin wird das Label für „rechtsextreme Bands im Web-Shop“ kritisiert. Napalm Records hat auf Richtigstellung geklagt, da die Firma

und der Sachverhalt in dem Beitrag nicht neutral dargestellt würden, aber blieb erfolglos. „Wir haben damals ein Produkt vertrieben, das Amazon heute noch immer verkauft, aber bei Amazon ist das natürlich etwas anderes – da steht das nicht.” Auch hätten bereits einige Künstler auf diesen Eintrag hin Bedenken an der Zusammenarbeit mit dem Label geäußert. Markus Riedler ist jedoch fest davon überzeugt, dass, wenn man die breite Aufstellung ihrer Künstler berücksichtigt, man sehen muss, dass da in keiner Art und Weise etwas Politisches dahintersteckt.

Rock Subgenres stellen den oftmals kritisierten Namen und das zugegeben teilweise widersprüchliche Logo in den Hintergrund. Letztendlich ist es ja nicht Wikipedia, das ein Label charakterisiert, sondern der Idealismus und der Ehrgeiz der Leute, die hinter dem Label stehen.

Napalm Records präsentiert sich also als ein politisch unabhängiges Label mit einem offenen Ohr für gute, interessante österreichische und internationale Musik. Vor allem der weltoffene Charakter, Niederlassungen im englischen und deutschsprachigen Raum und die unterschiedlichen Thematiken der vielen Metal und

Text Lisa Schantl Fotos Sascha Pseiner

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Die Neuauflage des Nuke Festivals 2015 war ein Erfolg. 20.000 Menschen feierten gemeinsam und schwiegen in Andacht. Bei all diesen positiven Erlebnissen waren Mängel bei der Trinkwasserversorgung und Wartezeiten an den Bars schnell vergessen. Was blieb war die Erinnerung an einen Spätsommertag mit Freunden und gewaltiger musikalischer Vielfalt im Zentrum von Graz. Diesen September setzt der Veranstalter Arcadia Live auf Konstanz in der Qualität und Wachstum im Angebot. 28

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Das Nuke ist ein Festival der musikalischen Vielfalt. So reicht das Line Up auch 2016 von Hip-Hop über Pop zu Electro und Rock. Als schillernde Headliner prangen Die Fantastischen Vier an der Spitze. Nachdem die HipHop Pioniere ihr 25-jähriges Jubiläum über die Bühne gebracht haben, ist es Zeit, die Zukunft in Angriff zu nehmen. Dass am Nuke ein Best Of-Set zu erwarten ist, sollte nicht stören. Als der Konsens-Act des Festivals erscheint Annenmaykantereit. Wen man fragt, Liebhaber oder Skeptiker, jeder ist gespannt, wie die jungen Kölner den blueslastigen Rock mit der markanten

Stimme live rüberbringen. Auch heuer ist wieder ein wesentlicher Teil des Line Ups aus Österreich. Neben Granada wären da zum Beispiel Dawa, mit Cello bewaffnet und akustischen Folk-Pop verbreitend. Oder Farewell Dear Ghost, die ein Heimspiel feiern, was bedeutet, dass am Nachmittag ein ganzer Haufen Grazer (und Nicht-Grazer) zu melancholisch bis launigem Indie Pop abgehen wird. In der kollektiven Erwartungshaltung vielleicht als das Highlight gelten 5/8erl in Ehr’n. Für sie spricht nicht nur ihr Wiener Soul. Auch ihr soziales Gewissen und ihre künstlerische Intelligenz beeindrucken.


Foto:Georg Zsifkovits

'' Von der Renaissance in die Zukunft.''

Während der neugeschaffenen, die Nacht durchtauchenden Beatpatrol Nights wird es mit Camo & Krooked, Paul Kalkbrenner und vielen anderen elektrisierend. Das reicht noch nicht? Wir haben mit Arcadia Live Chef Filip Potocki geredet.

Abgesehen davon, dass das Festival 2016 zweitägig sein wird: Welche Neuerungen erwarten die Besucher dieses Jahr?

Wir haben letztes Jahr von den Besuchern viel Feedback zum Nuke Festival bekommen und konnten daraus wertvolle Schlüsse ziehen. Die oft gewünschte Aftershow Party werden wir im Rahmen der Beatpatrol Night in der Stadthalle umsetzen und damit die Möglichkeit bieten, bis in die frühen Morgenstunden. Am Samstag werden wir auch eine zweite Bühne bespielen und somit noch mehr Acts präsentieren. Wir arbeiten kontinuierlich an vielen weiteren Details.

Ein wesentlicher Bestandteil eines Festivals ist für viele das Feiern am Campingpatz. Seht ihr hier einen Nachteil für ein innerstädtisches Festival? Das Nuke war von Anfang an als „Inner City Festival“ konzipiert und daher haben wir das Festival bewusst in Graz im urbanen Raum platziert. Wer die Nacht zum Tag machen möchte, kann das bei der Beatpatrol Night in der Stadthalle tun und anschließend entweder ganz bequem im eigenen PARADOX

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Bett übernachten oder aufgrund der guten Infrastruktur ein naheliegendes Hotel nutzen.

Szene zu fördern, oder steckt dahinter eine Kostenfrage? Bleibt ihr weiterhin eine Das Nuke 2015 war zwar Anlaufstelle für heimische insgesamt ein sehr gelungenes Musiker/innen? Event, doch es gab noch die eine Es ist auch weiterhin unsere oder andere Kinderkrankheit. Philosophie, vielen heimischen Acts Konntet ihr hier nachbessern? eine Bühne zu bieten. Wir haben Wird es 2016 Gratis-Trink- unsere Agentur aus dieser Intention heraus gegründet und viele Jahre wasser am Gelände geben? nationale Acts unterstützt, vom Label, Ja, allein durch die Öffnung des Stadthallen Foyers werden weitere Trinkmöglichkeiten und wassergespülte Sanitäreinrichtungen angeboten. Zudem wollen wir mehr Food Trucks anbieten und die Positionen der Bars optimieren, um Wartezeiten zu verkürzen. Ganz allgemein soll das Festivalgelände den Besuchern mehr Platz bieten, ohne dass wir dabei mehr Tickets auflegen.

dem Management, über Promo bis hin zum Booking. Es wird auch weiterhin unser Anspruch bleiben, die heimische Szene so gut es möglich ist zu fördern.

Riesenrad und Partyzelte: Man bekommt das Gefühl, dass bei Festivals die Musik in den Hintergrund tritt und der Unterhaltungs- und Spaßaspekt immer wichtiger Wie zufrieden seid ihr mit dem wird. Was muss man den Messegelände in Graz? Man Besuchern heute bieten? könnte meinen, dass es nicht mehr viel Wachstumspotential Die Musik, die Bands, das Live-Erlebnis bleiben weiterhin im Vordergrund. gibt, da das Gelände schon 2015 Das Drumherum gewinnt aber mehr sehr gefüllt war. an Bedeutung. Wenn man das richtig Wir wissen den Standort und die Menschen rund um das Festival sehr zu schätzen. Die Zusammenarbeit mit der Messe Graz ist sehr gut und die Erstauflage war ein Erfolg, darauf wollen wir aufbauen. Stichwort Wachstumspotential: Hier gibt es die eine oder andere Idee, deren Umsetzbarkeit wir mit allen Beteiligten prüfen. Dementsprechend ist momentan auch der Plan, mit dem Nuke am Messegelände Graz zu bleiben.

anpackt und die richtigen Akzente setzt, kann nicht nur ein zusätzliches Angebot, sondern ein echter Mehrwert für die Besucher geschaffen werden. Es geht um die Liebe zum Detail. Wir glauben ganz fest daran, dass sich Qualität durchsetzt.

lange überlegt. Der Name Nuke Festival hat aber für unsere Ausrichtung gut gepasst und war in der heimischen Festivallandschaft bereits positiv behaftet. Viele Leute haben sich zudem gefreut, dass das Nuke Festival wiederbelebt wurde.

Ihr legt das Nuke Festival als genreübergreifendes Popfestival aus. Bei den härteren Rock-Acts wirkt das Nuke und generell Arcadia Live zurückhaltend. Geschmackssache oder Strategie? Das Nuke Festial ist als vielseitiges Festival mit breiter Ausrichtung angelegt, wir würden also auch einen härteren Rock-Act nicht ausschließen, sofern er in ein stimmiges Line Up passt. Mit dem „And There Come The Wolves“ Festival in Wiesen haben wir aber auch ein Spartenfestival im Programm, das mit Acts wie Sum41, Enter Shikari oder Millencolin genau in diese Kerbe schlägt.

Das Nuke war bis 2009 ein erfolgreiches Popfestival in Österreich, veranstaltet von Novamusic und Musicnet. Warum habt ihr euch entschieden, die Bezüglich der Präsenz Marke zu übernehmen, statt ein heimischer Acts seid ihr in neues Format zu schaffen? Österreich führend. Ist es euch Diese Frage haben wir uns letztes Jahr ein persönliches Anliegen, die auch gestellt und dementsprechend Gibt es bei Arcadia einen 30

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Foto: Ingo Pertramer

Foto:Georg Zsifkovits

Favoriten im Line Up? Pfuh... da gibt es einige Favoriten. Einen, auf den wir uns hier alle einigen können, gibt’s wohl nicht, dafür sind die Geschmäcker zu unterschiedlich. Ich hab vor kurzem AnnenMayKantereit in der Arena gesehen und fand, es war ein großartiges Konzert. Auch The 1975 haben mich bei ihrer Show im Gasometer restlos überzeugt. Die Orsons sind eine fantastische LiveBand, die man nicht verpassen sollte, und auch bei Dawa kann ich eine Empfehlung aussprechen.

Was sollte man am Nuke 2016 unbedingt tun? Man sollte feiern, eine gute Zeit haben, die Vielfalt genießen.

Text Georg Zsif kovits PARADOX

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… über künstlerische Integrität, den Hip-Hop der Gegenwart und ihre kommenden Shows 32

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Foto: Robert Grischek

In den 90ern wurden sie zu Stars, die den deutschen Hip-Hop revolutionierten, vor zwei Jahren feierten sie ihr 25-jähriges Bestehen und jetzt nehmen sie den 50er in Angriff, im Sommer auch in Österreich: Die Fantastischen Vier sind hier, um zu bleiben. Thomas D erzählt, wieso die Vier noch lange nicht am Ende sind, ihre musikalische Relevanz ungebrochen ist und welche österreichischen Bands sie feiern.

Wie seht ihr die Tendenz im Hip-Hop hin zu Macho-Gehabe, Frauenfeindlichkeit und Gewaltverherrlichung? Das lehnen wir natürlich ab. Das Schöne an Musik ist, wenn sie dir nicht gefällt, brauchst du sie nicht zu hören. Ich finde, dass jeder Mensch eine gewisse Selbstverantwortung hat in dem, was er tut. Wenn ich unsere Texte ankuck, dann steckt da ja auch drin, dass wir die Größten sind und alle Frauen kriegen. Da war zwar keine Gewalt im Spiel, aber ein großes Selbstbewusstsein und Übertreibung. Der Rap in seinen Ursprüngen war natürlich - und ist auch heute noch relativ asozial. Gleichzeitig lehne ich es ab, ich hör’s mir auch nicht an. Ich finde, das ist negative Energie und die brauch ich nicht in meinem Leben, ich will mich lieber positiv energetisieren. Aber wer bin ich, denen zu sagen, was für Musik sie machen sollen.

ein ganzes Album nur mit „Die Da!?“.‘ Der Song war Fluch und Segen. Wir sind mehr als diese zwei Worte, wir sind mehr als ein gespielter Witz. Wir sind Die Fantastischen Vier und genau hingekuckt vier Individuen. Wir hatten auf der ersten und der zweiten Platte, auf der „Die Da?!“ drauf ist, auch schon vielfältige Themen, haben uns dann umso mehr abgewendet von diesem Mainstream-Gedanken und mit „Die 4. Dimension“ eine Schallplatte gemacht, die für uns als Band ganz wichtig war, als Zeichen: ‚Wir sind mehr als ein gespielter Witz, wir sind nachdenklich, wir sind kritisch, wir sind lustig, wir sind einfach zu bunt, um uns diesen einen Stempel aufdrücken zu lassen.‘ Die einzige Frage, die du dir stellen musst, ist: ‚Was kommt da aus mir raus?‘ Wenn du was rausbringst und das hat keinen Erfolg, dann kannst du dir immer noch sagen: ‚Alter, das ist das Beste, was ich geben konnte, das bin ich. Wenn es euch nicht gefällt, dann fuck you.‘ Ich persönlich hör mir mein Album an und merke, das ist genau das, was raus musste. Man stelle sich vor, der Künstler macht was, das Volk liebt es, man steht auf den großen Bühnen und singt von irgendwas, was man selber nicht fühlt; verkauft irgendwas, was man selber nicht ist, und hat damit Erfolg. Das ist noch deprimierender, du weißt, dieser Applaus ist gar nicht für dich, der ist für den, der sich diesen Schrott hat einfallen lassen. Und ich steh hier und verkauf die Scheiße. Wenn man sich selbst nicht treu bleibt, sind der Erfolg und der Misserfolg die Hölle.

Es drängen ständig neue Bands auf den Markt. Könnt ihr euch War „Die Da?!“ das, was damals noch künstlerisch entfalten raus musste? oder gibt es Druck, abzuliefern, Wir haben das sogar erlebt. Smudo was die Fans wollen? Dieses Liefern, was die anderen hören wollen, ist, glaube ich, der Sargnagel. Das haben wir mit „Die Da!?“ schnell begriffen. Da kamen alle und haben gesagt, ‚hey, am nächsten Album sollte noch mal so ein Song drauf sein, oder besser drei davon. Macht doch

hatte einen Song, der hieß „Wie konnte ich so blöd sein?“. Das Thema von ihm und mir, wie wir mit der gleichen Frau Sex hatten. Wobei das in Wirklichkeit gar nicht so lustig war. Vielleicht in dem Moment relativ, aber danach die Story war… Aua, nein, wir haben daraus gelernt. PARADOX

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Foto: Carsten Klick

Gibt es österreichische Bands, für die sich Die Fantastischen Vier begeistern können? Wir feiern Bilderbuch und Wanda, da könnt ihr mächtig stolz sein. Es gibt ja viel Kreativität in eurem Land und ihr habt diesen Schmäh, der kann nirgends anders herkommen, der kommt nur aus Österreich. Das ist so ein Lebensgefühl, was Morbides und gleichzeitig ein ‚I don’t give a shit‘. Das kann nur aus Österreich kommen und die eben genannten Bands sind zwei brillante Beispiele für diese Lebensart. Da sind wir schon sehr begeistert.

Was erwartet uns auf eurer anstehenden „Vier und Jetzt“ Tour? Ein klassisches BestOf-Set oder ist Platz für Überraschungen? Wir haben uns viel überlegt. Zum einen hast du die Festivals, da stehen nicht nur Fanta-Fans vor der Tür und wir haben keine zweieinhalb Stunden Zeit. 34

PARADOX

Das heißt, wir müssen uns ein bisschen darauf beschränken, was wirklich funktioniert, und das sind natürlich Hits. Auf der letzten Tour haben wir die Stücke DJ-mäßig gecuttet. Es hat dem Ganzen mehr Geschwindigkeit gegeben. Gefühlt gab es keine Pausen mehr. Das hat uns selber total geflasht. Diese Turboschraube müssen wir noch weiter anziehen. Es geht nicht, dass wir uns jetzt unserem Alter entsprechend verhalten. Umso älter wir werden, umso mehr Gas müssen wir geben. Und wir haben ein neues Mitglied in unserer grandiosen Liveband. Er spielt ein sehr außergewöhnliches Instrument, aber dem Hip-Hop ganz nah. Er wird noch mehr Schub und Abwechslung bringen. In dieser neuen Konstellation bieten sich neue Möglichkeiten, die Stücke noch mal zu verändern, mixen, kürzen, übereinander, miteinander, sodass wir noch mehr Gas geben können.

Macht es für euch einen Unterschied, ob ihr auf einem

Konzert oder einem Festival spielt? Bei Konzerten hast du Parts. Mal einen ruhigen Part, einen psychedelischen Part, mal ein Solostück. Du kannst mehr Choreografie machen, auf einer Bühne, die für die Show gebaut wurde und dementsprechend mehr Effekte beinhaltet. Auf einem Festival sind nicht alle wegen dir da. Es ist ein gemischtes Publikum, manche haben dich noch nie live gesehen. Die musst du alle kriegen. Am Ende müssen die nachhause gehen und nur noch denken ‚Alter, die Fantas haben gerockt.‘ Auf Tour bist du mit der ganzen Crew unterwegs, um die 100 Mann. Es ist ein ständiges on-the-road-Sein. Bei Festivals triffst du dich mit deinen Kumpels. Nur, dass ihr euch vielleicht auf dem Campingplatz die Birne zuschüttet und wir machen das nach dem Konzert hinter der Bühne. Wir genießen einfach das Wochenende mit Freunden.


Spielt das Älterwerden für euch und für euer kreatives Schaffen eine Rolle? Das Älterwerden hat eine große Rolle gespielt. Mittlerweile hat es sich Gott sei Dank gedreht. Wir hätten das selber nicht gedacht, aber dann stehen wir da, haben 20 Jahre am Buckel und spätestens mit 25 haben wir gesagt: ‚Jetzt müssen wir auch die 50 machen.‘ Was soll das ganze Gerede mit ‚fühlt ihr euch zu alt?‘ Wenn ich noch stehen kann und rappen… Wir schreiben Texte, die uns als Mittvierziger bewegen, und dann sehe ich da 13-Jährige in der ersten Reihe stehen und die feiern das. Da denke ich mir, entweder hast du irgendwas richtig gemacht oder bei denen läuft was falsch. Vielleicht zeichnet dich das als Künstler aus, dass du nicht nur Sachen schreibst, die für eine gewisse Altersklasse oder Gesellschaftsschicht relevant sind. Wenn du Themen über das Leben schreibst, die dich selber bewegen, und andere, egal wie alt sie sind, das mitfühlen können, dann hast du einen Punkt getroffen, einen Punkt, in dem wir uns alle ähnlich sind. Dass wir das Glück haben, dass bei Konzerten Leute zwei Generationen tiefer vor der Bühne stehen, das kann ich mir zwar selber auch nicht erklären, aber das nehmen wir dankend an. Wenn du auf ein Fanta-Konzert gehst, dann machst du eine Reise durch die letzten 28 Jahre deines Lebens, wenn du schon so lange auf der Welt bist, und die geht bis ins Jetzt - wenn‘s gut läuft, und bisher läuft’s gut.

2016 Kulturelles von Nischen bis Pop 07. Juli – 20. August Altes Hallenbad Feldkirch Vorarlberg

Bilderbuch Dispatch Travis Jurassic 5 Nneka Nada Surf Peaches

Fest ival

Ich würd‘ mir AnnenMayKantereit mal angucken, weil ich das interessant finde, dass die Typen aus dem Internet raus, ohne eine Platte gemacht zu haben, Fünftausender-Hallen gefüllt haben. Das ist ein Phänomen, wo man mal gucken muss, wie die das live umsetzen.

poolbar.at

Da wären Annenmaykantereit, Olli Schulz, 5/8erl in Ehr’n…

pool bar

Ihr spielt im Sommer am Nuke Festival in Graz. Habt ihr einen Blick auf das Line-Up geworfen? Ich bin so ein Typ, ich sehe, wir spielen am Wochenende irgendwo, geh dort hin und lass mich überraschen. Wer spielt denn?

Die Ruhe vor dem Aufbruch

Molotov The Very Best OK Kid Quantic (live) Dan Mangan Romano Chefket Steaming Satellites Truckfighters

+ Festival-Teaser 04. Juni, Free Entry Ottakringer Brauerei Wien

Lola Marsh Avec Iyeoka Talib Kweli Uncle Acid & The Deadbeats Joris Mono

Text Georg Zsif kovits

Gefördert von Stadt Feldkirch, Land Vorarlberg u. BKA.Kunst & Kultur. /poolbar.festival

Walking on Cars Kytes + manyPARADOX more

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… über Vergangenheit, Gegenwart und die freie Meinungsäußerung als Bestandteil der Demokratie

Auch wenn die Band betont, auf Vielfalt zu setzen - Der Zuhörer hat doch ein Achterl Rotwein vor Augen, der seine Zunge benetzt, während in einer kleinen verrauchten Wiener Kneipe die Soul-, Jazz- und Blues-Klänge der 5/8erl in Ehr’n seine Gehörgänge umschmeicheln. Freilich füllen die Fünf mittlerweile nicht mehr nur die kleinen Kneipen, sondern ziehen viel mehr auf die großen Bühnen und ihre Musik wird landläufig als Wiener Soul bezeichnet. Doch der Charme und die Atmosphäre - die sind immer noch da, vielleicht mehr denn je.

Ihr feiert heuer zehn Jahre 5/8erl in Ehr’n, habt vier Alben veröffentlicht, habt 36

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top Chartplatzierungen: Was hat sich im vergangenen Jahrzehnt verändert? Was sich alles in zehn Jahren verändert hat, ist in dieser Kürze nicht zu beantworten. Was sich aber nicht geändert hat, ist, dass wir uns immer noch lieben und gemeinsam schöne Musik schaffen. Das gehört gefeiert.

Was dürfen sich Fans von der aktuellen Tour erwarten? Wir haben versucht, die perfekte Setlist zu eruieren. Also neben den perfekten Liedern gibt’s jetzt auch deren perfekte

Foto: Astrid Knie

5/8erl in Ehr’n


Foto: Astrid Knie

Auswahl und Reihenfolge zu hören, geschöpft aus unserem großen Oevre. Außerdem wird es pro Konzert ein Wunder geben.

nicht Gesagte muss man auch immer mitdenken.

Inspirieren euch die Geschehnisse in unserer Gesellschaft unmittelbar zu euren Songs? Man Anfang September spielt ihr am Nuke Festival. würde meinen, dass ihr in dem Fall gerade eine Habt ihr einen Blick auf das Line Up geworfen? fruchtbare Schaffensphase erlebt. Welche Acts werdet ihr euch ansehen? Nein, erst mit dieser Frage haben wir uns mit dem Line up beschäftigt, lässig. Was wir aber wissen, ist, dass sich die Jungs von Fanta 4 auf uns freuen.

Das ist richtig. Das fünfte Album wird im Frühling 2017 erscheinen.

Im Sommer seid ihr ausgiebig auf den Bühnen des Eure Texte widmen sich teils alltäglichen Landes unterwegs. Welche Pläne gibt es für Themen, haben aber oft einen politik- und danach? sozialkritischen Hintergrund. Mit „Alaba Ausrasten. Songs schreiben. Ausrasten. Songs aufnehmen. – How Do You Do“ ist euch ein Hit gelungen, Ausrasten. Songs schreiben und so weiter. „Akademikerball“ nennt die Personen beim Namen. Sollen, dürfen oder müssen Musiker/ 5/8erl - Rot- oder Weißwein? innen sich heutzutage noch sozial- oder Campari, Wieselburger, Club Mate, Zwettler, warmes politikkritisch zeigen? Von Sportler/innen Wasser, Schremser, selbstgemachte Smoothies aller Art, Pittnauer Zweigelt, Pittnauer Bienenfresser, Zipfer, Makava, verlangt man ja eher Gegenteiliges. Die freie Meinungsäußerung ist ein wichtiger Bestandteil der Demokratie und Kommunikation sowieso der Anfang von allem. Abgesehen von Beruf oder Berufung sollte sowieso jeder den Mund aufmachen, sonst verkauft man ja für Gefälligkeit ein Menschenrecht. Wie Sie sehen: Es ist alles politisch, auch wenn sich Promis nicht äußern. Das

Vöslauer, Fernet Branca, Murauer, gelber Muskateller, Schilcher, Cola Leitung, Sodazitron, Pastis 51, doppelter Espresso, frisch gepresster Orangensaft, Spezi... Sie sehen, wir umarmen die Vielfalt.

Text Georg Zsif kovits PARADOX

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Camo & Krooked

Seit 2002 machen Camo und Krooked Musik, seit 2007 sind sie Camo & Krooked. In den vergangenen Jahren haben sie es zu einem international erfolgreichen Drum’n’Bass Duo gebracht und im September sind sie wieder in Österreich.

Was ist die Essenz eurer Musik? Geht es um die Live-Stimmung, den perfekten Sound oder versucht ihr, mit Klängen Geschichten zu erzählen? Krooked: Es ist eine Mischung. Es geht in die Richtung, Klänge zu erzeugen, die unique sind und im Drum’n’Bass-Kontext noch nicht gemacht wurden. Für uns gilt es, so viel Emotion wie möglich zu erzeugen und dass es erwachsener klingt. Natürlich ist der Live-Aspekt wichtig. Wir schauen immer noch, dass wir in unseren Tracks einen gewissen Höhepunkt haben, der live funktioniert.

Würdet ihr Österreich als fruchtbaren Boden für elektronische Musik bezeichnen oder führt der Weg zum Erfolg nur über das Ausland? Camo: Österreich ist schon ein fruchtbarer Boden. Im Drum’n’Bass gibt es extrem viel, was auch international Erfolg hat. Da gibt’s den DKAY, den Mefjus, Forward, Body&Soul. In den meisten angesagten Electro-Genres kommt immer einiges aus Österreich. Overall ist es natürlich schon wichtig, im Ausland Erfolg zu haben, damit man im Inland als erfolgreicher Artist angesehen wird. Wie man so schön sagt: ‚Der Prophet im eigenen Land‘. Das ist in Österreich sicher der Fall. Krooked: Das Internet muss definitiv zur Hilfe gezogen werden, nur über Österreichs Medien ist es schwierig, international etwas zu erreichen. Österreich bekommt über die Festivallandschaft Rang und Namen. Im Drum’n’Bass tut sich schon seit Ewigkeiten viel, siehe ehemaliges Urban Art Forms oder jetzt Nu Forms. Ich glaube, es gibt auf der ganzen Welt kein so fettes Drum’n’Bass Line Up wie am Nu Forms und am Let it Roll in Tschechien.

Gibt es einen Künstler, mit dem ihr gerne zusammenarbeiten würdet? Camo: Unsere größten Influences sind auch die, mit denen wir irgendwann gerne zusammenarbeiten

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würden. Zum Beispiel Moderat, Apparat, Stephan Bodzin... Aber gerade da ist es oft schwer. Künstler, die ihr Herzblut reinstecken, sind nicht die, die mit anderen Leuten einfach gemeinsam Tunes machen. Die leben in ihrem eigenen Ding. Aber ein Traum ist es natürlich schon. Dann gäbe es natürlich noch viele Vokalisten. Krooked: Zum Beispiel Thom York von Radiohead. Es gibt viele Musiker, mit denen man sich vorstellen könnte, zusammenzuarbeiten, aber was rausspringt, ist die andere Frage. Oft ist es gut, wenn man seine Idole hat und die unantastbar sind. Man versucht, auf das gleiche Level zu kommen und vielleicht schafft man es dann auch ohne eine Kollaboration.

