PASTA! Gastrotipp September 2013: DAS OBERHAUS

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Gastro

passau zu fĂźĂ&#x;en

Zu Gast im Restaurant

DAS oberhaus

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text > cornelius lloyd martens fotos > florian weichselbaumer

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as, was seit dem 10. Juli 2013 hoch über Passau passiert ist, kann man nur mit einem Wort bezeichnen: Wahnsinn! Das Oberhaus ist mit seiner Eröffnung zu einem neuen Wahrzeichen von Passau geworden, wie der Dom oder das Dreiflüsseeck. Jeder wollte, jeder will sehen, was aus diesem Objekt mit seiner einzigartigen Lage und dem fast unwirklich schönen Blick auf Passau geworden ist - was dazu geführt hat (der herrliche Sommer tat sein Übriges), dass DAS OBERHAUS, so der schlichte Name der Gastronomie, förmlich überrannt worden ist. An sich soll man sich weder als Gastronom noch als Testesser über regen Zulauf beschweren, aber im vorliegenden Fall ist die unfassbare Frequenz der ersten Wochen Fluch und Segen zugleich: Wir waren vor unserem Testessen (bewusst) bereits mehrmals im Oberhaus - mal mittags, mal abends, mal nachmittags, mal unter der Woche, mal am Wochenende. Eines war immer gleich: DAS OBERHAUS platzte aus allen Nähten - zeitweise spielten sich bürgerkriegsähnliche Szenen ab, um einen Platz zu ergattern: Am Wochenende musste bisweilen mit Security gearbeitet werden, re-

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servierte Tische wurden einfach von Gästen ohne Reservierung in Beschlag genommen, sitzende Gäste wurden von ihren Tischen getrieben („Wann gehen Sie denn?“) - und zwar nicht vom Personal, sondern von ungeduldigen Gästen ohne Platz. Dazu die Reservierungslage: In den ersten Wochen war teilweise gar keine Reservierung mehr möglich, dazu überlastete Telefon- und Internetleitungen mit teilweise über 100 Reservierungsanfragen - täglich! Weihnachtsfeiern 2013? Hochzeiten an Samstagen im Sommer 2014? Praktisch alles ausgebucht – aktuell wird bereits für die Weihnachtsfeiern 2014 (!) reserviert. Unglaublich, welche Anziehungskraft von diesem Ort ausgeht, und zwar von Anfang an. Die Facebookpräsenz quillt über vor Kommentaren, die trotz der oben geschilderten Situation zum allergrößten Teil positiv sind. Und das mit Recht - aber der Reihe nach: Ja, der Blick ist einmalig und alleine schon den Ausflug wert. Die Terrasse mit ihren etwa 200 Sitzplätzen ist ebenso schön gestaltet wie das Innere des Lokals, das, in mehrere Räumlichkeiten (auf ) teilbar, in Summe ebenfalls rund 200 Gästen Platz bietet. Wir erwischen zum Testessen den ersten

Abend mit schlechtem Wetter seit der Eröffnung, und trotzdem ist das Lokal brechend voll. Das Ambiente liegt irgendwo zwischen modernem Wirtshaus und alpenländischer Skihütte: viel dunkles Holz, Schwarz-Weiß-Bilder mit historischen Passau-Motiven, massive Holztische, auffällige, etwas gewöhnungsbedürftige Beleuchtung in Hirschgeweihoptik, aber auch moderne Glas-, Stein- und Stahlelemente, die das Traditionelle wieder auflockern bzw. brechen; in jedem Fall ist das Ensemble in unserer Gegend einzigartig. Nach einem Aperitivbier - es wird Augustinerbräu aus München ausgeschenkt - widmen wir uns der modern gestalteten Speisen- und Getränkekarte. Jeweils eine Handvoll Brotzeiten und Vorspeisen und ein knappes Dutzend Hauptgerichte finden sich auf der regulären Karte, ergänzt durch eine kleine, aber feine Spezialkarte, die sich jeweils nach der Saison richtet. Wir kennen die Küche der Oberhaus-Betreiberfamilie Feichtinger bereits vom Landgasthof Feichtinger, deren Zweitbetrieb in Nammering. Dort hatten wir im vergangenen Jahr einen der denkwürdigsten (weil köstlichsten) Gastro Tipps der letzten Jahre (siehe PASTA! 6/2012) – seinerzeit folgten darauf Artikel in der Süddeutschen Zeitung („sterneverdächtig“),

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Links: rib-eye-steak auf grillgem端se rechts: gebackenes surschnitzel