Hört ihr privat Musik, die völlig von eurer eigenen Musik weggeht? Camo: Wir hören privat ganz wenig Drum’n’Bass. Wenn wir nicht aus dem Drum’n’Bass kommen würden, würden wir vielleicht sogar andere Musik machen. Für uns ist es die Herausforderung, die Musik, die wir lieben, zu hören, in den Drum’n’Bass zu bringen und sie so zu gestalten, dass sie etwas ist, für das wir stehen können; etwas erwachsener und nicht nur Hau-Drauf-Drum’n’Bass. Krooked: Privat hören wir etwas ruhigere Musik. Moderat ist ganz vorn dabei, Nils Frahm, Olafur Arnalds, voriges Jahr ist das Tame Impala-Album „Currents“ auf und ab gelaufen. Es gibt also vieles und das wenigste im Drum’n’Bass. Was uns am Drum’n’Bass hält, sind unsere Roots und die Freude auf diesem Tempo zu experimentierten. Camo: Und die Energie am Floor. Auf einer Drum’n’Bass Party geht’s einfach mächtig ab. Das findet man sonst eigentlich nirgends, vielleicht auf irgendeinem Rave, aber da ist die Musik ja dann wirklich schon schirch.

Anfang September spielt ihr am Nuke Festival. Welche Acts werdet ihr euch ansehen? Krooked: Die Fantastischen Vier sind am Start, oder? Die schauen wir uns natürlich an. 5/8erl in Ehr’n schau ich gern an, die taugen mir extrem. Camo: Gudrun von Laxenburg mit neuer Band, auch sehr interessant. Mit einer faszinierenden


Foto: Samuel Colombo

Entertainment-Show, wo es schon mehr um das ShowElement geht als um die Musik. Ist aber wirklich unterhaltsam, das sollte man sich nicht entgehen lassen.

Was dürfen sich eure Fans von euren kommenden Shows im Sommer erwarten? Krooked: Vor allem neue Musik vom kommenden Album, das Ende des Jahres released wird. Vielleicht der ein oder andere Überraschungsgast, viel Motivation, Emotion und Energie. Eventuell sogar eine kleine Erweiterung unseres DJSets. Wir planen eine spezielle DJ-Show, die sich nicht nur auf’s Auflegen konzentriert. Camo: Also dass wir noch einen Synthesizer mitbringen. Aber das ist noch in Arbeit und nicht sicher, dass das bis dahin klappt. Krooked: Die Zeitgeist-Show war live mit Synthesizer und Drum Kit. Ein DJ-Set beinhaltet mehr Energie und ist nicht vergleichbar mit einer Live-Show. Die Drum’n’Bass Fans wollen lieber ein DJ-Set hören, nur hat uns das Konzept der Zeitgeist-Show extrem getaugt und wir wollten es nicht fallen lassen. Es fügt dem ganzen Set noch etwas mehr ‚liveliness‘ hinzu, wenn wir nicht nur Knöpferl drücken, sondern dazu

auch was gespielt wird.

Euer letztes Album, „Zeitgeist“, ist 2013 erschienen. Was erwartet uns am Nachfolger? Krooked: Wir haben ein paar Vocal-Tracks mit Österreichern. Zum Beispiel mit James Hersey und ein Track mit dem ROBB. Wir können noch nicht zu viel verraten aber es geht in eine progressive Richtung. Wir entwickeln uns sehr schnell weiter, machen aber keinen musikalischen U-Turn, sondern eine progressive Weiterentwicklung. Wir werden erwachsener und unser Sound wird auch erwachsener. Aber das meiste ist auf Drum’n’Bass-Tempo. Ob es von den Leuten als Drum’n’Bass-Album gesehen oder gehört wird, das steht in den Sternen, das ist uns eigentlich egal. Es war die Idee, ein Drum’n’Bass- Album zu machen, das nicht wie ein Drum’n’Bass-Album klingt. Camo: Es ist auch egal unter welchem Label es ist, Hauptsache, es gefällt den Leuten. Hauptsache, es gefällt uns und das kann ich schon mal garantieren.

Text Georg Zsif kovits PARADOX

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SUNCRUST Eine Nu Metal Band aus Graz,

die die musikalische Untergrundszene im Sturm erobern wird.

Nu Metal mit einer soulig-rockigen Frauenstimme Der Bandname Suncrust vereint den Spitznamen von Sängerin „Sunny“ mit dem kennzeichnenden Merkmal ihres Musikstils: Der Kontrast zwischen der weiblichen Gesangsstimme und dem instrumentalen Nu Metal. „Der Name stellt die Besonderheiten unserer Musik dar und klingt gleichzeitig kraftvoll und eigenständig”, so die Band. Die ersten Grundsteine wurden schon 2014 gelegt: Suneek und Illy Lee Slevin beschlossen, in ein „härteres“ Musikprojekt einzutauchen, und gründeten die Nu Metal Band. Erst im Oktober 2015 wurde Suncrust durch die zwei Neueinsteiger Stefan und Manuel vervollständigt.

Ihr erster Live-Auftritt ließ nicht lange auf sich warten. Am 21. Jänner 2016 standen sie das erste Mal in dieser Besetzung beim Local Heroes Bandcontest im p.p.c. in Graz auf der Bühne. Sie überzeugten sowohl das Publikum als auch die Jury und wurden somit als Jurysieger in die nächste Runde gebeten. Drei Monate später, am 23. April, fand das Steiermark Finale statt, in dem sie den zweiten Platz erreichten.

Far From Over Mit ihrer ersten offiziellen Veröffentlichung „Chamber” bewiesen sie in 03:38 Minuten, dass Metalriffs auch 2016 noch mit Cleangesang harmonieren können. Auf ihrer im Mai erschienen und fünf Songs umfassenden EP “Far From Over” thematisieren Suncrust vor allem klassische Gefühlszustände wie Angst, Wut, aber auch Zuversicht. Sie richten sich mit ihrer Musik aber keinesfalls nur an Fans des zeitgenössichen Metals, sondern nehmen mit dem Cleangesang und ihrem eingängigen Sound auf ihrem Weg auch Hardrock- und Rockfans mit, die dem Metal seit dem Niedergang der klassischen Nu Metal Ära vor mehr als einem Jahrzehnt fernblieben.

Text Magdalena Wagner 40

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Foto: Denise Denkmair

Für die Mitglieder der Nu Metal Band Suncrust ist die Grazer Musikszene keinesfalls Neuland: Die zwei Begründer der Band, Sängerin Sandra Altvater alias Suneek und Gitarrist Philipp König alias Illy Lee Slevin, sind auch Teil der Acoustic Pop/Rock Band A Walk In A Park. Während für die beiden der Metal einen Genrewechsel darstellt, sind Schlagzeuger Stefan Eder, der bei der Melodic Hardcore Band Red Square Scenario ebenfalls an den Drums sitzt, und Bassist Manuel Schober, der den Viersaiter unter anderem bei der Thrash Metal Band RoadKill spielt, in diesem Stil schon länger tätig.


CLARA LUZIA Von politischer Popmusik und Bubenbands

Die Wurzeln der musikalischen Tätigkeit von Singer/Songwriterin Clara Luzia reichen bis zum Beginn der 90er Jahre zurück. 2005 verließ sie ihre damalige Band Alalie Lilt und beschreitet seither Solo-Pfade, wobei sie aktuell von Catharina Priemer am Schlagzeug, Helene Glüxam am Bass und Lina Seybold an der Gitarre unterstützt wird. In dieser Zeit haben sich bereits einige Nominierungen für den Amadeus Austrian Music Award angesammelt, so auch dieses Jahr. Clara Luzia sagt über den Preis, den sie 2007 für ihr Album „The Long Memory“ entgegennehmen durfte: „Für alle außerhalb der Branche ist er eher wurscht. Aber: Es ist eine Anerkennung und so gesehen für mich als Musikerin schon schön. Ich freue mich über jede Nominierung, wenn ich auch die Veranstaltung als solche ziemlich schräg finde, aber das lässt sich ja schöntrinken.“ Auch abseits des wichtigsten österreichischen Musikpreises hat sie über die Jahre einen Einblick in die hiesige Musiklandschaft gewonnen. Hinsichtlich eines momentanen Aufwindes für österreichische Musik befragt, sieht sie nicht nur positive Seiten: „Es sind seit circa 2005 viele tolle Labels und mit ihnen teils großartige Bands entstanden. Seit dem Erfolg von Wanda und Seiler und Speer herrscht in manchen Bereichen eine sonderbare Goldgräberstimmung, die auch wieder eher grausige Seiten des Business an die Oberfläche schwappen

lässt. In den letzten paar Jahren ist auch wieder ein Backlash in Sachen Gender-Diversität zu beobachten Bubenbands all over the place und den Buben selbst scheint’s am wenigsten aufzufallen, wenn sie mal wieder unter sich bleiben. Ziemlich befremdlich.“

Musik auf der Theaterbühne Im Herbst 2015 steuerte Clara Luzia die Musik zu „Lavant!“ bei, einer Produktion des Stadttheaters Klagenfurt zum Leben und Schaffen der Schriftstellerin Christine Lavant, und performte bei den Aufführungen live: „Meine Musik

Text Carina Stiegler Fotos Sarah Haas

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„Ich habe bis vor wenigen Wochen fast zwei Jahre lang überhaupt keine Musik mehr gehört. Jetzt finde ich langsam wieder zurück. Im Moment gerade Afrobeat, Trip Hop, House, Spoken Word.“ und ich waren nur Dienerin des Stücks, das war zur Abwechslung einmal sehr angenehm. Auf der anderen Seite aber gab es doch wieder etwas mehr Nervosität, zumindest bei den ersten Vorstellungen, weil es eben nicht „mein“ Projekt war und ich nicht dem Ensemble seine Vorstellung verpatzen wollte durch irgendwelche Fehler.“ Mit diesen Performances erreichte sie nicht nur ein anderes Publikum als bei ihren sonstigen Liveauftritten, auch die Interaktion mit ihm war dabei durch die große physische Distanz eine andere. Bei all den Erfahrungen, die Clara Luzia als Musikerin gemacht hat, gibt es ihr 42

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zufolge eine Konstante, die gleichzeitig ihren Antrieb darstellt: „Das Gefühl beim Liedschreiben. Ein Moment, wo ich mich mit mir und der Welt sehr ident fühle. Immer noch das Beste an der ganzen Sache und der Grund, warum ich es immer noch mache.“

Der Mensch als politisches Wesen In ihrem Selbstverständnis sieht sich Clara Luzia als eine politische Songwriterin, da Musik für sie immer eine politische Dimension in sich

trägt: „Unpolitische Musik gibt es für mich nicht, da der Mensch per se ein politisches Wesen ist, ergo ist auch die Musik immer in irgendeiner Form politisch zu verorten. Man kann sich dessen nun als MusikschaffendeR bewusst sein oder eben nicht. Ich persönlich finde die MusikerInnen spannender, die sich dessen bewusst sind. Musik rein zur Vertreibung der Stille hat natürlich genauso seine Berechtigung, ist für mich als Zuhörerin aber nicht befriedigend.“ Da mögen die Hörgewohnheiten der Musikerin dennoch ziemlich überraschen: „Ich habe bis vor wenigen Wochen fast zwei


Jahre lang überhaupt keine Musik mehr gehört. Jetzt finde ich langsam wieder zurück. Im Moment gerade Afrobeat, Trip Hop, House, Spoken Word.“ Ihre prägende popmusikalische Sozialisation erfuhr sie laut eigenen Angaben durch die riesige Plattensammlung der Eltern ihrer besten Freundin, konkreter wird sie allerdings nicht: „Einzelne MusikerInnen kann ich aber nicht nennen, von denen ich mich besonders geprägt fühle.“ Für ihr 2015 erschienenes Album „Here’s to Nemesis“ wurde der dichte Sound der Vorgänger reduziert und damit viel Raum für Luzias Stimme gelassen. Als Blaupause für das Album diente die Interpretation des Songs „Sinnerman“ für Andreas Prochaskas erfolgreichen Alpenwestern „Das finstere Tal“. Die Entstehung ihrer Songs ist eng verknüpft mit außermusikalischen Einflüssen: „Alltagsbeobachtungen alles, womit ich mir schwer tue, es für mich zu verstehen. Musik ist für mich ein wichtiges Hilfsmittel beim Versuch, die Welt zu begreifen.“

gleiche Kerbe schlägt auch ihr Tipp für ambitionierte MusikerInnen: „Nicht dem ominösen Traum nachrennen, von der Musik leben zu wollen - zumindest diese Last nicht einem einzigen Projekt umhängen. Das zerstört das Projekt. Mehrere Standbeine aufbauen, die Last verteilen.“

“Unpolitische Musik gibt es für mich nicht, da der Mensch per se ein politisches Wesen ist, ergo ist auch die Musik immer in irgendeiner Form politisch zu verorten.”

Von Nebenjobs und offenen Rechnungen Darauf angesprochen, wie schwierig es hierzulande ist, von der Musik leben zu können, zieht Clara Luzia ein durchwachsenes Fazit: „Wenn man musikalisch auf mehreren Beinen steht - mehrere Projekte, Studio-Jobs, Musikunterricht, et cetera - dann ist das nicht schwieriger als jeder andere Freiberuf. Ich habe zwei Jahre ohne zusätzlichen Nebenjob hinter mir und kann es definitiv nicht empfehlen. Wenn man, um Rechnungen bezahlen zu können, Konzerte spielen MUSS, geht all das, was Musik so großartig macht, den Bach runter. Dazu kommt die Betriebsblindheit, die sich dann zwangsläufig einstellt. Ich arbeite nun wieder ein paar Stunden die Woche in einer ganz anderen Branche und bin froh und dankbar, nicht mehr die ganze Zeit in diesem MusikgeschäftSaft schwimmen zu müssen.“ In die PARADOX

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Foto: Sascha Pseiner / Location: Das Voyeur

d n u n e t ö l f n e s a N Gitarren,

TRUMP

The Sado Maso Guitar Club sind zurück Längere Zeit war es still um den in Graz ansässigen Sado Maso Guitar Club. In Kürze darf man sich allerdings auf neues Material freuen. Dabei bestreitet das Quintett neue Wege. Zwei Alben hat der 2009 von Matthias Krejan, der sich selbst das klingende Pseudonym Shakin’ Matthews verpasste, ins Leben gerufene Sado Maso Guitar Club bereits vorzuweisen. Gegründet, um ein Outlet für Songs zu schaffen, die mit Krejans damaliger Stammformation The (Incredible) Staggers nicht umzusetzen waren, erspielten sich die fünf versierten Musiker mit ihrem oft psychedelischen 44

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und immer retrolastigen Rock’n’Roll seither eine treue Fanbase in Österreich und Deutschland, Chartplatzierungen inklusive. Vor zwei Jahren wurde es dann plötzlich ruhiger um den SMGC, 2013 erschien das letzte Album, die Konzerte wurden rarer. Nun jedoch scheint die Durststrecke überwunden: „Nach mehreren Anläufen, uns zu motivieren, und einer BeinaheBandauflösung läuft es jetzt erstaunlich gut. Fast zu gut, irgendwas stimmt da nicht!“, erklärt Mastermind Krejan, dessen Initialen seines Künstlernamens als Pate für den Bandnamen dienten. Dass ein produktives und harmonisches Schaffen eigentlich

auf der Hand liegt, möchte man anhand der Bandmitglieder ohnehin vermuten, setzt sich die Band doch aus eingespielten und erfahrenen Musikern zusammen. Organist Dominik Krejan ist nicht nur Chef des Synthie-Pop-Trios codes and keys, sondern auch der Bruder von Bandgründer Matthias. Christoph Mandl zupfte bereits bei den Staggers neben Krejan den Bass und auch der neue Gitarrist Thomas Taxacher ist ein alter Staggers-Bekannter. Felix Krüger, der auch häufig mit Son of the Velvet Rat musiziert, sorgt für den 60s-GaragenBeat. Es läuft nun sogar so gut bei der Band, dass sie sich mittlerweile


Foto: Sascha Pseiner / Location: Das Voyeur

wieder im Studio eingefunden hat und an neuem Material arbeitet. Material, von dem genug vorhanden zu sein scheint, planen SMGC doch die Veröffentlichung von zwei EPs.

Neue Vermarktungsstrategien Die Veröffentlichung von zwei Kurzalben kommt doch überraschend, wenn man bedenkt, dass der letzte Longplayer vor über drei Jahren erschien. Bandchef Krejan klärt über die Beweggründe auf: „Wir hätten genug Material, um ein komplettes Album aufzunehmen, werden es aber diesmal etwas anders angehen. Seid mal ehrlich, wann habt ihr zuletzt ein ganzes Album von vorne bis hinten durchgehört? Eben! Und wann das letzte Youtube Video angesehen? Heute! Alles klar.“ Auf dem Plan des Gitarrenclubs steht nun ein EPRelease mit fünf Songs im Herbst, inklusive dazugehörigen Videos, und dasselbe nochmal im darauffolgenden Frühjahr. Wie es sich für eine „sixtiesindiehippierock“-Band gehört, natürlich stilecht auf Vinyl. Eine Single soll als Vorbote bereits im Sommer veröffentlicht werden. Musikalisch wird das Quintett keinen absolut neuen Weg einschlagen, dennoch verspricht Krejan einige Neuerungen: „Das neue Zeug von uns ist etwas härter, schneller und klingt roher. Zumindest im Vergleich zur letzten Platte, die doch sehr langsam und

relaxt war. Zur Thrash Metal Band sind wir aber nicht mutiert und wir machen auch keinen ‚neuen Austropop‘.“ Der Sänger und Gitarrist verspricht auch neue Instrumente wie Nasenflöten und Gastspiele vom Ökonom Milton Friedman sowie von Politaufreger Donald Trump. Der republikanische Präsidentschaftskandidat sorgt auch hierzulande für großes Aufsehen und hat sich dadurch einen Auftritt auf der ersten Single der neu erscheinenden EP des SMGCs „verdient“: „Ich hoffe, der verklagt uns nach der Veröffentlichung des Liedes nicht. Glaube, wir verletzen da ein paar Urheberrechte. Aber er ist selbst schuld, wenn er so einen Blödsinn redet“, erklärt der Bandleader sein Handeln. Auf Songwriterebene hat sich bei den Grazern nicht allzu viel getan, immer noch kann sich Krejan den größten Teil der Credits zuschreiben lassen. Auch wenn er durchaus bereit wäre, die Arbeit aufzuteilen, wie er mit einem Seitenhieb auf seinen Bruder Dominik erklärt: „Die Songs stammen meistens von mir, da mein Bruder, unser Organist, der ein wunderbarer Songwriter ist, was er eindringlich bei seinem neuen Projekt codes and keys zur Schau stellt, zu faul zum Komponieren ist. Faul kann ich nur nochmals sagen!“ Dennoch stammen nicht alle Songs vom Gründer der Band. Auch der neue Gitarrist Taxacher steuerte einen Song bei. Die Ausarbeitung und das Arrangement der Lieder werden allerdings immer im Bandkollektiv erledigt.

Kein Schlüssel zum Erfolg Die Zeichen stehen also gut, dass es ein tolles Jahr für den SMGC werden könnte. Überhaupt scheint es ein sehr produktives Jahr für Krejan zu werden, arbeitet er nebenher doch an einem neuen, vorerst allerdings noch geheimen Projekt. „Ich würde jetzt gerne alles ausplappern, aber es ist ja so geheim und wenn die Leute merken, dass ich kein Geheimnis für mich behalten kann, dann erzählt mir keiner mehr etwas“, hüllt sich der Musiker in Schweigen. Klar ist aber, dass sich der Lebensmittelpunkt Krejans, wie auch der der restlichen Band, in Graz befinden wird. „Wir alle leben in Graz. Und keiner darf wegziehen“, gibt sich der studierte Theologe bestimmend. Den derzeitigen Aufwind der österreichischen Pop- und Rockszene will der Sänger nicht explizit ausnutzen: „Ob dieser Trend anhält, ist abzuwarten. Mir ist’s aber grundsätzlich egal. Ich bin eh Lehrer.“ Überhaupt will Krejan sich und seiner Band keinen Erfolgsdruck aufzwingen lassen, auch darum, weil seiner Ansicht nach Erfolg ohnehin nicht planbar ist. Wohin der Weg vom SMGC langfristig hinführen soll, ist für den Sänger allerdings klar: „Ich hoffe ins Grab! Sprich: Musik bis ans Ende des Lebens.“

Text Alexander Pipam PARADOX

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DER GEMEINE GRUNGEFAN STEREOTYPEN

(HAAR)PFLEGE

SUNGLASSES

Um die Auswirkungen diverser Substanzen und durchzechter Nächte zu verbergen, greift der Grunger effizienter Weise auf übergroße Sonnenbrillen zurück.

Auf Grund eines extrem vollen Terminkalenders kommt die Körper-, insbesondere Haarpflege der Grunger oftmals zu kurz, was den positiven Nebeneffekt eines naturverbundnen Eau de Toilette hat.

FIGURBETONTE FASHION

Der natürliche, in der Modewelt als Used-Look bezeichnete Style des Grunge Liebenden, wird meist etliche Nummern zu groß geshoppt, um den Vintage-Look und das geschlechtslose, kurvenfreie Aussehen zu verstärken.

FLANELLHEMD

Meist als Nadelstreif des Grungers bezeichnet, gilt das Flanellhemd als geheimes Erkennungszeichen in der Grunge Gemeinde. Es wird mit aller Sorgfalt entweder zusammengebunden um die Hüften getragen oder dient als Notgegenstand für diverese andere Tätigkeiten.

Text Bernhard Hof bauer

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Der gemeine Grunger trägt Flanellhemden, zerrissene Jeans und dreckige Chucks oder Stiefel. Dies sind meist einfach jene Klamotten, die der Grunger anhatte, bevor er dem Heroin verfiel. Haarpflege und Körperhygiene werden auch nicht sonderlich groß geschrieben. Der Grunger lässt sich nur einmal im Jahr die Haare schneiden. Egal ob männlicher oder weiblicher Fan, die Haare werden meist einfach wachsen gelassen und sollen machen, was sie wollen. Schließlich kostet ein Friseurbesuch auch ungefähr so viel wie ein Schuss. Der Umwelt zu liebe wird auch auf den Wasserverbrauch geachtet, weshalb alle Grunger meist etwas müffeln. Von der musikalischen Seite betrachtet, ist Grunge dem Punkrock ähnlich, nur dass er von Heroinabhängigen gespielt wird. In dem Zustand, in dem sich die Musiker befinden, ist es meist nicht mehr möglich, Tempo und Stimmhöhe zu halten. Dies verleiht dem Grunge

seine typische Klangnote. In der Blütezeit des Grunge waren sowohl die Musiker als auch deren Fans einfach gegen sämtliche stereotype Normen. Man war unzufrieden mit sich und der Gesellschaft, dementsprechend selbstmordgefährdet, und wollte mit dieser explosiven Mischung aus Drogen, Punk und Heavy Metal seiner Wut Ausdruck verleihen. Die Gitarren wurden bewusst verstimmt, Rechtshändergitarren wurden mit links gespielt und kein Grunger hatte eine Gesangsausbildung, wodurch das entstand, was entstand. Aber Grunge ist mittlerweile ohnehin tot. Als sich Kurt Cobain dazu entschied, sich die Birne wegzublasen, ging es auch mit dem Grunge bergab. Neben Nirvana gab es zwar noch Bands wie Soundgarden oder Alice in Chains, doch diese konnten den Hype der wütenden Jugendbewegung nicht aufrechterhalten. Seit dem Ende

der 90er Jahre gibt es nur noch PostGrunge, wobei keiner so genau weiß, wie sich dieser Musikstil definieren lässt. Auch die gemeinen Grunger sind von der Bildfläche verschwunden, aber schließlich lautete eine Regel aller Grunger auch: „Du sollst keines natürlichen Todes sterben und nicht älter als 35 Jahre werden!“ Dies würde das jähe Ende dieser Bewegung erklären. Doch die, die ihre Jugend in den Neunzigern verbrachten, kennen die Wahrheit und wissen, wie – entschuldigen Sie die Ausdrucksweise – verdammt geil es war, die Musik aus Seattle zu hören, und wie gut man sich als Teenager mit den Grungern auf den Bühnen identifizieren konnte. Und selbst wenn Kurt Cobain im Grab rotiert: Nicht umsonst werden seine Songs heute noch von Radiostationen auf der ganzen Welt gespielt.

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* viech *schneller, lauter, demokratischer

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Das ehemalige Grazer Duo Viech lehrte uns in ihren Kleinoden des selbstbetitelten Debütalbums bereits einiges über Hirnwichserei, Kirchentechno und sonstige Eigenheiten. Mit ihrem neuen Album „Yeah“, das im Februar 2016 erschien, ist die Band nicht nur nominell angewachsen, sondern hat auch einiges an Dynamik und Lautstärke dazugewonnen. Höchst eigenwillig waren sie immer schon, die Viecher. Doch genau das machte sie auch stets so aufregend. Mit dem neuen Longplayer „Yeah“ ist die Band zwar zu einem Quintett geworden, hat sich ihre Eigenarten glücklicherweise dennoch bewahrt. Ursprünglich 2011 als Duo von den alten Freunden Paul Plut und Andreas Klinger-Krenn gegründet, schufen die beiden Musiker auf ihrem Debütalbum etwas, das sie selbst als „Piratenpop“ bezeichneten. Mit dem Einstieg von David Reiterer (Keyboards), Stephan Paulitsch (Bass) und Christoph Lederhilger (Schlagzeug) ist der Piratenappeal allerdings deutlich zurückgeschraubt worden. Was dafür deutlich in die Höhe getrieben wurde, sind das Tempo und die Dynamik. 20 bpm sollen pro Person hinzugekommen sein, so die bandeigene Aussage. „Mehr Viecher machen einfach mehr Lärm“, grinst Paulitsch im Interview. Zwar haben Viech nach Veröffentlichung ihres neuen Albums wieder ein Mitglied abgeben müssen, dass sie sich aber das Tempo trotzdem erhalten haben, beweisen die energiegeladenen LiveAuftritte des nunmehrigen Quartetts. Gründungsmitglied Klinger-Krenn, der mit seinem Soloprojekt KLINGER ebenso in den FM4-Charts stand wie Viech, hat seinen Wohnort nach Leipzig verlegt. „Wir haben nach dieser Offenbarung natürlich mal geschluckt, dann aber gemeinsam beschlossen, dass es für alle am besten ist, das Album von Beginn an zu viert auf die Bühne zu bringen. Das Ganze ist ziemlich harmonisch abgelaufen“,

stellt Reiterer fest. Was sich mit der neuen Bandkonstellation geändert hat, erklärt Drummer Lederhilger mit einem Augenzwinkern: „Wir werden auf jeden Fall an unseren Argumentationsfähigkeiten arbeiten müssen. Denn zu viert führen Abstimmungen nicht automatisch zu einer Entscheidung. Das RhetorikSeminar ist bereits gebucht!“

Texte als Prunkstück Der Abgang von Klinger-Krenn ist also kein leichter für Viech, auch wenn sich die Musiker ohnehin eher als ein Kollektiv verstehen, als eine von einem Frontmann geleitete Band. Das kann sehr gut am neuen Longplayer nachgehört werden und noch besser bei den Konzerten nachgesehen werden. Schon beim Schreiben des neuen Albums war klar, dass die beiden Viech-Gründer Klinger-Krenn und Plut die Verantwortung gleichwertig auf die neuen Mitglieder aufteilen werden. Die Lyrics zu den Songs entstanden in der Gruppe, „meist in Form von lyrischer Basisdemokratie, niemals aber nüchtern“, wie die Band betont. Was sich aus dieser schon ungewöhnlichen Herangehensweise ergibt, klingt dann noch mal eigenwilliger, als man es ohnehin schon vermuten möchte. Thematisch reicht das von der Alpenbraut, über Geburtstagsclowns und Fleischkrapfen bis hin zum berühmt-berüchtigten magischen Dreieck von Sturm Graz aus der Osim-Ära. Aufgearbeitet wird diese farbenreiche Thematik durch Viech-typische Phrasen, die sich durch kunstvolle Sprachakrobatik auszeichnen. Die deutschsprachigen Texte muten häufig skurril und trashig an, schlagen unvorhersehbare Kapriolen und bieten dadurch einen großen Interpretationsspielraum. Die irrwitzige Textgestaltung wirkt dabei zuerst oft kryptisch, stellt allerdings zumeist alltägliche Feinheiten wie auch ernsthafte Motive in den Mittelpunkt, die von Viech so clever und rhetorisch wunderbar aufbereitet

sind, dass der Hipster von heute sie sich sofort auf seinen Jutebeutel sticken lassen würde. Von GabalierBeschimpfungen („Oh Elise“) über Kritik am eigenen Land („Hudini“) bis hin zu ironischen Sätzen wie „Stell dich bitte neben mich / Sonst sieht es aus als liebt ich dich“ („Halsabschneider“) ist alles dabei. Die Band selbst trägt ihre immer geschickt formulierten und teils gesellschaftskritischen Wortmeldungen aber nicht angeberisch vor sich her. Mit großem Herz ausgestattet, lieben Viech die Kleinigkeiten, nicht die große Geste.

Live eine Urgewalt Musikalisch hat sich bei Viech allerdings doch einiges getan. Das Songwriting und das Arrangement wurden deutlich mehr auf Livetauglichkeit getrimmt. Stampfende Drums treffen auf eingängige Riffs und mitgrölbare, repetitive Refrains. Alles in allem hat sich der Sound vom Schwelgerischen und Schwärmerischen des Vorgängeralbums abgewandt und zieht einen nun stattdessen in freundschaftlicher Umarmung und mit Glitzern in den Augen in die Disco. Das Erfreulichste an dem neuen Werk ist allerdings, dass es der neuformierten Band gelungen ist, die kindlich naive Herangehensweise ans Musizieren, die das Projekt Viech immer schon auszeichnete, zu bewahren. Gründungsmitglied Plut dazu: „Sobald ich bei Viech nicht mehr vor Freude grinsen muss, wenn ich auf die Bühne gehe, hör ich auf damit. Bis jetzt ist das Grinsen aber immer nur größer geworden.“ So schön kann Demokratie sein. So schön kann Musik sein.

Text Alexander Pipam Foto Las Vegas Records PARADOX

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Shiny Crack Gordon Hip-Hop als Kollektiv Shiny Crack Gordon? Klingt irgendwie ganz griffig, aber was soll das heißen? Gordon wie die Comicfigur Flash Gordon oder gar wie Gordon Shumway (besser bekannt als „Alf“)? Und Crack wie die Droge? Fragt man die Band selbst, bekommt man folgende ernüchternde Antwort: „Es handelt sich um einen Kunstbegriff, der in einem kreativen Prozess entstanden ist. Bleibt also viel Platz für Interpretation“. Damit muss man sich dann wohl vorerst auch zufriedengeben. Wer steckt aber hinter diesem Namen? Shiny Crack Gordon ist zwar eine Band, wirkt aber eher wie ein Konglomerat aus Producern. Tatsächlich bezeichnen sich die sechs selbst gerne als Kollektiv, das aus vielen verschiedenen Besetzungsvariationen und Solokünstlern besteht. Die Grundlage ihrer Musik bildet definitiv der Hip-Hop und auf diesem werden dann Klanggerüste aus verschiedenen Musikrichtungen konstruiert. Ausflüge in den Funk oder Soul sind genauso vorhanden wie Elektronikelemente und Rap. Eindeutig einem Genre zuordnen lässt sich diese Vielfalt kaum, aber Hip-Hop trifft es in diesem Fall am ehesten.

Shiny Decks und Graue Lines Gegründet wurde das Projekt Shiny Crack Gordon jedenfalls 50

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im Jänner 2012. Zwei Jahre später veröffentlichten sie ihre erste EP, die sie ganz schlicht und einfach „Shiny Crack Gordon“ tauften. Die vier Songs starke Platte ist darüber hinaus durch und durch hausgemacht. Nicht nur Recording und Mastering nahmen die sechs Grazer selbst in die Hand, sondern auch das Coverartwork und den Dreh des Videos zu „Surprise“. Im Video selbst sieht man Szenen von den Recordingsessions der EP. Schon bevor „Shiny Crack Gordon“ erschien, hatte sich der erste Ableger der Band herauskristallisiert. Es handelt sich dabei um das DJ-Kollektiv Shiny Decks Gordon. Vier der sechs Bandmitglieder sind darin involviert und jeder hat sich auf ein anderes Genre spezialisiert. So ist Dob Jylan (Drums) für Old School Hip-Hop, Funk und Soul zuständig, während beispielsweise FX Techno und House bedient. Neben diesem DJ-Set existiert auch eine abgespeckte Version der Hauptband, nämlich die Shiny Crack Gordon Micro Session. Hierfür werden die meisten Instrumente durch das passende elektronische Pendant ersetzt. Also Sampler statt Drums und Synthesizer anstelle eines Pianos. Im Übrigen sind auch die einzelnen Mitglieder der Band als Solokünstler tätig. Besonders Clemens, der in der Band als Pianist tätig ist, sticht dabei hervor. Unter seinem Künstlernamen Clemobil produziert er Songs und


Foto: Shiny Crack Gordon

übernimmt gleichzeitig die Rolle des MCs. Erst Ende letzten Jahres hat er Videos zu den Singles „Graue Lines“ und „Planschen In Diesem Meer“ veröffentlicht. Beide Videos kommen übrigens mit nicht ganz ernstgemeint wirkenden Inhalten und Texten und letzteres mit einem Feature von MC Micki Mikey Johnson daher. In diesem Frühjahr kam schließlich das Video zum neuen Track „Crypto Coinz“ heraus. Auf die Frage, wie sein Soloprojekt zusammen mit der Band Shiny Crack Gordon funktioniert, antwortet Clemens folgendermaßen: „Wir haben bei den letzten Gigs auch Clemobil Nummern mit der Band gespielt. Dabei wechseln wir die Instrumente quer durch: Sänger Andi wird zum Pianisten, ich zum Rapper und bei einer anderen Nummer bedient der Rapper der Band „Zauto” den Synth und das Piano und ich rappe wieder. Also sehr spannend für uns und ich hoffe, auch für Zuhörende. Die Tracks von mir sind alle in Eigenproduktion entstanden und erst dann für die Livesituation auf die Band umgelegt worden, was unglaublich gut funktioniert hat und eine ganz neue Facette in die Band gebracht hat.“

The Next Big Thing: Autonomie Momentan arbeiten Shiny Crack Gordon daran, sich ein eigenes Studio aufzubauen. Das hätte jede Menge Vorteile und würde den Arbeitsfluss der Band ungemein unterstützen. Clemens meint dazu: „Der Großteil der

Musiker in unserer Band sind Produzenten und haben ihre Soloprojekte am Laufen. Das geht von Old-School Beats über UK-Grime/Trap und Techno bis hin zu Folk und Singer/Songwriter. In der Band kommen alle Einflüsse zusammen, wobei Hip-Hop die große Basis bei allen bildet. Unsere Produktionen entstehen deshalb in einem Umfeld zwischen Komponieren, Proben, Improvisieren, Recorden und Produzieren, wobei die Phasen fließend ineinander übergehen. Man kann sie nicht trennen. Deshalb ist es für uns so wichtig, ein Studio zu haben, in dem all das zur gleichen Zeit stattfinden kann. Das bedeutet, dass einfach alles zu jeder Zeit aufgebaut, mikrofoniert und verkabelt sein muss.“ Auch eine neue EP ist in Planung, die dann im neuen Studio umgesetzt werden soll. Das größte Projekt, das momentan in Arbeit ist, scheint aber wohl eine Tour quer durch Deutschland zu sein: „Wir haben einige Kontakte nach Hamburg, Berlin und Stuttgart und uns kam die Idee, eine Deutschlandtour zu machen. Eben mal eine Woche mit dem Bus durch Deutschland zu fahren und in fünf oder sechs Städten zu spielen – also ein richtiger Roadtrip. Auch, wenn das unser gesamtes bescheidenes Bandbudget auffressen wird, erwarten wir beste Zeiten und Erlebnisse. Einen genauen Zeitplan gibt es allerdings noch nicht.“

Text Phillipp Annerer PARADOX

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1 ARTIPHON

Gitarre, Synthesizer, Klavier, Drum Pad, Violine… Das Artiphon INSTRUMENT 1 vereint in sich all diese Instrumente und noch mehr. Man steckt das Gerät an sein Smartphone oder Tablet, startet die App und legt los. Nicht nur im Sound, sondern auch in der Art und Weise, die herkömmlichen Instrumente zu positionieren, ähnelt es seinen analogen Vorfahren. Legt man es auf den Tisch oder die Oberschenkel, kann man es spielen wie ein Drum Pad oder Keyboard. Auch die traditionellen Spielweisen einer Gitarre oder Violine sind mit dem INSTRUMENT 1 von Artiphon umsetzbar. Vier Jahre hat die Entwicklung gedauert, doch mittlerweile werden die ersten Vorbestellungen entgegengenommen.

MUSIKALISCHE GADGETS 2 MIKME

Die Hersteller von Mikme versprechen mit ihrem Produkt ein kleines, flexibles Mikrofon, das deinen kreativen Output in Studioqualität aufnimmt. Mit nur einem Knopfdruck nimmt es in 24 Bit mit 96 kHz auf. Es lässt sich einfach via Bluetooth mit deinem Smartphone verbinden und hat zudem 16 GB internen Speicher, der Platz für bis zu 360 Stunden Tonmaterial bietet. Jegliche Kabel sind also obsolet. Die Akkulaufzeit beträgt bis zu sieben Stunden. Das Mikme wird mit einer eigenen Audio Recording App geliefert, die dich Songs mit bis zu acht Spuren aufnehmen lässt.

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3 PICKMASTER

Deine neue Gitarre hat so viel Geld gefressen, dass deine Bankkarte nur noch ein nutzloses Stück Plastik ist? Der Pickmaster gibt ihr wieder einen Sinn. Steck die Karte in den Pickmaster und mach dir aus deiner Karte dein individuelles Gitarrenplektrum. Egal welche Karte: Kreditkarte, Bankkarte, Vorteilskarte, Kundenkarte, Zugkarte… Der Pickmaster macht ein Plektrum draus. Mit seiner massiven Bauweise und einem halben Kilo Gewicht stanzt er sich durch alle üblichen Plastikkarten bis zu einer Dicke von einem Millimeter. Natürlich ist ein Plektrum aus einer Scheckkarte nicht unbedingt das Qualitätsstück, das sich ein professioneller Gitarrist wünscht, doch ein wenig Spaß ist gesichert.

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GADGETS, DIE DAS MUSIKERHERZ HÖHER SCHLAGEN LASSEN

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DAS PARADOX GREENLEAF SPECIAL POWERED BY HANF-MAGAZIN.COM

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Hanf

Heilpflanze, Mythos und verbotenes Kraut

Auf den ersten Blick sieht die Hanfpflanze aus wie eine harmlose und völlig durchschnittliche Pflanze. Sie besitzt keine schönen Blüten, duftet nicht unbedingt besonders angenehm und scheint auch sonst keinen Anlass für eine tiefergehende Beschäftigung zu bieten. Und trotzdem steht diese unscheinbare Pflanze aus der Gattung der Hanfgewächse schon seit Jahren immer wieder im Mittelpunkt zahlreicher politischer, kultureller und gesellschaftlicher Debatten. Für die einen ist Hanf der Schlüssel zu einer schillernden und besseren Zukunft, für die anderen hingegen ein Sinnbild für den drohenden gesellschaftlichen Verfall. Der nachfolgende Artikel versucht ein möglichst neutrales Bild der Thematik zu zeichnen und erklärt, wie eine kleine grüne Pflanze die Gemüter dieses Landes und der ganzen Welt derart erregen kann.

Hanf

– Eine der ältesten Nutzpflanzen der Geschichte Die gemeinsame Vergangenheit von Mensch und Hanf reicht weit in die Geschichte zurück. Verschiedene Funde gehen davon aus, dass Hanfpflanzen im asiatischen Raum schon vor gut 8.000 Jahren vom Menschen angebaut und effektiv genutzt wurden. Insbesondere bei der Herstellung von Stoffen wurden die Fasern der Pflanze schon damals eingesetzt. Die ältesten Funde in Europa lassen sich heute auf gut 5.500 Jahre vor Christus datieren und stammen aus Thüringen in Deutschland. Neben der Nutzung der Pflanzenfasern für die

''Es gibt einen Legalisierungstrend. Es gibt aber genauso Länder, die sich strikt gegen soetwas stellen.'' MAG. ARTHUR MACHAC TOP 10 STRAFVERTEIDIGER

Stoffherstellung wurden die verschiedenen Teile der Pflanze früh auch in der Medizin und im Bereich der Nahrungsherstellung eingesetzt. Ab dem Mittelalter, der Geburtsstunde des Buchdrucks, dienten die Hanffasern der Herstellung von Papier. Der hohe Nutzen, den die Hanfpflanze für den Menschen mit sich brachte, führte sogar dazu, dass es in einigen nordamerikanischen Staaten unter Strafe gestellt wurde, wenn die Menschen sich weigerten Hanf anzubauen. In Europa hingegen wurde der Hanfanbau in den 1980er Jahren vielerorts verboten. Erst seit den 1990er Jahren ist es wieder zulässig Nutzhanf anzubauen.

PARADOX

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Heute wird Hanf in der Kosmetik, der Autoindustrie, der Papierherstellung, der Lebensmittelindustrie, der Medizin und in vielen anderen Bereichen eingesetzt.

Im Innern verbirgt sich das Geheimnis – Inhaltsstoffe und medizinische Fakten

Hanf ist eine Pflanze, die von außen sehr unscheinbar aussieht, aber große Kräfte im Innern trägt. Tatsächlich hängen die Verbote rund um die krautige Pflanze ausschließlich mit ihren Inhaltsstoffen zusammen. Cannabinoide heißen die meist als Säuren vorkommenden Inhaltsstoffe, die sich überwiegend in unbefruchteten weiblichen Blüten finden lassen und die aus medizin-ischer Sicht von großer Bedeutung sind. Ganz konkret geht es um das Tetrahydrocannabiol (THC), welches eine berauschende Wirkung mit sich bringt und deshalb in Österreich verboten ist. Eine weitere wichtige Rolle spielt auch das Cannabidiol, welches allerdings nur ein schwach wirksames Cannabinoid ist und ebenfalls in größter Konzentration in weiblichen Blütenständen vorkommt. Beide Substanzen sind bislang nur unzureichend erforscht, spielen aber aus medizinischer Sicht schon seit mehreren Jahrtausenden eine wichtige Rolle. Als Schmerzund Beruhigungsmittel, bei Malaria, Rheuma und Entzündungen, sowie vielen weiteren Krankheiten wurde Hanf immer wieder mit positiver Wirkung eingesetzt. Heute sind es vor allem muskelentspannende, schlaffördernde, entzündungs- und schmerz-hemmende, sowie gefäßerweiternde Effek-te, die bei der medizinischen Wirkung von Hanf im Fokus stehen. Insbesondere Schmerz-, Krebs- oder Aids-Patienten,

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PARADOX


we love hemp. PARADOX

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die mit gewöhnlicher Schulmedizin abgeschlossen haben oder durch deren Einsatz mit übergroßen Nebenwirkungen belastet werden, erhoffen sich durch die parallele Einnahme von Präparaten aus Hanf eine Linderung der Symptome.

Blockierte Chancen und Möglichkeiten

– Die rechtliche Situation Auch wenn Hanf aus medizinischer Sicht große Potentiale bei der Behandlung verschiedener Krankheitsbilder zeigt, stellt sich die österreichische Politik derzeit noch gegen eine Ausschöpfung dieser Potentiale. Grund hierfür ist in der psychoaktiven Wirkung der in Hanf enthaltenen Cannabinoide zu sehen. Viele Politiker befürchten bei der Einnahme von Cannabis Abhängigkeitsgefahren und langfristig gesundheitsschädliche Folgen.

''DER CANNABISMARKT IST WIRTSCHAFTLICH BETRACHTET EINER DER ZUKUNFTSMÄRKTE SCHLECHTHIN.'' ANDREAS TROGER - HANFGARTEN.AT

Cannabis wird hierzulande noch immer als sogenannte Einstiegsdroge

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gehandelt. Auch wenn Zahlen oder medizinische Befunde dafür sprechen, dass Cannabis einen deutlich schwächeren Abhängigkeitsfaktor als Alkohol oder Nikotin mit sich bringt. Auch die gesundheitlichen Folgen eines regelmäßigen Cannabis-Konsums sind nach allgemeinem Forschungsstand bedeutsam weniger schädlich als bei Alkohol und Nikotin. Für die medizinische Behandlung mit Hanfprodukten existiert in Österreich eine starke Einschränkung: Nach dem Suchtmittelgesetz unterliegen Zubereitungen aus Cannabis einem Verschreibungsverbot. Diesbezüglich wird Cannabis mit Cocablättern und Heroin völlig undifferenziert in einen Topf gesteckt. Ein Schlupfloch ergibt sich beim Ausweichen auf synthetisch hergestelltes Tetrahydrocannabinol, welches verschreibungsfähig ist. Tatsächlich finden sich in Österreich aber nur wenige Ärzte, die dieses Medikament verschreiben, da der Druck der Öffentlichkeit zu groß ist und sie wegen der Stimmungsmache gegen Hanf als Medikament um ihre Reputation fürchten. Zudem kann davon ausgegangen werden, dass synthetisches Tetrahydrocannabinol in seiner Wirkungsweise im Vergleich zum natürlich vorkommenden Wirkstoff stark eingeschränkt ist.

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In anderen Staaten und Ländern sind derzeit große Trends hin zu einer Entkriminalisierung und zu einer ausgedehnteren medizinischen Nutzung der Hanfpflanze zu erkennen. Ab 2017 soll es im Nachbarland Deutschland Cannabis aus der Apotheke auf Rezept geben. Dadurch werden Betroffene von enormen Kosten befreit. In Österreich ist eine derartige Entwicklung derzeit noch nicht abzusehen. Einzig die AGES besitzt in Österreich die Genehmigung Cannabis zu medizinischem Zwecke zu züchten. Der Wiener Anwalt Mag. Arthur Machac (Top 10 Strafverteidiger in Österreich) hält es potentiell für denkbar, dass eine streng kontrollierte Abgabe von medizinischem Marihuana zukünftig auch in Österreich durchführbar ist. Von der Durchsetzung einer umfassenden Legalisierung von Marihuana in Österreich ist er derzeit aber nicht überzeugt. In Österreich ist zum 01.01.2016 eine neue CannabisVerordnung in Kraft getreten, die den Besitz bis zu einer bestimmten Menge zwar nicht mehr unter Strafe stellt, die Betroffenen aber immer noch nicht ungeschoren davonkommen lässt. Vorkommnisse werden von nun an


der Gesundheitsbehörde gemeldet, die dann wiederum entsprechende Therapiemaßnahmen anordnen kann. Laut Rechtsanwalt Mag. Arthur Machac hat dies vor allem persönliche Konsequenzen und kann bei Führerscheinoder Passangelegenheiten zu unschönen Folgen führen.

Wirtschaftliche Chancen und Risiken

Für die Zukunft wünscht Troger sich deshalb: „Eine Politik frei von Polemik und basierend auf aktuellen medizinischen und wissenschaftlichen Erkenntnissen. Die Politik der letzten Jahrzehnte basierte auf falschen Informationen rund um das Thema Cannabis. Jetzt gilt es die Cannabis-Politik anhand von aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen neu auszurichten.“

– Eine Pflanze erobert den Weltmarkt Der österreichische Unternehmer Andreas Troger, der sich bereits seit vielen Jahren mit dem Thema Hanf beschäftigt und seit 2014 das Projekt Hanfgarten erfolgreich betreibt, blickt aus wirtschaftlicher Sicht positiv in die Zukunft: „Der Cannabismarkt ist wirtschaftlich betrachtet einer der Zukunftsmärkte schlechthin.“ Als prominentes Beispiel kann an dieser Stelle Colorado angeführt werden: Seit der Legalisierung von Cannabis im Jahr 2014 steigen die hanfbasierten Umsätze im US-amerikanischen Bundesstaat rapide an: Rund eine Milliarde Umsatz im Jahr 2015 bei einer Einwohnerzahl von knapp 6 Millionen. Auch aus steuerlicher Perspektive zeigen Beispiele wie Colorado oder auch die Niederlande, dass die Legalisierung von Cannabis mit allerhand positiven Entwicklungen verknüpft sein kann.

Text Sarah Herhut powered by

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JACOBS MOOR Melodiöses Thrashmetalgebolze aus Wien

Jacobs Moor haben sich von ihren

Jacobs Moor gibt es erst seit 2014, aber ihr habt ja schon länger mit Metal und Musik zu tun. Wie seid ihr zusammengekommen?

aufgenommen.

in die Live-Performances der Band.

Rainer Lidauer: Wir haben Jacobs

unsere

Die Band will diese Live-Versionen den

Moor

unseren

Fans als Dankeschön auf Tonträger

Studioprojekt gegründet. Mit dabei

Zeitgründen kann Johnny nicht immer

präsentieren,

ersten

waren Richard, Johnny und ich. Wir

dabei sein, aber als Livesubstitut und

erfolgreich

haben das erste Album „All That Starts“

Mit-Songwriter steht er der Band noch

gemeinsam bei mir im Proberaum

immer zur Verfügung.

Anfängen

als

entwickelt. Um

Studioband

weg

sich als Liveband zu

promoten, hat die Metalformation zu Beginn des Jahres ihre EP „The Evil in Me“ vorgelegt. Sie beinhaltet zwei neue Studiosongs und einen Einblick

Liveshows

nachdem durchaus

verlaufen sind.

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PARADOX

die

zu

dritt

als

Powermetal

Johnny

hat

alle

Gitarren und Bässe eingespielt und ich habe gemixt und gemastert. Dann haben wir es an Firmen und Magazine verschickt. Wir wollten aber das Album auch auf der Bühne spielen und da haben

wir

Johannes

Gitarristen, Bassisten,

und und

Rupert, Stephan,

gefunden.

Aus


Rupert Träxler: Jedenfalls hat es

dann an der Promotion dafür arbeiten.

dann wird geprobt.

gleich zu Beginn sehr gut funktioniert. Stephan

und

Johannes

kümmern

sich um die Rhythmusabteilung und ich kann an der Leadgitarre mit den Effekten basteln. So hat jeder seinen Aufgabenbereich und kann sich in seinem Element ausleben.

Wir haben auch schon viel für das dritte

Welche Aspekte bei der Arbeit an Jacobs Moor genießt ihr am meisten? Lidauer: Wir sind eine Tüftlerband und das Produzieren der Musik ist für uns

Ihr habt im Februar auf eurer EP zwei neue Songs und vier LiveNummern veröffentlicht. Was ist das Konzept hinter dieser gemischten EP? Lidauer: Das haben wir gemacht, damit wir dieses Jahr auch etwas zwischen den zwei Alben für die Fans unserer Livekonzerte veröffentlichen. Träxler: Manche Reviews erkennen schon psychedelische Einflüsse. Die EP ist auch ein Probelauf, weil wir wissen wollten, wie sich das neue Album für

sicher das Wichtigste. Träxler:

Wir

Album aufgenommen, aber eigentlich will ich nächstes Jahr viel live spielen. Träxler: Das Feedback ist ja derzeit sehr gut und wir haben einige Anfragen. Lidauer: Ohne Bookingfirma ist es sehr schwer Gigs zu bekommen, als

haben

aber

von

vornherein den Sound gehabt, den wir auf der Bühne haben wollten.

Band bekommt man oft gar keine Antwort, daher müssen wir schauen, dass wir da einen Partner finden. Wir haben auch für’s erste Album schon

Lidauer: Das ist bei modernem Metal auch sehr wichtig, weil sehr viel mit Effekten gemacht wird, auch das Schlagzeug hat mit dem akustischen Klang eines Drumsets wenig zu tun, das gilt natürlich in stärkerem Maße auch für die Gitarren- und Basssounds.

Inwieweit profitiert ihr von eurer Erfahrung?

Angebote bekommen, aber wenn man da noch immer was draufzahlen muss, kommt das für uns nicht in Frage. Wir haben daher entschieden, wir machen es eben selbst. Die Kontakte sind es, wofür du als Band bezahlen musst. Wenn du dir die Kontakte selbst aufbaust, brauchst du das Label nicht mehr. Träxler: Wir sind in der glücklichen Lage,

uns anfühlen wird.

dass

Lidauer: Richard hat jahrelang bei

kön-nen,

Stilistisch macht ihr nun doch einen Schwenk, die neuen Bandmitglieder sind mehr aus der Progressive-Ecke, oder? Wie wird das neue Album klingen?

Stygma IV gesungen. Die haben acht

auszusteigen.

Lidauer: Es wird sicher düsterer und wahrscheinlich werden.

Aber

auch

noch

mit

härter

progressiven

Ausflügen.

Wir

gemeinsam

proben

die

Songs

und

arrangieren

gemeinsam, spielen die Songs auch vor dem Aufnehmen live. Das ist im

Vergleich

zum

ersten

Album

nun ein ganz anderes Arbeiten. Die

bei

verschiedenen

mit

produzieren einem

Minus

Labels Lidauer: Ein Zeitminus vielleicht, aber

anderem mit Blind Guardian auf Tour.

die Zeit investiere ich ja gerne, weil

Wir anderen spielen ja auch in den

Musik ist ja auch mein einziges Hobby.

verschiedensten Projekten.

Ich will gar nichts Anderes machen.

Womit verdient ihr eurer Geld?

Träxler: Stimmt, dem ist nichts mehr

und

waren

hinzuzufügen.

Lidauer: Bis auf Richard sind wir Musiklehrer

an

Musikschulen.

Stephan spielt bei den Vereinigten Bühnen Wien, ist auch Profimusiker. Wir haben musikalisch verschiedene Hintergründe. Daher rührt auch die stilistische Vielfalt von Jacobs Moor. Träxler: An den Soli merkt man sicher den großen stilistischen Unterschied.

Was ist als nächstes geplant?

Songs werden von den Gitarristen geschrieben und transkribiert und

ohne

was

unter

veröffentlicht

alle

Wie läuft bei euch das Songwriting ab? Lidauer:

Alben

wir

Lidauer: Das Album fertigstellen und

Text Gregor Sühs Foto René Huemer PARADOX

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Codes & Keys Willkommen im Synthie-Himmel Zwei Keyboarder und ein Schlagzeuger versprechen nicht unbedingt die geballte Rockpower. Dominik Krejan, Florian Pirolt und Constantin Pammer beweisen mit codes and keys allerdings das Gegenteil. Der 60s-affine Organist Dominik Krejan, vor allem bekannt durch sein Engagement bei The Sado Maso Guitar Club, machte an der Grazer 64

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Kunstuniversität Bekanntschaft mit dem Post-Punk-Spezialisten Florian Pirolt (The Avayou). Beeindruckt vom gegenseitigen Können beschlossen die beiden Musiker ihre Liebe zu Tasteninstrumenten gemeinsam auszuleben. „Wir haben zuerst auf der Uni geprobt, auf zwei FazioliFlügeln, die nebeneinander standen. Schließlich haben wir dasselbe im Proberaum probiert, nur mit anderen

Tasteninstrumenten. Hat funktioniert, nur ein Beat fehlte noch“, erinnert sich Krejan an die ersten gemeinsamen Schritte. Der nötige Beat wurde mit Constantin Pammer, der sich mit der Grazer Punkband Red Lights Flash bereits einen Namen gemacht hatte, gefunden. Aus dieser spannenden Besetzung ergab sich etwas, das Mastermind Krejan als „tastenlastigen Underground-Pop“ bezeichnet.