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bodenständig: zweierlei saures

klassisch: ZWIEBELROSTBRATEN

kreativ: schokolade & kaffee

viel Lob und Auszeichnungen sowie letztendlich auch die Entscheidung des Inhabers der Oberhaus-Immobilie, der Verleger-Familie Diekmann, die Feichtingers als Betreiber für DAS OBERHAUS auszuwählen. Kulinarisch gesehen ein absoluter Volltreffer: Das, was bei Küchenchef Josef Feichtinger auf den Tisch kommt, ist einerseits bodenständig und tief in der niederbayerischen Wirtshauskultur verwurzelt, gleichzeitig aber kreativ, innovativ und immer wieder bewusst aus „gelernten“ kulinarischen Wirtshauschemata ausbrechend ein Spagat, den nur wenige so hinbekommen wie er. Das zeigt sich schon bei eigentlich so banalen Dingen wie dem Bayerischen Gedeck. Der Erdäpfelkas in seiner Konsistenz wunderbar cremig, der Obatzde mit dem Mut zur fast schon „rassen“ (Camembert-)Würze, der Kräutertopfen, mit seiner Frische diese bayerische Trilogie ideal ergänzend. Exemplarisch hier auch das Gericht Zweierlei Saures: Der traditionelle Bayerische Wurstsalat trifft auf einen wunderbar mit Kernöl marinierten Tafelspitzsalat - kreativ serviert und deko-

riert; genau so geht moderne Wirtshausküche! Dieses Lob setzt sich nahtlos fort bei den Hauptgerichten; vom Zwiebelrostbraten, dem gekochten Rinder-Schulterscherzel im Wurzelgemüse mit Semmelkren (was für eine fantastische Beilage!) und dem Rib-Eye-Steak mit Backkartoffeln und Grillgemüse über das gebackene (!) Surschnitzel mit Petersilienerdäpfeln und Preiselbeeren bis hin zum uns bereits aus Nammering bekannten, butterweichen und dennoch knusprigen Buttermilch-Backhendl mit Kartoffelsalat und Kernöl: Die OberhausKüchenbrigade kocht jedes einzelne unserer Gericht souverän und „auf den Punkt“. Wenden wir uns den Weinen zu, die, auch wenn sie nicht die Hauptrolle spielen, von Kennern ihres Fachs ausgesucht worden sind: Deutsche, österreichische und italienische Weine finden sich auf der kleinen, intelligent zusammengestellten Karte wieder. Wir probieren den Grünen Veltliner vom Weingut Der Pollerhof aus dem Weinviertel und als Silvaner den wunderbaren Katzenkopf vom Winzer Sommerach - was für ein herrlicher Boxbeutel aus Franken!

Beim Dessert Schokolade & Kaffee, der Mühlviertler Käseplatte mit karamellisierten Nüssen und einem monumentalen Rieslingsekt vom Pfälzer Weingut Reichsrat von Buhl ziehen wir Bilanz: Die Erwartungen an das Oberhaus sind - von allen Seiten - riesig. Aus dem einstigen Schandfleck, der Ruine und ewigem Politikum ist eines der prominentesten Wahrzeichen Passaus geworden - und das mit einer Strahlkraft, die weit über die Stadtgrenzen hinaus reicht. Nein, es ist nicht nur der Blick, es ist explizit auch die Küche, die das Oberhaus zu einem einzigartigen Magneten macht.

So funktioniert der PASTA! Gastro Wir stellen Ihnen jeden Monat ein neues Lokal vor. Es handelt sich beim Gastro Tipp, wie der Name schon sagt, um einen „Tipp“, nicht um eine „Kritik“. Grundsätzlich gilt: Gastronomie ist immer Geschmackssache. Jeder Gast hat seine eigene Wahrnehmung.

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das oberhaus oberhaus 1 94034 passau-ries 0851/379 30 657 ÖFFNUNGSZEITEN Täglich ab 10.00 Uhr www.dasoberhaus.com

Tipp

Wir wollen die Vorzüge des jeweiligen Lokals hervorheben – PASTA! ist nicht der Gault Millau und will das auch nicht sein. Wir kennen und schätzen das Angebot der hiesigen Gastronomie seit über 15 Jahren und bringen Monat für Monat unzählige Gäste mit dem Gastro Tipp „auf den Ge-

schmack“. Schreiben Sie uns, ob Sie begeistert waren oder enttäuscht wurden. Sie kennen ein Lokal, welches wir unbedingt einmal vorstellen sollten? Schicken Sie uns Ihren Hinweis an redaktion@pastaonline.de

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