Elektronische Sounds treffen auf „klassische“ Klänge. Synthesizer vereinen sich mit Klavier, Fender Rhodes und Mellotron.

Karriere mit Hindernissen Vier Songs haben codes and keys, die ihren Namen bewusst als Anspielung auf das gleichnamige Album der amerikanischen IndieRocker Death Cab for Cutie wählten, erst veröffentlicht und dennoch bereits große Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Auf das erste Album der Band muss man allerdings noch etwas warten. Dennoch verspricht Bandleader Krejan im Interview neues Material, und zwar auf Kassette. Eine EP mit sechs neuen Stücken soll es werden. Zu viel will der Keyboarder noch nicht über das bald erscheinende Minialbum bekanntgeben, soundmäßig wird es aber wohl keine komplette Neuausrichtung geben, sieht der Musiker doch noch immer seine größten Einflüsse bei den Rolling Stones, The Beatles und Pink Floyd,

sowie auf klangtechnischer Seite bei Air und Zero7. Den ganz großen Sprung erwarten codes and keys mit ihrem neuen Werk aber noch nicht, dafür sehen sie die Möglichkeiten in Österreich als zu gering an: „Klar ist jetzt die Quote mit diversen deutschsprachigen Bands besser geworden, die ja auch teilweise sehr gut sind, aber diejenigen, die auf Englisch singen, bleiben weiterhin auf der Strecke.“ Trotz dieser ernüchternden Sicht will Krejan keineswegs aufgeben und hat dabei auch gleich den richtigen Tipp für junge Bands parat: „Auch wenn’s oft mühsam ist und man vielleicht für eine Kiste Bier spielt, schmeißt die Nerven nicht weg. Geduld ist das Zauberwort!“

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Text Alexander Pipam Fotos Emmanuel Feiner

PARADOX 65 www.music-news.at/bewerbung


Text Lisa Lubena

Foto: zVg

Super Skunk Rock Reggae

Super Skunk Rock Reggae und alles was dahinter steckt

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PARADOX


Mit „Super Skunk Rock Reggae“ sind Coffeeshock Company in den letzten Jahren durchgestartet. Nach der Veröffentlichung des Albums „Psychoaktiv” im letzten Jahr haben die Burgenländer entschieden, eine Charity-Tour zu spielen. Im Interview erzählt die multilinguale Band, was hinter der Coffeeshock Company steckt und was sie nach diesen erfolgreichen Jahren vorhat.

Wie seid ihr zur Musik gekommen und wie hat es mit der Coffeeshock Company begonnen? Wir stammen alle aus sehr musikalischen Familien. Aufgewachsen sind wir in der gleichen Gegend und haben als Kinder schon miteinander im Sandkasten gespielt. Im Laufe der Zeit ist eine gute und tiefe Freundschaft entstanden. Alle von uns hatten vor der Coffeeshock Company andere Projekte. Letztendlich fanden wir zusammen und die Coffeeshock Company wurde zum Hauptprojekt aller Mitglieder.

Was sind eure musikalischen Einflüsse? In unseren Herzen sind wir dem Rock verschrieben. Für uns gibt es nichts Schöneres als einen einfachen „Bum-Tschak“Beat und dazu einen verzerrten A-Akkord. Im Laufe unserer musikalischen und persönlichen Entwicklung sind wir auf den Geschmack von Reggae, Rap und Ska gekommen. So hat sich unsere Musikrichtung entwickelt, die wir „Super Skunk Rock Reggae“ nennen. Wichtig ist uns, dass wir nicht in die klischeehafte Reggae-Schublade gesteckt werden.

Welche Themen liegen euch am Herzen? Wir sprechen mit unseren Texten zwar das ein oder andere sozialkritische oder politische Thema an, sind aber keineswegs Moralapostel. Bei uns darf jedes Thema behandelt werden, da gibt es keine Einschränkungen.

Ihr habt im letzten Jahr eine Charity-Tour gemacht. Wie seid ihr auf diese Idee gekommen? Ausschlaggebend war die zu diesem Zeitpunkt spürbare Krise in Syrien. Da haben wir beschlossen auf CharityTour zu gehen. Den kompletten Reinerlös haben wir an burgenländische Institutionen gespendet, die sich helfend engagieren. Wir spielen immer wieder derartige CharityGigs und werden das in Zukunft weiterführen. Ob auch die nächste Unplugged-Tour eine Charity-Tour wird, ist noch nicht entschieden. Sicher ist aber, dass es diesen Winter wieder eine Unplugged-Tour geben wird.

Was mögt ihr daran, auf Tour zu sein?

Die langen Fahrten, den stinkenden Tour-Sprinter, das tägliche Junk-Food an den Tankstellen und natürlich ist der Höhepunkt jeder Show das Schleppen und Aufbauen des Equipments. Aber es gibt auch positive Dinge. Der Spaß steht immer im Vordergrund. Jeder von uns freut sich, wenn wir auf Tour gehen. Positive Energie erfüllt dann den Raum und es ist für uns eine angenehme Art, dem Alltag zu entfliehen und uns zumindest einmal zu fühlen, als wären wir Rockstars.

Warum habt ihr euch entschieden mehrsprachig zu singen? Wir gehören alle verschiedenen Minderheiten an und sprechen verschiedene Muttersprachen. Auch, wenn wir großteils deutsche Texte schreiben, ist es uns wichtig, dass zumindest ein kleiner Teil unserer Muttersprache in den Texten enthalten ist. Untereinander sprechen wir großteils kroatisch, weil wir alle der kroatischen Minderheit im Burgenland angehören. Unser Gitarrist ist zusätzlich auch Molise-Kroate, die kroatische Minderheit in Italien, und spricht fließend Italienisch. Unser zweiter Gitarrist ist zur Hälfte Kärntner-Slowene. Sprache und Identität sind somit wichtige Themen.

Gibt es auch musikalische Einflüsse aus den Herkunftsländern eurer Muttersprache? Die kroato-italo Folklore-Musik spürt man bei uns wohl am meisten. Wir experimentieren gerne mit traditionellen Rhythmen und Instrumenten. Unser Italo-Kroate ließ es sich beim ersten Album auch nicht nehmen, einen TamburelloSpieler aus Italien einfliegen zu lassen.

Die letzten Jahre waren ereignisreich. Was kann man 2016 von euch erwarten? 2013 bis 2015 waren starke Jahre für uns. Wir haben zwei Alben produziert und Gigs gespielt. Wir haben sowohl sehr viel Zeit im Studio als auch auf Tour verbracht. Am 6. Mai haben wir in der Szene Wien gespielt. Das war ein großes Ereignis, da es vorerst die letzte Show mit unserem langjährigen Gitarristen und Freund Rafael Stern war. Er begibt sich nun für eine unbestimmte Zeit auf Weltreise. Aber keine Panik. Wir haben bereits für Ersatz gesorgt und werden in den Sommermonaten einige Festival- und Open Air Shows spielen. Dieses Jahr wollen wir uns wieder mehr Zeit für kreative Prozesse nehmen. Aber ganz ohne Gigs geht’s natürlich nicht, also wird es im Herbst wieder mehrere Konzerte geben. Da wir auch sehr positives Feedback auf unsere Unplugged-Tour bekommen haben, werden wir das, wie gesagt, im Winter wiederholen.

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DHARK Die schlechte Nachricht: PROMETHEUS sind Geschichte. Die gute: Die Bandkonstellation bleibt bestehen und macht unter dem Namen DHARK weiter. Eigentlich sollte das hier ein ganz normales Feature über die österreichische Band PROMETHEUS werden, die so viel Talent und internationales Potential hat, dass man gar nicht anders kann, als sie vorzustellen und jedem Metal-Fan ans Herz zu legen. Doch wie das Leben so spielt, kommt es immer wieder zu überraschenden und unvorhersehbaren Änderungen. PROMETHEUS sind Geschichte und aus ihrer Asche entsteigt DHARK, eine neue Band mit gleicher Besetzung, aber einer anderen und weiterentwickelten musikalischen Herangehensweise. Im letzten Jahr begab sich die Band ins Studio, um als PROMETHEUS ein weiteres Album aufzunehmen. Doch dann kam alles etwas anders, 68

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als geplant. „Bei den Arbeiten am neuen Album haben sich vor uns und für uns wichtige Änderungen und Überlegungen aufgetan. Was wollen wir, wohin soll es gehen. Es waren schwere, aber notwendige Entscheidungen zu treffen, kurzum haben wir uns dazu entschlossen, den Namen PROMETHEUS hinter uns zu lassen, und wagen einen Neustart als Band, unter dem Namen DHARK”, so Frontmann und Gitarrist Matthias. „Der Grundstein dafür war sicherlich unsere gemeinsame Woche, mit Instrumenten zurückgezogen auf einer verlassenen Hütte. Eine Art Findungsprozess für uns selbst und als Band. “

Neue musikalische Wendungen Auch in eine neue musikalische Richtung soll es ab sofort gehen. Wurde die Musik von PROMETHEUS noch als Soundtrack Metal bezeichnet, wird mit

DHARK ein neuer Weg eingeschlagen. Das neue Album „Darkness Amplified” tendiert zu Prog- und Doom-Klängen. Lyrisch will man mit DHARK ebenfalls neue Wege gehen. Das simple aber effektive Konzept: Authentizität. Das ist auch einer der Gründe, weshalb sich die Band für einen neuen Namen entschied. Leicht fiel das verständlicherweise nicht, immerhin gab es PROMETHEUS fast sechs Jahre, allerdings existieren noch einige andere Bands unter diesem Namen. Die Metamorphose von PROMETHEUS zu DHARK verlangte nach einem neuen, einzigartigen Bandnamen. Die neuen Songs beschäftigen sich mit dem Menschen und erforschen dabei die Untiefen des Daseins. Die Musik auf „Darkness Amplified” will den Zuhörer mit Themen und Gefühlen konfrontieren, die man ansonsten gerne verdrängt. Man merkt: DHARK sind nicht als leichte Kost zu verstehen, sondern möchten reflektieren und inspirieren.


Foto: AShervin Rafsandjani

Die neue Band aus PROMETHEUS’ Asche Eine weitere Besonderheit hat „Darkness Amplified” aber noch zu bieten: Es ist das erste im Studio entstandene Album. Alle Vorgänger unter dem Namen PROMETHEUS waren reines Home Recording, sprich programmierte Drums und im Proberaum eingespielte Vocals. Dass dieser Schritt in vielerlei Hinsicht eine Wohltat war, wird schnell deutlich: „Bei Norbert Leitner im Studio haben wir uns sehr wohl gefühlt. Er gab uns die Möglichkeit, unser Vorhaben, das Album live zusammen einzuspielen, umzusetzen. Wir wollten so gut es geht unseren Live-Sound rüberbringen und die dabei entstehende Energie freisetzen.” Apropos live: Die ersten Tourdaten stehen ebenfalls bereits fest. So werden DHARK Mitte September ein weiteres Mal am STP Metalweekend im frei:raum St. Pölten zu sehen sein, einen Tag später wird dann am Rock im Zug in Schwechat gerockt.

Der Mensch im Vordergrund DHARK steht nicht nur für musikalische, sondern auch zwischenmenschliche Weiterentwicklung. PROMETHEUS wurde damals als Soloprojekt von Sänger und Gitarrist Matthias ins Leben gerufen und entwickelte sich so von einer „Ein-Mann-Show” zu einer richtigen Band. Mit DHARK fängt man nun gemeinsam bei Null an, jeder bringt sich gleichermaßen ein und seine Stärken innerhalb der Band zur Geltung. Die Zukunft von DHARK hat also offiziell begonnen. Pläne gibt es ebenfalls schon zuhauf. Ganz oben auf der Liste: Selbstverwirklichung. Ohne sich irgendwelche musikalischen Grenzen zu setzen, wollen DHARK alles zulassen, ein paar Mauern einreißen, Brücken bauen und viel live spielen. Wo gespielt wird, ist allerdings nicht von primärer Bedeutung. „So

viel wie möglich, von ganz klein bis ganz groß. Hauptsache, wir können unsere Musik so vielen Menschen wie möglich nahebringen”, lautet die Devise. Der Mensch spielt also nicht nur in lyrischer Hinsicht auf „Darkness Amplified” eine wichtige Rolle, denn ein weiteres wichtiges Zukunftsziel für die Band ist es, vielen Menschen zu begegnen und sie mit ihrer Musik zu bewegen. Außerdem will man noch ein paar Alben schreiben, aufnehmen und auf Tour die Welt sehen. Dass ihnen das gelingt, davon sind wir absolut überzeugt. Mach dich bereit, Welt, hier kommen DHARK.

Text Angelika Oberhofer PARADOX

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Text Michael Mišek

RAF Camora

*Repräsentant eines vollkommenen Künstlers? Musik ist Kunst, aber macht diese Tatsache gleichzeitig einen Musiker zum Künstler? Diese Frage haben wir uns anhand von RAF Cmora gestellt – einem Mann, der es in den letzten Jahren mit seiner Musik im deutschsprachigen Raum zu viel gebracht hat. Neben seiner Musik ist er seit kurzer Zeit Gründer des Modelabels Cørbo, zu dem er uns einige Fragen beantwortet hat. Im gängigen Jargon werden Musiker heutzutage auch als Künstler bezeichnet. Doch um als Künstler akzeptiert zu werden, bedarf es weit mehr als in ein Mikrofon zu singen beziehungsweise zu rappen. Im Falle von RAF Camora haben wir weit mehr als nur einen Musiker auf der Bildfläche. Als Musiker weiß der gebürtige Schweizer schon seit den frühen 2000er Jahren zu begeistern. Seinen Durchbruch schaffte er Ende der 2000er Jahre mit seinem ersten Soloalbum „Nächster Stopp Zukunft“. Seither vergingen sieben Jahre, RAF Camora ist aus der Rapszene nicht mehr wegzudenken. 70

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Das aktuellste Release des in Wien aufgewachsenen Musikers ist „Ghøst“. Platz 6 wurde damit in den österreichischen Albumcharts erreicht. Das Album bietet eine breite Palette an Einflüssen aus den verschiedensten Genres. RAF Camora lässt sich somit in keine Schublade stecken. Damit alles zu 100 Prozent nach seinen Vorstellungen klingt, ist er selbst der Executive Producer seiner Alben und verleiht diesen den letzten Schliff. Begonnen hat das schon im Jahr 2006, als er zum ersten Mal für das Album „Skandal“ als Produzent angeführt wurde. Jedoch nicht nur bei seinen eigenen Platten produziert der mittlerweile in Berlin lebende Künstler. RAF Camora hatte seine Rabenfeder (der Rabe ist sein Markenzeichen) schon bei anderen Musikern aufgezeigt. So zum Beispiel bei Joshi Mizu, Sierra Kidd und auch Pedaz. Nicht nur durch solche Tätigkeiten hat RAF Camora einen bleibenden Eindruck in der Rapszene hinterlassen. Er war auch einer der ersten Künstler, die sich getraut haben, einen anderen Sound zu

etablieren. Mit seinem Ego „Camora“ hat er Trap-Einflüsse für Deutschrap wieder salonfähig gemacht. Mit seinem zweiten Ego „3.0“, das auch auf „Ghøst“ zu hören ist, bringt er eine Dancehall/Reggae-Mischung in die Ohren der Hörer. Das ist leider nichts Selbstverständliches heutzutage. Viele Musiker finden einen Sound für sich und bei dem bleiben sie auch. Selten findet künstlerische Entwicklung statt, sie treten auf der Stelle und liefern Jahr für Jahr Einheitsbrei ab. Ob das gewünscht ist, entscheiden letztendlich die Hörer. Um als Künstler akzeptiert zu werden, sollte man sich vor einer Entwicklung nicht verschließen, und das tut RAF Camora keinesfalls. Wenn man seine Outputs hernimmt, seien es EPs, Mixtapes oder Alben, klingt keines wie das vorherige. Ra der Lehra zeigt Jahr für Jahr eine neue Facette. Ein banales Beispiel dafür ist sein Markenzeichen: der Rabe. Am Anfang nur ein Vogel als Metapher für das Düstere, wurde er Anfang 2012 robotisiert, bis er heute im Jahr 2016 digitalisiert wurde. Das Design veränderte sich laufend


Foto: zVg

und so geschieht das auch mit seiner Musik. So sehr man RAF Camora das Faible zum Designen schon damals angemerkt hat, jetzt kann man ihn offiziell als Designer bezeichnen: Er gründete Ende letzten Jahres sein Modelabel Cørbo. In den USA ist es keine Seltenheit, dass Musiker diesen Schritt wagen, im deutschsprachigen Raum ist er einer der Ersten. Auch das ist ein Puzzleteil, das RAF Camora noch mehr zum Künstler macht. Er wagt sich an Dinge, die andere aufgrund des Risikos scheuen. Doch es hat sich voll ausgezahlt: Cørbo kommt gut bei den Leuten an.

Was hat dich dazu bewogen, ein eigenes Modelabel zu gründen? Ich bin zwar keiner, der sich gerne auf Modemessen rumtreibt, aber ich sehe den Kleiderstil eines Künstlers als Teil des gesamten „Werkes”.

Cørbo heißt auf Französisch „Rabe”, vereinfacht geschrieben. Außerdem steht es für Crows & Robots. Genau danach sieht es auch aus. Wie Urbane Street-Goth-Samurai Klamotten.

Die Musikwelt hat sich geändert. Heutzutage musst du deine Kunst 360 Prozent leben und repräsentieren, dazu gehören deine Videos, Social Media und natürlich auch die Outfits, die du dort trägst.

Welche Tätigkeiten hast du bei Cørbo? Entwirfst du die Du bist Musiker, produzierst Songs für andere Künstler, Klamotten selbst? hast ein Modelabel und mit Ich entwerfe sie zusammen mit den Indipendenza eine PlattenDesignern und mache mir Gedanken firma. Wie bringst du alles über die Konzepte der Kollektionen. Da viel Herzblut drinnen steckt und unter einen Hut? ich die Marke als Teil meiner Identität sehe, versuche ich natürlich auch die Brücke zu bilden zwischen meiner Musik-Promo und den Releases der Kollektionen.

In den Videoauskopplungen zum Album „Ghøst“ präsentierst du Sachen der Marke Cørbo. Welche Rolle spielt Mode für Was zeichnet die Marke Cørbo dich in der Musikszene? aus?

Ich arbeite 14 Stunden am Tag. Aber da es keine richtige Arbeti ist, sondern ich das wie ein Real Life Computerspiel sehe, das ich mit Leidenschaft spiele, sind meine Reserven noch sehr groß und ich freue mich auf die nächsten Levels.

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AUSZEIT, KÄSKNÖPFLE UND 70.000 TONS OF METAL

Tobias Schedler und Dominik Immler von der Metalcore Band The Sorrow haben endlich Licht ins Dunkel gebracht und mit uns über die Gründe für ihre Pause und das neue Album gesprochen. Nach ihrem Wechsel zu Napalm Records und ihrem letzten Vor allem Songs wie „Follow The Lights“ UND Album „Misery Escape“ wurde es in den vergangenen zwei „Misery Escape“ hatten einen auffallend Jahren äußerst ruhig um die Metalcore Band The Sorrow. Refrain mit Clear-Vocals. Nach Touren quer durch Europa sowie YouTube-Videos melodischen jenseits der 700.000 Klicks war der internationale Erfolg Wollt ihr euch da in eine gewisse Richtung für die vier Vorarlberger quasi vorprogrammiert – bis sie weiterentwickeln oder einfach eure Bandbreite plötzlich von der Bildfläche verschwanden. Wir haben bei Bassisten Tobias Schedler und Schlagzeuger Dominik erweitern? Immler nachgefragt, warum eine Auszeit nötig war, was die Zukunft bringt und wie viel Vorarlberg in ihnen steckt.

Bevor wir lange um den heißen Brei herumreden: Dürfen wir uns dieses Jahr auf ein neues Album von euch freuen? Tobias Schedler: Ich kann noch nichts von einem Termin sagen. Genauso wollten wir jetzt auch die Band gestalten, dass wir einfach machen, worauf wir Bock haben. Wenn uns der Kopf zum Materialschreiben und zum Aufnehmen steht, dann machen wir das.

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Schedler: Ich glaube, wir werden uns nicht großartig verändern. Was definitiv kommen wird, sind vereinzelt Nuancen von Sachen, die uns in letzter Zeit beeinflusst haben. Jeder von uns hat seinen musikalischen Horizont entsprechend erweitert und hört mittlerweile privat andere Musik.

Habt ihr schon einmal an ein Akustik-Album gedacht? Dominik Immler: Nein, bis jetzt haben wir das nicht angedacht und das wird beim nächsten Album auch ganz


haben wir wieder Gespräche geführt und sind zum Entschluss gekommen, dass wir gerne auf der Bühne stehen und gerne Musik zusammen machen, aber dass wir das in Zukunft zu eigenen Konditionen machen wollen und nicht von einem Musikbusiness oder von irgendeinem Booking diktiert bekommen wollen. Der Markt verlangt von einer Band, dass sie an jeder Steckdose spielt, damit der Name im Spiel bleibt. Wir haben uns bewusst dafür entschieden, das so nicht mehr mitzuspielen, weil unser Privatleben und unser berufliches Leben eine größere Rolle spielen. Wir sind ja nicht mehr ganz so jung.

wichtig – da steckt schon Herzblut drin. Mit der Band war ja komplett Pause: Es war keine Probe in dieser Zeit und man will das Instrument nicht vernachlässigen. Da war man intensiv dran und hat die eine oder andere Recordingsession gemacht, um am Ball zu bleiben und um den Trieb zu befriedigen.

Erst vor kurzem hat Metal Hammer euch in einem Atemzug mit Killswitch Engage und Bullet For My Valentine genannt. Wie hat sich eure Foto: Arne Mueseler Pause auf eure internationale Und jetzt legt doch einmal Karriere ausgewirkt? eure Karten auf den Tisch: Schedler: Die Pause hat auf die sicher nicht der Fall sein. Was habt ihr in dieser Auszeit internationale Karriere definitiv Schedler: Für ein Akustik-Album, gemacht? Und nein, ich möchte einen Einfluss gehabt. Unser letztes denke ich, sind wir absolut ungeeignet. Konzert vor dem Hiatus haben wir in Ich sehe das als ein für The Sorrow nichts von Prioritäten ordnen Weißrussland gespielt. Wir waren da komplett ungeeignetes Konzept, weil oder dergleichen hören. Hat gerade in Russland unterwegs, sind wir von der Energie und der Brachialität jemand von euch die Welt dann heim und haben zwei Jahre leben. umsegelt? Und vor allem: Seid lang nichts gemacht. In der Zeit sind Angebote für Mittel- und SüdamerikaIch möchte natürlich auch kurz ihr weiterhin als Freunde einen Touren gekommen. Wir bekommen auf eure Pause zu sprechen Weg gegangen oder wart ihr jetzt Angebote für die USA, Russland, Metal Cruises und solche Sachen. kommen. War es eine bewusste getrennt? Aber wir müssen unserer Linie und Entscheidung, eine Pause zu Schedler: Ich kann jetzt nur für mich jedem einzelnen von uns treu bleiben, machen, oder ist das mehr oder sprechen. Ich hab vor etwas mehr als weil wir gewisse Sachen einfach nicht drei Jahren meine jetzige Freundin in mehr wahrnehmen können. Wir weniger einfach passiert? haben uns bewusst dazu entschieden, Schedler: Das war von uns eine absolut bewusste Entscheidung. Unser Gitarrist Andreas hat noch einmal eine Ausbildung gestartet und das war dann der Auslöser. Wir waren da alle schon relativ ausgebrannt und haben die Pause genossen.

War es von vorn herein klar, dass ihr weitermachen werdet, oder war sogar ein absolutes Ende in Sicht? Schedler: Das war zu Beginn eigentlich gar nicht abzusehen. Die Pause hat sich schon sehr in die Länge gezogen. Dann

Wien kennengelernt, hab mit ihr den Umzug nach Vorarlberg vollbracht, wir haben mittlerweile zusammen eine Wohnung gekauft, waren in Mittelamerika und in Südostasien. Es war einfach einmal ganz wichtig, Urlaub für sich selbst zu haben und nicht den Urlaub immer für die Band auf die Seite zu bunkern. Das war für mich ein großer Part – einfach einmal ein Privatleben zu haben.

Immler: Ich hab mich mehr auf den bürgerlichen Beruf konzentriert. Natürlich, rund um die Welt segeln war nicht. Aber man war mal in Südtirol im Urlaub oder so ähnlich. Schlagzeugspielen war nach wie vor

mit der Band kürzer zu treten, aber wir sind happy damit. Vielleicht hat es der internationalen Karriere einen Abbruch getan, aber ich glaube, hätten wir damals noch eine längere Tour gemeinsam gespielt, dann wäre die Band jetzt nicht mehr am Start.

Lassen wir die große weite Welt kurz beiseite: Ihr kommt alle aus dem westlichsten Bundesland Österreichs. Wie ist der typische Vorarlberger denn so und zählt ihr euch auch dazu? PARADOX

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am ersten Tourtag einer EuropaTour gerade die anderen Bands kennengelernt und wollten den gemeinsamen Nightliner beziehen. Kurz davor ist der Tobi [Schedler] noch in die Gracht gestürzt. Dann war er komplett durchnässt. Schedler: Mit Urinsuppe. Es war ziemlich grindig, weil jeder pisst da in den Graben. Immler: Der erste Eindruck war vermutlich eher negativ, aber wir haben es ja wieder gut gemacht. Schedler: Ich muss mich mittlerweile dazuzählen. Ich hab eine Eigentumswohnung, einen Hund, geh’ gern in die Berge, trink’ gern das lokale Bier und ess’ gern Käsknöpfle. Ja, ich denke, dass ich ein ziemlich eingesessener Vorarlberger bin.

Immler: Es gibt viele gute Bands in Vorarlberg, aber eine spezielle rauszuziehen ist ein bisschen schwierig. Es gibt auf jeden Fall eine Szene und ein sehr starkes Potenzial.

Aber Skifahren und in die Berge gehen ist zumindest für uns zutreffend.

drei Uhr nachmittags dermaßen begeisterungsfähig, das haben wir selten auf irgendeinem Festival erlebt. Aber auch Summer Breeze, With Full Force Festival, Nova Rock oder Tuska in Helsinki sind Highlights, die ewig bleiben.

Gibt es ein musikalisches Idol, mit dem ihr gerne einmal zusammenarbeiten würdet? Schedler: Es gibt so viele Bands in meinem Leben, die mich in einer gewissen Phase beeinflusst haben. Das geht von Judas Priest bis Machine Head, oder in den Anfangszeiten von The Sorrow waren es Killswitch Engage. Aber ich bin eigentlich ganz froh, meine Idole nicht kennenlernen zu müssen, weil sich vielleicht rausstellen würde, dass sie Arschlöcher sind.

Jetzt haben’s diese sympathischen MetalcoreImmler: Das ist bei mir auch so ähnlich. Dem Vorarlberger sagt man nach, dass Vorarlberger also tatsächlich er ein Sparefroh ist. Ich denke, dafür auf die großen Bühnen des muss man sich nicht schämen. Wacken oder Summer Breeze Und wie schaut es mit Skifahren geschafft. Gibt es da ein ultimatives Highlight, das oder Tracht aus? euch noch immer in Erinnerung Gebt uns doch bitte noch Schedler: Nein, nein, also Tracht ist geblieben ist? wirklich das Einzige, in dem man uns einen kleinen Ausblick auf’s nie sehen wird. Von Lederhose oder Schedler: Wahnsinnig waren kommende Jahr. Was plant ihr Hölzlern – das sind so Holzschuhe mit die Masters of Rock Festivals in Fell bezogen – sind wir weit entfernt. Tschechien. Da ist das Publikum um für die nahe Zukunft?

Werfen wir doch auch noch einen kurzen Blick auf die Musiklandschaft Vorarlbergs. Könnt ihr uns andere Bands aus eurem Bundesland empfehlen? Und persönliche Highlights aus dem Bandleben, abseits von Schedler: Ich kann ganz warm die Band großen Festivals? Habt ihr von einem sehr guten Freund von mir, dem Hansi, empfehlen. Die Band heißt eine lustige Geschichte für uns, Machine Gun Horror und macht guten die man erzählen kann? Old School Thrash Metal – die könnten wirklich steil gehen.

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Immler: Wir hatten in Amsterdam

Immler: Das ein oder andere Konzert wird noch hereinplätschern. Den Songwritingprozess müssen wir auf jeden Fall intensivieren, aber das ist von unseren bürgerlichen Berufen abhängig. Auch so Sachen wie das 70.000 Tons of Metal wollen wir angehen und schauen, was auf uns so zukommt.

Text Lisa Schantl Fotos Sascha Pseiner


Text Alexander Pipam

Fotos Andreas Jakwerth

NEUSTART UNTER FREUNDEN „Sind vierte Alben wie ein Debüt?“, fragen sich die Indie-Folker A Life, A Song, A Cigarette. Ein Neuanfang ist ihr Viertlingswerk dann doch nicht ganz geworden, dennoch zeigt sich die Wiener Band deutlich gereifter und wirkt befreit. Zehn Jahre im Musikbusiness sind eine lange Zeit, nicht nur für eine österreichische Band. Wenn man dabei noch so eine bewegte Karriere hinter sich hat wie A Life, A Song, A Cigarette, wirkt diese Zahl umso erstaunlicher. 2004 gegründet, eroberten die Wiener mit ihrem grandiosen Debüt „Fresh Kills Landfill“ nicht nur die rot-weiß-roten Kritiker- und Fan-Herzen, sondern sorgten auch bei der internationalen Musikpresse für Jubelstürme. Heutige Indie-Pop/Rock Größen wie Arcade Fire, Beirut und Bright Eyes führten die Charts an und mit A Life, A Song, A Cigarette wähnte man eine qualitativ ähnlich starke Band in seinen eigenen Reihen. Doch war der Ritt auf der Erfolgswelle nicht von Dauer. 2012 erschien das dritte Album „Tideland“ und stellte einen Wendepunkt dar, wie die Band heute weiß. Der Hype war verflogen, die Aufmerksamkeit schwand und die Verkaufszahlen waren weit unter den Erwartungen. Umso ernüchternder, da das Quintett das Album selbst im eigenen Studio namens „Tonkombüse“ aufnahm. Die Band war infolge kaum auf Festivals zu

sehen, die Konzerte wurden kleiner. Es wurde immer ruhiger um die Gruppe. Kein Wunder also, dass sich Gerüchte über eine mögliche Auflösung hartnäckig hielten. Trotz aller Hochund Tiefflüge feierten ALASAC 2014 ihr zehnjähriges Jubiläum. Zwei Jahre später veröffentlicht die Band mit dem beneidenswerten Namen nun mit „All That Glitters Is Not Gold“ ein intimes und entschleunigtes Werk, das voller lebensbejahender Melancholie und opulenter Klanglandschaften nur so

strotzt. Ursprünglich eine EP planend, trafen sich Stephan Stanzel (Gesang und Gitarre), Hannes Wirth (Gitarre), Martin Knobloch (Bass), Lukas Lauermann (Cello und Keyboard) und Daniel Grailach (Schlagzeug) nach ihrem Bandjubiläum in unregelmäßigen Abständen, um an neuen Songs zu arbeiten. Dabei trennten sich die Musiker nach fast zehn Jahren vom Label Siluh Records und wechselten zu Wohnzimmer Records, wo nun auch ihr vierter Longplayer erschienen ist. PARADOX

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Im Interview zeigt sich die Band mit dem Labelwechsel glücklich: „Siluh Records wollte weniger Releases machen und als wir eine Unterschrift für eine etwaige Förderung brauchten, wandten wir uns an Wohnzimmer Records. Alles ohne böses Blut und manchmal bringt ein neues Zuhause frischen Elan mit. Wir fühlen uns sehr wohl.“

Was lange währt… Die neue Plattenfirma war es dann auch, die dem Quintett den nötigen Freiraum für die Aufnahmen ließ. Und Zeit nahm sich die Band durchaus. Über eine Spanne von zweieinhalb Jahren kamen die fünf Musiker zu acht Sessions, welche jeweils von Donnerstagmittag bis Sonntagabend andauerten, zusammen, um am neuen Material zu feilen. „Wir hatten bei den Aufnahmen keinen Druck, weder durch unsere eigenen Erwartungen, noch durch unser Label und auch finanziell waren wir relativ unabhängig“, erklärt das Fünfergespann. Diese entspannte und stressfreie Atmosphäre, aus der „All That Glitters Is Not Gold“ hervorging, ist dem Album deutlich anzuhören. Zumindest auf den ersten Blick, denn unter der scheinbaren Ruhe brodelt es, was das zunächst sehr gelassen wirkende Werk zu einem eigenartig aufwühlenden macht. Großen Anteil daran hatte Produzent Stefan Deisenberger. Der Musiker und Produzent, der für sein Engagement bei den übergroßen Naked Lunch und dem Musikerkollektiv Nowhere Train bekannt ist, begleitete die Band zwei Jahre lang bei dem Entstehungsprozess des neuen Albums. Auch ALASAC-Sänger Stanzel ist bei dem Countryprojekt Nowhere Train involviert. Zu Beginn standen zwei kurze Sessions in der Tonkombüse unter Deisenbergers Beobachtung an, aus denen schließlich 2016 „All That Glitters Is Not Gold“ hervorging. Im Gegensatz zum Vorgängeralbum „Tideland“, das noch unter mühevoller Eigenregie 76

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aufgenommen wurde, ließ sich die Band nun bewusst auf einen Produzenten ein. Dem Naked Lunch-Keyboarder ist es zu verdanken, dass die Band sich zu einer neuen Entspanntheit hinreißen ließ. „Spielt alles einmal halb so schnell“, hieß es da beispielsweise von Produzentenseite. Diese Gelassenheit übertrug das Quintett schließlich auch auf das Songwriting. Bis zu diesem Zeitpunkt in ihrer Karriere betraten ALASAC ein Studio noch nie ohne fertige Kompositionen. Doch dieses Mal vertrauten sie auf ihr Bandgefüge und schufen ihre Lieder erst vor Ort. Selbst die Texte, für die seit jeher Sänger Stanzel verantwortlich zeichnet, entstanden teilweise erst wenige Stunden vor der Aufnahme. „Die Texte stellen, wie die Musik an sich, Momentaufnahmen dar. Manchmal

kann Druck hilfreich sein, wichtiger war uns aber Aktualität“, ist sich die Band einig. Das Experiment ging auf, die Songs zeigen sich nicht nur vom Songwriting her sehr ausgeklügelt, auch das Arrangement zeugt von Opulenz und epischer Breite. Die Lieder auf „All That Glitters Is Not Gold“ wirken zu keinem Zeitpunkt überladen, sie strahlen dank großer Melodiebögen, welche von dezent eingesetzten Gitarren, flirrenden Keyboards und zarten Cello- und Glockenspielklängen umwoben werden, eine Atmosphäre aus, die gedanklich abschweifen lässt. Sehr aktuell zeigen sich die Texte, welche zwischen tiefsinnigen Lebensbetrachtungen („Snow“) und feinen gesellschaftlichen Beobachtungen („Simmering Part II“) pendeln und mitunter auch kritische


Töne anschlagen („Poisoned By The News“).

Ein Interessenverband von Freunden Mit getrübter Sicht, die Schwere des Lebens schleppend, auf einem Weg dahin trottend, ohne zu wissen, wohin dieser führt, und dennoch stets einen kleinen Sonnenstrahl am Horizont erahnend, der sowohl die rundum zufriedenstellende Entspanntheit verheißen könnte, sich aber auch nur als eine verzweifelte Wunschvorstellung, die man sich auf dem beschwerlichen Pfad sehnlichst herbeigewünscht hat, entpuppen kann – so in etwa empfindet man beim Hören von „All That Glitters Is Not Gold“.

Verständlich, dass dem nur schwer eine passende Genre-Bezeichnung aufzudrücken ist. Seit dem Durchbruch mit „Fresh Kills Landfill“ hat sich die nationale und internationale Presse mit Bezeichnungen wie „Indie-Folk“, „Alternative Country“ und „Singer/ Songwriter-Pop“ abgemüht. Die Musiker selbst zeigten sich damit nie wirklich zufrieden, sehen sich eigentlich als Pop-Band mit den unterschiedlichsten Einflüssen: „Unsere musikalischen Vorbilder sind bunt gemischt. Von Dylan bis Metal. Einigen können wir uns auf jeden Fall immer auf Beatles und Springsteen.“ Wobei sich das Quintett nach den vielen Jahren eigentlich überhaupt nicht mehr als Band verstanden wissen will. Das Rock-Business ist nicht mehr das, was es war. Anstatt großer Tourneen,

ausschweifender Partys und dem sonstigen Rock’n’Roll Business wartet auf die Musiker von ALASAC eher der Büroalltag. Cellist Lukas Lauermann ist das einzige Bandmitglied, das durch unterschiedliche Engagements zwischen Pop, Performance und Theater von der Musik leben kann, während Bassist Martin Knobloch als Hauptverdienst dem Beruf des Juristen nachgeht. Dass dadurch weniger Zeit für die Musik bleibt, liegt auf der Hand. Deswegen sehen sich ALASAC nach über zehn Jahren gemeinsamen Musizierens als „personell konsolidierter, künstlerischer Interessenverband von fünf Freunden, die auch andere (kreative) Dinge zu tun haben“. Umso beeindruckender, dass sich zwischen dem stressigen Alltag aus Familie, Job und Zeitmanagement ein so rundum gereiftes Album wie „All That Glitters Is Not Gold“ erheben konnte. Vielleicht liegt es aber auch genau daran. Die Musiker stehen mit beiden Beinen fest am Boden, wirken gelassener. Die Sturm und Drang Zeit scheint vorbei. An dieser Stelle ist die Frage durchaus angebracht, wohin die Reise noch gehen soll. Auf alle Fälle hat es sich die Band fest vorgenommen, wieder präsenter zu sein: „Wir wollen möglichst viele Konzerte spielen und möglichst bald an neuem Material im Studio arbeiten“. ALASAC haben also wieder vollends in die Spur gefunden und erleben gerade ihren zweiten Frühling. Der Bandname ist Programm. Im Leben geht es auf und ab. Auf den letzten Höhenflug folgt die nächste Bruchlandung, dann heißt es aufstehen, erstmal eine rauchen und dann ein Lied singend seinen Weg fortführen. Wohin der Weg führt? Die Antwort gibt die Band selbst in ihrem Pop-Hit „Blindhearted“ vom neuen Album:„Where are we going to? Darling I have no clue“.

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REVEREND BACKFLASH

Rock’n’Roll und Punk haben es der Wiener Band Reverend Backflash angetan und mit ihrem Sound beweisen sie, wie sich die beiden Elemente gekonnt miteinander verbinden lassen. In den mittlerweile 13 Jahren Bandgeschichte hat sich so einiges getan. Im Interview haben uns Jack Nasty und Captain Stevo, die Hälfte der vierköpfigen Band, verraten, was an ihrer neuen EP „Holy Shit“ anders ist und warum sich über die „rote“ Gitarre streiten lässt.

Ihr habt uns bereits im Vorhinein verraten, dass ihr immer versucht, etwas Neues und immer etwas Anderes zu machen als die anderen. Ist euch das rückblickend gelungen? Jack: Damit ist gemeint, dass wir nicht drauf schauen, was die Anderen machen oder welche Musik gerade „in” ist, sondern unser Ding durchziehen.

Ihr mixt Rock’n’Roll und Punk - warum gerade dieser Mix? Was fasziniert euch Auf der EP „Holy Shit“ ist der Song daran? „Alright Alright“ zu finden. Dazu gibt es auch ein Video. Habt ihr da Jack: Am Anfang haben wir mit Metal und Bossa Nova experimentiert. Klang aber scheiße. Nein eure heimliche Liebe zum Glitter zum ernsthaft, it’s called Punkrock, it´s been out Ausdruck gebracht oder was ist euch there for 40 years. da in den Sinn gekommen? Und was hat Bei euch sind sehr viele es mit der pinken Gitarre auf sich? unterschiedliche Elemente vor- Jack: That’s Glamrock, baby. Siehe auch David handen: Punk-, Power-Pop- und Bowie, T-Rex oder New York Dolls. Country-Einflüsse. Diese Elemente Stevo: Die Gitarre ist rot! sind auch in eurer neuesten EP „Holy Shit“, die im Jänner erschienen ist, Als Zuseher bekommt man schon fast vertreten. Was hat euch zu diesem einen Drehwurm. Wie ist es euch selbst Album inspiriert? Es ist doch anders beim Dreh ergangen? als eure bisherigen Produktionen. Stevo: Inspirieren lassen wir uns von den Dingen, die uns so im Leben passieren. Meistens Rotwein, Schnaps oder Bier, aber auch Sex, Kiffen und Koks. Und Arschlöcher.

Würdet ihr sagen, dass ihr euch in den vergangenen Jahren weiterentwickelt habt?

Stevo: Allerdings gab‘s Schwierigkeiten mit dem goldenen Lametta. Wir haben erst einmal einen Tag gebraucht, um das Ganze an den Wänden zu befestigen. Als wir dann am nächsten Tag in der Früh drehen wollten, lag alles am Boden. Da haben wir gedacht, dass wir alles absagen müssen. Irgendwie haben wir‘s dann aber doch wieder drangekriegt. Außerdem ist das Material extrem leicht brennbar und die Scheinwerfer werden bei längerem Betrieb ziemlich heiß – wir hätten fast alles abgefackelt. „Wiener Rock’n’Roll-Band verbrennt sich selbst“ fand ich als Schlagzeile aber nicht so prickelnd. Glück gehabt.

Stevo: Auf jeden Fall, wir sind viel getourt und haben als Musiker aber auch als Songwriter viel gelernt. Wäre ja traurig, wenn nicht.

Es handelt sich bei euch um Eigenproduktionen. Warum habt ihr

Jack: Ich finde die neuen Songs gar nicht so anders als die alten, aber wir haben bei der neuen EP sowohl in einem anderen Studio aufgenommen als auch wo anders mixen lassen und das hat sich alles in allem ziemlich ausgezahlt. Liebe Grüße an dieser Stelle an Penzing Records und Toni Meloni.

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Jack: Gottseidank hat sich ja nur die Kamera gedreht und nicht wir. Insofern war das kein Problem.


Stevo: Wir legen einfach gerne selbst Hand an. Da weiß man, was man hat.

Stevo: Aber wir fetzen uns eigentlich schon seit wir uns kennen, das gehört wohl irgendwie dazu. Spontane Mordversuche im Proberaum sind durchaus an der Tagesordnung.

Vielleicht könnt ihr uns und Ihr tourt gerade durch anderen Bands Tipps geben, wie Österreich, Italien und so man es so lange miteinander weiter. Habt ihr bis jetzt einen aushält? Favoriten? Stevo: Ich bin gerne im Ausland, wo man mich nicht versteht. Jack: Ich bin auch gerne in Ländern, wo man Stevo nicht versteht. Stevo: In Italien ist das Essen besonders gut, dafür hat man kein Internet am Handy. In Ungarn sind die Frauen ziemlich hübsch. Internet gibt’s da aber auch nicht für uns. Schwierig.

Geht man sich nach dieser langen Zeit nicht schon einmal auf die Nerven? Euch gibt es ja schon über zehn Jahre… Jack: Lustig, dass du fragst, wir sitzen gerade im Tourbus und streiten uns fürchterlich über die Antworten für dieses Interview.

Jack: Wie in jeder Beziehung sind gegenseitiges Verständnis, Wertschätzung und regelmäßiger Geschlechtsverkehr das Um und Auf für ein harmonisches Miteinander. Stevo: Bier und Ohropax.

Würdet ihr uns noch verraten, wie es eurer Vorstellung nach mit euch weitergehen soll? Was erwartet ihr noch? Stevo: Wir werden dieses Jahr wieder viel live spielen und die Platte promoten. Außerdem haben wir zwei bis drei neue Party-Rock-Songs. Ich sag’ mal, wenn wir so weitermachen, sind wir Ende des Jahres wieder im Studio – oder im Krankenhaus.

Was möchtet ihr noch gerne machen? Vielleicht in Bezug auf Musikvideos? Stevo: (sieht aus dem Fenster) Irgendwas mit Kühen. Oder Autobahnen. Jack: Gottseidank haben wir noch zwei Videos für „Crazy Love“ und „Burning Down“, die wir in den nächsten Monaten rausschießen werden, und sind nicht auf Stevos Ideen angewiesen.

Könntet ihr euch noch weitere Einflüsse, außer Country, Pop, Rock’n’Roll, vorstellen? Jack: Vegetarian Grindcore.

Progressive

Stevo: Stonehenge? Jack: Sicher nicht.

Text Sandra Langmann

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Foto: Francisco Falcão

den Entschluss gefasst, selbst zu produzieren?


SERGEANT PLUCK HIMSELF

... über ihr neues Album „Overhead“, die ungebrochene Leidenschaft zum Songwriting und die Schönheit von Schattenseiten Wenn es eine Kategorie gibt, in die man das niederösterreichische Hardcore Pop’n’Roll-Trio rund um Multitalent Matthias Ledwinka auf keinen Fall stecken kann, dann ist es die eines One-Hit-Wonders: Während die österreichische Musikszene durch ihre schwierigen Rahmenbedingungen und die für die meisten Bands schiere Unmöglichkeit, von Popmusik zu leben, viele motivierte Bands an den ‚Ernst des Lebens’ verliert, beweisen Sergeant Pluck himself seit mittlerweile 15 Jahren, dass sie konstant Musik machen, die sich wahrlich hören – und als kreatives Gesamtkunstwerk mit interessanten, ausdrucksstarken Artworks – auch sehen lassen kann. Anlässlich ihrer neuen EP „Overhead“, mit der die Band auch ihr fünfzehnjähriges Bestehen zelebriert, 80

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hat PARADOX sich mit Frontmann Matthias Ledwinka unterhalten und einiges über die Entstehung der neuen EP und die Band erfahren.

Overhead als Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft Wenn man sich den ‚musikalischen Lebenslauf’ von SPH-Sänger und Gitarrist Matthias Ledwinka so ansieht, ist kaum zu glauben, dass es sich dabei um das Schaffen einer einzigen Person handelt: So ist der 33-jährige Musiker als Schlagzeuger bei der erfolgreichen Progressive Rock Band Lausch und bei der ebenfalls sehr empfehlenswerten Mundart-Formation Freischwimma als Schlagzeuger tätig und ‚ganz nebenbei’

auch Grafiker und Fotograf. Dass sich so ein spannendes Leben von selbst ergibt, wenn man seiner Leidenschaft folgt, thematisiert er unter anderem im Titelsong der EP: „Man steht da, mit einigen anderen Menschen, die einem nahe sind, sieht sich um und fragt sich: Wie zur Hölle sind wir alle hierhergekommen – aber im positiven Sinn.“ Das Gefühl des Angekommenseins, aber auch des Aufbruchs, ist generell ein zentraler Impuls für die EP „Overhead“, die, so Ledwinka, eine Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft darstellt: die Songs sind nämlich nicht neu, sondern gewissermaßen verborgene Schätze des Repertoires der Band, die schon lange darauf gewartet haben, nun endlich aufgenommen und veröffentlicht zu werden. Sechs


Text Eva Triebl Fotos Matthias Ledwinka Songs sind auf der CD vertreten, und jeder davon ist ein nun geschliffener Rohdiamant aus der Feder des Sergeants. Wer das letzte Album der Band kennt, weiß, dass sich SPH vor allem durch die gelungene Mischung aus messerscharfen Gitarrenriffs und satten Drums einerseits und cleanem, sehr melodiösen Gesang sowie eingängigen, mitsingbaren Hooklines andererseits auszeichnet. Im Gegensatz zu vorangegangenen Alben, so erzählt Ledwinka, betont diese EP jedoch stärker die akustische Singer/Songwriter-Seite des Projektes – wie das Cover-Artwork suggeriert, geht es also um die Beleuchtung der Welt eines Menschen, Schattenseiten inklusive.

Kein Sunnyboy und deklarierter Kontrollfreak

Wenn man sich mit jemandem unterhält, der musikalisch derart vielseitig tätig ist und einen so hohen Output an Songs hat, fragt man sich, wer und was Matthias als Inspiration für sein Songwriting dient und wie seine Musik von der Idee zur fertigen Produktion gelangt. Wer sich auf die Texte der Songs auf „Overhead“ konzentriert, wird erkennen, dass sich eine nordische, kühle Thematik durchzieht: von „Fisherman’s Friend“ über „Jack Frost Speedbrain“ bis hin zu „God Naat“; und auch im Video zum verträumt-schönen „Overhead“ werden wir auf einen Spaziergang durch einen schneebedeckten Wald mitgenommen. Sommer, Sonne, Sonnenschein, das scheint nicht Matthias Ledwinkas Ding zu sein und in der Tat würde sich der SPHFrontmann eher nicht als Sunnyboy einstufen. Auch nicht als großer Fan des Exzesses: die Inspiration für seine Musik sammelt er eher auf Reisen in

den hohen Norden als auf Parties, und Backstage ist das Multitalent hinterm Laptop als beim Lapdancen anzutreffen. Auch beim Songwriting geht es eher geordnet zu, wie er erzählt: Bereits bei der Entstehung eines neuen Songs hat der deklarierte Kontrollfreak meist sehr klare Vorstellungen davon, wie die Sache umzusetzen ist: „Meist komme ich mit der Grundstruktur eines Songs in den Proberaum, wo ich dann mit meinen Bandkollegen Josef [Anibas; Drums] und Jochen [Berger; Bass und Backing Vocals] weiterarbeite. Die beiden haben es dabei oft nicht leicht mit mir, weil ich beim Songwriting meist auch schon eine Vorstellung von Drums und Bass habe.“ Auch bei „Overhead“ wurde nicht lange gefackelt: die Idee, die Songs aufzunehmen, kam auf und kurz darauf waren die sechs Tracks im Kasten.

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10 Jahre Ecliptica Let’s Metal ‘n’ Roll

Die Hard & Heavy Szene in Österreich ist ein sehr schnelllebiges Pflaster. Jährlich werden Bands gegründet, umgruppiert oder sie werfen einfach das Handtuch. Da ist es schon etwas Besonderes, wenn österreichische Musiker zehn Jahre lang gemeinsam an einem Projekt arbeiten. Ecliptica ist so ein „Langzeitprojekt“. Seit Jänner 2016 mit ihrem neuen Album „Ecliptified“ am Start, nutzen sie den Frühling, um das neue Programm live zu spielen. PARADOX hat die Metal ‘n’ Roller zum Interview gebeten. Ecliptica sollte Markus Winklers Soloprojekt werden. Doch 2005 suchte sich Markus Mitstreiter, die das Programm als Liveband performen sollten. Nach dem Live-Debüt vor 400 Zuschauern als Support von Dead Soul Tribe wurde im April 2007 die erste EP „The Awakening“ veröffentlicht. Ebenso konnte 2007 der „Metal Battle Austria Contest 2007“ gewonnen werden und die Band eroberte damit einen Slot am legendären Wacken Open Air. 2008 wurde das Album „Impetus“ veröffentlicht. 2011 war es wieder Zeit, ins Studio zu gehen und das Album 82

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„Journey Saturnine“ aufzunehmen. Die Singleauskopplung erreichte Platz drei in den Austrian Rock iTunes Charts. Vor über drei Jahren hat sich die derzeitige Besetzung gefunden und besteht aus Thomas Tieber (Vocals), Sandra Urbanek (Vocals), Van Alen (Guitars), Markus Winkler (Guitars), Petra Schuhmayer (Bass) und Roman Daucher (Drums). In dieser Zusammensetzung wurde auch „Ecliptified“ aufgenommen.

Ihr habt im Dezember zehn Jahre Ecliptica gefeiert. Wie ist es, zehn Jahre in der Band zu sein? Markus Winkler: In der derzeitigen Besetzung sind wir seit drei Jahren unterwegs. Gründungsmitglieder sind nur noch Thomas und ich. Aber mit Alen und Sandra sind wir auch schon länger unterwegs. Es funktioniert nur, wenn man auch persönlich miteinander auskommt und gerade bei uns ist der Altersunterschied sehr groß, daher sind wir stolz, dass es als Bandgefüge funktioniert und jeder seine Aufgaben wahrnimmt, ohne,

dass es zu offenen Konflikten kommt. Man motiviert sich gegenseitig und es ist eben die Musik das Gemeinsame, das uns hilft, zusammenzuhalten. Wir haben gemeinsam viel Zeit verbracht und das hört man auch an der neuen CD. Van Alen: Es ist bei uns wirklich so, dass wir sehr wenige Kompromisse schließen müssen. Beim derzeitigen Album gibt es schon einige Parts in Songs, die ich alleine anders gemacht hätte, aber im Großen und Ganzen stehe ich hinter jedem Song, den wir gemeinsam arrangiert haben. Thomas Tieber: Wir haben übereinstimmende Vorstellungen von der Musik, die wir machen wollen und unser Musikgeschmack ist sehr ähnlich, wir gehen auch gemeinsam auf Konzerte und unternehmen außerhalb der Bandproben gerne gemeinsam etwas.

Wie gestaltete sich die Arbeit am neuen Tonträger?


Roman Daucher: 2012 hat uns das Börsecrash-Festival nach Deutschland geführt und der dortige Manager hat das Album und speziell das Artwork kritisiert. Er hat gemeint: „Jung, daar mutten Titten up dat Cover un Draken.“ Da haben wir gedacht, gut, beim nächsten Album achten wir darauf und haben zwei unterschiedliche Sets an Songs geschrieben, das eine geht mehr in die Richtung Sex, Drugs & Rock ‘n’ Roll und das andere geht mehr in Richtung Metal, um den Drachen zu symbolisieren. Die Rock-Songs haben uns aber auch im Hinblick auf die Liveperformance mehr getaugt, daher ist „Ecliptified“ ein Hardrock-Album mit Metaleinflüssen. In der Hinterhand haben wir noch ein zweites Album mit Powermetalsongs vorbereitet, das wir vielleicht noch nachschießen. Wir lassen uns da nicht festlegen.

Wie läuft bei euch das Songwriting ab? Winkler: Früher habe ich alle Songs geschrieben, auf dem neuen Album

sind aber auch Songs von Alen und Roman vertreten.

Was genießt ihr am meisten? Die Bühne? Das Studio? Das Songwriting oder das Proben? Tieber: Wir sind dezidiert eine Liveband, für uns sind die Bühne und die Performance das Wichtigste am ganzen Ecliptica Projekt. Der Songwritingprozess ist für uns sehr spannend, aber die Präsentation im Live-Konzert ist das Wichtigste. Winkler: Es bestätigen uns auch die Fans, dass wir als Liveband die größten Erfolge haben.

Daucher: Ja, ich habe aber nicht abgeschlossen, ich war am Konservatorium, wo mir die Skills reingeprügelt wurden. Ich finde, gerade in der Rockmusik ist Technik nicht alles. Es ist natürlich notwendig, dass das Handwerk beherrscht wird, aber wir haben alle Jobs und Musik ist unser Hobby, wenn auch ein aufwendiges.

Was ist als nächstes geplant? Winkler: Wir werden an der Promotion des aktuellen Albums arbeiten und für Herbst 2016 planen wir eine Österreichtour, auf der wir mindestens acht Konzerte spielen wollen. Also gibt es da noch viel zu tun und für die Festivalsaison 2017 ist auch schon einiges geplant.

Wo habt ihr Musikmachen gelernt? Winkler: Wir sind eigentlich alle Hobbymusiker und verdienen alle kein Geld mit Musik. Roman ist der einzige, der auf eine Musikschule gegangen ist.

Text Gregor Sühs Foto Felix Mitterer PARADOX

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WIE MAN(N) AUCH ÜBER GEFÜHLE SINGEN KANN „Weißt du was, du kannst einfach nicht über deine Probleme reden!“ – ein Vorwurf, den besonders Männer in einer Partnerschaft häufig zu hören bekommen. Diese dank Beziehungsratgebern und Frauenzeitschriften allgemein anerkannte Theorie gilt jedoch keinesfalls für die Musik des Singer-/Songwriters Lemo. Der gebürtige Grazer, der mit bürgerlichem Namen Clemens Kinigadner heißt, schafft ehrliche, emotionale Popmusik. Seine selbst verfassten Texte erzählen beispielsweise vom Ende einer Beziehung, der Verwirklichung seiner Träume oder beschreiben einen warmen Sommertag, wie im Song „Vielleicht der Sommer“. Mit diesem durfte Lemo im Jahr 2014 erste spürbare Erfolge feiern. Obwohl die Musik bereits seit seiner Kindheit Teil seines Lebens war, schien vor zwei Jahren der ideale Zeitpunkt für den Start einer professionellen Musikkarriere gegeben: Lemo entschloss sich, ab sofort in seiner Muttersprache und nicht mehr auf Englisch zu singen und außerdem unterstütze ihn nun ein ausgebildetes Team bei der Arbeit. Platz 24 in den österreichischen Charts sowie eine Nominierung bei den Amadeus Austrian Music Awards belohnten seine Arbeit. Auch dieses Jahr wurde Lemo für seinen Song „So leicht“ wieder für die AAMA als Songwriter des Jahres nominiert. Für den Musiker bedeutet diese Nominierung eine große Würdigung seiner Arbeit, auf die er sehr stolz ist: „Das ist echt cool, dass es da draußen Leute gibt, die meine Musik gut genug für eine Nominierung finden. Das ist ein klasse Feedback.“

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Tiefgang und Alltagssprache

dank treffender Worte und der rauen Stimme von Lemo emotionale Themen perfekt auf den Punkt bringen.

Vergleicht man die beiden nominierten Hits „Vielleicht der Sommer“ und „So leicht“ miteinander, stellt sich schnell heraus, dass beide komplett andere Stimmungen spiegeln. Lemo selbst möchte sich nicht so richtig entscheiden, ob er lieber über die Leichtigkeit des Lebens singen will oder ob tiefgehende Texte eher sein Ding sind: „Wenn ich mich entscheiden müsste, dann wäre ich wahrscheinlich doch bei der „So leicht“-Seite zu Hause. Mit dem Song kann ich einfach öfter oder vielleicht auch noch in zehn Jahren etwas anfangen. Das gibt mir auf längere Sicht etwas mehr. Trotzdem ist der Song „Vielleicht der Sommer“ nicht unbedingt schlechter, nur eben leichter und fröhlicher.

Alles auf eine Karte

Diese gegensätzliche Stimmung ist kein Widerspruch für den Wahlwiener. Vielmehr versucht Lemo in seinen Songs, die verschiedenen Stimmungslagen und Lebenssituationen des Alltags abzubilden: „So wie’s im Leben einfach ist. Mal ist man schlechter drauf, mal ist man besser drauf. Dementsprechend liegen mir manchmal fröhliche Songs, manchmal ernstere Songs mehr.“ Sein neuester Hit „Himmel über Wien“ lässt sich wieder der melancholischen Seite zuordnen. Lemo singt über das Ende einer Beziehung und verwendet dafür die Metapher des belebten Wiens, das völlig unverändert wirkt, obwohl für einen einzelnen Menschen gerade die ganze Welt Kopf steht. Dabei schafft es Lemo trotz großen Emotionen, den Kitsch komplett außen vor zu lassen. Teilweise hat Lemo zwar das Gefühl, seine Texte würden sich auch für Schlagersongs eignen, aber insgesamt versucht er, schnulzige Motive zu vermeiden und stattdessen verständliche Alltagssprache zu nutzen. Mit Schlagern hat er nach eigener Aussage sowieso nicht viel am Hut: „Ich hab in meinem Leben nie Schlager gehört. Wahrscheinlich komm‘ ich deswegen gar nicht erst auf die Idee, bestimmte Melodien an den Start zu bringen.“ Das Ergebnis sind rockig angehauchte Popsongs, die

Daher durfte Lemo diesen März als Support des deutschen Singer-/Songwriters Joris auftreten. Ein Künstler, den Lemo nicht nur als Kollegen zu schätzen weiß: „Joris finde ich persönlich total super. Ich bin ein großer Fan von ihm. Das waren wahnsinnig coole Shows mit ihm und seiner Band.“ Zusätzlich unterstütze er die deutsche Popmusikband Revolverheld und den Berliner Künstler Philipp Dittberner bei ihren Shows als Support-Act. Diese Konzerte, hohe Chartplatzierungen, ein vielversprechendes Debütalbum und zwei Nominierungen für den AAMA – da ist Erfolg doch quasi vorprogrammiert. Doch was plant Lemo, falls es doch nichts mit der Musikkarriere wird? „Plan B? Also eigentlich hab ich den nicht. Ich bin zwar ausgebildeter Tontechniker und falls ich mit der Musik kein Geld verdienen kann, muss ich natürlich irgendetwas machen, um nicht zu verhungern. Aber ich setz’ jetzt alles auf diese eine Karte und mit der muss ich jetzt erst einmal durch’s Leben gehen. Es wird mal besser und mal schlechter laufen, aber es wird bei mir nichts Anderes mehr als die Musik geben.“ Bisher scheint ein Plan B auch völlig überflüssig, denn Lemos Musik kommt an und zieht einiges an Erfolg nach sich. Im Herbst plant der Singer-/Songwriter dann eine eigene Tour, auf die er sich schon unglaublich freut. Wahrscheinlich nicht nur er, sondern auch viele seiner Fans.

Text Claudia Niedermaier Fotos Kidizin Sane PARADOX

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NAZAR Vorbild, Filmemacher, Fußballfan

Beschäftigt man sich mit österreichischem Hip-Hop, so führt seit einigen Jahren kein Weg an Nazar vorbei. Vor kurzem veröffentlichte er sein achtes Studioalbum, das den Titel „Irreversibel“ trägt. Wir haben uns mit Nazar in den Räumlichkeiten von Universal Austria getroffen und mit ihm über seine Musik, seine Vorbildfunktion und über Filme diskutiert.

Als du vor zwei Jahren den Amadeus Award bekommen hast, hast du in deiner Dankesrede 86

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bereits angedeutet, dass du dir ein Jahr Zeit nehmen wirst, um mit einem noch größeren Album zurückzukommen. Ist dir das gelungen? Produktionsaufwandstechnisch ist es definitiv das größte Album. Wir waren über eineinhalb Monate in den MG Studios im ersten Bezirk. Das ist ein legendäres Studio in Wien, wo auch schon Madonna, Prince und Bono von U2 waren, und dort haben wir unter ganz besonderen Voraussetzungen das

Text Michael Mišek Fotos Universal Music

Album produziert. Ich war in Amerika, wir haben sechs Videos produziert, ein siebtes kommt noch. Bei „Camouflage“ war es anders, da haben wir natürlich auch hart am Album gearbeitet, aber mit viel weniger Budget und haben dann sehr viel Geld in Werbung gesteckt.

Wie bist du auf den Titel „Irreversibel” gekommen? Hat es vielleicht mit dem gleichnamigen französischen Film zu tun?


Nein, gar nicht. Ich habe einfach nur einen Titel gesucht, der interessant klingt, weil ich oft nicht kreativ war, was meine Albumtitel betrifft. „Irreversibel” ist auch einer meiner Lieblingsfilme. Obwohl ich mir beim Namen jetzt nicht viel gedacht hab, trifft der Titel trotzdem perfekt auf das Album zu, obwohl da jetzt keine tiefgründigere Bedeutung dahintersteckt.

Du hast 16 Produzenten am Album. Das ist sehr gewagt, man will ja doch ein rundes Produkt haben. Wie hast du es trotzdem geschafft, einen roten Faden durchzuziehen? Indem ich kein Rapper bin, der sich Beats nimmt, die er zugeschickt bekommt, und dann einfach darauf schreibt und seine Sachen abgibt. Ich bekomme meistens grobe Basisstrukturen eines Instrumentals, schreibe dann darauf, nimm darauf auf, lass mir die Spuren zuschicken und wir produzieren das hier dann fertig, damit’s dann auch einen roten Faden kriegt. Man darf natürlich nicht vergessen, dass ich für dieses Album bestimmt grob 60 Songs geschrieben habe und 18 haben’s dann auf die Premium Edition geschafft. Das heißt, da waren auch viele Songs, die vielleicht besser wären für das ein oder andere, aber einfach nicht zu dem Album gepasst hätten.

jetzt ein Haus hat und dort in seiner gutbürgerlichen Villengegend wohnt und ich halt immer noch im Zehnten.

In deiner Rolle als bekanntester Rapper Österreichs hast du auch eine Vorbildfunktion Aber dir gefällt der zehnte für einige deiner Hörer. Wie wichtig findest du es in dieser Bezirk schon? Rolle deine Meinung zu äußern? Klar, sonst würde ich nicht dort leben.

„La Haine Kids“ thematisiert das von Hass geprägte Leben auf der Straße. Wie weit hat dich der Film „La Haine“ dazu inspiriert? Das Video hat mit dem Song eigentlich nichts zu tun und irgendwo aber doch wieder, weil der Song soll ja von einer Generation handeln, „La Haine“, die sehr vom Hass geprägt ist. Das Video soll aber sehr mit Vorurteilen spielen. Genauso wie es dann auch passiert ist, dass viele Leute das Video nicht zu Ende geguckt haben und sofort Vorurteile hatten. In Wahrheit ging es mir nur darum: Dieser Hass in unserer Generation, in unserer Jugend, der hat kein Gesicht, keine Farbe und keine Religion. Das kann jeder sein, es geht nur um die Lebensumstände, die ihn dazu gebracht haben, so zu denken und so zu handeln.

Warum denkst du, dass es wichtig ist, eine Vorbildfunktion zu haben? Was ist mit den ganzen Fußballern, die wir in Österreich haben? Ich denke, dass die Fußballer, anders als ich, in einem ganz anderen Licht in den Medien präsentiert werden. Das sind immer die Saubermänner. Die haben außerdem noch ein viel breiteres Publikum als ich. Wir haben auch ein Nationalteam, das sehr viel mit Österreichern mit Migrationshintergrund bestückt ist. Ich hör da aus der Ecke komischer Weise niemanden. Aber ja, es stimmt, ich setze mich gerne dafür ein, habe auch schon viele Strafen dafür bezahlen müssen. Das nehme ich aber auch gerne in Kauf, weil die Jugendlichen haben nicht die Möglichkeit, gehört zu werden und Dinge anzusprechen, die ihnen nicht gefallen oder passen. Ich habe einfach diese Möglichkeiten, also möchte ich auch diese Jugendlichen vertreten.

Das ist bestimmt nicht leicht, Gibt es in Wien, deiner Meinung aber es ist gut, wenn man nach, auch so eine Generation Menschen wie dich hat, die ihre von „La Haine Kids“? Meinung zeigen. Das sollten viel Du hast am Album mit “Mein mehr Menschen tun. Aber um Viertel” einen Song mit Sido Ich glaube es nicht, ich weiß es das Image nicht zu schädigen, zu hundert Prozent. Der Punkt ist zusammen, in dem ihr eure einfach, wenn ich jetzt sehe wie die sind sie lieber Saubermänner. “Hood” beschreibt, die nicht nächste Generation im Zehnten, sehr rosig ist. Wie ist es dazu Elften, Sechzehnten, Fünfzehnten Ja voll, ist so. Wir haben leider oder Floridsdorf aufwächst, da in Österreich eine ganz brutale gekommen? sind einfach starke Tendenzen der Schleimgesellschaft. Man sieht das ja In „Mein Viertel“ geht’s darum: Sido und ich sind ja ähnlich aufgewachsen. Er ist in Berlin im märkischen Viertel aufgewachsen, in einer Plattensiedlung, ich in Wien in den Senfbauten. Nur der Unterschied ist der, dass er nach einer Zeit da rausgezogen ist und

Außenweltabschottung. Die einen driften in eine extrem rechte Richtung ab und die anderen driften in eine extrem religiöse ISIS-fanatische Richtung ab. Diese Parallelgesellschaft ist einfach gefährlich, man muss vorsichtig sein, wohin sich das entwickelt.

auch. Ich glaube Falco war einer der ganz wenigen, die angeeckt haben und cool waren. Aber ansonsten, wenn ich mir alle anderen Musiker anschaue, ich pack diese ganze österreichische Musiklandschaft nicht. Da sind irgendwelche Wappler dann beim PARADOX

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Amadeus Award, 90 Prozent der Leute kennst du nicht mal, hast noch nie was von denen gehört. Dann dürfen die sich einmal in einen Anzug stecken, gehen auf die große Bühne und haben nix anderes zu tun, als eine halbe Stunde rumzuheulen, wie unwichtig der Amadeus nicht ist und wie scheiße das Radio nicht ist.

Musikvideos auch irgendwo bei 20.000 - 30.000 Euro anfangen. Da reden wir von drei bis vier Minuten, die wir dafür produzieren. Auf Spielfilmlänge kannst du dir ungefähr vorstellen, was man dafür bräuchte. Leider Gottes habe ich bis jetzt noch keine Förderung bekommen. Es gibt Filmförderungen und die werden bei uns noch an Leute verteilt, die man halt kennt und die immer den gleichen Scheiß produzieren.

Deine Musikvideos zeichnen sich immer durch eine hohe Qualität aus. Wann wird es einen Film Über was würdest du einen geben, der komplett von Nazar Film machen, wenn du die Films, deiner eigenen Filmfirma, Möglichkeit dazu hättest? produziert wird? Ich würde sehr gerne einen Film produzieren, nur ist ein Film halt noch ein anderes Kaliber als ein Musikvideo. Du musst dir vorstellen, dass meine 88

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Ich habe zwei Drehbücher, wo ich fest davon überzeugt wäre, dass sie sehr gut ankommen würden und dass sie auch große Erfolge wären. Eins ist ein Thriller und eins ist ein Drama.

Wem drückst du bei der Europameisterschaft die Daumen, abgesehen von Österreich vielleicht? Das ist schwer, weil wir zu 99,9 Prozent Österreich die Daumen drücken. Neben Österreich freue ich mich ehrlich gesagt, dass auch Länder wie Albanien zum ersten Mal dabei sind. So kleinere Länder, dass die auch wirklich eine Chance haben. Ich glaube, die Albaner sind auch viele Jahre von Leid getragen und jetzt sind sie endlich auch mal auf der Bühne. Ich kann das gut nachvollziehen, seit ich das mit dem Iran 1998 das erste Mal mitbekommen habe. Auf die Türkei freue ich mich auch, wir haben es bei der Euro mitbekommen, wie wichtig es ist, dass die Türkei dabei ist.


Bei Ebony Archways geht es bunt zu

Nach ihrem Debütalbum „Moonburnt“ ist dieses Jahr ihr zweites Album geplant und es verspricht, bunt zu werden.

quasi von selbst entstehen lässt. So vergleichen sie sich mit einem alten Ehepaar, da es nicht vieler Worte bedarf, um sich zu verstehen.

Ebony Archways sind schon etwas länger in der österreichischen MetalSzene unterwegs und haben eine spannende Entwicklung hinter sich. Christian Lechner und Michel Sedaghat haben sich schon in ihrer Jugendzeit im obersteirischen Lienz kennengelernt. „Eine Zeit lang komponierten und musizierten wir zu zweit, bis wir unseren Bassisten Robert Winkler im Jahr 2006 durch eine Internetannonce kennengelernt haben“, verraten Lechner und Sedaghat. Christian Forjan ist ihnen durch seine Tätigkeit bei anderen Bands aufgefallen. Im Jahr 2013 konnten sie ihn schließlich als Schlagzeuger für Ebony Archways gewinnen. „Die Band hat sich daraufhin musikalisch und auch organisatorisch sichtlich verbessert“, ist Lechner überzeugt.

Die Songs, die von Sedaghat selbst geschrieben werden, sind auf dem Grundgerüst von Gitarristen Lechner aufgebaut. Dazu kommen Gesangsund Basslinie sowie Rhythmus von den anderen Mitgliedern und so spielt bei der Songentstehung jeder seine eigene wichtige Rolle. Wenn sich nach einigen Proben dann auch wirklich jeder Einzelne mit dem Song identifizieren kann und die Gesamtheit von Ebony Archways repräsentiert wird, geben sich die Bandmitglieder zufrieden. „Ich muss oft staunen, was durch die Ideen von vier sehr verschiedenen Musikerpersönlichkeiten durch eine nie ausgesprochene Aufgabenteilung, meist ohne viel diskutieren zu müssen, zustande kommt“, erklärt Winkler.

Seit Forjans Eintritt gibt es auch eine Harmonie in der Band, die die Lieder

Mit September 2016 starten Ebony Archways die Aufnahmen zu ihrem zweiten Album. Forjan verspricht: „Wir werden sicher wieder alles tun,

um ein großartiges Gesamtkunstwerk präsentieren zu können.“ Es soll frischer und komplexer als ihr Debütalbum werden und auch traditionell melodiös. In den neun bis zehn Songs soll man versinken können und statt schwarz und weiß wird es dieses Mal bunter. Thematisch beschäftigte sich das Debütalbum „Moonburnt“ hauptsächlich mit den Abgründen der menschlichen Existenz und Psyche. Die Songs des neuen Albums sollen hingegen als persönlicher Spiegel einer zum Teil sehr kranken Gesellschaft dienen. Seit Jänner touren Ebony Archways mit ihrem Debütalbum durch Österreich, das Kaltenbach Festival im August gilt als ihr persönliches Highlight. Wir dürfen gespannt sein, wie bunt es mit den Grazer Metalmusikern weitergehen wird.

Text Sandra Langmann PARADOX

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Foto: Ebony Archways

EBONY ARCHWAYS


MUSIK t h c i r p s

Wenn Egal ob Rock, Pop oder Hip-Hop – nicht selten definiert sich eine Band über ihren Sänger oder ihre Sängerin. Hat man einen charismatischen Frontmenschen mit an Bord, der idealerweise auch noch recht passabel singen kann, ist einem ein gewisses

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Maß an Erfolg meist schon gesichert. Es gibt allerdings auch Bands, die einen anderen Weg einschlagen. Die Akustik-Klassiker Cobario, die psychedelischen Rocker Triptonus und die experimentellen Soundkünstler Styronauten haben eines gemeinsam: Sie haben sich der rein instrumentalen Musik verschrieben. Ohne Text und Gesang und somit auch ohne das eine Bandmitglied im Rampenlicht verstehen sie es, den Zuhörer nur mit

ihren Instrumenten in den Bann zu ziehen.

In der Not anders sein Für keine der drei Bands war es eine bewusste Entscheidung, ein rein instrumentales Projekt zu starten. Bei Triptonus und den Styronauten spielte zwar die Tatsache, dass kein passender Sänger gefunden wurde, eine Rolle, letztendlich war es aber der

Foto: una knipsolina fotografie - Petra Schulz

Die drei Bands Triptonus, Cobario und Styronauten bekennen sich zur Sängerlosigkeit. Ihren Instrumenten verleihen sie umso kräftigere Stimmen.


Anderssein kann durchaus Vorteile mit sich bringen. „Uns gefiel von Anfang an der Gedanke, dass sich der Zuhörer seine eigene Geschichte zu jedem Lied ausmalen kann“, beschreibt der Gitarrist von Cobario, Jakob Lackner, einen positiven Aspekt reiner Instrumentalmusik. Thematische Grenzen überschreiten und ohne Worte und den damit verbundenen Assoziationen Menschen zu berühren, ist auch für die anderen beiden Bands ein wichtiger Teil ihres kreativen Schaffens. Dazu kommt, dass Musik ohne Text überall auf der Welt spielbar ist und einen äußerst meditativen Charakter annehmen kann. „Wir feuern unsere Noten einfach viel tiefer ins Unterbewusstsein und ins Triebhafte“, so Hackmack. Cobario, Triptonus und die Styronauten sind sich aber auch der negativen Aspekte bewusst. „Zuhörer halten sich gerne an Worten und Frontmenschen fest“, nimmt Roland Renner, Bassist der Styronauten, zur Kenntnis. Deshalb muss das Fehlen eines solchen Bezugspunkts umso mehr durch konstante Abwechslung und Spannung ausgeglichen werden. Es gäbe eben doch nichts, das die Aufmerksamkeit mehr errege, als die menschliche Stimme, meint Hackmack. Einen weiteren Grund, warum Instrumentalmusik eher ein Nischengenre sei, sieht Georg Aichberger, Gitarrist bei Cobario, in der Tatsache, dass man ohne Text keine eindeutige Message verbreiten könne. Der ohne thematischen Schwerpunkt entstehende Freiheitsgrad ist also sowohl ein Plus- als auch ein Minuspunkt der textlosen Musik.

Foto: Christian Huber

Gefallen an der Idee, sich voll und ganz auf die Instrumente zu stützen, der sie von der Sängerlosigkeit überzeugte. „Mit der Zeit reifte die Musik auch soweit, dass ein Sänger nicht mehr nötig war“, erzählt Clemens Hackmack, Gitarrist von Triptonus. Zusätzlich sympathisierten die Styronauten mit der Vorstellung, keine 08/15 Band in der gewöhnlichen Besetzung zu sein.

Wort-Ersatz Während es bei Triptonus kaum so etwas wie ein fixes Thema gibt, greifen die Styronauten und Cobario zu den verschiedensten Mitteln, um Gefühle und Thematiken ohne Worte darzustellen. Unterschiedliche Tempi, Klangfarben und Instrumente werden verwendet, um verschiedenste Bilder im Kopf der Zuhörer hervorzurufen. Die Styronauten bedienen sich vor allem an dem großen Spektrum von Tasteninstrumenten, beschreibt Pianist Heinz Hoppaus: „Eine Orgel kann zum Beispiel Angst erzeugen, ein warmer Padsound [atmosphärischer Klang] Wohlbehagen und ein quietschender Synthlead kann die Lachmuskeln anregen.“ Cobario verlassen sich live nicht ganz auf ihre instrumentalen Facetten, sondern erzählen gerne Entstehungsgeschichten oder Anekdoten zu den einzelnen Songs, um die Zuhörer in eine gewisse Stimmung zu bringen. Auf ihren Aufnahmen sprechen aber nur ihre Instrumente. Die Rolle des Melodieträgers wird da-

bei meist von der Geige übernommen, während bei den anderen beiden Bands sowohl Gitarre, Bass, aber auch Tasteninstrumente führen können. Wenn es um die pure Atmosphäre geht, wird meistens gar kein Instrument in den Vordergrund gestellt.

Grüße aus Hollywood Instrumentalmusik ist nicht nur offen für Interpretationen, sondern eignet sich auch besonders gut zur Untermalung von Filmen. Kompositionen von Cobario wurden beispielsweise bereits für ein kanadisches Filmprojekt und für die vierte „Brenner“-Verfilmung „Das ewige Leben“ mit Josef Hader verwendet. Ingo Hauer, Schlagzeuger der Styronauten, könnte sich ihre Musik besonders gut als Untermalung von Stummfilmen vorstellen. Triptonus erprobten ihre Filmtauglichkeit bereits bei einer LiveShow: „Bei einem Konzert lief ‚Fear and Loathing in Las Vegas‘ auf einer Leinwand im Hintergrund. Das passte ziemlich gut zusammen.“

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Obwohl sie offen für Neuerungen sind, ist es für Cobario und die Styronauten so gut wie sicher, dass ihr Fundament auch weiterhin die Instrumentalmusik bleiben wird. Beide Gruppen erprobten bereits eine Zusammenarbeit mit Gesang, jedoch wurde dieser nur als Stilmittel eingesetzt. Clemens Hackmack von Triptonus spielte da schon öfter mit dem Gedanken an einen zusätzlichen Sänger. Er überlässt die Entscheidung aber der Musik: „Wenn in Zukunft ein Song nach Vocals verlangt, warum nicht?“ Bis dahin lassen alle drei weiterhin nur ihre Instrumente für sich sprechen.

Text Lisa Schantl

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Foto: Benedict Steirer

R’N’BRASS BAND

Von der Straße auf die großen Bühnen

Einzuordnen irgendwo zwischen HipHop und Jazz, mit Vorsatz, Musik unter die Leute und nicht über sie bringen zu wollen: Das ist die R’n’Brass Band. Letztes Jahr haben sie durch Guerilla Gigs in den Hauptstädten auf sich aufmerksam gemacht. Dieses Frühjahr schleuderten sie gleich zwei Releases hinaus und spielten ihre ersten Shows auf namhaften Festivals. Wie kam dieses Riesenprojekt zustande und was darf man sich davon erwarten?

Fragt man Bandleader und Bassist Lukas Rappitsch, so scheint die Gründung der Band hauptsächlich durch zwei wichtige Etappen erfolgt zu sein. Erstere wäre sicherlich der Schritt hin zur Idee, überhaupt Musik dieses Genres machen zu wollen. Der erste Funken, oder besser gesagt einer der ersten Funken, entstand – wie sollte es anders sein – durch eine Vorlesung auf der Uni. Lukas bekam es dabei zum ersten Mal so richtig mit der Musik von amerikanischen Brass Bands zu

tun und war sehr beeindruckt. So sehr sogar, dass er seinem Freund Marvin Brabender, späterer MC der Band, davon erzählte. Auch diesem gefiel sehr, was er hörte und doch hatten beide das Gefühl, dass etwas im Sound dieser Bands fehlte. So entstand in jener ersten Phase die Idee, eine Brass Band um eine Rhythm Section, also Bass, Schlagzeug und Klavier, zu erweitern. Es ging den Zweien darum, beide Stile, also auf der einen Seite den Brass Band Sound und auf der anderen Hip-Hop, Reggae und R’n’B, zu vermischen und sich die Vorteile der Genres herauszusuchen. Als große Einflussnehmer zur Stilfindung der R’n’Brass Band kann man also Bands wie Moop Mama, die Youngblood Brass Band und die Soul Rebels genauso dazu zählen wie Seeed und Jan Delay.

Zwischen Hip-Hop und Jazz Letztendlich darf man aber den Stil der Band nicht als Linie begreifen, die sich zwischen Hip-Hop und Brass Band

aufspannt. Wenn man es sich schon geometrisch vorstellen will, dann doch viel besser als Dreieck. Und die dritte Spitze, die nennt sich ganz schlicht und einfach Jazz. Der Jazz spielt sogar eine viel wichtigere Rolle, als sich durch seine Nennung als letztes erahnen lässt. Was wäre schon das beste Gericht, wenn die Gewürze fehlen würden? Genauso verhält es sich eben auch mit der R’n’Brass Band und Jazz. Nicht umsonst ist auf der ersten EP ein Cover der Miles Davis Nummer „Nardis“ zu hören. Wirft man einen Blick auf die Besetzung – und damit wären wir auch schon bei Etappe Nummer zwei angelangt – so bestätigt sich der Eindruck von einer durch Jazz beeinflussten Hip-Hop Gruppe mit Big Band Besetzung. Die Idee dahinter ist gleichzeitig simpel und genial: Als Grundlage für das Line Up dienten Matthias Weber, früher bei den Makemakes, jetzt Mitglied der Powerkryner und Leiter der Big. PARADOX

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Matt.Band und Paul Gritsch, der mit seinen 26 Jahren zu den ganz Großen der österreichischen Jazz-Szene zählt und zur Zeit bei Mayfield und Sterz von Österreich spielt. Beide suchten sich die Musiker für die Band, mit denen sie am liebsten zusammenspielen wollten. So ist es der elfköpfigen R’n’Brass Band schließlich gelungen, trotz der hohen Anzahl an Mitgliedern wie ein enger Freundeskreis, ja fast wie eine Familie zu wirken, was sie letztendlich auch ist. Auch die anderen Mitglieder der Band sind nicht weniger erwähnenswert. Da wären zum Beispiel Dominik Schnaitt, der zwei Jahre lang fester Bestandteil der Wiener Philharmoniker war, und Anton Prettler, der bereits in jungen Jahren mit dem Mahler Jugendorchester als Solosaxofonist an großartigen Locations wie der Royal Abert Hall in London gespielt hat. Genauso außergewöhnlich wie ihre Besetzung ist, startete die Band auch ihre Bühnenkarriere, nämlich nicht auf Bühnen. Den gesamten letzten Sommer verbrachten sie mit Guerilla Gigs in Wien, Linz, St. Pölten und einigen anderen Städten Österreichs. „Das heißt, dass wir plötzlich mitten auf einem Platz oder einer Straße zusammenkommen und ein paar unserer Songs zum Besten geben, und danach genauso schnell wieder verschwanden. Die Leute finden das großartig, tanzen und machen Party.“

MC mit rotem Haar Im März diesen Jahres erschien außerdem ihre erste EP „Rhythm’n’Brass” und damit auch die einzige Veröffentlichung mit Marvin Brabender am Mikrofon. Seitdem steht eine Frau an vorderster Front der R’n’Brass Band, nämlich Lily Anna Janoska. Mit fünf Jahren sang sie übrigens zusammen mit ihrer Mutter den „Karton wird aus Holz gewonnen“ Werbejingle ein. Eine würdige und gleichzeitig freche Neubesetzung für Gesungenes und Gesprochenes, die die Band noch ein wenig exklusiver macht, weil es wenige weibliche MCs gibt. Sie verleiht der Band also, wenn man so will, ebenfalls etwas mehr Würze und ist auf der zweiten EP zu hören, die im Mai veröffentlicht wurde. Der Sommer 2016 ist die erste Festivalsaison, bei der sich die R’n’Brass Band auf die Bühnen stellt. „Unsere Musik ist was für Hip-Hopper, für Blasmusik Fans, für Jazz Cats und einfach für alle, die bei guter Musik und coolen Grooves gern das Leben baumeln lassen“. Mit dieser Aussage hat Bassist Lukas nicht unrecht, denn das breite Spektrum an Genres, in die man die Band einordnen könnte, spiegelt sich auch in ihren Konzertterminen wider.

EUROPE‘S MOST IMPORTANT

Der Tourkalender für dieses Jahr weist einige große Festivals auf, darunter ei-ne Show auf der Menschenrechtsbühne des Donauinselfests. Auch für 2017 steht schon das eine oder andere bedeutende Festival in Aussicht. So groß wie die Anzahl der Genres, die die R’n’Brass Band mit ihrer Musik abdeckt, ist auch die Anzahl an Möglichkeiten für die Zukunft der Gruppe. Da Können und Professionalität gleichermaßen vorhanden sind, ist es gut möglich, dass sie bald dort stehen, wo Moop Mama und die anderen Genregrößen momentan logieren. Vorausgesetzt natürlich, das Glück spielt ein wenig mit und der Enthusiasmus der Bandmitglieder lässt nicht nach. Wohin es die R’n’Brass Band also letztendlich verschlägt, das wird man wohl erst nach ihrem ersten full length Album, das für Ende dieses Jahres geplant ist, und im nächsten Festivalsommer erfahren.

Text Philipp Annerer

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SOLARJET Die österreichische Gruppe Solarjet, die seit 2012 in dieser Formation existiert, ist gerade dabei, sich den Weg in die heimische Musikszene zu bahnen. Nach erfolgreichen Touren durch das Nachbarland Deutschland geht es jetzt auch in dem Ursprungsland der vier Kärntner richtig heiß zur Sache. Welche Events bevorstehen, was die Jungs motiviert und wie sie sich untereinander verstehen haben wir für euch herausgefunden.

Der Name Solarjet ist spannend, da er im umgangssprachlichen Sinne keine Bedeutung trägt. Wofür steht Solarjet denn eigentlich? Solarjet steht für einen Flieger, der von Licht angetrieben ist. Vom Licht begleitet stets nach oben.

Ihr seid vier junge Burschen. Wie habt ihr euch kennengelernt und wie versteht ihr euch untereinander so? Seid ihr nur Bandkollegen oder verbindet euch auch eine Freundschaft? Manuel und ich [Rene] sind Cousins. Wir sind zusammen aufgewachsen und haben damals unsere Fußballklamotten gegen billige

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97 Foto: Sabrina Podesser


Gitarren eingetauscht und angefangen, Musik zu machen. Thomas haben wir quasi am Fußballplatz aufgegabelt, in den Proberaum gezerrt und einen Bass umgehängt und Christian war der Musikallrounder unserer Schule und so für uns unumgänglich. Es ist manchmal schon richtig unheimlich, wie viel Zeit wir miteinander verbringen. Wir wollten sogar alle schon in ein Haus ziehen. Wir haben irgendwie die Schnauze immer noch nicht voll voneinander, zumindest nicht lange.

Warum hat es euch überhaupt in die Musikszene verschlagen? Was habt ihr vorher gemacht? Studenten, IT-Techniker, Mechatroniker – alles vorhanden bei uns. Seit einiger Zeit haben wir das alles aber an den Nagel gehängt, um uns ganz der Musik zu widmen. Klar gibt es hier und da mal Gelegenheitsjobs, aber für die meisten von uns gab es eigentlich nie so eine richtige Alternative zur Musik.

Man kann bei eurer Musik ganz klar einen Wandel Was ist euch im Leben am wichtigsten, was sind hin zum Mainstream beobachten. Was hat euch eure Prioritäten? dazu motiviert, Euch diesem anzuschließen? Hier geht es eher weniger um eine bewusste Entscheidung. Wir schreiben stets das, was wir fühlen und worauf wir Bock haben. Natürlich gibt es da Produzenten, die das Ganze manchmal entweder bis zu einem gewissen Grad „gerade biegen“ oder uns auch ermutigen, etwas mehr „Dirt“ in den Laden zu bringen. Wir haben öfter gehört, dass wir „zu rau für den Mainstream, aber zu glatt für den Underground“ wären.

Man kennt euch besonders durch PULS 4. Was hat euch dazu bewegt, dort 2014 an einer Castingshow teilzunehmen? Wir wurden immer wieder von namhaften Größen aus der heimischen Musikszene angerufen, motiviert und am Ende in gewissem Maße „überredet“, mitzumachen. Was uns überzeugt hat, war, dass man sich im TV präsentieren konnte und zwar so, wie man wirklich ist. Wir haben unsere eigenen Songs gespielt, viel Reichweite dazugewonnen und „wichtige“ Leute kennengelernt.

Uns interessiert natürlich auch euer Privatleben. Könnt ihr ein bisschen über euch und eure Hobbys erzählen? In unserer Freizeit spielen wir gerne mal Fußball. Manuel ist eher so der extreme Typ. Musikalisch mehr in den sanften Gefilden beheimatet, können im echten Leben schon mal Auerbachsprünge von 22 Meter hohen Klippen vorkommen. Er ist auch der einzige mit einem Motorradschein. Bowlingspielen in den verschiedensten Städten hat sich mittlerweile als Tourritual durchgesetzt. Musikalisch sind wir mit der Zeit sehr vielseitig geworden. Thomas liebt es, wenn der Bass pumpt, Rene hört sehr gerne textlastige Musik mit fetten Gitarren und uns alle verbindet die Liebe zu Taylor Swift.

Ganz klar der Fame (lacht). Nein, Spaß beiseite. Kurz gesagt: Glaube, Liebe, Hoffnung.

Gibt es für euch ein ultimatives Ziel, das ihr gerne erreichen würdet? Wir wollen natürlich weiter von der Musik leben, mehr Leute mit unserer Musik erreichen und irgendwann selbst die großen Hallen ausverkaufen. Vor allem aber wollen wir die Liebe zur Sache und die Leidenschaft nicht verlieren und dann ist es auch egal, vor wie vielen Leuten man spielt. Das machen zu dürfen, was man liebt, und zu wissen, dass es sich lohnt, das wäre so die Kurzfassung eines gelungenen Lebens.

Wie seht ihr eure Chancen, euch im deutschsprachigen Musikraum langfristig zu etablieren? Wir denken, dass sich Dranbleiben immer lohnt und das merken wir auch. Wenn man beständig hart arbeitet, erntet man auch irgendwann die Früchte. Dranbleiben und hart arbeiten tun wir auf alle Fälle, aber natürlich wissen wir, dass der Markt groß ist und es mehr braucht als nur „good will“. Wir machen auf alle Fälle weiter, egal wohin die Reise geht. Hauptsache gehen!

Text Vera Schmidt 98

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Facelift 20 Jahre und mehr Im Jahr 2015 feierten sie ihr 20-jähriges Bestehen und veröffentlichten ihr siebtes Studioalbum. In den Jahren davor erlebten Facelift all das, was man als Band erleben muss, um zu einer festen Größe in der Szene zu werden. Ihre Geschichte handelt von musikalischer Weiterentwicklung: Ihre Anfangstage lagen in der Zeit, als der Grunge seine letzten Atemzüge machte, gleichzeitig hatten sie eine Affinität zu Gothic und Metal. In ihrem späteren Schaffen entwickelten sie sich zu einem erwachsenen und dennoch verspielt klingenden Altenative-PopTrio. Doch ihre Geschichte ist noch nicht am Ende…

Eigentlich nichts, genaugenommen.

Ihr habt kürzlich euer 20-jähriges Bestehen gefeiert. Was ist geblieben? Geblieben sind viele Orte, an die wir sonst nicht gekommen wären. Wir haben Menschen kennengelernt, einige behalten. Erinnerungen an skurrile Erlebnisse. Einerseits das Gefühl, dass man viel gesehen hat und viel Zeit vergangen ist, auf der anderen Seite, dass es Schnipp gegangen ist. Da war man noch 20 und dann ist man nicht mehr 20.

Was haltet ihr von Schönheits- Gibt es Dinge, die ihr heute anders machen würdet? operationen? 100

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Wir würden nicht alles gleich machen, weil du mit diesem Erfahrungswert sowieso anders handelst. Aber wir haben jeden Schritt so gesetzt, wie es aus dem Empfinden heraus richtig war. Wir waren ganz schnell ganz woanders, als wir uns das in den kühnsten Träumen vorgestellt hatten. Wenn ich sehe, an welchen Dingen heute Bands scheitern, nicht in sich, sondern von außen. Es braucht ein komplett durchgestyltes und schlüssiges Marketingkonzept. Das ist eigentlich nicht die Aufgabe von einem Musiker. Der soll sich mit Musik beschäftigen. Da kommen wir noch aus einer doch relativ glücklichen Umgebung. Du hast geschaut, dass du Freunde und ein paar Veranstalter, die du kennst, animierst und irgendjemanden, der bei einer Zeitung schreibt, dann hat das schon gepasst. Diese Konzepte


Foto: Jack Jhoamei

haben sie uns gesagt.

Du hast dich mal geäußert, dass du das Asylthema nicht Eure Texte sind im Vorfeld für deine eigenen Zwecke geprüft worden? missbrauchen willst. Wir haben sie hingeschickt und sie wurden geprüft. Wobei wir als Touristen eingereist sind, die, so wurde es formuliert, eventuell auch spielen. Das haben sie gewusst. Du forderst es nicht heraus. Es waren so viele offizielle Leute da, vom Kulturamt, vom Kulturaustausch, zwei von der Botschaft, ein chinesischer Brauereivertreter, der uns eine Freude machen wollte, weil er Ottakringer Bier hingebracht hat.

Trinkt ihr gerne Ottakringer?

dahinter waren eher verpönt.

Ihr wart im Frühjahr eine Woche in China auf Tour. Wie lief‘s?

Überhaupt nicht, aber das haben wir nicht gesagt. Die andere sensationelle Sache war: Es war exakt vorgegeben, dass wir eine Stunde spielen. Die Leute haben aber keine Ruhe gegeben und wir haben im Schnitt eindreiviertel Stunden gespielt, das hätte noch zwei Stunden weitergehen können. Das war unfassbar, man ist sich wie ein Superstar vorgekommen. Jeder will sich mit jedem fotografieren lassen. Die haben CDs gekauft, Schallplatten, alles was man haben kann. Ich hab selten so ein enthusiastisches, offenes Publikum gesehen.

Nochmal zu euren Songtexten. Ihr seid inhaltlich keine politische Band. Ist das eine Gab es viel Promotion im bewusste Entscheidung? Vorfeld? Super! Schon im ersten Club war es ab dem Soundcheck voll.

Es gab einige Plakate, jemand vom chinesischen Staatsfernsehen war da, die haben Werbung gemacht, das Kulturamt von Peking hat es promotet. Sie mussten aber aufpassen, dass es nicht zu groß wird, weil dann kommen die staatlichen Sittenwächter, um zu schauen, ob wir nicht doch etwas Böses sagen. Und das will man nicht,

Das war nie ein Thema. Wir diskutieren im Backstage-Raum, da ist es ein wichtiges Thema. Ins Songwriting hat es nie Einzug genommen. Das einzige Lied, das Andrea etwas umadaptiert hat, ist „For the Homeless“. Da geht es um die Heimatlosen, ursprünglich ging es im Song um ein getrenntes Liebespaar. Das haben wir jetzt als einziges Statement im Programm.

Ich bin nach wie vor der Meinung. Was ich als Privatperson unterstütze, ist das eine. Mich hinzustellen und heilsbringende Botschaften zu verkündigen… Dem einen oder anderen unterstelle ich auch eine marketingstrategische Überlegung dahinter.

Wie zufrieden seid ihr rückblickend mit dem sauberen und poppigen Sound eures letzten Albums „Falling Trees“? Ich finde, dass es ideal für unser 20. Jubiläum war. Es spiegelt viele Facetten wider. Es ist die schönste und glatteste Produktion. Dass wir die Songs live ganz anders spielen, ist ein anderes Thema. Mit dem Album ist diese Ausdrucksform für uns beendet. Nicht, dass es uns nicht gefallen hätte. Was noch reizen würde, wäre ein räudiges, live mitgeschnittenes Album.

Gibt es Pläne für ein Album? Unsere Gespräche im letzten halben Jahr waren zwischen ‚Wir nehmen jetzt auf‘ und ‚Wir lassen es bleiben‘. Was klar ist, wenn was kommt, dann wird es etwas Dreckigeres werden. Aktuell gibt es die Möglichkeit im Iran zu spielen. Wir haben eine Einladung, noch einmal nach China zu kommen. Für Oktober stehen Konzerte in New York im Raum. Das werden wir auf jeden Fall machen und vielleicht irgendwo was aufnehmen. Es kann im Dezember passieren, oder noch lange dauern.

Text Georg Zsif kovits PARADOX

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1 VW-BUS ZELT

Wer schon immer mal in einem VW-Bus der 60er Jahre campen wollte, dafür aber nie die Kohle hatte, der wird nun erlöst. Wir haben es gefunden, das Zelt in Form eines klassischen VW-Bus T1 aus dem Jahre 1965. Das vier mal eineinhalb Meter große Zelt bietet neben dem guten Look auch Platz und Komfort. Die zwei getrennten Innenkammern bieten Raum für vier Personen. Wem das blaue Modell zu wenig spritzig ist, der hat die Auswahl zwischen einer orangen und roten Variante. Und das Beste: Du darfst mit deiner „Karre“ auf allen Campingplätzen stehen. Apropos Karre, jetzt fehlt dir eigentlich nur noch eine Mitfahrgelegenheit, um auf’s nächste Festival zu fahren und deinen VW-Bus zu parken.

top 3 3 Soundboks

“Extreme Volume - Unbreakable Design - Unlimited Battery” Was das ist? Die Soundboks – ein batteriebetriebener, bluetoothfähiger Outdoor-Lautsprecher, dessen Ausmaß das Bild, das du in diesem Moment im Kopf hast, sprengt. Die Macher des Teils versprechen 119 Dezibel und eine Akkulaufzeit von 30 Stunden. Mit einer Größe von 66 x 43 x 32 Zentimeter ist der Lautsprecher dementsprechend größer als herkömmliche Modelle dieser Art. Doch dafür verspricht der Hersteller perfekten Sound für Straßenfeste und Raves. Das einzige Manko: Die Soundboks ist derzeit noch nicht am Markt. Doch auch das sollte nur eine Frage der Zeit sein.

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PARADOX

2 Smokey Joe® Premium

Er ist klein, niedlich und trägt mit Smokey Joe den charmantesten Namen, den ein Grill haben kann. Außerdem ist der Smokey Joe® Premium der perfekte Begleiter für all jene, die gerne und viel unterwegs sind und auf ihr Steak, Pulled Pork oder Grillgemüse nicht verzichten können. Ausgestattet mit einem Tragbügel, der zugleich als Deckelhalter und Windschutz dient, lässt sich der Grill leicht verstauen und transportieren. Es ist jedoch etwas Vorsicht geboten: Auf vielen großen Festivals ist das Grillen am Campingplatz aus Sicherheitsgründen nicht mehr erlaubt. Also zuerst informieren und dann genießen.

Festival Gadgets


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Ideal umsorgt auf den festivals

PARADOX

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Rock in Vienna 03.06.2016 BIS 05.06.2016

Donauinsel, Wien RAMMSTEIN, IGGY POP, IRON MAIDEN

Nova Rock 09.06.2016 BIS 12.06.2016

Pannonia Fields, Nickelsdorf RED HOT CHILI PEPPERS, VOLBEAT, WANDA

Jazz Fest

FESTIVALS 2016

18.06.2016

Ottakringer Arena, Wiesen THE ROOTS, SELAH SUE, MICHAEL KIWANUKA

Donauinselfest 24.06.2016 BIS 26.06.2016

Donauinsel, Wien SEILER & SPEER, CAMO & KROOKED, SAMY DELUXE

Nu Forms Festival 30.06.2016 BIS 02.07.2016

Ottakringer Arena, Wiesen THE ROOTS, SELAH SUE, MICHAEL KIWANUKA ANDY C, MARKY, MEFJUS & EMPEROR

Two Day A Week Special 06.07.2016

Festivalpark Marx Halle, Wien FIVE FINGER DEATH PUNCH, FLOGGING MOLLY, GOGOL BORDELLO

Electric Love Festival

Harvest of Art Clam

07.07.2016 BIS 09.07.2016

09.07.2016

Poolbar Festival

Sick Midsummer

07.07.2016 BIS 20.08.2016

09.07.2016

Salzburgring, Plainfeld AFROJACK, HARDWELL, NICKY ROMERO

Altes Hallenbad, Feldkirch BILDERBUCH, TRUCKFIGHTERS, OK KID

Ahoi ! The Full Hit of Summer

08.07.2016

12.07.2016

World Bodypainting Festival 01.07.2016 BIS 03.07.2016

The Nova Jazz & Blues Night 08.07.2016

Vienna Sunsplash Festival

SCHLOSSPARK ESTERHÁZY, EISENSTADT RODRIGUEZ, ST GERMAIN, REBEKKA BAKKEN

03.07.2016

Harvest of Art Wien

Arena Open Air, Wien GENTLEMAN & KY-MANI MARLEY, ROOTS MANUVA, MATISYAHU

Beat The Fish Deluxe 05.07.2016

Arena Open Air, Wien JURASSIC 5, K.I.Z, YELAWOLF

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PARADOX

BÄCKERBERG IN SCHARNSTEIN SECRETS OF THE MOON, CENTINEX, PSYCHONAUT 4

Clam Rock Festival BURG CLAM, KLAM EEP PURPLE, JEATHRO TULL’S IAN ANDERSON, MOTHER’S FINEST

Bodypaint City, Pörtschach am Wörthersee WANDA, GLASPERLENSPIEL, RUSSKAJA

BURG CLAM, KLAM ELEMENT OF CRIME, RODRIGUEZ GLEN HANSARD

08.07.2016

DONAUPARK, LINZ SIGUR ROS, BEIRUT, ÁSGEIR

Kunstmue Festival 15.07.2016 BIS 16.07.2016

KUNSTMÜHLE, BAD GOISERN LAUSCH, SOULDJA, TRUE VIBENATION

Out of the Woods 15.07.2016 BIS 16.07.2016

FESTIVALPARK MARX HALLE, WIEN PJ HARVEY, GLEN HANSARD, ELEMENT OF CRIME

Ottakringer Arena, Wiesen TWO DOOR CINEMA CLUB, ANNENMAYKANTEREIT, MAXIMO PARK

Lovely Days Festival

Open Air Ottensheim

09.07.2016

15.07.2016 BIS 16.07.2016

SCHLOSSPARK ESTERHÁZY, EISENSTADT DEEP PURPLE, SEILER & SPEER , IAN ANDERSON

RODELGELÄNDE, OTTENSHEIM CHRSITOPH & LOLLO, VÖGEL DIE ERDE ESSEN,JAMBINAI


Rock im Dorf

Lake on Fire

One Drop Festival

15.07.2016 BIS 16.07.2016

05.08.2016 BIS 06.08.2016

26.08.2016 BIS 27.08.2016

SCHLIERBACH KRAUTSCHÄDL, 5/8ERL IN EHR’N, SKERO

Waldhausen WHITE MILES, THE FLYING EYES, SAVANAH

Woodstockenboi

Summerville

15.07.2016 BIS 16.07.2016

12.08.2016 BIS 13.08.2016

STOCKENBOI THIRSTY EYES, MASALA BRASS KOLLEKTIV, GEORG KOSTRON UND SEIN MANAGER

Hip-Hop Open 22.07.2016 BIS 23.07.2016

Ottakringer Arena, Wiesen BEGINNER, SIDO, BLUMENTOPF, NAZAR

Acoustic Lakeside 22.07.2016 BIS 23.07.2016

SONNEGGER SEE, SITTERSDORF KRAUTSCHÄDL, 5/8ERL IN EHR’N, SKERO

Beserlpark Festival 28.07.2016 BIS 30.07.2016

BESERLPARK, MANK MOTHER’S CAKE, AT PAVILLON, MILK +

Lake Festival 28.07.2016 BIS 30.07.2016

SCHWARZLSEE, UNTERPREMSTÄTTEN MARTIN GARRIX, STEVE AOKI, DIMITRI VEGAS & LIKE MIKE

Szene Openair 04.08.2016 BIS 06.08.2016

SZENE, LUSTENAU CARNIVAL YOUTH, CRACK IGNAZ & WANDL, FAREWELL DEAR GHOST,

Sunny Days 05.08.2016 BIS 06.08.2016 DIETERSDORF B. GRAZ

Ottakringer Arena, Wiesen ZAZ, DAMIEN RICE, PETE DOHERTY

Ottakringer Arena, Wiesen MAX HERRE & KAHEDI RADIO ORCHESTRA, TARRUS RILEY, ANTHONY B.

Nuke Festival 02.09.2016 BIS 03.09.2016

Picture On

Messeglände, Graz DIE FANTATISCHTEN VIER, CAMO & KROOKED, GRANADA, THE 1975

12.08.2016 BIS 13.08.2016

Most & Jazz

Festivalgelände Bildein, Bildein URIAH HEEP, K’S CHOICE, DER NINO AUS WIEN

Frequency Festival 18.08.2016 BIS 20.08.2016

Greenpark, St.Pölten BILDERBUCH, DEICHKIND, PAROV STELAR

Kaltenbach Open Air 18.08.2016 BIS 20.08.2016 SPITAL AM SEMMERING EXODUS, UNLEASHED, TANKARD

Global 2000 Wiesenrock 19.08.2016 BIS 20.08.2016 HAUPTSCHULHOF, WATTENS EXODUS, UNLEASHED, TANKARD

And There Come The Wolves 22.08.2016 BIS 23.08.2016

Ottakringer Arena, Wiesen SUM 41, ENTER SHIKARI, MILLENCOLIN

Spielberg Musikfestival 24.08.2016 BIS 28.08.2016

RED BULL RING, SPIELBERG HUBERT VON GOISERN, FOLKSHILFE, LABRASSBANDA

08.09.2016 BIS 11.09.2016 FEHRING

Brucker Ring Festival 10.09.2016

HAUPTPLATZ, BRUCK AN DER MUR THE SUBWAYS, ITCHY POOPZKID, SSIO

Waves Vienna 29.09.2016 BIS 01.10.2016

WUK, WIEN WAELDER, A LIFE A SONG A CIGARETTE, AVEC

Elevate Festival 20.10.2016 BIS 23.10.2016

GRAZ SWANS, LONE, ANNA VON HAUSSWOLFF

Beatpatrol Festival 25.10.2016

VAZ, ST. PÖLTEN AUDIO, GUDRUN VON LAXENBURG, SCOOTER

Styrian Sounds 24.11.2016 BIS 26.11.2016 PPC, GRAZ

PARADOX

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Dry Aged Beef Burger 106

PARADOX

Ein Burger fĂźr die


e Seele

Burger Buns 550 g griffiges Mehl 1 TL Salz 1 TL Zucker 1 Würfel frische Germ 300 ml Wasser lauwarm 25 ml Olivenöl 1 Ei 2 EL Honig 1 Eigelb Wasser gerösteter Sesam Vorteig ansetzen. Trockene Zutaten und flüssige Zutaten mischen und nach einer halben Stunde zum Vorteig geben. Gut durchkneten. Teig an einem warmen Ort gehen lassen. Buns schleifen und erneut 20 Minuten gehen lassen. Ofen auf Ober/Unterhitze 180°C einheizen. Eigelb mit etwas Wasser vermischen, Buns einpinseln und mit Sesam bestreuen. Buns für etwa 20 Minuten backen.

Burger Patty

BBQ Sauce 1 mittelgroße Küchenzwiebel 3 Knoblauchzehen 100 ml Whiskey 350 ml Ketchup 3 EL Worcestersauce 2 EL Honig 2 EL Tabasco 2 EL Dijon Senf 2 EL dunkler Balsamicoessig 1 EL geräuchertes Paprikapulver 5 Tropfen Liquid Smoke ordentlich Salz & Pfeffer Olivenöl Zwiebel und Knoblauch schälen. Die Zwiebel in Würfel schneiden und in einem Topf mit Öl glasig dünsten, den Knoblauch gepresst hinzugeben und ganz kurz mit angehen lassen. Mit Whiskey ablöschen. Alkohol verkochen lassen. Ketchup, Honig, Senf, Worcestersauce, Essig, Gewürze und Liquid Smoke hinzufügen und auf die gewünschte Dicke einkochen lassen.

Burger Bausatz

600 g Dry Aged Beef Faschiertes 1/2 gewürfelte Zwiebel 1 Knoblauchzehe, fein gehackt frische Thymianblätter, fein gehackt 1,5 EL Worcestershire Sauce ( Salz Pfeffer

Burger Buns geröstete Zwiebelringe Emmentaler Käse gerieben Cheddar Käse gerieben Burger Patty Vogerlsalat BBQ Sauce

Die Zutaten sorgfältig und vorsichtig mischen. Sollten die Pattys nicht innerhalb der nächsten Stunde gegrillt werden, das Salz später hinzufügen. Auf einem Brett mit der Hand vier gleichgroße Pattys formen (2-2,5cm hoch - 12cm Durchmesser). Auf die direkte Glut des Kohlegrills legen. Nach 3 Minuten wenden und nach abermals 3 Minuten das Fleisch auf die indirekte Seite legen, mit dem geriebenen Käse belegen und gar werden lassen.

Die Buns auf der indirekten Seite des Grills kurz anrösten. Danach das Patty auflegen und die BBQ Sauce darüber geben. Die Burger Buns nach eigenem Belieben belegen. Fertig! Yummy...

PARADOX

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All That Glitters Is Not Gold A Life, A Song, A Cigarette

Stück für Stück Lemo

Als ein Debüt wollen ALASAC ihr viertes Album verstanden wissen. Tatsächlich legen die fünf Wiener im zwölften Bandjahr mit „All That Glitters Is Not Gold” einen Neustart hin. Unter der Ägide von Produzent Stefan Deisenberger (Naked Lunch) drosselten Stephan Stangel und Co. das Tempo ordentlich und schufen ein gereift wirkendes Album mit fiebriger Intensität. Bei den Aufnahmen im eigenen Studio ging die Band den Songwriting- und Recording-Prozess gelassener als jemals zuvor an, was dem Album an jeder geschickt platzierten, anmutig gespielten Note anzuhören ist. Deisenberger sorgt zudem mit seinem Gespür für Melodien und weite Klangflächen für einen atmosphärisch dichten Sound, der sich in endlose Weiten auszubreiten scheint und dennoch genug Luft zum Atmen lässt. Musik zum Loslassen und Träumen. Zum Träumen an einen anderen, vielleicht besseren Ort, wie es der Abschlusstrack „Intercity 69“ vormacht. Dass sich mit „Blindhearted“ der wohl poppigste Song der Bandgeschichte wie auch mit „To Axion Esti“ ein 18-minütiges sphärisches Instrumentalstück mit NoiseAnleihen auf dem Album befindet, zeugt von absoluter Selbstsicherheit. Das herzzerreißende Sehnsuchtsgefühl, das ihre Songs immer schon kennzeichnete, hat sich die Band bewahrt. Erstaunlich, wie es der Combo gelingt, ihre musikalische Identität zu bewahren und sich gewissermaßen doch neu zu erfinden. Dass das Album textlich gleichermaßen von Aufbruch wie von Ankunft handelt, ist dabei die perfekte Abrundung.

Emotionale Themen in Popmusik mit Rockanleihen verpackt? Was zunächst gewöhnungsbedürftig klingt, funktioniert beim Singer-/Songwriter Lemo ausgezeichnet. Treibende Gitarrenklänge, seine raue Stimme und ernste Texte erwarten den Hörer des Albums „Stück für Stück“. Insgesamt elf Songs handeln von Dingen, die wir alle kennen und mit denen wir uns selbst identifizieren können – wenn auch jeder auf seine eigene Art und Weise. Im Opener „Der Himmel über Wien“ will Lemo beispielsweise der eigentlich lebenswerten Hauptstadt entfliehen. Nicht, weil er etwas an der Stadt auszusetzen hätte, sondern vielmehr weil er Wien mit dem Ende einer Beziehung verbindet. Alles geht seinen gewohnten Gang, keiner scheint zu bemerken, dass gerade die eigene Welt völlig aus den Fugen geraten ist. So sehr, dass man nur noch davonlaufen möchte. Lemo singt aber auch über komplett andere Stationen in seinem Leben, zum Beispiel über seinen steinigen Weg als Musiker. Im Track „Rückwärts gegen die Einbahn“, der durch schnelle Beats auffällt, kritisiert Lemo das Verhalten von Menschen, die meinen, sich immer und überall einmischen zu müssen. Für Lemo kommt nur der eigene Weg infrage, der zwar nicht der Meinung der Allgemeinheit entsprechen mag, aber glücklich macht. Auch, wenn ihn oft Selbstzweifel plagen, wie er uns in „So leicht“ melancholisch erklärt. Insgesamt ist die Platte dank leichterer Hits wie „Vielleicht der Sommer“ oder „So wie du bist“ eine gelungene Mischung für alle, die auf sinnvolle und bekömmliche Pop-Rocksongs stehen.

Text: Alexander Pipam Label: Wohnzimmer Records

Text: Claudia Niedermeier Label: Blanko Musik GmbH & GRIDmusic GmbH Format

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PARADOX


Sergeant Pluck himself Overhead

Serenity Codex Atlanticus

Auf der EP „Overhead“ erwartet euch eine wunderbar arrangierte Mischung aus der für SPH typischen Ernsthaftigkeit, die aber nicht melancholisch wirkt, sondern wie ein vorsichtig euphorischer Vorbote auf einen traumhaften Frühling – Schatten- und Sonnenseiten wechseln sich innerhalb eines Tracks ab, sodass die Grenzen fließend sind zwischen melancholisch-molligen Passagen mit zum Headbangen verlockenden Drums, die live sicher ordentlich Stoff geben („Follow“), und verträumten, sanften Stellen, die nach Sonnenaufgang an einem taufrischen Frühlingstag klingen („Sigmundsherberg”). Wir erleben also auf „Overhead“ simultan die Rockband Sergeant Pluck himself und den Singer/Songwriter Matthias Ledwinka, der durch Akustikgitarrenelemente und zweistimmigen Gesang immer wieder durchschimmert (“God Natt”). Faszinierend am Songwriting des Sergeant ist die Komplexität – man merkt, dass die Nummern aus der Feder eines Profischlagzeugers mit Vorliebe für progressive Arrangements stammen – die so umgesetzt ist, dass sie leichtfüßig dahinplätschert. Wie ein Gebirgsbächlein, das einem durchaus schroffen Gebirge entspringt. Fazit: Diese Tracks nicht aufzunehmen, wäre eine absolute Verschwendung erstklassigen Songmaterials gewesen. Diese EP ist wirklich zu empfehlen - da freut es umso mehr, dass Sergeant Pluck himself nach 15 Jahren Karriere noch lange nicht genug haben. Während auf „Overhead“ die Songwriter-Seite des Projekts im Vordergrund steht, ist als Band dann doch eher etwas „Lautes, Komplexes, Großes“ geplant.

Das fünfte Studioalbum der Symphonic Metaller Serenity ist benannt nach einer Sammlung von Zeichnungen und Notizen Leonardo Da Vincis – „Codex Atlanticus“. In den elf Nummern erzählt Sänger und Mastermind Georg Neuhauser die Geschichte des Künstlers und entführt uns in eine Welt voller Verschwörungstheorien, geheimer Romanzen und schicksalsträchtiger Tragödien. Das durch und durch epische Intro bereitet die Zuhörerschaft auf die bevorstehende Reise in die Renaissance vor. Gleich die zweite Nummer „Follow Me“ offenbart die volle Wucht Serenitys – der treibende Rhythmus, gepaart mit der emotionalen Stimme Neuhausers und einer durchdachten Orchestrierung inklusive Chor macht diesen Song zu einem Highlight. Ein weiterer Anspieltipp ist „Iniquity“. Nach einem zarten Glockenspiel wird ein unglaublich großer Sound kreiert, der nicht nur den textlichen Inhalt der Nummer unterstützt, sondern auch eine packende Spannung erzeugt. Dass Serenity auch abseits von energiegeladenen Klängen und Gitarrensolos eine gute Figur machen können, zeigt die Ballade „My Final Chapter“. Die Betonung liegt hier aber auf „können“, denn die stimmungsvolle und melancholische Theatralik fehlt bei dem zweiten ruhigeren Song des Albums eindeutig. „The Perfect Woman“ tanzt gänzlich aus der Reihe und erinnert eher an einen poppigen MusicalSong als an Symphonic Metal. Glücklicherweise retten die beiden finalen Nummern den Gesamteindruck und entfachen wieder die gewohnte Kraft der Band.

Text: Eva Triebl Label: LiMuPic Records

Text: Lisa Schantl Label: Napalm Records PARADOX

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Irreversibel Nazar

Yeah Viech

„Meine Welt ist so dunkel, hier gibt es noch nicht mal Solarenergie“: So Nazar im Song „Generation Darth Vader“. Treffender könnte die Line kaum sein. Auf seinem achten Album „Irreversibel“ präsentiert uns Nazar einen Sound, der sehr düster ist. Trotz vieler Einflüsse diverser Produzenten beweist der Rapper auf dieser Platte einen durchgängig finsteren Sound, der sich in drückenden Instrumentals widerspiegelt. Dasselbe Bild findet man auch in den Videoauskopplungen, die allesamt eine dunkle Atmosphäre wiedergeben. Sei es das Video zu „La Haine Kidz“, in dem Nazar mit den Vorurteilen der Seher spielt, oder das Video zu „Kalash“, in dem er sich in der Nacht und im Untergrund in Szene setzt. Zudem gibt es auf „Irreversibel“ Songs, die Altbekanntes wieder aufgreifen. So findet man in „Hokus Pokus“ den dritten Teil einer Serie, die mit „Simsalabim“ und „Abrakadabra“ begonnen hat. „Hood Life Crew“ setzt nahtlos an Nazars „Good Life Crew“ von vor drei Jahren an, bloß mit einer düstereren Thematik. Zudem findet sich auf der Platte ein Song, der einen Classic der deutschsprachigen Hip-Hop-Szene aufgreift. Im Song zu „Mein Viertel“ stimmt Sido nämlich zum Teil seine Hook zu „Mein Block“, mit der er bekannt geworden ist, an. Verbundenheit mit seiner Heimat Iran zeigt Nazar auf dem Track „Teheran“. Unterstützt wird er dabei von zwei deutschen Rappern mit iranischen Wurzeln: Mosh36 und Milionair. Anspieltipps: „Quadrat & Kreis“, „Signal“ und „Mein Viertel“.

Ursprünglich zu zweit, dann zu fünft, nun zu viert: Die Band Viech, mit Wurzeln in Graz, musste bei Veröffentlichung des Albums den Ausstieg von Gründungsmitglied Andreas Klinger-Krenn verdauen. Auf ihrem zweiten Album „Yeah“ gibt es ihn noch zu hören. Das zukünftige Fehlen Klinger-Krenns wurde allerdings keineswegs an die große Glocke gehängt, wodurch sich zeigt, dass es sich bei den deutschrockenden Viech weniger um eine Band, sondern mehr um ein Kollektiv ohne Frontmann handelt. Diese Tatsache fällt allerdings dank der Stimmgewalt jedes einzelnen Mitglieds nicht ins Gewicht. Vergleicht man „Yeah“ mit dem ersten Album, das Klinger-Krenn mit Kumpel Paul Plut noch zu zweit aufnahm, lässt sich klar feststellen, dass die Songs im Kollektiv lauter und schneller geworden sind. Instrumente wie das Akkordeon sucht man nun vergebens. „Yeah“ lebt von farbenfrohen Uptempo-Songs, die dank der tanzbaren Grooves gut in der Indie-Disco aufgehoben wären („Fleischkrapfen“, „Oh Elise“). Textlich gehen die Viecher mit ironisch gewieften Wortspielen, die ob ihrer ungewöhnlichen Kombinationen leicht dadaistisch anmuten, und teils ländlichem Charme zu Werke. Dass es das damalige Quintett auch ruhiger kann, beweisen sie mit gemäßigteren Songs wie „Dr. Love“ und „Heute Nichts & morgen davon mehr“, die dank zarten Melodien und feingliedriger Instrumentierung an die schwedischen Indie-Popper Shout Out Louds erinnern. Dennoch liegen die Stärken der Band klar in den energiereichen DreiMinütern, in denen die gesamte Band aus vollen Kehlen um ihr Leben singt. Text: Alexander Pipam Label: LasVegas Records

Text: Michael Mišek Label: UMD/ Chapter One 110

PARADOX


KRITIKEN NATIONAL Lelkem - All Four Seasons In One Day Man nehme eine Prise emotionales Songwriting, einen Esslöffel Garage Rock und eine Messerspitze voll schwerer, aber doch schwungvoller Melodien – was dabei herauskommt, nennt sich Lelkem. Mit einem gelungenen Mix aus Alternative, Indie und Progressive Rock spielt sich die Band in die Köpfe aller bekennenden Rockerherzen. Auf ihrem Album „All Four Seasons In One Day“ ist für jeden Geschmack etwas dabei: Proggies sollten unbedingt in „The Charming Season“ oder „Neon Hero“ hineinhören, Indie-Liebhaber werden sich bei „Lovers & Foemen“ und „Heads In The Sand“ besonders heimelig fühlen. Text: Julia Haslebner | Label: Panta R&E

Fuzzman feat. The Singin’ Rebels - Fuzzman feat. The Singin’ Rebels Das fünfte Soloalbum von Herwig Zamernik (Naked Lunch) setzt den eingeschlagenen Weg konsequent fort. Bis auf wenige Einsprengsel und einen Song ist die LP auf Deutsch gedichtet. Musikalisch geht es bunter zu. Country trifft auf Indiepop, sägende Keyboards auf Hippiefolk, Schlager auf Punkhaltung. Omnipräsent dabei ist Zamerniks wacher, politischer Geist und eine kräftige Portion Soul. Textlich dreht sich viel um die Liebe. Die Liebe zum Heimweh, zum Fernweh, zu Außenseitertum, zum Protest. Auch, wenn sich das unvereinbar und teils kitschig liest, bleibt der Fuzzman stets er selbst, was auch stets gleich radikal bedeutet. Text: Alexander Pipam | Label: Lotter Label

Black Inhale – A Doctrine Of Vultures Die Wiener Band Black Inhale ist in der Szene keine Unbekannte. 2009 gegründet, folgt nach der im Jahre 2011 veröffentlichten EP „Rule of Force“ nun ein neues Album. Mit „A Doctrine Of Vultures“ wollen es die vier Musiker wieder wissen. Mit neun Liedern wirkt die Tracklist auf den ersten Blick sehr kurz. Da aber fast jedes Stück über fünf Minuten lang ist, ergibt sich eine Laufzeit von 50 Minuten. Black Inhale bedienen sich musikalisch bei mehreren MetalGenres, wodurch ein sehr interessanter und abwechslungsreicher Mix entstanden ist, in dem für jeden Metal-Head was dabei sein sollte. Text: Gerald Rendl

Jimmy and the Goofballs - Jimmy and the Goofballs Schön langsam scheint es in Mode zu kommen, einen fetten Bläsersatz mit auf die Bühne zu schleppen. Soll uns nur recht sein, denn JATG beweisen mit ihrem ersten full-length Album, wie viel Power in so einer Aufstellung stecken kann. Der Reggae steht als zentrales Element deutlich im Vordergrund und doch ist das Songwriting eigenständig genug, um nicht den Vergleich mit der Band um „Dickes B“ oder dem Gyp-Hop Genre zu fordern. Was schließlich das glanzvolle Bild der Bühnenhelden ein wenig trübt, ist die teilweise fehlende Raffinesse bei den Texten und der Aussprache. Produktion und Sound sind grandios. Text: Phillipp Annerer | Label: Irievibration Records

Jay Cooper - Love/Fifteen Knapp 12 Minuten oder vier Songs reichen Jay Cooper, um den Anspruch zu erheben, die nächste Indie Pop Sensation zu sein. Auf seiner Debüt-EP „Love/Fifteen“ trifft er einen ausbalancierten Mittelweg zwischen Indie, Pop und Rock. Melodien, die im Ohr bleiben, und kraftvolle Gesangsparts tragen die Musik und lassen dennoch genug Platz für dröhnende Gitarrensoli. Schön und trotzdem energisch, laut mit dem Mut zur Ruhe: Ob das nun eine rockige Indie Pop oder eine poppige Indie Rock Platte ist, sei dahingestellt. Das neue Wiener Label Kleio Records hätte kaum eine bessere Veröffentlichung als ihre erste erwählen können. Text: Georg Zsifkovits | Label: Kleio Records PARADOX

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KRITIKEN NATIONAL RAF Camora - Ghost RAF Camora hat seine Fans warten lassen, doch nun steht „Ghøst“ in den Läden. Mit unglaublicher Vielfalt meldet sich der Musiker nach einem Jahr Albumpause wieder zurück. Von durchdachten Reimen, über gesungene Hooks bis hin zu Reggae-Nummern, RAF Camora zeigt viele Facetten. Sucht man auf der Platte einen Sommerhit, so ist es „So Lala“. Will man etwas zum Nachdenken, dann ist „Nummer“ ein sehr guter Song. Auf 16 Tracks verarbeitet der Künstler Schmerz, Liebe und Neid. Die Features liefern euch Kontra K, Metrickz, Farid Bang und Bonez MC. Anspieltipps: „Geschichte“ und „Kaleidoskop“. Text: Michael Mišek | Label: Indipendenza

Mynth – Plaat II Auf dem Debütalbum „Plaat II“ der Salzburger Elektropop-Zwillinge Giovanna und Mario Fartacek überwiegt der Schwermut. Bedrohliche Synthie-Bässe und sphärische Flächen treffen auf Pop-Melodien, die Schicht für Schicht aufgebaut werden. Über der düsteren Melancholie, von der eine mystische Anziehungskraft ausgeht, schwebt die zerbrechliche Stimme Giovannas, die, obwohl sie oft selbstverloren wirkt, stets Präsenz ausstrahlt. Die Kälte und Einsamkeit der dunklen, endlosen norwegischen Nächte, die als Grundstimmung fungierten, sind deutlich spürbar. Ein atmosphärisches Glanzstück mit reduziertem Tempo. Text: Alexander Pipam | Label: Seayou Records

Crack Ignaz & Wandl – Geld Leben Kaum ein anderer österreichischer Rapper hat in der deutschsprachigen Rapszene so schnell Fuß gefasst wie Crack Ignaz. Nachdem sein Debütalbum „Kirsch“ sich erst im Sommer letzten Jahres in das Gehirn der Hörer gebrannt hat, ist mit „Geld Leben“ bereits die nächste Platte gedroppt. Zusammen mit Produzent Wandl kreiert Ignaz K. ein in sich stimmiges Album. Thematisch dreht sich vieles erwartungsgemäß um Geld, wie man dazu kommt und wofür man es am besten ausgibt. Auf 18 Anspielstationen schafft der Salzburger den einen oder anderen Ohrwurm. Besonders skurril und empfehlenswert: „Ikarus“. Text: Michael Mišek | Label: Melting Pot Music (Groove Attack)

Purple Souls - Williamsburg „Williamsburg“, das aktuelle Album der Salzburger/Wiener Pop-Alternative-Formation Purple Souls, hält für seine Hörer zwölf Songs bereit, die zum Abschalten und Entspannen einladen. Die vier Musiker erzeugen in Rockband-Besetzung inklusive Keyboard eine harmonische Pop-Rock Stimmung, die durch die Stimme Jakob Wörans eine einzigartige Note bekommt. Die Songs von Purple Souls kennzeichnen sich durch eingängige Melodien, die sowohl im Gedächtnis als auch im Ohr hängen bleiben, aus. Highlights der Platte sind die Tracks „Rubicon“, „Babylon“ oder „Ocean“. Text: Claudia Niedermeier | Label: Motor Entertainment Gmbh

Stefan Wedam - King Without A Crown Sich zurücklehnen, entspannen und einfach einmal chillen – Das Album „King Without A Crown“ von Stefan Wedam klingt locker, kommt mit Charme und beinhaltet Texte, die zum Schmunzeln, aber auch zum Nachdenken anregen können. Musikalisch gestaltet das Allround-Talent sein Album möglichst bunt: Von der Gitarre übers Cello bis zur Geige kommt alles zum Einsatz. Zu dem instrumentalen Erlebnis gesellt sich Wedams angenehme Stimme, die er gekonnt in allen Höhen und Tiefen erklingen lässt. Jeder Song ist für sich eine kleine Reise, was das ganze Album umso abwechslungsreicher und persönlicher macht. Text: Lisa Schantl | Label: Tonladen Records 112

PARADOX


KRITIKEN INTERNATIONAL Sama Dams - Comfort in Doubt „Comfort in Doubt” – so der Name des neuen Albums der Postrock-Band Sama Dams aus Portland, Oregon. Eine Mischung aus rauer Musik, die an Radiohead erinnert, und melancholischen Melodien, verfeinert mit einer Prise Zynismus. Lange Intros, ausgedehnte Töne und langatmige Soli entfesseln einen Trancezustand. Solch musikalische Erzeugnisse wirken allerdings zunächst etwas arty und pseudokünstlerisch, mögen auch nicht jedermanns Geschmack treffen, enden jedoch meist mit ruhigen melodischen Gesängen und gehen nach mehrmaligem Anhören auch ins Ohr. Text: Clarissa Berner | Label: Rola Music

Isolation Berlin - Und aus den Wolken tropft die Zeit Die Postpunk-Band Isolation Berlin wird als der Newcomer der deutschsprachigen Gitarrenmusik gefeiert. In diesem Glanz präsentiert sich auch ihr neues Album „Und aus den Wolken tropft die Zeit”. Melancholische, raue, trockene Texte verstecken sich hinter tanzbaren Melodien, einer kratzigen Stimme und verzerrten E-Gitarren, die einen punkesken Flair evozieren. Auch ruhigere Songs sind neuerdings in ihrem Sortiment beheimatet. Sehnsucht, Liebe, Weltschmerz, Betrunkenheit und zu guter Letzt eine leichte Prise Abgefucktheit – thematisch nichts Neues, trotzdem immer noch goldrichtig und unglaublich schön. Text: Clarissa Berner| Label: Staatsakt

Thanks - No Mercy in the Mountain Das Sextett aus Portland um Sängerin Jimi Hendrix spielt mit Extremen. Basierend auf Hendrix‘ Erkrankung führt man den Hörer in eine ich-zentrierte Welt ohne Mittelmaß, wo der Kampf mit sich selbst lediglich grellste Sonnenstrahlen oder tiefschwarze Nächte zu kennen scheint. Gepaart mit E-Gitarre, Bass, Schlagzeug, Keyboard, Cello und nur wenigen eingängigen Songs ergibt das - vor allem wegen Hendrix‘ markanter Stimme - eine spannende Mischung, die getrost als Neo-Rock’n’Roll abgestempelt werden darf. Endlich wieder eine Band, die sich nicht davor scheut, in eine Schublade gesteckt zu werden. Text: Michael Bertl| Label: Rola Music

Minden - Exposé Ein heißer Sommernachmittag mit stehender Luft und Platz im Schatten. Irgendwo kann man leise den Gesang von ein paar Vögeln hören und das Ganze möglicherweise an einem Sonntag, also inklusive eines Hauchs an Schwermut. Minden scheinen die Leichtigkeit ihres Genres, des Synthie-Pop, einschließlich Wochenendausflügen, mit karger Tristesse zu vermählen. Der gehauchte Gesang von Sänger Casey Burge spielt mit dieser Ambivalenz und der sanfte Klang der Band bestärkt das Ringen zwischen Melancholie und Heiterkeit noch weiter. Insgesamt gut produziert - ein Debüt, das sich hören lassen kann. Text: Phillipp Annerer | Label: Rola Music

The Weather Machine – Peach Das zweite Album der Indie-Folk Gruppierung The Weather Machine schlägt sich mit vielen Einflüssen herum. Southern Rock wird unerwartet mit Prisen von italienisch und russisch angehauchten Melodien garniert. Bis zum Ende des Albums laufen sie mit dieser Mischung zur Hochform auf, besonders bei den schnelleren, blueslastigen Nummern. Spannungsspitzen entstehen trotzdem keine. Die vielen Ideen bekämpfen sich gegenseitig und gehen zusammen unter. „Peach“ wurde hervorragend aufgenommen, schafft es auch, eine leicht melancholische Stimmung zu erzeugen, die aber ohne viel Tiefgang vergeht. Text: Michael Köppel | Label: Rola Music PARADOX

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VORSCHAU NÄCHSTE AUSGABE ÜBERALL ERHÄLTLICH AB NOVEMBER 2016

IMPRESSUM: VERLAG & HERAUSGEBER mindpark AG Schützenstraße 38/o CH – 9100 Herisau REDAKTIONSLEITUNG Julia Nestler Georg Zsifkovits redaktion@paradox-magazin.com REDAKTION Alexander Pipam, Angelika Oberhofer, Bernhard Hofbauer, Carina Stiegler, Claudia Niedermeier, Eva Triebl, Georg Zsifkovits, Gregor Sühs, Lisa Lubena, Lisa Schantl, Magdalena Wagner, Michael Bertl, Michael Mišek, Phillipp Annerer, Sandra Langmann, Gerald Rendl, Julia Haslebner, Michael Köppel, Clarissa Berner, Sarah Herhut ANZEIGEN Lucas Nestler lucas@paradox-magazin.com

Foto: Kidizin Sane

AVEC

Matthias Wuthe matthias@paradox-magazin.com COVERSHOOTING Sascha Pseiner DRUCK Dierichs Druck + Media GmbH & Co. KG Frankfurter Straße 168 D-34121 Kassel Für unverlangt eingesandtes und nicht mit einem Urhebervermerk gekennzeichnetes Bild- und Textmaterial wird keine Haftung übernommen. Beiträge, die namentlich gekennzeichnet sind, geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Vervielfältigung, Speicherung sowie Nachdruck nur mit Genehmigung des Verlages. Gerichtsstand ist Herisau.

Foto: Michael Reisigl

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